INSTITUT FÜR HOCHSPANNUNGSTECHNIK Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Univ.-Prof. Dr.-Ing. Armin Schnettler Energietechnisches Praktikum I Versuch 12 Stoßspannungsuntersuchung INSTITUT FÜR HOCHSPANNUNGS TECHNIK RHEINISCHWESTFÄLISCHE TECHNISCHE HOCHSCHULE AACHEN Einleitung Elektrische Anlagen müssen rentabel arbeiten und deshalb möglichst permanent zur Verfügung stehen, Ausfallzeiten sind zu vermeiden. Hierfür genügt es nicht, die Isolation der Anlagen nur auf Nennspannung auszulegen: Im Netz treten kurzzeitig wesentlich höhere Spannungen auf, die das Betriebsmittel zerstören können. Diese sogenannten Überspannungen werden anhand ihrer Ursache wie folgt unterteilt: - äußere Überspannungen: Ursache außerhalb des Systems, überwiegend Gewitterentladungen ( Blitzstoßspannungen), aber auch Leiterbruch oder Isolationsfehler in Transformatoren zwischen Ober- und Unterspannungswicklung, in letzteren Fällen hat die Überspannung Netzfrequenz. - innere Überspannungen: Ursache ist netzinterner Vorgang, überwiegend Schaltoperation ( Schaltstoßspannung ), z.B. Ein- und Ausschalten einer leerlaufenden Leitung, Schaltung von unbelasteten Transformatoren, Lastabwurf usw. Im Laufe des Versuchs werden Stoßspannungen erzeugt, Überschlagspannungen eines Prüflings gemessen sowie verschiedene Überspannungsableiter untersucht. 1 Physikalische und technische Grundlagen 1.1 Definitionen Unter Stoßspannungen versteht man Spannungen, deren Anstieg (Stirn der Stoßspannung) bis zum Scheitelwert Û erfolgt und deren Abfall (Rücken der Stoßspannung) im allgemeinen wesentlich flacher als der Anstieg verläuft (fig. 1). fig. 1: Stoßspannungsverlauf Bei stoßweiser Spannungsbeanspruchung ergeben sich für dasselbe Anlagenteil andere Überschlag- und Durchschlagsspannungen als bei Belastung durch Wechsel- oder Gleichspannung. Deshalb ist es notwendig, mit Stoßspannungen Untersuchungen durchzuführen und Hochspannungsgeräte auf entsprechende Belastbarkeit zu prüfen. 2.1.1 Kennwerte für Stoßspannungen Der zeitliche Verlauf und die Dauer einer Stoßspannung hängen von der Art der Erzeugung ab. Für Prüfzwecke wird üblicherweise die in fig. 2 dargestellte genormte Stoßspannung/VDE 0432/ verwendet. TS = 1,67 T T′ = 0,3 TS = 0,5 T TS: Stirnzeit Tr: Rückenhalbwertzeit O1: Stoßbeginn fig. 2: Genormter Stoßspannungsverlauf (Blitzstoßspannung) 2.1.2 Blitzstoßspannung Gemäß VDE 0432, Teil 100 und IEC-Publ. 60 ist bei Stoßspannungen für Prüfzwecke der zeitliche Verlauf durch geeignete Zeitparameter für Stirn und Rücken nach fig. 2 festgelegt. Da bei Blitzstoßspannungen der wirkliche Verlauf der Stirn oft schwer zu erfassen ist (verschliffener Beginn!), wird eine Hilfskonstruktion gewählt: Man legt eine Gerade, die Stirngerade, durch die Punkte A und B. Durch die Punkte O1 und S1 wird die Stirnzeit Ts definiert. Die Rückenhalbwertzeit Tr ist durch die Punkte O1 und C festgelegt. Üblicherweise werden Blitzstoßspannungen der Form 1,2/50 verwendet. Damit ist eine Stoßspannung mit Ts = 1,2 ms und Tr = 50 ms gemeint. Für Höhe und Verlauf der Stoßspannung am Prüfling gelten nach VDE 0432 folgende Toleranzen: Scheitelwert Û ± 3 % Stirnzeit Ts ± 30 % Rückenhalbwertzeit Tr ± 20 % 2.1.2 Schaltstoßspannung Im Gegensatz zum Blitzstoß lässt sich der Verlauf der viel