Biologische Thermodynamik (I) Wintersemester 2009/10 Vorlesungen: Marvin Schuly Übungen: Katarzyna Tyc & Susanne Gerber Literatur: G. Kluge & Neugebauer: Grundlagen der Thermodynamik, Spektrum Akadem. Verlag, 1994 R. Heinrich & S. Schuster, The Regulation of Cellular Systems, Chapman & Hall, New York, 1996 G. Nicolis & I. Prigogine, Self-Organization in Nonequilibrium, Systems; John Wiley & Sons, New York, 1977 1. Einführung Thermodynamik ist eine Theorie, in der, wie der Name sagt, die Begriffe „Temperatur“ und „Wärme“ und „Bewegung“ eine zentrale Rolle spielen. Grundgrößen der Mechanik: Länge, Zeit, Masse Elektrodynamik: zusätzliche Ladung, gemessen in C (Coulomb, As) Früher: (noch im 19. Jahrhundert) wurde die Wärme als ein besonderer Stoff, als eine Flüssigkeit, angesehen. Wärmeübergang von einem Körper zum anderen wurde betrachtet als ein Transport dieses Wärmestoffes. Diese Betrachtungsweise ist längst überholt. Dennoch wurden verschiedene, immer noch gültige, Grundgesetze der Thermodynamik auf der Grundlage dieser „Wärme-FlüssigkeitsHypothese“ abgeleitet. Grundlagen des II. Hauptsatzes durch Carnot (1824). 1 Heute: Kinetische Interpretation der Wärme Thermische Phänomene werden zurückgeführt auf die ungeordnete Bewegung von Atomen und Molekülen. Prinzipiell ist also Thermodynamik als ein spezieller Zweig der Mechanik anzusehen, und zwar der Mechanik von Systemen, die aus einer außerordentlich großen Zahl von Teilchen bestehen. In dieser Vorlesung: Gleichgewichts- und Nichtgleichgewichtsthermodynamik (Teil I), später: Statistische Thermodynamik Zahl der Teilchen: 1 Mol: N=6,022 x 1023 Teilchen (Avagadrosche Zahl, Loschmidt’sche Zahl) In der Mechanik wird ein System vollständig charakterisiert, durch Angabe der Positionen und Geschwindigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, sowie der Kräfte, die zwischen den Teilchen wirken. 3 Raumkoordinaten, 3 Geschwindigkeitskoordinaten ⇒ 6 N Variable Demnach wird 1 Mol wird charakterisiert durch 6 ⋅ 6 ,022 ⋅ 10 23 ≈ 3,6 ⋅ 10 24 Variable Vollständige Lösung der Bewegungsgleichungen mi r d 2 ri dt 2 r r r r = K i (r1 , r2 ,..., rN ) selbstverständlich unmöglich. Es können nur noch Wahrscheinlichkeitsaussagen über den Zustand eines Systems getroffen werden ⇒ statistische Mechanik. 2 Obwohl die Thermodynamik heute eine statistische Begründung besitzt, ist das ursprüngliche Herangehen von dem der Mechanik zunächst völlig verschieden. In der Thermodynamik wird der Zustand eines Systems durch sehr wenige Zustandsvariablen beschrieben, Größen, die unseren Sinneswahrnehmungen, oder präziser, unseren makroskopischen Meßgeräten angepaßt sind. Was kann gemessen werden? z. B. Temperatur, Volumen, Druck (bei einem Gas oder einer Flüssigkeit, das aus nur einer Substanz besteht), im anisotropen Festkörper (Kristall) z.B. zusätzlich: Druck in verschiedenen Richtungen, in einer Flüssigkeit oder in einem Gas, das aus verschiedenen Stoffen besteht: zusätzlich Konzentrationen der einzelnen Komponenten. Typische Teilchenzahlen von Systemen, mit denen man sich in der Biophysik beschäftigt: 1m molar : 6 ,022 ⋅ 1020 Volumen einer Zelle: Teilchen Liter V ≅ 100(µm )3 V = 100 ⋅ 10 −18 m 3 = 10 −16 m 3 = 10 −13 l 1m molar =$ 6, 022 ⋅ 1020 ⋅ 10−13 ≅ 6 x 10+7 Teilchen → z. B. ATP-Konzentration Hb-Konzentration in Erythrozyten: 7 mM ≈ 4 ⋅108 Proteinmol eküle Protonenkonzentration 2+ Ca - Konzentration 0 ,1µM =$ 6 ⋅ 103 Teilchen, Ca2+: spielt eine wichtige Rolle bei Signaltransduktion mRNS-Moleküle einer Sorte pro Zelle =$ 100 Na/K-ATPasen pro Erythrozytenmembran =$ 300 3 DNS-Moleküle: 1 Die thermodynamischen Größen sind Mittelwerte. Aus der Statistik weiß man, daß stets Fluktuationen um die Mittelwerte auftreten und daß näherungsweise die folgende Beziehung gilt: σ 1 ≈ N N ; σ2 : mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert für Teilchenzahl in einem bestimmten Volumen. Ähnliche Gesetze gelten für andere physikalische Größen, z. B. Volumen, das von N Teilchen eingenommen wird: σV V ≈ 1 N = 108 ; N 1 = 10−4 << 1, d.h. geringe relative Abweichungen N Bei Größen wie der Protonen- oder Ca-Konzentration muss die Gültigkeit der thermodynamischen (d. h. makroskopischen) Beschreibungsweise schon kritischer gesehen werden.. 1 = N 1 6 ⋅ 103 ≅ 1 = 0 , 013 > 1% 77 Energie Thermodynamik befaßt sich mit der Energie und ihrer Umwandlung von einer Erscheinungsform in die andere. Oder noch genauer: mit den Einschränkungen, denen diese Umwandlungen unterliegen. Das System hat kann durch seine potentielle und kinetische Energie (s. Mechanik!) charakterisiert werden. Diese hängen von Ort und Geschwindigkeit des Gesamtsystems ab 4 und werden auch als äußere Energie des Systems bezeichnet. In der Thermodynamik interessiert aber besonders die innere Energie. Sie charakterisiert den inneren Zustand des Systems, die im „Innern der Materie“ gespeicherte Energie. Diese ist wiederum ein Mittelwert der Energien der mikroskopischen Teilchen aus denen unser System zusammengesetzt ist. Beispiele: Translationsenergie (Geschwindigkeit in drei Dimensionen von dem Gesamtmolekül) Vibrationsenergie (Schwingungen der innerhalb der Moleküle Atomen), Rotationsenergie (Drehung), Bindungsenergie, potentielle Energie von intermolekularen Wechselwirkungen, Elektronenenergie, Kernenergie System und Umgebung Anwendung der Thermodynamik und ihrer Hauptsätze auf einen Teilbereich des Universums verlangt die Definition eines Systems und seiner Umgebung. System kann jeder Körper, Materiemenge, Teilgebiet eines Raumes sein, den man gedanklich vom Rest trennt. Der „Rest“ ist die Umgebung. Die Beschaffenheit der Begrenzung zwischen System und Umgebung bestimmt die möglichen Arten der Wechselwirkungen (nämlich den Energieaustausch) zwischen System und Umgebung und ist daher in der Thermodynamik sehr wichtig (s.u.) Zustandsgrößen In der Thermodynamik interessiert man sich vorrangig für die makroskopischen Eigenschaften, weniger für die mikroskopischen. Die detaillierte molekulare Struktur des Systems bleibt unberücksichtigt. Als thermodynamische Koordinaten kommen nur „grobe“ Eigenschaften in Betracht, wie Temperatur und Druck, die in der Regel Mittelwerte darstellen und unseren Sinnesempfindungen und Meßgeräten zugänglich sind. 5 Eine Größe, die ausschließlich durch den Zustand eines Systems bestimmt wird, nennen wir Zustandsgröße. Beispiele sind: die innere Energie (U), die Masse (m), die Mol-Mengen jedes chemischen Stoffes (n), sein Volumen (V), der Druck (p) und die absolute Temperatur (T). Anhand der Zustandsfunktionen kann ein homogenes System beschrieben werden. Der Zustand eines Systems ist die Gesamtheit aller Zustandsgrößen, die ein System besitzt. Nicht alle in der Thermodynamik betrachteten Größen sind Zustandsgrößen. Beispiele für Nicht-Zustandsgrößen sind die Arbeit, die Wärme (dazu später) Man unterscheidet extensive und intensive Zustandsfunktionen. Extensive Zustandsfunktionen sind abhängig von der Größe, der Extension des Systems. Intensive Zustandsfunktionen sind das nicht. Verdoppeln wir z.B. ein System, dann verdoppelt sich auch das Volumen, die Masse, die innere Energie. Die sind extensive Zustandsfunktionen. Die intensiven Zustandsfunktionen wie Temperatur und Druck verdoppeln sich nicht, sondern bleiben gleich. Extensive Größen (Quantitätsgrößen) sind der Masse des Systems, dem sie zugeordnet sind, proportional. Verdoppelung des Systems → Verdoppelung der Zustandsvariablen. S1 + S2 S1 S2 Beispiele: Masse, Volumen, Energie, Entropie, usw. Extensive Größen bleiben in Systemen ohne Produktion / Abbau erhalten, können aber ineinander umgewandelt werden Intensive Größen (Qualitätsgrößen) sind unabhängig von der Masse des Systems, dem sie zugeordnet sind. 6 Beispiele: Temperatur (T), Druck (p), Dichte ( ρ ) Jeder Quotient zweier extensiver Größen ist eine intensive Größe, z. B. Dichte: ρ = M V Außerdem können intensive Größen über Kontaktgleichgewichte beschrieben werden. Zur Beschreibung von Nichtgleichgewichtsprozessen sind sie für Diskretisierungen besser geeignet. Intensive Größen können in unterschiedlicher Weise definiert werden. A sei irgendeine extensive Größe A (Dichte) V A a$ = (Spezifische Größe) M A a= (Molare Größe) n a% = Meistens werden extensive Größen durch große und intensive Größen durch kleine Buchstaben bezeichnet (Ausnahme: T, Temperatur, intensiv; n, Molzahl, extensiv). Gleichgewichtszustände Erfahrungssatz: Jedes von der Umgebung isolierte makroskopische System geht nach hinreichend langer Zeit in einen Zustand über, den es spontan nicht wieder verläßt. Auch ein System, das mit seiner Umgebung Stoff oder Energie austauscht kann einen statischen Endzustand erreichen. In der Regel ist das kein Gleichgewichtsszustand, sondern z.B. ein Fließgleichgewicht. 7 Gleichgewichtszustände sind gegenüber Nichtgleichgewichtszuständen dadurch ausgezeichnet, daß sie durch eine kleinere Zahl von Zustandsvariablen beschrieben werden können. (Turbulenz; räumliche Inhomogenität). Beispiel Wir betrachten zunächst ein ideales Gas, das in einem Behälter eingeschlossen ist. Meßgrößen sind p, V, T Druck p, Temperatur T Volumen V, Molzahl n: hier konstant Die Erfahrung zeigt, daß diese Größen nicht völlig unabhängig voneinander sind: *) pV = nRT pV = ; n:Molzahl n= M ← Masse M Mol . ← Molmasse Kraft Volumen = Kraft x Weg =Energie Fläche R = 8,31441J ⋅ mol −1K −1 R: universelle Gaskonstante 1Joule = 1Ws R = 1,986 kcal ⋅ kmol −1 ⋅ K −1 *) Ist eine Zustandsgleichung. Die in ihr auftretenden Größen beziehen sich auf ein Gleichgewicht. Alte Maßeinheit für Energie: Eine Kalorie ist diejenige Wärmemenge, die man 1g Wasser zuführen muß, um es bei Atmosphärendruck erwärmen 1kcal = 4,1868kJ . 8 von 14,5oC auf 15,5oC zu Es gibt einen kleinstmöglichen Satz von Zustandsvariablen, die anderen Größen können als Funktionen dieser Zustandsvariablen beschrieben werden. Ideales Gas: p ,V ⇒ T , p ,T ⇒ V , V ,T ⇒ p Man unterscheidet deshalb zwischen abhängigen und unabhängigen Zustandsgrößen. Welche Größen als abhängige und welche als unabhängige Zustandsgrößen behandelt werden, ist relativ willkürlich. Zustandsvariable = unabhängige Zustandsgröße Zahl f der unabhängigen Zustandsvariablen ist aber konstant, beim idealen Gas: f = 2, f: Anzahl der thermodynamischen Freiheitsgrade Zustandsänderungen: Betrachtet man ein System zu zwei verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 mit t2 > t1 und stellt man bei t2 einen anderen Zustand fest als bei t1 , hat eine Zustandsänderung stattgefunden. Diese Zustandsänderungen sind Prozesse. Zustandsänderungen können: von selbst ablaufen, z. B. Temperaturausgleich oder können von außen erzwungen werden (Wärmezufuhr, Volumenänderung, Arbeitsleistung an dem System u. s. w.). Besonders wichtig: Unterscheidung von reversiblen und irreversiblen Zustandsänderungen. Kann der Ausgangszustand des Systems nicht ohne bleibende Änderung in der Umgebung wiederhergestellt werden, heißt der Prozeß irreversibel. 9 Im Prinzip sind alle natürlichen Prozesse irreversibel (Stein, der nach unter fällt, usw.). Reversible Zustandsänderung: Grenzfall; äußerst langsame, eigentlich unendlich langsame Zustandsänderungen, bei denen stets Zeit genug ist, daß sich das System in Gleichgewichtszuständen befindet. langsames Herabdrücken des Stempels, keine Strömungen, keine Turbulenzen Quasi-statische Prozesse Gas Infinitesimale Änderung der äußeren Bedingungen Gleichgewichtsthermodynamik ist eine Theorie quasi-statischer Prozesse Wie langsam der Prozeß sein muß hängt von der Relaxationszeit τ ab, die das System benötigt, um nach einer Störung wieder das Gleichgewicht zu erreichen. Alle Veränderungen müssen langsam im Vergleich zu τ sein. Beispiel: Wenn das Gas in einem Kolben beim Zusammendrücken auf das halbe Volumen nach τ = 10 −3 s das Gleichgewicht erreicht, dann ist dieser Prozeß bei Durchführung in 0,1s in guter Näherung ein quasi-statischer Prozeß. Klassifizierung von Prozessen: isotherm: T = konst. , isobar: p = konst. , isochor: V = konst. + weitere Möglichkeiten, die wir später kennenlernen. Wechselwirkung eines thermodynamischen Systems mit seiner Umgebung 10 Arbeit Stoff S Je nachdem, welche Wärme (termo4.cw2) Wechselwirkungen existieren, ergibt sich folgende Klassifikation: Art der Wechselwirkung Bezeichnung Energie- und Stoffaustausch offenes System Energie- aber kein Stoffaustausch geschlossenes System kein Wärmeaustausch adiabatisch isoliertes System kein Energie- und kein Stoffaustausch abgeschlossenes System Arbeit Arbeitsleistung (spezieller Fall des Energieaustausches) ∆ A = − K ⋅ ∆h = −( p + ∆ p )F ⋅ ∆h ∆h p, V, T Reversibler Prozess: infinitesimal kleine Änderungen: (termo5.cw2) dA = − p 1 F2 ⋅3 dh = − pdV dV dV < 0 ⇒ dA > 0 „An dem System wird Arbeit geleistet.“ dV > 0 ⇒ dA < 0 „Das System leistet Arbeit.“ (hier Kompressionsarbeit) Arbeitsleistung bei quasi-statischen Veränderungen zwischen Volumina V1 und V2 11 V2 ∆ A = − ∫ pdV ; hier ist p eine Funktion von V. V1 Unter Verwendung der Zustandsgleichung: pV = nRT V2 ∆A = − ∫ V1 nRT dV V Bei isothermen Zustandsänderungen: T = konst . V2 ∆ A = −nRT V 2 dV nRT V = − ln ∫V V V 1 1 = −nRT ln V2 < V1 ⇒ ∆ A > 0 p1V1 = p2V2 ∆ A = nRT ln V2 V1 Kompressionsarbeit. Wegen T = konst. gilt V2 p1 = V1 p2 ; p2 p1 ; p2 > p1 ⇒ ∆ A > 0 Zustandsdiagramm: Graphische Darstellung einer Zustandsgleichung Ideales Gas: Es reicht ein 2-dimensionales Koordinatensystem, da nur f = 2 Freiheitsgrade 12 ( p,V ) Diagramm p pV = nRT ; p = T Isothermen nRT V T = konst ., Hyperbeln V (termo6) Arbeitsleitung ∆ A (oben berechnet für ein ideales Gas) hat im (p,V)-Zustandsdiagrammen eine einfache geometrische Interpretation. V2 p ∆ A = − ∫ pdV p= V1 nRT =p (V ) V ∆ A = Fläche unter der Kurve V1 V2 Kreisprozeß: p Das System leistet Arbeit. ∆ A = − ∫ pdV Fhin V1 p V2 V2 V1 V1 V2 V2 V2 V1 V1 = − ∫ pdV − ∫ pdV V An dem System wird Arbeit geleistet. = − ∫ pdV + Frück V1 V2 = − Fhin V 13 ∫ pdV + Frück p ∆F = + ∆A Expansion bei niedrigem Druck; Kompression bei hohem Druck. V (Vorzeichen der Arbeitsleistung hängt davon ab, in welcher Richtung der Kreisprozeß durchlaufen wird.) Nach Abschluß des Kreisprozesses: p ,V ,T : gehen wieder zu den ursprünglichen Werten zurück, ∆ p , ∆ V = 0 ; ∆ T = 0 A: hat nach Abschluß des Prozesses einen anderen Wert (in der Regel), ∆A≠0 p und V sind Zustandsgrößen, während A keine Zustandsgröße ist. Genauere Definition von Zustandsgrößen: Sind Größen, die entweder selbst Zustandsvariable sind oder eindeutig von den unabhängigen Zustandsvariablen abhängen. Sind unabhäng vom Weg, auf dem ein bestimmter Zustand erreicht wird. a p 2 Zustand 1: p1 ,V1 ⇒ T1 = p1V1 nR 1 b V Zustand 2: p2 ,V2 ⇒ T2 = p2V2 nR Das heißt, neben p und V ist auch T eine Zustandsvariable. A ist deshalb keine Zustandsvariable, weil ∆ A abhängig davon ist, ob man Zustand 2 auf dem Weg a oder Weg b erreicht. 14 Für Zustandsgrößen Z gilt demnach: 2 2 1 (a )∫ dZ = (b )∫ dZ = −(b )∫ dZ 1 1 ∫ dZ = 0 2 1 1 2 (a )∫ dZ + (b )∫ dZ = 0 ⇒ , 2 ∫ dZ = 0 ist nur dann für beliebige geschlossene Integrationswege erfüllt, wenn dZ ein vollständiges Differential darstellt. Beweis: x und y seien zwei unabhängige Zustandsvariable, dann gilt allgemein für die Variation irgendeiner anderen abhängigen Größe (Zustandsgröße oder nicht): dZ = f (x , y )dx + g (x , y )dy ∫ dZ = ∫ [ f (c, y )dx + g (x, y )dy ] Intergration: Stokes‘scher Satz: ∂g ∂f ∫ dZ = ∫∫ ∂x − ∂y dxdy = 0 Diese Bedingung ist nur dann immer erfüllt, wenn gilt f = ∂Z , ∂x folgt dZ = wegen: ∫ dZ =0 ∂g ∂ 2 Z = ∂ x ∂ x∂ y ; ∂g ∂f ∂Z , woraus folgt: g = und = ∂y ∂x ∂y ∂f ∂ 2 Z = ∂ y ∂ x∂ y *) integrale Bedingung für Zustandsvariable ∂Z ∂Z dx + dy : differentielle Bedingung ∂x ∂y 15 2. Hauptsätze der Thermodynamik Bekannt sind vor allem der I. und II. Hauptsatz der Thermodynamik. Man spricht auch vom 0. Hauptsatz und es gibt zusätzlich den III. Hauptsatz. 