Nr.: 1/12 vom 04.01.2012 Postfach 50 12 27, 70342 Stuttgart Tel.: 0711 / 5402 -124 / -119 [email protected] [email protected] Orchideenblüte in der Wilhelma: Wo Pflanzen mitten im Winter wundersame Blüten treiben Eine gründliche Inventur und Artenbestimmung bei der größten Pflanzensammlung der Wilhelma, den Orchideen, ist erfolgreich abgeschlossen. Die Bilanz: Derzeit umfasst die Sammlung rund 8000 Pflanzen in 1261 Arten und Sorten. Und das Beste: Auch mitten in der kalten Jahreszeit blühen viele Orchideenarten, bewundert werden können die rund hundert Pflanzen im Warmhaus, Wintergarten und Kakteenschauhaus. Ein farbenfroher Balsam für jede vom Wintergrau geplagte Seele ... Regen, Kälte und Schmuddelwetter müssen leider draußen bleiben aus den Schaugewächshäusern der Wilhelma. Denn hier herrschen selbst im Winter mollige Temperaturen und es grünt und blüht an allen Ecken und Enden. Gerade auch die Orchideen treiben derzeit vielgestaltige bis bizarre Blüten in allen Farben: von Schneeweiß und Zitronengelb über Bonbonrosa bis Lilablassblau. Auf 1261 Arten und Sorten bringt es die Orchideensammlung laut aktueller Zählung, bei der jede einzelne Wild- und Zuchtform unter die Lupe genommen, bestimmt und erfasst wurde. Für die Besucher zu sehen sind allerdings immer nur diejenigen Pflanzen, die gerade blühen. Die meisten Vertreter der Sammlung verbringen die langen blütenfreien Ruhepausen als unscheinbare Blattpflanzen hinter den Kulissen. Doch selbst die große Sammlung der Wilhelma ist nichts im Vergleich zum Reichtum von Mutter Natur: Mit rund 20.000 Wildformen gehören Orchideen zu den größten Familien im Pflanzenreich und sie sind auf allen Kontinenten – außer der Antarktis – sowie bis in Höhen von 4000 Metern zu Hause. Und jede Orchideenart bringt andere wundersame Phantasiegebilde als Blüten hervor. Doch die Pracht ist nicht verschwendet, denn sie dient einem klaren Lebenszweck, der Fortpflanzung. Dabei versucht jede Art, durch die besondere Architektur ihrer Röhren-, Schlüsselloch- oder Fallenblüten bestimmte Spezialisten als Bestäuber anzulocken: von Bienen, Fliegen, Ameisen, Käfern und Schmetterlingen bis zu Kolibris. Auch bei der Entwicklung vom Samen zur Pflanze sind Orchideen auf Hilfe angewiesen: Sie benötigen die Ammendienste eines Bodenpilzes, damit die Samen überhaupt keimen und mit Nährstoffen versorgt werden. Ohne diese Einschränkung wäre die Welt womöglich mit Orchideen „übersät“. Denn tropische Arten bergen satte vier bis fünf Millionen winziger Samen, hiesige Arten immerhin bis zu 7000 Samen in jeder Kapsel – ein enormes Verbreitungspotenzial. In der Wilhelma sorgen weder Bienen noch Pilze für die Vermehrung der Orchideen, sondern die Gärtner hegen und pflegen sie in vier unterschiedlich klimatisierten Gewächshäusern. Weitere Pflanzen in neuen Arten und Sorten kommen durch den Austausch mit anderen botanischen Gärten dazu. Denn Gärtner weltweit haben aus den Wildformen längst zusätzlich Hunderttausende von Zuchtformen hervorgebracht. Kein Wunder, denn Orchideen faszinieren die Menschen seit langer Zeit, dienen ihnen als Dekoration und Heilmittel. Und zu ihrem Namen haben die Botaniker wohl die beiden Wurzelknollen des Knabenkrauts inspiriert, denn „Orchis“ ist das griechische Wort für Hoden. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Bilder 1 – 5: Tropische Orchideenblüten in allen Formen und Farben sind derzeit in der Wilhelma zu bewundern. Die ausführlichen botanischen Namen der einzelnen abgebildeten Pflanzen finden Sie in den IPTC-Daten der Bilddateien. Fotos: Wilhelma