Störungen der Sexualität Laqueur: Making Sex

Werbung
19.09.2014
Europäische Charta der
Menschenrechte
Störungen der Sexualität
Unterlagen für das WS 2014 an der
SFU
Univ. Prof. Dr. Alfred Springer
• im Vertrag von Amsterdam (Artikel 12 und 13
der konsolidierten Fassung) sind
Bestimmungen enthalten, die es ermöglichen,
jede Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts, der Rasse, der Nationalität, der
ethnischen Herkunft, des Alters, der Religion
oder der Weltanschauung oder der sexuellen
Orientierung zu bekämpfen
Laqueur: Making Sex
• Im Dezember 2000 verabschiedete der Rat eine
(bindende) Richtlinie zur Festlegung eines
allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der
Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf die
direkte und indirekte Diskriminierung auf
Grundlage der Religion oder der
Weltanschauung, dem Alter, Behinderungen oder
sexueller Orientierung verbietet. Die
Rahmenrichtlinie bindet die Mitgliedsstaaten,
während die Beitrittsländer die Richtlinie zum
Zeitpunkt des Beitrittes im nationalen Recht
umgesetzt haben müssen.
• Thomas Laqueurs Buch vermittelt eine
faszinierenden Einblick in die Entwicklung der
Lehre/des Diskurses vom sexuellen Dimorphismus als
Folge „sozialer, politischer, ideologischer und
ästhetischer Entwicklungen.“ In diesem Prozess
kommt es zu einer Unterscheidung zwischen den
Gegebenheiten des Körpers, als das was sichtbar ist
und dem diskursiv konstituierten Körper als „als ob
Sichtbarem“.
1
19.09.2014
Foucault: Sexualität und Wahrheit
Tabu: Inzest und Tötung
• Foucault ortet Sexualität in einem komplexen
Regelsystem. Im Sexualitätsdispositiv verbinden sich
Zwecke der Regulierung, Kontrolle und
Vereinheitlichung verschiedener Akteurinnen
verschiedener Diskurse. In diesem diskursiven
Netzwerk überschneiden sich viele Schnüre, Bänder,
Stricke und Taue: etwa Medizin, Biologie,
Psychologie, Juristerei und Kriminologie,
Bevölkerungspolitik.
• In allen bekannten Kulturen und auf allen
Stufen der zivilisatorischen Entwicklung
bestehen Regeln bezüglich der
Geschlechterverhältnisse zwischen den
Generationen und insbesondere hinsichtlich
sexueller Beziehungen unter Verwandten. Das
sogenannte Inzesttabu verbietet in
verschiedenen Kulturen sexuelle Beziehungen
zwischen nahen Verwandten.
Abweichungen
• Abweichung von Idealnorm: Überschreitung
moralischer Regeln und Vorstellungen
• Abweichung von Durchschnittsnorm:
Handlung, die von der Mehrheit nicht
ausgeübt wird und daher den Täter in eine
Minderheitenposition versetzt.
Geschlecht und Abweichung
2
19.09.2014
Dimensionen der
Geschlechtlichkeit
• Biologisches Geschlecht: Kerngeschlecht
Hormongeschlecht
= SEX
Soziokulturelle Dimension: = GENDER
Namensgebung
Attribution
Geschlechtsrolle
Psychisches Geschlecht: Geschlechtsidentität
Geschlechtsrolle – soziale
Dimension
• Set von Handlungen, Einstellungen und
Verhaltensweisen, die gesellschaftlichen
geschlechtstypisierten Vorstellungen und
Erwartungen entsprechen.
Geschlechtsidentität – individuelle
Dimension
Normenbezug der Dimensionen
der Geschlechtlichkeit
• Traditionelle Interpretation: Komponente der
Identität. Das Bewusstsein, einem von zwei
Geschlechtern zuzugehören. Dazu gehört auch
die Akzeptanz der biologischen Verhältnisse
und der Forderungen der Geschlechtsrolle
sowie das Verständnis der
geschlechtstypisierten Funktion.
• Postmoderne infragestellung des Konzepts
• Soziokulturelle Dimension:
„Objektive Normen“
Idealnorm (Moralische Kategorie)
Durchschnittsnorm (statistische Kategorie)
• Psychische Dimension:
Subjektive Norm
3
19.09.2014
Devianz-Definitionen
• Primäre Devianz: Die Abweichung von einer
bestimmten Norm.
• Sekundäre Devianz: Abweichungsverstärkung
als Reaktion auf den gesellschaftliche Respons
auf die primäre Devianz in einem FeedbackProzess.
Tertiary deviance
• Tertiary deviance implies that the societal
legitimazion of the new behavior pattern is
incomplete...Moreover the stigmatization of
tertiary deviance solutions indicates that the
original ideological debate over the primary
deviation has not been resolved..the
ideological debate will continue..and the
tertiary solution will remain under assault by
moral entrepeneurs.
Dissoziierte Identität
• Tertiary deviance – redefining “deviant” acts,
attributes, or identities as normal or even
virtuous. When participating in tertiary
deviance, people reject the notion that an act
or attribute is discrediting and take steps to
transform stigmatized identities into valued
ones. (See also “embracement”)
Tritt eine Dissoziation zwischen den
Komponenten der geschlechtlichen Identität
ein, kommt es verschiedenen Stilbildungen
bzw. klinischen Phänomenen:
• Bestimmte Stilbildungen innerhalb
homosexueller Lebenswelten
• Transvestismus
• “Gender dysphorie“ und Transsexualität
4
19.09.2014
Der sexuelle Dimorphismus
• In der aktuellen historischen Situation
dominiert gesellschaftlich die Lehre vom
geschlechtlichen Dimorphismus. Die Tendenz,
das Geschlecht am Phänotypus der
Geschlechtsorgane fest zu machen
dokumentiert sich an den „ kulturellen Regeln
der Geschlechtlichkeit“.