0. HS: Einführung der Temperatur als Zustandsgröße I. HS: Energieerhaltungssatz II. HS: Einführung der Entropie als Zustandsgröße (Aussagen über die Richtung von Prozeßabläufen) III. HS: Nernst‘scher Wärmesatz (Hauptkonsequenz: Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunktes der Temperatur) 2.1. 0. Hauptsatz Es gibt eine Zustandsgröße, die Temperatur. Ihre Gleichheit ist Bedingung des thermischen Gleichgewichtes zweier Systeme, S1 und S2, oder zweier Teile desselben Systems, S. Zum 1. Mal so formuliert von Fowler (1931) bei Bemühungen, der Thermodynamik einen axiomatischen Aufbau zu geben. S1 S2 Vor dem Kontakt: S1 sei wärmer als S2 T (S1 ) > T (S 2 ) S1 nach dem Kontakt drei Möglichkeiten denkbar. S2 a) T (S1 ) > T (S 2 ) b) T (S1 ) = T (S 2 ) c) T (S1 ) < T (S 2 ) ← nie beobachtet. Ob a) oder b) realisiert, hängt von der Art der Kontaktfläche ab; a) adiabatisch isolierende Wände 16 b) thermisch leitende Wände Fall a) kann nicht beliebig lange aufrecht erhalten werden. 2.2. I. Hauptsatz Energieerhaltungssatz; Robert Mayer, H. Helmholtz (aber eigentlich bereits von W. Leibnitz) Wir betrachten ein geschlossenes System (kein Stoffaustausch, aber Energieaustausch) Neben mechanischer Arbeitsleistung wird Wärme als Energieform betrachtet. I. Hauptsatz: Jedes thermodynamische System besitzt eine extensive Zustandsgröße U, die sogenannte innere Energie. Sie wächst durch Zufuhr von Wärme δQ und von Arbeit δA . Für abgeschlossene Systeme ist die innere Energie eine Erhaltungsgröße (U = konst.). dU = δQ + δA δQ dU δ : wenn Variation einer Größe, die keine Zustandsgröße, oder wenn wir noch nicht δA wissen, ob Zustandsgröße. Für abgeschlossene Systeme gilt δA = δQ = 0 und damit dU = 0 ; U = konst . Energieerhaltungssatz für die innere Energie. δA : Arbeitsdifferential δA = − pdV für Kompressionsarbeit (Spezialfall). Andere Möglichkeiten für die thermodynamische Arbeit: δA = σ dF ; Oberflächenvergrößerung oder –verkleinerung σ : Oberflächenspannung dF : Flächenänderung 17 δA = ψ ⋅ de Änderung der Ladung in einem elektrischen Feld ψ Potential (s. Elektrolyte), e: Ladung (s. Membranpotential) Integrale Formulierung des I. Hauptsatzes Die innere Energie ist eine Zustandsgröße; Also gilt bei Kreisprozeß: ∫ dU = 0 ⇒ ∫ δ A + ∫ δ Q = 0 Zwei Fälle 1. wenn kein Wärmeaustausch stattfindet: 2. mit Wärmeaustausch: ∫ δQ = 0 ⇒ ∫ δA = 0 , keine Arbeit geleistet ∫ δA < 0 ⇒ ∫ δQ > 0 Wenn Arbeit abgegeben werden soll; muß Wärme zugeführt werden. Äquivalente Formulierung des I. Hauptsatzes: „Satz von der Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile“ Es ist unmöglich, ein perpetuum mobile 1. Art, d. h. eine periodisch arbeitende Maschine zu bauen, die Arbeit abgibt, ohne Energie in irgendeiner anderen Form aufzunehmen. Diese Aussage ist äquivalent zur Aussage, daß U eine Zustandsgröße ist. Einige Folgerungen aus dem I. Hauptsatz (für Systeme, die im ( p ,V , T )-Zustandsdiagramm beschrieben werden können; hier waren 2 Zustandsvariablen unabhängig.) U Zustandsgröße: U = U ( p ,V ) , oder U = U ( p ,T ) ; U = U (V ,T ) Weil unterschiedliche funktionelle Abhängigkeiten möglich sind, ist es wichtig, klarzustellen, welche Größe konstant bleibt, wenn eine andere variiert wird. 18 z. B. ∂U ∂T V bedeutet: es wird die Funktion U = U (T ,V ) differenziert und nicht etwa U = U (T , p ) . Welche Größen man als unabhängige Variable ansieht, ist z.B. wichtig bei Berechnung der Wärmekapazität. C= δQ ∆Q = ∆T ∆T →0 dT Wärme, die bei Temperaturerhöhung von dem Körper absorbiert wird. dU = δQ − pdV - I. Hauptsatz als Ausgangspunkt δQ = dU + pdV 1) V, T als unabhängige Zustandsvariable ∂U ∂U U = U (T ,V ) ⇒ dU = dT + dV ∂T V ∂V ∂U ∂U dT + + p dV = δQ ∂T V ∂V T 2) p, T als unabhängige Zustandsvariable ∂U ∂U U = U (T , p ) ; dU = dp , dT + ∂T p ∂p T ∂U ∂U dp + dT + ∂T p ∂p T ∂V ∂V dV = dT + ∂T p ∂p ∂V ∂V dp = δQ p dT + ∂T p ∂p T 19 dp T ∂U ∂U ∂V ∂V + p dp = δQ + p dT + ∂T p ∂T p ∂p T ∂p T C ist offenbar davon abhängig davon, wie der Prozeß der Temperaturerhöhung abläuft, z. B. ob bei konstantem Volumen oder bei konstantem Druck. aus 1) aus 2) dV = 0 dp = 0 ; ; V = konst . p = konst . , , δQ dT V = konst. ∂U = CV = ∂T V p = konst ∂U ∂V = + p = Cp ∂T p ∂T p δQ dT In der Regel ist C p ≠ CV . Unterschied in der Wärmekapazitäten resultiert aus der Tatsache, daß bei p = konst . und variablem Volumen Arbeit geleistet wird. Das Gewicht wird bei Erwärmung ein Stück nach oben geschoben. V = konst. p = konst. (termo17.cw2) Für ein ideales Gas gilt U = U (T ) , Theoretisches Argument: U nicht vom Volumen und nicht vom Druck abhängig da keine Wechselwirkung der Teilchen. 20 Experiment: Gay-Lussac‘scher Überströmversuch (irreversible Gasexpansion). isoliertes System: δA = 0 , δQ = 0 (termo18.cw2) dU = 0 , U = konst . U 1 = U (V1 , T1 ) U 2 = U (V2 ,T2 ) = U 1 1: vor der Expansion, 2: nach der Expansion U (V1, T1 ) = U (V2 , T2 ) Experimenteller Fakt: Keine (oder nahezu keine) Temperaturveränderung: T1 = T2 = T . U (V1, T ) = U (V2 , T ) ; V1 ≠ V2 Schlußfolgerung: entweder V1 = V2 , was in der vorgegebenen Situation nicht gilt, oder U unabhängig von V; Gutes experimentelles Beispiel für ein annähernd ideales Gas: Helium bei Zimmertemperatur. Also: U = U (T ) ∂U Daraus folgt (nur für ideales Gas): ∂T ∂U = = CV V ∂ T p V = Unter Verwendung der Zustandsgleichung: C p = CV + p nR p , C p − CV = nR 21 , ∂V C p = CV + p ∂T p nRT nR ∂V ; = p p ∂T p Cp Cp n − CV =R n C , V n n , {{ / / Molwärme (Wärmekapazität/Mol) c p − cV = R > 0 , wichtige Formel der Thermodynamik. Aus der kinetischen Gastheorie folgt für ein einatomiges Gas: cV = 2 5 R ⇒ cp = R 3 2 Adiabatische Zustandsänderungen Treten auf, wenn das System thermisch isoliert ist. (Kein Austausch von Stoff oder Wärme, nur von Arbeit) δQ = 0 z. B. Gas Expansion, δA < 0 (System leistet Arbeit) ⇒ δU < 0 U = U (T ) ideales Gas: ⇒ Temperaturerniedrigung dU = δQ + δA , Ideales Gas: wegen dU + pdV = 0 dU = CV folgt dT 22 nRT dV = 0 V dT nRdV + =0 T CV V CV dT + ln T + R ln V = konst . cV das bedeutet: TV R / cV = konst . verwendet man: R c p − cV c p = = − 1 , mit κ > 1 , cV cV cV { κ gilt: T= konst . V κ −1 (adiabatische Zustandsgleichung) Andere Formen : TV κ = konst . V nRT = pV T p = V nR pV κ = konst . nR pV κ = konst . p T = konst. p= konst . isotherm V p= konst . adiabatisch Vκ δQ=0 V (termo19.cw2) Adiabaten sind im p-V-Diagramm steiler als Isothermen 23 2.3. II. Hauptsatz I. Hauptsatz: Energieerhaltungssatz; es gibt keine Maschine, die Energie produziert. Aber: keine Limitationen, wie eine Energieform in die andere überführt werden kann. Erfahrung: (Mech.) Arbeit Wärme Stein, der nach unten fällt: → Wärme: stets vollständig möglich → Arbeit: nicht unbegrenzt möglich Umwandlung mechanischer Arbeit in Wärme Umgekehrter Prozeß spontan nicht möglich. Natürlich kann Wärme in Arbeit umgewandelt werden, aber es gibt Limitationen. Erfahrungssätze: Postulat von Lord Kelvin: Eine Zustandsänderung, deren einziges Endergebnis darin besteht, Wärme aus einem einzigen Reservoir zu extrahieren und diese in Arbeit umzuwandeln, ist unmöglich. Äquivalent dazu ist das Postulat von Clausius: Eine Zustandsänderung, deren einziges Endergebnis darin besteht, Wärme von einem Körper der Temperatur T1 zu einem anderen Körper T2 mit T2 > T1 zu transportieren, ist unmöglich. 2.3.1. Der Carnot‘sche Kreisprozeß und Entropie als neue Zustandsgröße 24 Wir betrachten den folgenden Kreisprozeß, durchgeführt mit einem idealen Gas. Quasi-statisch, d. h. unendlich langsam. Adiabaten V p A T 2 > T1 Arbeit wird dem System zugeführt. T2 B D Isothermen T1 p C V V Arbeit wird von dem System geleistet. (termo21.cw2) p (termo22.cw2) Isothermen (1 Mol): pV = RT2 , pV = RT1 Adiabaten: pV κ = konst . ∆A ∆U ∆Q nach Ablauf des Kreisprozesses hat das System Arbeit geleistet und es wurde Wärme zugeführt da U eine Zustandsgröße: ∆ U = ∆ A + ∆ Q = 0 , ∆U = 0 ⇒ ∆ A < 0 , ∆ Q > 0 Q ist keine Zustandsgröße, aber wir werden im folgenden sehen, dass man eine neue Zustandsgröße (Entropie) einführen kann, die direkt von Q abhängt. ∆ A + ∆ Q2 + ∆ Q1 = 0 *) 25 ∆ A : die am System geleistete Arbeit, − ∆ A : die vom System geleistete Arbeit (hier positiv) ∆Q2 , ∆Q1 : die von dem System (bei isothermen Abschnitten) aufgenommene Wärme. Isotherme Zustandsänderungen laufen bei idealen Gasen ohne Änderung der inneren Energie ab. Daher B B B ∫ dU = 0 = ∫ δQ − ∫ pdV = ∆Q2 + AAB A A , ∆Q2 = − AAB A Analog: ∆Q1 = − ACD Berechnung von ∆Q1 und ∆Q2 über Berechnung der einzelnen Arbeitsanteile möglich Abschnitt A → B , isotherme Expansion VB VB VA VA AAB = − ∫ pdV = − ∫ RT2 V dV = − RT2 ln B V VA , VB > VA , AAB < 0 : das System leistet Arbeit, ∆Q1 > 0 , es wird Wärme aufgenommen. Abschnitt C → D , isotherme Kompression ist analog zur isothermen Expansion: VD VD VC VC ACD = − ∫ pdV = − ∫ V RT1 dV = − RT1ln D VC V , VD < VC , ACD > 0 , ∆Q1 < 0 Es wird Wärme abgegeben. Bei reversibler Prozeßführung: läßt sich das Verhältnis ∆Q1 ∆Q2 durch das Verhältnis der Temperaturen T1 und T2 ausdrücken. Beweis: 26 Wir hatten abgeleitet: ∆ Q2 = RT2 ln VB > 0, VA ∆ Q1 = RT1 ln VD <0 VC Punkte A und D sowie B und C liegen auf adiabatischer Kurve TV κ −1 = konst κ −1 κ −1 TV 1 D = T2VA κ −1 TV = T2VBκ −1 1 C Division VDκ −1 VAκ −1 = VCκ −1 VBκ −1 oder ∆ Q2 = RT2 ln VB VA ∆ Q1 = RT1 ln VD VC ∆Q1 T1 + ∆Q2 T2 VD VA = VC VB T ∆ Q1 =− 1 V ∆Q2 T2 = − RT1 ln B V A =0 infinitesimale Änderungen: δ Q1 δ Q2 + =0 T1 T2 Ein beliebiger Kreisprozeß läßt sich stets auffassen als zusammengesetzt aus Isothermen und Adiabaten, deshalb allgemein: 27 ∫ δQ T =0 für einen beliebigen Kreisprozeß. Wir haben eine neue Zustandsgröße gefunden. Hier abgeleitet aus Zustandsgleichung des idealen Gases. dS = δQ T Wärme Q keine Zustandsgröße, aber S: Entropie Diese Beziehung gilt für reversible Zustandsänderung (unendlich langsam). B B A A δQrev T ∫ dS =S B − S A = ∆S = ∫ Wirkungsgrad eines Carnot-Prozesses: =7 − ∆4 A8 64 ∆Q2 + ∆Q1 η= ∆Q2 η = 1+ , geleistete Arbeit im Verhältnis zu aufgewendeten Wärmemenge T T −T ∆Q1 = 1 − 1 = 2 1 , wegen T2 > T1 , 0 ≤ η ≤ 1 T2 T2 ∆Q2 obige Formel gilt für reversible Zustandsänderungen. Wenn der Prozeß irreversibel ist oder irreversible Anteile enthält, gilt η= T ∆Q2 + ∆Q1 T2 − T1 ∆Q1 < − 1 , weil die gewonnene Arbeit geringer ist als < , also ∆Q2 T2 ∆Q2 T2 ∆Q2 + ∆Q1 (z.B. wird mehr Wärme abgegeben, Reibungsverluste o.ä.) ∆Q1 T1 + ∆Q2 T2 ≤0 28 allgemeiner: ∫ δQ T ≤ 0 bei irreversibler oder teilweise irreversiblen Prozessen. Um die Entropieänderungen bei irrevbersiblen Prozessen zu berechnen, betrachtet man reversible Ersatzprozesse, die den gleichen Ausgangs- und Endzustand haben: A reversibel, Ersatzprozeß B irreversibel Wir betrachten obigen Prozess als Kreisprozess: 0≥∫ B δQ A δQ = ∫ +∫ T T T A irr B rev δQ A B δQ B + dS = δQ + S − S 0 ≥ ∫ A B ∫ ∫ T T A A irr B irr B δQ . ⇒ SB − S A ≥ ∫ T A irr Erfolgt der irreversible Prozess in einem abgeschlossenen System, gilt δQirr = 0 ⇒ S B − S A = ∆S ≥ 0 In abgeschlossenen Systemen kann die Entropie nicht abfallen. δS ges = δQ T { + δSirr , mit δSirr > 0 : Entropieproduktion dS rev 29 Formulierung des 2. Hauptsatzes nach Sommerfeld: "Jedes thermodynamische System besitzt eine extensive Zustandsgröße S, die Entropie. Ihre Zunahme bei reversiblen Zustandsänderungen berechnet man, indem man die zugeführte Wärmemenge durch die absolute Temperatur dividiert. Bei Zustandsänderungen wird im Inneren des Systems Entropie produziert." Nachtrag: Arbeitsanteile bei adiabatischer Expansion und Kompression B → C , adiabatische Expansion. Hier gilt pV κ = konst . = k = p BV Bκ = pC VCκ also: VC VC k ABC = − ∫ pdV = − ∫ VB V VB == pC VCκ VC(1−κ ) 1−κ + κ dV = − p BVBκ V B(1−κ ) 1−κ ( k V (1−κ ) − V B(1−κ ) (1 − κ ) C = ) −1 (p V − p V ) (1 − κ ) C C B B −R (T − T ) = +CV (T1 − T2 ) (1 − κ ) 1 2 da T1 < T2 ist ABC < 0 , das System leistet Arbeit D → A , adiabatische Kompression, umgekehrt analog zu 2.Schritt: ADA = −CV (T1 − T2 ) = − ABC ist also positiv, aufgenommene Arbeit 30 allen irreversiblen 3. Direkte Folgerungen aus dem I. und II. Hauptsatz 3.1. Die Gibbs'sche Fundamentalgleichung I. HS: dU = δQ + δA δQ II. HS: dS = (bei reversibler Prozeßführung) T Durch Elimination von δQ erhält man dS = dU − δA dU δA = − T T T z. B. δA = − pdV dS = dU pdV + T T b.z.w. TdS = dU + pdV Für die Arbeitsterme kann man allgemein schreiben δA = ∑ ai dAi i dU 1 n dS = − ∑ ai dAi T T i =1 Die Gibbs’sche Fundamentalgleichung bildet die Grundlage der Gleichgewichtsthermodynamik Entropieänderung bei irreversibler Expansion eines idealen Gases 34 irreversibler Prozeß, verläuft irgendwie p 1 V2 V1 Gleichgewichtsprozeß 2 V1 (termo29.cw2) V1 + V2 V (termo27.cw2) Wir wissen T = konst . Wir müssen, um ∆S zu berechnen, einen "reversiblen Ersatzprozeß" finden, der ebenfalls vom Zustand 1 in Zustand 2 führt. dS = δ Qrev reversibler Ersatzprozeß: isotherme Expansion, Prozessführung T gegen äußeren Druck, damit langsam nach I. Hauptsatz dU = δQrev − pdV U = U (T ) ; dT = 0 ⇒ dU = 0 innere Energie nur abhängig von Temparatur keine Temp.änderung, keine Änderung von U ⇒ δQrev = pdV pdV ; T dV dS = nR V dS = pV = nRT ; p= nRT V Integration: 35 ∆ S = nR ln V V1 + V2 = nR ln 1 + 2 > 0 V1 V1 Konzept des reversiblen Ersatzprozesses ist sehr wichtig. ∆S ≈ n : S ist eine extensive Zustandsgröße, weil proportional zur Größe des Systems 3.2. Thermische und kalorische Zustandsgleichung dS = dU + pdV T dS ist nur dann ein vollständiges Differential (also eine Zustandsgröße), wenn gilt ∂S ∂S S = S (U ,V ) ⇒ dS = dU + dV ∂ U V ∂ V U Aus Vergleich folgt 1 ∂S = ∂U V T p ∂S ; = ∂V U T S = S (U ,V ) T = T (U ,V ) p = p (T ,U ,V ) ; U = U (T ,V ) p = p (T ,V ) oder U = U (T ,V ) p = p(T ,V ) kalorische Zustandsgleichung thermische Zustandsgleichung 36 nRT V nRT A2 − oder p = V − B V2 z. B. p = Die kalorische und die thermische Zustandsgröße sind nicht völlig unabhängig voneinander, da sie aus ein- und derselben Funktion S = S (U ,V ) resultieren. Wechsel der Variablen, U, V → T, V ∂U ∂U TdS = dU + pdV ; U = U (T ,V ) ; dU = dT + dV ∂T V ∂V T ∂U ∂U TdS = dT + + p dV ∂T V ∂V T In dieser Schreibweise sind T und V die unabhängigen Variablen (und nicht U und V). Es gilt demzufolge: ∂S ∂S dS = dT + dV ∂T V ∂V T durch Vergleich folgt: 1 ∂U ∂S = ∂T V T ∂T V 1 ∂U ∂S ; = + p ∂V T T ∂V T Gemischte Ableitungen müssen gleich sein: 1 ∂ 2U ∂ ∂S = ∂V ∂T V T ∂T ∂V 1 ∂ 2U 1 ∂p 1 ∂U ∂ ∂S + = − 2 + p + ∂T ∂V T T ∂V T T ∂V∂T T ∂T V 37 1 ∂U 1 ∂p p = − T 2 ∂V T T ∂T V T 2 ∂U ∂p = T −p ∂V T ∂T V ∂U : kalorische Zustandsgleichung, Differentiation von U = U (V ,T ) ∂V T ∂p T : thermische Zustandsgleichung, Differentiation von p = p(T ,V ) ∂T V z. B. ist eine Konsequenz: Ideales Gas: p = nRT : thermische Zustandsgleichung V nR p ∂p = = ∂T V V T p ∂U =T − p =0 ; T ∂V T ∂U =0 ∂V T Das heißt, wenn die thermische Zustandsgröße für ideales Gas gültig, dann muß U, die innere Energie, unabhängig vom Volumen sein. (Hatten wir vorher nur aus Gay-Lussac-Experiment geschlossen). 3.3. Wärmekapazitäten und Enthalpie Wir hatten bereits definiert: C= δQ dT Wärmekapazität C δQ / n δ q =c= = : Molwärme n dT dT 38 Mit dem I. HS: δQ = dU + pdV C= dU + pdV dT Mit kalorischer Zustandsgleichung: U = U (T ,V ) ∂U ∂U dU = dT + dV ∂T V ∂V T ∂U dV ∂U C = + + p ∂T V ∂V T dT allgemein ∂U isochorer Prozeß dV = 0 : CV = ∂T V isobarer Prozeß dp = 0 ∂U : Cp = ∂T ∂ U + V ∂ V ∂V + p T ∂T p Daß CV und C p verschieden sein müssen, davon hatten wir uns bereits überzeugt. Asymmetrie in der Formulierung, die unschön und auch unpraktisch ist. Zur Charakterisierung von Prozessen, die bei konstantem Druck ablaufen, ist es günstig, eine neue Zustandsgröße, die Enthalpie, einzuführen. dU = δQ − pdV , d.h. dU ist die bei konstantem Volumen zugeführte Wärmemenge Definition: H = U + pV dH = dU + dpV + pdV = δQ + Vdp H: Enthalpie, Wärmekapazität: dH ist die bei konstantem Druck zugeführte Wärmemenge δQ dH − Vdp C = = dT dT 39 ∂H ∂H dp dH = dT + ∂T p ∂p T dp ∂H ∂H − V C = + dT ∂T p ∂p T ∂H Cp = ∂T p ∂U CV = ∂T V zum Vergleich: U = U (T ,V ) Energie H =U +pV hat ebenfalls Maßeinheit ⇒ thermodynamische Potentiale einer Energie Weitere thermodynamische Potentiale: z.B. freie Energie und freie Enthalpie, lernen wir später kennen. Berechnung der Entropie für ideales Gas δ Q = dU + pdV , ∂U ∂U dT + dV + pdV ∂V T ∂T V 1 424 3 δQ = =0 δQ = TdS = CV dT + pdV C R dS = V dT + dV T V Integration für Übergang von Zustand 1 nach Zustand 2 ∆S = CV ln T2 V + R ln 2 T1 V1 Entropie steigt bei Temperaturerhöhung und Volumenvergrößerung. 