langsameren Schaltstoßspannung (fig. 3) messtechnisch problemlos erfassen. Zur Kennzeichnung werden hier der wirkliche Beginn 0 und der wirkliche Scheitel S für die Normung herangezogen. Für Prüfungen mit Schaltstoßspannungen wird häufig die Form 250/2500 verwendet, die einer Scheitelwertzeit Tcr = 250 ms und einer Rückenhalbwertzeit Th = 2500 ms entspricht. Zur Kennzeichnung einer Schaltstoßspannung kann zusätzlich die Scheiteldauer Td benutzt werden, während der der Augenblickswert der Schaltstoßspannung über 0,9 Û liegt. Td Tcr Scheiteldauer Scheitelwertzeit (time to crest) Rückenhalbwertzeit (time to half value) Th Tcr fig. 3: Festlegung der Zeitkennwerte bei Schaltstoßspannungen 1.2 Kapazitive Kreise zur Stoßspannungserzeugung 1.2.1 Grundschaltungen Stoßspannungen werden durch Kondensatorentladungen erzeugt. Hierfür gibt es zwei als „Schaltung A“ und „Schaltung B“ bezeichnete Grundschaltungen, welche in fig. 4 dargestellt sind. U(t) Cs Cb Schaltung A Stoßkapazität Belastungskapazität U(t) Rd Re Schaltung B Dämpfungswiderstand Entladewiderstand fig. 4: Grundschaltungen für Stoßspannungskreise Der Stoßkondensator Cs wird über einen hochohmigen Ladewiderstand auf die Gleichspannung Uo geladen und durch Zünden der Funkenstrecke F entladen. Die gewünschte Stoßspannung u(t) tritt am Belastungskondensator Cb auf. Schaltung A und B unterscheiden sich voneinander dadurch, dass der Entladewiderstand Re einmal hinter, einmal vor dem Dämpfungswiderstand Rd liegt. Die Größe der Elemente bestimmt den zeitlichen Verlauf der Stoßspannung. Der praktische Einsatzbereich ist äquivalent, beide Schaltungen arbeiten wie folgt: Die kurze Stirnzeit erfordert eine rasche Aufladung von Cb über den Widerstand Rd auf den Scheitelwert Û und der lange Rücken eine langsame Entladung über den Widerstand Re. Dies wird dadurch erreicht, dass Re>> Rd ist. Im ersten Augenblick nach Cb Zünden der Funkenstrecke F bei t = 0 liegt etwa die volle Ladespannung Uo an der Reihenschaltung von Rd und Cb. Die Spannung u(t) erreicht um so schneller ihren Scheitelwert, je kleiner der Ausdruck Rd × Cb ist. Der Scheitelwert Û kann nicht größer sein, als sich aus der Aufteilung der anfangs vorhandenen Ladung Q= Uo × Cs auf Cs+Cb ergibt. Für den Ausnutzungsgrad h gilt daher h= Cs Scheitelspannung U$ £ £1 Ladegleichspannung UO Cs + Cb Er ist von der Form der zu erzeugenden Stoßspannung abhängig und liegt meist zwischen 0,6 und 0,9. Bei Schaltung B ist h grundsätzlich höher als bei Schaltung A, besonders für Stoßspannungen mit verhältnismäßig kurzer Rückenhalbwertzeit Tr. Um den Ausnutzungsgrad h gegen den Wert 1 streben zu lassen, wird man Cs >> Cb wählen. 1.2.2 Vervielfachungsschaltungen Um bei gegebener Ladegleichspannung Stoßspannungen mit möglichst hohem Scheitelwert zu erzeugen, verwendet man die von E. Marx angegebene Vervielfachungsschaltung. Rd ′ Re′ RL′ RLo F CS ′ Cb ′ P KFS Tr G Dämpfungswiderstand Entladewiderstand Ladewiderstand Eingangswiderstand Schaltfunkenstrecke Stoßkondensator Belastungskapazität Prüfling Messfunkenstrecke Hochspannungstrafo Gleichrichter fig. 5: Marx′ scher Stoßspannungsgenerator Die Wirkungsweise dieses sog. Marx′schen Stoßgenerators wird an dem in fig. 5 dargestellten Beispiel einer Stoßspannungsanlage mit n = 3 Stufen erläutert. Sie