Regeln der Geschlechtlichkeit
(Garfinkel)
Regeln der Geschlechtlichkeit ( Garfinkel, 1967 )
1. Es gibt zwei – und nur zwei Geschlechter ( männlich und weiblich )
2. Das Geschlecht ist unveränderlich ( Wenn du männlich oder weiblich bist, dann warst du
es immer und wirst es auch immer bleiben )
3. Die Geschlechtsorgane bezeichnen essentiell das Geschlecht ( der Mann besitzt einen
Penis, die Frau eine Scheide )
4. Ausnahmen von den beiden Geschlechtern sind nicht ernst zu nehmen. ( Sie sind Scherze,
pathologische Bildungen, etc. )
5. Es gibt keine Übergänge zwischen den Geschlechtern außer im zeremoniellen Kontext (
Fasching, etc )
6. Jeder Mensch muss nach seinem Geschlecht klassifiziert werden ( Es gibt keinen Fall,
dem kein Geschlecht zugeordnet würde).
7. Die Dichotomie männlich – weiblich ist naturgegeben. (Männe rund Frauen existieren
unabhängig von wissenschaftlichen oder anderen Kriterien dafür ein Mann oder eine Frau
zu sein ).
Entwicklung der Regeln
• Unser Regelsystem baut auf zwei Einflusssystemen
auf:
moralisch-religiöser Rahmen:
Judao-christlich (z.B.: Festschreibung der auf die
eigene Gattung begrenzten Sexualität;
Fortpflanzungsfunktion; Stigmatisierung von
Masturbation und Homosexualität)
naturwissenschaftlich-medizinisch:
Erkenntnisse und Zuschreibungen aus dem 19.
Jahrhundert (z.B.: sexueller Dimorphismus;
Perversionslehre; Bedeutung der Fortpflanzung)
8. Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht ist naturgegeben. ( Mann oder Frau sein hängt
nicht davon ab, ob irgendjemand darüber entscheidet, was man ist. )
5
19.09.2014
•
•
•
•
Dimensionen der geschlechtsbezogenen
„Abweichung“
Gestalt und Raum der Abweichung
Überschreitung körperlicher Bedingungen
Abweichung von vorgegebenen Zielen
Abweichung von vorgegebenen Regeln
Abweichung von den Vorgaben des Sexuellen
Dimorphismus
• Fantasie
• Aktion / Funktion
• Beziehung zwischen „hysterischer“ und
„perverser“ Position: Die Hysterie bietet den
fantastischen Unterbau für die praktizierte
sexuell-perverse Handlung (Mitchell, 2000)
Perversion-feministische Definition
(Kaja Silverman)
Perversion – Paraphilie - Sexualpräferenz
• Unter Perversion verstehe ich Phänomene wie
Fetischismus, Sado-Masochismus, und
Analerotik, die eine Abwendung von den
Zielen der genitalen Vereinigung und der
Fortpflanzung repräsentieren und daher
sowohl von der Biologie wie von der sozialen
Ordnung divergieren.“
6
19.09.2014
Perversion-alte Definitionen
Definitorisch verstand man unter Perversion des
Geschlechtstriebes in Anlehnung an Krafft-Ebing
jene Äußerungen, die nicht dem Prinzip der
Fortpflanzung dienen.
Diese Perversion grenzte Krafft-Ebing von der
„Perversität“ ab, die durch Handlungen
charakterisiert ist, die durch perverse Triebe oder
andere Ursachen motiviert sind.
Von sexueller Parästhesie wurde gesprochen, wenn
die sexuelle Erregung von einem an sich
ungeeignet erscheinenden Stimulus ausgeht.
Anthropologischer Zugang
ICD -10
„Störung der Sexualpräferenz“,
• Alternativ zur klinischen Phänomenologie
Krafft-Ebings entwickelte sich in der
Psychiatrie ein anthropologischer Zugang, der
die sexuellen Phänomene im
gesellschaftlichen Kontext untersuchte und
einen weniger pathologisierenden Standpunkt
wählte.
• Es treten über einen längeren Zeitraum – mindestens 6
Monate – ungewöhnliche sexuell erregende Phantasien,
sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen auf, die
sich
• 1. auf ungewöhnliche nichtmenschliche Objekte,
• 2. auf Leiden oder Demütigung von sich selbst oder anderen
Menschen oder
• 3. auf Kinder oder andere Personen beziehen, die nicht
einwilligungsfähig oder -willig sind. Diese Phantasien,
Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in
unterschiedlichen Funktionsbereichen Leiden und
Beeinträchtigung bei den Betroffenen oder ihren Objekten.
7
19.09.2014
Präferenz bzw. Paraphilie: Klinische
Phänomenologie
•
•
•
•
•
•
•
•
„Sexueller Sadismus“ DSM–IV 302.84; ICD F65.5
„Sexueller Masochismus „ DSM-IV 302.83; ICD F65.5
„Transvestitischer Fetischismus“ DSM–IV 302.3; ICD F65.1
„Exhibitionismus“ DSM-IV 302.4; ICD10 F65.2;
„Fetischismus“ DSM-IV 302.81; ICD10 F65.0
„Frotteurismus“ DSM-IV 302.89; ICD10 F65.8,
„Pädophilie“ DSM-IV 302.2; ICD10 F65.4
„Voyeurismus“ DSM-IV 302.82; ICD10 F65.3,
• „Nicht näher bezeichnete Paraphilie“ bzw. „Sonstige
Störungen der Sexualpräferenz“ : DSM-IV 302.9;
ICD10 F65.9 , worunter die sexuelle Vorliebe oder
der Drang nach sexueller Befriedigung mit Objekten
die außerhalb des "Normalen" (z.B.: Koprophilie,
Koprophagie, Urolagnie, Zoophilie, Nekrophilie)
fallen, bzw. auch Arten der sexueller Stimulierung,
die als außerhalb des Normbereiches angesehen
werden.
DSM-IV – Diagnostik - Kriterien: Paraphilie
• Kriterium A: über einen Zeitraum von mindestens 6
Monaten bestehen wiederkehrende intensive sexuell
erregende Phantasien, sexuelle dranghafte
Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sich im
allgemeinen auf 1. ungewöhnliche nichtmenschliche
Objekte, 2. das Leiden oder die Demütigung von sich
selbst oder anderen Menschen, 3. Kinder oder
andere Personen beziehen, die einwilligungsunfähig
oder nicht einwilligungswillig sind
• Kriterium B: Die Person hat auf diese sexuell dranghaften
Phantasien oder Bedürfnisse mit einer nicht
einwilligungsfähigen oder -willigen Person gehandelt oder das
Verhalten, die sexuell dranghaften Bedürfnisse oder
Phantasien führen in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden
oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder
anderen wichtigen Funktionsbereichen.
