Postnatale Depression: Antworten auf die wichtigsten Fragen

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http://www.stern.de/tv/postnatale-depression--antworten-auf-die-wichtigsten-fragen-6586232.html
02. Dezember 2015 22:03 Uhr
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Postnatale Depression
Antworten auf die wichtigsten Fragen
Starke Ängste und ein Stimmungstief nach der Geburt erleben viele Frauen. Wenn es aber
nicht von alleine wieder verschwindet, kann eine postnatale Depression dahinter stecken. Das
sollten Sie darüber wissen.
Wenn ein Kind zur Welt kommt, ist die Freude groß. Die Anstrengungen von
Schwangerschaft und Geburt sind überstanden, alle Familienmitglieder sind glücklich. Nur
die Mutter nicht? Das kann doch wohl nicht sein...
Doch. Und es betrifft mehr Frauen, als gemeinhin bekannt ist. Doch viele der depressiven
Mütter leugnen oder verschweigen das, versuchen lieber, irgendwie selbst aus dem
Stimmungstief heraus zu kommen. Manche schaffen das, andere entwickeln jedoch eine
ernsthafte postnatale (medizinisch aus „postpartal“) Depression mit schwerwiegenden
Symptomen bis hin zu Suizidgedanken.
Die Unterschiede
Insgesamt werden drei psychische Krisen und Erkrankungen unterschieden, von denen
Mütter betroffen sein können:
Der Babyblues („Heultage“)
Die Stimmungslabilität erwischt fast jede zweite Mutter mit einem Neugeborenen (50-70%).
Sie
weinen
viel,
sind
empfindlicher,
depressiv
verstimmt.
Der Babyblues tritt in den ersten 3 bis 5 Tagen nach der Geburt auf und wird als
Anpassungsreaktion
auf
die
veränderte
hormonelle
Situation
gesehen.
Eine Behandlung ist nicht erforderlich. Die Probleme klingen in der Regel nach zwei bis drei
Tagen von selbst ab. Dauern die Symptome länger an, kann das auf eine beginnende
postnatale Depression hindeuten.
Postnatale / postpartale Depression („Wochenbett-Depression“)
Sie hat einen schleichenden Beginn, wird jedoch oft unterschätzt. Dabei sind rund 15 % der
Mütter betroffen. Die Depression tritt meist 4 bis 6 Wochen nach der Geburt auf, kann sich
aber auch über das erste Jahr noch entwickeln und über Wochen bis Jahre hinziehen. Eine
postnatale Depression muss behandelt werden, um eine chronische Depression zu vermeiden.
Übrigens können auch Väter eine postnatale Depression entwickeln. Das kommt aber weitaus
seltener vor.
Postnatale Psychose
Die schwerste Form tritt nur bei sehr wenigen Wöchnerinnen auf (max. 0,2 %) und entwickelt
sich in den ersten ein bis zwei Wochen nach der Geburt, nimmt dann aber einen raschen
Verlauf.
Die Anzeichen sind stärker als bei der postnatalen Depression und begleitet von
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psychotischen Symptomen wie Realitätsverlust, Störungen des Denkens, psychotischem
Verhalten wie beispielsweise Wahnvorstellungen. Betroffene Frauen sind suizidgefährdet bis
hin zur Kindstötung. Frauen mit einem solchen Verlauf sollten sich schnellstmöglich in
Behandlung begeben.
Betroffen sind rund 15 Prozent. Weil Frauen aus Schamgefühl aber oftmals keine Hilfe
suchen, liegt die Dunkelziffer weitaus höher, schätzungsweise bei 25 Prozent aller Mütter mit
einem Baby, wenn man diejenigen einrechnet, die schwächere Symptome haben. Denn diese
Frauen glauben oft nicht daran, überhaupt krank zu sein. Immerhin schaffen sie es noch, den
Alltag irgendwie zu meistern und werden bei Ärzten nicht vorstellig.
Noch dazu wird die Krankheit oft klein geredet, Mütter werden von Ärzten mitunter nicht
ernst genommen. Denn die Ausbildung und das Wissen um die Symptomatik sind auch bei
Medizinern und Hebammen nicht so umfassend, wie sie sein sollten.
Wer bekommt eine postnatale Depression?
Oft wird vermutet, dass besonders Frauen mit psychischen Vorerkrankungen, mit psychisch
kranken Familienangehörigen oder besonderen Belastungen gefährdet sind. Prinzipiell kann
aber jede Frau nach einer Entbindung an einer psychischen Störung erkranken.
Was löst eine postnatale Depression aus?
Es ist noch nicht hinreichend erforscht, welche Auslöser konkret dahinter stecken. Es handelt
sich eher um eine oftmals allmähliche Entwicklung, bei der Verschiedenes zusammenspielt.
Neben den hormonellen Umstellungen des Körpers nach der Geburt sowie der körperlichen
und psychischen Belastung durch die Entbindung, können die Lebenssituation, fehlende
Unterstützung, die eigene Persönlichkeit sowie innere und äußere Erwartungshaltungen an die
Rolle
der
Mutter
eine
postnatale
Depression
begünstigen.
Auch Zukunftsängste spielen wohl eine Rolle, wodurch Alleinerziehende, Frauen ohne
sozialen Halt oder in einer schlechten finanziellen Lage häufiger betroffen sind.
Es kann aber auch eine traumatische Geburt, ein ungeplanter Kaiserschnitt oder extreme
Stillschwierigkeiten dazu führen, dass die Bindung zum Kind beeinträchtigt ist – und in einer
Depression münden. Insbesondere, wenn die Mutter dadurch Schuldgefühle entwickelt.
