Wofür und mit welchen Erwartungen setzen Unternehmen Werbung

Werbung
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Wofür und mit welchen
Erwartungen setzen
Unternehmen Werbung ein?
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I. Werbung: Teil ökonomischen Verhaltens........2
II. Aufgaben und Ziele kommerzieller Werbung...4
III. Bedingungen für die Werbung.........................6
IV. Werbung – Lieferant von Gefühlen..................8
V. Quintessenz...................................................13
Statement
von Volker Nickel
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW
BLL-Dialog Lebensmittel
23.6.2004, Berlin
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I. Werbung: Teil ökonomischen Verhaltens
"Wofür und mit welchen Erwartungen setzen Unternehmen Werbung ein?"
Eine Frage, so scheint es, bei der man sich in den Arm kneifen möchte, um
sicher zu sein, dass man sich nicht wieder in den sechziger oder siebziger
Jahren befinde – als darüber gestritten wurde, ob man Marktwirtschaft,
Wettbewerb und Werbung überhaupt braucht.
Warum Werbung? Warum entwickelt ein Unternehmer Produkte, kauft eine
Fabrikationshalle und Maschinen, beschäftigt Arbeitskräfte, baut ein
Vertriebssystem auf, kooperiert mit dem Handel? Der Unternehmer unternimmt
dies alles nicht, um seine Ware versteckt zu halten. In marktwirtschaftlichen
Systemen wäre es ein ökonomisches Unterlassungsdelikt, nicht für das
Vorhandensein und die Beschaffenheit eines angebotenen Produkts oder von
Dienstleistungen zu werben.
Werbung ist Teil eines komplexen Systems. Unternehmen sind eingebunden
in ein höchst anspruchsvolles Aufgabenprofil. Sie müssen gleichermaßen
technische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Aufgaben lösen:
Die Kunden erwarten hohe Produktqualität, bequeme Verfügbarkeit des
Angebots, auf sie zugeschnittene Marktkommunikation, optimalen Service und
Kulanz sowie annehmbare Preise. Für die Mitarbeiter einer Firma geht es um
Einkommenssicherung, berufliche Entwicklung und individuelle Entfaltung; für
die Geldgeber um Verzinsung des Eigen- und Fremdkapitals. Die Gesellschaft
verlangt von den Unternehmen Beiträge zu Aufgaben wie Umweltschutz,
Bildung und Maßnahmen der Infrastruktur. Die Ökologie schließlich erfordert
achtsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen.
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Wenn Unternehmen existenzfähig bleiben wollen, müssen sie das
Gewinnmaximum durch Erstellen und Verwerten von Leistungen erreichen.
Kritiker denunzieren dieses Streben gern als "Profitgier". Die gibt es punktuell
bei Unternehmern – ebenso wie zum Beispiel auch bei Politikern. Aber eben
nicht generell, nicht grundsätzlich – wenn man fair mit der Wirtschaft und
anderen Sektoren der Gesellschaft umgeht.
Es gehört gewiss zur aufrichtigen Unwissenheit, zum ökonomischen
Analphabetismus, wenn das individuelle Streben der Unternehmer nach
Vorteilen als menschenfeindlich unterstellt wird und damit die Firmenlenker auf
die Gegenseite von Moral geschoben werden. Nicht nur gemeinsame Ziele oder
Werte integrieren die Menschen, sondern auch individuelle Vorteile und
Vorteilserwartungen.
Beispiel Marktwirtschaft. Ihre Ethik ist eine zutiefst soziale. Grundsätzlich ist
es Aufgabe der Unternehmer, nicht den Mantel zu teilen, sondern sich der
Mantelproduktion und dessen Absatz zu widmen. Dadurch wird den Menschen
ein Arbeitsplatz verschafft und ihnen ermöglicht, sich einen Mantel zu kaufen.
Die Ethik des Produzierens und der Absatzpolitik – und dazu gehört die
Werbung – hat weit mehr zur Überwindung der Armut getan, als alle karitative
Armenpflege oder Sozialhilfe.
