Tagung: „Ethisch konsumieren“ - Ethik-Zentrum

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UFSP Ethik
Universität Zürich
Zollikerstr. 115/117
CH-8008 Zürich
http://www.ethik.uzh.ch/ufsp.html
Tagung: „Ethisch konsumieren“
Datum:
Zeit:
Ort:
19. Oktober 2012
09:15 – 17:30 Uhr
Universität Zürich Zentrum, Rämistrasse 71, 8006 Zürich, KOL-G- 217
Um Anmeldung wird gebeten bei: Sabine Hohl, [email protected]
Programm
09:15 – 09:45 Uhr
Begrüssung/ Einleitung
09:45 – 10:15 Uhr
Antonietta Di Giulio „Welche Pflichten – und welche Rechte – für Konsumentinnen und Konsumenten?“
10:15 – 10:35 Uhr
Ko-Referat Imke Schmidt „Pflichten und Rechte für Konsumentinnen
und Konsumenten aus Sicht des Prinzips der geteilten Verantwortung“
Diskussion
10:35 – 11:00 Uhr
Kaffeepause
11:15 – 11:45 Uhr
Stephan Schlothfeldt: „Konsumentenverantwortung oder Bürgerverantwortung“
11:45 – 12:00 Uhr
Kommentar Fabian Schuppert
12:00 – 12:30 Uhr
Diskussion
Mittagspause
14:15 – 14:45 Uhr
Christian Neuhäuser: „Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen“
14:45 – 15:00 Uhr
Kommentar Sonja Dänzer
15:00 – 15:30 Uhr
Diskussion
Kaffeepause
16:00 – 16:30 Uhr
16:30 – 16:45 Uhr
Regina Kreide: „Gibt es eine gerechte Weise, ein T-Shirt zu produzieren? Verantwortung und globale Gerechtigkeit bei Iris Marion Young“
Kommentar Sarah-Jane Conrad
16:45 – 17:30 Uhr
Diskussion
Viele unserer alltäglichen Konsumentscheidungen verknüpfen uns direkt oder indirekt mit gravierenden Missständen: Bei der Herstellung von Smartphones oder Textilien werden ArbeiterInnen ausgebeutet, Fischfilets stammen aus bereits überfischten Ozeanen, der Regenwald muss
den immer zahlreicheren Palmölplantagen weichen etc. Zudem ist der private Konsum in westlichen Ländern mit einem zu hohen Ausstoss an Treibhausgasen verbunden. Bei einigen KonsumentInnen lösen diese Tatsachen Unbehagen aus. Gleichzeitig scheint der eigene Beitrag zu
den genannten Übeln aber verschwindend klein. Die negativen Folgen treten in der Regel nur
deshalb auf, weil viele Menschen konsumieren und grosse Mengen von Produkten hergestellt
werden. Auch wird der Entscheid einzelner Personen, fair und umweltfreundlich zu konsumieren, nur wenig zu einer Beseitigung der genannten Probleme beitragen. Mit gleichem Recht
können auch Unternehmen für sich beanspruchen, sie alleine würden kaum Schaden anrichten
und ihr Engagement für Nachhaltigkeit und Fairness führe nicht zu einer besseren Welt. Das
stellt die Ethik vor eine Herausforderung: Haben Konsumierende und Produzierende leichtes
Spiel, sich aus der Verantwortung zu stehlen?
An der Tagung „Ethisch konsumieren“ wird die Frage der KonsumentInnen- und Unternehmensverantwortung mit Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Konsum- und Unternehmensethik diskutiert. Geladen sind: Antonietta Di Giulio (Bern), Regina Kreide (Giessen),
Christian Neuhäuser (Bochum, Luzern), Imke Schmidt (Bochum, Essen) und Stephan Schlothfeldt (Konstanz). In ihren Beiträgen werden mögliche Strategien beleuchtet, die Verantwortung
von Konsumierenden und Produzierenden zu begründen.
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Abstracts
Antonietta Di Giulio
Welche Pflichten (und welche Rechte) für Konsumentinnen und Konsumenten?
Übergeordneter Anknüpfungspunkt ist die Idee der Nachhaltigkeit, d.h. ich werde die Frage
nach der Verantwortung von Konsumentinnen und Konsumenten vor dem Hintergrund dieser
Idee diskutieren, die sowohl sozialethische wie auch umweltethische Überlegungen erfordert.
Mein Referat wird sich an folgenden Thesen orientieren, die erläutert und begründet werden:
(1)
Konsum ist nicht nur Privatsache und keineswegs 'moralisch neutral'; Konsum ist deshalb auch nicht ethisch neutral.
(2)
Der Begriff der Bedürfnisse ist für den Begriff des Konsums wie für die Idee der Nachhaltigkeit von zentraler Bedeutung, und der Begriff des Guten Lebens erlaubt es, Konsum,
Nachhaltigkeit und Bedürfnisse begrifflich zusammenzuführen als Basis für ethische
Überlegungen.
(3)
Um Pflichte (und Rechte) von Konsumentinnen und Konsumenten zu begründen, sind
anthropologische Ansätze eines Guten Lebens zu verwenden, es ist vom Begriff der
Grundbedürfnisse Abstand zu nehmen und es ist zwischen objektiven Bedürfnissen und
subjektiven Wünschen zu unterscheiden.
(4)
Staatliche Eingriffe in das Konsumhandeln von Individuen sind legitim und dürfen so weit
gehen, Minimal- und Maximalstandards im Sinne des Ansatzes des "environmental
space" zu definieren.
