Experimentalphysik IV Bernd von Issendorff 3. Juli 2015 1 1.1 Atomphysik Bemerkungen zur Quantenmechanik Postulat: Materie hat Welleneigenschaften. Der Zustand eines Systems wird durch eine komplexwertige Wellenfunktion Ψ beschrieben: Ψ = Ψ(|{z} t , ~r1 , ~r2 , ~r3 , . . . ) | {z } Zeit Systemvariablen Für ein einzelnes Teilchen (ohne Spin) ist die Wellenfunktion in Ortsdarstellung: Ψ = Ψ(|{z} ~r , |{z} t ) Ort Zeit Sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Teilchen am Ort ~r anzutreffen: P~r = |Ψ(~r, t)|2 = Ψ∗ (~r, t) · Ψ(~r, t) (genauer: |Ψ(~r, t)|2 ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte). Daher sollte Ψ ’quadratintegrabel’ sein: ˆ |Ψ(~r, t)|2 d~r = 1 (V : gesamter Raum) V Die Wellenfunktion enthält nicht nur Informationen über die räumliche Verteilung, sondern auch über andere physikalische Eigenschaften. “Extraktion” der Informationen erfolgt über Operatoren. Einer physikalischen Größe O (Observable) ist ein hermitescher Operator Ô zugeordnet. Zu jedem dieser Operatoren gibt es Wellenfunktionen, für die gilt: ÔΨ = αΨ Diese Wellenfunktionen heißen Eigenfunktionen des Operators, der reelle Wert α heißt Eigenwert (für hermitesche Operatoren sind die Eigenwerte immer reell!). Die Eigenwerte geben den Wert der physikalischen Größe im System an. Beispiele: Impulsoperator Ortsoperator gilt ebenso für Ortsfunktionen p̂Ψ = pΨ p̂Ψ = pΨ f (x̂)Ψ(x, t) = f (x)Ψ(x, t) Die Operatoren lassen sich als mathematische Operatoren in den Variablen der Wellenfunktion ausdrücken. Beispiel: Impulsoperator für ein einzelnes Teilchen 1D: p̂Ψ(x, t) 3D: p~ˆΨ(~r, t) = ~ ∂ Ψ(x, t) i ∂x = ∂/∂x ~~ ~ ∂ /∂y Ψ(~r, t) ∇Ψ(~r, t) = i i ∂/∂z 1 Beispiel: einfachste Wellenfunktion für einzelnes Teilchen Ebene Welle ~ Ψ(~r) = eik~r = ei(kx x+ky y+kz z) mit Wellenvektor ~k, |~k| = k = Impulsoperator: 2π λ kx ~~ ~ ~ p~ˆΨ = ∇Ψ(~ r) = i ky eik~r = |{z} ~~k Ψ(~r) i i kz Eigenwert Der Eigenwert gibt den Impuls des Teilchens an: p~ = ~~k Hierfür gilt 2π h |~ p| = ~|~k| = ~ = λ λ Dies ist die de Broglie-Beziehung. Hieraus folgt direkt: je stärker sich eine Wellenfunktion mit dem Ort ändert, desto größer ist der Impuls. 1.1.1 Hamilton-Operator Der wichtigste Operator: verbunden mit Gesamtenergie eines Systems. Zugehörige Funktionen in der klassischen Mechanik: die Hamilton-Funktion H = T + V . Für ein einzelnes Teilchen lautet sie: p~2 H =T +V = + V (~r) 2m In der QM wird daraus der Hamilton-Operator Ĥ = T̂ + V̂ ~ gilt: Für Eigenfunktionen von H ~ = EΨ HΨ wobei E die Gesamtenergie ist. Damit lautet die zeitunabhängige Schrödingergleichung: ĤΨ = ~ )Ψ = EΨ (T~ + V ”Lösen” der Schrödingergleichung bedeutet, dass man für ein gegebenes Ĥ die Funktionen sucht, die die Gleichung erfüllen. 1.1.2 Eigenschaften der Eigenfunktionen Für jeden zu einer Observablen gehörenden Operator gilt: die normierten Eigenfunktionen bilden einen orthonormalen, vollständigen Satz von Basisfunktionen. Beispiel: Hamilton-Operator Sei ĤΨn = En Ψn 2 für einen Satz von Ψn mit n = 0, 1, 2, . . . Dann gilt: ˆ Ψ∗ (~r)Ψn (~r) d~r } | m {z V = 0 für m 6= n = 1 (orthogonal) Skalarprodukt ˆ Ψ∗m Ψm d~r (normiert) V Außerdem gilt für eine beliebige mögliche Funktion Ψ: Ψ = ˆ ∞ X cn Ψn mit cn = Ψ∗n Ψd~r (vollständig) n=0 1.1.3 Zeitabhängigkeit der Wellenfunktion Bei zeitunabhängigen Ĥ ist die Zeitabhängigkeit einer Eigenfunktion von Ĥ gegeben durch: Ψn (~r, t) = Ψn (~r)e−iωn t = Ψn (~r)e−i ~ t E (mit E = ~ω) Der Index n heißt Quantenzahl und indiziert die Lösungen der zeitunabhängigen Schrödingergleichung (kann diskret sein oder auch kontinuierlich). Bei kontinuierlichen Quantenzahlen läßt sich Ψ nicht mehr als Summe schreiben, sondern es gilt ˆ∞ Ψ= c(k)Ψk dk −∞ Als Folge aus der zeitabhängige Schreibweise gilt: ĤΨn (~r, t) = En Ψn (~r, t) = − ~ ∂ Ψn (~r, t) i ∂t Für eine beliebige Wellenfunktion gilt damit: ĤΨ ∞ X = Ĥ = cn Ψn = n=0 ∞ X ∞ X cn ĤΨn = n=0 ∞ X cn En Ψn n=0 ∞ X ~ ∂ ~ ∂ cn (− ) Ψn = − c n Ψn i ∂t i ∂t n=0 n=0 = − ~ ∂ Ψ i ∂t Also ĤΨ = − ~ ∂ Ψ i ∂t Dies ist die zeitabhängige Schrödingergleichung! 