Der einzelne Mensch – der Bürger als Käufer: dieser 'Smart Shopper', der
Schnäppchenjäger – er ist ebenso "profitgierig" wie das Unternehmen.
Zwischen dem Markt und dem Ich als kleinster Firma besteht durchaus eine
gewisse Übereinstimmung. Indem ein Unternehmen an seiner persönlichen
Entwicklung arbeitet und seine Fähigkeiten erweitert, operiert das Individuum
nach denselben Prinzipien von Nützlichkeit und Rationalität wie die Wirtschaft.
Der Markt kommt niemals zuerst, er ist kein Erfinder, sondern passt sich dem
Bedarf an, sobald etwas funktioniert.
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Der Opferstatus des mit Werbung angeblich konsumistisch belagerten
Bürgers entspricht nicht den Marktverhältnissen: An dieser Realität sind schon
Marken zerschellt – und manchmal sogar ganze Unternehmen.
II. Aufgaben und Ziele kommerzieller Werbung
Wofür also Werbung, und welche Erwartungen knüpfen Unternehmen
an diesen Teil ihrer Arbeit? Bereits die oberflächliche Skizze der
Aufgaben, betriebswirtschaftlichen Ziele sowie der Bedingungen für
kommerzielle Marktkommunikation lassen ahnen, dass Werbung
unternehmerische Schwerarbeit ist.
Der Grundsatz klingt noch schlicht: Voraussetzung dafür, dass der
Markt zum Leben erweckt wird, dass der Handel von Waren,
Dienstleistungen und Geld überhaupt erfolgen kann, ist die Information
über das Angebot, ist der Austausch von Gedanken und Signalen. Die
Marktpartner treten in Beziehung: Sie kommunizieren untereinander.
Werbung ist für Anbieter und Nachfrager eine Vorstufe des
Kaufabschlusses. Ohne Marktinformation, ohne werbliche Kommunikation
wäre Windstille im Markt.
Der Leistungskatalog von Werbung klingt von außen betrachtet
staubtrocken. Danach ist Werbung Teil des Marketing, das den
Wettbewerb antreibt.
Im Begriff Wettbewerb steckt bereits die Kernfunktion: sich um die
Wette beim Kunden bewerben.
Marketing heißt nichts anderes, als dass alle Unternehmensaktivitäten
auf die Bedürfnisse, Wünsche und Gewohnheiten der Konsumenten
ausgerichtet sein müssen. In der Kette der Marketinginstrumente rangiert
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Werbung am Schluss. Das ist keine Rangfolge, sondern entspricht
betrieblicher Logik: Erst muss ein marktfähiges Produkt da sein, eine
Service-Politik entwickelt und die Verteilung der Ware sichergestellt
werden sowie die Preispolitik auf festen Füßen stehen – erst dann macht
Werbung Sinn.
Werbung soll dazu beitragen, den Marktanteil und den Umsatz einer
Firma zu erhalten oder auszuweiten. Diese Aussage trifft aber auf
sämtliche Aktivitäten eines Unternehmens zu. Was leistet Werbung für
das Unternehmen Spezielles? Wenn man alle Erkenntnisse über den
Einsatz von Werbung im Bereich der Wirtschaft addiert, ergeben sich über
20 Werbeziele. Einige herausragende:
- Bekanntmachen eines neuen Produkts, einer neuen Marke oder einer
neuen Dienstleistung;
- den Bekanntheitsgrad einer bereits vorhandenen Marke erhöhen;
- potentielle Käufer über neue Vertriebswege informieren – siehe Internet;
- Umsatz ausweiten durch Gewinnen neuer Kunden;
- Zurückerobern verlorener Marktanteile;
- Absichern von erreichten Anteilen am Markt
- das Image einer Marke anheben;
- mobilisieren der Substitutions-Nachfrage – also zum Beispiel von Ersatz
technisch veralteter Produkte;
- Produkt- und Markenwissen vertiefen
und so weiter, und so weiter.
