Psychische Krankheit und Gefährlichkeit

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PSYCHISCHE KRANKHEIT
UND
GEFÄHRLICHKEIT
SS 2017
Hans Schanda
4.3. + 11.3.2017
jeweils 09:00-17:00 (HS U10)
 Nicht prüfungsimmanente LV (= 1. Note kann nicht korrigiert werden, letzte
Note gilt)
 Die Prüfung findet am Ende des 2. Vorlesungsblocks statt. (10 Multiple-ChoiceFragen, die sich auf den 1. Vorlesungsblock beziehen; für eine positive Benotung
sind mindestens 5 richtige Antworten erforderlich.)
 Eine Auswahl der ppt-Folien ist über die Homepage des Instituts für Strafrecht
und Kriminologie erhältlich.
 Die Noten sind ausnahmslos erst ab 25.3.2017 über U:SPACE abrufbar,
für Studierende der MUW über MedCampus.
 Möglichkeit zur Wiederholung der Prüfung am 6.5.2017, 09:00, im Hörsaal U11
des Juridicums. Für die Ablegung der Wiederholungsprüfung ist eine neuerliche
Anmeldung über U:SPACE zwischen 27.3. und 23.4.2017 unbedingt erforderlich.
(Studierende der MUW benötigen keine neuerliche Anmeldung für die Wiederholungsprüfung!)
 Die Einsichtnahme in die Ergebnisse der Prüfung vom 11.3. ist erst am 6.5.2017
im Anschluss an die Wiederholungsprüfung möglich, da beim Wiederholungstermin die gleichen Fragen zu beantworten sind.
1
1) Wie wird psychische Krankheit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit „gemessen“?
Wie entsteht Aggression? (im allgemeinen, bei psychisch Kranken,
Hypothesen, biologische Befunde)
2) Charakteristika der Risikoklientel
3) Aktuelle Daten zum Kriminalitäts- bzw. Gewalttätigkeitsrisiko
psychisch Kranker (Exkurse: Psychisch Kranke als Opfer; Politisch/
Religiös motivierte Gewalt, School shooting)
4) Externe Faktoren (gesellschaftliche Veränderungen, Veränderungen
der allgemeinpsychiatrischen Versorgung, Zunahme dissozialen
Verhaltens psychisch Kranker?)
5) Fallbeispiele
ICD-10 Kapitel V
Psychische und Verhaltensstörungen (F00-F99)
F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
F30-F39 Affektive Störungen
F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren
F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F70-F79 Intelligenzstörung
F80-F89 Entwicklungsstörungen
F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit
und Jugend
F99-F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen
2
SCHIZOPHRENIE (F20)
!
 Störungen von Denken und Wahrnehmung, inadäquate oder verflachte Affekte
 Bewusstseinsklarheit und intellektuelle Fähigkeiten sind in der Regel nicht beeinträchtigt, jedoch im Laufe der Zeit Entwicklung gewisser kognitiver Defizite.
Die wichtigsten psychopathologischen Phänomene:
 Gedankenlautwerden
 Gedankeneingebung oder Gedankenentzug
 Gedankenausbreitung
Control override-Symptome
 Wahnwahrnehmung
 Kontrollwahn
 Beeinflussungswahn oder das Gefühl des Gemachten
 Stimmen, die in der dritten Person das Verhalten des Patienten
kommentieren oder über ihn sprechen
 Denkstörungen und Negativsymptome
Verlauf:
 Kontinuierlich
 Episodisch mit zunehmenden oder stabilen Defiziten
 Eine oder mehrere Episoden mit vollständiger oder unvollständiger Remission
SCHIZOPHRENE STÖRUNGEN
 Lebenszeitprävalenz ~ 0,7% bis 1%
 Lebenszeitrisiko für Männer und Frauen ~ gleich hoch
 ~ 90% der Männer und ~ 66% der Frauen erkranken vor
dem 30. Lebensjahr
 Hoher Anteil chronischer Verläufe
 Nur 18% bleiben innerhalb von 5 Jahren nach der ersten Episode
rückfallfrei.1)
 5x höhere Rückfallraten nach Absetzen der Medikation1)
 Verdreifachung der Zeit bis zur Remission vom 1. zum 3. Rückfall 2)
Deutliche Reduktion des Funktionsniveaus in den ersten Jahren
der Erkrankung3)
1)Robinson
D, Woerner M, Alvir JMJ, Bilder R, Goldman R, Geisler St, Koreen A, Sheitman B, Chakos M, Mayerhoff D, Lieberman J. Predictors of relapse following response from a first
episode of schizophrenia or schizoaffective disorder. Arch Gen Psychiatry 1999;56:241-247
2) Lieberman JA, Koreen AR, Chakos M, Sheitman B, Woerner M, Alvir JM, Bilder R. Factors influencing treatment response and outcome of first-episode schizophrenia: implications for
understanding the pathophysiology of schizophrenia. J Clin Psychiatry 1996;57(Suppl 9):5-9
3)Birchwood M , Todd P, Jackson C. Early intervention in psychosis. The critical period hypothesis. Br J Psychiatry Suppl 1998;172:53-59
3
SCHIZOPHRENIE 1
 Erstmanifestation meist zwischen dem 17. und 30. Lebensjahr
 Prävalenz bei Männern und Frauen gleich, allerdings erkranken Männer
durchschnittlich 2 Jahre früher
 Genetisch teildeterminierte Erkrankung
► Höhere Konkordanzraten bei eineiigen im Vergleich zu zweieiigen
Zwillingen
► polygener Erbgang
► Verursachung wahrscheinlich durch mehrere/viele Dispositions-/
Suszeptibilitätsgene
► Ca. 30% des Risikos durch Umweltfaktoren erklärt
(Schwangerschafts-, Geburtskomplikationen, hohes väterliches
Alter, Drogenmissbrauch)
Maier W, Lichtermann D, Rietschel M, Held T, Falkai P, Wagner M, Schwab S. Genetik schizophrener Störungen. Nervenarzt 1999;70:955-969
Falkai P, Maier W. Fortschritte in der neurobiologischen Erforschung der Schizophrenie. Perspektiven für neue Therapieansätze. Nervenarzt 2006
(Suppl 2) 77:S65-S76
SCHIZOPHRENIE 2
 Höhere familiäre Belastung bei Patienten mit ausgeprägter Negativsymptomatik
(sozialer Rückzug, bizarres Verhalten, formale Denkstörungen)
 In Familien Schizophrener gehäuft auftretende subklinische neuroanatomische
und neuropsychologische Normabweichungen
 Variable Expression des Phänotyps wahrscheinlich aufgrund unterschiedlicher
Kombinationen von prädisponierenden Genmutationen und Interaktionen mit
Umweltfaktoren (vgl. Diabetes mellitus Typ I und II, koronare Herzerkrankung,
Hypertonie)
 Störung des dopaminergen, des serotonergen- und des glutamatergen Systems
im Gehirn
Maier W, Lichtermann D, Rietschel M, Held T, Falkai P, Wagner M, Schwab S. Genetik schizophrener Störungen. Nervenarzt 1999;70: 955-969
Falkai P, Maier W. Fortschritte in der neurobiologischen Erforschung der Schizophrenie. Perspektiven für neue Therapieansätze. Nervenarzt 2006
(Suppl 2) 77:S65-S76
4
SCHIZOPHRENIE UND ERBLICHKEIT
 Lebenszeitrisiko 0,7-1%, Suizidrisiko 10%
 80% der Patienten haben keine manifest erkrankten Eltern
 60% keine manifest erkrankten weiteren Verwandten
Allgemeinbevölkerung
0,7-1%
Cousins, Onkel, Tanten
2%
Neffen, Nichten
3%
Enkel
4%
Eltern
6%
Geschwister
10%
Kinder
13%
Zweieiige Zwillinge
17%
Kinder von zwei manifest erkrankten Eltern
46%
Eineiige Zwillinge
48%
RELATIVES RISIKO (RR) FÜR SCHIZOPHRENIE
RR
Geburtskomplikationen
2-4
Hohes väterliches Alter
2-4
Drogenkonsum (v.a. Cannabis)
2-4
Aufwachsen in Großstädten
1,5 - 2,5
Niedrige (aber normgerechte) Intelligenz
1,5
Infektionen des Gehirns während der Kindheit
1,5
Infektionen, Unterernährung der Mutter während der
1,2 - 2,0
Schwangerschaft
Falkai P, Maier W. Fortschritte in der neurobiologischen Erforschung der Schizophrenie. Perspektiven für neue Therapieansätze. Nervenarzt 2006
(Suppl 2) 77:S65-S76
5
ANHALTENDE WAHNHAFTE STÖRUNGEN (F22)
Störungen, bei denen ein langandauernder Wahn das einzige oder das auffälligste
klinische Charakteristikum ist, und die nicht als organisch, schizophren oder affektiv
klassifiziert werden können.
Entwicklung einer einzelnen Wahnidee oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte, die im allgemeinen lange, manchmal lebenslang, bestehen. Die Inhalte sind
sehr variabel (Verfolgungswahn, hypochondrischer oder Größenwahn, Querulantenwahn, Eifersuchtswahn, sensitiver Beziehungswahn).