• Kriterium C: Die Kriterien A und B werden nicht ausschließlich
während Phasen akuter Intoxikation, manischer Episoden
oder Schizophrenie erfüllt und resultieren nicht aus geistiger
Behinderung, Demenz, Persönlichkeitsveränderung oder
einem medizinischen Krankheitsfaktor.
8
19.09.2014
Aktuelle Phänomenologie nach
klinischen Gesichtspunkten (DSM;
Kockott, 1998)
Abweichung hinsichtlich des OBJEKTES
Abweichende belebte Objekte:
Überschreitung der Grenzen zwischen den Arten/Gattungen: Zoophilie: Tiere als
Sexualobjekt
Abweichung bezüglich der Partnerschaft: Automonosexualismus (ausschließlichen
Selbstbefriedigung)
Abweichung hinsichtlich des Geschlecht: Homosexualität
Abweichung hinsichtlich des Alter: Pädophilie (die sexuellen Objekte sind im
Kindesalter; sie befinden sich noch nicht in der Pubertät)
Ephebophilie (die sexuellen Objekte befinden sich bereits in
der Pubertät)
Gerontophilie (die sexuellen Objekte sind wesentlich älter als
es der gesellschaftlichen Konvention entspricht)
Unbelebte Objekte bzw. körperliche Teilobjekte: Fetischismus
Nekrophilie
4.2.3. Abweichung hinsichtlich des TRIEBZIELES
Sadismus: Erogener Sadismus; Aggressive Pädophilie;Vergewaltigung;
Tötung mit sexueller Motivation
Masochismus: Erogener Masochismus und sozialer (moralischer)
Masochismus
Exhibitionismus: dranghafte Präsentation des Geschlechtsteils
Voyeurismus: Drang zum Beobachten sexueller Situationen
Definitionen und Ableitungen
•
•
•
Sadismus: Grundbedingung der sexuellen Erregung und der sexuellen
Lusterfahrung ist es, Schmerzen, Erniedrigung, etc. des Partners/der Partnerin
herbeizuführen. Benannt nach D.A.F. Marquis de Sade, 1740-1814;Hauptwerke:
Justine; Juliette; Die 120 Tage Sodoms; Die Philosophie im Boudoir
Masochismus: Grundbedingung der sexuellen Erregung und der sexuellen
Lusterfahrung ist es, Schmerzen, Erniedrigung, etc. Seitens des Partners/der
Partnerin zu erfahren. Benannt nach Leopold von Sacher-Masoch, österreichischer
Schriftsteller, 1836-1895. Wies selbst diese erotische Orientierung auf. Sehr
fruchtbarer Autor. Einschlägige Hauptwerke: Venus im Pelz; Afrikas Semiramis; die
Messalinen Wiens
Fetischismus oder auch erotischer Symbolismus (Havelock Ellis): Für sexuelle
Erregung und sexuelle Lusterfahrung ist die Anwesenheit eines nichtmenschlichen
Objekts, eines bestimmten Materials (z.b. Leder, Gummi, Plastik), eines
Kleidungsstücks, einer bestimmten Situation ( z. B. Verschnürung) oder eines
Körperanteils bzw. -produkts unabdingbare Voraussetzung.
9
19.09.2014
Intensitätsstufen
• Stufe 1. Ein abweichender Impuls tritt spontan auf,
eventuell in einer Lebenskrise oder gebunden an
einen aktuellen Konflikt
• Stufe 2. Eine abweichende Reaktion wird zu einem
wiederkehrenden Konfliktlösungsmuster ohne
jedoch die sexuelle Einstellung gänzlich zu gestalten.
• Stufe 3. Fixierung: Stabilisierung der abweichenden
Orientierung. Diese wird bestimmend für den
sexuellen Vollzug.
• Stufe 4. Progrediente Entwicklung-sexuelle
Süchtigkeit
Aktuelle Hauptproblemstellungen
• Sexueller Missbrauch: Definiert anhand der
modernen Konsensus-Verpflichtung und der
Verpflichtung zum Schutz Unmündiger und
Abhängiger. Unabhängig von der Diagnose
einer sonstigen Abweichung.
• Sexsucht
fixierte Perversion / Paraphilie
• Stereotypisiertes und ritualisiertes Verhalten.
• Objektivierung des Partners/der Partnerin
• Orgasmische Befriedigung von den
spezifischen Bedingungen der Paraphilie
abhängig. Der „gewöhnliche Koitus“ wird als
Ersatz erlebt.
FETISCHISMUS
• Sexuelle Erregung und Lusterfahrung an unbelebte Objekte,
körperliche Teilobjekte oder bestimmte Eigenschaften
gebunden.
• Begriff:Kleiner und großer Fetischismus(Binet )
• Synonym: Erotischer Symbolismus ( Havelock Ellis )
• Entstehung:
• Lerntheoretische Interpretation:
• frühe Auffassung: Binet, Moll
• Konditionierung: Rachmann
10
19.09.2014
Gestalten des Fetisch
Fetischismus-Theorie
• Zum Fetisch kann alles werden: Körperteile,
bestimmte Zustände der Körperteile (Glanz
auf der Nase) Materiale, Kleidungselemente,
Ausscheidungsprodukte, aber auch inszenierte
Zustände des Körpers (Bondage) und
Körperdefekte.
• 1. Lerntheoretisch – Rachmanns
Konditionierungsexperiment
• 2. Psychoanalytisch: Freud: Der Fetisch repräsentiert
und korrigiert „das Fehlende“ die somatisch
phallische Valenz des weiblichen Geschlechts. Die
Schaffung des Fetisch ist ein komplexes Geschehen,
das auf einer Ich-Spaltung im Dienste der Abwehr
(der Kastrations-/Vernichtungsangst) beruht.