Diese hier nur skizzierten Ziele der Werbung lassen sich zu sechs
grundsätzlichen Zielinhalten für werbliche Aktivitäten destillieren.
Werbung soll bei den Umworbenen:
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- Aufmerksamkeit gewinnen
- Wissen vermitteln
- Einstellung positiv beeinflussen
- Bekanntheitsgrad erhalten und steigern
- Handlungsabsichten stärken
- Kaufentscheidungen bestätigen.
III.
Bedingungen für Werbung
Allen Unternehmen gemeinsam ist, dass sie im Prozess der
Marktkommunikation zuerst die Hürde der Aufmerksamkeit überspringen
müssen. Aufmerksamkeit zu erringen ist heutzutage eine wesentliche
Bedingung, um die weiteren Stufen zum Konsumenten klettern zu können
– wie Sympathie für das Angebot bis hin zur Kaufentscheidung. Die
Konkurrenz ist gewaltig. Jeder buhlt um Aufmerksamkeit – Politiker,
Kirchen, Gewerkschaften, gesellschaftliche Institutionen,
Verbraucherverbände – sie sind für jeden Marmeladenfabrikanten
Wettbewerber um das Interesse der Menschen.
Dieses Interesse zu erringen, gelingt nicht mit einem überholten Bild
vom Bürger als Rezipienten. Zitat: "Man hat, wenn man gewisse
verbraucherpolitische Zielvorstellungen zu Ende denkt, manchmal eher
den Eindruck, dass der Verbraucherschutz den Konsumenten
manipulieren möchte, dass als Leitbild letztlich ein mausgraues Wesen
vor Augen steht, das sich in durable Stoffe von zeitlosem Schnitt kleidet,
sich von Hausbrot und der preisgünstigsten Margarinesorte nährt und
seine Freizeit dem Studium von Testberichten und Aufklärungsschriften
sowie Ausarbeitung sachdienlicher Reklamationen widmet."
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Diese Kritik könnte von jemandem stammen, der für ein Unternehmen
verantwortlich ist. Doch die Äußerung kommt von Prof. Dr. Gerhard
Schricker, seinerzeit Mitglied des Verbraucherbeirats beim
Bundeswirtschaftsministerium und Direktor des Max-Planck-Instituts für
ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und
Wettbewerbsrecht. Schrickers Sorge klingt hochaktuell. Geäußert hat er
sie am 5. Oktober 1976 – also vor fast 30 Jahren.
In Brüssel, aber auch in verschiedenen nationalen Regierungen trifft
man bei politischen Entscheidern noch immer auf den Voodoo-Glauben
von der unheimlichen Wirkung kommerzieller Werbung. Sie entspringt
einer gewissen Vulgär-Psychologie. Politiker sollten es aus ihren
Wahlkämpfen unterdessen besser wissen.
Jede Werbemaßnahme eines Unternehmens ist eine kommerziell
orientierte Botschaft mit dem Versuch, das Kaufverhalten der
Umworbenen zu beeinflussen. Entscheidend aber ist nicht das Werbebild,
sondern was mit der Botschaft beim Empfänger geschieht. Sieht ein
psychisch gesunder Mensch eine Werbung mit erotischen Elementen,
dann wird er daraufhin nicht zum Vergewaltiger. Enthält Autowerbung
sportive Elemente, macht das niemanden zum Verkehrsrowdy. Und die
Motivation zu rauchen, Süßigkeiten im Übermaß zu konsumieren und sich
auch ansonsten ungesund zu ernähren, ist kein Ergebnis von Anzeigen,
Spots oder Plakaten.
Menschen werden in ihrem Verhalten nicht nur durch ihre soziale Lage
geprägt oder durch Erbanlagen, unterschiedliche Biographien und
individuelle Erlebnisse. Sie werden auch durch zahlreiche andere
Absender beeinflusst – wie zum Beispiel redaktionelle Teile der Medien,
Bildungssysteme, Pornographie, Kinofilme, politische Parteien, Predigten
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von der äußeren und inneren Kanzel, von Gewerkschaften oder den
Erziehungsmethoden der Eltern.