40 4. Van-der-Waalsches Gas als Beispiel für eine empirische Zustandsgleichung Frage: In welcher Richtung muß die Zustandsgleichung eines idealen Gases pV = nRT abgeändert werden, damit auch reale Gase beschreibbar sind? (obwohl einige Gase, z.B. Helium, gut als ideale Gase beschrieben werden können) 1) Offenbar berücksichtigt ideale Gasgleichung nicht, daß Atome ein Eigenvolumen besitzen: V= nRT p Korrektur: ; p→∞ ; V →0 V= nRT +B ; p→∞ ; V → B p B: gemeinsames Eigenvolumen aller Moleküle der Substanz: p= nRT V −B 2) Wechselwirkung (Anziehungskräfte) der Teilchen untereinander wurden nicht berücksichtigt. Wie könnten die sich bemerkbar machen? K W and M olek üle in der M itte: A lle K räf te heben sich auf . W and M olek üle am R and: ... (s39) A nziehungsk raf t in R ichtung auf den I nnenraum ter m o28.c w 2 Der vom Gas ausgeübte Druck sollte deshalb geringer sein. → p' ~ Einführung einer Korrekturgröße, die proportional dem Quadrat der Teilchendichte ist. N N A2 = V V V2 41 Van-der-Waals Gleichung: nRT A2 p= − V − B V2 Gleichung 3. Grades für V: pV 3 − V 2 ( pB + nRT ) + A 2V − A 2 B = 0 p als Funktion von V zeigt die folgende Abhängigkeit ( T = konst ., Isothermen): p 2 T 1 V B (termo30.cw2) Im Gebiet der Isotherme zwischen den Punkten 1 und 2 gilt dp >0 dV Bei Verkleinerung des Volumens würde der Druck sinken. Fluktuation dV < 0 ⇒ dp < 0 des Gases. Außendruck würde überwiegen ⇒ weitere Verkleinerung des Volumens. Diese Situation ist instabil. Instabiler Bereich der Isotherme, physikalisch nicht realisierbar. p instabiler Bereich der Isotherme V (termo31.cw2) 42 In Wirklichkeit tritt im instabilen Bereich der Isotherme etwas anderes auf: Die Substanz spaltet sich in zwei Komponenten auf: gasförmige und flüssige Phase. p G as Gas f lüssi g f l üssi g V Im horizontalen Teil der Isotherme wandelt sich das Gas allmählich in eine Flüssigkeit um. p(T ) : Dampfdruck p Später zeigen wir, daß der horizontale Bereich der Kurve so konstruiert werden T muß, daß die beiden Flächen F1 und F2 über bzw. unter der Geraden gleich groß sind. V (termo34.cw2) p F1 = F2 F2 F1 (wird später bewiesen) V (termo35.cw2) Für T > Tkrit keine Phasenumwandlung mehr. 43 p Tkrit , V krit , pkrit ungef. wie ideales Gas 5 Bereiche in der (V, p)-Ebene flüssig Gas (Kondensation möglich) V nicht erreichbar 2-Phasensystem (termo36.cw2) Kritische Isotherme besitzt keinen Extremwert, sondern Wendepunkt. p= RT A2 − 2 = p (V ) ; V −B V dp =0 ; dV dp 2 dV 2 =0 Aus diesen drei Gleichungen folgen die Koordinaten des kritischen Punktes in Abhängigkeit von den Parametern A und B (Hausaufgabe). Vkrit = 3B ; B= Vkrit 3 R= 8 A2 27 ⋅ B ⋅ Tkrit ; pkrit = pkrit = A2 27 B 2 A2 ⋅ 9 2 27 ⋅Vkrit , Tkrit = ; ⇒ R= 8 A2 27 B ⋅ R 2 A2 = 3 pkrit Vkrit 2 8 ⋅ 3 pkrit Vkrit ⋅ 3 8 pkrit ⋅Vkrit = 27 ⋅Vkrit ⋅ Tkrit 3 Tkrit Die Van-der-Waals-Gleichung läßt sich unter Verwendung der kritischen Werte folgendermaßen umschreiben ( n = 1) : A2 p + 2 (V − B ) = RT V 2 p + 3 p krit ⋅ Vkrit V2 V − Vkrit = T ⋅ 8 p krit Vkrit 3 3 Tkrit 44 Einführung von Relativwerten: Tr = 2 p 3Vkrit + p krit V2 V p T , pr = , Vr = Vkrit p krit Tkrit V 1 8 T − = Vkrit 3 3 Tkrit p r + 3 Vr − 1 = 8 Tr 3 3 Vr2 In dieser Schreibweise besitzt die Van-der-Waals-Gleichung eine große Allgemeingültigkeit unabhängig von der Art der Substanz und mit experimentell messbaren Parametern. 45 5. Die Thermodynamischen Potentiale 5.1. Einführung der Potentiale Gibbs'sche Fundamentalgleichung. TdS = dU + pdV dS = , dU + pdV δ Q = T T Ist die Entropie als Funktion von U und V bekannt, S = S (U ,V ) dann lassen sich durch Differentiation die Zustandsgleichungen ableiten, dS = ∂S (U ,V ) ∂S (U ,V ) dV dU + ∂U ∂V und es gilt nach Vergleich mit obiger Gleichung ∂S (U ,V ) 1 = ∂U T T = T (U ,V ) ; ∂S (U ,V ) p = ∂V T p = p(T ,V ) p = p(T ,U ,V ) kalorische ZG thermische ZG Die Entropie S ist ein thermodynamisches Potential in den Variablen U und V; Unter Verwendung der Gibbs-Gleichung lassen sich bei Kenntnis der Funktion S = S (U ,V ) die Zustandsgrößen des thermodynamischen Systems berechnen. Analogie zur Mechanik Potential: V = V (x , y , z ) Kx ∂V ∂ x r K = − grad V ⇒ K y = − ∂ V ∂ y ∂V ∂ z K z , m r d 2r dt 2 x && ∂V ∂ x && = m y = − ∂V ∂ y && ∂V ∂ z z Durch Differentiation des mechanischen Potentials erhält man die Bewegungsgleichungen. 47 Thermodynamik: Durch Differentiation des thermodynamischen Potentials erhält man die Zustandsgleichungen. Außer der Entropie S lassen sich noch andere Potentiale angeben, die sich je nach den thermodynamischen Bedingungen für unterschiedliche Situationen besonders gut eignen. a) Innere Energie als Potential (Auflösen der Gibbs-Fundgl. nach dU) dU = TdS − pdV U als Funktion von S und V: U = U ( S ,V ) U als Zustandsgröße: ∂U ∂U dU = dS + dV ∂S V ∂V S ∂U =T Vergleich liefert die Zustandsgleichungen: ∂S V ∂U ; = −p ∂V S b) Enthalpie als Potential H = U + pV ; dH = dU + Vdp + pdV dH = TdS − pdV + Vdp + pdV dH = TdS + Vdp ∂H ∂H H = H ( S , p ) ; dH = dp dS + ∂ S p ∂ p S Zustandsgleichungen: ∂H =T ∂S p ∂H = V ; ∂p S c) Freie Energie als Potential Definition: F = U − TS ; dF = dU − S ⋅ dT − T ⋅ dS dF = TdS − pdV − S ⋅ dT − T ⋅ dS 48 dF = − SdT − pdV F = F (T ,V ) ∂F ∂F = −S ; = −p ∂T V ∂V T d) Die freie Enthalpie als Potential G = U − TS + pV = H − TS dG = dH − S ⋅ dT − T ⋅ dS = TdS + Vdp − S ⋅ dT − T ⋅ dS dG = − S ⋅ dT + Vdp ; G = G ( p ,T ) ∂G ∂G dp + dG = dT ∂T p ∂p T ∂G = V ∂p T ∂G ; = −S ∂T p Die freie Enthalpie G (T , p ) (auch genannt Freie Gibbs-Energie) ist für praktische Anwendungen, z. B. in der Chemie, besonders gut geeignet, weil Prozesse häufig bei konstantem Druck und Temperatur ablaufen. Besonders wichtig: Sonderrolle von G: G hängt nur von den intensiven Variablen p und T ab. In einem zusammengesetzten System stimmen p und T im Gleichgewicht in allen Komponenten überein. Alle anderen thermodynamischen Potentiale hängen auch (oder ausschließlich) von extensiven Größen ab. Das Potential F(T,V) wurde von Helmholtz eingeführt. Der Name Freie Energie beruht auf der Tatsache, daß bei isothermen Prozessen ein thermodynamisches System Arbeit nicht auf 49 Kosten seiner inneren Energie leistet, sondern auf Kosten der Freien Energie, da wegen dF = − SdT − pdV für dT = 0 gilt: dF = − pdV . Die einzelnen Potentiale lassen sich umkehrbar eindeutig ineinander umrechnen. Sie enthalten deshalb genau wie die Entropie S(U,V) alle Informationen über das thermodynamische System. Zusammenfassung Thermodyn. Vollständiges Potential Differential (weil 2. gemischte dU = TdS − pdV Abl. gleich) ∂T ∂p = − ∂V S ∂S V U = U (S ,V ) H = H (S , p ) H = U + pV F = F (T ,V ) F = U − TS G (T , p ) G = U − TS + pV dH = TdS + Vdp dF = − SdT − pdV dG = − SdT − Vdp Partielle Ableitung ∂U ∂S ∂U ∂V =T V Maxwell-Beziehung = −p S ∂H =T ∂S p ∂T ∂V = ∂p S ∂S p ∂H = V ∂p S ∂F = −S ∂T V ∂S ∂p = ∂V T ∂T V ∂F = −p ∂V T ∂G = −S ∂T p ∂S ∂V = − ∂T p ∂p T ∂G = V ∂p T 5.2. Die thermodynamischen Potentiale des idealen Gases Ziel: Berechnung der thermodynamischen Potentiale U, H, F, G für ein ideales Gas ∂U Ausgangspunkte: CV = ∂T = const. und thermische Zgl. pV = nRT V 50 Innere Energie: dU = CV dT , U = CV (T − T0 ) + U 0 Integration: ∫ CV dT = ∫ dU : kalorische Zustandgleichung U = U ( T ,V ) (1) mit Gibbs’scher Fundamentalgleichung: TdS = dU + pdV dS = CV nR dT + dV T V S − S 0 = CV ln V T + nRln V0 T0 (2) Ableitung der Potentiale in den Abhängigkeiten: U = U ( S ,V ) , H = H ( S , p ) , F = F (T ,V ) , G = G ( p,T ) Innere Energie: Auflösen von (2) nach T liefert: 1−κ V T = T0 V0 e S − S0 CV , mit κ = Cp CV und C p − CV = nR Einsetzen von T in kalorischen Zgl. (1) liefert das thermodynamische Potential U(S,V) 1−κ S − S0 V CV − 1 + U 0 U = CV T0 e V0 (3) (hier kann man sehen, dass (∂U ∂S )V wirklich T und zwar in obiger Form ergibt) Freie Energie: Einsetzen von U aus (1) und S aus (2) in F = U − TS : 51 V T F = CV (T − T0 ) − T CV ln + nRln + S 0 + U 0 V0 T0 (4) Enthalpie (entsprechende Herleitung): κ −1 S − S0 p κ Cp H ( S , p ) = C pT0 e − 1 + H 0 p0 (5) Freie Enthalpie: p T + S0 + H 0 G (T , p ) = C p (T − T0 ) − T C p ln − nRln p0 T0 Hier wurden der Nullpunkt für Entropie und innere Energie willkürlich gewählt. 52 6. Gleichgewichts- und Stabilitätsbedingungen II. Hauptsatz: dS = δQ T { + di S , δQ T { - Austausch von Entropie mit der Umgebung (durch da S da S Wärmeaustausch) , d i S - Entropieproduktion im Inneren des Systems bei spontanen Prozessen Solange in einem System irreversible Prozesse ablaufen, wird Entropie produziert. Wenn das System abgeschlossen ist, kann seine Entropie nur anwachsen. Im Gleichgewicht: Es laufen makroskopisch keine Prozesse mehr ab. d i S = 0 und die Entropie erreicht ein Maximum. Gleichgewicht S t Damit Entropie im Gleichgewicht ein Maximum annimmt, muß neben dS = 0 δ 2 S < 0 gelten. äquivalent: ∂S =0 ∂x , ∂ 2S < 0 , wobei x einen Systemparameter bezeichnet, dessen ∂x 2 Variation mit den Nebenbedingungen vereinbar ist. Ähnliche Extremalbedingungen lassen sich auch für die anderen thermodynamischen Potentiale angeben (s.u.) Beispiel: Maximum der Entropie im Gleichgewicht Ideales Gas im Gleichgewicht, im Gesamtvolumen V. 53 V Entropie sei S0 , Gesamtzahl der Mole n. Die Auslenkung aus dem Gleichgewicht ist in vielerlei Weise möglich. Wir betrachten eine Aufteilung von V in 2 Volumen, V1 + V2 , z.B. durch Einschieben einer Trennwand. V1 V2 Es gilt im Gleichgewicht: S10 = V1 S0 , V1 + V2 S20 = V2 S0 V1 + V2 weil Entropie eine extensive Größe ist, S10 + S20 = S0 . n1 = nV1 V1 + V2 ; n2 = nV2 V1 + V2 Verschiebung der Wand V1 → V1 + ∆ V , V2 → V2 − ∆ V System befindet sich nicht mehr im Gleichgewicht. für die Entropie eines idealen Gases in Abhängigkeit vom Volumen hatten wir hergeleitet: S = S0 + nR ln V V0 , V0 , S0 : Referenzzustand. entsprechend: 54 ∆S1 = S1 − S10 = n1 R ln V1 + ∆V V1 ∆ S2 = S2 − S20 = n2 R ln V2 − ∆V V2 S1 + S 2 = S10 + S 20 + n1R ln 1 424 3 S0 V1 + ∆V V − ∆V + n2 R ln 2 V1 V2 V1 V + ∆V V2 V − ∆V + S = S 0 + nR ln 1 ln 2 V1 V1 + V2 V2 V1 + V2 V dS V1 1 V2 V2 = nR 1 ⋅ ⋅ + ⋅ d (∆V ) ∆V = 0 V1 + V2 V1 + ∆V V1 V1 + V2 V2 − ∆V = d 2S d (∆V )2 = ∂ (∆V )2 V1 V2 − V1 + ∆V V2 − ∆V =0 , ∆V = 0 nR V1 V2 − − V1 + V2 (V1 + ∆V )2 (V2 − ∆V )2 ∆V = 0 = ∂ 2S nR V1 + V2 nR V1 + V2 =− 1 1 nR − − = − V1 + V2 V1 V2 nR V1 + V2 1 1 + < 0 V1 V2 1 1 + V1 V2 Maximum 55 , ⇒ S = S (∆V ) 1 − V2 ⇒ Extremwert S S0 V2 - V1 Extremfälle: ∆ V=V 2 ∆ V= _V 1 S S _ oo _ oo ∆V (termo39.cw2) Extremalbedingungen für die anderen thermodynamischen Potentiale: Aus dS ≥ δQ bei spontanen Prozessen, δQ ≤ TdS , folgt: T 1) δQ = dU + pdV ≤ TdS H = U + pV 2) δQ = dH − pdV − Vdp + pdV ← dU = dH − pdV − Vdp δQ = dH − Vdp ≤ TdS F = U − TS 3) δQ = dF + dT ⋅ S + dS ⋅ T + pdV ≤ TdS ← dU = dF + dT ⋅ S + dS ⋅ T δQ = dF + SdT + pdV ≤ 0 G = H − T ⋅ S 4) δQ = dG + dT ⋅ S + dS ⋅ T − Vdp ≤ TdS ← dH = dG + dT ⋅ S + dS ⋅ T δQ = dG + dT ⋅ S − Vdp ≤ 0 Aus 1) – 4) 56 dU ≤ TdS − pdV dH ≤ TdS + Vdp dF ≤ − SdT − pdV dG ≤ − SdT + Vdp U, H, F, G nehmen Minimum an, wenn (T, V) (S, V) konstant gehalten werden. (T, p) (S, p) (termo38.cw2) δ 2U > 0 H : δ 2H > 0 Minimum von U : F: δ F >0 G: δ 2G > 0 Besonders wichtig: Entropie im Gleichgewicht maximal. Alle anderen thermodynamischen 2 Potentiale nehmen ein Minimum an G → Minimum im Gleichgewicht, bei T = konst . ; p = konst . Die Vorzeichenbedingungen für die 2. Ableitung in der Nähe von Gleichgewichtszuständen haben wichtige Konsequenzen, z. B.: +δV -δV Wir betrachten zwei Teilsysteme eines Systems, V = konst. , T = const. ! Fluktuation: ∆ F = (F (V + dV ) + F (V − dV )) − 2U (V ) > 0 Reihenentwicklung: 1 d 2F 1 d 2F dF dF 2 2 ( ) ∆U = F (V ) + dV + − + dV F V dV + dV − 2 F (V ) 2 2 2 dV 2 dV dV dV T T 57 ∆´F = 1 ∂ 2 F (dV )2 2 ∂V 2 T Konsequenz: ∂ 2F ! ∂V 2 > 0 T ∂F Es gilt aber: = −p ∂V T , , ∂ 2F ∂p = − >0 ∂V 2 ∂V T , ∂p ⇒ <0 ∂V T Eine Vergrößerung des Volumens führt im Gleichgewicht stets zu einer Verringerung des Druckes. zur Erinnerung: Teil der Isotherme des Van-der-Waals-Gases, wo ∂p <0 ∂V ∂p <0 ∂V ∂p >0 ∂V stabil, instabil. 58 ∂p > 0 , war instabil. ∂V 7. Stofflich offene Systeme Alle bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf stofflich abgeschlossene Systeme. Diese Einschränkung soll jetzt fallengelassen werden, d. h. es wird zugelassen, dass sich die Stoffmenge eines Systems durch Stoffzufuhr oder -abfuhr verändert. 7.1. Einkomponentensysteme Nur eine Stoffsorte. Zunächst: Der I. Hauptsatz kann nicht mehr in der einfachen Form dU = δQ + δA verwendet werden. Zusammenführung zweier identischer Systeme p, T , V + p, T , V Es wird weder Arbeit geleistet noch Wärme zugeführt. δQ = 0 ; δA = 0 , trotzdem verdoppelt sich U. Um dieses Dilemma zu umgehen, schreiben wir den I. Hauptsatz in der Form: du = δq + δa ; d. h. mit intensiven Größen (hier: molare Größen) Das oben genannte Problem tritt hier nicht auf, da sich durch Addition von Systemen u, q, a nicht ändern. U = n ⋅u ; Q = n ⋅ q ; A = n ⋅ a δq = Tds du = Tds − pdv Multiplikation mit n: ndu = Tnds − p ⋅ ndv d (nu ) = n ⋅ du + u ⋅ dn = dU d (ns ) = n ⋅ ds + s ⋅ dn = dS d (nv ) = n ⋅ dv + v ⋅ dn = dV 59 d1(nu ) − dn3 ⋅ u = Td (ns ) − Tsdn − pd (nv ) + pdn ⋅ v 4 4244 14 4244 3 1442443 dU = TdS − pdV + (u + pv − Ts ) ⋅ dn entspricht: dU = TdS − pdV + gdn mit g = u + pv − Ts : freie Enthalpie/Mol Mit ∂U ∂U ∂U dU = dS + dV + dn ∂S V ,n ∂V S ,n ∂n S ,V gilt ∂U =g ∂n S ,V und nach wie vor: ∂U ∂U =T ; = −p . ∂S V ,n ∂V S , n Das ist die Gibbs'sche Fundamentalgleichung für stofflich offene Systeme. Der Term gdn berücksichtigt die Änderung der inneren Energie infolge Stoffzufuhr. Hier können die Molzahlen als zusätzliche unabhängige Variable betrachtet werden, d.h. es gilt jetzt: U = U (V , S , n ) . Auch die anderen thermodynamischen Potentiale hängen jetzt von n ab, z.B. dh = Tds + vdp ndh = Tnds + nvdp d (n ⋅ h ) − h ⋅ dn = Td (n ⋅ s ) − Tdn ⋅ s + nvdp dH = TdS + Vdp + (h − Ts ) dn 123 u + pv −Ts = g dH = TdS + Vdp + g ⋅ dn 7.2. Mehrkomponentensysteme 60 Wir betrachten ein homogenes System, das sich aus K verschiedenen Stoffen zusammensetzt (z. B. Gasgemisch). Zu jedem Stoff gehört eine Molzahl ni . Das thermodynamische Potential hängt jetzt nicht nur von n, sondern von den ni ab. U = U (S ,V , ni ) Das vollständige Differential lautet: K ∂U ∂U ∂U dU = dni dS + dV + ∑ ∂S V ,n j ∂V S , n j i =1 ∂ni S ,V ,n j ≠i ↑ µi = −p T Die Größen µi = (∂U ∂ni )S ,V , n j ≠i ∂U ∂ni n j ≠ ni bezeichnet man als chemische Potentiale der Stoffsorten i. U = U (S , V , n j ) ⇒ µ i = µi (S , V , n j ) Da Für Systeme, die nur aus einer Stoffkomponente bestehen, ist das chemische Potential gleich der molaren freien Enthalpie: ∂U =g ∂n S ,V µ = dU = TdS − pdV + ∑ µi dni Änderung der inneren Energie schreibbar: i Analog für die anderen thermodynamischen Potentiale: dH = TdS + Vdp + ∑ µ i dni ⇒ µ i (S , p, n j ) = i ∂H ∂ni dF = − SdT − pdV + ∑ µ i dni ⇒ µ i (T , V , n j ) = i n j ≠ ni ∂F ∂ni 61 n j ≠ ni dG = − SdT + Vdp + ∑ µ i dni ⇒ µi (T , p, n j ) = i ∂G ∂ni n ≠n j i Die Vertauschbarkeit der zweiten partiellen Ableitungen führt zu Gleichungen der Form ∂V ∂µ = i ∂ni T , p ,n j ∂p T ,n j Gibbs-Duhem'sche Gleichung mathemat. Einschub: eine homogene Funktion f ( x1 ,.., x n ) vom Grad k hat folgende Eigenschaften f (λx1 ,.., λxn ) = λk f ( x1 ,.., xn ) Differentiation nach λ : n ∂f ∑ ∂(λxi )xi = kλk −1 f , und speziell für λ = 1 i =1 kf = n ∂f ∑ xi ∂xi i =1 Andere Schreibweise: k = n ∑ i =1 xi ∂f = f ∂xi n ∂lnf ∑ ∂lnxi i =1 Die extensiven