Musterlösung: Übungszettel 5

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Argumentationstheorie
Wintersemester 2004/05
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Musterlösung: Übungszettel 5
Gesamtpunktzahl: 34
1.
(Insgesamt 2 Punkte)
Wann ist ein Schluss oder Argument zirkulär? (1 Punkt)
Wenn die Konklusion eines Schlusses schon in dem Sinne in seinen Prämissen enthalten ist, dass man die Wahrheit der Prämissen nicht feststellen kann, ohne vorher
die Wahrheit der Konklusion festgestellt zu haben.
Warum sind nicht alle deduktiv gültigen Argumente zirkulär? (1 Punkt)
Zwar ist in allen Argumenten die Konklusion in dem Sinne in den Prämissen enthalten, dass die Menge der Bedingungen, unter denen alle Prämissen wahr sind, eine
Teilmenge der Wahrheitsbedingungen der Konklusion ist. Aber häufig kann man
trotzdem die Wahrheit der Prämissen feststellen, ohne vorher die Wahrheit der Konklusion festgestellt zu haben.
2.
(Insgesamt 2 Punkt)
Was versteht man unter „Vagheit“? (1 Punkt)
Die Eigenschaft eines Begriffes, einerseits auf eine bestimmte Menge von Dingen
eindeutig zuzutreffen, andererseits aber unscharfe Ränder zu haben. In diesen Randbereichen ist es nicht immer klar, ob ein Gegenstand unter den Begriff fällt oder
nicht.
Geben Sie ein eigenes Beispiel für einen vagen Begriff. (1 Punkt)
„Wald“, „Berg“, „Hochhaus“ etc.
3.
(Insgesamt 2 Punkte)
Was ist ein infiniter Regress und wie wird er in Argumenten verwendet? (1
Punkt)
Ein infiniter Regress ist eine unendliche Folge von (Rück-)Schritten. Bei Argumenten wird vorausgesetzt, dass so etwas unmöglich ist, und zur Widerlegung einer Annahme gezeigt, dass aus ihr ein infiniter Regress folgt.
Geben Sie ein Beispiel. (1 Punkt)
Die These „Jedes Ding hat eine zeitlich vor ihm liegende Ursache“ führt in einen infiniten Regress, da A eine Ursache B haben muss, die vor A liegt, und B eine Ursache C, die vor B liegt usw. Diese Kette ist unendlich weit zurückverfolgbar; sie ist
eine unendliche Folge von Rückschritten.
Argumentationstheorie
Wintersemester 2004/05
4.
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Analysieren Sie die folgenden Argumente. Identifizieren Sie Prämissen und Konklusion. Um welche Arten von Schlüssen handelt es sich? Sind die Argumente überzeugend? (Insgesamt 10 Punkte)
Erstes Argument:
(P1)
(K1)
(P2)
(K2)
Das umgebende Medium leistet Widerstand.
Das umgebende Medium ist ein Grund für eine geringere Bewegungsgeschwindigkeit.
Je leichter durchteilbar das Medium ist, desto schneller ist die Bewegung in ihm.
Deshalb müsste ein Körper, der im denkbar dünnsten Medium in bestimmter Zeit eine
bestimmte Strecke durchläuft, im Leeren eine Geschwindigkeit besitzen, die durch keinerlei Verhältnis zu jener Geschwindigkeit ausdrückbar wäre. (aus K1 und P2)
(P3) [Angenommen:] Es gibt das Leere.
(K3) Bei der Bewegung durch das Leere besitzt der Körper keine angebbare Geschwindigkeit. (aus K2 und P3)
(P4) Dieses Ergebnis [K3] ist völlig unannehmbar.
(K4) Daher ist die Existenz des Leeren ausgeschlossen. [also P3 falsch] (2 Punkte)
-> Dies ist eine reductio ad absurdum. (1 Punkt)
Das Argument ist (zumindest für mich) nicht überzeugend, weil die maximale Geschwindigkeit auch (rein theoretisch) eine feste Größe sein kann (z.B. 100 km/h), die mit abnehmender
„Durchteilbarkeit“ eines Mediums zwar abnimmt (z.B. bei geringer Dichte 80 km/h, bei hoher
40 km/h), aber bei der besten Durchteilbarkeit ohne jeden ‚Abzug’ einfach 100 km/h beträgt.
Die Geschwindigkeit eines Körpers im Leeren steht dann schon in einem bestimmten Verhältnis zu dessen Geschwindigkeit in einem bestimmtem Medium (hier z.B. 100 km/h / 80
km/h). Es ist also vorstellbar, dass (K1) und (P2) wahr sind, aber die Schlussfolgerung (K2)
falsch ist. Der Schluss von (K1) und (P2) auf (K2) ist also nicht zwingend, das Argument
deshalb zumindest nicht deduktiv gültig. (2 Punkte)
Zweites Argument:
(P1) [implizit] Jeder Preis wird vergeben, wenn man ihn benötigt, um erstrangige Forschung
zu betreiben, oder wenn erstrangige Forschung bereits betrieben wird.
