Umsetzung tierschutzrechtlicher Vorschriften durch ein Veterinäramt – eine Gratwanderung von Dr. Dirk Kusan Fall 1: 1. 1995: Kontrollen der Tierhaltung von Frau A.. Verschiedene Mängel bei der Tierhaltung. Vier Hunde und 6 Kleinpferde werden vorgefunden. Fortnahme angedacht. Tiere werden versteckt. 2. März 1997: Sicherstellung von 15 Pferden und 4 Hunden nach § 40 HSOG aufgrund schwerwiegender Mängel der Tierhaltung (Herrn Z. und Frau A.). Veräußerung der Tiere mit Einverständnis der Besitzer Kosten für Unterbringung, Transport, Tierarzt und Behörde wurden mit dem Erlös aus dem Verkauf der Tiere verrechnet. Rest: 4067,65 DM Haltung von Hunden und Pferden sollte untersagt werden. Der Anhörungsausschuss empfiehlt Haltung von einem Pferd und einem Hund, das Verfahren bleibt erst einmal offen. Im Frühjahr 1998 werden auf dem Hof ein Esel, 7 Pferde, 5 Ziegen, 5 Hunde und ca. 25 Hühner vorgefunden. Die Tiere gehören Frau B., Tochter von Frau A. und Lebensabschnittsgefährtin von Herrn Z.. Das Verfahren des Kostenbescheids bei Herrn Z. ging über Zwangsvollstreckung, Erzwingungshaft bis zur Eidesstattlichen Versicherung im Jahr 2000. Das Gericht stellt im März 1999 Haltungsverbot für Frau A. und Herrn Z. fest. Im Dezember 98 werden 7 Hunde, 8 Ziegen, 7 Gänse, 88 Hühner und eine Ente, 19 Psittaciden, 4 Kanarienvögel, 3 Kaninchen und eine Taube vorgefunden und sichergestellt nach § 40 HSOG in Verbindung mit § 16 a Nr. 2 Tierschutzgesetz. Veräußerung der Tiere und Verbot der Haltung und Betreuung aller Tierarten und – Gattungen. Kosten von 7168 DM und 531 DM Widerspruchsverfahren sind aufgelaufen. Weiterhin 1000 DM Bußgeldverfahren Teilweise Ratenzahlung, Rest: Erzwingungshaft, Eidesstattliche Versicherung. 2003 wohnen zwei Personen aus D. auf dem Hof in E. und haben einige Hühner. Bei einer Kontrolle im Februar 2004 werden 2 Pferde, 12 Ziegen, 10 Kaninchen, 40 Hühner, 24 Psittaciden, 8 Tauben und eine Katze vorgefunden und einen Tag später sichergestellt. Tiere gehörten nach Aussage der Bewohner Frau A. und wurden ohne Einverständnis auf den Hof gebracht. Alle Tiere wurden im März geschätzt und verwertet. „Schock“ für die Verwaltung: Die beiden Herrschaften auf dem Hof widerrufen die Aussage: „Hiermit widerrufen wir ………… unsere getätigte Aussage bezüglich der Tierhaltung auf dem Grundstück von Frau A.. Die von uns gemachten Angaben entsprachen nicht der Wahrheit, sie wurden von uns durch Drohungen mit Strafe erpresst.“ Frau A. war zwar Besitzer der Tiere aber nicht Halter oder Betreuer. Sie fuhr regelmäßig auf den Hof und „besuchte“ die Tiere und brachte zum Teil auch Futter mit. Rückblick: Im August 2002 hat das Veterinäramt Nordhausen Frau A. Pferde und Hunde fortgenommen. Die Tiere wurden jedoch von einer anderen Person betreut. Verwaltungsgericht Weimar beschließt: „Auch darf der Antragsgegner die Herausgabe der Tiere an die Antragsstellerin nicht deshalb verweigern, weil dieser das Halten von Pferden und Hunden mit Verfügung verboten ist. Denn es ist Sache der Antragstellerin, wem sie die Haltereigenschaft unter Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften überträgt.“ Strafsache Amtsgericht Schwalmstadt: „Es konnte zwar nicht festgestellt werden, dass Frau A. Halterin der auf dem Hof befindlichen Tiere war, darauf kam es jedoch nicht an. Die Angeklagte war aufgrund dessen, dass sie den Zeugen H. und S. ihren Hof zur Verfügung stellte und es diesen ermöglichte, dort Tiere zu halten und diese Tiere zum überwiegenden Teil auch noch dort hingebracht hatte, dafür verantwortlich, dass diese Tiere artgerecht gehalten werden.