Größen der Thermodynamik sind homogene Funktionen vom Grade k = 1 bezüglich ihrer unabhängigen extensiven Zustandsvariablen. Beispiel: λF (T ,V , ni ) = F (T , λV , λni ) , Verdopplung von Volumen und Molzahl bei konst. Temperatur führt zur Verdopplung der freien Energie Wir gehen von der freien Enthalpie aus. G ist eine extensive Größe. Vergrößerung der Molzahlen um Faktor λ bei konstanten T und p. 62 G (T , p , λni ) = λG (T , p , ni ) 14444244443 Mathematisch: G ist eine homogene Funktion vom Grade 1 in den Variablen ni . ∂G (T , p , λni ) = G (T , p , ni ) ∂λ ∂G (T , p , λni ) ∂ (λni ) ⋅ =G ∂ ( λ ) λ ∂ n i 1 2 3 i =1 K ∑ ni λ beliebig, z. B. = 1 ∑ µ i ni = G(T , p , n j ) ∂G ∑ ∂n ni = G oder i i =1 K K Gibbs-Duhem-Beziehung i =1 K G = U − TS + pV = ∑ µi ni Wegen: i =1 folgt: U − TS + pV − ∑ µi ni = 0 (andere Form der Gibbs-Duhem-Gl.) i oder( in differentieller Form): dU − dT ⋅ S − TdS + dpV + pdV − ∑ µ i dni − ∑ ni dµ i = 0 i i und unter Verwendung der Gibbs’schen Fundamentalglg:. dU = TdS − pdV + ∑ µi dni i folgt TdS − pdV + ∑ µ i dni − dT ⋅ S − TdS + dpV + pdV − ∑ µ i dni − ∑ ni dµ i = 0 i SdT − Vdp + ∑ ni dµ i = 0 i i Differentielle Form der Gibbs-Duhem-Beziehung. i Generell: Die intensiven thermodyn. Größen sind bzgl. ihrer unabh. extensiven Zustandsvariablen homogene Funktionen vom Grade k = 0. So gilt z.B. p(T ,V , n ) = p(T , λV , λn ) , d.h. Verdopplung von V, n bei konst. T führt nicht zur Änderung von p. 63 Chemische Potentiale sind intensive Variable (Differentialquotient zweier extensiver Größen). Sie ändern sich nicht, wenn alle Molzahlen ni um den gleichen Faktor vergrößert werden. daraus folgt z.B.: ∂µ ∑ nl ∂nk l Als l T , p ,ni = 0 ⋅ µk = 0 intensive Duhem-Margulesche Beziehung Größen hängen die chemischen µ l = µ l ( p ,T , ni ) = µ l ( p ,T , n1 ,..., n k ) von den ni nur in der Form xi = ni n = i : ∑ nj n Potentiale Molenbrüche j ab, d.h. µ l = µ l ( p ,T , xi ) . Offensichtlich gilt: K ∑ xi = 1 i =1 Besteht ein System aus k Stoffen, ist die Zahl der unabhängigen Molenbrüche gleich k − 1. Gleichgewichtsbedingung für ein Mehrkomponentensystem Im Gleichgewicht nimmt G ein Minimum an. Wir betrachten wieder eine Fluktuation, wobei bei p = konst . , T = konst . und n = ∑ ni = konst . einige Moleküle aus einer Hälfte des Systems in die andere übergehen: +δni -δni System, bestehend aus zwei gleichen Teilen ! ∆G = (G (ni + δni )) + (G (ni − δni )) − 2G (ni ) > 0 Taylorreihenentwicklung: 64 K K 1 ∂G ∂ 2G δni + ∆G = G + δniδn j ... ∂ni 2 i , j =1∂ni∂n j i =1 K K ! 1 ∂G ∂ 2G δni + + G − δniδn j − 2G > 0 ∂ni 2 i , j =1∂ni∂n j i =1 2 δ G= K ∑ i, j Es gilt: ∑ ∑ ∑ ∑ ! ∂ 2G δniδn j > 0 ∂ni∂n j , bei Änderung aller K Molzahlen positiv definite quadratische Form ∂µ i ∂µ j ∂ 2G ∂ 2G = und deshalb: = ∂ni∂n j ∂n j ∂ni ∂n j ∂ni Etwas über quadratische Formen: F= K ∑ aij xi x j i, j =1 K = 2: { } mit aij = a ji , Elemente einer symmetrischen Matrix A = aij F = a11 x12 + a12 x1 x2 + a21 x1 x2 + a22 x22 , F = a11 x12 + 2a12 x1 x2 + a22 x22 Wann ist F, unabhängig von den Werten x1, x2 , immer >0 und nur =0 für x1 = x2 = 0 ? F x2 x1 (termo40.cw2) Wir fordern, daß F = 0 keine nichttrivialen reellen Nullstellen hat. ! 2a a x12 + 12 x 2 x1 + 22 x 22 = 0 a11 a11 65 a x1 = − 12 x2 ± a11 2 a12 x2 a22 2 − x2 a11 a11 Zunächst muß gelten a11 > 0 und a22 > 0 . Denn wäre a11 < 0 , dann F < 0 für x2 = 0 , für alle x1 ≠ 0 ; F = a11x12 oder wäre a22 < 0 , dann F < 0 für x1 = 0 , für alle x2 ≠ 0 ; F = a22 x22 Weiterhin: Damit keine reelle Nullstelle 2 a12 a22 − <0 a a 11 11 2 × a{ 11 >0 a122 − a11a22 < 0 ; a11a22 − a12 a21 > 0 a11 =$ In unserem Fall ist: ∂2G ∂µ1 = ∂n12 ∂n1 ∂ 2G ∂µ 2 a12 = = ∂n1∂n2 ∂n1 ; a22 =$ ∂2G ∂µ 2 = ∂n22 ∂n2 ∂ 2G ∂µ1 ; a21 = = ∂n2∂n1 ∂n2 Bedingung dafür, daß die quadratische Form positiv definit ist. ∂ 2G ∂ 2G ∂ 2G ∂ 2G >0 − ∂n12 ∂n22 ∂n1∂n2 ∂n2∂n1 sowie ∂ 2G >0 ; ∂n12 oder: ∂2 G >0 ∂n22 ∂µ1 >0 ; ∂n1 ∂µ 2 >0 ; ∂n2 ∂µ1 ∂µ 2 ∂µ1 ∂µ 2 − ⋅ >0 ∂n1 ∂n2 ∂n2 ∂n1 66 Allgemein: ∂µ1 ∂n1 ∂µ 2 ∂n1 M ∂µ k ∂n 1 ∂µ1 ∂n 2 ∂µ 2 ∂n1 ∂µ k ∂n 2 ∂µ1 ∂µ1 L ∂n 3 ∂n k ∂µ k L ∂nk ; Bedingung: ∂µi >0 ∂ni Alle Hauptdeterminanten > 0. Für K = 2 erhält man obiges Resultat. 7.3. Mischung idealer Gase K verschiedene ideale Gase werden durchmischt. Keine chemische Reaktionen, keine anderen Wechselwirkungen. Eigenschaften im gemischten Zustand piV = ni RT o x ox o x V o x x o o Gültigkeit der Zst.gl., für jedes Gas K K p = ∑ pi pi : Partialdrücke i =1 K K i =1 i =1 n = ∑ ni i =1 V ∑ pi = RT ∑ ni = nRT pV = nRT Gültigkeit der Zustandsgleichung, allgemein Daltonsches Gesetz: Die Partialdrücke pi eines Gemisches idealer Gase sind durch die Temperatur T und das Gesamtvolumen V über die Zustandsgleichung piV = ni RT bestimmt und der Gesamtdruck setzt sich additiv aus den Partialdrücken zusammen. 67 Ungemischter Zustand p, T p, T p, T p, T V1 V2 V3 Vk n1 n2 n3 nk pVi = ni RT für jede Komponente p ∑ Vi = RT ∑ ni = nRT K ∑ Vi = V i =1 Vi : Teilvolumina Beweglich, aber undurchlässige Trennwände. Übergang vom ungemischten in den gemischten Zustand (nach Herausziehen der Trennwände): spontaner Prozeß Entropieänderung bei Mischung Entropie erhöht sich. Gesucht: ∆S = nR ln Vende Vanfang (bereits bekanntes Resultat) In unserem Fall: ∆Si = ni R ln V Vi ∆Si = ni R ln n ni ; mit K K i =1 i =1 ∆S = ∑ ∆Si =R ∑ ni ln wegen ni <1 n pVi = ni RT V n = pV = nRT Vi ni K n n = − R ∑ ni ln i ni n i =1 folgt ∆S > 0 **) ∆S - „Mischungsentropie“ Entropieänderung bei Durchmischung ist stets positiv, d.h. Mischung ist ein spontaner Prozeß. {Anmerkung: in der statistischen Thermodynamik kann man den folgenden Ausdruck für die Entropie herleiten: S = −k ∑ piln pi i 68 Steht in enger Beziehung zu **): Umformung ∆S = − Rn K n n ∑ ni ln ni . Mit Definition: i =1 pi = ni n (Wahrscheinlichkeit dafür, ein Teilchen der Sorte i anzutreffen). n = 1 : Entropie pro Mol: ∆S n = −R K ∑ i =1 ni ni ln = − R n n K ∑ pi ln pi i =1 Entropie pro Teilchen: ∆S R =− nL L K K i =1 i =1 ∑ pi ln pi = −k ∑ pi ln pi mit der Avogradroschen Zahl L, und der Boltzmann-Konstante: k = R L Freie Enthalpie: G = H − TS = U + pV − TS ∆Gi = ∆U i + ∆ ( pV )i − T∆S i 0 da vorher pVi = ni RT nachher piV = ni RT 0 ∆Gi nur aufgrund Entropieänderung Gi (nachher) = Gi (vorher) − T∆Si , Gi (vorher) = Gi ( p, T ) Gi ( p ,T , ni ) = Gi ( p ,T ) − T∆S i Gi ( p , T , ni ) = Gi ( p , T ) + RTni ln ni n K n G ( p ,T , ni ) = ∑ g i ni + RT ∑ ni ln i n i i =1 K Unter Verwendung der Gibbs-Duhem-Beziehung: G = ∑ niµi folgt i =1 µ i = g i ( p ,T ) + RT ln ni = g i ( p , T ) + RT ln xi n µ i : chemisches Potential 69 p: Gesamtdruck (= Druck jeder einzelnen Komponente vor der Durchmischung) Darstellung von µ mittels Konzentrationen: i = 1,..., K xi = ni = n gelöste Stoffe , ni ci = xi = K ∑ ni + n0 ∑ ni i =1 Lösungsmittel ni V = K i = 0: i =1 V + n0 V ni : Konzentration V ci K ∑ ci + c0 ≈ ci für i > 0 falls c0 >> ci , c0 i =1 d. h. wenn Lösungsmittel in großem Überschuß vorliegt. µi ≅ c g i (T , p ) + RT ln i c0 14442444 3 für i > 0 Unabhängig von der Maßeinheit, in der Konzentrationen gemessen werden. µ i = g i (T , p ) − RT ln c0 + RT ln ci 14442444 3 µi0 ( p ,T ) µ i0 : Abhängig von Konzentrationsmaßeinheit, µi0 ( p, T ) : Konzentration c gemessen in Mol/l (molar) chemisches Standardpotential, (chemisches Potential, wenn gelöster Stoff in Konzentration 1 molar vorliegt). µ i = µ i0 ( p ,T ) + RT ln ci 7.4. Chemische Reaktionen Wir interessieren uns hier zunächst nur für das chemische Gleichgewicht. 70 Allgemein können wir eine chemische Reaktion folgendermaßen schreiben: K M ∑ (− ν i )Bi ∑ νi Bi i =1 i = M +1 mit den Eingangsstoffen: B1,..., BM und den Endstoffen: BM +1,..., BK ν i stöchiometrische Koeffizienten ν i < 0 für i = 1,..., M ν i > 0 für i = M + 1,...K z. B. monomolekulare Reaktion, M = 1, K = 2 B1 B2 , ein Mol B1 geht über in ein Mol B2 (oder 5 Mol in 5 Mol) ν1 = −1 ; ν2 = 1 Biomolekulare Reaktion z. B. H2 + Cl2 2 HCl ( M = 2, K = 3 ) B1 = H2 ; B2 = Cl2 ; B3 = HCl B1 + B2 2 B3 ν1 = −1 ; ν2 = −1 ; ν3 = 2 Wir nehmen an, daß die chemische Reaktion bei konstantem Druck und konstanter Temperatur abläuft. Gleichgewicht gekennzeichnet durch: G → min. Fluktuationen von ni möglich. 71 (δG )T , p = ∑ ∂G K i =1 ∂ni p ,T ,nl K δni = ∑ µ iδni = 0 ! i =1 Bei chemischen Reaktionen sind die δni nicht unabhängig voneinander wählbar. z. B. im Fall: B1 oder für: δni = νiδξ . B2 , B1 + B2 n1 + n2 = n = const 2 B3 , ⇒ − δn1 = + δn2 ⇒ − δn1 = − δn2 = 2 δn3 oder: ni = ni0 + νiξ ξ - Reaktionslaufzahl, ξ = 1: ein Formelumsatz Beim Fortschreiten der Reaktion ändern sich die Molzahlen entsprechend den stöchiometrischen Koeffizienten. K Mit ∑ µiδni = 0 i =1 K folgt ∑ µ ν δξ = 0 i =1 i i ; δξ ≠ 0 frei wählbar, also kürzbar K ∑ µi νi = 0 im chemischen Gleichgewicht, allgemeinste Form der GG-Bedingung für i =1 eine (einzelne) chem. Reaktion bei T, p=konst. K Die Größe A = −∑ µ iν i wird Affinität der Reaktion genannt (Vorzeichenkonvention nicht i =1 eindeutig in Literatur). Hier so gewählt, dass A > 0 eine positive Reaktionsgeschwindigkeit bedingt, v > 0 , Spontane Reaktion: A > 0 . chemisches Gleichgewicht: A = 0, Affinität verschwindet. Monomolekulare Reaktion: ν1 = −1 ; ν2 = 1 , 72 A = + µ1 − µ 2 µ1 = µ10 ( p ,T ) + RT ln c1 µ 2 = µ 20 ( p , T ) + RT ln c 2 A = + µ10 − µ 02 + RT ln c1 − RT ln c2 Daraus folgt: Chemisches Gleichgewicht A = 0: RT ln c 2eq c1eq c2eq Andererseits c1eq = µ10 − µ 20 = K eq : Gleichgewichtskonstante Verhältnis von Produkt- zu Substratkonzentrationen im Gleichgewicht RT ln K eq = µ10 − µ 20 , K eq = e µ10 − µ 20 RT somit Affinität darstellbar in der Form: A = + RT ln K eq + RT ln c1 − RT ln c 2 A = RT ln K eq c1 c2 Reaktion spontan, wenn A > 0 : K eq c1 >1 , c2 c2 k <K= 1 c1 k−1 ν 1 = k1c1 − k−1c2 > 0 Allgemein: µ i = µ i0 ( p ,T ) + RT ln ci K Im Gleichgewicht: ∑ νiµi = 0 i =1 73 ∑ν (µ ( p, T ) + RT ln c ) = 0 0 i i eq i i K ∑ν i ln cieq = − i =1 1 RT K ∑ν i µi0 ( p ,T ) = ln K eq ( p ,T ) i =1 Gleichgewichtskonstante nur von p, T abhängig (sowie deren numerischer Wert, wegen der Definition von µi0 , von der gewählten Konzentrationseinheit) K e e ∑ν i ln ci eq i =1 = K eq ( p ,T ) (ν lnc 1 eq +ν 2lnceq + ...ν K lnceq 1 2 K ) = K ( p ,T ) eq c1ν,1eq cν2 2,eq ...cνKK,eq = K eq ( p ,T ) K ∏ cνi ,eq = K eq ( p ,T ) i Massenwirkungsgesetz i =1 Wegen νi < 0 für Ausgangsstoffe. Konzentration der Eingangsstoffe im Nenner. z. B. A+ B Ceq ⋅ Deq Aeq ⋅ Beq C + D; νC = ν D = 1 , ν A = ν B = −1 = K eq , hier Aeq usw, Konzentrationen der jeweiligen Stoffe Massenwirkungsgesetz (MWG) wurde eingeführt von GULDBERG und WAAGE, 1867. Es gestattet bei vorgegebenen Anfangsmolzahlen die Berechnung der Molzahlen nach Ablauf der chemischen Reaktion im Gleichgewicht. Charakterisierung von chemischen Reaktionen durch ∆G -Werte: 74 K K ∂G δni = ∑ µ i δni dG = ∑ i =1 ∂ni p ,T i =1 δni gekoppelt über stöchiometrische Koeffizienten. δni = νiδξ Reaktionslaufzahl wenn δξ = 1 dann ∆ni = νi (ein Formelumsatz in Mol) Wenn Reaktionsgefäß sehr groß, bleibt Konzentration und deshalb das chemische Potential konstant. K ∆G = ∑ µi νi = − A ; $ ∆G = 0 A=0⇒ i =1 hier ist ∆G die Änderung der freien Enthalpie pro Formelumsatz. Wenn ∆G < 0 dann ist A > 0 : spontane Reaktion. Van't Hoffsche Gleichung Ausgangspunkt wieder: dG = − SdT + Vdp + ∑ µ i dni i ∂G =V ∂p T ,ni ∂G ; = −S ∂T p ,ni außerdem galt: ln K eq ( p, T ) = − 1 RT K ∑ν µ ( p, T ) i =1 i 0 i und: µ i0 = g i (T , p ) − RT ln c 0 75 ∂lnK 1 = − RT ∂p T ∂g i K ∑ν ∂p i =1 i T =− 1 RT ∑ν v i i i vi : Molares Volumen des Stoffes i. z. B. Monomolekulare Reaktion: ν1 = −1 ; ν2 = +1 ∂lnK 1 (− v1 + v2 ) = v1 − v2 = − ∆v = − RT RT RT ∂p T ∆v = v2 − v1 ∆v : Änderung des molaren Volumens wenn ∆v < 0 ⇒ v2 < v1 : Endstoffe haben ein kleines Volumen. ∂lnK > 0 ∂p T Bei Druckerhöhung wird das Gleichgewicht zugunsten der Endstoffe verschoben (Erhöhung der Gleichgewichtskonstante). Allgemeiner: Druckerhöhung verschiebt das Gleichgewicht zugunsten des Zustandes mit kleinerem Volumen; ist wichtig bei Steuerung von Prozessen, z.B. wenn Gase in andere Aggregatzustände umgewandelt werden. Ist ∆v = 0 sind die Gleichgewichtsmolenbrüche (oder –konzentrationen) Druckänderung nicht zu beeinflussen. ∆h ∂lnK Ähnlich läßt sich herleiten: = 2 ∂T p RT ∆h : Änderung der molaren Enthalpien bei einem Formelumsatz ( ξ = 1 ) ( ∆h = q ) – also die bei der Reaktion freiwerdende oder zuzuführende Wärme (isobar!) 76 durch exotherme Reaktion: ∆h < 0 : Die Endstoffe haben einen kleineren Wärmeinhalt als die Eingangsstoffe ∂lnK <0⇒ ∂T p Bei Temperaturerhöhung wird das Gleichgewicht zugunsten der Ausgangsstoffe verschoben. endotherme Reaktion: ∆h = q > 0 Temp.erhöhung verschiebt sich das Gleichggewicht zugunsten der Produkte. ∂lnK ∆v = − RT ∂p T ∆h ∂lnK ; = ∂T p RT 2 : Van't Hoffsche Gleichungen 77 8. Der osmotische Druck Ihnen bereits bekanntes Phänomen, hier dargestellt als spezieller Fall der Anwendung von Gleichgewichtsbeziehungen. Wir betrachten folgende Anordnung: (B) (A) A n0 V = V (1) + V (2 ) = konst . nB0 n1A semipermeable Wand (durchlässig für Lösungsmittel) Lösungsmittel (0) kommt in beiden Kammern vor: n0A ; n0B gelöste Substanz (1): nur in der linken Kammer: n1A Wir wollen für dieses System die Gleichgewichtsbedingung betrachten. Wegen T = konst . , V = konst . ist im Gleichgewicht die Freie Energie F minimal. dF = − SdT − pdV + ∑ µ i dni , F = F (T ,V , n1 ,..., n K ) i Die Gleichgewichtsbedingung lautet: (δF )T ,V ,M = 0 , M: konstante Gesamtmenge; δF bezieht sich auf "erlaubte" Fluktuationen. hier: Fluktuation des Lösungsmittels von einer Teilkammer in die andere. ( ) ( ) F = F A + F B ; F A = F A n0A , n1A ; F B = F B n0B ∂F A A ∂F A A ∂F B B δn + δn δn + ∂n A 0 ∂n A 1 ∂n B 0 1 0 0 δF = δF A + δF B = Erlaubte Fluktuation: 78 n0A + n0B = konst . ⇒ δn0A = −δn0B A ⇒ δn1 = 0 n1A = konst . ∂F A ∂F B δn A = 0 − 0 A B ∂n0 ∂n0 δF = ↓ ↓ µ0A µ 0B µ 0A = µ 0B daraus folgt: Im Gleichgewicht müssen die chemischen Potentiale des Lösungsmittels gleich sein. Nach unserer Ableitung gilt: µ 0A = µ 0A (V A ,T ; n0A , n1A ) , µ 0B = µ 0B (V B , T , n0B ) Wir ersetzen V A und V B durch die thermische Zustandsgleichung: ( ) V A = V A p A ,T , ( V B = V B p B ,T ) und erhalten µ 0A = µ 0A ( p A , T , n0A , n1A ) , µ 0A = g 0 ( p A ,T ) − RT ln µ 0B = µ 0B ( p B , T , n0B ) n0A + n1A ! B = µ 0 = g 0 p B ,T A n0 ( ) Wir entwickeln den Logarithmus (nur bis linearen Term): ln n1A n1A n0A + n1A 1 + A ≅ A = ln n0A n0 n0 und erhalten 79 ( ) g 0 p A , T − RT ( n1A = g 0 p B ,T n0A ) Wir definieren: π = p A − p B , Druckdifferenz pB = p A −π ( ) ( ) ∂g nA g 0 p A , T − RT 1 = g 0 p A − π = g 0 ( p A , T ) − 0 π A ∂p p = p A n0 π klein, verdünnte Lösung − RT ∂g n1A = − 0 π A n0 ∂p p = p A , ∂G = V ∂p T ∂g 0 = v0 molares Volumen des Lösungsmittels ∂p RTn1A = n0A ⋅ v0 ⋅ π In guter Näherung kann man für verdünnte Lösungen schreiben n0A v0 = V A RTn1A = V Aπ Der osmotische Druck p A − p B = π von n Molen eines im Lösungsmittel mit dem Volumen V gelösten Stoffes ist gleich dem Druck von n Molen eines idealen Gases im Volumen V. π hängt nicht ab von der Art des Lösungsmittels und dem gelösten Stoff. πV = nRT . 