Fetischismus- moderne Psychoanalyse
Verschränkungen des Fetischismus
• Winnicott: Fetisch und Übergangsobjekt
• Greenacre: Fetisch, Übergangsobjekt und
gestörtes Körperbild
• Mit „gender bending“
• Mit anderen paraphilen Haltungen (Sadismus
/ Masochismus)
• Komplexe paraphile Systeme
11
19.09.2014
Typen der Pädophilie
• 1. Unterteilung nach Alter der Opfer
• 2. Unterteilung nach Geschlecht der Opfer
• 3. Unterteilung nach Triebrichtung:
- heterosexuelle
- homosexuelle
- bisexuelle Pädophile
4. Klassifikation nach Komorbidität – z.B.
Intelligenzdefekte, andere Perversionen
5. Alterspädophilie
Triebrichtung und Pädophilie
• Pädophilie und Homosexualität kann – nicht
anders als Pädophilie und Heterosexualität miteinander verschränkt sein; allerdings ist
der pädophile Impuls zumeist Ausdruck
anderer sexualpathologischer Phänomene:
Fetischismus, Sadismus, Masochismus
• oder einer allgemeinen
Entwicklungshemmung.
Pädophilie und Inzest
• Der Inzesttäter kann aber muss keine
pädophile Neigung aufweisen. Die inzestuöse
Handlung ist, wenn sie nicht sozialer Not
oder bestimmten (sub)kulturellen
Verhaltenskontingenzen entspringt, oftmals
Ausdruck einer pathologischen familiären
Situation. Inzesttäter suchen daher auch
zumeist keine Opfer außerhalb des familiären
Systems.
Sexuelles Trauma.
• Entweder reale Erfahrung oder komplizierte
Fantasiestruktur. Wichtiger Kern neurotischer ev.
psychotischer Entwicklungen aber auch wirksames Agens in
der Konfliktlage einer „normal“ verlaufenden Adoleszenz.
• Für die Entwicklung der psychoanalytischen Theorie
zentraler Inhalt als motivierender „Fremdkörper“ im
Unbewussten. Besondere Bedeutung für Hysterie, Angstund Zwangsneurose und Phobien, aber auch für sexuell
gehemmte und „perverse“ Entwicklungen sowie Störungen
des Erlebnisvollzugs und des sozialen Kontaktverhaltens.
12
19.09.2014
SADISMUS
• Schwierigkeit der „richtigen Dosis“ von Erotisierung des
Kindes durch die Eltern. Das sexuelle Trauma ist Ausdruck
einer sexuell getönten Wahrnehmung, die in der psychischen
Verarbeitung nicht integriert werden kann: „Traumatisiert
sein heißt nichts anderes als von einem Bild oder Ereignis
besessen sein, das zum Teil dadurch zustande kommt, dass
es nicht ins Bewusstsein integriert werden konnte.“
• Die populär gewordene Bezeichnung „Seelenmord“ für
schwere sexuelle Traumatisierung ist ausschließlich
literarisch zu verstehen. Als Bezeichnung eines psychischen
Zustandes ist sie irreführend.
Begrifflichkeit, Definition
Der Marquis de Sade
• Der Begriff ist abgeleitet von D.A.F. Marquis de
Sade.
• Synonym: Aktive Algolagnie
• Definition des erotischen Sadismus: Quälen
des Partners zum Zweck der sexuellen
Erregung und Lusterfahrung.
13
19.09.2014
De Sade‘s kulturelle Präsenz
19. Jahrhundert
•
•
•
•
•
Jules Janin
Baudelaire
Rachilde
Jean Lorrain
etc
20. Jahrhundert
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Apollinaire
Maurice Heine
Gilbert Lely
Ivan Bloch (Eugen Dühren)
Georges Bataille
Maurice Blanchot
Pierre Klossowski
J.P. Sartre
Albert Camus
Simone Beauvoir
JaStichworteques Lacan
Angela Carter
J. Chasseguet-Smirgel
•
•
•
•
•
Sade als Philosoph – Stichworte:
Antiklerikalismus
Der Sade‘sche Mensch als
„natürlicher Mensch“ (Baudelaire)
Positionierung wider die Natur-nicht
nur im sexuellen Sinn als scharfer
Gegner Rousseaus und extreme
Positionierung in die Richtung
LAMettries
Wird als Vorläufer der
Sexualpathologie aber auch als
Vorläufer von Nietzsche, Marx und
Freud, sowie sowohl als Antifeminist
(Smirgel) wie auch als Feminist
(Carter) interpretiert.
• Eine weitere Quelle der
kulturellen Präsenz war
das Mäzenatentum der
Marie-Laure de
Noailles, die eine
Nachfahrin von Sade
war.
14
19.09.2014
Sade und der Surrealismus
• Autoren:
Andre Breton
Robert Desnos
„Anthologie des
Schwarzen Humors“
„Das Spiel von Marseille“
Sade: politischer Bezug
• Nach dem Ersten Weltkrieg diente Sade‘s Werk als
Bezugsystem für die Interpration der Kriegsgräuel.
• Auch für die Interpretation der Geschehnisse im
Faschismus und Nationalsozialismus wurde Sade
herangezogen.
Sade-Editionen
• Nach einer verbots- und zensurreichen
Geschichte erschien von 1962- 1966 die
definitive Ausgabe des Gesamtwerks mit
kommentierenden Beiträgen bekannter
Autoren (z.B.: Bataille und Lacan)
15
19.09.2014
Zentralfantasie der Perversion
•
„Ich habe eine sehr außerordentliche Fantasie, die mich
seit Jahren verfolgt.....Ich möchte mich verheiraten, nicht
einmal, sondern zweimal, und das am gleichen Tag. Um 10
Uhr morgens möchte ich, verkleidet als Frau, einen Mann
heiraten; nachmittags dann, in männlicher Aufmachung
möchte ich einen Jüngling zur Frau
nehmen. Aber da gibt es noch etwas: Ich möchte, dass
eine Frau mich imitiert...Du, verkleidet als Mann, sollst in
der Messe, in der ich als Frau verkleidet, die Frau eines
Mannes werde, eine Lesbierin heiraten,; dann, als Frau
gekleidet, soll dich eine andere Lesbierin in
Männerkleidung zur Frau nehmen, während ich, nachdem
ich wieder mein Geschlecht angenommen habe, einen
Jüngling in Frauenkleidung heirate.“
De Sade, Justine.