Eindeutige und anhaltende akustische Halluzinationen (Stimmen), schizophrene
Symptome wie Kontrollwahn oder Affektverflachung oder eine eindeutige Gehirnerkrankung sind nicht mit der Diagnose vereinbar.
Gelegentliche oder vorübergehende akustische Halluzinationen schließen besonders
bei älteren Patienten die Diagnose jedoch nicht aus, solange diese Symptome nicht
typisch schizophren erscheinen und nur einen kleinen Teil des klinischen Bildes
ausmachen.
AFFEKTIVE STÖRUNGEN (F30-F39)
 Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder
► zur Depression (mit oder ohne Angst)
► zur gehobenen Stimmung (Hypomanie, Manie)
 Dieser Stimmungswechsel wird meist von einer Veränderung des
allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen Symptome
beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang mit dem Stimmungs- und
Aktivitätswechsel leicht zu verstehen.
 Rückfallneigung
 Beginn der einzelnen Episoden oft in Zusammenhang mit belastenden
Ereignissen oder Situationen
► Unipolar
► Bipolar
6
MANISCHE EPISODE (F30)
 Situationsinadäquat gehobene Stimmung (sorglose Heiterkeit bis fast
unkontrollierbare Erregung)
 Vermehrter Antrieb
► Überaktivität
► Rededrang
► Vermindertes Schlafbedürfnis
 Aufmerksamkeitsstörung
 Ablenkbarkeit
 Überhöhte Selbsteinschätzung (übertriebener Optimismus, Größenideen)
 Gesteigerte Libido
 Verlust sozialer Hemmungen, das Verhalten erscheint
► leichtsinnig
► rücksichtslos
► unpassend
► persönlichkeitsfremd
DEPRESSIVE EPISODE (F32)
 Gedrückte Stimmung (morgendliches Pessimum)
 Verminderung von Antrieb und Aktivität
 Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit
 Ausgeprägte Müdigkeit
 Freudlosigkeit
 Interessenverlust
 Konzentrationsstörung
 Beeinträchtigung von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
 Schuldgefühle oder Gedanken über die eigene Wertlosigkeit
 Schlafstörung (Etappenschlaf, vorzeitiges Erwachen)
 Appetitstörung
 Gewichtsverlust
 Libidoverlust
7
EPIDEMIOLOGIE UND
GENETIK AFFEKTIVER ERKRANKUNGEN
Unipolare Depression
Bipolare Störung
Lebenszeitprävalenz
17%
1%
M:F
1:2
1:1
Ersterkrankungsalter
Zwischen 15. - 70. LJ
˂30. LJ (80%)
Erhöhung des Risikos
bei Verwandten 1.
Grades
OR ~ 2,0
OR ~ 6 - 8
Erblichkeit
37 - 65%
60 - 89%
Maier W. Genetik der Depression. Gegenwärtiger Erkenntnisstand und Perspektiven. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2004;47:487-492
ORGANISCHE EINSCHLIESSLICH SYMPTOMATISCHER
PSYCHISCHER STÖRUNGEN (F00-F09)
Psychische Krankheiten mit nachweisbarer Ätiologie in einer zerebralen Krankheit,
einer Hirnverletzung oder einer anderen Schädigung, die zu einer Hirnfunktionsstörung führt.
Primär (Krankheiten, Verletzungen oder Störungen, die das Gehirn direkt oder in
besonderem Maße betreffen)
Sekundär (systemische Krankheiten oder Störungen, die das Gehirn als eines von
vielen anderen Organen oder Körpersystemen betreffen)
Demenz (F00-F03):
 Störung höherer kortikaler Funktionen (Gedächtnis, Denken, Orientierung,
Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen)
 Veränderungen ► der emotionalen Kontrolle
► des Sozialverhaltens
► der Motivation
 Das Bewusstsein ist nicht getrübt.
8
PSYCHISCHE UND VERHALTENSSTÖRUNGEN DURCH
PSYCHOTROPE SUBSTANZEN (F10-F19)
Störungen unterschiedlichen Schweregrades mit verschiedenen klinischen
Erscheinungsbildern; die Gemeinsamkeit besteht im Gebrauch einer oder
mehrerer psychotroper Substanzen (mit oder ohne ärztliche Verordnung).
 Akute Intoxikation (akuter Rausch)
 Schädlicher Gebrauch
 Abhängigkeitssyndrom
 Entzugssyndrom
 Psychotische Störung
► Alkoholhalluzinose
► Alkoholische Paranoia
► Alkoholischer Eifersuchtswahn
PERSÖNLICHKEITS- UND VERHALTENSSTÖRUNGEN (F60-F69)
Meist länger anhaltende Zustandsbilder und Verhaltensmuster als Ausdruck
► des charakteristischen, individuellen Lebensstils
► des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen
Einige dieser Zustandsbilder und Verhaltensmuster entstehen als Folge konstitutioneller Faktoren und sozialer Erfahrungen schon früh im Verlauf der individuellen
Entwicklung, während andere erst später im Leben erworben werden.
!
Spezifische Persönlichkeitsstörungen (F60.-), kombinierte und andere
Persönlichkeitsstörungen (F61), Persönlichkeitsänderungen (F62.-):
► Tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen
auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen äußern.
► Gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen
im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen.
► Meistens stabile Verhaltensmuster, die sich auf vielfältige Bereiche des
Verhaltens und der psychologischen Funktionen beziehen. Sie gehen häufig
mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter
sozialer Funktionsfähigkeit einher.
9
Spezifische Persönlichkeitsstörungen (F60-)
Schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens, die nicht direkt auf eine Hirnschädigung oder -krankheit oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen sind.
Sie erfassen verschiedene Persönlichkeitsbereiche und gehen beinahe immer mit persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einher. Persönlichkeitsstörungen treten meist in
der Kindheit oder in der Adoleszenz in Erscheinung und bestehen während des Erwachsenenalters weiter.
 Paranoide Persönlichkeitsstörung
 Schizoide Persönlichkeitsstörung
 Dissoziale Persönlichkeitsstörung
 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
 Histrionische Persönlichkeitsstörung
 Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung
 Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung
 Abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung
 Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
 Andauernde Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit
 Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
 Störungen der Geschlechtsidentität
 Störungen der Sexualpräferenz
PRÄVALENZ (%) VON PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN IN DER ALLGEMEINBEVÖLKERUNG UND IN KOLLEKTIVEN VON BEGUTACHTETEN STRAFTÄTERN UND GEFÄNGNISINSASSEN
 Paranoide Persönlichkeitsstörung 0,4 - 1,8 (3 - 9)
 Schizoide Persönlichkeitsstörung 0,4 - 0,9 (1,7 - 6,6)
 Antisoziale Persönlichkeitsstörung 0,2 - 3,0 (17 - 29,3)
 Borderline-Persönlichkeitsstörung 1,1 - 4,6 (6,1 - 17,9)
 Histrionische Persönlichkeitsstörung 1,3 - 3,0
 Narzisstische Persönlichkeitsstörung 0 - 0,4 (4,4 - 8,8)
 Selbstunsichere Persönlichkeit und ängstlich-vermeidende
Persönlichkeitsstörung 0 - 1,3
 Dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung 1,5 - 6,7
 Anankastische Persönlichkeitsstörung 1,7 - 6,4
 Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung 0,0 - 3,0
10
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN BEI MASSNAHMEPATIENTEN
(§ 21/1 StGB, ERST- UND ZWEITDIAGNOSEN)
ICD-10
DSM-IV
CLUSTER A (sonderbar, exzentrisch)
PARANOID
PARANOID
Misstrauen und Argwohn, andere seien böswillig
SCHIZOID
SCHIZOID
Soziale Distanz, eingeschränkter Ausdruck von Emotionen
(F 21 SCHIZOTYPE STÖRUNG)
SCHIZOTYPISCH
Soziale Ängste, Verzerrung von Denken und Wahrnehmung, exzentrisch
CLUSTER B (dramatisch, emotional, extrovertiert)
DISSOZIAL
ANTISOZIAL
Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, Impulsivität, Aggressivität
EMOTIONAL INSTABIL (impulsiver und Borderline-Typ)
BORDERLINE
Instabilität in Beziehungen, im Selbstbild, in Affekten, Impulsivität, wiederholte Selbstverletzungen und Suizidversuche
HISTRIONISCH
HISTRIONISCH
Übermäßige Emotionalität, übermäßiges Verlangen nach Aufmerksamkeit
===
NARZISSTISCH
Gefühl der Großartigkeit, Bedürfnis, bewundert zu werden, Mangel an Empathie, benützt andere
CLUSTER C (ängstlich, furchtsam)
ÄNGSTLICH
SELBSTUNSICHER
Soziale Hemmung, Gefühl der Unzulänglichkeit, Angst vor negativer Beurteilung und Zurückweisung
ABHÄNGIG
DEPENDENT
Unterwürfig, anklammernd, Bedürfnis, versorgt zu werden
ANANKASTISCH
ZWANGHAFT
Beschäftigt mit Ordnung, Perfektionismus und Kontrolle
(KOMORBIDE) PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN (PS) BEI PSYCHOTISCHEN
PATIENTEN MIT ERHÖHTEM GEWALTTÄTIGKEITS-/KRIMINALITÄTSRISIKO
V.a. Cluster B-PS (dissoziale, narzisstische und emotional instabile PS vom
impulsiven und vom Borderline-Typus) (vgl. Gutachtensprobanden und
Gefängnisinsassen)
Besonders häufig „kombinierte PS“
Entsprechen zumeist der „Psychopathy“ nach Hare (= stabile Kombination aus
dissozialen, histrionischen und narzisstischen Zügen).