1.1.4 Einzelnes Teilchen im Potential V (~r) Wellenfunktion: Φ(~r, t) Hamiltonoperator: Ĥ p~ˆ2 1 2 + V (~rˆ) = (p̂ + p̂2y + p̂2z ) + V (~rˆ) 2m 2m x ~2 ∂ 2 ∂2 ∂2 ~2 = − ( 2 + 2 + 2 ) + V (~r) = − ∆ + V (~r) 2m ∂x ∂y ∂z 2m = T̂ + V̂ = 3 Zeitabhängige Schrödingergleichung: − ~ ∂ ~2 Φ(~r, t) = (− ∆ + V (~r))Φ(~r, t) i ∂t 2m Zeitunabhängig: En Φn (~r) = (− ~2 ∆ + V (~r))Φn (~r) 2m Beispiel: eindimensional, Potential konstant (V (x) = 0) zeitunabhängige Schrödingergleichung: Ek Φk (x) = − Die Lösung lautet: ~2 ∂ 2 Φk (x) 2m ∂x2 Φk (x) = eikx mit Ek = Überprüfen: es ist ~2 k 2 2m ∂ 2 ikx e = −k 2 eikx ∂x2 Einsetzen: − ~2 k 2 ~2 ∂ 2 Φ (x) = Φk (x) = Ek Φk (x) k 2m ∂x2 2m Man beachte: • Ek = 2 ~2 k2 ~k=p p = 2m 2m (die klassische kinetische Energie eines Teilchens) • Quantenzahl k: “Wellenzahl” (= ˆ Impuls) des freien Teilchens; kontinuierlicher Parameter (!) Achtung: für Licht gilt eine andere Beziehung: E = ~ω = hν = h c = ~kc λ k, ν wird synonym mit E verwendet Zahlenwerte für Licht: E 1 eV (1.6 · 10−19 J) 13.6 eV 1.2 k 8065 cm−1 109684cm−1 ν 2.4 · 1014 s−1 3.3 · 1015 s−1 λ 1240 nm 91.1nm IR VUV Wasserstoffatom Experiment: H2 in Glasbehälter unter geringem Druck, daran Spannung von ∼ kV angelegt ⇒Lichtemission Das Lichtspektrum wird gemessen. Der Grund für die Emission ist die stattfindende Gasentladung: Stöße mit Elektronen führen hier zu Dissoziation, Ionisation und Anregung: e− + H2 → 2H + e− H + e− → H ∗ + e− H + e− → H + + 2e− H + + e− → H ∗ + hν H ∗ → H + hν Dissoziation Stoßanregung Ionisation Radiative Rekombination Emission 4 Emittiertes Licht zeigt diskrete Linien mit Energien E = Ry( 1 1 − 2 ), Ry = 13.6eV, 2 n m n, m = 1, 2, 3, . . . (Rydberg-Ritz-Formel) Erklärung: Elektron im H-Atom besetzt Zustände mit Energien En = −Ry 1 , n2 n, m = 1, 2, 3, . . . , ∞ Beim Wechsel zwischen Zuständen wird die Differenzenergie abgestrahlt (bzw. absorbiert). Bemerkung: Ionisationsenergie (-potential) ist die Energie, um ein Elektron freizusetzen: Für n = 1 ⇒ IP = 13.6 eV = 1 Ry. 1.2.1 Bohrsches Atommodell (1913) Annahme: Elektron bewegt sich auf einer Kreisbahn um den Kern (Proton). Die beiden Teilchen haben folgende Eigenschaften: Elektron (me = 9.11 · 10−31 kg, qe = −e = −1.602 · 10−19 C) Proton (mp = 1.67 · 10−27 kg, qp = +e = 1.602 · 10−19 C) (Experimtenteller Befund: die Ladungen qe und −qp unterscheiden sich höchstens um 3 · 10−40 C.) Kreisbewegung: Kräftegleichgewicht zwischen Zentrifugalkraft und Coulomb-Kraft: v2 r 2 p ⇒ 2me = me = e2 4π0 r2 e2 8π0 r Potentielle Energie (Coulomb-Potential): Epot Kinetische Energie: Ekin = = − e2 4π0 r p2 e2 = 2me 8π0 r 1 ⇒ Ekin = − Epot 2 (Virialsatz!) Annahme: Elektron bildet eine stehende Welle auf der Kreisbahn (Elektronenwelle mit Wellenlänge λ), also: nλ = 2πr Mit der de-Broglie-Beziehung: n Damit: h ~ = 2πr ⇒ p = n , p r n = 1, 2, 3, . . . n 2 ~2 e2 4π0 ~2 2 = ⇒ rn = n = a0 n2 2 2me r 8π0 r me2 mit a0 = 4π0 ~2 me2 5 (erlaubte Radien rn , a0 =Bohr-Radius= 0.53 · 10−10 m). Zugehörige Energie: En = Epot + Ekin = 1 e2 e2 1 Epot = − =− 2 8π0 rn 8π0 a0 n2 also En = −Ry ∞ 1 n2 mit Ry ∞ = 109737.319 cm−1 Richtiges Ergebnis (aber zwei Fehler in der Herleitung!). Bemerkung: der angegebene Wert von Ry gilt für mp → ∞. Für die endliche Masse mp muss für das Elektron die effektive Masse µ= me mp ≈ 0.9995me me + mp benutzt werden (Elektron und Proton kreisen um gemeinsamen Schwerpunkt). Damit wird RyH = µ Ry ∞ =109677.584 ˆ cm−1 me . Für Deuterium (Kern aus Proton und Neutron) ist RyD = µ Ry ∞ =109707.426 ˆ cm−1 me . 1.2.2 Quantenmechanik: Teilchen im kugelsymmetrischen Potential In einem kugelsymmetrischen Potential V (r, θ, φ) = V (r) gilt Drehimpulserhaltung. Klassisch ist der Drehimpuls ~ = ~r × p~ L In der QM: ŷ p̂z − ẑ p̂y ~ˆ = ~rˆ × p~ˆ = ẑ p̂x − x̂p̂z L x̂p̂y − ŷ p̂x Operator in Ortsdarstellung: ∂ ∂ y ∂z − z ∂y ~ ~ˆ = z ∂ − x ∂ L ∂x ∂z i ∂ ∂ x ∂y − y ∂x z-Komponente: L̂z = ~ ∂ ∂ (x −y ) i ∂y ∂x Einführung von Kugelkoordinaten: 6 Transformation durch Ersetzung der Ableitungen nach den kartesischen Koordinaten durch Ableitungen nach den Kugelkoordinaten, also z.B.: ∂r ∂ ∂θ ∂ ∂φ ∂ ∂ = + + ∂x ∂x ∂r ∂x ∂θ ∂x ∂φ Damit wird: L̂x = L̂y = L̂z = ∂ ∂ + cot θ cos φ ) ∂θ ∂φ ∂ ∂ i~(− cos φ + cot θ sin φ ) ∂θ ∂φ ∂ −i~ ∂φ i~(sin φ und ~ˆ 2 L = L̂2x + L̂2y + L̂2z = −~2 ( 1 ∂ ∂2 1 ∂2 + 2+ ) tan θ ∂θ ∂θ sin θ ∂φ2 ~ˆ 2 und L̂z (oder Man kann zeigen: es gibt Funktionen, die gleichzeitig Eigenfunktionen sind zu L ~ˆ 2 und L̂x , etc.). Es gibt keine Funktionen, die gleichzeitig Eigenfunktionen sind zu L̂x und auch zu L L̂y (oder L̂x und L̂z , etc.). Bedeutung: nur der Betrag des Drehimpulses und seine Projektion auf eine Achse (“Quantisierungsachse”) können festgelegt werden. Anschaulich: der Drehimpuls präzediert um die Quantisierungsachse (festgelegt z.B. durch BFeld). 