80 9. Das elektrochemische Potential Bisher wurden nur Systeme untersucht, deren Komponenten aus elektrisch neutralen Teilchen bestanden. Betrachtet werden jetzt auch Ionen oder Elektronen, z. B. Elektrolyte. Ausgangspunkt: Erneut Gibbs'sche Fundamentalgleichung: dU = TdS − pdV + ∑ µ i dni i TdS = dU + pdV − ∑ µ i dni i dU: Änderung der inneren Energie infolge von Wärmezufuhr und mechanischer Arbeit.Berücksichtigt bisher nicht die Änderung der inneren Energie infolge Änderung der Zahl der geladenen Teilchen. Gesamt innere Energie: U + = U + Q eϕ Q eϕ : elektrostatische Energie ϕ: elektrisches Potential Qe : Ladung z: Ladungszahl Qe = z ⋅ F ⋅ n , falls mehrere Komponenten: Qe = ∑ zi F ⋅ ni i Ladung As ← Coulomb ; Mol Mol . F: Faraday-Konstante, F = 9,649 ⋅10 4 F: Elementarladung x Loschmidt‘sche Zahl: F = 1,602 ⋅10−19 As ⋅ 6,025 ⋅10 23 / Mol . ( ) dU = dU + − d Q eϕ = dU + − d ∑ z i Fniϕ i 82 TdS = dU + − d ∑ z i Fni ϕ + pdV − ∑ µ i dni i i TdS = dU + − ∑ z i Fni dϕ + pdV − ∑ µ i dni − ∑ z i Fϕ dni i i i In vielen Fällen kann man annehmen, daß Gesamtladung = 0 (insbesondere in homogenen Phasen). Bedingung der globalen Elektroneutralität. Wir erhalten so: TdS = dU + + pdV − ∑ (µ i + z i Fϕ )dni 14243 i η i = µ i + z i Fϕ , ηi elektrochemisches Potential dU + = TdS − pdV + ∑ ηi dni i Eine entsprechende Gleichung erhält man für die freie Enthalpie: dG + = − SdT + Vdp + ∑ηi dni i , ∂G + ∂n i = ηi p ,T Wir betrachten als Beispiel ein Gleichgewicht, das sich in folgendem System einstellt: Untersuchung des Phasengleichgewichts an einer festen, semipermeablen Wand, die nur Ionen einer Art durchläßt. System ist z.B. wäßrige Lösungen von CuSO4 und ZnSO4, die durch eine für SO4-Ionen durchlässige Membran getrennt sind. T, p sind in beiden Phasen gleich->passendes Potential zur GG-Berechnung ist G+(p,T,ni) (A) (B) Cu++ Zn++ SO4-- SO4-- semipermeable Wand, permeabel für SO42− Ionen 83 ( ) Im thermodynamischen Gleichgewicht muß gelten: δG + n1: SO42 − T , p ,M =0 n1A + n1B = konst. ; δn1A + δn1B = 0 ∂G A A ∂G B 0 = A δn1 + B ∂n1 ∂n1 B δn1 = 0 , ∂G A ∂G B 0 = A − B ∂n1 ∂n1 A δn1 η1A = η1B Im thermodynamischen Gleichgewicht sind hier die elektrochemischen Potentiale derjenigen Atomsorte, die die semipermeable Wand passieren können, gleich. Es folgt: µ1A + z1 Fϕ A = µ1B + z1 Fϕ B ϕ A −ϕ B = i. a. µ1A ≠ µ1B µ1B − µ1A z1 F Es entsteht eine elektrische Potentialdifferenz zwischen beiden Phasen µ1A = µ1A, 0 + RT ln c1A ∆ϕ = ϕ A − ϕ B = µ1B = µ1B , 0 + RT ln c1B µ1B , 0 + RT ln c1B − µ1A, 0 − RT ln c1A z1 F µ1A, 0 = µ1B , 0 Standardpotentiale gleich. Im einfachsten Fall: ∆ϕ = − , cA 1 ln 1 z1F c1B , Nernst'sche Gleichung z. B.: c1A > c1B ⇒ ϕ A − ϕ B > 0 z1 < 0 84 10. Phasenumwandlungen Stoffe existieren, abhängig von den äußeren Bedingungen in verschiedenen Phasen: fest, flüssig, gasförmig. Die Zustände innerhalb der Existenzbedingungen einzelner Phasen sind stabil. Phasenübergang findet statt, wenn man sich dem Rand des Stabilitätsbereiches nähert und überschreitet. An der Stabilitätsgrenze können die Zustände noch stabil oder schon instabil sein: stabil – Phasenübergang 1. Art, 2 Phasen können nebeneinander existieren. instabil – Phasenübergang 2. Art Bei der Betrachtung des Van-der-Waals-Gases hatten wir gesehen p instabiles Gebiet Es liegt in einem bestimmten Gebiet ein 2-Phasensystem vor. V Isotherme muß ersetzt werden durch p p +δp T + dTp T V (hier dargestellt: zwei nah benachbarte Isothermen) Im Phasenumwandlungsgebiet ist p nur abhängig von T, aber nicht von V. p = p(T ) , gasförmig flüssig 85 n1 : Anzahl der Mole in der flüssigen Phase, n2 : in der gasförmigen Phase. Vorgabe von p: T = T ( p ) : Umwandlungstemperatur; p = p(T ) : Dampfdruck. Im folgenden werden die Bedingungen formuliert, unter denen zwei Phasen eines Stoffes im Gleichgewicht nebeneinander existieren. können Voraussetzung: thermisches und mechanisches GG zwischen beiden Phasen, d.h. p, T fest. ⇒ als Gleichgewichtsbedingung (δG )p,T = 0 weil Freie Enthalpie minimal. Bei der Variation von G können nur die Molzahlen n1 und n2 der Phasen (1) und (2) geändert werden und zwar unter der Nebendedingung n1 + n2 = n = konst. G als extensive Größe (Additivität): G = n1 g1 ( p, T ) + n2 g 2 ( p, T ) Variation: Mit: (δG )T , p = ∂G δn1 + ∂G δn2 = 0 ∂n2 T , p ∂n1 T , p ∂G = g1 ( p, T ) ; ∂n1 ∂G = g 2 ( p, T ) und δn1 = −δn2 ∂n2 erhält man als Gleichgewichtsbedingung: g1 ( p, T ) = g 2 ( p, T ) . Diese Beziehung definiert (implizit) eine Gleichung p = p(T ) . Allerdings sind die molaren freien Enthalpien oft nicht bekannt. Um die Gleichgewichtsbedingung mit leicht meßbaren Größen zu verbinden wird für die Beziehung von p = p(T ) im folgenden eine Differenzialgleichung abgeleitet: Differentielle Form: dg1 = dg 2 ∂g wegen: = − s; ∂T p ! ∂g ∂g ∂g ∂g ⇒ 1 dp + 1 dT = 2 dp + 2 dT ∂T p ∂T p ∂p T ∂p T ∂g = v ∂ p T (Potentialeigenschaften von g) 86 erhält man: v1dp − s1dT = v2 dp − s2 dT dp(v1 − v2 ) = dT (s1 − s2 ) dp s2 − s1 = dT v2 − v1 (Claperonsche Gleichung), s1, s2 und v1, v2 molare Entropien und Volumina beider Phasen. Aus der Beziehung δq = Tds ergibt sich der Ansatz: s2 − s1 = q12 mit q12 als T Umwandlungswärme (Wärme, die erforderlich ist, um 1 Mol Flüssigkeit in 1 Mol Gas umzuwandeln). Wegen s2 > s1 gilt q12 > 0 . dp q12 = dT T (v2 − v1 ) Diese Formel gilt allgemein für Phasenumwandlungen, bei denen Umwandlungswärmen und Volumenveränderungen auftreten, z.B. fest - flüssig, fest – dampfförmig. Wenn Phase 1) flüssig und Phase 2) gasförmig,gilt v2 >> v1 (Volumen des Gases sehr viel größer als das Volumen der Flüssigkeit) näherungsweise gilt deshalb: dp q12 p = >0 : dT RT 2 dp q RT = 12 , andererseits: v2 = p dT T ⋅ v2 Dampfdruckkformel von Clausius-Clapeyron Interpretation: Bei Erhöhung des Druckes nimmt Umwandlungstemperatur zu (vgl. Änderung der Siedetemperatur des Wassers in Abhängigkeit von Höhe über dem Meeresspiegel). Unter der Voraussetzung, daß q12 konstant läßt sich diese Differentialgleichung integrieren und man erhält: dp q12 dT = p R T2 , q 1 1 lnp = − 12 − + lnp0 R T T0 87 p = p0 e Aus − q12 1 1 − R T T0 , beschreibt, wie Dampfdruck steigt mit zunehmender Temperatur. dp q12 = dT T (v2 − v1 ) Es gilt nicht nur läßt sich weiterhin der folgende interessante Sachverhalt ableiten: q flü . / gasf . dp = sondern auch: dT T (vgasf . − v flü . ) In der Regel gilt v fest < v flüssig ⇒ q fest / flü . dp = dT T (v flü . − v fest ) dp >0 dT Bei Erhöhung des Drucks nimmt Umwandlungstemperatur zu ⇒ feste Phase wird bevorzugt. Anomalie des Wassers: v fest > v flüssig (vgl. Eis schwimmt oben) bedeutet: dp <0 dT Bei Erhöhung des Drucks nimmt Umwandlungstemperatur ab. Bei gegebener Temperatur wird flüssige Phase bevorzugt. vgl. Schlittschuhlaufen (niedriger Druck: Umwandlungstemperatur bei 0oC, Hoher Druck: Umwandlungstemperatur <0oC. D.h. bei 0oC und hohem Druck besteht die Möglichkeit, dass Eis sich schon Wasser umgewandelt hat) Maxwell-Konstruktion: Bei der Behandlung des Van-der-Waals-Gases war die Frage offen geblieben, wo die Gerade p = p(T ) gelegt werden muß. p Gleichgewichtsbedingung 1 2 g1 ( p , T ) = g 2 ( p , T ) überall auf der Geraden. n1 + n2 = n , 1: flüssig, Im Zustand 1: n1 = n , V 2: gasförmig im Zustand 2: n2 = n G1 = n ⋅ g1 ( p , T ) , G2 = ng 2 ( p , T ) 88 Also G1 = G2 für die Zustände 1 und 2. U1 + p1V1 − T1S1 = U 2 + p 2V2 − T2 S 2 T1 = T2 = T (wegen Isotherme), außerdem: p1 = p 2 = p ; Gerade p = p(T ) U1 + pV1 − TS1 = U 2 + pV2 − TS 2 U 2 − U1 + p(V2 − V1 ) − T (S 2 − S1 ) = 0 ∆U + p∆V − T∆S = 0 ∆S = , oder: ∆U + p∆V T S ist eine Zustandsgröße, wenn Integration von 1 nach 2 vorgenommen wird, ist S 2 unabhängig vom Integrationsweg. Gibbs'sche Fundamentalgleichung TdS = dU + pdV , dS = dU + pdV T 2 dU + pdV T 1 ∆S = S 2 − S1 = ∫ , Integration entlang einer Van-der-Waals'schen Isotherme: 2 2 1 1 ∆S = S 2 − S1 = ∫ dU + ∫ pdV T1 T1 U ebenfalls Zustandsgröße: ∆U 2 1 + ∫ pdV S 2 − S1 = T T1 Vergleich: 89 p = p (V ) = RT A2 − 2 V −B V ∆U p∆V ! ∆U 1 + = + ∫ pdV T T T T1 2 2 p∆V = ∫ pdV 1 p p F1 1 1 2 F2 2 V Gerade muß so gelegt werden, daß F1 = F2 V 2 ∫ pdV p∆V 1 Maxwellsche Regel: Wenn p der Sättigungsdampfdruck ist, der die Zustandsgleichung erfüllt, besitzen die Flächen F1 und F2 den gleichen Flächeninhalt (und umgekehrt). Die entsprechende Isobare bezeichnet man auch als Maxwellgerade. 90 11. Ansätze der irreversiblen Thermodynamik Gleichgewichtsthermodynamik: räumlich homogene Systeme bzw. aus homogenen Phasen zusammengesetzte Systeme. Bei Prozessen betrachteten wir nur Anfangs- und Endzustände, die beide Gleichgewichtszustände waren. Der Prozeßverlauf konnte im einzelnen nicht beschrieben werden. Irreversible Thermodynamik: Analyse von räumlich inhomogenen Systemen und von zeitabhängigen Prozessen. Wichtig: Bei Prozessen, die in räumlich inhomogenen Systemen auftreten, können wir die Zustandsvariablen nicht mehr auf das System als Ganzes beziehen. Beispiel: Temperaturausbreitung in einem Stab: Wärmebad Wärmebad T1 für t < 0 T2 > T1 für t ≥ 0 T1 T t T2 T1 t=0 X Die Temperatur ist abhängig von Ort und Zeit: T = T ( x , t ) 91 allgemein: T = T (x, y , z , t ) , r T = T (r , t ) , "Temperaturfeld" Besonderes Problem: Definition von extensiven Zustandsvariablen wie Energie, Entropie u.s.w. System Y Um der räumlichen Inhomogenität gerecht zu werden, wird das System in viele kleine Teilsysteme aufgeteilt. Diese Aufteilung kann zunächst beliebig fein sein. X Teilsysteme können durch ihre Lage im Raum, also durch den Ortsvektor r r = ( x , y , z )T charakterisiert werden. Volumen- bzw. Massenelemente sollen so klein sein, daß ihr Inneres als annähernd homogen angesehen werden kann. r r r r ∆M (r ), ∆S (r ), ∆U (r ), ∆G (r ) seien die extensiven Größen dieser Subsysteme. Bei immer stärkerer Verfeinerung bleiben die folgenden Grenzwerte endlich (während die extensiven Größen selbst gegen Null gehen). r r ∆U ∆G ∆S (r ) ; gˆ = u.s.w. sˆ (r ) = r ; uˆ = ∆M (r ) ∆M ∆M ∆M → 0 : ortsabhängige spezifische Größen, oder r r ∆S (r ) ~ ∆U ~ s (r ) = ; u= ∆V ∆V u.s.w. die Dichten der Größen S, U, G... Außer dem Temperaturfeld lassen sich noch andere Zustandsfelder definieren: r r ~ s (r ) oder ~ s (r , t ) , r r u~(r ) oder u~(r , t ) u.s.w. 92 Berücksichtigung makroskopischer mechanischer Bewegungen: r r Geschwindigkeitsfeld v(r , t ) vx r r v = v y als Funktion von r und t. v z r v : Transport von Masse Die Beziehungen der Gleichgewichtsthermodynamik sind für das folgende nur dann von Nutzen, wenn wir voraussetzen können, dass zwar nicht das Gesamtsystem, aber doch die infinitesimal kleinen Subsysteme als im Gleichgewicht befindlich angesehen werden können: Konzept des "lokalen" Gleichgewichts Die Definition des lokalen Gleichgewichtes birgt in sich eine gewisse Problematik. Einerseits sollen die Volumenelemente "infinitesimal" klein sein, andererseits müssen sie sehr viele Teilchen enthalten, damit überhaupt Thermodynamik betrieben werden kann. ⇒ Der Ansatz der irreversiblen Thermodynamik in dem hier beschriebenen Sinne verliert seine Gültigkeit, wenn entweder die Prozesse sehr schnell ablaufen (die Voraussetzung des lokalen Gleichgewichtes wird verletzt) oder die Inhomogenitäten sehr groß sind (es lassen sich keine Volumenelemente mit thermodynamischen Eigenschaften definieren). Rechnungen mit Hilfe der kinetischen Theorie von Transportprozessen ergeben etwa folgende Aussage: Solange Temperaturveränderungen über die Größe der mittleren freien Weglänge (Weg, der ins Mittel zwischen zwei Stößen zurückgelegt wird) klein gegenüber der Temperatur selbst sind, kann man lokales Gleichgewicht voraussetzen. Beispiel: d M = 10 −5 ...10 −4 cm . In makroskopischen Systemen ist diese Länge klein gegenüber den charakteristischen Größen des Systems 93 (wenn Temperaturdifferenz ∆T = 1o K über 1 cm, relative Tempertaturdifferenz; (∆T T )1cm≅ 1 300 . Dementsprechend über die Länge von 10−4 cm : (∆T T )10− 4 cm≅ 0,3 ×10−6 << 1 ). Bilanzgleichungen - Allgemeine Form Wir betrachten ein bestimmtes Volumen V, in dem eine (beliebige) extensive Größe A entweder entsteht oder vernichtet werden kann oder durch Transport von außen hereingetragen (oder abtransportiert) wird. V df df A(t ) = a~ (x, y, z, t )dxdydz 123 ∫ A dV , ∆A JA = ∆F∆t dA dA d a A = + i dt dt dt { { Es gilt allgemein: Transport Für den Transportterm gilt: r r J A df < 0 V Erzeugung oder Vernichtun g r r r da A = − ∫ J A (r , t )df dt r df r r J A ⋅ df > 0 r JA r JA r df r r J A : Flussvektor, df : gerichtetes Flächenelement (zeigt nach außen) r r da A Wenn sign J A df < 0 gilt > 0 (Hineintransport) dt ( ) Für den Produktionsterm gilt: 94 di A r = ∫ q A (r , t )dV ; q A : Quellstärke dt V r r d r dA = ∫ q A (r , t )dV − ∫ J A df = ∫ a~dV dt V dt V Gauss'scher Satz: r r r J d f = div J ∫ A ∫ A dV V r r ∂J A, x ∂J A, y ∂J A, z ∂J A = + divJ A = + r ∂r ∂z ∂y ∂x { alternative Schreibweise r ∂a~ d ~ dV = − ∫ divJ A dV + ∫ q A dV a dV = ∫ ∫ ∂t dt V V V V (erstes Gleichheitszeichen: sofern Integralgrenzen konstant) Integrale Darstellung muss für alle Volumina, auch infinitesimal, gültig sein: r ∂a~ + divJ A = q A , ∂t lokale Form der Bilanzgleichung Wenn q A = 0 (A kann nicht vernichtet oder erzeugt werden), gilt: r ∂a~ + divJ A = 0 , ∂t Kontinuitätsgleichung 95 12. Spezielle Bilanzgleichungen 12.1 Massebilanz A sei Masse. a~ = ρ : Massendichte, J M : Massenstromdichte Explizite Darstellung von J M : JM ,x = ∆m ∆m ∆x = ≅ ρv x F∆t { F∆x ∆t ∆V Vx F } ∆x = v x ∆t Allgemein: r r r dr JM = ρ =ρv , dt r r J M , i = ρ i v i , bei Mischungen Falls keine chemischen Reaktionen stattfinden gilt für alle Komponenten i unabhängig voneinander die Massenerhaltung. ∂ρ i + divJ M , i = 0 , ∂t ∂ρ i + div(ρ i v i ) = 0 , ∂t Kontinuitätsgleichung Beteiligung von chemischen Reaktionen: 96 ∂ci = ∂t R ∑ν ir wr wr : Reaktionsgeschwindigkeiten w, (w, damit keine Verwechslung r =1 mit mechanischer Bewegung v), ν ir : stöchiometrische Koeffizienten der Stoffe i in den Reaktionen r. ci : Konzentrationen ; ci = ρi = ∆ni Mol , Volumen ∆V ∆mi ∆mi ∆n 1 = ∆ni ⋅ = M i i = M i ci ∆V ∆ni ∆V ∆V ∂ρ i ∂c = Mi i = ∂t ∂t , M i : Molmasse R ∑ M iν ir wr = qM ,i , q M : Quellterm r =1 ∂ρ i + div(ρ i vi ) = ∂t R ∑ M iν ir wr r =1 Addition: K ∑ i =1 ∂ρi + div ∂t K R ∑∑ K K R i =1 i =1 r =1 ∑ (ρi vi ) = ∑∑ M iν ir wr M iν ir wr = i =1 r =1 R K ∑∑ M iν ir wr =0 r =1 i =1 weil für jede chemische Reaktion getrennt die Massenerhaltung gilt. Demzufolge: ∑ i q M , i = 0 und K ∑ i =1 ∂ρi + div ∂t K ∑ ( ρ i vi ) = 0 i =1 Darstellung der Bilanzgleichungen in Konzentrationen. Division durch M i : ci = 97 ρi Mi dci + div(ci v i ) = 123 dt J ci R ∑ν ir wr r =1 Bei mechanischer Bewegung im System: 98 r ρ i vi Schwerpunktsgeschwindigkeit: Ableitung für Gemisch aus 2 Stoffen: r r r ∆m1r (t ) + ∆m2 r (t ) r = r (t ) . Schwerpunkt eines Volumenelements zum Zeitpunkt t: rS (t ) = ∆m1 + ∆m1 Im Zeitintervall ∆t bewegen sich die Sorten 1 und 2 in unterschiedliche Richtung und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten: r r r ∆m1(r (t ) + v1∆t ) + ∆m2 (r (t ) + v 2 ∆t ) rS (t + ∆t ) = ∆m1 + ∆m1 ∆rS rS (t + ∆t ) − rS (t ) ∆m1v1 + ∆m2 v 2 = = ∆t ∆t ∆m1 + ∆m1 r vS = r r ∑ ρi vi r allgemein: v S = i ∑ ρi r i r 1 vS = ρ K ∑ ρi vi mit: ρ = i =1 K ∑ ρi i =1 r Wenn v S ≠ 0 befindet sich das Gesamtsystem in Strömung. Definition einer Diffusionsstromdichte r r Diff JM , i = ρ i (v i − v S ) , K ∑ i =1 K Diff JM ,i = ∑ i =1 r r ρi vi − v S Geschwindigkeit relativ zum Schwerpunkt K ∑ ρi = 0 i =1 99 Summe aller Diffusionsstromdichten = Null r Wenn v S = 0 : Diffusionsstromdichte identisch mit Massenstromdichte. 