Charakteristische Merkmale: Gewissenlosigkeit, oberflächlicher, missbrauchender
Umgang mit anderen, oft zahlreiche Delikte, schlechte Kriminalprognose.
Dissozialität bei emotional instabilen PS:
Zumeist aufgrund von impulsivem, wenig kontrolliertem Verhalten
Dissozialität bei narzisstischen und antisozialen PS bzw. Psychopathy:
Eher planvoll und instrumentell eingesetzt
11
PERSÖNLICHKEIT UND VERANTWORTETE ENTWICKLUNG (H. Saß)
Somatische Faktoren
 Angelegte Merkmale von
Temperament (Dynamik)
und Charakter (Struktur)
 Hormonelle und vegetative
Funktionen
Lern-und Beziehungsgeschichte
 Herkunftsfamilie
 Soziales Umfeld
 Erziehung und Bildung
 Partnerschaftserfahrungen
 Kritische Lebensereignisse
Persönlichkeit
 Gewachsene Merkmale von
Temperament (Dynamik)
und Charakter (Struktur)
 Selbstbild
 Wertgefüge
 Intentionalität
 Verhaltensstile der
 Kognition
 Affektivität
 Impulsregulation
 Beziehungsgestaltung
Subjektive Entscheidungs- und Begründungsmuster
Verhaltenssteuerung, Lebensgestaltung
„Gefährlichkeit“
Individuelle, subjektive Definitionen?
Informeller gesellschaftlicher Konsens?
Formaler gesellschaftlicher Konsens (Gesetze)?
Welche Faktoren beeinflussen diesen Konsens?
Haben Krankheitsfaktoren Einfluss auf die subjektiven
Definitionen von Gefährlichkeit?
Gibt es überhaupt irgendwelche Beziehungen zwischen
Krankheit und Gefährlichkeit?
12
Methodische Probleme
● Unterschiedliche
- Settings
- Informationsquellen
- Definitionen
- Bezugsgrößen
- Gesellschaftliche Bedingungen
ALLGEMEINE DAS KRIMINALITÄTS- BZW. GEWALTTÄTIGKEITSRISIKO BEEINFLUSSENDE FAKTOREN
 Gesellschaftliche Situation
 Soziale Situation
 Substanzmissbrauchsraten*
 Kriminalitätsraten*
 Basisraten*
13
BASISRATEN
Jeder
Rückfall
Einschlägiger
Rückfall
Tötungsdelikte
1-42%
0-5%
Körperverletzung
35-54%
32-35%
Sexualdelikte
18-68%
MW 40%
Vergewaltigung
34-50%
14-29%
Sexueller Kindesmissbrauch
15-43%
Exhibitionismus
MW 78%
Eigentumsdelinquenz
47-80%
Nach Nedopil 2005
Wie entstehen Aggression
und Gewalttätigkeit im allgemeinen
–
und wie bei psychisch Kranken?
14
HETEROGENITÄT AGGRESSIVEN VERHALTENS
1. Psychose-assoziiert
 Feindseligkeit
 Wahn
 Imperative Stimmen
 Desorganisiertheit
2. Impulsiv
 Situativ ausgelöste Reaktion
 Emotional getönt
 Physiologische Erregung
 Ungeplant, manchmal nachträglich Reue und Unverständnis für das eigene
Verhalten
 Allgemeine neuronale Übererregbarkeit, spezifische Störungen inhibitorischen Systeme
im präfrontalen Cortex
3. Persönlichkeitsbedingt
 Planung, instrumenteller Charakter (Gewinn, Vorteil)
 Fehlen von Reue
 Anamnese von kindlichen Verhaltensstörungen
 Auffälligkeiten oft unterhalb der Diagnoseschwelle für Persönlichkeitsstörungen
Ullrich W. Pharmakologische Therapie der Aggressivität. 28. Münchner Herbsttagung der AGFP, München
10.-12.10.2013
DIE INDIVIDUELLE AGGRESSIONSBEREITSCHAFT
Bei psychisch Gesunden
Bei psychotischen Patienten
 Geschlecht
 Geschlecht
 Alter
 Alter
 Aggressiver Prädisposition
 Aggressiver Prädisposition
 Externe Faktoren (Alkohol,
Drogen, Erziehung, Sozialisation)
 Externe Faktoren (Alkohol,
Drogen, Erziehung, Sozialisation)
+
 Art und Ausprägung der
Erkrankung
 Wechselwirkungen zwischen der
Erkrankung und anderen Faktoren
15
Biologische Befunde zur
Entstehung von aggressivem/
antisozialem Verhalten
TESTOSTERON, SEROTONIN UND AGGRESSIVES VERHALTEN
TESTOSTERON 
SEROTONIN 
Kompetitive Aggression
Aggressivität, Impulsivität
Dominanz-Aggression
Hyperreagibilität
PATHOLOGISCHE AGGRESSION
16
SCHÄTZUNG DES EINFLUSSES GENETISCHER UND UMWELTFAKTOREN AUF
ANTISOZIALES VERHALTEN IN UNTERSCHIEDLICHEN ENTWICKLUNGSTADIEN
POPULATIONSBASIERTE STUDIE, 6.806 GLEICH- UND GEGENGESCHLECHTLICHE ZWILLINGE
Männer
<15
15-17
Frauen
18+
<15
15-17
18+
 Keine geschlechtsspezifischen genetischen bzw. gemeinsamen Umweltfaktoren
 Genetische Faktoren in der Kindheit unterschiedlich von denen in Jugend und Erwachsenenalter
 Gemeinsame Umweltfaktoren in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter ähnlich
Jacobson KC, Prescott CA, Kendler KS. Sex differences in the genetic and environmental influences on the development of antisocial behavior. Development and
Psychopathology 2002;14:395-416
INTERAKTION GENETISCHER UND UMWELTBEDINGTER RISIKEN
Mittlere Anzahl dissozialer
Verhaltensweisen
4
Genetisches Risiko
3
2
1
Kein genetisches Risiko
0
Nicht vorhanden
Vorhanden
Umweltrisiko
Interaktionseffekte erhöhen das Risiko für gewalttätiges Verhalten
deutlich stärker als genetische und Umweltfaktoren für sich alleine.
Nach Cadoret RJ, Caun CA, Crowe RR. Evidence from gene-environment interaction in the development of adolescent
antisocial behavior. Behav Genet 1983;13:301-310. In: Retz W. Genetik forensisch relevanten Verhaltens. Müller J (Hrsg.).
Neurobiologie forensisch-relevanter Störungen. Kohlhammer (Stuttgart 2010) pp. 96-108
17
Befunde und Hypothesen
zur Entstehung von
antisozialem/aggressivem
Verhalten bei Menschen
mit Psychosen
MMD und Dissozialität: Genetische Faktoren - 1
47 Kinder schizophrener Mütter, die kurz nach der Geburt zur Adoption
freigegeben oder in Waisenhäusern untergebracht wurden.
► 5 (10,6%) der Kinder erkrankten an Schizophrenie.
► 11 (23,4%) der 47 Kinder wurden wegen Gewaltkriminalität zu Haftstrafen verurteilt.