Starker Druck auf Mütter wird auch von der Gesellschaft genährt: Von einer Mutter wird wie
selbstverständlich erwartet, dass sie gebärt, stillt, schnell wie eine schlanke Frau aussieht,
arbeitet und vor allem sofort die Mutterliebe empfindet.
Wie äußert sich eine postnatale Depression?
Die Symptome können von Frau zu Frau sehr verschieden sein. Ein sehr häufiges und
auffälliges Merkmal sind Beziehungsstörungen zum Kind. Davon sind mindestens 30 Prozent
der Mütter betroffen. Auch das Bindungsproblem kann unterschiedlich stark ausfallen:
Manche empfinden Aggression gegenüber ihrem Kind, andere sind eher gefühlsarm oder
kühl. Oft werden sie zu Unrecht als Rabenmütter gesehen, denn nur in tragischen Einzelfällen
führt
das
soweit,
dass
die
Kinder
zu
Schaden
kommen.
Weitaus häufiger unter den depressiven Müttern sind die so genannten Pelikanmütter, die sich
besonders viele Gedanken um ihr Kind machen und darin einen Perfektionismus entwickeln,
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der Selbstvergessenheit , Schlafstörungen, Erschöpfung und extreme Sorgen zur Folge haben
kann.
Oft ist die Depressivität geprägt durch Schuld- und Versagensgefühle, als unzureichend
empfundene Mutter-Kind-Gefühle, innere Unruhe, Einschlaf- und Durchschlafstörungen,
frühes Erwachen, Appetitlosigkeit. Darüber hinaus treten im Zusammenhang mit einer
postnatalen
Depression
allgemeine
depressive
Symptome
auf,
darunter:
Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme, Grübeln, Denkverlangsamung, Lust- und
Interesselosigkeit, Apathie, sozialer Rückzug, Bewegungsunruhe, Gereiztheit, Aggressivität,
unbestimmte Angst, Panikattacken, Zwangsgedanken (etwa dem Kind was anzutun, was
jedoch nicht realisiert wird), lebensmüde Gedanken oder körperliche Schmerzen.
Bin ich betroffen?
Die Mutter-Kind-Ambulanz der LWL Klinik in Herten bietet einen Test zur ersten
Selbsteinschätzung, sowie weitere Informationen zum Thema.
Wie wird eine postnatale Depression behandelt?
Die postnatale Depression ist – wie jede Depression – eine Erkrankung. Sie betrifft viele
Frauen. Betroffene sollten sich deshalb keinesfalls scheuen, ihre Gefühle und Probleme
gegenüber einem Arzt offen anzusprechen, der sie an Therapeuten oder entsprechende
Kliniken überweisen kann. Depressionen können geheilt werden. Dazu eignet sich in vielen
Fällen eine Kombination aus entsprechenden Medikamenten und Therapie-Gesprächen, die
über mehrere Wochen angewendet werden. Auch Selbsthilfegruppen können eine Stütze sein,
weil man sich dort urteilsfrei unter Betroffenen austauschen kann. Therapeuten und Berater
helfen gegebenenfalls dabei, den Alltag mit dem Kind neu und weniger belastend zu
organisieren.
Lässt sich einer solchen Depression vorbeugen?
Da vermutet wird, dass die Lebensumstände viel Einfluss auf die Erkrankung haben, kann
Unterstützung – ob vom Partner, Verwandten oder Freunden – während der Schwangerschaft
und kurz nach der Geburt helfen, dass die Mutter besser in den Alltag findet, sich selbst
weniger in der Pflicht sieht und zuversichtlicher den Alltag meistern kann. Auch Zeit für sich
selbst zu haben (während Schwangerschaft und Mutterschaft) reduziert den Stress und damit
auch Folgen (s. Entstehung der postnatalen Depression). Eine gute Organisation im Vorhinein
und die Fähigkeit, Hilfe anzunehmen oder danach zu fragen, können eine Menge vorbeugen.
Therapiekompass Depression
Wo finde ich weitere Informationen oder Hilfe
Bundesweit haben sich Kliniken auf die Behandlung von postnatalen Depressionen
spezialisiert oder sind in speziellen Mutter-Kind-Einheiten darauf ausgerichtet. Die Angebote
können auch ambulant genutzt werden. Krankenkassen übernehmen in der Regel die
Behandlungs- und Beratungskosten.
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Unter anderem:
Charité Berlin
LWL Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Herten
Klinikum Frankfurt Höchst
Klinikum Nürnberg
Österreich: Wiener Spezialambulanz für perinatale Psychiatrie
Der Verein "Schatten & Licht e.V." wurde 1996 als bundesweiter gemeinnütziger Verein
von betroffenen Frauen als Selbsthilfe-Organisation gegründet.
Der gemeinnützige Verein "Deutsches Bündnis gegen Depression e.V." verfolgt unter dem
Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe das Ziel die gesundheitliche Situation
depressiver Menschen zu verbessern, das Wissen über die Krankheit in der Bevölkerung zu
erweitern, Suiziden vorzubeugen. Zahlreiche Städte und Kommunen haben sich dem Bündnis
angeschlossen und engagieren sich auf lokaler Ebene.
Zudem können Sie sich telefonisch beraten lassen bei der Stiftung Deutsche
Depressionshilfe
Telefon: 0800 3344533
Wer direkt zur Therapeutensuche übergehen möchte, wird in der Datenbank bundesweiter
Angebote des Psychotherapie Informationsdienst fündig.
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