12.2 Entropiebilanz Aus der allgemeinen Gleichung r ∂a~ + div J A = q A ∂t folgt: r ∂s = − div J S + σ ∂t r s : Entropiedichte, J S : Entropiestromdichte, σ : Entropieproduktionsdichte, von zentraler Bedeutung für irreversible Thermodynamik r Wie hängen J S und σ von den anderen thermodynamischen Größen ab? 2 Ausgangspunkte: K 1. Gibbs-Duhem-Gleichung: G = U + pV − TS = ∑ µi ni i =1 Folgende Relationen gelten für ein kleines Volumenelement ∆V : K ∆G = ∆U + p∆V − T∆S = ∑ µi ∆ni i =1 Division durch ∆V : K g = u + p − Ts = ∆G ∆U ∆S = + p −T = ∆V ∆V ∆V ∑ µi ci K ∆n ∑ µi ∆Vi i =1 , kleine Buchstaben bezeichnen hier Dichten: g~ , ~ s , u~ i =1 100 2. Gibbs'sche Fundamentalgleichung dU = T dS − p dV + ∑ µidni , i Anwendung auf kleines Volumenelement: Td (∆S ) = d(∆U ) + pd (∆V ) − K ∑ µi d(∆ni ) i =1 Übergang zu intensiven Größen: ∆S = s∆V ; ∆U = u∆V ; ∆ni = ci ∆V Td (s∆V ) = d(u∆V ) + pd (∆V ) − K ∑ µi d(ci ∆V ) i =1 Produktenregel: Tds ⋅ ∆V + Tsd (∆V ) = du ⋅ ∆V + u ⋅ d (∆V ) + pd(∆V ) − K K i =1 i =1 ∑ µi ci d(∆V ) − ∑ µi (∆V )dci Sortieren: ∆V T ds − du + K µ i dci = d(∆V )− T ⋅ s + u + p − µ i ci i =1 i =1 14444244 443 K ∑ ∑ = 0, siehe oben Tds − du + K ∑ µi dci i =1 Bei zeitlichen Veränderungen 101 T ∂s ∂u − + ∂t ∂t K ∂c ∑ µi ∂ti = 0 i =1 Ziel: Überführung dieser Gleichung in eine Bilanzgleichung der Form: r ∂s = −divJ S + σ . ∂t Das gelingt durch Berücksichtigung der Bilanzgleichungen für u sowie ci . Bilanzgleichung für die Innere Energie: Wir betrachten den Spezialfall: 1. keine äußere Arbeitsleistung an dem System; 2. keine innere Wärmeproduktion aufgrund innerer Reibung. dU = δ Q + δ A mit δA = 0 , Innere Energie ändert sich nur durch Wärmestrom r ∂u + div J Q = 0 ∂t , r mit J Q : Wärmestromdichte Bilanzgleichung für die Konzentrationen: ∂ci + divJ ci = ∂t R ∑ vir wr r =1 mit J ci = ci v i Einsetzen in: K T ∂c ∂s ∂u = − µi i ∂t ∂t i =1 ∂t ∑ liefert: T K R r r ∂s µ i − divJ ci + ν ir wr , = −divJ Q − ∂t i =1 r =1 ∑ ∑ 102 r ∂s 1 = − divJ Q + T ∂t K µi ∑T i =1 r divJ ci − K R ∑∑ ν ir wr µ i i =1 r =1 T Umformung der beiden ersten Terme auf der rechten Seite nach den Differentiationsregeln der Vektoranalysis: r r sei ψ = ψ (x, y , z ) ein skalares Feld, und a = a (x, y , z ) ein Vektorfeld. Dann gilt r div(ψa ) = r (1 gradψ )a 424 3 r + ψdiva ) Skalarprodukt ∂ψ ∂x ∂a y ∂a z r ∂a mit gradψ = ∂ψ ∂y und diva = x + + ∂x ∂z ∂y ∂ψ ∂z Dementsprechend: 1.Term: r JQ r 1 div J Q = div T T r − J grad 1 Q T r r r "Produktregel" div(φv ) = φdivv + vgradφ , mit gradφ = ∂φ ∂φ ∂φ i+ j+ k ∂x ∂y ∂x r φ : skalares Feld, v : Vektorfeld 2. Term: r µi J c r µi i div J ci = div T T r − J grad µ i : ci T Man erhält: r JQ r ∂s + J grad 1 + = −div T Q ∂t T r µi J c i div T i =1 K ∑ K R K r ν ir wr µ i µ − J ci grad i − T i =1 r =1 T i =1 K mit Ar = − ∑ ∑∑ ∑ µiν ir (Affinität einer chem. Reaktion) erhält man daraus: i =1 103 K r r J − µi J ci Q ∂s i =1 = −div T ∂t ∑ K r r µ 1 + J Q grad − J ci grad i T i =1 T ∑ R wr Ar + r =1 T ∑ r ∂s = −div J S + σ liefert: ∂t Vergleich mit: K r r 1 r JS = J Q − µi J ci T i =1 ∑ , Entropiestromdichte K r r µ 1 σ = J Qgrad − J ci grad i T i =1 T ∑ R wr Ar + r =1 T ∑ , Entropieproduktionsdichte σ : Summe von Produkten zweier Größen Veranschaulichung, daß die einzelnen Terme von σ positiv sind: r 1 1. Term: J Q grad T T 1 T X X Wärmestrom in positive x- Richtung: 104 r 1 J Q > 0 wenn grad T < 0 bzw. grad > 0 T Temperaturgradient verursacht Wärmestrom: Fouriersches Gesetz (1811) r µ 2. Term: − J ci grad i T Chem. Potential: µ i = µ i 0 ( p , T ) + RT ln ci µ grad i = Rgrad ( ln ci ) T = R dci ci dx p, T konstant (für eine Raumrichtung) ci x r dci < 0 ⇒ J ci > 0 dx Konzentrationsgradient verursacht Diffusionsstrom. R ∑ wr Ar T r =1 3. Term: k + → S1 ← S 2 k− Beispiel: monomolekulare Reaktion k+ = K eq k− Wir hatten früher hergeleitet : A = RT ln A = RT ln K eq S1 S2 k + S1 k− S2 105 A > 0 für k + S1 > k − S 2 , d.h. k+ S1 − k− S2 = w > 0 . Allgemein gilt für die einzelnen Terme der Entropieproduktionsdichte: σ= ∑ r Ji X i i = ∑ Flüsse × Kräfte i Beispiele für Kräfte: Temperaturgradient verursacht Wärmestrom. Konzentrationsgradient verursacht Diffusionsstrom. Chemische Affinität ≠ 0 verursacht Reaktionsgeschwindigkeit. Andere Schreibweise für Entropieproduktion r 1 Ausgangspunkt: σ = J Q grad − T K ∑ i =1 r µ J ci grad i + T R ∑ wr Ar T r =1 Mit: 1 1 grad = 2 grad (− T ) T T K r µ 1 J ci grad i = 2 T T i =1 ∑ K r 1 J ci µi grad (− T ) + T i =1 ∑ K r ∑ J c grad (µi ) i =1 i erhält man σ= 1 r 1 J grad (− T ) − 2 2 Q T T K r 1 J ci µi grad (− T ) − T i =1 ∑ 106 K ∑ i =1 r J ci grad (µi ) + R ∑ wr Ar T r =1 r J − Q σ ⋅T = Φ = r J ci µi i =1 grad (− T ) + T K ∑ r σ ⋅ T = Φ = J S grad (− T ) + K ∑ i =1 K ∑ i =1 r J ci grad (− µi ) + r J ci grad (− µi ) + R ∑ wr Ar r =1 R ∑ wr Ar r =1 Φ : Rayleigh'sche Dissipationsfunktion: Maß für die Wärmeproduktion infolge der im System ablaufenden irreversiblen Prozesse. σ ≥0 ⇒ Φ ≥0 12.3 Lineare phänomenologische Gleichungen σ = ∑ Ji X i i Die in dem Ausdruck für die Entropieproduktionsdichte stehenden Größen J i und X i werden als zueinander konjugierte Flüsse und Kräfte bezeichnet. J i : generalisierte Flüsse, X i : Generalisierte Kräfte Es ist empirisch bekannt, daß eine Kraft X i nicht nur den zu ihr konjugierten Fluß, sondern auch andere irreversible Veränderungen hervorrufen kann. Ji ↔ X i konjugierte Flüsse & Kräfte waren chemische Reaktion ↔ Affinität ≠ 0 Diffusionsstrom ↔ Gradient des chemischen Potentials/Temperatur Wärmestrom ↔ Temperaturgradient Andere Möglichkeiten 107 J Diff JQ ↑ ↑ grad c grad T J elektrisch JQ J Diff konj. J elektrisch aber auch: Die chemische Affinität Ai > 0 einer Reaktion i kann eine andere chemische Reaktion j mit A j < 0 antreiben (später ausführlicher). Beispiel: Membrantransport außen A 0 B A0 0 B0 aber wenn Kopplung durch einen Carrier (Cotransport) innen Ai Bi Ai Bi Konzentrationsgradient ∆A = Ai − A0 > 0 kann bei stöchiometrischer Kopplung beider Transportprozesse den Prozeß J B antreiben. Es kann J B > 0 gelten, selbst wenn ∆B = B i − B 0 < 0 (Transport gegen Konzentrationsgradient von B). Allgemein gilt: J i = J i ( X 1 ,...., X n ) Fluß als Funktion der Kräfte Gleichgewicht: J i = 0 wenn X j = 0 für alle j Entwicklung in der Nähe des Gleichgewichtes 108 Ji = ∑ j ∂J i ∂2 Ji 1 X j + ∑∑ X j X k + ..... ∂X j 2 j k ∂X j ∂X k ( X j , X k entspricht hier ∆X j , ∆X k , da im Gleichgewicht: X j = 0 ) Beschränkung auf kleine Auslenkungen J i = ∑ Lij X j mit Lij = j ∂J i ∂X j Lij : phänomenologische Koeffizienten lineare Fluß-Kraft-Beziehungen σ= ∑ J i X i = ∑∑ Lij X i X j i 24 1 4 3 j 1i 44 2443 gilt allgemein gilt nur in der Nähe des Gleichgew. (Entropieproduktionsdichte) Bedingungen für phänomenologische Koeffizienten Spezialfall: es existiert nur eine Kraft X i ≠ 0 , d.h. X j = 0 für i ≠ j σ = Lii X i2 ⇒ Lii > 0 Die Hauptdiagonalelemente der Matrix der phänomenologischen Koeffizienten müssen alle positiv sein. Lij für (i ≠ j ) , Kopplungskoeffizienten Aus der Forderung der positiven Definitheit von σ ergeben sich auch Bedingungen für die Kopplungskoeffizienten. { } Zerlegung der Matrix Lij in einen symmetrischen und einen antisymmetrischen Anteil 109 Lij = ( ) ( 1 1 Lij + L ji + Lij − L ji 2 2 ) Abkürzung: Lsym (ij ) = ( ) 1 Lij + L ji , 2 Lantisym [ij ] = ( 1 Lij − L ji 2 ) Lantisym [ij ] = − Lantisym [ ji ] Lsym (ij ) = Lsym ( ji ) ; Der antisymmetrische Anteil Lantisym trägt nichts zu σ bei: [ij ] ∑ (Lij − L ji )X i X j = ∑ Lij X i X j − ∑ L ji X i X j i, j ij =0 ij 1 4243 Vertauschung der Indizes Es gilt demnach: σ = Xi X j ∑∑ Lsym ( ) ij i j Algebra: Eine quadratische Form mit einer symmetrischen Matrix ist dann positiv definit, wenn alle Eigenwerte der Matrix Lsym (ij ) positiv sind. Beispiel: i , j = 1,2 L Lij = 11 L21 1 ( L11 L12 + L21 ) 2 Lsym (ij ) = 1 (L + L ) L22 12 21 2 L12 L22 Berechnung der Eigenwerte: (L11 − λ )(L22 − λ ) − 1 (L12 + L21 )2 = 0 4 λ2 − (L11 + L22 ) λ + L11 L22 − 1 (L12 + L21 )2 = 0 4 110 λ1 / 2 = + λ1 / 2 = 2 1 L11 + L22 L +L ± 11 22 − L11 L22 + (L12 + L21 )2 2 2 4 L11 + L22 (L11 − L22 )2 + (L12 + L21 )2 ± 2 4 442444 4 43 144 >0 Eigenwerte reell, und λ1 > 0 Damit auch λ2 > 0 muß gelten: (L11 + L22 )2 > (L11 − L22 )2 + (L12 + L21 )2 4 4 4 L112 L22 2 L11 L22 L112 L22 2 L11 L22 (L12 + L21 )2 + + > + − + 4 4 2 4 4 2 4 4 L11L22 > (L12 + L21 )2 Die Matrix der phänomenologischen Koeffizienten ist symmetrisch (Theorem von Onsager, 1931) Lij = L ji , Onsagersche Reziprozitätsbeziehung (folgt aus dem Prinzip der detaillierten Balance, wird später behandelt). Ist für die gesamte Theorie der irreversiblen Prozesse von grundlegender Bedeutung. Wegen L12 = L21 folgt aus 4 L11L22 > (L12 + L21 )2 = 4 L12 2 L11L22 > L12 2 = L12 L21 , oder: L11L22 − L12 L21 > 0 ( ) Det Lij > 0 111 Bedeutung der Onsagerschen Reziprozitäts-Bedingung: Lij = L ji Reduktion der Anzahl der unabhängigen phänomenologischen Koeffizienten. Aber noch wichtiger: Immer dann wenn eine Kraft X j einen Fluß J i hervorruft, gilt, daß auch eine Kraft X i einen Fluß J j bewirkt. Entspricht experimenteller Erfahrung. Satz von Curie-Prigogine: r wr Ar µ 1 J ci grad i + T i =1 4 T r =1 T 142 4 43 424 3 1442443 1 r σ = J Q grad − K R ∑ Vektoren ∑ Vektoren Skalare Es gibt vektorielle Prozesse (Diffusion, Wärmeleitung,....) und skalare Prozesse (chemische Reaktionen) Im Rahmen der linearen irreversiblen Thermodynamik gibt es in isotropen Medien keine Kopplung zwischen vektoriellen und skalaren Prozessen. skalare Ströme sind nur abhängig von skalaren Kräften vektorielle Ströme sind nur abhängig von vektoriellen Kräften Konsequenz: weitere Reduktion der Anzahl von phänomenologischen Koeffizienten (Kopplungskoeff.= 0) z.B. keine Kopplung zwischen chemischen Reaktionen und Wärmeleitung 1 T σ = J Q grad + w⋅ A T 112 Betrachtung eines räumlich 1-dimensionalen Systems: zur Veranschaulichung der Unmöglichkeit der Kopplung skalarer und vektorieller Flüsse und Kräfte σ = J Q, x J Q , x dT w ⋅ A d 1 w⋅ A =− 2 + + T T dx T T dx hier ist J1 = J Q ,x , J 2 = w , Kraft X 1 = − 1 dT T 2 dx und Kraft X 2 = A T Lineare phänomenologische Beziehungen hätten die Gestalt: A 1 dT J Q , x = L11 − 2 + L12 ⋅ T T dx A 1 dT w = L21 − 2 + L22 T T dx Wir nehmen an, daß dT =0: dx J Q, x { = L12 ⋅ Teil einer vektor . Größe A T { Skalar Wenn L12 ≠ 0 : "skalare Ursache" bedingt gerichteten Fluß, das würde gegen Symmetrieprinzip verstoßen Also: Eine chemische Reaktion kann keinen gerichteten Fluß erzeugen. L12 = 0 Gilt nur in isotropen Medien (alle Richtungen gleichberechtigt). Katchalsky (1968): Betrachtung nichtisotroper Medien, wo chemische Reaktion gerichtete Flüsse hervorrufen können. Wichtig für aktiven Membrantransport: z.B. K/Na-Pumpe 113 Ko Na o Na i A TP Pi AD P Ki Keine Symmetrie zwischen innen und außen. 114 13. Carriertransport als Beispiel für gekoppelte Prozesse Wir betrachten den Carriervermittelten Memtrantransport von 2 Stoffen, S1 und S 2 , entsprechend dem folgenden Mechanismus. i (CS1) e+1 e- 1 a (CS1) a S1 Ci k+ Ca k- i S2 i (CS2) e+2 e-2 a S2 a (CS2) J1 , J 2 : Transportraten von S1 , S 2 von innen nach außen. C i , C a : unbeladene Carrierformen innen und außen (CS1 )i , (CS1 )a , (CS 2 )i , (CS 2 )a : beladene Carrierformen Die Konzentrationen von S1 , S 2 (innen nach außen) werden als fixiert angesehen. Annahme: k + = k − = k ; l+1 = l−1 = l1 ; l + 2 = l − 2 = l 2 (symmetrische Membran) l1 , l 2 : kinetische Konstanten der Translokationsschritte, k: kinetische Konstante der Translokation des ungeladenen Carriers Kinetische Beschreibung 1. Schnelle Bindungsgleichgewichte 113 (CS )1i C i ⋅ S1i = K1i ; (CS )i2 C i ⋅ S 2i = (CS )ia K 2i C a ⋅ S1a = K1a ; (CS )a2 C a ⋅ S 2a = K 2a "Symmetrische Membran" K1i = K1a = K1 ; K 2i = K 2a = K 2 2. Erhaltungsgleichung für Gesamtkonzentration des Carriers: Ctot = C i + C a + (CS )1i + (CS )i2 + (CS )1a + (CS )a2 ( ) ( Ctot = C i 1 + K1 S1i + K 2 S 2i + C a 1 + K1 S1a + K 2 S 2a Abkürzung: Ai = 1 + K1 S1i + K 2 S 2i Ctot = C i ⋅ Ai + C a ⋅ A a ) A a = 1 + K1 S1a + K 2 S 2a (*) 3. Steady state Bedingung für den Carrier kC i + l1 (CS )1i + l 2 (CS )i2 = kC a + l1 (CS )1a + l2 (CS )a2 ( ) ( C i k + l1 K1S1i + l 2 K 2 S 2i = C a k + l1 K1S1a + l 2 K 2 S 2a Abkürzung: B i = k + l1 K1S 2i + l 2 K 2 S 2i C i ⋅ Bi = C a ⋅ B a ) B a = k + l1 K1S1a + l 2 K 2 S 2a , (**) Aus den Gleichungen (*) und (**) lassen sich die Konzentrationen des unbeladenen Carriers berechnen. aus (**): Ca = einsetzen in (*): C i ⋅ Bi Ba i i Ctot = C ⋅ A + C i ⋅ Bi B a ⋅ Aa 114 Ci = Ctot ⋅ B a Ai B a + A a B ; Ca = i Ctot ⋅ B i Ai B a + A a B i Durch Berücksichtigung der Bindungsgleichgewichte ergeben sich die Konzentrationen der beladenen Formen des Carriers. z.B. (CS )1i = K1C i S1i = K1Ctot B a S1i Ai B a + A a B i Betrachtung der zeitlichen Änderung der Stoffkonzentrationen auf beiden Seiten: [ ] dS1i dS a = − J1 = −l1 (CS )1i − (CS )1a = − 1 dt dt [ ] dS 2i dS a = − J 2 = −l 2 (CS )i2 − (− CS )2a = − 2 dt dt Ergebnis: ( ) C ⋅ l K B a ⋅ S1i − B i S1a dS1a dS1i = − tot 1 i 1 a = − dt dt A B + Aa B i ( ) C l K B a S i − Bi S a dS 2i dS a = − tot 2 i 2 a 2a i 2 = − 2 dt dt AB +A B Am Gleichgewicht gilt: J1 = 0 ; J2 = 0 (d.h. dS1i,,2a dt = 0) Aus den Bedingungen: B a S1i − B i S1a = 0 und B a S 2i − B i S 2a = 0 folgt, dass ein Gleichgewicht vorliegt, wenn: S1i = S1a ; S 2i = S 2a gilt. Herleitung: kS1i + l1K1S1a S1i + l 2 K 2 S 2a S1i = kS1a + l1 K1S1i S1a + l 2 K 2 S 2i S1a 115 kS 2i + l1 K1S1a S 2i + l 2 K 2 S 2a S 2i = kS 2a + l1 K1S 2i S 2a + l 2 K 2 S 2i S 2a lineares Gleichungssystem für S1i und S 2i (als Funktion von S1a und S 2a ) ( )( ) S1i k + l 2 K 2 S 2a − l 2 K 2 S 2a S 2i = kS1a ( ) ( ) − l1K1S 2a S1i + S 2i k + l1 K1S1a = l0 S 2a Auflösung liefert: S1i = S1a ; S 2i = S 2a Charakterisierung der Abweichung vom Gleichgewicht: S1i + S1a = S1 mit S 2i + S 2a = S 2 S1i − S1a = n1 S 2i − S 2a = n2 S1i = S1 + n1 2 , S1a = S1 − n1 2 S 2i = S 2 + n2 2 , S 2a = S 2 − n2 2 Gleichgewichtswerte: S1i = S1 2 = S1a ; S 2i = S 2a = S 2 2 A i = A a = A = 1 + K1 S1 S + K2 2 2 2 B i = B a = B = k + l1K1 S1 S + l2 K 2 2 2 2 Thermodynamische Beschreibungsweise: µ1i = µ10 + RT ln S1i ; µ1a = µ10 + RT ln S1a 116 µ 2i = µ 20 + RT ln S 2i ; µ 2a = µ 20 + RT ln S 2a (Standartpotentiale wurden als gleich innen und außen angenommen; p = gleich , T = gleich ) µ 1 ∂µ 1 ∆µ Kräfte: grad = ≈ T T ∂x T ∆x X1 = ( 1 RT ln S1i − RT ln S1a T ⋅d ) (allg., weil T konst.; Weg in x – Richtung) mit ∆x = d Membrandicke. R S1i R S 2i X 1 = ln a ; X 2 = ln a d S1 d S2 kleine Konzentrationsdifferenzen n1 und n 2 X1 = R S1 + n1 ln d S1 − n1 X1 = R 1 + n1 / S1 ln d 1 − n1 / S1 ni / S i << 1 : X1 ≅ , X2 = , R S 2 + n2 ln d S 2 − n2 X2 = R 1 + n2 / S 2 ln d 1 − n2 / S 2 R 2n1 ⋅ d S1 J1 = L11 X 1 + L12 X 2 = J 2 = L21 X 1 + L22 X 2 = X2 ≅ R 2 n2 ⋅ d S2 n1 n2 2R L11 + L12 d S1 S2 n1 n2 2R L21 + L22 d S1 S2 Diese aus der Thermodynamik folgenden Gleichungen lassen sich mit den kinetischen nur vergleichen, wenn letztere ebenfalls in der Nähe des Gleichgewichts betrachtet werden. Linearisierung von: J1 = ( Ctot l1 K1 B a S1i − B i S1a i a a AB +A B i 117 ) J2 = ( Ctot l 2 K 2 B a S 2i − B i S 2a ) Ai B a + A a B i Reiohenentwicklung: Zähler beginnt mit Termen proportional zu ~ n1 bzw. n2 Im Nenner gibt es Terme 0. Ordnung und die allein sind relevant, da lineare Terme zu quadratischen Termen im Zähler werden. Ai B a + A a B i = 2 AB Linearisierung des Zählers: B a S1i und B i S1a liefern gleiche Beiträge J1 ≅ 2Ctot l1 K1 i ∂B a ∂S i ∂B a S1 n1 + S1i n2 + B a 1 n1 2 AB ∂n1 ∂n1 ∂n2 J2 ≅ 2 Ctot l 2 K 2 2 AB i ∂B a ∂S i ∂B a S2 n2 + B a 2 n2 n1 + S 2i ∂n2 ∂n1 ∂n2 ∂S1i ∂S 2i 1 = = ; ∂n1 ∂n2 2 ∂S1a lK ∂B a = l1 K1 also =− 1 1 2 ∂n1 ∂n1 ∂S 2a l K ∂B a = l2 K 2 und =− 2 2 ∂n2 2 ∂n2 J1 = Ctot l1 K1 S1 l1 K1 S l K Bn n1 − 2 2 2 n2 + 1 − A⋅ B 2 2 2 2 2 J2 = Ctot l 2 K 2 S 2 l1 K1 S l K Bn n1 − 2 2 2 n2 + 2 − 2 2 2 A⋅ B 2 2 Koeffizientenvergleich mit thermodynamischer Flux-Kraft-Gleichung L12 = L21 = − Ctot S1S 2 (l1 K1 )(l 2 K 2 ) d 8⋅ R ⋅ A⋅ B 118 L11 = Ctot S1 (l1 K1 ) d Ctot S12 (l1 K1 ) d − 4R⋅ A 8R ⋅ A⋅ B L22 = Ctot S 2 (l 2 K 2 ) d Ctot S 22 (l 2 K 2 ) d − 4R⋅ A 8R ⋅ A⋅ B 2 2 Schlußfolgerungen: 1. Alle Lij ~ Ctot 2. Onsagersche Reziprozitätsbeziehungen sind erfüllt 3. Kreuzkopplungskoeffizientn sind negativ (Antiport, kompetitive Bindung) 4. Die "Diagonalterme" enthalten auch "Selbstkopplungen", die formal eine den Kreuzkopplungen entsprechende Struktur haben. (je die zweiten Terme) 5. Entkopplung: Der Faktor "B" tritt nur im Nenner der Kreuz- und Selbstkopplungen auf. Z.B. k sehr groß → B sehr groß; k → ∞ , L12 , L21 → 0 : Entkopplung. Die beiden Zyklen arbeiten unabhängig. Es bleiben nur positive L11 und L22 übrig 2 Rn1 Ctot S/ 1 (l1 K1 ) d 2 R n1 = J1 = L11 ⋅ 4R⋅ A S/ 1 ⋅ d S1 ⋅ d 2 R n2 Ctot S 2 (l 2 K 2 ) d 2 R n2 = J 2 = L22 ⋅ 4R⋅ A S2 ⋅ d S2 d J1 = Ctot l1 K1 n1 , 2A J2 = Ctot l2 K 2 n2 2A 6. A berücksichtigt Sättigung. Bei hoher Sättigung wird Fluß bei vorgegebener Abweichung n1 bzw. n 2 gering. 