Heston LL. Psychiatric disorders in foster-home reared children of schizophrenics. Br J Psychiatry
1966;112:819-825
18
EXPOSURE TO INFLUENZA EPIDEMIC
Infektion im Übergang vom 6. zum 7. LM
 erhöhtes Risiko für Gewaltkriminalität
% of sons convicted
for violent offences
40 Exposition im 2. Trimenon (v.a. 6. LM)
 erhöhtes Risiko für Schizophrenie
35 30 25 20 -
20% Exposition
ˡ
1
87% Exposition
20% Exposition
ˡ
2
ˡ
3
Trimester
Mednick SA , Machon RA, Huttunen MO, Bonnet D. Adult schizophrenia following prenatal exposure to an influenza
epidemic. Arch Gen Psychiatry 1988; 45:189-192
Tehrani JA , Brennan PA, Hodgins S, Mednick SA. Mental illness and criminal violence. Soc Psychiatry Psychiatr
Epidemiol 1998;33:81-85
ENTSTEHUNG UND STEUERUNG VON AGGRESSION
HEMMUNG/REGULIERUNG
Sensorische
Beeinträchtigung
(Alkohol, Drogen)
Kulturelle,
soziale Faktoren
Stimulus,
Anregung, Reiz
Sensorische
Verarbeitung
Sensorische
Defizite
(optisch, akustisch)
Stress,
Trauma
(orbitofrontaler Cortex,
Gyrus cinguli anterior)
Frühe InformationsVerarbeitung,
Kognitive Beurteilung
AUSLÖSUNG/TRIGGER
(Amygdala, Insel)
Kognitive
Beeinträchtigung
(paranoide Reaktionsbereitschaft)
Nach Siever LJ. Neurobiology of aggression and violence. Am J Psychiatry 2008;165:429-442
19
GEMEINSAME MORPHOFUNKTIONELLE GRUNDLAGEN
VON SCHIZOPHRENEN PSYCHOSEN UND GEWALT
Cortikale Areale:
Suppression von Psychose/Aggression
Orbitofrontaler
Cortex
Anteriorer
cingulärer Cortex
Basalganglien
Amygdala
Subcortikale Areale:
Triggerung von Psychose/Aggression
Kalus P (2010) Gewalttätigkeit schizophrener Patienten: Aktueller Stand der neurobiologischen Forschung. In: Lammel M, Sutarski S, Lau S, Bauer
M (Hrsg) Wahn und Schizophrenie. Psychopathologie und forensische Relevanz. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin 2010)
pp 49-65
MÖGLICHE WEGE DER ENTSTEHUNG VON AGGRESSION BEI SCHIZOPHRENIE
Prädisponierende
Risikofaktoren
Psychiatrische
Erkrankungen
Biologisch
(z.B. Genotyp,
pränatale
Schädigung,
Geburtskomplikationen)
Schizophrenie
Psychiatrische
Symptome
Risikointeraktionen,
auslösende Faktoren
Akuter psychopathologischer Risikocluster
Feindseligkeit
Bedrohungsgefühl, Wahn,
Halluzinationen
Impulsivität/
Enthemmung
Substanzmissbrauch
Nonadhärenz
Neurokognitive
Beeinträchtigung
Akuter
Stress
Aggression
Unruhe/Erregung
Frühe
psychosoziale
Belastungen,
Viktimisierung,
Entwicklungsstörungen
Kindliche
Störungen
des Sozialverhaltens
Mangelnde
Einsicht
Antisoziale
Persönlichkeit/
Psychopathy
Intoxikation
Chronischer
kriminogener
Risikocluster
Nach Volavka J, Swanson JW, Citrome L. Managing violence and aggression in schizophrenia. In: Lieberman JA, MurrayRM, eds. Comprehensive
Care of Schizophrenia: A Textbook of Clinical Management. 2nd ed. New York, NY: Oxford University Press; 2011 (In: Volavka J, Citrome L. Pathways
to aggression in schizophrenia affect results of treatment. Schizophr Bull 2011;37:921-929)
20
BEDINGUNGSKONSTELLATIONEN DISSOZIALEN/
GEWALTTÄTIGEN VERHALTENS PSYCHISCH KRANKER
Persönlichkeit,
Sozialisation
Substanzmissbrauch
Substanzmissbrauch
Persönlichkeit,
Sozialisation
Krankheit
Krankheit
Persönlichkeit,
Sozialisation
Substanzmissbrauch
TYPOLOGIE GEWALTTÄTIGER PATIENTEN MIT PSYCHOSEN
Mäßig
Beitrag der Erkrankung
Deutlich
Leicht
Schweregrad der Gewalt
Schwer
Vorstrafen, (komorbider) Substanzmissbrauch,
Dissozialität/Psychopathy-Score
21
PYCHOSEN (MAJOR MENTAL DISORDERS) UND DISSOZIALES VERHALTEN
Early starters: Stabiles Muster dissozialen Verhaltens von Jugend an, m >> f
Late starters: Einsetzen dissozialen Verhaltens erst nach Krankheitsbeginn
 Keine wesentlichen Unterschiede im Ausprägungsgrad der Erkrankung
 Early starters:
▪ Mehr Verurteilungen/Vorstrafen (wegen jeder Art von Delinquenz)
▪ Bei der ersten Verurteilung im Durchschnitt 10 Jahre jünger
▪ Komorbider Substanzmissbrauch deutlich häufiger (76% vs 42%)
▪ Geringere Beeinträchtigung im psychosozialen Bereich
▪ Weniger neurologische “soft signs”
▪ Häufiger schulische Verhaltensprobleme in Kindheit und Jugend
(50% vs 13%)
▪ Bezüglich Art und Schweregrad dissozialen Verhaltens in Kindheit
und Jugend Ähnlichkeiten mit Personen, die eine Antisoziale
Persönlichkeitsstörung entwickeln
Hodgins S. The etiology and development of offending among persons with major mental disorders. In Hodgins S (ed).
Violence among the Mentally Ill. Effective Treatment and Management Strategies. Kluwer (Dordrecht 2000) pp 89-116
1) Wie wird psychische Krankheit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit „gemessen“?
Wie entsteht Aggression? (im allgemeinen, bei psychisch Kranken,
Hypothesen, biologische Befunde)
2) Charakteristika der Risikoklientel
3) Aktuelle Daten zum Kriminalitäts- bzw. Gewalttätigkeitsrisiko
psychisch Kranker (Exkurse: Psychisch Kranke als Opfer; Politisch/
Religiös motivierte Gewalt, School shooting)
4) Externe Faktoren (gesellschaftliche Veränderungen, Veränderungen
der allgemeinpsychiatrischen Versorgung, Zunahme dissozialen
Verhaltens psychisch Kranker?)
5) Fallbeispiele
22
Charakteristika psychotischer Patienten mit Gewaltdelinquenz,
gewalttätigem Verhalten: Psychotische Symptome, Motive I
(Symptome = Motive?)
Wahn
 Bei Tötungsdelikten in 25% Motiv
(Gibbens 1958)
 „Systemisierter Wahn“ häufig, in 68% „paranoide Beziehung“ (Böker & Häfner 1973)
 In 20% sicheres, in 26% wahrscheinliches Motiv (93% aktive psychotische
Symptome bei Attacke) (Taylor 1985)
 60% „acting on delusions“ (Wessely et al 1993)
Halluzinationen
 Bei 17,5% der männlichen und 23% der weiblichen schizophrenen Patienten
mit Gewaltdelinquenz imperative Stimmen (gelegentlich Trigger, selten Motiv)
(Böker & Häfner 1973)
 Selten Motiv (Taylor 1985)
 Halluzinationen vergrößern das Risiko für Aggressivität nicht signifikant.
(Hellerstein 1987)
PSYCHOSE UND GEWALTTÄTIGKEIT: KRANKHEITSDAUER
 Schwere Gewaltdelinquenz schizophrener Patienten nur bei 9% in
den ersten 6 Monaten nach Erkrankungsbeginn. (Böker & Häfner 1973)
 „An interaction of several years may be required before a delusional
belief is likely to be translated into action.“ (Wessely & Taylor 1992, p 221)
 46% der erstmals hospitalisierten Schizophrenen mit aggressivem,
bedrohlichem Verhalten warenbereits länger als 1 Jahr krank.
(Humphreys et al 1992)
 Krankheitsdauer bis zum Zeitpunkt des Tötungsdelikts im MW 9 Jahre.
(Schanda & Knecht 1998)
23
Charakteristika psychiatrischer Patienten mit Gewaltdelinquenz, gewalttätigem Verhalten: Non-Compliance
 Massive Belastung Angehöriger durch Non-Compliance. (Gibbons et al 1984)
 Hochsignifikante Korrelation (p<0,001) zwischen Non-Compliance und
Vorgeschichte gewalttätiger Handlungen. (Smith 1989)
 Non-Compliance und Substanzmissbrauch sind die besten Prädiktoren
für polizeiliche Festnahmen Schizophrener. (McFarland et al 1989)
 Bei Patienten mit Tötungsdelikten im letzten Monat vor der Tat
Compliance in 8%, Krankheitseinsicht in 15%. (Schanda & Knecht 1998)
 Hochsignifikante Korrelation (p<0,001) zwischen Non-Compliance und
kriminellen Rückfällen entlassener Maßnahmepatienten. (Schanda et al 1998)
KONSEQUENZEN VON NONCOMPLIANCE
 Psychotische Rückfälle
 Häufigere Spitalsaufenthalte
 Schlechtere Krankheitsprognose
 Schlechtere soziale Prognose
 Erhöhte Morbidität, Mortalität
 Erhöhtes Suizidrisiko
 Erhöhtes Aggressionsrisiko
 Belastung der Angehörigen
 Höhere Kosten
24
Psychose und Gewalttätigkeit: Vorhospitalisierungen
•
Schwere Gewaltdelinquenz Schizophrener: Nur bei 41% keine stationäre
Vorbehandlung; „irreguläre Entlassungen“ vor der Tat häufiger. (Böker &Häfner
1973)
•
61,3% der deutschen Maßregelpatienten (§63 DStGB) mindestens 1x hospitalisiert, davon 70% unfreiwillig (am häufigsten Patienten mit schizophrenen, affektiven und hirnorganischen Störungen). (Leygraf 1988)
•
Maßnahmepatienten (§21/1 ÖStGB) mit Tötungsdelikten: 66,7% mindestens
1x hospitalisiert MW 4,5), davon bei 70% zumindest 1 unfreiwillige Aufnahme (MW 3,3). (Schanda et al 1997)
•
„… the English special hospital patients, more than 90% of whom were well
known to general mental health services before admission and the vast
majority of whom will return eventually to them.“ (Taylor 1997, p 19)
•
Schizophrene Patienten im Maßregelvollzug von Nordrhein-Westfalen(2005):
Ø 7,5 stationäre Vorbehandlungen, ¼ der Patienten mit Körperverletzung war
zum Zeitpunkt des Delikts obdachlos. (Seifert 2007)
Charakteristika psychotischer Patienten mit Gewaltdelinquenz, gewalttätigem Verhalten: Zusatzdiagnose
Substanzmissbrauch
 Substanzmissbrauch und Non-Compliance sind die besten Prädiktoren für
eine polizeiliche Festnahme von chronisch kranken Patienten. (McFarland et al 1989)
 Bei schizophrenen Patienten mit aggressivem Verhalten in 36,8% sicherer,
in 55,2% wahrscheinlicher Substanzmissbrauch. (Lindqvist & Allebeck 1989)
 Substanzmissbrauch erhöht das Gewalttätigkeitsrisiko von Schizophrenen in
einem 12-Monatszeitraum fast um das 4-fache. (Swanson et al 1990)
 48,7% der Männer und 42,9% der Frauen mit Major Mental Disorders und
Gewaltdelinquenz haben die Zusatzdiagnose Substanzmissbrauch.