wurde nach der Grundschaltung B (vgl. fig. 4) aufgebaut. Die Stoßkondensatoren Cs′ der einzelnen Stufen werden über hochohmige Ladewiderstände Re′ in Parallelschaltung auf die Stufenladespannung Uo′ aufgeladen. Beim Durchzünden aller Funkenstrecken F werden die Kondensatoren Cs′ in Reihe geschaltet. Dadurch liegt an der Parallelschaltung aus Belastungskapazität Cb′ und Prüfling P das n-fache der Stufenladespannung Uo′. Die Größen der Grundschaltung berechnen sich aus den Größen der einzelnen Ladestufen wie folgt: Rd = n × Rd U0 = U0′×n CS = 1.3 1 ×CS′ n Re = n × Re′ Berechnung der Zeitkennwerte aus den Stoßkreiselementen Der Scheitelwert der resultierenden Stoßspannung u(t) erreicht den Wert der Ladespannung U0 nicht, da die in Cs gespeicherte Ladung nach Zünden der Funkenstrecke auf Cs und Cb verteilt wird. Der Ausnutzungsgrad h=Û/U0 ist deshalb kleiner als 1. Für die Spannung ergibt sich ein doppeltexponentieller Verlauf: u(t) = U0 T1 ´ T 2 æ - t T 2 - t T 1 ö ´ ´ çe - e ÷ ø Rd ´ Cb T 2 - T1 è (allgemeiner Verlauf der Stoßspannung). Mit der meist erfüllten Näherung Re·Cs >> Rd·Cb ergeben sich die folgenden Ausdrücke: für Schaltung A für Schaltung B T2 » ( Rd + Re ) × (Cs + Cb ) T1 » h» T2 » Re × (Cs + Cb ) Rd × Re Cs × Cb × Rd + Re Cs + Cb T1 » Rd × Cs Re × Rd + Re Cs + Cb h» Cs × Cb Cs + Cb Cs Cs + Cb Durch T1 und T2 ist der Verlauf einer Stoßspannung eindeutig beschrieben. Folglich müssen auch die VDE- Kennwerte nach fig. 2 Funktionen von T1 und T2 sein. Es besteht jedoch kein elementar lösbarer Zusammenhang. Deshalb gibt man nur für bestimmte Blitzstoßspannungen Umrechnungsfaktoren an. Es gilt: Stirnzeit Ts » 2 × T1 b Rückenhalbwertzeit Tr » 1 × T2 a Die Umrechnungsfaktoren 1/a und 2/b sind für beide Grundschaltungen gleich und betragen für die wichtigsten genormten Verläufe: Ts / Tr 1,2 / 5 1,2 / 50 1,2 / 200 1/a 2/b 1,44 1,49 0,73 2,96 0,70 3,1 Dieses Verfahren ist um so genauer, je kleiner das Verhältnis Ts / Tr wird. Bei der Spannungsform 1,2 / 50 ist dieses Verhältnis relativ groß (T2>>T1 nur unvollkommen erfüllt), weshalb hierfür die Näherungsrechnung oft zu beträchtlichen Fehlern führt. 2.3.1 Berechnung der Stoßkreiselemente für gegebene Zeitkennwerte In Stoßspannungskreisen, die durch die Schaltungen A und B nach fig. 4 wiedergegeben werden können, sind die Zeitkonstanten Rd Cb und Re Cs sowie der Ausnutzungsgrad h nur von der Form der Stoßspannung und vom Kapazitätenverhältnis Cb/Cs abhängig. In fig. 6 ist diese Abhängigkeit mit den festgelegten Stoßspannungen 1,2/50 als Parameter graphisch dargestellt. Aus den Kurven für Rd × Cb und Re × Cs lässt sich bei bekanntem Cb und Cs der Dämpfungswiderstand Rd und der Entladungswiderstand Re näherungsweise bestimmen. Werden bei diesen Verfahren Cb und Cs in Mikrofarad eingesetzt, so ergeben sich die Widerstände Rd und Re in Ohm, wenn Rd × Cb und Re × Cs in Mikrosekunden ausgedrückt werden. Re Cs - - - - - Schaltung A fig. 6: ——— Schaltung B Abhängigkeit der Zeitkonstanten —·—·—·— gemischte Schaltung Rd Cb und Re CS sowie des Ausnutzungsgrades h von Cb/CS für die Stoßspannung 1,2/50 1.4 Prüfung mit Stoßspannungen 1.4.1 Allgemeines Bei der Prüfung mit Stoßspannungen ergibt sich folgende Besonderheit: Abhängig von den momentanen Entladungsbedingungen im Raum zwischen