119 14. Spezielle lineare phänomenologische Gleichungen Ji = ∑ Lik X k , J =LX, k Lik : "Leitfähigkeitskoeffizienten", resultiert aus Terminologie bei Beschreibung elektrischer Phänomene. L Matrix der phänomenologischen Koeffizienten. Fall: n = 2 : J1 L11 = J 2 L21 L12 X 1 L22 X 2 L−1 J = X , mit L−1 = R X = RJ , Vgl. Ohmschen Gesetz: U = R ⋅ I R: Reibungskoeffizienten, Widerstände: R R = 11 R21 R12 R22 14.1 Wärmeleitungsgleichung Bilanzgleichung für innere Energie (ohne mechanische Arbeit) r ∂u + div J Q = 0 , ∂t r u : Dichte der inneren Energie 1 T σ = J Q grad r 1 Ansatz: J Q = L ⋅ grad T ∂u 1 + div L grad = 0 ∂t T mit L = konst. folgt: 120 ∂u 1 + L div grad = 0 ∂t T div grad = ∆ : Laplace operator = ∂2 ∂x 2 + ∂2 ∂y 2 + ∂2 ∂z 2 (anzuwenden auf Skalar) ∂u 1 L ∆ = − ∂t T im linearen 1-dimensionalen Fall: 2 ∂ 2 1 ∂ 1 ∂T 2 ∂T 1 ∂ 2T − = − = 2 2 ∂x ∂x 2 T ∂x T 2 ∂x T 342 1 43 T ∂x vernachlässigbar bei hohen T − ∂ 2 ∂2 1 ∂ 2 1 1 ∂u T T + = − ∆ ≈ − + L ∂t T 2 ∂x 2 ∂y 2 ∂z 2 T2 Das thermodynamische Potential U ist eine Funktion von T und V : V = konst. ∂u ∂u ∂T ∂T = cV = ⋅ ∂t ∂t ∂T V ∂t zeitliche Änderung von u damit: 1 T 2 ∆T ≈ bzw.: ∂T 1 cV L ∂t ∂T L = 2 ∆T ∂t T cV , Wärmeleitungsgleichung ∂2 ∂T ∂2 ∂2 − λ 2 + 2 + 2 T = 0 , ∂x ∂t ∂y ∂z partielle Differentialgleichung. 121 U = U (T ,V ) , T > 0 , L > 0 , cV > 0 ⇒ λ > 0 Lösung der Wärmeleitungsgleichung für den 1-dimensionalen Fall ∂T ∂ 2T −λ 2 = 0 ∂t ∂x λ : Temperaturleitfähigkeit, [λ ] = 0 m2 min x Anfangsbedingung: T ( x,0) = Θ( x ) Randbedingungen: zwei Möglichkeiten (1) Vorgabe der Temperatur an den Rändern, z.B. T (0, t ) = T0 (2) Vorgabe des Wärmeflusses an den Rändern, z.B. ∂T ∂x = ψ 0 (t ) x =0 Stationäre Lösungen: lassen sich leicht ausrechnen z.B. für langen Stab mit festen Temperaturen an den Enden ∂ 2T = 0 , T (0) = T0 , T ( L) = TL (L Länge des Stabes) ∂x 2 x Lösung: T ( x) = T0 + (TL − T0 ) , linearer Temperaturabfall L Temperaturverteilungen zwischen zwei Kugelschalen, bei r = r1 und r = r2 gelegen, mit T (r1 ) = T1 und T (r2 ) = T2 ebenfalls eindimensionales Problem, da Kugelsymmetrie 1 ∂ ∂ Laplace-Operator ∆ = 2 r 2 , also r ∂r ∂r ∂ 2 ∂ r =0 ∂r ∂r C T −T r T − rT Lösung: T (r ) = C1 + 2 , Einsetzen in Randbedingungen liefert C1 = 2 2 1 1 , C2 = 2 1 1 1 r r2 − r1 − r2 r1 Hyperbolischer Temperaturabfall 122 Zeitabhängige Lösung "unendlich langer" und sehr dünner Stab Temperatur als Funktion von Ort und Zeit : (x ) T = T (x, t ) mit T T = T + T * ( x, t ) mit T * (x, t ) → 0 (Abweichung) x → ±∞ =T x → ±∞ Θ(x) x 0 Anfangsbedingung: T ∗ ( x,0 ) = Θ( x ) Randbedingungen: T * (x, t ) = 0 für alle Zeiten t. x → ±∞ Lösung der eindimensionalen Wärmeleitungsgleichung für beliebige Anfangsverteilung der Temperatur (mittels Separationsansatz, siehe Anhang, Hier: T * = T ) T (x, t ) = 1 4πλt ∞ ∫ Θ (x')e − ( x'− x )2 4 λt dx' −∞ δ(x') Spezialfall: Θ (x' ) = T0 δ (x' ) Dirac'sche Delta-Funktion x' 0 Es gilt: ∫ δ ( x' ) f ( x' )dx' = f (0 ) , woraus folgt: f(x') δ(x') x' 0 123 T (x, t ) = 1 4πλt x2 T0e 4λt − T(x) x ergibt sich 0 ∆x x − 1 4λ t T ( x, t ) = e 4πλt 2 Gauss-Funktion 2 Vergleich: T (x ) = 1 2πσ 1 x − x − 2 σ = e 1 2π 1 x − x − 1 2 σ e 2λt 2 σ 2 = 2λt σ = 2λt ; 14.2. Diffusion und Elektrodiffusion Zugehöriger Term bei der Entropieproduktion K r µi T σ = ∑ J ci grad − i =1 Wir betrachten nur eine bewegliche Komponente k r r J ck = J k = Lkk X k µ wobei X k = grad − k T Existieren elektrische Felder und ist die Komponente k geladen, gilt: 124 η X k = grad − k T η k : elektrochemisches Potential mit η k = g k ( p ,T ) + RTln nk K ∑nj + z k Fϕ j =1 oder in verdünnten Lösungen: η k = µ ko + RTlnc k + z k F ⋅ ϕ Dementsprechend können Diffusionsströme hervorgerufen werden durch Konzentrationsgradienten, Gradienten des elektrischen Potentials, Druckgradienten und durch Temperaturgradienten Wir nehmen zunächst an, dass in unserem System keine Druck- und Temperaturgradienten auftreten. Außerdem: Eindimensionaler Fall. Es treten nur Gradienten in x-Richtung auf. Linearer Ansatz η J = L X = − L grad T da T = konst . vorausgesetzt: J = − L dη T dx Wir hatten bereits abgeleitet: J c = cv . Demnach: cv = − v=− L dη T ⋅ c dx v = −u dη , dx u: Beweglichkeit 125 L dη T dx Proportionalität zwischen Geschindigkeit und Gradient des elektrochemischen Potentials dη Man erkennt: v > 0 für <0 dx Elektrodiffusion erfolgt aus Gebieten höheren elektrochemischen Potentials in Gebiete niedrigen elektrochemischen Potentials. J = −uc dη ¸ dx daher: dϕ dlnc + zF J = −uc RT dx dx Wegen η = µ 0 ( p ,T ) + RTlnc + zFϕ dlnc 1 dc = dx c dx J k = −uk RT , erhält man für die Komponente k: dck dϕ − uk zk Fck dx dx (dabei ist E x = − dϕ dx : Nernst-Planck-Gleichung die x-Komponente der elektrischen Feldstärke) Nernst-Planck-Gleichung: Fluß J k ~ Konzentrationsgradient ~ Feldstärke Diffusion ungeladener Stoffe ( z k = 0 oder dϕ = 0) dx von der Nernst-Planck-Gleichung bleibt: J k = −u k RT dck dc = − Dk k dx dx Der Zusammenhang Dk = u k RT (#) zwischen Beweglichkeit u k und Diffusionskoeffizient Dk wird als Einstein-Relation bezeichnet. 126 In Abwesenheit chemischer Reaktionen gilt die Massenbilanzgleichung ∂ck ∂J k =0 + ∂x ∂t (oder divJ k statt ∂c ∂c k ∂ + − Dk k ∂x ∂t ∂x mit (#) folgt: ∂J k ) ∂x =0 Für Dk = konst. ∂ck ∂ 2ck = Dk ∂t ∂x 2 , oder: ∂ck = Dk ∆ck , ∂t 2. Ficksches Gesetz (Diffusionsgleichung), hat die gleiche mathematische Gestalt wie die ∂T ∂ 2T Wärmeleitungsgleichung −λ 2 = 0. ∂t ∂x Permeabilitätskoeffizient Spezialfall: Transport durch eine Membran: innen i ck Membran außen a ck x -d J = −D ∂c ∂x 0 Nernst-Planck-Gleichung für ungeladene Stoffe Integration über die Membran 0 0 ∫ J dx = − Dk ∫ dx dx = − D(c −d dc a − ci ) (*) −d 127 Transport stationär, wenn ∂c ∂t =0 ⇒ ∂J ∂x = 0 (keine Konzentrationsveränderungen), also J k = konst. (unabhängig von x) 0 0 −d −d ∫ Jdx = J ∫ dx = Jd ( ) Einsetzen in (*) gibt Jd = − D c a − c i , bzw. J =− D d (c a ) ( − ci = P c i − c a ) Permeabilitätskoeff.= Diffusions. koeff. durch Dicke der Membran) J = P∆c Maßeinheiten: ∂c Mol l ⋅ s cm 2 [D] = ∂2t = Mol = s ∂ c 2 l ⋅ cm 2 ∂x D cm P = ⇒ [P ] = ("Geschwindigkeit") d s 128 15. Gleichgewichtszustände an biologischen Membranen innen Membran außen (i) (m) (a) x=0 x=-d x Innen und außen: wässrige Lösung von geladenen oder ungeladenen Stoffen, für die die Membran in unterschiedlichem Maße permeabel ist. Betrachtung der Ortsabhängigkeit nur in x-Richtung: Hinreichend gute Näherung, wenn die Membran nicht zu stark gekrümmt ist. Gleichgewichtszustände: Wichtiger Grenzfall, lebende Zelle allerdings stets im Nichtgleichgewicht; einige Prozesse, i. a. die sehr schnellen Prozesse, können aber als sich im Gleichgewicht befindend angesehen werden. Annahme: Keine chemischen Reaktionen, keine Temperaturgradienten. η X k = −grad k : bleibt nur der Gradient des elektrochem Potentials (dividiert durch T) als T Kraft, mit η k = g k ( p ,T ) + RTln nk + z k Fϕ , n oder: η k = µ k0 + RTlnck + z k Fϕ 15.1 Nernst'sches Gleichgewicht Zu beiden Seiten der Membran befindet sich die wässrige Lösung eines Salzes, das vollständig in Ionen zerfallen ist. Die Membran sei für die eine Ionensorte k permeabel. 129 Im Gleichgewicht: keine Gradienten der elektrochemischen Potentiale grad (η k ) = 0 , d.h. η k i = η k a , ∆ηk = ηki − ηka = 0 ∆η k = ∆µ k0 + z k F∆ϕ + RT∆lnc k mit: ∆lnc k = lncki − lnc ka = ln cki cka folgt: 0 = ∆µ k0 + z k F∆ϕ + RT ⋅ ln RTln cki cka c ki c ka = − ∆µ k0 − z k F∆ϕ ∆µ k0 + z k F∆ϕ = exp RT cki cka Sind die Eigenschaften des Lösungsmittels in beiden Teilsystemen identisch gilt: (µ ) = (µ ) ; 0 a k 0 i k ∆µ k0 = 0 und demzufolge: ( zk F ϕ i − ϕ a = exp RT cki cka ) Nernst-Gleichung andere Schreibweise: ∆ϕ = ϕ i − ϕ a = ca RT ln ki z k F ck ∆ϕ : Nernst-Potential. Maßeinheiten: 130 RT = ϕ 0 = 26 ,7 mV bei T = 310 K F ( zk ϕ i − ϕ a exp = ϕ0 cki cka ) kann entwickelt werden für ∆ϕ << 1 ϕ0 15.2. Donnan-Gleichgewicht außen innen i cp ;(c - ) (c + ) a (c- ) a i (c +) x=0 x=-d x c p : Konzentration impermeabler geladener Stubstanzen P, z. B. Proteine (negativ oder positiv). P nur nur innen c + , c − : Ionenkonzentrationen, jeweils innen und außen Die Membran sei sowohl für Anionen als auch Kationen permeabel. Die Anwendung der Gleichgewichtsbedingung führt auf ∆ϕ = ϕ i − ϕ a = − RT c + ,i RT c − ,i ln + ,a = ln − ,a F F c c Daraus folgt c + ,i c − ,a = = r , Donnan-Quotient c + ,a c − ,i In beiden Kompartimenten muß Elektroneutralität herrschen. innen: c + ,i − c − ,i + z p c p = 0 außen: c + ,a = c − ,a = c 0 z p : Ladungszahl der Proteine 131 r= c + ,i c0 = c0 d.h. c − ,i c + ,i = rc0 und c −,i c0 = r Einsetzen in Elektroneutralitätsbedingung für Innenraum: c + ,i − c − ,i + z p c p = 0 r2 = + r=− z pc p c0 2c 0 rc 0 − +1 , c0 + z pc p = 0 r ⋅ r −1 = 0 z pc p ± 0 2c z pc p , 2 "Minus-Lösung" ohne physikalische Bedeutung, weil r > 0 (Konzentrationsverhältnis) z pc p RT z p c p RT lnr = − ln − ∆ϕ = − + 0 F 2c F 2c 0 ∆ϕ 2 + 1 Donnan-Potential (1911) Diskussion: zp = 0: r = 1 , c +,i = c +, a c − ,a = c − ,i , c + ,i = c − ,i , c + ,i = c 0 , c − ,i = c 0 zp > 0 : r <1 , r2 <1 , r2 = c + ,i c 0 ⋅ c0 c − ,i = c + ,i c − ,i <1 , c + ,i < c − ,i Positive Ladungen des beweglichen Ions + + + + werden abgestoßen ⊕ = cp Ähnlich: z p < 0 : r > 1 , c + , i > c -,i Positive Ladungen des beweglichen Ions werden angezogen. 132 + + + + + + + + + + Koionen: Haben Ladungsvorzeichen wie Proteine Gegenionen: Haben entgegengesetzte Vorzeichen Im Innenraum wird die Konzentration der Gegenionen wird erhöht, im Außenraum verringert. 15.3 Elektrische Doppelschichten an der Membranoberfläche Bisher wurde vorausgesetzt, dass innerhalb der Kompartimente keine Konzentrationsgradienten auftreten. Das ist streng genommen nicht erfüllt. Besonders dann nicht, wenn Membran selbst elektrisch geladene Komponenten enthält (z.B. ist PhosphatidylSerin negativ geladen). äußere-Membran Em x=0 --- εm geladene Membrankomponenten: Fixladungen x (im Gegensatz zu beweglichen Ladungen) E ε Ausbildung einer Doppelschicht: Schicht der Fixladungen + diffundierende Schicht der Elektrolytionen. elektrochemisches Potential: η k = µ k0 + RTlnck + z k F ⋅ ϕ grad(η k ) = 0 = RT dlnck dϕ + zk F =0 dx dx (bei Vernachlässigung von Druckgradienten) im folgenden ist nur eine Raumrichtung (x)interessant Integration: RTlnck ( x ) + z k Fϕ ( x ) = C = konst . 133 lnck ( x ) = z F C − k ϕ (x ) , RT RT c k (x ) = e ⋅ e ~ c − zk F ϕ (x ) RT = ck ⋅ e Abkürzung: − zk F ϕ (x) RT C = c~ RT (*) ck = c k bei ϕ = 0 Da nur Potentialdifferenzen definiert sind, wählt man den Nullpunkt von ϕ so, daß gilt: ϕ = 0 für x → ∞ ⇒ ck = ck∞ Aus (*) läßt sich der Konzentrationsverlauf berechnen wenn ϕ ( x ) bekannt ist Aus den Gesetzen der Elektrostatik folgt: d 2ϕ dx 2 =− ρ (x ) εε o Poisson-Gleichung ρ (x ) - Ladungsdichte am Ort x, beinhaltet Fixladungen + bewegliche Ladungen der Elekrolyten d 2ϕ dx 2 =− 1 εε o (ρ fix (x ) + ρ bew (x )) Voraussetzung: Fixladungen nur an der Außenseite der Membran. ρ fix = σδ (x ) , δ -Funktion ∞ Wegen ∫ δ (x )dx = 1 δ(x) x=0 δ ( x ) hat die Maßeinheit 1 cm −∞ σ ist die Flächenladungsdichte 134 x Regeln der Elektrostatik in Substanzen: An geladenen Grenzflächen zwischen Medien mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten gibt es eine Unstetigkeit der elektrischen Feldstärke E = − dϕ dx Es muß gelten: εm dϕ dx =ε x→−0 dϕ dx + x→+0 σ ε0 bei x = 0 Wegen ε m ≈ 5 , ε ≈ 80 erhält man näherungsweise dϕ σ =− dx εε 0 für x → +0 Für x > 0 tragen nur die beweglichen Ladungen des Elektrolyten zur Ladungsdichte bei: ρ bew = F ∑ z k c k (x ) = F ∑ k z F − k ϕ (x ) ∞ z k c k e RT k also folgt: d 2ϕ dx 2 =− z k ck∞ exp ∑ εε 0 F k z k Fϕ ( x ) , RT Für kleine Potentiale ϕ ( x ) << Poisson-Boltzmann-Gleichung RT , d.h. ϕ << 26mV zk F erhält man durch Reihenentwicklung der e-Funktion d 2ϕ dx 2 =− F εε 0 ∑ z k ck∞ 1 k z k Fϕ ( x ) RT 135 d 2ϕ dx 2 =− z k2 F 2 ck∞ ∞ z Fc + ∑ k k ∑ εε RT εε 0 k 14243 k 0 =0 1 ϕ ( x ) 1. Term verschwindet, da in großer Entfernung von der Membran Elektroneutralität vorliegen muss mit der Abkürzung: erhält man: d 2ϕ = κ 2ϕ 2 dx z k2 F 2 c k∞ κ =∑ k εε 0 RT 2 (#) κ trägt die Maßeinheit Länge-1 λD = 1 κ : Debye-Hückel-Länge. Bei einem 1:1-wertigen Elektrolyten findet man wegen c+∞ = c−∞ = c ∞ : λ D = 1 F εε 0 RT 2c ∞ Mit zunehmender Elektrolytkonzentration c ∞ nimmt die Debye-Hückel-Länge ab. Die Differentialgleichung (#) hat die Lösung: ϕ (x ) = ϕ (0)e −κx ϕ (0) : Oberflächenpotential (Lösung ϕ ( x ) = ϕ (0)e +κx scheidet aus, da sie divergiert) ϕ(x) ϕ(0)>0 x ϕ(0)<0 unter Berücksichtigung der Randbedingung: 136 σ dϕ =− = −ϕ (0)κe −κx εε 0 dx σ = ϕ (0 ) εε 0κ , x =0 σ - Flächenladungsdichte, folgt , ϕ (0) hat das gleiche Vorzeichen wie σ . Für das Potential folgt als Lösung: ϕ (x ) = σ −κx e εε 0κ wegen ck+ (x ) = F − ϕ (x ) ∞ RT ck e falls σ < 0 : ϕ ( x ) < 0 : Anhäufung positiver Ladungen an der Oberfläche Berechnung des Potentialverlaufes auf der Grundlage der nichtlinearen PoissonBoltzmann-Gleichung Wir beschränken uns auf den Fall ein-wertiger Ionen: Fϕ Fϕ d 2ϕ Fc ∞ − RT RT e e = − − 2 εε 0 (↑ z =+1) (↑ z =−1) dx = 2 Fc ∞ εε 0 Fϕ sinh RT Einschub: ρ = F ∑ z k ck ck = ck∞ e − z k Fϕ RT k e x − e−x sinhx = , 2 e x + e−x coshx = 2 das ist eine nichtlineare Differentialgleichung, die etwas schwieriger zu integrieren ist. 137 Multiplikation beider Seiten mit dϕ : dx dϕ d 2ϕ 2 Fc ∞ Fϕ dϕ = sinh ⋅ dx dx 2 εε 0 RT dx 2 d 2 RTc ∞ 1 d dϕ Fϕ cosh = dx εε 0 2 dx dx RT das läßt sich direkt integrieren: 1 dϕ 2 RTc ∞ Fϕ cosh = +C εε 0 2 dx RT 2 dϕ → 0 und wegen cosh(0) = 1 folgt: dx weil für x → ∞ gilt ϕ → 0 und 1 dϕ 2 RTc ∞ = εε 0 2 dx 2 Fϕ cosh − 1 RT α weiterhin gilt coshα - 1 = 2 sinh 2 1 dϕ 4 RTc ∞ = εε 0 2 dx 2 Mit κ 2 = ∑ k Fϕ sinh 2 RT z k2 F 2 ck∞ εε 0 RT = zk2 =1 2 und damit: 2 2F 2c ∞ folgt εε 0 RT 4c ∞ RT εε 0 und damit 2 4κ 2 R 2T 2 dϕ = dx F2 Fϕ sinh 2 RT 2 138 = 2κ 2 R 2T 2 F2 dϕ 2κRT Fϕ =− sinh dx F 2 RT , Lösung mit +-Vorzeichen würde divergieren Um den Potentialverlauf zu berechnen ist noch eine Integration erforderlich. Das Oberflächenpotential läßt sich aber bereits jetzt ausrechnen: Randbedingung: damit: dϕ dx =− x =0 σ εε 0 σ 2κRT Fϕ sinh = εε 0 F 2 RT σF Fϕ sinh = 2 RT 2κRTεε 0 Bildung der Umkehrfunktion: ϕ (0) = σF 2 RT arsinh F 2κRTεε 0 bei Betrachtung kleiner Oberflächenladungen: Reihenentwicklung der arsinh-Funktion: arsinhx ≅ x ϕ (0) ≅ σF σ 2 RT = F 2κRTεε 0 εε 0κ (entspricht der oben angegeben Lösung für den linearen Fall) Den vollständigen Potentialverlauf erhält man durch eine weitere Integration: 2κRT dϕ Fϕ =− sinh dx F 2 RT ϕ x dϕ 2κRT =− ∫ dx ∫ F Fϕ x = ϕ (0 ) sinh 0 2 RT 139 Integraltafeln: dα α ∫ sinhα = ln tanh 2 mit tanhα = sinhα eα − e − a = coshα eα + e −α es folgt: Fϕ ( x ) Fϕ (0 ) 2 RT + 1 e 2 RT − 1 e κ ⋅ x = ln ϕ ( ) ϕ ( ) F x F 0 2 RT − 1 e 2 RT + 1 e Das läßt sich nach ϕ ( x ) auflösen, obige Gleichung reicht aber zur Darstellung des Potentialverlaufes: ϕ(x) lineare Näherung nichtlin., exakte x 140 16. Nichtgleichgewichtsprozesse an biologischen Membranen Nernst-Planck-Gleichung: J k = −u k RT dck dϕ − u k z k Fc k dx dx oder mit Ersetzen der Beweglichkeit u k = Dk RT durch Diffusionskoeffizient J k = − Dk dck Dk dϕ z k Fck − dx RT dx η das war die Folgerung aus der linearen Beziehung J ck = J k = Lkk X k = Lkk grad − k RT mit Lkk = ck u k T und u k = Dk RT Membran innen Geometrie: außen x x=0 x=-d d Diffusion ungeladener Stoffe: aus der Kontinuitätsgleichung J k = − Dk 0 und dck dx ∫ J k dx = − Dk −d ∂ck ∂J k + = 0 folgt ∂t ∂x 0 ( ) ( ) dck dx = − Dk cka − cki dx −d ∫ und im stationären Fall: J k = − ( Dk a c k − cki = − Pk cka − cki d 141 ) wobei sich aus cka > cki ´ J k < 0 ergibt 16.1. Diffusion von Ionen es war J k = − Dk dck Dk dϕ − und wird jetzt mit Trick integriert z k Fck dx RT dx Multiplizieren beider Seiten mit Jk zk Fϕ e RT Jk zk Fϕ e RT zk Fϕ e RT z Fc dϕ dc = − Dk k + k k e RT dx dx d = − Dk ck e dx z k Fϕ RT zk Fϕ RT Annahme stationärer Fluß: J k = konst . (unabhängig von x) → Integration 0 Jk ∫ z k Fϕ e RT dx −d z Fϕ a zk Fϕ i a k = − Dk c k e RT − c ki e RT (*) Auf der linken Seite kann die Integration vorerst nicht