(Hodgins et al 1992)
 Die Zusatzdiagnose Alkoholismus erhöht die OR für Tötungsdelinquenz bei
Männern um das 2,4-fache (17,2), bei Frauen um das 15,9-fache (80,9).
(Eronen et al 1996)
25
MMD UND KOMORBIDER SUBSTANZMISSBRAUCH
Jacobi et al 2004
(GHS-MHS, n = 4 181, M-CIDI,DSM-IV, Lebenszeitprävalenz)
Alkohol
Non-Alkohol
(Missbrauch, Abhängigkeit, OR)
(Missbrauch, Abhängigkeit, OR)
Schizophrenie
Manie
m
m
Depression
m
2,63
f
2,43
m
4,76
f
6,47
10,21
f
17,18
m
0,79
f
3,71
1,78
f
2,52
m
2,55
f
2,49
Jacobi F, Wittchen H-U, Hölting C, Höfler M, Pfister H, Müller N, Lieb R. Prevalence, co-morbidity and correlates of mental disorders in the
general population: Results from the German General Health Interview and Examination Survey (GHS). Psychol Med 2004;34:115
PSYCHOSE UND AGGRESSION: RISIKOMERKMALE
 Schwere, chronische Verläufe
 Aktive Krankheitssymptome
 Ausgeprägte Wahndynamik
Auch für Armut, Viktimisierung,
erhöhte Morbidität, Mortalität
!
 Komorbidität (Substanzmissbrauch, Persönlichkeitsstörung)
 Mangelnde Krankheitseinsicht
 Fehlende Therapiemotivation
 Non-Compliance
 Viele (unfreiwillige) stationäre Vorbehandlungen
 Häufige Behandlungsabbrüche
 Schlechte medikamentöse Beeinflussungsmöglichkeit
 Impulsivität/mangelnde Impulskontrolle
 In der Vorgeschichte Drohungen, Sachbeschädigungen, Tätlichkeiten
 Destabilisierende äußere Einflüsse
 Biographische Schädigung, Milieuschädigung
26
RISK OF VIOLENCE/AGGRESSION IN PSYCHOSIS
Witt K, van Dorn R, Fazel S. Risk factors for violence in psychosis: Systematic review and meta-regression analysis of
110 studies. PLOS one 2013;8(2)e55942
CHARAKTERISTIKA PSYCHIATRISCHER PATIENTEN MIT SCHWERER
GEWALTDELINQUENZ: OPFER
 60% aus der Kernfamilie, 23% Freunde, Bekannte, 7% „Autoritätspersonen“,
9% Fremde. (Böker & Häfner 1973)
„Closely related (emotionally linked) females“ (Tötungsdelikte). (Planansky &
Johnston 1977)
 79% Familienmitglieder (Tötungsdelikte). (Gottlieb et al 1987)
 48% aus dem engsten Familienkreis, weitere 40% aus der nächsten Umgebung, 12% Fremde; 50% der Opfer lebten im letzten halben Jahr vor der Tat
im gemeinsamen Haushalt mit dem Täter (Tötungsdelikte). (Knecht & Schanda 1998)
 43% der Opfer schizophrener Patienten aus dem Familien- und Bekanntenkreis, 22% Exekutivbeamte bzw. Spitalspersonal, 31% Fremde; die Schwere
der Gewalttätigkeit war innerhalb der Familie am größten; Opfer tödlicher
Angriffe im Fall von Fremden eher Männer, im engeren Familienverband eher
Frauen (v.a. Mütter). (Nordström & Kullgren 2003)
27
1) Wie wird psychische Krankheit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit „gemessen“?
Wie entsteht Aggression? (im allgemeinen, bei psychisch Kranken,
Hypothesen, biologische Befunde)
2) Charakteristika der Risikoklientel
3) Aktuelle Daten zum Kriminalitäts- bzw. Gewalttätigkeitsrisiko
psychisch Kranker (Exkurse: Psychisch Kranke als Opfer; Politisch/
Religiös motivierte Gewalt, School shooting)
4) Externe Faktoren (gesellschaftliche Veränderungen, Veränderungen
der allgemeinpsychiatrischen Versorgung, Zunahme dissozialen
Verhaltens psychisch Kranker?)
5) Fallbeispiele
Schizophrenie, Kriminalität und Gewalttätigkeit: Aktuelle Befunde
Lindqvist & Allebeck 1990 N
RR
Jede
Verurteilung
Verurteilung wegen
Gewaltdelikt
m 1,2 (0,7-2,1)
m+w 3,9 (3,0-5,1)
Tötungsdelinquenz
w 2,2 (1,5-3,6)
Modestin & Ammann 1996 N
OR
Eronen et al 1996b D
OR
Hodgins et al 1996 K
RR
Tiihonen et al 1997 K
OR
Räsänen et al 1998 K
OR
Wallace et al 1998 K
OR
m 0,9 (0,7-1,3)
m 5,2 (1,5-18,3)
m 8,0 (6,1-10,4)
w 6,5 (2,6-16,0)
m 3,7 ( 3,5-4,0)
w 4,5 (4,1-5,0)
Mullen et al 2000 K
RR
Brennan et al 2000 K
OR
Erb et al 2001 D
OR
Haller et al 2001 D
RR
Schanda et al 2004 D
OR
m 4,5 (3,9-5,1)
w 8,7 (6,0-12,4)
m+w 7,2 (3,1-16,6)
m+w 7,0 (2,8-16,7)
m 3,2 (2,6-3,9)
m 4,4 (3,5-5,7)
m 10,1 (5,5-18,6)
w 4,2 (2,1-8,4)
w 4,3 (1,6-11,6)
w 10,6 (1,4-80,4)?
m 3,0 (1,9-4,9)
m 6,0 (2,2-16,6)
m 1,9 (1,4-2,6)
w 7,1 (3,3-15,3)
m+w 16,6 (11,2-24,5)
m +w 1,6 (1,3-1,9)
m +w 3,2 (2,4-4,2)
m+w 38,1 (17,9-81,0)?
m 5,9 (4,3-8,0)
w 18,8 (11,2-31,6)
28
SCHIZOPHRENIE, KRIMINALITÄT UND GEWALTTÄTIGKEIT:
KOMORBIDER SUBSTANZMISSBRAUCH
Jede Art von
Kriminalität
Eronen et
al 19961) D
OR
m
OR
w
Gewaltkriminalität
Tötungsdelinquenz
-
7,3 (5,4-9,7)
+ 17,2 (12,4-23,7)
-
5,1 (1,9-13,7)
+ 80,9 (25,7-255,0)
Räsänen et
al 19981) K
OR
Wallace et
al 19982) K
OR
Schanda et
al 20041) D
OR
-
m+w
?
3,6 (0,9-12,3)
+ 25,2 (6,1-97,5)
m
1,9 (1,4-2,5)
+ 12,4 (9,1-16,8)
2,4 (1,7-3,4)
+ 18,8 (13,5-26,5)
m+w
+
7,1 (3,3-15,5)
+
7,1 (5,1-9,8)
28,8 (10,7-77,9) ?
20,7 (12,4-34,1)
1)Alkoholmissbrauch; 2)Substanzmissbrauch.
D= direkter Zusammenhang; K= Koinzidenz einer Registrierung
in einem Arrest-/Strafregister und einem Patientenregister bei einer Person
Eronen M et al. Schizophrenia and homicidal behavior. Schizophr Bull 1996;22:83-89
Räsänen P. Schizophrenia, alcohol abuse and violent behavior: A 26-year follow-up study of an unselected birth cohort. Schizophr Bull 1998;24:437-440
Wallace C et al. Serious criminal offending and mental disorder. Case linkage study. Br J Psychiatry 1998;172:477-484
Schanda et al. Homicide and major mental disorders: A twenty-five year study. Acta Psychiatr Scand 2004;110:98-107
RISK OF VIOLENT CRIME IN INDIVIDUALS WITH BIPOLAR DISORDER
WITH AND WITHOUT COMORBID SUBSTANCE ABUSE
(COMPARISON WITH UNAFFECTED GENERAL POPULATION)
Adjusted odds ratio1) (95%CI)
Bipolar
Disorder
Without comorbid
With comorbid
substance abuse
substance abuse
1.3
6.4
(1.0-1.5)
(5.1-8.1)
1)General
population controls were matched by age (birth year) and gender and the association was adjusted by confounders
income (lowest vs. middle and highest tertiles), marital status (single vs. not single), and immigrant status (individual or at least
one parent born outside Sweden).