den Elektroden tritt ein Durchschlag mit einer bestimmten statistischen Wahrscheinlichkeit auf. Es kann also anhand einer Messung nicht angegeben werden, wie nahe der Scheitelwert U der jeweils angelegten Stoßspannung an der Durchschlagsspannung Ud liegt, definiert als der Spannungswert, der zu einer Durchschlagshäufigkeit von 50% führt (Ud-50). Dies lässt sich nur durch wiederholte Stöße feststellen. Hierzu verändert man zweckmäßig die Amplitude der Stoßspannung und führt jeweils eine Serie von Spannungsstößen durch. Führt die Hälfte aller Stöße zum Durchschlag ist Ud-50 erreicht. 1.4.2 Direkte Bestimmung von Wahrscheinlichkeitswerten Durch wiederholte Stoßspannungsbeanspruchung eines Testobjekts, z.B. Isolator, lässt sich die in fig. 7 dargestellte Verteilungsfunktion der Durchschlagwahrscheinlichkeit P(U) bestimmen. Man erkennt, dass die Stehstoßspannung Ud-0 (Durchschlagswahrscheinlichkeit 0%) und die gesicherte Durchschlagsspannung Ud-100 (Durchschlagswahrscheinlichkeit 100%) nur angenähert definiert werden können und daher nicht als Kenngrößen geeignet sind. Wichtige Kennwerte sind deshalb die Spannungen Ud-5 , Ud-50 und Ud-95.(Spannungen mit Durchschlagswahrscheinlichkeiten 5%, 50% bzw. 95%) Zur Auswertung trägt man zweckmäßig die für verschiedene Spannungswerte gemessenen Durchschlagswahrscheinlichkeiten in einem Wahrscheinlichkeitsnetz auf und erhält eine Darstellung nach fig. 8. fig. 7 (links) : Experimentell ermittelte fig. 8 (rechts) : Experimentell Verteilungsfunktion (Darstellung im ermittelte Verteilungsfunktion linearen Koordinatensystem) (Darstellung im Wahrscheinlichkeitsnetz) Liegen die gemessenen Punkte näherungsweise auf einer Geraden, so gehorcht die Durchschlagspannung des untersuchten Prüflings einer Gauß- oder Normalverteilung. Die Annahme einer Normalverteilung für die Durchschlagspannung von Anordnungen mit gasförmiger, flüssiger oder fester Isolation ist in den meisten Fällen zulässig, wenn man sich auf den Bereich der Durchschlagswahrscheinlichkeit von etwa 5% bis 95% beschränkt. Ferner ergibt sich die Standardabweichung s der Messreihe aus der Differenz von Ud-50 und Ud-16 bzw. Ud-84 (s. Fig. 8), da die Gaußverteilung symmetrisch ist. Anhand des arithmetischen Mittelwertes Ud-50 und der Standardabweichung s kann man in guter Näherung die folgenden, für die Technik interessanten Spannungswerte ermitteln. Ud-0 » Ud-50 - 3 × s Ud-100 » Ud-50 + 3 × s Der als „Stehstoßspannung“ bezeichnete untere Grenzwert Ud-0 ist für die Festigkeitsberechnung von Anlagen wichtig. Die „gesicherte Durchschlagspannung“ Ud-100 stellt die obere Grenze des Streubereiches dar, die zur Bemessung von Schutzfunkenstrecken bedeutend ist. 1.5 Überspannungsableiter 1.5.1 Zweck der Überspannungsableiter Die Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von Energie sind auf bestimmte Nennspannungen ausgelegt. Sie erlauben jedoch Überschreitungen der Nennwerte innerhalb eines festgelegten Toleranzbereiches. Treten noch größere Überspannungen auf, ist die Isolation der Anlage gefährdet. Hier müssen Überspannungsableiter eingreifen. 