ausgeführt werden, da ϕ ( x ) innerhalb der Membran nicht bekannt ist. Bestimmte Schlüsse lassen sich aber doch ziehen: Ussing’sche Gleichung Aus (*) folgt, dass sich der Nettofluß J k aus der Differenz zweier Elementarflüsse ergibt: J k = J ki→a − J ka→i 142 0 Benutzt man für das Integral die Abkürzung I = ∫ zk Fϕ e RT dx −d erhält man: z k Fϕ i zk Fϕ a D D J k = k cki e RT − k c ka e RT I4 I 44244 1 4244 3 1 3 J i →a J a →i für cka = 0 gilt dann: J k = J ki→a (plausibel) für cki = 0 gilt dann: J k = − J ka→i Für das Verhältnis der Elementarflüsse findet man J ki→a J ka→i = c ki cka ( ) zk F ϕ i −ϕ a zk F∆ϕ cki RT = e RT e cka Das ist die Ussingsche Gleichung (Ussing 1949). Das Verhältnis der Elementarflüsse ist unabhängig vom Integral I und damit vom speziellen Potentialverlauf durch die Membran. Die Elementarflüsse sind meßbar mittels radioaktiver Isotope. Spezialfall: J k = 0 folgt: cki cka z F∆ϕ − k = e RT , Nernst’sche Gleichung Goldman-Gleichung Goldman integrierte die Elektrodiffusionsgleichung (*) unter der Annahme, dass die Feldstärke innerhalb der Membran konstant ist Membran dϕ E=− = konst . dx ρ d 2ϕ bzw. = − = 0 , also ρ = 0 εε 0 dx 2 ϕa ϕi x -d 143 0 also gilt: ( ϕ = ϕ a − ϕi −ϕ a ) dx = ϕ a − ∆ϕ x d für − d ≤ x ≤ 0 ( x = 0 → ϕ = ϕ a ; x = −d → ϕ = ϕ i ) Damit läßt sich das Integral berechnen: 0 I= ∫e zk Fϕ RT 0 dx = −d I =e zk F ϕ a − ∆ϕ ∫e x d RT dx −d z F∆ϕ x zk Fϕ a 0 − k RT ∫e RT d dx −d I = −e I = −e zk Fϕ a RT zk Fϕ a RT 0 − zk F∆ϕ x RTd e RT d z k F∆ϕ −d ∫e , −λx =− 1 λ e −λx zk F∆ϕ 1 − e RT RTd z k F∆ϕ D Berücksichtigt man dieses Ergebnis in der Gleichung J k = k I z k Fϕ a z k Fϕ i i RT − cka e RT ck e ergibt sich: zk Fϕ a zk Fϕ i Dk z k F∆ϕ i RT Jk = − ck e − c ka e RT RTd − z k Fϕ RT e a zk F∆ϕ RT 1 − e mit Dk d = Pk und Zusammenfassung der e-Terme ergibt sich: 144 −1 z k F∆ϕ Pk zk F∆ϕ a i Jk = ck − ck e RT RT z k F∆ϕ RT 1 − e −1 (#) Diese Gleichung beschreibt die Ionenflußdichte Jk in Abhängigkeit von den Ionenkonzentrationen cka und cki und vom Membranpotential ∆ϕ . Sie kann auch dazu verwendet werden, den Permeabilitätskoeffizienten unter beliebigen Bedingungen ( ∆ϕ ≠ 0 ) mit Hilfe von Isotopenflußmessungen zu bestimmen. Für ∆ϕ → 0 wird der Nenner in der Gleichung für die Ionenflußdichte singulär, aber mit der Näherung e x ≅ 1 + x folgt zk F∆ϕ Pk z k F∆ϕ a i RT Jk ≅ ck − ck e RT −1 z k F∆ϕ i a 1 − 1 − RT ∆ϕ==0 Pk ck − ck ( (wie gefordert für ungeladene Stoffe) Mit der Abkürzung u = F∆ϕ erhält man: RT c a − c i e zk u k k J k = Pk z k u 1 − e zk u . Verlauf der Funktion J k (∆ϕ ) für zk > 0 : 145 ) Da im Ruhezustand kein Strom durch die Membran fließt, muß der Ladungstransport durch Kationen und Anionen ausgeglichen sein und es gilt: ∑ JK ∑JA = Kationen I = F ∑ zk J k = 0 bzw. Anionen k wobei I hier die Stromdichte ist. Diese Summation ist über alle permeablen Ionensorten zu erstrecken. Angenommen, wir haben eine Membran, durch die nur K+, Na+ und Cl- fließen, dann gilt: J K + J Na − J Cl = 0 und damit (c P u K a K − c Ki e u (1 − e ) u ) + P u (c Na (1 − e ) Multiplikation mit a Na − c iNa e u (1 − e ) u ) + P u (c Cl a Cl i −u e − cCl (1 − e ) −u )=0 u u ( ) ( liefert unter Berücksichtigung von ) ( 1 − eu 1− e −u = −e u ) a a u i PK c Ka − c Ki e u + PNa c Na − c iNa e u − PCl cCl e − cCl =0 Auflösen nach eu : u e = F∆ϕ e RT ∆ϕ = = a i PK cKa + PNa c Na + PCl cCl a PK cKi + PNa c iNa + PCl cCl a i RT PK cKa + PNa cNa + PCl cCl ln a F PK cKi + PNa ciNa + PCl cCl , Goldman-Gleichung Diese Gleichung geht auf Arbeiten von D.E. Goldman (1943) sowie von A.L. Hodgkin und B. Katz (1949) zurück. Die Goldman-Gleichung stellt gewissermaßen eine verallgemeinerte 146 Nernst-Gleichung dar, wobei die Beiträge einzelner Ionensorten nach dem Permeabilitätskoeffizienten Pk gewichtet sind. Im Grenzfall PK >> PNa , PCl (Membran überwiegend K+-permeabel) geht die GoldmanGleichung in die Nernst-Gleichung über: ∆ϕ = RT c Ka ln i F cK Die Goldman-Gleichung ist trotz der bei der Ableitung benutzten Einschränkungen von großer Bedeutung. Ihre näherungsweise Gültigkeit ist durch unabhängige Meßungen der Permeabilitäten in Isotopenfluß-messungen nachweisbar. Die allgemeine Form der Goldman-Gleichung für beliebig viele Kationen und Anionen lautet: ∆ϕ = a i RT ∑ PKation c Kation + ∑ PAnion c Anion ln i F + ∑ PAnion c aAnion ∑ PKation c Kation Berechnung des Konzentrationsprofils innerhalb der Membran Ausgangspunkt: J k = − Dk dck Dk dϕ z k Fck − dx RT dx wir nehmen wieder an, dass Feldstärke innerhalb der Membran konstant ist: ( ϕ = ϕ a − ϕi −ϕ a ) dx = ϕ a − ∆ϕ x d damit: dϕ ∆ϕ =− dx d z F ∆ϕ dc also ist: J k = − Dk k − ck k RT d dx 147 dc k = dx z k F∆ϕ J k ck − RTd Dk Bei Intergration erhält man auf der linken Seite ein Integral vom Typ: dy 1 ∫ ay − b = a ln(ay − b ) unter Berücksichtigung der Randbedingungen c k (0 ) = c ka , c k (− d ) = cki , ∆c k = c ki − c ka folgt z F∆ϕ ( x + d ) exp k −1 RTd i ck (x ) = ck − ∆ck z F∆ϕ exp k − 1 RT für ϕ i > ϕ a ist cki < c ka für ∆ϕ ≠ 0 erhält man ein Membran Anionen ca ∆ϕ=0 ci ϕ i > ϕa Kationen x -d nichtlineares Konzentrationsprofil 0 also keine Elektroneutralität innerhalb der Membran. Grenzfall ∆ϕ = 0 : mit e λ ≅ 1 + λ folgt c k ( x ) = c ki − ∆c k x+d lineare Fkt. von x d 16.2. Transport durch elektroneutrale Membranen Es gibt noch eine andere, erstmals von Planck (1890) angegebene Integration der Elektrodiffusionsgleichung. J k = − Dk dck Dk dϕ z k Fck − dx RT dx Es wird wieder eine spezielle Annahme gemacht: Nicht nur in den homogenen Kompartimenten, sondern auch innerhalb der Membran besteht Elektroneutralität 148 Anionen: z k = −1 , Kationen: z k = +1 (also z.B. Salz, dass in 2 einwertige Ionen zerfällt) Es gelte: innen: c+i = c −i = c i , außen: c+a = c−a = c a in Membran: c+ ( x ) = c − ( x ) = c( x ) für − d ≤ x ≤ 0 J+ dc c F dϕ =− + − + D+ dx RT dx J− dc c F dϕ =− − + − D− dx RT dx mit obigen Annahmen ergibt die Addition bzw. Subtraktion der beiden Zeilen J+ J− dc + = −2 D+ D− dx (1) J+ J− cF dϕ − = −2 D+ D− RT dx (2) unter stationären Bedingungen gilt: J + = konst . und J − = konst . daraus folgt mit Gl.(1) dc = konst . dx damit ist c darstellbar als c( x ) = c a − ∆c für Gl. (1) gilt dann: 1 J+ J− + 2 D+ D− (konstanter Konzentrationsgradient) x dc ∆c , ∆c = c i − c a ; =− d dx d ∆c = d (1*) und Gl. (2) ergibt durch Umstellen J J dϕ = − + − − dx D+ D− RT 2 F c a − ∆c x d Durch Integration folgt 149 J J RT d ci ln a ∆ϕ = ϕ i − ϕ a = + − − D+ D− 2 F ∆c c (2*) Mit den Gleichungen (1*) und (2*) hat man zwei Gleichungen zur Bestimmung von J + und J − . Man erhält: ∆c F∆ϕ 1+ J + = D+ d ci RTln a c ∆c F∆ϕ 1− J − = D− d ci RTln a c Für ∆ϕ → 0 ⇒ J + = D+ ∆ϕ = ϕ i − ϕ a ∆c = D+ ∆c d ∆c = D− ∆c J − = D− d falls ∆ϕ > 0;ϕ i > ϕ positive Ionen werden nach außen gedrückt 16.3 Diffusionspotentiale (aus Planck'scher Integration) Im stationären Fall (Flüsse nicht unabhängig) J + = J − = J da Elektroneutralität gewahrt bleiben muß ∆c F∆ϕ 1+ D+ d RT ln c i ca D+ + D+ F∆ϕ i RTln c ca ∆c F∆ϕ = D− d 1 − ci ln RT ca = D− − D− F∆ϕ i RTln c ca 150 Auflösen nach ∆ϕ liefert ∆ϕ = − RT F D+ − D− c i ln a + D D + − c , Diffusionspotential korrespondiert mit der Gleichung ∆ϕ = RT P+ c+a + P−c−i ln F P+ c+i + P−c−a aus dem Goldman'schen Ansatz mit P = D d In beiden Ansätzen entsteht ein Diffusionspotential nur dann, wenn sowohl D+ ≠ D− als auch ci ≠ c a . Außerdem geht für sehr hohe Permabilität von einer Ionensorte, dass Diffusionsprotential in das Nernst-Ptwntial dieser Ionensorte über. Einsetzen von ∆ϕ in ∆c ∆c F∆ϕ F∆ϕ 1+ 1− = J − = D− J + = D+ i d d c ci RTln a RTln a c c =J liefert J + = D+ J − = D− J= ∆c D − D− ∆c 2 D− = D+ = J 1 − + d D+ + D− d D+ + D− ∆c ∆c 2 D+ D − D− 1 + + = D− = J d D+ + D− d D+ − D− ∆c 2 D+ D− ∆c = Deff d D+ + D− d Für den gemeinsamen Transport von Anionen und Kationen ergibt sich ein effektiver Diffusionskoeffizient. 151 1 1 D + D− 1 1 = + = + 2 D+ D− 2 D+ D− Deff D+ > D− Annahme 1 1 < D+ D− 1 1 1 1 2 + < + = D+ D− D− D− D− 1 1 1 1 1 < = + 2 D+ D− D− Deff D− < Deff , ⇒ ähnlich folgt: D+ > Deff Richtung der Transmembranpotentials so, dass langsam diffundierende Teilchen bescheunigt und schnelle gebremst werden. 16.4 Membranwiderstand Da Diffusion von Ionen mit Ladungstransport verbunden ⇒ elektrische Stromdichte I k I k = zk FJ k Es gilt: c z F dϕ dc J k = − Dk k + k k RT dx dx I k = − Dk zk F dck c z 2 F 2 dϕ − Dk k k dx RT dx RT Ik D z 2 F 2c k k k = − RT dck ⋅ 1 − dϕ ck dx zk F dx =− RT d ln ck dϕ − zk F dx dx Durch Integration folgt: 0 Ik ∫ −d RT dx Dk zk 2 F 2c(x ) = c i RT ln k + ∆ϕ zk F ck a 0 Mit den Abkürzungen: Rk = RT dx ∫ Dk zk 2 F 2ck (x ) −d 152 Ek = I k Rk = Ek + ∆ϕ c i RT ln k z k F ck a Gleichgewicht: I k = 0 *) RT ck i = − ∆ϕ ln zk F ck a Ek = − ∆ϕ Versteht man unter Rk den Membranwiderstand, entspricht *) dem Ohmschen Gesetz. U k = Ek + ∆ϕ I k Rk = U k Strom wird durch zwei Spannungsdifferenzen hervorgerufen. 1) Membranpotential ∆ϕ 2) Spannungsdifferenz Ek , die durch Konzentrationsgrad hervorgerufen wird Ek : Elektromotorische Kraft, entspricht dem Nernst-Potential der Ionen Zur expliziten Berechnung des Widerstandes muß c(x ) bekannt sein. Verwendet man den Ausdruck, der aus der „constant field“ Näherung folgt, ergibt sich: rc i R T (1 − r )ln k c a k 2 2 Rk = ( Pk zk3 F 3∆ϕ cka − r cki ) z F∆ ϕ mit r = exp k RT Ohne Konzentrationsgrad. cki = cka = ck folgt: RT Rk = Pk zk 2 F 2ck Mit Gk = Gk = d U k zk2 F 2ck 1 erhält man die Leitfähigkeit. Rk Pk zk2 F 2 ck RT I⋅ Rk = Dk = uk RT Pk = uk RT d RT = ∆ϕ Pk zk2 F 2ck 153 154 17. Stationäre Nichtgleichgewichtszustände – Das Prinzip der minimalen Entropieproduktion (Abgehandelt an einem einfachen Beispiel) Zeitunabhängige Zustände d (makroskopische Variable) = 0 4244444 3 dt 14444 V dV =0 dt 2 unterschiedliche Möglichkeiten: Gleichgewicht oder Fließgleichgewicht (steady state) Die Einstellung eines Gleichgewichts in offenen Systemen kann durch Randbedingungen verhindert werden. Beispiel: (Bio)chemische Reaktionskette P1 → ← S n −1 → ← P2 ← S1 → ← S2 → ← S3 ⋅ ⋅ ⋅ → Wenn abgeschlossenes System, dann Massenerhaltung P1 + P2 + n −1 ∑ Si = konst i =1 und das System geht für t → ∞ ins Gleichgewicht über ( wi : chemische Reaktionsgeschwindigkeiten) Offenes System, kann mittel "äußerer Zwänge" aufrechterhalten z.B. P2 = konst; P2 = konst Man erhält für t → ∞ ein Fließgleichgewicht (steady state) wi ≠ 0, alle wi gleich w = J : "steady state flux" 156 Im Fließgleichgewicht wird Entropie produziert. ∫ P = σ ⋅ dV ≠ 0 σ ≠0 , V P: Gesamte Entropieproduktion im System. Berechnung von σ für lineare chemische Reaktionskette. σ= ∑ i A=− wi Ai A ; X i = i : Kräfte T T ∑ν i ⋅ µi , ν i : stöchiometrische Koeffizienten, µ i : chem. Potentiale S Ai = RT ln i −1 ⋅ K i Si Wir hatten hergeleitet: Ai > 0 ⇒ wi > 0 , K i Si −1 >1 ; Si Si < Ki Si −1 K i : Gleichgewichtskonstante. Mit wi = J 1 σ = J⋅ T n ∑ i =1 n S 1 Ai = J ⋅ RT ln i −1 Ki T S i =1 i ∑ n S i −1 ⋅ K σ = R ⋅ J ln i i =1 Si ∏ S0 S1 S n −1 ⋅ K1 K 2 L K n L Sn S1 S2 σ = R ⋅ J ln 157 mit S0 = P1 , S n = P2 P n σ = R ⋅ J ln 1 Ki P2 i =1 142 43 ∏ Über − Alles Affinität Im steady state gilt σ ≠ 0 , aber man kann weitergehende allgemeine Aussagen darüber treffen, wodurch sich stationäre Zustände gegenüber anderen Zuständen auszeichnen. Wir betrachten das etwas einfachere System: P1 ≡ S ≡ P2 , mit P1 = konst , P2 = konst Wie verhält sich σ gegenüber Fluktuationen? beliebiger Zustand (nicht unbedingt stationärer Zustand), charakterisiert durch Raten w1 und w2 sowie Konzentration S. w1 = L11 A1 + L12 A2 w2 = L21 A1 + L22 A2 T=konst. inkorporiert in L's σ = w1 A1 + w2 A2 (σ = ∑ J i X i ) Wir beweisen, dass σ im stationären Zustnd ein Minimum hat, bezüglich Fluktuationen von Stoffkonzentrationen S. dσ =0 , dS d 2σ >0 dS 2 σ = (L11 A1 + L12 A2 )A1 + (L21 A1 + L22 A2 )A2 σ = L11 A12 + L12 A1 A2 + L21 A1 A2 + L22 A22 158 Onsager-Relation L12 = L21 σ = L11 A12 + 2 L12 A1 A2 + L22 A22 wobei: A1 = µ P1 − µ S und µ S = µ 0 + RT lnS A2 = µ S − µ P2 ∂A ∂σ ∂A ∂A ∂A = 2 L11 A1 1 + 2 L12 A1 2 + A2 1 + 2 L22 A2 2 ∂S ∂S ∂S ∂S ∂S ∂σ ∂A ∂A = 2 (L11 A1 + L12 A2 ) 1 + 2(L12 A1 + L22 A2 ) 2 ∂S ∂S ∂S ∂A1 ∂A1 ∂µ S = ∂S ∂µ S ∂S { , −1 ; ∂A2 ∂A2 ∂µ S = ∂S ∂µ S ∂S { +1 ∂σ dµ = 2[− w1 + w2 ] S ∂S dS ∂σ ∂µ = 2(w2 − w1 ) S ∂S ∂S Im stationären Zustand gilt w1 = w2 und deshalb: 2. Ableitung. 1 ∂ 2σ ∂w2 ∂µ S ∂ 2 µ S ∂w1 ∂µ S ∂2µS w w = − + − 2 1 2 ∂S 2 ∂S ∂S ∂S ∂S ∂S 2 ∂S 2 159 ∂σ =0 ∂S ∂ 2µS 1 ∂ 2σ ∂w2 ∂w1 ∂µ S ( ) = w w − + − 2 1 2 2 ∂S 2 ∂S ∂S ∂S 14424∂4 S3 = 0 im stat. Zustand 1 ∂ 2σ ∂w2 ∂w1 ∂µ S = − 2 ∂S 2 ∂S ∂S ∂S ∂w2 >0 , ∂S ∂w1 <0 , ∂s ∂µ S > 0 und deshalb ∂S ∂ 2σ =0 ∂S 2 Prinzip der minimalen Entropieproduktion von Prigogine: σ hat im stationären Zustand ein Minimum (gegenüber Fluktuationen der Variablen). Zu entprechender Schlussfolgerung gelangt man, wenn man das Zeitverhalten der Entropieproduktion nach Auslenkung aus einem stationären Zustand berechnet. σ = L11 A12 + 2 L12 A1 A2 + L22 A22 ∂A ∂σ ∂A ∂A ∂A = 2 L11 A2 1 + 2 L12 A1 2 + A2 1 + 2 L12 A2 2 ∂t ∂t ∂t ∂t ∂t ∂σ ∂A ∂A = 2(L11 A1 + L12 A2 ) 1 + (L12 A1 + L22 A2 ) 2 ∂t ∂t ∂t ∂σ ∂A ∂A = 2w1 1 + w2 2 ∂t ∂t ∂t A1 , A2 : Funktionen von µ S und damit von S, d.h. S (t ) 160 ∂A1 dµ S ∂σ ∂A2 ∂µ S = 2w1 + w2 ∂t ∂µ S dt ∂µ S dt { { −1 +1 ∂σ dµ = 2(w2 − w1 ) S ∂t dt ∂σ ∂µ dS = 2(w2 − w1 ) S >0 ∂t ∂s dt ∂S = w1 − w2 ∂t ∂σ ∂µ = −2(w2 − w1 )2 >0 ∂t ∂S ∂σ <0 ∂t ∂σ =0 ∂t im stationären Zustand ρ s s (stat. Zustand) 161 ρ s2 s1 Verallgemeinerung: Im Bereich linearer Ansätze gilt ∫ 1) σ (auch P = σdV ) nimmt beim Übergang in den stationären Zustand monoton ab. ( dσ dt ≤ 0 ) 2) Im stationären Zustand nimmt σ (oder P) ein Minimum an. 3) Stationäre Zustände sind im Gültigkeitsbereich der linearen irreversiblen TD stabil. d.h. nach Fluktuation um stat. Zustand gilt δσ > 0 ⇒ Im weiteren Verlauf dσ dt < 0 System, das System kehrt in diesen stationären Zustand zurück. σ (bzw. P) stellt eine „Ljapunov-Funktion“ dar. (Vgl. Vorlesung über Systemtheorie, kinetische Stabilitätsanalyse) 162 18. Ein allgemeines Evolutionskriterium für den nichtlinearen Bereich (ebenfalls am Beispiel chemischer Reaktionen) Erfahrung: Diffusion und Wärmeleitung lassen sich in weiten Bereichen gut mit dem linearen Ansatz beschreiben. Bei chemischen Reaktionen ist das nicht mehr der Fall. Anmerkung: selbst die „lineare“ Kinetik w = k+ S − k− P fällt in der Regel nicht in den Gültigkeitsbereich der linearen irreversiblen Thermodynamik. k S w = k− P + − 1 k− P k S A = kT ln K ; K = + k− P ( ) w = k− P e A / kT − 1 w kann gar nicht ausschließlich als Funktion von A ausgedrückt werden. nur in der Nähe des Gleichgewichtes: P = P + δP A w ≅ k− (P = P + δP )1 + − 1 RT w≅ k− P ⋅ A A + k−δP RT 1 42RT 4 3 2.Ordnung w ≅ L⋅ A Allgemein gilt σ = ∑ J i X i (linearer oder auch nichtlinearer Bereich) 164 dσ = dt ∂J ∂X i ∂t i424 i 424 1 3 1 3 ∑ ∂ti X i + ∑ J i d Jσ dt dXσ dt J i = ∑ Lij X j Im linearen Bereich: j ∂X j d Jσ = dt ∑∑ d Xσ = dt ∑∑ Lij X j i Lij j i j ∂t Xi ∂X i = ∂t ∑∑ L ji X i i j ∂X j ∂t Im linearen Bereich gilt d Jσ d X σ dσ d σ = ; oder =2 X dt dt dt dt dσ d σ =2 J dt dt Im nichtlinearen Bereich gilt zwar nach wie vor σ= ∑ Ji X i i aber nicht mehr: J i = ∑ Lij X j i d Xσ = dt Wir betrachten ∑ wi i dAi dt , wobei: Ai = − ∑ µ jν ji j ν ji : stöchiometrischer Koeffizient des Stoffes j in der Reaktion i. µ j : chemischesd Potential, abhängig von Stoffkonzentrationen allgemein: dAi =− dt µ j = µ j (Sk ) ∂µ dS k ν ji dt ∑ ∂Skj j,k 165 ∂µ j dSk dXσ wi =− ν ji = − dt ∂ S dt k i, j,k ∑ Einsetzen: ∂µ dS k dt ∑ ∂Skj jk ∑ν ji wi i 24 1 4 3 dS j dt dXσ =− dt ∂µ ∂S j dS k dt dt ∑ ∂Skj j (*) Wir hatten weiter vorn hergeleitet, dass ∂µ j ∂S k die Elemente einer positiv definierten Matrix sind. ⇒ Die quadratische Form (*) ist deshalb negativ definit. dXσ ≤0 dt Das ist das sogenannte allgemeine Entwicklungskriterium von Glansdorff & Prigogine. Es spielt eine wichtige Rolle in der sogenannten thermodynamischen Stabilitätsanalyse, mit (siehe Vorlesung "Systemtheorie") 166