Fazel S, Lichtenstein P, Grann M, Goodwin GM, Långström N. Bipolar disorder and violent crime: new evidence from population -based
longitudinal studies and systematic review. Arch Gen Psychiatry 2010;67:931-938
29
DER EINFLUSS PSYCHOTISCHER ERKRANKUNGEN1)
AUF GEWALTKRIMINALITÄT2)
Odds ratio
(95% CI)
Population
attributable risk3)
Population
attributable risk
fraction4)
M
4,0 (3,9-4,1)
4,3
4,9%
F
6,1 (5,8-6,5)
0,6
10,4%
M+F
3,8 (3,7-3,9)
2,4
5,2%
Alle 1988-2000 aus schwedischen psychiatrischen Krankenhäusern mit der Diagnose „Psychose“ entlassenen
Patienten (n=98.082), verglichen mit den Daten des schwedischen Strafregisters
1)Schizophrenien
(295.0-6, 295.8-9, F20-21), schizoaffektive Störungen (295.7, F25), affektive Psychosen (296),
paranoide (297) und andere nicht-organische Psychosen (298, F28, F29), persistierende und induzierte wahnhafte Störungen (F22, F24), akute und vorübergehende psychotische Störungen (F23), manische Episoden
(F30), bipolare affektive Störungen mit psychotischen Symptomen (F31.2, F31.5), depressive Störungen mit
psychotischen Symptomen (F32.3, F33.3)
2)Mord, Mordversuch, Körperverletzung, Raub, gefährliche Drohung, Nötigung, Brandstiftung, alle Formen von
Sexualdelinquenz
3)Zahl der Straftaten pro 1000 Gesamtbevölkerung, die ohne Psychosen nicht begangen worden wären (r-ro)
4)Anteil der von Menschen mit Psychosen begangenen Gewaltverbrechen (r-ro/r)
Fazel S, Grann M. The population impact of severe mental illness on violent crime Am J Psychiatry 2006;163:1397-1403
Aggression und Gewalttätigkeit sind allgemeinmenschliche, nicht auf psychische Störungen
oder gar (endogene) Psychosen beschränkte
Phänomene. Durch psychiatrische Krankheiten
i.e.S. (mit)bedingte Aggressivität erklärt nur
einen kleinen Teil der in unserer Gesellschaft
insgesamt zu beobachtenden Gewaltbereitschaft
und Kriminalität.
30
ZUM VERGLEICH: GETÖTET IM STRASSENVERKEHR –
GETÖTET VON PSYCHISCH KRANKEN
N
Verkehrstote 2014
430
Verkehrstote 2015
475
Verkehrstote 2016
427
Verkehrstote zwischen 1.1. und 8.1.2017
6
Einweisungen nach § 21/1 StGB 1990-1999
Ø 3,4/a
Einweisungen nach § 21/1 StGB 2000-2013
Ø 3,8/a
Quellen: Gerichtliche Kriminalstatistik, BMI Unfallstatistik
Exkurs:
Wie gefährlich sind
psychisch Kranke für sich selbst?
Psychisch Kranke als Opfer
31
MMD UND KOMORBIDER SUBSTANZMISSBRAUCH
Jacobi et al 2004
(GHS-MHS, n = 4 181, M-CIDI,DSM-IV, Lebenszeitprävalenz)
Alkohol
Non-Alkohol
(Missbrauch, Abhängigkeit, OR)
(Missbrauch, Abhängigkeit, OR)
Schizophrenie
Manie
m
m
Depression
m
2,63
f
2,43
m
4,76
f
6,47
10,21
f
17,18
m
0,79
f
3,71
1,78
f
2,52
m
2,55
f
2,49
Jacobi F, Wittchen H-U, Hölting C, Höfler M, Pfister H, Müller N, Lieb R. Prevalence, co-morbidity and correlates of mental disorders in the
general population: Results from the German General Health Interview and Examination Survey (GHS). Psychol Med 2004;34:115
Jacobi F. Unveröffentliche Daten
SCHIZOPHRENIE UND NIKOTINABUSUS
Schizophrenie
Täglicher Gebrauch
60% - 90%
Täglicher Gebrauch im
letzten Monat
DSM-IV Missbrauch oder
Abhängigkeit
25,9%
28,5%1)
DSM-IV Abhängigkeit im
letzten Jahr
1)Odds
Allgemeinbevölkerung
12,8%
Ratio im Vergleich zu Kontrollen 2,8
Volkow ND. Substance use disorders in schizophrenia - clinical implications of comorbidity. Schizophr Bull
2009;35:469-472
32
RISIKO FÜR KARDIOVASKULÄRE ERKRANKUNGEN BEI SCHIZOPHRENIE
 Lebenserwartung 61 Jahre vs. 76 Jahre in der Allgemeinbevölkerung
 Mortalität > 2/3 vs.1/2 in der Allgemeinbevölkerung
 Risikofaktoren
- ↑ Fettleibigkeit (42% BMI > 27 vs. 27% in der Allgemeinbevölkerung)
- ↑ Störungen des Fettstoffwechsels (Cholesterin, LDL-Cholesterin, Glucose)
- ↑ Diabetes (> 1,5-2 x häufiger als in der Allgemeinbevölkerung)
- ↑ Bluthochdruck
- ↑ Metabolisches Syndrom (> 50% vs. 25% in der Allgemeinbevölkerung)
- ↑ Körperliche Inaktivität
- ↑ Rauchen (75% vs. 25% in der Allgemeinbevölkerung)
 ↓ Einsicht
 ↓ Zugang zu medizinischer Versorgung
 ↓ Nutzung medizinischer Angebote
 ↓ Behandlungscompliance
 ↓ Ökonomische Faktoren
Nach Hennekens CH, Hennekens AR, Hollar D, Casey DE. Schizophrenia and increased risk of cardiovascular disease. Am
Heart J 2006;150:1115-1121
EXCESS MORTALITY IN SUBJECTS WITH SCHIZOPHRENIA AND AFFECTIVE
DISORDERS; NATURAL CAUSES (STANDARDIZED MORTALITY RATES, 95% CI)
SCHIZOPHRENIA
Brown 1997:
Meta-analysis (18 studies), n= 66.161
Ösby et al 2000:
Stockholm County, Sweden, 1973-1995, n= 7.784
m 1.2 (1.2-1.3)
f 1.3 (1.2-1.3)
m 2.0 (1.8-2.2)
f 1.9 (1.8-2.0)
AFFECTIVE DISORDERS
Ösby et al 2001: Stockholm County, Sweden, 1973-1995, n= 54.568
BIPOLAR DISORDER
m 1.9 (1.8-2.0)
f 2.1 (2.0-2.2)
UNIPOLAR DEPRESSION
m 1.5 (1.4-1.5)
f 1.6 (1.5-1.6)
Brown St. Excess mortality of schizophrenia. A meta-analysis. Br J Psychiatry 1997;171:502-508
Ösby U, Correia N, Brandt L, Ekblom A, Sparen P. Mortality and causes of death in schizophrenia in Stockholm County, Sweden.
Schizophrenia Res 2000;45:21-28
Ösby U, Brandt L, Correia N, Ekblom A, Sparen P. Excess mortality in bipolar and unipolar disorder in Sweden. Arch Gen Psychiatry
2001;58:844-850
33
SOZIALE EXKLUSION SCHIZOPHRENER PATIENTEN
Allgemeinbevölkerung1)
Psychiatrische
Patienten
Schizophrene
Patienten2)
50,6%
22%
7,6%
Berufstätig
1) Repräsentative
2) 37,9%
Stichprobe der Karlsruher Bevölkerung
gesetzliche Betreuung, Wahlbeteiligung 25,8%
Eikelmann B. Nach Enquete und PsychPV - Wie steht es um die soziale Integration schizophrener Patienten? Nervenarzt
2008;S4:499
 Niedrige Schulbildung, wenig Geld, Schulden
 Niedrige Wahlbeteiligung, deutlich seltener Handybesitz und Internetzugang
 Deutlich seltener Aktivitäten wie z.B. Urlaub, Kinobesuche etc.
 Wenige Vertrauenspersonen; Kontakte v.a. mit anderen Betroffenen
Reker T. Soziale Exklusion bei Patienten einer psychiatrischen Institutsambulanz. Nervenarzt 2008;S4:450
PRÄVALENZ (%) PSYCHIATRISCHER ERKRANKUNGEN BEI OBDACHLOSEN
MÄNNERN (MÜNCHEN)
DIS/DSM-III
Lebenszeitprävalenz
6-Monatsprävalenz
Schizophrenie
12,4
9,6
Affektive Störungen
41,8
24
Alkoholmissbrauch,
-abhängigkeit
91,1
71,2
Jede Achse-I-Diagnose
94,5
80,8
Fichter MM, Koniarczyk M, Geifenhagen A, Koegel P, Quadflieg N, Wittchen HU, Wölz J. Mental illness in a representative sample of homeless men in
Munich, Germany. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 1996;246:185-196
OBDACHLOSIGKEIT UND KRIMINALITÄT
 Schizophrene Patienten im Maßregelvollzug von Nordrhein-Westfalen (2005) hatten
Ø 7,5 stationäre Vorbehandlungen.
 ¼ der Patienten mit Körperverletzungsdelikten war zum Zeitpunkt des Delikts obdachlos.