7 Betrag und Projektion auf z-Achse sind konstant: die Projektionen auf x- und y-Achse ändern sich ständig. ~ˆ 2 und L̂z heißen Kugelflächenfunktionen Y m (θ, φ). Die Eigenfunktionen von L l Es gilt: ~ˆ 2 Ylm (θ, φ) L = l(l + 1)~2 Ylm (θ, φ) L̂z Ylm (θ, φ) = m~ Ylm (θ, φ) mit l = 0, 1, 2, . . . , ∞ Drehimpulsquantenzahl m = −l, −(l − 1), . . . , 0, . . . , +l magnetische Quantenzahl p ⇒ in der QM sind nur Drehimpulse erlaubt mit Betrag l(l + 1)~; diese können nur bestimmte Winkel zur Quantisierungsachse annehmen (genauer: diese Zustände bilden die Basis, mit der sich alle Drehimpulse beschreiben lassen). Beispiel: ~ = l = 2 ⇒ |L| √ 6~ ⇒ m = −2, −1, 0, 1, 2 ⇒ Lz = m~ 8 Konkret gilt: Y00 (θ, φ) = Y1−1 (θ, φ) = Y10 (θ, φ) = Y11 (θ, φ) = Y2−2 (θ, φ) = Y2−1 (θ, φ) = Y20 (θ, φ) = .. . 1 √ 4π r 3 sin θe−iφ 8π r 3 cos θ 4π r 3 sin θeiφ 8π r 15 sin2 θe−2iφ 32π r 15 sin θ cos θe−iφ 8π r 5 (3 cos2 θ − 1) 16π Vorfaktoren aus Normierung: Wie bei allen normierten Eigenfunktionen gilt bei Integration über gesamten Raum: 2π ˆπ ˆ |Ylm (θ, φ)|2 sin θdθdφ = 1 0 0 Ebenso gilt: 2π ˆπ ˆ 0 (Ylm )∗ Ylm sin θdθdφ = δll0 ,mm0 0 (= 1 falls m = m0 und l = l0 ) 0 0 Die Funktionen bilden also ein orthonormales System! Das Betragsquadrat der Funktionen gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit an. Beispiele: |Y00 |2 = 1 4π 3 |Y10 |2 = 4π cos2 θ (bevorzugter Aufenthalt bei θ = 0 oder θ = π, kein Aufenthalt bei θ = 9 π 2) 3 |Y11 |2 = 8π sin2 θ (kein Aufenthalt bei θ = 0 oder θ = π) Der Phasenfaktor eimφ gibt die Drehrichtung an (analog zu ebener Welle: eikx Bewegung in xRichtung, e−ikx Bewegung entgegen der x-Richtung) ei|m|φ : rechtshändige Rotation um z-Achse e−i|m|φ : linkshändige Rotation um z-Achse m = 0: Drehimpuls steht senkrecht zur z-Achse ⇒ wegen Präzession kein resultierender Drehsinn 1.2.3 Wasserstoffatom in der Quantenmechanik Hamiltonoperator für das Elektron: Ĥ = e2 p~ˆ2 − = Ekin + Epot 2µ 4π0 |~rˆ| Zeitunabhängige Schrödingergleichung (Ortsdartstellung): ĤΨ(~r) = (− ~2 e2 ∆− )Ψ(~r) = EΨ(~r) 2µ 4π0 |~r| Laplace-Operator in Kugelkoordinaten: ∆= ~ˆ 2 1 ∂2 1 ∂2 1 ∂ 1 ∂2 1 ∂2 1 L r + ( + + ) = r − r ∂r2 r2 ∂θ2 tan θ ∂θ sin2 θ ∂φ2 r ∂r2 r 2 ~2 10 Damit: Schrödingergleichung des H-Atoms in Kugelkoordinaten: (− ~ˆ 2 L e2 ~2 1 ∂ 2 r + − )Ψ(r, θ, φ) = EΨ(r, θ, φ) 2µ r ∂r2 2µr2 4π0 r Ansatz für Wellenfunktion (Separation): Ψ(r, θ, φ) = R(r)Ylm (θ, φ) Hierfür gilt: ~ˆ 2 l(l + 1)~2 L m R(r)Y R(r)Ylm (θ, φ) (θ, φ) = l 2µr2 2µr2 ⇒ (− l(l + 1)~2 ~2 1 ∂ 2 r+ − V (r)) R(r)Ylm (θ, φ) = E R(r)Ylm (θ, φ) 2 2µ r ∂r 2µr2 Koeffizientenvergleich (“Teilen durch Ylm ”) führt zur “Radialgleichung”: l(l + 1)~2 ~2 1 ∂ 2 e2 ) R(r) = E R(r) (− r+ − 2 2 2µ r ∂r 2µr 4π0 r {z } | {z } | kin. Energie (mit l(l+1)~2 2µr 2 : eff. Potential Zentrifugalpotential). Klassisch gilt: Zentrifugalkraft im rotierenden System FZ = p2 L2 µv 2 = = 3 r µr µr ⇒Potential ˆ∞ VZ (r) = FZ dr = r Quantenmechanik: L2 2µr2 L2 → l(l + 1)~2 Graphisch: effektives Potential 2 e2 − 4π V (r) = l(l+1)~ 2µr 2 0r Für jeden dieser “Potentialtöpfe” gibt es eine unendliche Serie von Wellenfunktionen (zugeordneten Laguerre-Polynomen). 11 Bemerkung: die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit ergibt sich durch Integration der 3D-Aufenthaltswahrscheinlichke 2π ˆπ ˆ P (r, θ, φ) = |R(r)Ylm (θ, φ)|2 ⇒ P (r) = |R(r)|2 |Ylm (θ, φ)|2 r2 sin θ dθdφ = r2 |R(r)|2 = |rR(r)|2 0 0 Diskussion für verschiedene Lösungen Rnr ,l (r): l = 0 (“s”-Zustände) Grundzustand (nr = 1): R1,0 (r) = Energie: E1,0 = (nr = 2): R2,0 (r) = Energie: 3/2 a0 2e− /a0 r e2 = −Ry 8π0 a0 1 3/2 a0 1 r 1 r √ (1 − )e− 2a0 2a0 2 1 E2,0 = − Ry 4 (nr = 3): R3,0 (r) = 1 3/2 a0 2 2r 2r2 − 3ar √ (1 − )e 0 + 3a0 27a20 3 3 Energie: 1 E3,0 = − Ry 9 Bemerkung: die “Radialquantenzahl” nr ist gleich der Zahl der radialen Knoten+1! Radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit der verschiedenen Zustände: 12 Anschauliche Bescheibung: das Elektron schwingt durch den Ursprung; es hat die höchste Aufenthaltswahrscheinlichkeit am äußeren Umkehrpunkt. l = 1 (“p”-Zustände): Grundzustand (nr = 1): 1 r − 2ar 2 R1,1 (r) = √ e 0 3/2 3 (2a0 ) 2a0 1 E1,1 = −Ry 4 (nr = 2): R2,1 (r) = r 2√ 1 r r 2 (2 − )e− 3a0 3/2 3 3a0 (3a0 ) 3a0 E2,1 = −Ry Aufenthaltswahrscheinlichkeit: 13 1 9 l = 2 (“d”-Zustände): 1 9 1 = −Ry 16 E1,2 = −Ry E2,2 Die Energien sind identisch für nr + l = const. ! (gilt aber nur für 1r -Potentiale) ⇒ neue Quantenzahl: “Hauptquantenzahl” n = nr + l Damit Wellenfunktionen: Ψn,l,m (r, θ, φ) = R(n−l),l Ylm (θ, φ) Vollständig angegeben: 14 n,l,m 1,0,0 2,0,0 2,1,0 2,1,±1 Ψ r √1 31 e− /a0 π a /2 0 1 √1 (2 − ar0 )e−r/2a0 32π a3/2 0 1 r −r/2a0 √1 e cos θ 32π a3/2 a0 0 1 r −r/2a0 √1 e sin θ e±iφ 64π a3/2 a0 0 3,0,0 3,1,0 2 1 1 √ (27 − 18 ar0 + 2 ar 2 )e 81 3π a3/2 0 0 √ r r −r/3a0 1 2 √ (6 − ) e cos θ a0 a0 81 π a3/2 −r/3a En,l,m = En −1Ry Bezeichnung 1s Ry − Ry n2 = − 4 2s − Ry 4 Ry − 4 2p − Ry 9 3s − Ry 9 3p 0 2p 0 Bemerkung: Für l = n − 1 (also nr = 1) ist die Bewegung in r minimal, die sind also “Kreisbahnen”. Hier gilt 2r P (r) = |rR(r)|2 = r2n e− na0 2r dP 2 ⇒ = (2nr2n−1 + r2n (− ))e− na0 = 0 dr na0 für r = n2 a0 (Bohr-Radius!) Das Maximum der Aufenthaltswahrscheinlichkeit entspricht dem Radius des n-ten Zustands des Bohr-Atoms! 