(P2) Wenn man einen Preis benötigt, um erstrangige Forschung zu betreiben, dann wird diese wahrscheinlich noch nicht betrieben,
(P3) [implizit] Wenn noch keine erstrangige Forschungsleistung vorliegt, dann ist eine Preisvergabe nicht gerechtfertigt.
(K1) [halb implizit] Wenn man einen Preis benötigt, um erstrangige Forschung zu betreiben,
dann ist eine Preisvergabe nicht gerechtfertigt. (aus P2 und P3)
(P4) Wenn erstrangige Forschung bereits betrieben wird, dann führt sie auf jeden Fall zu
herausragenden Forschungsleistungen [ob sie einen Preis bekommt oder nicht].
(P5) [implizit] Wenn eine Forschungsleistung auch ohne Preisvergabe erbracht wird, dann ist
eine Preisvergabe nicht gerechtfertigt
(K2) [halb implizit] Wenn erstrangige Forschung bereits betrieben wird, dann ist eine Preisvergabe nicht gerechtfertigt. (aus P4 und P5)
(K3) Die Vergabe von Preisen für herausragende Forschungsleistungen ist in keinem Fall
gerechtfertigt. (aus P1, K1 und K2) (2 Punkte)
-> Dieses Argument ist ein (konstruktives) Dilemma. (1 Punkt)
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Ich halte auch dieses Argument nicht für überzeugend. Denn erstens: (P5) ist nicht überzeugend. Jemand bekommt einen Nobelpreis in der Regel für hervorragende Leistungen, die er
schon erbracht hat, und er bekommt ihn in einem Alter, in dem weitere hervorragende Leistungen nicht unbedingt erwartet werden können. Der Grund für eine Preisvergabe kann also
einfach die Honorierung erbrachter Leistung sein (und nicht nur der Ansporn der Forscher).
Außerdem: Man kann jemanden auch durch die Inaussichtstellung eines Preises zu einer besonderen Leistung anspornen. Wenn dies geschehen ist, muss der Preis, wenn die Leistung
erbracht wurde, aber auch gewährt werden. (2 Punkte)
5.
Was ist mit den folgenden Argumenten nicht in Ordnung? (Insgesamt 9 Punkte)
1. Wahrscheinlich oder unwahrscheinlich sind grundsätzlich Ereignisse eines bestimmten
Typs. Also z.B.: Es ist wahrscheinlich, dass morgen die Sonne aufgeht. Es ist unwahrscheinlich, dass jemand vom Blitz getroffen wird, usw. (P1) besagt nun: Jeden Tag geschieht ein
Ereignis, das zu irgendeinem unwahrscheinlichen Ereignistyp gehört. (Heute wird jemand
vom Blitz erschlagen; morgen entgleist eine Achterbahn; übermorgen werden Drillinge geboren, usw.) Für die Konklusion gibt es nun zwei Lesarten: In der ersten harmlosen Lesart ist
die Konklusion wahr (und so verstanden folgt sie auch aus den Prämissen): (K1) Es ist wahrscheinlich, dass jeden Tag irgendetwas Unwahrscheinliches geschieht. Neben dieser Lesart
gibt es aber auch noch eine zweite irritierende: (K2) Die Ereignisse der unwahrscheinlichen
Ereignistypen sind in Wahrheit doch wahrscheinlich. So verstanden folgt die Konklusion natürlich nicht aus den Prämissen. In der zweiten Lesart handelt es sich um eine bestimmte Art
von Äquivokation. (3 Punkte)
2. Dieses Argument beinhaltet einen Zirkelschluss. „Einen Seitensprung machen“ heißt hier
das gleiche wie „nicht treu sein“ und „etwas ist in der Beziehung nicht in Ordnung“ ist hier
äquivalent mit „in der Partnerschaft stimmt etwas nicht“. Das Argument hat also die Struktur:
(P) Wenn A, dann B
(K) Wenn nicht B, dann nicht A. (3 Punkte)
3. Das dritte Argument ist nicht gültig. Wenn man A = Lutheraner , B = Christ und C = Polytheist als Platzhalter wählt, ergibt sich folgende Argumentationsform:
(P1) Alle A sind B
(P2) Kein A ist ein C.
(K) Kein B ist ein C.
Zu diesem Schluss gibt es aber ein Gegenbeispiel (A = Männer, B = Menschen, C= Frau)
(P1) Alle Männer sind Menschen.
(P2) Kein Mann ist eine Frau.
(K) Kein Mensch ist eine Frau.
Das Argument ist also nicht logisch gültig und es gibt auch keinen Grund, warum es analytisch oder nicht-deduktiv gültig sein sollte. (3 Punkte)
6.
Zu welchen syllogistischen Aussagetypen (a, e, i, o) gehören die folgenden Aussagen? Welche der logischen Beziehungen, die wir aus dem logischen Quadrat kennen, bestehen zwischen ihnen? (Gesamt 9)
1. (a)
(b)
2. (a)
(b)
3. (a)
(b)
A a B -> konträr (3 Punkte)
AeB
A e B -> subaltern (3 Punkte)
AoB
A i B -> subkonträr (3 Punkte)
AoB
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