Werbung hat den Umworbenen nie "auf der Couch". Die individuelle
Charakterschranke filtert die Beeinflussbarkeit ebenso wie individualpsychologische Faktoren – zum Beispiel das Phänomen des Weghörens
und Abschaltens. Ein Appell, der für jemanden keinen Bedeutungsgehalt
und keinen Aufforderungscharakter hat, wird erst gar nicht aufgenommen:
Wer keinen Rasen hat, sieht Werbung für Rasenmäher nicht.
Alle kommunikativen werblichen Impulse treffen nicht auf ein völlig
'meinungsloses' Individuum, sondern auf einen bereits mit mannigfachen
Meinungen und Einstellungssystemen behafteten und vorgeprägten
Menschen.
IV.
Werbung - Lieferant von Gefühlen
Werbung ist also keineswegs einfach. Auch aus einem zusätzlichen
Grund. Der Mensch ist nicht nur Konsument. Ein Arbeitnehmer ist zugleich
abhängiger Produzent. Und er ist nicht nur Käufer, sondern auch das
Gegenteil davon: Sparer.
Wie kommen die Anbieter von Marken mit dieser Vielfalt der Rollen von
Menschen in der offenen Gesellschaft zurecht? Können sie neue
Bedürfnisse schaffen? Dies würde bedeuten, dass die Welt der Marken
und die damit verbundene kommerzielle Kommunikation den Menschen
entscheidend zu ändern in der Lage wäre - und das nicht nur in seinen
nach außen erkennbaren Handlungen und Gewohnheiten, sondern tiefer
in seinem eigentlichen, inneren Wesen, in seiner Natur.
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Niemals aber kann das ein so junger und im Grunde doch nur partiell
wirkender Beeinflussungsversuch erreichen, wie die Werbung ihn
darstellt. Letztlich haben sich im Verlauf der menschlichen Entwicklung
die Bedürfnisse nicht geändert. Ihre Struktur und ihre Natur, ihre
Ursachen und Motive sind die gleichen geblieben – wie eh und je.
Sachlich richtiger ist daher die Unterscheidung zwischen Bedarf und
Bedürfnissen. Markenwerbung kann und will nicht neue Bedürfnisse
schaffen; vielmehr will sie etwas anderes erreichen: neue Formen der
Bedarfsdeckung.'Bedarf' stellt eine ökonomische Kategorie dar, während
'Bedürfnis' ein allgemein menschlicher Faktor ist.
Überlastung der Werbung mit Informationen kann rasch zum
Informationsmüll gerinnen. Beispiel Joghurt-Werbung nach Brüsseler
Denkart – vielleicht im Jahr 2010 mit dieser Werbeaussage: "Probiotische
Kulturen können die natürlichen Abwehrmechanismen des Körpers
unterstützen durch Beeinflussung der Intestinal-Flora, eine Verbesserung
der Barrierefunktion und/oder die Modulation von Immun-Parametern
sowie die Vermehrung unerwünschter Mikroorganismen verhindern und
zur Regeneration der Darmflora beitragen."
Im Jahr 2004 lautete die Werbeaussage noch schlicht "Stärkt Ihre
Abwehrkräfte!"
Bedarf zu wecken ist legitim und hat keinerlei magische oder
dämonische Bedeutung.
Damit ist gleichzeitig angedeutet, dass Marktkommunikation von Firmen
ihr Ziel nicht nur mit Preisangaben und Beschreibungen des Produkts
erreicht; vielmehr muss der Werbende auf die Bedürfnisse eingehen, um
Resonanz zu erhalten. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung können die
Konsumenten nicht einfach durch bestimmte Werbeeinflüsse zu ganz
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bestimmten Ausgaben für ganz bestimmte Produkte veranlasst werden;
Werbung muss durch den Filter der verschiedenen kulturellen und
sozialen Bedürfnisse hindurch.