Kutscher S-U, Schiffer B, Seifert D. Schizophrene Patienten im psychiatrischen Maßregelvollzug § 63 StGB) Nordrhein-Westfalens. Entwicklungen und
Patientencharakteristika. Fortschr Neurol Psychiat 2009;77:91-96
34
VIKTIMISIERUNG SCHWER PSYCHISCH KRANKER - 1
UK, London, 361 Patienten mit SMI (ICD-10: 58,4% Schizophrenie, 12,5% BIP, 9,7% Depression und andere affektive Störungen,
8,0% PD) vs. 3138 Kontrollen (national crime survey), adjustiert für Alter, Geschlecht, Ethnie, Stand, Beschäftigungsstatus, alleine
lebend, Mietdauer, multiple deprivation index, output area characteristic type, 1-Jahresprävalenz
Patienten %
Kontrollen %
OR (95% CI)
Jede kriminelle Handlung
40,2
14,1
2,8 x (2,0-3,8)
Gewalt
18,8
2,8
5,3 x (3,1-8,8)
Frauen
Patienten %
Kontrollen %
OR (95% CI)
23,4
3,5
6,3 x (2,9-13,7)
9,4
2,3
3,7 x (1,1-11,8)
Patienten %
Kontrollen %
OR (95% CI)
22,6
5,3
2,5 x (1,2-5,6)
- Körperliche Gewalt
- Sexuelle Gewalt
Männer
- Körperliche Gewalt
Khalifeh H, Johnson S, Howard SLM, Borschmann R, Osborn D, Dean K, Hart C, Hogg J, Moran P. Violent and non-violent crime against adults with severe mental
illness. Br J Psychiatry 2015; 206:275-282
TOD DURCH SUIZID, HOMIZID UND UNFALL BEI PATIENTEN
MIT SCHIZOPHRENEN UND AFFEKTIVEN PSYCHOSEN
(Dänemark, 1973-1993, bevölkerungsbasierte Daten, n = 275.720, standardised mortality rates, SMR, 95%CI)
Todesursache
Suizid
Homizid
Unfall
SMR (95% CI)
SMR (95% CI)
SMR (95% CI)
Schizophrenie m
10,73 (9,73-11,83)
7,34 (3,50-15,39)
2,13 (1,68-2,69)
f
10,80 (9,36-12,46)
3,41 (0,85-13,63)
2,87 (2,44-3,69)
m
16,44 (15,62-17,31)
3,05 (1,27-7,32)
2,23 (1,95-2,54)
f
16,00 (15,26-16,78)
3,27 (1,76-6,08)
2,10 (1,90-2,32)
Affektive
Psychosen
Hiroeh U, Appleby L, Mortensen PB, Dunn G. Death by homicide, suicide, and other unnatural causes in
people with mental illness. Lancet 2001; 358: 2110-2112
35
GEWALTDELIKTE (VERURTEILUNGEN), SUIZID UND VORZEITIGER TOD INNERHALB VON 1, 2
UND 5 JAHREN NACH ERSTDIAGNOSE BEI PATIENTEN MIT SCHIZOPHRENIE, WAHNHAFTEN
UND SCHIZOAFFEKTIVEN STÖRUNGEN
qqq
Schweden, sämtliche 24.297 zwischen 1972 und
2009 erstmals stationär behandelten Patienten
qqqq
qqqq
Fazel S, Wolf A, Palm C, Lichtenstein P. Violent crime, suicide, and premature mortality in patients with schizophrenia
and related disorders: a 38-year total population study in Sweden. Lancet Psychiatry 2014;1:44-54.
doi:10.1016/S2215-0366(14)70223-8
“With respect to mortality, a substantial gap
exists between the health of people with
schizophrenia and the general community.
This differential mortality gap has worsened
in recent decades.“
Saha S, Chant D, McGrath J. A systematic review of mortality in schizophrenia. Arch Gen
Psychiatry 2007;64:1123-1131
36
 Psychotische Patienten tragen nur in geringem Ausmaß
zur Gesamtkriminalität bei.
 Allerdings besteht ein mäßiger, statistisch robuster
Zusammenhang zwischen Schizophrenie und gewalttätigem Verhalten.
 Dieser Zusammenhang wird mit zunehmender Schwere
der Gewalttätigkeit und in Populationen mit niedrigem
Risiko deutlicher, ist jedoch in jedem Fall geringer als
der zwischen allgemeinen kriminogenen Faktoren wie
Substanzmissbrauch bzw. Persönlichkeitsstörungen und
gewalttätigem Verhalten.
 Überdies betrifft die Risikoerhöhung nicht „die Schizophrenen“, sondern vor allem eine Subgruppe mit
bekannten Risikomerkmalen.
 Darunter zählen vor allem komorbider Substanzmissbrauch und komorbide Persönlichkeitsstörungen, die
jedoch - ebenso wie sozioökonomische Faktoren - nicht
imstande sind, die Risikoerhöhung völlig zu erklären.
 Im Gegensatz dazu ist die Entstehung gewalttätigen
Verhaltens von Patienten mit affektiven Erkrankungen
zum überwiegenden Teil auf allgemeine kriminogene
Faktoren, v.a. Substanzmissbrauch, zurückzuführen.
37
1) Wie wird psychische Krankheit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit definiert?
Wie wird Gefährlichkeit „gemessen“?
Wie entsteht Aggression? (im allgemeinen, bei psychisch Kranken,
Hypothesen, biologische Befunde)
2) Charakteristika der Risikoklientel
3) Aktuelle Daten zum Kriminalitäts- bzw. Gewalttätigkeitsrisiko
psychisch Kranker (Exkurse: Psychisch Kranke als Opfer; Politisch/
Religiös motivierte Gewalt, School shooting)
4) Externe Faktoren (gesellschaftliche Veränderungen, Veränderungen
der allgemeinpsychiatrischen Versorgung, Zunahme dissozialen
Verhaltens psychisch Kranker?)
5) Fallbeispiele
DER UMGANG DER GESELLSCHAFT MIT PSYCHISCH KRANKEN
NS-Regime, Tötung
psychisch Kranker
Psychiatrische
Asyle
1750
1800
1850
1900
1950
2000
2050
Philippe Pinel
[1745-1826]
Jean Etienne Esquirol
[1772-1840]
John Conolly
[1794-1866]
Robert Gardiner Hill
[1811-1876]
38
PSYCHIATRISCHE
VERSORGUNG IN DER
PRÄ-REFORM ÄRA
◈ Die Versorgung schwer psychisch Kranker fand hauptsächlich in großen
psychiatrischen Asylen statt.
◈ Lange Aufenthaltsdauer, hoher Anteil unfreiwilliger Aufnahmen,
beschränkte somatische Behandlungsmöglichkeiten.
◈ Patienten und Psychiater waren gleichermaßen Ziel von Vorurteilen:
★ Psychisch Kranke - im besonderen Schizophrene - galten als
unberechenbar und potentiell gefährlich.
★ Psychiatrische Krankenhäuser wurden als Orte sozialer Kontrolle angesehen, in denen Psychiater unkontrolliert und willkürlich Zwang
gegen wehrlose Patienten ausüben.
DER UMGANG DER GESELLSCHAFT MIT PSYCHISCH KRANKEN
NS-Regime, Tötung
psychisch Kranker
Psychiatrische
Asyle
1750
1800
1850
1900
1950
2000
2050
Philippe Pinel
[1745-1826]
Jean Etienne Esquirol
[1772-1840]
John Conolly
[1794-1866]
R
e
f
o
r
m
e
n
Robert Gardiner Hill
[1811-1876]
39
 Verbesserung der Situation psychisch Kranker
 Normalisierung der Sonderstellung psychisch
Kranker (und der Psychiatrie!!)
Medikalisierung
Ideologie
 Lebensqualität 
 Krankheitseinsicht, Compliance 
 Zwang 
 Entstigmatisierung
‘... in 1973, Robert Reich, … called the care and treatment
of the severely and chronically mentally ill a national
disgrace. Since then things have grown worse.‘
Talbott JA: Care of the chronically mentally ill - still a national disgrace. Am J Psychiatry 136 (1979)
688-689
‘The net result of the movement was that what had been
achieved was not deinstitutionalization but transinstitutionalization. The chronic mentally ill patient had his locus
of living and care transferred from a single lousy institution
to multiple wretched ones.‘
Talbott, JA. Deinstitutionalization: Avoiding the disasters of the past. Hospital and Community
Psychiatry 1979;30:621-624. (Reprint in Psychiatric Services 2004;55:1112-1115, p.1113)
40
‘... the relation between ... crime and mental disorder
can be accounted for largely by demographic and
historical characteristics that the two groups share.
When appropriate statistical controls are applied for
factors such as age, gender, race, social class and previous
institutionalization, whatever relations between crime
and mental disorder are reported tend to disappear.’
Monahan J, Steadman H. Crime and mental illness: an epidemiological approach. In: Morris N, Tonry M
(eds). Crime and Justice, Vol 4, University of Chicago Press (Chicago 1983), pp 145-189 (p 152)
‘The data that have recently become available, fairly
read, suggest the one conclusion I did not want to
reach:
Whether the measure is the prevalence of violence among
the disordered or the prevalence of disorder among the
violent, whether the sample is people who are selected for
treatment as inmates or patients in institutions or people
randomly chosen from the open community, and no matter
how many social and demographic factors are statistically
taken into account, there appears to be a relationship
between mental disorder and violent behavior.’