Masochismus
Charakteristika :
• Aufweichung des
Geschlechtsunterschiedes
• Aufhebung der
Fortpflanzungsfunktion
• Extreme Stilisierung und
Ritualisierung
• Maximale Kontrolle
MASOCHISMUS
• Begriff stammt von Krafft-Ebing; Abgeleitet
vom Namen des österreichischen
Schriftstellers Leopold von Sacher-Masoch.
• Diesbezügliches Hauptwerk: Venus im Pelz
16
19.09.2014
Kulturelle Repräsentation des
Masochismus
Masochismus
Definition: Lust durch gequält-, erniedrigt
werden.
3 Dimensionen:
- erotischer Masochismus
- femininer Masochismus
- Moralischer Masochismus
•
•
•
•
Swinburne
Sacher-Masoch
ein zentrales Sujet des erotischen Genres
Als philosophisches Prinzip bei Schopenhauer
und bei anderen Repräsentanten der „Wonne
des Leidens“
Drei Dimensionen des
masochistischen Prinzips:
• Das Interesse der Psychiatrie widmete sich
den Fragen der „Feminität des Mannes“.
Neben der Homosexualität war sicherlich auch
die weite kulturelle Verbreitung und
Repräsentation des Masochismus ein
Katalysator dieses Interesses. Auch der
Masochismus wurde ja ursprünglich als eine
Spielart der „Entmännlichung“ resp.
„Effeminatio“ angesehen.
• 1. Erogener oder erotischer Masochismus
( Passive Algolagnie ).
Erotische Haltung: Für die sexuelle Befriedigung ist es
erforderlich
geschlagen, verletzt, erniedrigt, beschmutzt, etc. zu werden. Ist bei
beiden Geschlechtern verbreitet; sowohl im hetero- wie im
homosexuellen Kontext.
• 2. Femininer Masochismus:
Passive Einstellung des Mannes. Kann mit (1 )
vergesellschaftet sein.
• 3. Moralischer ( sozialer ) Masochismus:
Soziale Einstellung, die auf Lust am Leiden
aufbaut. Ein direkt sexueller Bezug ist dabei vordergründig
nicht sichtbar. Der moralische Masochismus ist
nur selten an erotischen Masochismus
gekoppelt.
17
19.09.2014
Genesetheorien
• Lerntheoretisch: Konditionierte Verschmelzung der
der sexuellen Begierde mit Schmerzerfahrung –
Prügelstrafe / Erziehungsmasochismus /
“Rousseauismus
• Psychoanalytisch:
Triebtheorie: Rückwärtsgewandter primärer
Sadismus - Bewältigung der Kastrationsangst
und des Schuldgefühls
• Narzissmustheorie: Position des „Narzisstischen
Triumphs“ (M‘Uzan)
Philosophie und Masochismus
• 19. Jh.-Decadence: Schopenhauer
• 20. Jh.: J.P. Sartre: Das Sein und das
Nichts
Gilles Deleuze
Die psycho-ökonomische Bedeutung
des Masochismus
• Abwehr schwerer Ängste durch Libidinisierung
• In der „Todestriebtheorie“ bedeutet jede
Erotisierung destruktiver Tendenzen eine
Stärkung der libidinösen Struktur und damit
des Lebenswillens.
Exhibitionismus
• Definition: Zurschaustellung der
Geschlechtsorgane zum Zweck der sexuellen
Befriedigung.
• Verschiedene Erscheinungsformen
- Ausschliessliche Demonstration
- Demonstration der Erregung
- Demonstration des Organs
- Ohne Versuch der Kontaktaufnahme
- Mit Kontaktaufnahme
18
19.09.2014
PsychoanalytischeTheorie
• Fragmentarisches Körperschema – Das
Genitale ist schlecht und labil integriert und
muss durch den Blick des/der Anderen
rekonstruiert werden.
• Phallisch narzisstische Dimension: Die
Bedeutung der schreckhaften Reaktion des
Opfers
Bestialität
• Überschreitung der Gattung; Tiere werden in
den sexuellen Vollzug eingebunden.
• Fetischistische Ausprägung
• Im Rahmen einer psychiatrischen
Komorbidität
• Gelegentliches (Auswegs-)Verhalten
• Fixierte Paraphilie
Voyeurismus
• Definition: Sexuelle Erregung bedarf der
optischen Wahrnehmung sexueller Kontakte
oder erotisch motivierter Handlungen.
• Erscheinungsformen:
- Ohne Kontaktaufnahme:
„Parkplatzvoyeur“
- Mit Kontaktaufnahme: z.B.
Peepshow
„Sexsucht“
• Ist charakterisiert durch fehlende Kontrolle
über das eigene Sexualverhalten. Sexsüchtige
betreiben ihre Sexualität unter Mißachtung
negativer Konsequenzen. Sie können sich
keine Grenzen setzen und beschäftigen sich
obsessiv mit Sex, auch wenn sie nicht daran
denken wollen. In Selbstdarstellungen
beschreiben sie, dass sie letztlich keine Lust
empfinden, sondern Scham und Schuld.
19
19.09.2014
anonyme Sexaholiker-Katalog
•
Selbst-Check
Ist mein sexuelles Verhalten normal? Wenn eine oder mehrere Fragen mit Ja beantwortet werden, könnte das Anlass für einen Besuch beim Psychotherapeuten sein. Er kann
feststellen, ob man ein auffälliges sexuelles Verhalten oder ein zugrunde liegendes psychisches Problem hat oder einfach nur viel Lust auf Sex.
•
Hatten Sie öfter Schwierigkeiten, Ihr sexuelles Verhalten zu kontrollieren?
Hatte Ihr sexuelles Verhalten negative Konsequenzen mit Partnern, im Beruf oder mit dem Gesetz zur Folge? Gab es medizinische Probleme, steckten Sie sich mit einer
sexuell übertragbaren Krankheit an?