Einen solchen Grundsatz muss nicht nur die Wirtschaft in ihrer
Marktkommunikation berücksichtigen. Auch Künstler, Politiker, Kirchen,
Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Institutionen kommen an
dieser Erkenntnis bei der Gestaltung ihrer Kommunikation an dem Faktum
nicht vorbei, dass der Ausgangspunkt ihrer Aktivitäten die Bedürfnisse der
Kunden, Wähler, Kirchgänger, Arbeitnehmer sein müssen!
Für den Bürger hat das Produkt und seine Werbung auch noch eine
andere Funktion als nur die nackte Befriedigung von Bedürfnissen durch
optimale Bedarfsdeckung.
Holger Jung, Mitinhaber der Werbeagentur Jung von Matt (Hamburg),
macht diesen Zusammenhang am Beispiel eines Korkenziehers deutlich:
Das Gerät bekommt man in jedem Supermarkt. Wo liegt da die
Faszination einer bestimmten Marke? Es gibt Weinkenner, für die macht
es einen himmelweiten Unterschied, ob sie sich dem Margaux des
Jahrgangs 1995 mit einem gemeinen Korkenzieher oder mit einem
klassischen Gerät der Marke Châteaux Laguiole nähern. Ein große
Differenz auch im Preis: Der eine kostet weniger als 5 Euro, der andere
weit über 50 Euro. Beide funktionieren, aber nur einer hat so genannte
Profilierungswirkung – was der Marketingfachmann "emotionalen
Mehrwert" nennt. Die mit Erzeugnissen verknüpfte Profilierung ist deren
emotionaler Mehrwert – also die Wertschätzung einer Ware beim Käufer
über den reinen Funktionswert hinaus.
Werbung macht diesen für den Kunden häufig entscheidenden
Mehrwert einer Marke sichtbar, fühlbar.
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Neben der Produktleistung muss auch das Marken-Image stimmen –
also die Kommunikationsleistung. Der Käufer muss sich mit der Marke
schmücken, bestenfalls sogar identifizieren können. Dazu muss er
überzeugt sein, dass er mit eben dieser Marke etwas Herausragendes
erwirbt. Er muss gleichzeitig sicher sein, dass es auch die anderen
Menschen um ihn herum wissen - sonst funktioniert die Profilierung nicht.
Das Streben nach Profilierung aber ist den Menschen in die Wiege gelegt.
Sie alle wollen etwas Besonderes sein, unverwechselbare Individuen.
Individuen brauchen eigene Ausstattungsmerkmale; daran ändert keine
Zeiterscheinung und kein Wertewandel etwas.
Auch aus der Spontanität des Kaufentschlusses kann grundsätzlich
nicht geschlossen werden, dass es sich dabei stets um eine
Fehlentscheidung handelt. Sehr häufig wird beim Kaufen eines beliebigen
Gutes unter Umständen der "Gebrauchswert" überhaupt keine Rolle
spielen, sondern ausschließlich die Freude am Kauf selbst das Motiv
gewesen sein. Das Produkt ist das, was eine Firma herstellt; die Marke
das, was der Kunde empfindet und kauft.
Um ökonomisch zu werben, bedarf es also einer Reihe von
Voraussetzungen und Kenntnissen, was der Umworbene akzeptiert, was
bei ihm Interesse und Sympathie für das Angebot weckt.
Das aber ist noch nicht alles. Die werbenden Unternehmen müssen sich
gleichfalls an die rechtlichen Vorschriften halten. Der Sektor Lebensmittel
ist damit besonders reichlich umstellt. Der Kern des Rechts: Irreführende
Werbung ist verboten. Wer wissentlich die Unwahrheit sagt, dem drohen
zwei Jahre Gefängnis.