(5)
Um ethischen Konsum im Sinne der Nachhaltigkeit und bezogen auf das Handeln von
Konsumentinnen und Konsumenten zu fassen, ist es sinnvoll, zu unterscheiden zwischen einer wirkungsbezogenen Beurteilung und einer absichtsbezogenen Beurteilung;
diese Unterscheidung hat das Potential, die individuelle Ebene der Beurteilung und die
gesellschaftlich-aggregierte Ebene der Beurteilung sinnvoll aufeinander zu beziehen.
Imke Schmidt
Pflichten und Rechte für Konsumentinnen und Konsumenten aus Sicht des Prinzips der geteilten Verantwortung
Ausgehend von Antonietta Di Giulios Thesen, die eine fundierte Perspektive auf den nachhaltigen Konsum eröffnen, sollen einige Ergänzungen aus Sicht der systembedingten Handlungsumstände und des Prinzips der geteilten Verantwortung vorgenommen werden. Als Ausgangspunkt dient die These, dass Konsumenten an globalen Wertschöpfungsprozessen teilnehmen,
woraus sich eine Mitverantwortung für eine nachhaltige Entwicklung ableiten lässt.
Im einzelnen sollen folgende Argumentationslinien verfolgt werden:
(1)
Es soll gezeigt werden, dass das Prinzip der Verantwortung besonders geeignet ist, die
Verknüpfung der „wirkungsbezogenen Beurteilung“ und der „absichtsbezogenen Beurteilung“ (Di Giulio) herzustellen.
(2)
Das Prinzip der Verantwortung wird darüber hinaus auch einem Verständnis der Nachhaltigkeit als „regulativer Leitidee“ gerecht, da es den notwendigen gesellschaftlichen
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Lernprozess integriert, den diese Idee voraussetzt. Damit sind Unwissenheiten, nicht intendierte Nebenfolgen individuellen und kollektiven Handelns sowie Irrtümer in das Konzept eines verantwortlichen Konsums (eines verantwortlichen Wirtschaftens) integriert.
(3)
Es erlaubt zudem, individuelle Handlungen und individuelle Verantwortung in den Kontext kollektiven (System)Handelns und kollektiver (Mit)Verantwortung einzubetten und
die jeweiligen Interdependenzen aufzuzeigen.
(4)
Für eine Analyse der Verantwortung von Konsumenten müssen entsprechend die kollektiven Handlungsstrukturen, in die dieses Handeln eingebettet ist, in den Blick genommen werden.
(5)
So können auch die Handlungsspielräume definiert werden, im Rahmen derer Konsumenten neben anderen Wirtschaftsakteuren wie Unternehmen mitverantwortlich zeichnen (Wechselspiel von Rechten und Pflichten).
(6)
Es lassen sich in Übereinstimmung mit Di Giulio staatliche Eingriffe ableiten, die der
Verantwortung von Wirtschaftsakteuren (Unternehmen und Konsumenten gemeinsam)
entsprechen. Die jeweiligen „Verantwortungen“ von Staat, Unternehmen und Konsumenten greifen somit ineinander.
Stefan Schlothfeldt
Konsumentenverantwortung oder Bürgerverantwortung?
Im Vortrag wird gezeigt, dass die Verantwortung für die Behebung von Missständen im ökonomischen Sektor nicht primär bei Unternehmen, sondern vielmehr bei uns allen liegt. Allerdings
ist zu fragen, ob wir eher als Konsumenten oder eher in unserer Rolle als Bürger verantwortlich
sind. Es soll argumentiert werden, dass man an einer vorgelagerten politischen Verantwortung
selbst dann nicht vorbeikommt, wenn man am Ende auf eine Konsumentenverantwortung setzt.
Christian Neuhäuser
Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen
Wenn Konsumethik eine nachhaltige Wirkung entfalten soll, dann muss sie als Konsumentenverantwortung verstanden und zur Unternehmensverantwortung ins Verhältnis gesetzt werden.
Dies bringt zwei entscheidende Vorteile: Erstens lässt sich die zentrale Rolle der moralischen
Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen herausarbeiten und ihre Notwendigkeit für
eine fairen und ökologischen Transformation der politischen und rechtlichen Verantwortung begründen. Zweitens lässt sich zeigen, wie genau Konsumenten- und Unternehmensverantwortung miteinander verschränkt sind und warum sie wechselseitig auf einander angewiesen sind,
um ihre volle Wirkung zu entfalten. Damit lassen sich auch zwei grundlegenden Kritiken der
Konsumenten- und Unternehmensverantwortung, nämlich dass sie wirkungslos und normativ
unbegründet seien, aus dem Weg räumen.
Regina Kreide
Was soll ich kaufen? Probleme ethischen Konsumierens in einer globalen Welt
Gefährliche Arbeitsbedingungen, Armut trotz Arbeit, belastete Lebensmittel, wachsende Müllberge und Plastikstrudel in den Ozeanen: Könnten diese Missstände verändert werden, wenn
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der "schlafende Riese Konsument" ‚ethisch kauft’ oder sogar die Notwendigkeit von Konsum
überhaupt reflektiert?
Der Vortrag argumentiert, dass die alleinige Verantwortung nicht beim einzelnen Konsumenten
liegen kann. Vielmehr sollten sich individuelle und kollektive Verantwortung ergänzen, was am
ehesten gelingt, wenn von einer Vorstellung präventiver Haftung ausgegangen wird. Die Mitglieder eines Kollektivs sind demnach verpflichtet, für die Beseitigung bestehender Übel (untragbare Arbeitsbedingungen in (transnationalen) Unternehmen, nicht-nachhaltiges Produzieren, nicht recyclebare Müllproduktion etc.) einzutreten und dafür zu sorgen, dass zukünftige
Gefährdungen wirksam verhindert werden.
Der politischen Öffentlichkeit kommt dabei eine zentrale Rolle zu: nur durch die öffentliche
Thematisierung dieser Missstände können sich langfristig bestehende Strukturen und Konsumpraktiken verändert werden.
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