22.06.2015 Mit 300 Kilometern pro Sekunde zu neuer Elektronik – Ein Material mit superschnellen Elektronen, das den RiesenmagnetoWiderstand zeigt, könnte sich für elektronische Bauteile eignen Das Design elektronischer Bauteile könnte sich künftig wesentlich vereinfachen. Wissenschaftler des MaxPlanck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe haben entdeckt, dass der elektrische Widerstand einer Verbindung aus Niob und Phosphor extrem steigt, wenn ein starkes Magnetfeld an dem Material anliegt. Dieser Riesenmagneto-Widerstand, dem moderne Festplatten ihre hohe Speicherkapazität verdanken, ist bisher vor allem von komplex strukturierten Materialien bekannt. Niobphosphid oder ein Material mit ähnlichen Eigenschaften kommt da als Alternative in Frage, die sich leichter herstellen lässt. Die neuen Erkenntnisse zu Niobphosphid haben die Max-Planck-Forscher gemeinsam mit Kollegen des Hochfeld-Magnetlabors am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und der Radboud University in den Niederlanden in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ (DOI: 10.1038/nphys3372) veröffentlicht. Elektronik soll immer mehr Daten, immer schneller und auf engerem Raum verarbeiten und speichern. Um entsprechende elektronische Bauteile zu entwickeln, helfen Ingenieuren zum Glück Effekte, die Physiker mit ziemlicher Regelmäßigkeit entdecken – zum Beispiel der Riesenmagneto-Widerstand. Moderne Festplatten nutzen dieses Phänomen, bei dem sich der Widerstand eines Materials stark ändert, wenn es einem Magnetfeld ausgesetzt wird. Bisher nutzt die Computer-Industrie verschiedene, filigran übereinander geschichtete Materialien, um den Effekt zu erzielen. Max-Planck-Wissenschaftlern in Dresden haben nun erstmals einen fast 10.000-fachen Anstieg des Widerstandes in einem einzigen Material, nämlich Niobphosphid (NbP) beobachtet. Der Widerstand von Niobphosphid ändert sich in einem Magnetfeld so drastisch, weil das Feld die Ladungsträger durch die sogenannte Lorentzkraft ablenkt. Diese Kraft führt dazu, dass bei steigendem Magnetfeld ein immer größerer Teil der Elektronen gewissermaßen in die falsche Richtung fließt. Dadurch wächst der elektrische Widerstand. Aus diesem Grund heißt diese Eigenschaft, die manche Materialien aufweisen, MagnetoWiderstand. Superschnelle Elektronen bewirken einen Riesenmagneto-Widerstand „Die Lorentzkraft und damit der Einfluss eines Magnetfeldes ist umso größer, je schneller sich die Elektronen im Material bewegen“, erläutert Binghai Yan, Forscher am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden. Er und seine Kollegen kamen deshalb auf die Idee, eine Verbindung aus dem Übergangsmetall Niob (Nb) und Phosphor (P) zu untersuchen. In diesem Material gibt es superschnelle Ladungsträger, sogenannte relativistische Elektronen. Diese bewegen sich mit etwa einem Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit – das sind 300 Kilometer pro Sekunde. Für ihre Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler neben dem Hochfeld-Magnetlabor Dresden auch das High Field Magnet Laboratory an der Radboud University in Nimwegen, Niederlande, und die Diamond Light Source in Oxfordshire, England. Die Wissenschaftler fanden dabei auch heraus, weshalb die Elektronen so extrem schnell und beweglich sind. Für die exotischen Eigenschaften sind nämlich spezielle elektronische Zustände in Niobphosphid verantwortlich: Einige Elektronen in diesem sogenannten Weyl-Metall verhalten sich, als seien sie masselos. Sie können sich daher besonders schnell bewegen. Binghai Yan ist überzeugt: „Der Effekt, den wir in Niobphosphid entdeckt haben, kann durch geschicktes Materialdesign sicher noch verbessert werden. Diese Materialklasse hat daher enormes Potential für künftige Anwendungen in der Informationstechnologie.” Das Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe und das Hochfeld-Magnetlabor des HZDR wollen deshalb künftig die gemeinsame Erforschung der Weyl-Metalle fortsetzen. Kontakt Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) Öffentlichkeitsarbeit E-Mail: [email protected] Internet: www.hzdr.de