“ (Leider noch nicht rechtskräftig) Fall 2: Kontrolle im Frühjahr 2005: 50 Hunde in dem Haus, Shih Tzu und Pekinesen. Amtstierärztliches Gutachten, darauf freiwillige Reduzierung auf 10 Hunde, Verbot der Zucht, es wurde eine Fristverlängerung durch Verkaufsprobleme gewährt. Vorgaben: Jederzeit Kontrolle möglich und Nachweis der Käufer, da der Verdacht besteht, dass die Hunde nur an einem anderen Ort untergebracht werden. Nach einem Hinweis wurde dann festgestellt, dass 24 Hunde in einem anderen Landkreis versteckt wurden. Die Halterin erlaubt eine Kontrolle gemeinsam mit dem örtlich zuständigen Veterinäramt und gibt die Hunde freiwillig an uns ab. Die 24 Tiere sind in zum Teil schlechten Zustand, haben zum großen Teil jedoch ältere „Schäden“. Ein Abgabevertrag wurde von einer Partei (Ehemann) unterschrieben. Die Frau weigerte sich. Zwei Hunde gingen an ehemalige Besitzer zurück, da nachgewiesen werden konnte, dass die Hunde noch nicht bezahlt waren. Die Anwältin war recht aktiv und strebte ein Verwaltungsstreitverfahren an: Überraschungen ?? des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hunde wurden fortgenommen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Hunde freiwillig herausgegeben wurden. Im Verhältnis zur Antragstellerin stellt sich dieser Vorgang als Fortnahme dar, da die Antragstellerin durch die vorübergehende Unterbringung der Hunde bei Frau C. nicht ihre Haltereigenschaften verloren hat. Halter eines Tieres ist nämlich, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier im eigenen Interesse und nicht nur vorübergehend ausübt. Anwältin lässt die Sache nicht auf sich beruhen und es gibt einen Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes: Anmerkung: die Zeugin C., die genannt wird, ist die Dame, die die Tiere „versteckt“ hatte. Zitat VGH: „Dass in dem vorgenannten Gutachten vom ……. hinsichtlich Pflege- und Gesundheitszustand der in der Obhut der Zeugin C. befindlichen Tiere unrichtige Feststellungen getroffen wurden, macht die Antragstellerin nicht geltend. Sie bestreitet allerdings, für die vom Amtstierarzt konstatierte Verwahrlosung der Hunde verantwortlich zu sein. Diese sei, so die Antragstellerin in der Begründung der Beschwerde, erst während der Unterbringung der Hunde bei Frau C. eingetreten. Sollte die Antragstellerin mit diesem Vortrag geltend machen wollen, dass die Verfügung nicht an sie, sondern an die Zeugin C. als richtige Adressatin hätte gerichtet werden müssen, ginge ihr Einwand fehl. Die Fortnahme eines Tieres, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, ist nach § 16 a Nr. 2, 1. Halbsatz TierSchG dem Halter des Tieres gegenüber anzuordnen. Halterin der bei der Zeugin C. aufgefundenen 24 Hunde war, wie von ihr in der Beschwerdebegründung selbst dargelegt wird, die Antragstellerin, da sie sich trotz Übergabe der Hunde an die Zeugin vorbehalten hatte, über sie Tiere frei zu bestimmen. Ob und in welchen Umfang die Zeugin C. der Antragstellerin gegenüber verpflichtet war, sich um die Ernährung, Pflege und Betreuung der Hunde zu kümmern, ist für die Frage, ob die Verfügung zu Recht an die Antragstellerin gerichtet worden ist, belanglos. Der ihm nach § 2 TierSchG auferlegten Verpflichtung zur art- und bedürfnisgerechten Ernährung, Pflege und Unterbringung eines Tieres kann sich der Halter des Tieres nicht einfach dadurch entledigen, dass er einen anderen mit der Unterbringung und Betreuung des Tieres betraut. Es obliegt Ihm in diesem Falle, sich über die den Anforderungen nach § 2 TierSchG entsprechende Behandlung des Tieres durch die Betreuungsperson zu vergewissern. Eine solche Kontrolle hat die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt ausgeübt.“ Der Beschluss ist unanfechtbar. Für mich neu: Haltereigenschaften gehen auch nicht verloren, wenn jemand anderes das Tier betreut. November 2005