Versuchten Sie, Ihr sexuelles Verhalten zu verheimlichen, aus Scham?
Hatten Sie je das Gefühl, zu viel Zeit mit sexuellen Aktivitäten zu verbringen?
•
•
Folgende Kriterien können auf ein auffälliges sexuelles Verhalten weisen:
Sex spielt eine zentrale Rolle im Leben.
Sexuelle Aktivitäten bestimmen den Tagesablauf.
Sex wird so wichtig, dass andere Interessen oder soziale Kontakte vernachlässigt werden.
Man braucht für Befriedigung immer häufiger oder immer heftigere Reize.
Das Sexualverhalten führt zu negativen Konsequenzen, etwa Partnerverlust.
Man macht trotz Problemen immer weiter.
Man verliert die Kontrolle über sein Leben. (fewi)
•
•
•
•
•
Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Schaden zugefügt hatten, und
wurden willig, ihn bei allen wiedergutzumachen.
Wir machten bei diesen Menschen alles wieder gut - wo immer es möglich war - es
sei denn, wir hätten dadurch sie oder andere verletzt.
Wir setzten die Inventur bei uns fort, und wenn wir Unrecht hatten, gaben wir es
sofort zu.
Wir suchten durch Gebet und Besinnung die bewußte Verbindung zu Gott - wie wir
Ihn verstanden zu verbessern. Wir baten Ihn nur, seinen Willen für uns erkennbar
werden zu lassen, und um die Kraft, ihn auszuführen.
Nachdem wir durch diese Schritte ein geistiges Erwachen erlebt hatten, versuchten
wir, diese Botschaft an Sexaholiker weiterzugeben und unser tägliches Leben nach
diesen Grundsätzen auszurichten.
•
•
•
Wir gaben zu, daß wir der Lüsternheit gegenüber machtlos sind und unser Leben
nicht mehr meistern konnten.
Wir kamen zu dem Glauben, daß eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere
geistige Gesundheit wiedergeben kann.
Wir faßten den Entschluß, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes- wie
wir Ihn verstanden - anzuvertrauen.
Wir machten eine gründliche und furchtlose moralische Inventur in unserem
Inneren.
Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt
unsere Fehler zu.
Wir waren völlig bereit, all diese Charakterfehler von Gott beseitigen zulassen.
Demütig baten wir Ihn unsere Mängel von uns zu nehmen.
Abweichung hinsichtlich der
geschlechtlichen Identität und
Rollenfindung
(trans gender syndrome )
Effeminierter männlicher
Homosexueller
Virago (Männlichkeit imitierende
weibliche Homosexuelle)
Erotischer (fetischistischer)
Transvestismus
Metatropismus (fixierter Tausch
der Geschlechtsrolle ohne körperliche
Transformation)
Transsexualismus
20
19.09.2014
Perversion/Paraphilie und Störung der
Geschlechtsidentität
• Homosexuelle Stilbildung mit „gender bending“ Tunten und „Butch
lesbians).
• Klinischer Transvestismus: Perversion, in der die sexuelle Erregung und der
sexuelle Vollzug an das Tragen der Kleidung des andern Geschlechts
geknüpft ist.
• Transsexualität: Komplexe Persönlichkeitsstörung mit Fokus in der
geschlechtlichen Identität. Dissoziation zwischen seelischem Erleben und
körperlicher Erscheinung mit Wunsch nach Geschlechtsumwandlung.
Dabei bestehen
• 1. der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und
anerkannt zu werden;
• 2. das Unbehagen oder das Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen
biologischen Geschlecht;
• 3. der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den
eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich
anzugleichen
Differenzierte Sicht
• Effeminierte/viraginisierte Homosexualität:
überwiegend Rollentauschinszenierungen bei rel.
Intakter Geschlechtsidentität
• Transvestismus: fetischistische Perversion
ohne festgelegte Triebrichtung: Autosexuelle,
heterosexuelle, homosexuelle, bisexuelle
Transvestiten
• Transsexualismus: Komplexe Persönlichkeitsstörung
mit zentraler Identitätsproblematik
ICD / DSM:F64,x bzw 302.xx
• F64.0 Transsexualismus
• F64.1 Transvestitismus unter Beibehaltung
beider Geschlechtsrollen
• F64.2 Störung der Geschlechtsidentität des
Kindesalters
• F64.8 Sonstige Störungen der
Geschlechtsidentität
• F64.9 Störung der Geschlechtsidentität, nicht
näher bezeichnet
Springer: Transsexualitäts-Diagnostik Abb.1
DSM 3 - Diagnostik:
Transexualismus - Leitsymptome:
• anhaltendes Unbehagen und Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum
eigenen Geschlecht
• anhaltender über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren
dauernder Wunsch, die primären und sekundären
Geschlechtsmerkmale loszuwerden und dafür die
Geschlechtsmerkmale des anderen Geschlechtes zu erhalten
• die Person hat ihre Pubertät erreicht.
21
19.09.2014
Springer: Transsexualismus-Diagnostik Abb. 2
Springer: Transsexualitäts-Diagnostik
Abb. 3
DSM 3 - Diagnostik
Verteilung der transsexuellen Komorbidität nach Socarides
“Störung der Geschlechtsidentität vom
Nicht-Transsexuellen-Typus” - Leitsymptome
• Neurotiker, die ihre männliche oder weibliche Rolle fürchten
•
anhaltendes oder wiederholtes Unbehagen und Gefühl der
Nichtzugehörigkeit zum eigenen Geschlecht.
•
Anhaltender oder wiederholter Kleidertausch mit dem anderen
Geschlecht, entweder in der Phantasie oder in der Realität, jedoch
nicht zum Zweck der sexuellen Erregung ( wie beim transvestitischen
Fetischismus )
• Transvestiten, die sich nicht damit zufrieden geben, lediglich die
Kleidung des andern Geschlechtes anzulegen
•
Kein anhaltendes ( d. h. über einen Zeitraum von mindestens zwei
Jahren andauerndes ) Verlangen, die primären und sekundären
Geschlechtsmerkmale loszuwerden und dafür die
Geschlechtsmerkmale des anderen Geschlechtes zu erhalten.