1.5.2 Ableitertypen Die wichtigsten Komponenten von Ableitern sind Trennfunkenstrecken und Varistoren. Es werden auch Kombinationen dieser Elemente benutzt (Ventilableiter). Funkenstrecken bewirken bis zum Erreichen ihrer Ansprechspannung die elektrische Trennung beider Elektroden. Im Normalbetrieb fließt also kein Strom über diese Ableiter. Beim Durchzünden stellt die Trennfunkenstrecke eine leitende Verbindung über den Lichtbogen dar. Der Lichtbogen verlöscht erst dann, wenn die Brennspannung der Funkenstrecke (einige 10 V) unterschritten wird. Die Ansprechspannung der Funkenstrecke hängt bei gegebener Schlagweite von der Form des elektrischen Feldes, der Gasart, der Gasdichte, der Einwirkdauer der Spannung und der Spannungsform ab. Varistoren sind stark spannungsabhängige Widerstände. Es besteht ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen Strom und Spannung: I = G ×U a , a >1 fig. 9: Theoretische U/I- Kennlinien spannungsabhängiger Widerstände, normiert auf (200 V/1 mA). Zum Vergleich: Ohmscher Widerstand Der Silizium-Karbid-Varistor (SiC) mit einem a £ 5 zeigt hierbei eine weit stärkere Abhängigkeit der Restspannung vom Stoßstrom als die moderneren Metalloxid-Varistoren, von denen der Zinkoxid-Varistor (ZnO) mit einem a ³ 30 am weitesten verbreitet ist. Die Zinkoxid-Varistoren können aufgrund ihrer hohen Wärmekapazität und Energieaufnahmefähigkeit relativ hohe Überspannungen ableiten. Zu beachten ist, dass beim Varistor auch bei normaler Betriebsspannung ein Reststrom fließt. Der Reststrom des Silizium- Karbid- Varistors ist um Größenordnungen höher als der des Zinkoxid-Varistors. Nur der Zinkoxid-Varistor kann als Überspannungsableiter direkt ins Netz eingebaut werden. Silizium - Karbid - Varistoren müssen hingegen mit einer Funkenstrecke in Reihenschaltung eingesetzt werden. 1.5.3 Beanspruchung und Spannungsform Im inhomogenen Feld wird die Durchschlagspannung von der Dauer der Beanspruchung stark beeinflusst. Die Ausbildung einer Lawine bis zur kritischen Verstärkung benötigt Zeit. Bei kurzen Beanspruchungsdauern muss die Feldstärke gesteigert werden, um ein entsprechend schnelleres Vorwachsen des Kanals zu erreichen; das bedeutet einen Anstieg der Festigkeit mit abnehmender Beanspruchungsdauer. Dieser bei Stoßspannungen wichtige Effekt wird dargestellt durch Stoßkennlinien (Stoßspannungsamplitude als Funktion der Durchschlagzeit für einheitliche Kurvenform und Polarität). Bei homogenen Feldern verläuft die Stoßkennlinie fast waagerecht, inhomogene Felder haben eine zu kurzen Beanspruchungsdauern hin ansteigende Stoßkennlinie. fig. 10 (links) : Konstruktion einer fig. 11 (rechts) : Durchschlagspannung Stoßkennlinie aus Stoßspannungs- verschiedener Elektrodenanordnungen oszillogramm mit unterschiedlichen Durchschlagzeiten 2 Versuchsdurchführung Vorbereitungsaufgabe Im Verlauf des Versuchs soll ein 2- stufiger Marx′ scher Stoßspannungsgenerator zur Erzeugung einer Blitzstoßspannung (1,2/50) aufgebaut werden. Der Hochspannungsbaukasten des Instituts enthält Bauelemente mit folgenden Werten: Kondensatoren: 6000 pF, 1200 pF, 300 pF, 100 pF Widerstände: 140 M W , 10 M W , 320 k W , 82 k W , 50 k W , 9.5 k W , 416 W Wichtig: Alle Bauelemente sind 2x vorhanden ! Berechnung:Bestimmen Sie die Werte der Stufenelemente C´S, C´b, R´e, R´d so, dass bei maximal möglichem Ausnutzungsgrad die Toleranzen nach VDE 0432 eingehalten werden. Mit den berechneten Werten wird der 2- stufige Marx′ sche Stoßspannungsgenerator aufgebaut. 