Monahan J. Mental disorder and violent behavior. Perceptions and evidence.
American Psychologist 1992;47:511-521, p 519
41
ZAHL ALLGEMEINPSYCHIATRISCHER UND FORENSISCH-PSYCHIATRISCHER
BETTEN, ZAHL DER GEFÄNGNISINSASSEN ZWISCHEN 1990-93 UND 1999-03
(Angaben pro 100.000 Bevölkerung)
AP-Betten
England
Deutschland
Italien
Niederlande
Spanien
Schweden
131,8/62,8
141,7/128,2
4,5/5,32)
159,2/135,5
59,5/43,0
168,6/58,3
-52%
-10%
+18%
-15%
-28%
-65%
1,3/1,81)
4,6/7,8
2,0/2,2
4,7/11,4
1,2/1,5
9,8/14,3
+38%
+70%
+10%
+143%
+25%
+46%
90/141
71/98
81/100
49/100
90/136
63/73
+57%
+38%
+23%
+104%
+51%
+16%
FP-Betten
Gefängnisinsassen
1)Hochsicherheits2)Nur
und andere Spitäler,
Emilia-Romagna (4 Millionen EW)
Priebe S, Badesconyi A, Fioritti A, Hansson L, Kilian R, Torres-Gonzales F, Turner T, Wiersma D. Reinstitutionalisation in mental health
care: comparison of data on service provision from six European countries. BMJ 2005;330:123-126
ÖSTERREICH: VERÄNDERUNGEN DER STATIONÄREN
ALLGEMEINPSYCHIATRISCHEN VERSORGUNG
1970
Betten/100.000
2005
150
70%
27%
Aufnahmen
Ø Behandlungsdauer
167 d
2011
40
Bevölkerung
% unfreiwillige
2008
16,6 d
42
PRÄVALENZ UND INZIDENZ ZURECHNUNGSUNFÄHIGER
STRAFTÄTER (ÖSTERREICH, § 21 Abs. 1 StGB, 1990-2015)
Prävalenz1)
1990
2015
110
397
20
97
(jeweils 31.12.)
Inzidenz1)2)3)
für Justiz; Fuchs St. Monitoring – Maßnahmenvollzug an geistig abnormen Rechtsbrechern gemäß § 21 Abs. 1 StGB. Bericht über das Jahr 2015. BMJ, April 2016
Austria
3)Nur unbedingte Einweisungen, jeweils 31.12.
1)Bundesministerium
2)Statistik
VERHÄLTNIS ZWISCHEN FORENSISCHEN PATIENTEN (FP)
UND ALLGEMEINPSYCHIATRISCHEN BETTEN (AB)
Deutschland1)
Österreich2)
1980
1 : 32,2
1992
1 : 19,3
1 : 23,93)
2000
1 : 9,3
1 : 9,63)
2005
1 : 6,8
1 : 4,63)
2008
2012
1)Freese
1 : 4,1
R. Persönliche Mitteilung (Oktober 2012)
aus Katschnig et al 2004; Gesundheit Österreich 2012; BMJ 2012
2)Basisdaten
3)§§
21/1 + 21/2 StGB;
AB : § 21/1 StGB 1992 1 : 49,9; 2000 1 : 19,4; 2008 1 : 9,9
43
PRÄVALENZ GEISTIG ABNORMER RECHTSBRECHER (§§ 21 ABS. 1 UND ABS. 2 STGB),
ÖSTERREICH, 1979 - 2016 (JEWEILS 1.1.)
450
400
350
300
250
200
150
100
50
19
7
19 9
8
19 0
8
19 1
8
19 2
8
19 3
8
19 4
8
19 5
8
19 6
8
19 7
8
19 8
8
19 9
9
19 0
9
19 1
9
19 2
9
19 3
9
19 4
9
19 5
9
19 6
9
19 7
9
19 8
9
20 9
0
20 0
0
20 1
0
20 2
0
20 3
0
20 4
0
20 5
0
20 6
0
20 7
0
20 8
0
20 9
1
20 0
1
20 1
1
20 2
1
20 3
1
20 4
1
20 5
16
0
§ 21 Abs. 1 StGB
§ 21 Abs. 2 StGB
ÄNDERUNG DER %-ANTEILE VERSCHIEDENER DELIKTTYPEN AN DEN JÄHRLICHEN
EINWEISUNGSINZIDENZEN (§ 21/1 STGB, ÖSTERREICH, 1990 - 2012, CURVE ESTIMATION, AB 2002
INZIDENZEN INKL. BEDINGTE EINWEISUNGEN)
70
60
50
n = 87
45%
59,6%
40
30
25,3%
35%
n=4
20
15,1%
20%
10
Inzidenz 1990
20
110
Prävalenz 1.1.1990
Inzidenz 2012
146
409
Prävalenz 1.1.2012
19
90
19
91
19
92
19
93
19
94
19
95
19
96
19
97
19
98
19
99
20
00
20
01
20
02
20
03
20
04
20
05
20
06
20
07
20
08
20
09
20
10
20
11
20
12
0
Eigentumsdelikte, Brandstiftung, Sexualdelikte
Tötungsdelikte, schwere Körperverletzung
Gefährliche Drohung, Nötigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt
44
Allgemeinpsychiatrie
Forensische
Psychiatrie
Obdachlosigkeit
Gefängnis
DER UMGANG DER GESELLSCHAFT MIT PSYCHISCH KRANKEN
NS-Regime, Tötung
psychisch Kranker
Psychiatrische
Asyle
Forensifizierung
1750
1800
1850
1900
1950
2000
2050
Philippe Pinel
[1745-1826]
Jean Etienne Esquirol
[1772-1840]
John Conolly
[1794-1866]
R
e
f
o
r
m
e
n
Robert Gardiner Hill
[1811-1876]
45
SCHIZOPHRENIE UND TÖTUNGSDELIKTE IM LAUFE DER PSYCHIATRIEREFORM
Erb et al 2001:
Risko für Tötungsdelikte (inkl. Versuche) bei Schizophrenie (Verurteilungen vs. Exkulpierungen, m + w)
Schizophrenie
OR (95% CI)
BRD 1955 - 1964
Hessen 1992 - 1996
12,7 (11,2 - 14,3)
16,6 (11,2 - 24,5)
Statistisch signifikante Zunahme von komorbidem Alkoholismus (p< 0,001), Vorstrafen (p< 0,01) und
Vorstrafen wegen Gewalttätigkeit (p< 0,01) bei schizophrenen Straftätern.
Schanda et al 2010:
Risiko für Tötungsdelikte bei Schizophrenie (inkl. Wahnhafte Störung, Verurteilungen vs. Exkulpierungen,
m + w)
Schizophrenie
OR (95% CI)
Österreich 1976 - 1983
Österreich 1992 - 1999
9,01 (6,3 - 12,9)
10,48 (7,80 - 14,04)
Bei gleichbleibenden Raten von komorbidem Alkoholmissbrauch (37,1% bzw. 38,5%) deutliche Zunahme
von komorbidem Polysubstanzmissbrauch (Alkohol + Drogen) von 8,6% auf 23,1%.
Erb M, Hodgins S, Freese R, Müller-Isberner R, Jöckel D. Homicide and schizophrenia: Maybe treatment does have a preventive effect. Crim Behav
Ment Health 2001;11: 6-26
Schanda H, Stompe T, Ortwein-Swoboda G. Steigende Kriminalität schizophrener Patienten: Fiktion, logische Konsequenz oder vermeidbare Folge
der Psychiatriereform? Neuropsychiatrie 2010;24:170-181
Psychiatriereformen
?
Inzidenz und Prävalenz
zurechnungsunfähiger Straftäter
Inzidenz und Prävalenz zurechnungsunfähiger
Straftäter mit Schizophrenie
Inzidenz von Tötungsdelikten
schizophrener Patienten
=
46
Gesellschaftliche Situation
Versorgung
Klientel
Politik, Gesetzgebung
Unsere moderne Gesellschaft ist geprägt durch
 zunehmende Beschleunigung der (technischen) Entwicklung,
 zunehmende Differenzierung in allen Lebensbereichen,
 Zunahme von Information (Umfang, Erleichterung des Zugriffs).
Daraus folgt
☆ eine Zunahme der (theoretischen) Wahlmöglichkeiten
 Anspruch auf maximale persönliche Freiheit
☆ eine Zunahme der (hypothetischen) Bedrohungen.
 Anspruch auf maximale persönliche Sicherheit
und, als Konsequenz,
 (angstminderndes) Bedürfnis nach
vereinfachenden, simplen Lösungsstrategien
 zunehmende (angstmindernde) Formalisierung
und Verrechtlichung.
47
Gesellschaft
Projektionen, Ambivalenzen
Projektionen, Ambivalenzen
Politik,
Gesetzgebung
Forensische
Psychiatrie
 Arme vs. gefährliche Patienten
 Hilflose vs. repressive Psychiatrie
„Gefährliche“
Kranke
Schwer psychisch Kranke unterliegen nach
wie vor einer massiven sozialen Exklusion.
Sie findet jedoch im Gegensatz zu früher
subtiler, politisch und formal korrekter statt.
48
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