• Schizophrene Homosexuelle und/oder
Transvestiten
•
• Homosexuelle, die mit ihrer biologisch-anatomischen Rolle nicht
zurecht kommen
• Schizophrene
• Somatische Intersexe
Der Betroffene hat die Pubertät erreicht.
Springer : Transsexualitäts-Diagnostik Abb. 4
Springer: Transsexualitäts-Diagnostik Abb. 5
Diagnostische Zuordnung von 25 Fällen nach Springer
Psychiatrische Differentialdiagnostik –
männlich
alternde Transvestiten
junge Transvestiten
2
Masochisten
1
10
1
Eonisten
1
geistig Retardierte
1
Zwangssyndrom
3
1
Basisstörungen:
-exogene Reaktionstypen (
Drogenpsychosen )
3
schizoide
Paranoides Syndrom
Zuordnung nach psychotischen und hirnorganischen
1
6
stigmatisierte Homosexuelle 3
polymorph Perverse
weiblich
2
2
-affektive Psychosen ( selten )
1
-hirnorganische (epileptoide)
Zustandsbilder
1
22
19.09.2014
Transsexualität - Kausaltheorien
Bisexualität
• Biologisch: neuroendokrinologische Thesen – bislang
unbewiesen
• Lerntheoretisch- Paradoxes Rollenlernen
• Psychoanalytisch-klinische Konzepte: Borderline Geschehen
(Parson & Ovesey)
• Komplexes Konzept (Stoller: Sex and Gender):
1. Auswirkung eines paradoxen biologisch verankerten frühen
Identitätsempfinden
2. Folge einer speziellen Familienkonstellation, die die
konfliktuöse Entwicklung des Knaben (Ödipale Triangulierung
und Kastrationskomplex) verhindert, dadurch die Entwicklung
des Wirklichkeitssinns beeinträchtigt und letztlich dazu führt,
dass die Weiblichkeit der Mutter auf das Kind überfliesst.
„Bisexualität“ und geschlechtliche
Ambiguität als kulturelle Inhalte
• Androgynie
- Geschlecht der Engel
- Poetisches Geschlecht
- Adoleszenz
- Gestalt des „dekadenten“ Eros
- Gestalt des Lasters
• in Symbolismus/ Dekadenz diente das androgyne
Prinzip zwei Zielen:
- der Sexualität zwischen den Geschlechtern
entkommen (Rachilde; Altenberg)
- Unsterblichkeit
• Der Versuch, der Geschlechterordung zu entkommen
macht die Gestalt des Androgyn zu einer zentralen
Symbolfigur der Dekadenz. Ist er doch die perfekte
Inkarnation des Zweideutigen, des Hybriden und
damit des Nicht-Repräsentierbaren. Da er gleichzeitig
eine Gestalt der Verdopplung und des Neutrums ist,
bisexuell oder asexuell sein kann, stellt er auf
besondere Weise das „Widernatürliche“ bzw.
„Außernatürliche“ dar.
23
19.09.2014
Der „dekadente Eros“
Mit der Idealisierung des Androgynen vollzieht sich
gleichzeitig eine radikale Abwertung des körperlichSexuellen.
M. Barres in seinem Vorwort zu Monsieur Venus von
Rachilde: „Eine Komplikation mit großer Auswirkung!
Abscheu vor der Frau! Hass gegenüber der
männlichen Kraft! Es gibt Hirne, die von einem
asexuellen (nicht-sexualisierten) Sein
träumen….Diese Vorstellungen riechen nach Tod.“
• Das Interesse der Psychiatrie widmete sich im
späten 19. und später auch im 20. Jh. den
Fragen der „Feminität des Mannes“. Neben
der Homosexualität war sicherlich auch die
weite kulturelle Verbreitung und
Repräsentation des Masochismus ein
Katalysator dieses Interesses. Auch der
Masochismus wurde ja ursprünglich als eine
Spielart der „Entmännlichung“ resp.
„Effeminatio“ angesehen.
Homosexualität
24
19.09.2014
Position der Homosexualität
• Die homosexuelle Orientierung ist durch diese neue
Fassung der Menschenrechte vor Diskriminierung
geschützt.
• Homosexualität galt im DSM bis 1973, im ICD bis
1991 als eigenständige Krankheitskategorie
• Die Entstigmatisierung und Normalisierung der
homosexuellen Orientierung sowohl von der
empirische Sexualforschung ( Alfred Kinsey) wie auch
der Psychoanalyse (v.a. Freud) entscheidend
beeinflusst.
Psychiatrische und sexualwissenschaftliche
Fragestellung: Gleichgeschlechtliche Orientierung als
Ausdruck einer „psychischen sexuellen Zwischenstufe“
Entwicklung des Begriffs:
• Ursprünglich theologisch „Sodomie“
• „Bürgerliche“ Psychiatrie (Westphal): „Konträre
Sexualempfindung“ – Abweichung des
Empfindens, bzw. der Identität
• Psychoanalyse (Freud, 1905): „Inversion“ als Triebrichtung
Ausdruck einer speziellen Konfliktlösung.
• Hirschfeld: „Urningtum“ – Homosexualität als
Verhaltensdimension einer physiologischen Variante
• Kinsey und Nachfolger: Homosexualität als
Dimension sozialen Verhaltens.
Psychiatrie 1
• Casper, 1852: Die bislang als lasterhafte Verirrung angesehene
Päderastie beruht auf einer meist angeborenen krankhaften
Anomalie und stellt am ehesten eine Art geistiger
Zwitterbildung dar.
25
19.09.2014
Psychiatrie 2
• Westphal, 1870: Die konträre Sexualempfindung.
Ein Mensch fühlt sich völlig seinem eigenen
Geschlecht entfremdet und verkörpert
einstellungsmässig, aber in hohem Grad auch
handlungsmässig, das ihm entgegengesetzte
Geschlecht.
• Zunächst forderte Westphal als diagnostisches
Kriterium Krankheitsbewusstsein, ließ diese
Bedingung aber später fallen.