Zusätzlich unterwerfen die Anbieter ihre Werbung der freiwilligen
Selbstdisziplin über Instanzen der Konfliktregelung zwischen Bürgern und
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werbenden Firmen. Diese Funktion hat in der Bundesrepublik der
Deutsche Werberat. Jeder kann sich an das Gremium wenden, vor allem
dann, wenn die Werbung rechtlich nicht zu beanstanden ist, aber aus
anderen Gründen als unerwünscht eingestuft wird.
Beschwerden über Lebensmittelwerbung spielen seit Gründung des
Werberats (1972) nur eine Randrolle als Protestmotiv.
Die Lebensmittelwirtschaft ist der Leistungsträger für gesunde
Ernährung. Dieser Wirtschaftszweig investiert enorme Summen in
Forschung für gesunde Erzeugnisse. Das wachsende Marktangebot
gesundheitsbetonter Produkte in diesem Bereich entspricht den
steigenden Ansprüchen der Bürger an ein breites vielfältiges Sortiment
von Nahrungsgütern mit zusätzlichen gesundheitsbezogenen Effekten.
Werbung trägt erheblich zur Präsenz der Notwendigkeit gesunder
Ernährung in der Bevölkerung bei: Marktkommunikation der Firmen kann
zwar gesunde Ernährung der Menschen selbst nicht produzieren, aber sie
unterstützt und fördert den Gesundheitstrend durch entsprechende
Produkte. Hinzu kommen firmenindividuelle Verbraucherinformationen und
Verbraucherberatung für den einzelnen Bürger in Sachen 'gesund
ernähren'.
Und: Die Medien tragen in doppelter Weise zur Aufklärung über
gesunde Ernährung bei. Sie sind als Werbeträger in die
Kommunikationsarbeit der Lebensmittelwirtschaft eingebunden. Auch die
redaktionellen Leistungen spielen eine wichtige Rolle bei Aufklärung und
Beratung über gesunde Ernährung.
Der Markt lernt vom Verbraucher schneller als der Staat. Da wäre
Deregulierung gesünder als Bürokratisierung. Wenn die Unternehmen von
ihrer Marktkommunikation aber nur noch wenig oder nichts mehr erwarten,
weil die Politik die Werbung erstickt – wofür sollen sie dieses Instrument
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dann noch einsetzen? Vielleicht zur Werbung für das Angebot ihrer
Produktionsmaschinen in Asien.
V. Quintessenz
Die Quintessenz dieser Skizze über Aufgaben und Bedingungen der
kommerziellen Werbung ist eine Erkenntnis auf der Grundlage
jahrzehntelanger Forschung, die insbesondere von Teilen der Politik noch
immer nicht wahrgenommen wird: Werbung kann Wirkung entfalten – aber
nur bis zur Ladentheke und nicht bis dorthin, wie mit den Produkten
umgegangen wird.
Deshalb mangelt es der Regierungserklärung von Frau Ministerin
Künast auch an Glaubwürdigkeit und Redlichkeit, wenn sie dort das seit
den 80er Jahren veränderte Lebensmittelangebot für die von ihrem
Ministerium ausgerechneten Gesundheitskosten von 70 Mrd € haftbar
macht – und damit auch die Werbung.
Die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft erwarten ganz sicher
nicht, dass ihre Forschung, ihre marktgerechten Produkte und ihre
Marktkommunikation von Politik und Verbraucherorganisation mit Preisen
ausgezeichnet werden. Die Aufgaben der Unternehmen liegen in den
Betrieben und in den Märkten.
Vom BLL-Dialog aber könnte der Impuls für die Entrümpelung veralteter
Meinungen über Werbewirkung ausgehen. Dialog schließt Streit über den
besten Weg in die Zukunft nicht aus. Der aber sollte nicht von VorUrteilen, sondern von Realität gepflastert sein. Wir sind dabei!
Rückfragen: Volker Nickel, Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW)
Postadresse: 10873 Berlin, Telefon (030) 59 00 99-715, Telefax (030) 59 00 99-722
E-Mail: [email protected], Online-Service: www.zaw.de
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