1.2.4 Kinetische Energien der Bewegung im H-Atom Für Eigenfunktionen einer Observablen gilt: ÔΨ(~r) = OΨ(~r) (mit O ∈ R). Ist Ψ keine Eigenfunktion, gilt ÔΨ = f (~r)Ψ(~r) Um den mittleren Wert von Ô auszurechnen, muss über den Ort gemittelt werden: ˆ < Ô >Ψ = Ψ∗ (~r)ÔΨ(~r)d~r (Erwartungswert von Ô). Wir betrachten die kinetischen Energien der Bewegung: Radial: p̂2 ~2 1 ∂ 2 Êr = r = − ( r) 2m 2m r ∂r2 Tangential: ~ˆ 2 L Êl = 2m~rˆ2 ~ˆ 2 , aber nicht zu Ĥ und p̂2r oder zu Ĥ und Es gilt: es gibt gemeinsame Eigenfunktionen zu Ĥ und L ˆ2 ~ L . ~ rˆ2 (Drehimpuls ist Erhaltungsgröße, aber nicht die kinetische Energie der Drehbewegung). Ausrechnen der Erwartungswerte: ˆ ∞ ˆ 2π ˆ π p̂2 < Êr >l,n,m = R∗ (r)Ylm∗ (θ, φ)[ r R(r)Ylm (θ, φ)]r2 sin θdθdφdr 2m 0 0 0 2 ˆ ∞ 2 1 ∂ ~ R(r)[( = − r)R(r)]r2 dr 2m 0 r ∂r2 ˆ ∞ ˆ 2π ˆ π ~ˆ 2 L < Êl >l,n,m = R∗ (r)Ylm∗ (θ, φ)[ R(r)Ylm (θ, φ)]r2 sin θdθdφdr 2 2mr 0 0 0 ˆ l(l + 1)~2 ∞ 1 = R(r) 2 R(r)r2 dr 2m r 0 15 Ebenso: potentielle Energie: < V̂ >n,l,m = e2 4π0 ˆ ∞ 0 1 Rn,l (r) Rn,l (r)r2 dr r Für die verschiedenen Zustände ergeben sich folgende Resultate: Zustand 1s 2s 2p 2p 3s 3p 3d n,l,m 1, 0, 0 2, 0, 0 2, 1, 0 2, 1, ±1 3, 0, 0 3, 1, 0 3, 2, 0 pot. En. < V > rad. kin. En. < Er > tang. kin. En.< Ek > Eges 1Ry Ry 14 1 Ry 12 “ Ry 19 5 Ry 81 3 Ry 135 0 0 2 Ry 12 “ 0 4 Ry 81 12 Ry 125 −1Ry −Ry 41 −Ry 41 “ −Ry 91 −Ry 91 −Ry 91 2 − 4πe0 a0 = −2Ry −2Ry 14 −2Ry 14 “ −2Ry 19 −2Ry 19 −2Ry 19 Für alle Zustände trägt die radiale Bewegung zur kinetischen Energie bei; am wenigsten für die “Kreisbahn” mit l = n − 1. Damit Niveau-Schema H-Atom: Fehler des Bohr-Modells: • Grundzustand als l = 1 angenommen • kinetische Energie in radialer Richtung vernachlässigt 1.2.5 Wasserstoffähnliche Systeme Die Ergebnisse gelten für jedes Zwei-Körpersystem aus positiv und negativ geladenen Teilchen: 1. hochgeladene Ionen (Kern + 1e− ) 16 z.B.: He+ , Ar17+ , U 91+ hier gilt a0 → Wellenfunktionen: z.B. a0 Z Zr 1 Z 3 Ψ1,0,0 (r, θ, φ) = √ ( ) /2 e− a0 π a0 Bohr-Radien: rn = n2 Energien: En = − a0 Z Ze2 Ry = −Z 2 2 8π0 n2 aZ0 n 2. Positronium (Positron + Elektron) effektive Masse: µ= Bohr-Radien: 1 1 me ⇒ Ry P o = Ry ∞ 2 2 rn = 2n2 a0 tatsächlich beobachtet! (zerfällt durch e− + e+ → 2γ) 3. Myon-Atom (Proton + Myon) mµ = 200me ⇒ Ry M y = 200Ry ∞ ⇒ En = 200 Ry ∞ 1 2 ; rn = n a0 n2 200 4. Rydberg-Atome bzw. -Moleküle , für hochangeregte Zustände (möglichst mit l = n − 1) gilt auch hier: En = −Ry 17 1 n2 beobachtet in Photoabsorption: Zwischenstand: Wellenfunktionen des H-Atoms in einfachster Näherung besprochen. Jetzt: Feinstruktur, Hyperfeinstruktur, QED-Effekte Dafür: Einführung magnetische Momente, Spin 1.2.6 Magnetisches Moment der Bahnbewegung der Elektronen ~ bzw. im Vektorpotential A ~ (mit B ~ =∇ ~ × A). ~ Wasserstoffatom im Magnetfeld B Generalisierter Impuls des Elektrons: ~ P~ = (~ p + eA) Homogenes Magnetfeld: 2 2 ~2 ~ = − 1 ~r × B ~ ⇒ (p~ˆ + eA) ~ˆ 2 = p~2 + eB ~L ~ˆ + e r̂⊥ A B 2 4 Hamilton-Operator: Ĥ = p~ˆ2 p~ˆ2 + V (~rˆ) = + V 0 (~rˆ) + 2m 2m | {z } H ohne Magn.Feld ~ ˆ eB ~ L |2m {z } + paramagn. Term Magnetisches Moment der Bahnbewegung Elektron auf Kreisbahn entspricht Strom durch runde Leiterschleife. Magnetisches Moment: ~ µ ~ =I ·A 18 e2 2 ~ 2 r̂⊥ B |8m {z } diamagn. Term ~ =Flächennormale). (A ˆ Für das Elektron gilt: v 1 = −e τ 2πr ~ = πr2 · ~eA A ev evr ⇒µ ~ = − πr2~eA = − ~eA 2πr 2 emvr e e ~ = − ~eA = − l~eA = − L 2m 2m 2m µB ~ ⇒µ ~ = − L ~ e~ eV mit µB = (Bohr-Magneton, µB ≈ 5.8 · 10−5 ) 2m T Potentielle Energie im Magnetfeld: ~ = µB L ~B ~ Epot = −~ µB ~ I = −e (höchste Energie für parallele Ausrichtung) ~ k ~ez : Für B µB ~ µB Epot = LB~ez = Lz B ~ ~ ⇒ Eigenwerte von Êpot : µB · mB mit (ml = −l, . . . , 0, . . . , l) Im Magnetfeld ist die ml -Entartung aufgehoben! Damit würde für die Energien im H-Atom folgendes Schema gelten: Achtung: Stimmt so nicht wegen des Spins des Elektrons! (Zeeman-Effekt) Bohr-Atom im Magnetfeld Alternative Herleitung: wir betrachten das Kräftegleichgewicht in einem Bohr-Atom im Magnetfeld: me v2 e2 = ± evB r 4π0 r2 ~ (Kreisbahn ⊥ B) e2 eme vB p2 = ± 2 me r 4π0 r me p2 e2 erp e2 e ⇒ Ekin = = ± B= ± LB 2m 8π0 r 2m 8π0 r 2m e ⇒Veränderung der Energie um 2m LB! (Umlaufgeschwindigkeit bzw. -frequenz ändert sich proportional zu B) ⇒ 19 Matrixbeschreibung des Drehimpulsoperators Betrachten l = 1: die Basisfunktionen sind hier Y1−1 (θ, φ), Y10 (θ, φ), Y11 (θ, φ) ⇒ beliebige Funktion f (θ, φ) zu l = 1 kann geschrieben werden als: 1 X f (θ, φ) = cm Y1m (θ, φ) m=−1 Als Vektor geschrieben: c1 f = c0 c−1 mit Normierung: 1 X |cm |2 = 1 m=−1 Der Operator L̂z auf f angewandt ergibt: L̂z f = L̂z 1 X cm Y1m (θ, φ) = m=−1 = 1 X 1 X cm L̂z Y1m (θ, φ) m=−1 cm m~Y1m (θ, φ) m=−1 L̂z lässt sich also als Matrix schreiben: ~ 0 0 0 = 0 0 0 0 −~ ~c1 0 = −~c−1 L̂z c1 ⇒ L̂z c0 c−1 Dies bedeutet: L̂z f = ~c1 Y11 (θ, φ) + 0Y10 (θ, φ) + (−~)c−1 Y1−1 (θ, φ) Die Eigenvektoren von L̂z (zu den Eigenwerten 1 0 , 0 ~, 0, −~) 0 1 , 0 sind natürlich die Vektoren 0 0 1 Ly lautet in Ortsdarstellung: ∂ ∂ + cot θ sin φ ) ∂θ ∂φ L̂y = i~(− cos φ ⇒ L̂y Y1−1 (θ, φ) = 1 √ (−i~)Y10 , etc. 2 Damit ist die Matrixdarstellung von Ly : L̂y = 0 i~ √ 2 0 − √i~2 0 0 i~ √ 2 0 − √i~2 0 und die von Lx : L̂x = ~ √ 2 0 ~ √ 2 0 ~ √ 2 20 0 ~ √ 2 0 Damit gilt auch: 2~2 ˆ 2 2 2 2 ~ 0 L = L̂x + L̂y + L̂z = 0 Die Eigenwerte hiervon sind: 0 2~2 0 0 0 2~2 2~2 = l(l + 1)~2 Es gilt: Jeder Drehimpulsoperator zur Drehimpulsquantenzahl l läßt sich als (2l + 1)-dimensionale Matrix schreiben! 1.2.7 Spin des Elektrons Elektronen haben einen Drehimpuls mit Quantenzahl s = 12 . (“Drehung um sich selbst”, tatsächlich relativistischer Effekt) Operatoren: 3 2 ~ Ψ 4 1 sz Ψ = ms ~Ψ, ms = ± 2 ~sˆ2 Ψ = s(s + 1)~2 Ψ = Zwei Eigenzustände! (s = 12 , ms = ± 12 ) ⇒jede Spinwellenfunktion läßt sich schreiben als: /2 X 1 Ψ= cm Ψm = c+ Ψ+ + c− Ψ− m=−1/2 c+ , c± : komplexe Zahlen mit |c+ |2 + |c− |2 = 1 (normiert) c− Die Operatoren der Spinkomponenten als Matrizen: ~ ~ 1 0 sz = σz = 0 −1 2 2 ~ ~ 0 1 sx = σx = 1 0 2 2 ~ ~ 0 −i sy = σy = i 0 2 2 1 0 σi : Pauli-Matrizen (mit σi2 = ) 0 1 Operator des Spin-Vektors: ŝx σx ~ ~sˆ = ŝy = σy 2 ŝz σz Als Vektor: Ψ = (jede Komponente ist Matrix und wirkt auf Vektor im Spinraum!) z.B. Spin in x-Richtung: ŝx 1 ~ = ~s · ~ex = ŝy 0 = ŝx = σx 2 ŝz 0 ŝx 21 Anschauliche Bedeutung der Eigenwerte: Spin präzediert um die z-Achse (Winkel θ =54.7°) 1.2.8 Magnetisches Moment des Elektrons Auch für Elektronenspin gilt: Drehung erzeugt magnetisches Moment. Analog zudem magnetischen Moment der Bahnbewegung ~ gilt hier: µ ~ = − µ~B L µB ~s µ ~ s = −gs ~ mit gs = 2 (gyromagnetischer Faktor) Der Faktor 2 ist eine Abweichung vom Verhalten eines klassischen Kreisstroms! Damit ist die z-Komponente des magnetischen Moments: µ̂z = −gs µB ŝz ~ mit Eigenwerten ∓µB ⇒ das magnetische Moment des Elektrons ist so groß wie das einer Bahn mit l = 1! Messung von µe : Stern-Gerlach-Versuch 22 Die Kraft auf das Atom im inhomogenen Magnetfeld ist: Fz ∂ ∂ ~ V = − (−~ µB) ∂z ∂z ∂ ∂ = µz B = µz B ∂z ∂z ∂B = ∓µB (wegen ms = ±1/2) ∂z = − Aus der gemessenen Ablenkung ergibt sich µB . Wichtiges Prinzip: die Messung von µz (bzw. sz ) ergibt nur Eigenwerte ±µB (bzw. ∓ 1/2) Eine Messung führt zum “Kollaps” der Wellenfunktion, d.h. einer Projektion auf einen der möglichen Eigenzustände! (gilt hier nur für inhomogenes Magnetfeld, welches die Zustände trennt) Bemerkung.: gs ist nicht exakt 2! Messung durch Speicherung von spinpolarisierten Elektronen im B-Feld (im Vakuum) Elektron kreist mit Zyklotronfrequenz ωz = eB m Der Spin mit Larmorfrequenz: ωL = gs eB 2m Herleitung: Zyklotronfrequenz mrωz2 = evB = erωz B ⇒ ωz = Larmorfrequenz: ω= eB m gµB ~2 B Drehmoment µz B eB = =g = ~ Drehimpuls sz 2m 2 Für g 6= z : Veränderung des Spinzustands mit der Zeit: Tatsächlich beobachtet! Ergebnis: gs = 2.00233 . . . (Genauigkeit: 4 · 10−12 !) Abweichung von 2 durch QED-Effekte (läßt sich theoretisch exakt berechnen!) 23 1.2.9 Wellenfunktion mit Spin Für ein Teilchen mit Spin 1/2 wird die Wellenfunktion geschrieben als: a aΨ(~r) Ψs (~r) = Ψ(~r) = b bΨ(~r) Spinoperator: ŝz Ψz (~r) = für a=1, b=0: ~ 2 sz für a=0, b=1: sz 1 0 0 −1 Ψ(~r) 0 0 Ψ(~r) = a Ψ(~r) b Ψ(~r) ~ 2 Ψ(~r) 0 ~ =− 2 0 Ψ(~r) = aΨ(~r) −bΨ(~r) ; ms = +1/2 ; ms = −1/2 ~ˆ 2 und L̂z lauten: Die Eigenfunktionen von ŝz , L |ms | + ms Ψms ,l,ml (θ, φ, r) = Ylm (θ, φ)R(r) |ms | − ms (|ms | + ms )Ylm (θ, φ)R(r) = (|ms | − ms )Ylm (θ, φ)R(r) mit ~ˆ 2 Ψm lm L s l L̂z Ψms lml ~ˆ2 Ψm lm S s l ŝz Ψms lml 1.2.10 = l(l + 1)~2 Ψms lml = ml ~Ψms lml 3 2 ~ Ψms lml = 4 = ms ~Ψms lml Spin-Bahn-Wechselwirkung Ein Elektron im Atom erfährt das E-Feld: ~ = E e ~r 4π0 |~r|3 Bewegung im E-Feld “erzeugt” B-Feld: ~ = 1E ~ × ~v = 1 E ~ × p~ B c2 mc2 (im Bezugssystem des Elektrons: “kreisender” Kern erzeugt B-Feld) Im Atom: e e ~ = 1 ~ = ~ B ~r × p~ ⇒ B L 2 3 mc 4π0 |~r| 4π0 mc2 |~r|3 24 Potentielle Energie des Spins in diesem Feld: e ~ ~ = gs e~ ~ = gs µB ~s · B ~sL V = −~ µs B ~ ~ 2m 4π0 mc2 |~r|3 mit gs = 2: e2 ~ · ~s V = L 4π0 m2 c2 |~r|3 Achtung: nur korrekt bis auf Faktor 2! (Thomas-Faktor) ⇒V = e2 ~ · ~s L 8π0 m2 c2 |~r|3 ~ und ~s! Energie hängt ab von relativer Ausrichtung von L Die Wechselwirkung muß im Hamiltonoperator berücksichtigt werden ~ · ~s H = H0 + γ(r)L Hier ist H0 der Hamiltonoperator ohne Spin-Bahn-WW, γ die Kopplungskonstante. Durch die ~ und ~s nicht mehr unabhängig: sie bilden einen Gesamtdrehimpuls Kopplung sind L ~ + ~s J~ = L Der Gesamtdrehimpuls im kugelsymmetrischen System ist Erhaltungsgröße ⇒ gemeinsame Eigenˆ funktionen zu Ĥ und J~2 , Jˆz 1.2.11 Einschub: Kommutatoren Lassen sich zu den Operatoren  und B̂ gemeinsame Eigenfunktionen finden mit ÂΨa,b = aΨa,b , B̂Ψa,b = bΨa,b so gilt: ÂB̂Ψa,b = ÂbΨa,b = baΨa,b B̂ ÂΨa,b = B̂aΨa,b = abΨa,b ⇒ (ÂB̂ − B̂ Â)Ψ = 0 Dies wird geschrieben als Kommutator: (ÂB̂ − B̂ Â) = [Â, B̂] Man sagt, die Operatoren “vertauschen”, falls [Â, B̂] = 0. Nur dann lassen sich gemeinsame Eigenfunktionen finden! Beispiel: Vertauschung von Orts- und Impulsoperatoren [x̂, p̂z ] = (x ~ ∂ ~ ∂ ~ ∂ ~ ∂ − x) = (x −x )=0 i ∂z i ∂z i ∂z i ∂z ⇒ x̂ und p̂z vertauschen! Scharfer Ort in x-Richtung und scharfer Impuls in z-Richtung sind möglich! ~ ∂ ~ ∂ ~ ∂ ~ ∂ − x) = (x + i~ − ) = i~ i ∂x i ∂x i ∂x i ∂x x̂ und p̂x vertauschen nicht! Scharfer Ort und scharfer Impuls in x-Richtung sind nicht möglich! Unschärfeprinzip! [x̂, p̂x ] = (x Für den einfachen Hamiltonoperator des H-Atoms (ohne Spin-Bahn-WW) Ĥ = p ~2 2m + V (~r) gilt: ~ˆ 2 , Ĥ] = 0 ; [L̂z , Ĥ] = 0 ; [S ~ˆ2 , Ĥ] = 0 ; [ŝz , Ĥ] = 0 [L ~ˆ (Drehimpuls) und ~sˆ (Spin), mit Es gibt also gemeinsame Eigenfunktionen von Ĥ (Energie), L Quantenzahlen: n, l, ml , s, ms 25 1.2.12 Gekoppelte Drehimpulse ~ˆ · ~sˆ gilt: Für den Kopplungsoperator L ~ˆ L ~ˆ · ~sˆ] = 0, [J~ˆz , L ~ˆ · ~sˆ] = 0, [L ~ˆ 2 , L ~ˆ · ~sˆ] = 0, [~sˆ2 , L ~ˆ · ~sˆ] = 0 [J, aber: ~ˆ z , L ~ˆ · ~sˆ] 6= 0 [L und ~ˆ · ~sˆ] 6= 0 [~sˆz , L ~ˆ · ~sˆ Gleiches gilt für die Kommutatoren mit Ĥ = Ĥ0 + γ L ˆ ˆ Es lassen sich also gemeinsame Eigenfunktionen finden von Ĥ, J~2 , Jˆz , ~l2 , ~sˆ2 aber nicht zu Ĥ und L̂z oder ŝz ! (präzedierender Drehimpuls) ~ und ~s präzedieren um J; ~ die Projektion von J~ auf z-Achse ist wohldeAnschauliche Erklärung: L ~ finiert, aber nicht die von L oder ~s! Für die neue Quantenzahl j gilt: |l − s| ≤ j ≤ |l + s| (Vektoraddition) Für mj gilt: mj = −j, . . . , 0, . . . , +j Dies sind (2j+1) Zustände. Da die Quantenzahlen l und s weiterhin definiert sind, lassen sich die neuen Eigenfunktionen von Ĥ als Superposition von l, s−Funktionen mit verschiedenen ml , ms ausdrücken (diese bilden eine vollständige Basis für Funktionen mit gegebenen l, s!) 26 1.2.13 Clebsch-Gordan-Koeffizienten Dirac-Schreibweise: Zustand wird als Ket-Vektor geschrieben: Ψ = |Ψ > Ortsdarstellung: Ψ(~r) =< ~r|Ψ > Impulsdarstellung: Ψ(~ p) =< p~|Ψ > “Konjugiert-Komplex”: Bra-Vektor < Ψ| Skalar-Produkt: < ψ|φ > Vollständigkeitsrelation (diskrete Funktionen): X n 1 |n >< n| = 1 = 0 0 0 .. . 0 0 0 1 Damit gilt |Ψ >= X |n >< n|Ψ >= 1|Ψ > n Für Ortszustand gilt analog: ˆ |~r >< ~r|d~r = 1 Skalarprodukt in Ortsdarstellung: ˆ < ψ|φ > = < ψ|1|φ >= < ψ|~r >< ~r|φ > d~r ˆ = ψ ∗ (~r)φ(~r)d~r Eigenzustände des H-Atoms in Dirac-Schreibweise: Ψn,l,m = |n, l, m > mit Ĥ|n, l, m > = ~ˆ 2 = L L̂z = En |n, l, m > l(l + 1)~2 |n, l, m > m~|n, l, m > ˆ ~ˆ 2 ˆ Jetzt: ein Eigenzustand |j, mj , l, s > zu J~2 , Jˆz , ~l2 , L läßt sich als Superposition der Eigenzustände ˆ2 2 ˆ ~ von L , L̂z , ~s , ŝz schreiben: |j, mj , l, s >= X |l, ml , s, ms >< l, ml , s, ms |j, mj , l, s > ml ,ms Daraus folgt |j, mj , l, s >= X cml ,ms |l, ml , s, ms > ml ,ms mit den Clebsch-Gordan-Koeffizienten cml ,ms =< l, ml , s, ms |j, mj , l, s > 27 Nicht alle ml , ms werden benötigt. Es gilt: Jˆz |j, mj , l, s > = mj ~|j, mj , l, s > X = (L̂z + Ŝz ) cml ,ms |l, ml , s, ms > ml ,ms = X cml ,ms (ml + ms )~|l, ml , s, ms > ml ,ms Gleichheit nur für ml + ms = mj ! Nur diese Funktionen tragen bei! Beispiel: Wasserstoffzustand 2p1/2 , mj = 1/2 Für diesen gilt: |j = 1/2, mj = 1/2, l = 1, s = 1/2 > r r 2 1 |l = 1, ml = 1, s = 1/2, ms = −1/2 > − |l = 1, ml = 0, s = 1/2, ms = +1/2 > = 3 3 Die Wellenfunktion ist also: q − 13 R2,1 (r)Y10 (θ, φ) Ψ(r, θ, φ) = q 2 1 R (r)Y (θ, φ) 2,1 1 3 Und die Aufenthaltswahrscheinlichkeit: |Ψ|2 = = = 1 2 |R2,1 (r)|2 |Y10 (θ, φ)|2 + |R2,1 (r)|2 |Y11 (θ, φ)|2 3 3 2 3 2 2 1 3 cos θ + sin2 θ) |R2,1 (r)| ( 3 4π 3 8π 1 |R2,1 (r)|2 4π ~ − S-Kopplung ~ Das ist isotrop! L kann also die räumliche Struktur der Wellenfunktion ändern! Beispiel: Zustand 2p3/2 , mj = 3/2 |j = 3/2, mj = 3/2, l = 1, s = 1/2 > = |l = 1, ml = 1, s = 1/2, ms = 1/2 > Hier gibt es nur eine Möglichkeit für ml , ms ! Die Wellenfunktion ist damit R2,1 (~r)Y11 (θ, φ) Ψ = 0 Hier ergibt sich keine Veränderung der räumlichen Verteilung durch die Spin-Bahn-Kopplung! 