2.1 Bestimmung der Trocken-Überschlagwechselspannung eines Stützisolators Aufbau: Wechselspannungsprüfaufbau im Hochspannungsbaukasten Anschluss des Wechselspannungsmessgerätes im Schaltpult Messung: Ermittlung der Trocken-Überschlagwechselspannung. Die Messung erfolgt gemäß VDE 0446, Teil 1, Abschnitt 3.6: Die Wechselspannung wird zunächst auf etwa 75% der Prüfspannung hochgefahren und von da an gleichmäßig mit einem Anstieg von etwa 2% der Prüfspannung je Sekunde bis zum Überschlag gesteigert. Die Überschlagspannung ist der arithmetische Mittelwert aus fünf aufeinanderfolgenden Messungen. 2.2 Bestimmungen der 50%-Überschlag-Blitzstoßspannung eines Stützisolators 2.2.1 Aufbau der Stoßanlage und Überprüfung der Stirn- und Rückenhalbwertzeit Aufbau: 2-stufiger Marx′scher Stoßspannungsgenerator, Anschluss des Transientenrecorders mit Hilfe des kapazitiven Teilers Messen: Scheitelspannung U, 0.3*U, 0.9*U, Zeiten TX nach fig. 2 Berechnen: Ts, T′, Tr, Ausnutzungsgrad h Diskussion: Vergleich mit den gemessenen Werten, Überprüfung, ob Bedingungen nach VDE 0432 erfüllt sind 2.2.2 Bestimmung der 50%-Überschlag-Blitzstoßspannung Aufbau: Anschluss des Stützers an den Prüfkreis, Anschluss des Scheitelspannungsmessgeräts Messen: Die Messung erfolgt gemäß VDE 0446 Teil 1, Abschnitt 3.4: Für verschiedene Scheitelwerte der Blitzstoßspannung wird eine bestimmte Anzahl Stöße je Scheitelwert aufgebracht. Der Scheitelwert wird in Schritten von 2% bis 4% der erwarteten 50%-Überschlagspannung verändert. Die 50%-Überschlagspannung wird aus der Kurve der Durchschlagwahrscheinlichkeit über der eingestellten Prüfspannung im Wahrscheinlichkeitspapier entnommen. Die so ermittelte 50%-Überschlagspannung kann im Rahmen dieser Bestimmung verwendet werden, wenn wenigstens 4 Spannungsstufen mit je 15 Stößen verwendet werden, wobei jeweils mehr als 0% und weniger als 100% der Stöße zu Überschlägen führen müssen. Das Zeitintervall zwischen aufeinanderfolgenden Spannungsbeanspruchungen ist genügend groß zu wählen (> 5 s), um Einflüsse der vorangegangenen Spannungsbeanspruchung zu vermeiden. Zeichnen: Messpunkte in Wahrscheinlichkeitspapier ( siehe Protokollvordruck) 2.2.2.1 Aufnahme der Ansprechkennlinie verschiedener Überspannungsableiter Aufnahme der Ansprechkennlinie einer Spitze-Platte-Funkenstrecke Aufbau: Anschluss einer Spitze-Platte-Funkenstrecke an den Prüfkreis, positive Spitze gegen negative Platte, Abstand 80 mm Messen: Aufnahme der Ansprechkennlinie gemäß fig. 8 durch Variation der Ladespannung der Stoßkaskade. Mit der jeweils eingestellten Ladespannung sind mindestens 3 Messungen durchzuführen. Zeichnen: Ansprechkennlinie (vorgefertigtes Diagramm wird ausgeteilt) Aufnahme der Ansprechkennlinie eines Silizium-Karbid-Überspannungsableiters Vorgehensweise analog zur Spitze-Platte-Funkenstrecke 3 Quellen Küchler, A.: Hochspannungstechnik VDI-Verlag, Düsseldorf 1996 Kind, D.: Einführung in die Hochspannungsversuchstechnik Vieweg-Verlag, Braunschweig, 1981 Beyer, M.; Boeck, W.; Möller, K.; Zaengl, W.: Hochspannungstechnik Springer-Verlag, 1986 Etzel, O.; Helmchen, G.: Berechnung der Elemente des Stoßspannungskreises für die Stoßspannungen 1,2/50; 1,2/5; 1,2/200 ETZ-A, Bd. 85 (1964), Heft 18 VDE-Bestimmung 0432, Teil 100