1.2.14 Feinstrukturkonstante Dies ist eine sehr verbreitete Konstante, die mehrere Naturkonstanten zusammenfaßt. Sie hat aber auch eine anschauliche Bedeutung: sie zeigt an, wie “relativistisch” die Bewegung des Elektrons im Wasserstoffatom ist. Die Geschwindigkeit des Elektrons auf der 1. Bohr’schen Bahn beträgt: v= Mit a0 = 4π0 ~2 e2 m ~ p = m a0 m ergibt sich: e2 4π0 ~ Das Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit beträgt: v= α= v e2 e2 1 = = ≈ c 4π0 ~c 20 hc 137 28 Die ist die Feinstrukturkonstante. Damit lassen sich verschiedene Größen des Wasserstoffatoms einfach ausdrücken. Kinetische Energie auf 1. Bohr’scher Bahn: 1 1 mc2 2 mv 2 = mα2 c2 = α = 1 Ry 2 2 2 Wegen des Virialsatzes ist die kinetische Energie gleich der Bindungsenergie. Damit sind die Energien der Zustände des H-Atoms: Ekin = En = −1Ry mc2 2 1 1 = − α 2 n2 2 n Bohr-Radius: ~ ~ = vm αmc ~ ( mc : Compton-Wellenlänge, “Ausdehnung des Elektrons”) a0 = 1.2.15 Relativistische Behandlung des H-Atoms (Feinstruktur) Exakt: Dirac-Gleichung ∂ Ψ = (α̂1 cp̂x + α̂2 cp̂y + α̂3 cp̂z + β̂mc2 + V (~r))Ψ ∂t Ψ1 Ψ2 0 σi 1 0 mit “Spinor” Ψ = , α̂i = , (σi Paulimatrizen), β̂ = Ψ3 σi 0 0 −1 Ψ4 Die Dirac-Gleichung läßt sich für kleine Geschwindigkeiten entwickeln und auf eine Schrödingergleichung zurückführen, mit dem Hamilton-Operator i~ Ĥ = mc2 + 2 p~ˆ4 1 1 ∂ p~2 ~ s + ~ ∆V (~r) + . . . + V (~r) − + V (~ r ) L~ 2m 8m3 c2 2m2 c2 r ∂r 8m2 c2 wobei: mc2 = Ruheenergie des Elektrons p~ + V (~r) 2m p~ˆ4 − 3 2 8m c 1 1 ∂ ~s V (~r)L~ 2m2 c2 r ∂r ~2 ∆V (~r) 8m2 c2 Betrachtung der einzelnen Terme: = Ĥ0 = Ŵmv = ŴLS = ŴD (Darwin-Term) 2 1. Ŵmv : Geschwindigkeitsabhängigkeit der Masse Die relativistische Energie des Elektrons läßt sich entwickeln r p p~2 p~2 p~4 2 2 2 2 E = c m c + p~ = mc 1 + 2 2 ≈ mc2 (1 + − + ...) m c 2m2 c2 8m4 c4 p~2 p~4 = mc2 + − + ... 2m 8m3 c2 Damit ist Ŵmv die erste relativistische Korrektur der Energie! Der Erwartungswert des Operators in Störungsrechnung ist: ˆ < Ŵmv >n,l,m = = Φ∗n,l,m (~r)Ŵmv Φn,l,m (~r)d~r mc2 4 1 3 1 α 3( − ) 2 n 4n l + 1/2 29 Dies ist immer < 0! Die kinetische Energie zu gegebenem Impuls wird durch die Massenzunahme verkleinert! Größenordnung: 1 1 3 − ) En α2 ( n 4n l + 1/2 1 ≈ En · 5 · 10−5 · 2 n < Ŵmv > = 2. ŴLS : Spin-Bahn-Kopplung ŴLS = = = Es ist ~ + ~s)2 = L ~ 2 + ~s2 + 2L~ ~s J~2 = (L Daraus folgt Damit ist 1 1 ∂ ~s V (~r)L~ 2m2 c2 r ∂r 1 e2 ~ L~s 2 2 2m c 4π0 r3 e2 ~s L~ 8π0 m2 c2 r3 ~ s = 1 (J~2 − L ~ 2 − ~s2 ) L~ 2 ~ˆ~sˆ >n,l,j,s = 1 (j(j + 1)~2 − l(l + 1)~2 − s(s + 1)~2 ) <L 2 Für l = 0: < ŴL~ ~ s >= 0 Für l 6= 0: < ŴLs >n,l,j = wobei 3 mc2 4 1 α 3 (j(j + 1) − l(l + 1) − ) 1 4 4 n l(l + 2 )(l + 1) 1 mc2 4 ~2 α 3 < γ(r) >n,l,j = 4 2 n l(l + 12 )(l + 1) Im H-Atom ist j = l ± 1/2, damit: < ŴLs > = = ~2 3 < γ(r) > ((l ± 1/2)(l ± 1/2 + 1) − l(l + 1) − ) 2 4 ( 2 ~ fuer j = l + 1/2 2 < γ(r) > l ~2 1 2 < γ(r) > (−l − 1) fuer j = l − /2 Asymmetrische Aufspaltung: 30 Schwerpunkt der aufgespaltenen Niveaus: X < ŴLs >j,mj = ((2l + 2)l − 2l(l + 1)) = 0 j,mj ~2 <γ> 2 Im Mittel also keine Verschiebung! 3. ŴD : Darwin-Term Es ist ŴD ~2 ∆V (r) 8m2 c2 e2 ~2 1 (− = )∆ 2 2 8m c 4π0 r ~2 e 2 = − (−4πδ(r)) 32πm2 c2 0 = Damit < ŴD >n,l = = ~2 e2 |Ψn (0)|2 8m2 c2 0 0 fuer l 6= 0 Für l = 0 : < ŴD > = mc2 α4 1 n3 Damit ergibt sich die “Feinstruktur”: < ŴF s > = < Ŵmv > + < ŴLs > + < ŴD > 1 mc2 α4 3 ( − ) = 3 2n 4n j + 12 Es gibt also keine Abhängigkeit von l! Gilt auch für die exakte Lösung der Dirac-Gleichung En,j,l,1/2 = mc2 r 1+ √α2 (n−j−1/2+ (j+1/2)2 −α2 )2 Damit ergibt sich das Niveauschema des H-Atoms mit Feinstruktur 31 1.2.16 Hyperfeinstrukturwechselwirkung Der Kern besitzt einen Spin I. Die zugehörigen Operatoren sind: ˆ I~2 |I, mI > = Iˆz |I, mI > = I(I + 1)~2 |I, mI > mI ~|I, mI > Beispiele: Proton: I = 1/2 (Wasserstoff-Kern) Neutron: I = 1/2 Deuterium: I = 1 (Spins von Proton und Neutron parallel) Helium 4 He: I = 0 (Spins der Protonen und Neutronen jeweils antiparallel) → − Für größere Kerne ist I eine Kombination aus Spins und Bahndrehimpulsen der Protonen und Neutronen. Der Kernspin erzeugt ein magnetisches Moment µ ~ I = gI mit dem Kernmagneton µK = µK ~ I ~ e~ µB ' 2mp 1836 und dem gyromagnetischer FaktorgI . Dieser nimmt ungewöhnliche Werte an: Proton Neutron gP = 5.58 gN = −3.83 Grund: Protonen und Neutronen haben innere Struktur (Quarks) Das magnetische Moment des Kerns richtet sich im magnetischen Feld des Elektrons aus. Das 32 mittlere Magnetfeld des Elektrons am Ort des Kerns hängt vom Drehimpuls ab: ~ B Wechselwirkungsenergie: = β − J~ ~ ~ V = −~ µI B Zugehöriger Term des Hamiltonoperators (magnetische Dipolhyperfein-WW): ~ˆ = −µ ~ˆI B µK ~ˆ ~ˆ = −gI IB ~ µK ˆ ˆ = gI 2 β I~J~ ~ ĤM D Wie bei Feinstruktur: führt zu gekoppeltem Drehimpuls F~ = I~ + J~ Damit neue Quantenzahlen F, mF , I, J, l, s (aber nicht mehr mI , mJ , ml , ms ) ˆ ˆ ˆ ~ ~ Erwartungswert von ĤM D , mit Iˆ · Jˆ = 21 (F~ 2 − I~2 − J~2 ): < ĤM D > = = < gI µK 1 ~ˆ 2 ~ˆ2 ~ˆ2 β (F − I − J ) > ~2 2 A~2 (F (F + 1) − I(I + 1) − J(J + 1)) 2 A: Hyperfein-Kopplungskonstante Für den 1s-Zustand des H-Atoms ist A = ge · gp µB µK |R10 (r = 0)|2 Hier ist I = 1/2, J = s = 1/2; damit gibt es zwei Hyperfeinzustände: F = 0 mit F = 1 mit 3 < ĤM D >= − A~2 4 1 2 < ĤM D >= A~ 4 Der Übergang F = 0 → F = 1 wird in der Astronomie beobachtet: “21 cm-Linie” Für höhere Zustände ist die Aufspaltung kleiner: 33 Weitere Terme der Hyperfeinwechselwirkung: • Einfluss des Kernvolumens • Einfluss elektrisches Quadrupolmoment des Kerns Noch “klassisch” beschreibbar. Zusätzlich muß aber Quantisierung des elektromagnetichen Feldes berücksichtigt werden! 1.2.17 QED-Effekte: “Lamb-Shift” Quantisiertes E-Feld: Coulomb-Wechselwirkung durch Austausch von (virtuellen) Photonen. Feynman-Graphen: Es gibt aber auch Prozesse höherer Ordnung: z.B.: Emission und Reabsorption eines Photons durch das Elektron (führt zu “Zitterbewegung”) oder auch 34 Virtuelle Paarerzeugung (“Vakuumpolarisation”, führt zur Abschwächung des Felds) Effekte: • ge weicht von 2 ab • Elektronen mit großer Aufenthaltswahrscheinlichkeit im starken Feld (also l = 0) sind schwächer gebunden (“Lamb-Shift”) Damit kann man die Niveaustruktur des H-Atoms zusammenfassen: 1.2.18 Präzisionsspektroskopie am H-Atom Methoden: Emissionsspektroskopie 35 Absorptionsspektroskopie Begrenzung der Auflösung: apparativ: • Spektrometer mit Gitter λ Auflösung: Zahl der beleuchteten Gitterstriche mal Beugungsordnung ⇒ R ≈ 105 = ∆λ = 14 −5 9 (für optische Frequenzen f = 6 · 10 Hz fuer hν = 2.5 eV ⇒ ∆f = 10 f = 6 · 10 Hz) • Fabry-Perot-Interferometer Transmission für Resonanzbedingung: nλ = l ⇒ Auflösung R ≈ 106 (opt. Frequenz ∆f ≈ 600M Hz) • Laser 36 f ∆f Erreichte Auflösung: R ≈ 1014 ⇒ ∆f ≈ 6Hz Enorme technische Herausforderung! Wellenlängengenauigkeit entspricht der Genauigkeit der Resonatorlänge. bei R = 1014 , l = 1m ⇒ ∆l = 10−14 m! (10 Atomkerndurchmesser!) (nur möglich mit aktiver Stabilisierung!) Ebenso: Luftdichte im Resonator (Brechungsindex n = 1.0003 bei Normalbedingung) muß auf 1/0.0003 · 10−14 = 3 · 10−11 konstant gehalten werden (⇒ Druck und Temperatur konstant auf 10−11 ! Hier ist es also besser, im Vakuum zu arbeiten) physikalisch: • Lebensdauer starke Übergänge (z.B. 2p→1s) haben eine Lebensdauer von τ ≈ 10 ns 1 1 ⇒ Linienbreite ∆f = 2π τ ≈ 16 M Hz schwache Übergänge haben längere Lebensdauern (z.B. 1s F = 1 → F = 0: τ ≈ 1s ⇒ ∆f ≈ 0.16 Hz) • Stoßverbreiterung “Unterbrechung” der Emission beim Stoß mit anderen Gasatomen. z.B.: 1 mbar H → 4 · 107 Stöße ⇒ ∆f ≈ 6 M Hz s • Dopplereffekt verschobene Frequenzen f = f0 (1 + vAtom c ) Geschwindigkeitsverteilung in einer Richtung p(v) = e− Wasserstoff: mv 2 2 /kB T v 14 Dopplerverschiebung bei v = 2200 m s , f0 = 6 · 10 Hz ⇒ ∆f = c f0 = 4400 M Hz (!) Die Dopplerverbreiterung ist also die Hauptursache endlicher Auflösung! Lösung: – direktes Messen kleiner Energieunterschiede (Mikrowellenspektroskopie) – dopplerfreie Messmethoden 37 Dopplerfreies Messen vektoriell: Idee: Absorption zweier Photonen Für ein Photon aus Quelle 1 gilt im Bezugsystem des Atoms: ω 0 = ω0 + ~v · ~k1 2 Photonen aus Quelle 1 und 2: 2ωef f = = 2ω0 + ~v (~k1 + ~k2 ) 2ω0 für ~k1 = −~k2 Anwendung: H-Atom 1s → 2s Alternativ: Sättigungsspektroskopie Strahl 1 regt an, Absorption von Strahl 2 wird gemessen Bei ω = ω0 : ruhende Atome werden durch Strahl 1 angeregt und können Strahl 2 nicht mehr abschwächen. ⇒ führt zu “Lamp-dip” im Absorptionsspektrum. 38