Krafft – Ebing,1903
• Unter dem Einfluss noch recht dunkler Störungen, welche die
empirisch gesetzliche Entwicklung aus der fetalen Existenz
eines Wesens zur monosexualen und der Keimdrüse
kongruenten geschlechtlichen Persönlichkeit erfährt, kann es
nun geschehen, dass die bisexuelle Anlage sich behauptet und
doppelseitig sich entwickelt, wobei aber regelmäßig die der
Keimdrüse konträre (cerebrale) psychische Anlage mehr
ausgebildet ist als die homologe (psychische Hermaphrodisie)
oder dass gar die vermöge der Keimanlage zur Entwicklung
prädestinierte untergeht und statt ihrer sich die psychischen
(Geschlechtsgefühl, Geschlechtstrieb, Charakter, etc.) und
eventuell auch körperlich gegensätzlichen
Geschlechtscharaktere sich entwickeln und behaupten
(konträre Sexualempfindung).
Psychiatrie 3
• Gley, 1884: Die Konträrsexuellen haben ein
weibliches Gehirn, dabei männliche
Geschlechtsdrüsen. Das kranke Gehirn
bestimmt bei ihnen das Geschlechtsleben.
Unter normalen Bedingungen hingegen
bestimmen die Geschlechtsdrüsen das
Geschlechtsleben.
Magnus Hirschfeld
• 1899-1923 Herausgabe des "Jahrbuchs für sexuelle
Zwischenstufen";
• 1903/04 erste statistische Befragungen zur sexuellen
Orientierung bei Studenten und Metallarbeitern;
• 1908 Herausgeber der "Zeitschrift für Sexualwissenschaft",
Mitbegründer der Berliner Zweiggruppe der Wiener
Psychoanalytischen Vereinigung;
26
19.09.2014
Magnus Hirschfeld, ab 1896
• Als Zwischenstufen zwischen dem männlichen
und dem weiblichen Geschlecht werden alle
Personen bezeichnet, die nicht nur
ausschliesslich vollmännliche oder
vollweibliche Formationen besitzen, sondern
eine Mischung beider, wie sie uns so
unendlich mannigfaltig in der Natur
entgegentritt.
• Wenn daher ein Mensch...mit durchaus
charakteristischen Sexualorganen und sonstigen
Merkmalen des einen Geschlechts einzig und allein
für sein eigenes Geschlecht sexuell empfindet, so ist
eben diese Verbindung viriler oder femininer
Sexualorgane mit dem nicht entsprechenden
Sexualtrieb eine Mischform, ein
Geschlechtsübergang, eine Zwischenstufe in
unserem Sinn.“
Klassifikation der Zwischenstufen
Dörner, etwa 1960-1980:
Neuroendokrine Ätiologie
Die Zwischengeschlechtlichkeit bezieht sich
a. auf die Genitalien: Hermaphroditismus
b. bedingt andere körperliche Merkmale:
Androgynie
c. auf das psychische Geschlecht:
Homosexualität
d. auf die nicht-sexuellen
Geschlechtsunterschiede: Transvestismus
• „Negativer Hohlweg-Effekt“ bei
homosexuellen Männern: kein Anstieg der
Androgenausschüttung nach Injektion von
Östrogen
27
19.09.2014
Aktuelle biologische
Homosexualitätstheorien
28
19.09.2014
Kinsey
Kinsey-Skala
•
•
•
•
•
•
•
0 – Exklusiv heterosexuell
1 – vorwiegend heterosexuell;
homosexuell nur zufällig
2 – vorwiegend heterosexuell aber
nicht nur zufällige homosexuelle
Kontakte
3 – In gleicher Weise hetero – wie
homosexuell
4 – vorwiegend homosexuell aber
mehr als zufällig heterosexuell
5 – Vorwiegend homosexuell; nur
zufällig heterosexuell
6 – exklusiv homosexuell
• 30% wenigstens zufällige hsKontakte
• 25 % nicht nur zufällige Kontakte
• 18 % zumindest gelich viel homowie heterosexuelle Kontakte
• 13 % mehr homosexuelle
Kontakte
• 10 % mehr minder ausschliesslich
homosexuelle Kontakte
• 8 % ausschliesslich homosexuelle
Erfahrungen
• 4% ihr Leben lang nur
homosexuell
Der Standort der klinischen Psychiatrie
heute: Paraphilie
• In der Frage der Paraphilie (Perversion) ist die
Position der APA (DSM IV-Diagnostik) äußerst
pathologisierend. Wurden doch
Fantasieabläufe zur Krankheit erklärt, was eine
früher niemals vollzogene Ausweitung des
Krankheitsbegriffes mit sich brachte.
29
19.09.2014
Die Zukunft der Klassifikation
• In Anbetracht der gesellschaftlichen
Normalisierungstendenzen hinsichtlich bestimmter
sexuell abweichender Fantasiewelten scheint diese
Position mit ihrer pathologisierenden Tendenz
fragwürdig. Es ist auch keineswegs erwiesen, dass die
perversen Fantasmen bereits die klinische Perversion
definieren oder nicht doch erst die Verhaftung
sexueller Lusterfahrung an den Drang, das innere
Szenario in der äußeren Realität als perverses Ritual
Gestalt werden zu lassen.
DSM-5 in 2010
• In der Neuausgabe wird angestrebt, nicht
mehr spezifische Persönlichkeitsstörungen zu
klassifizieren, sondern vielmehr
dysfunktionale Typen und Charakterzüge. Die
APA möchte damit Überschneidungen
vermeiden und Kategorien schaffen, auch für
jene Patienten von Nutzen sind, die
Perönlichkeitsprobleme haben, nicht voll
entwickelte Krankheiten.
gender identity disorder
• Zum Beispiel enthält das DSM 5 den
Vorschlag, nicht mehr von einer Störung der
Geschlechtsidentität zu sprechen, sondern
von der weniger stigmatisierenden
Inkongruenz. To have gender incongruence in
the DSM-5, as they've defined it, still leaves it
open to a child being sent to be 'fixed' when a
child doesn't have any problems.
30
19.09.2014
• In fact, the largest controversy over GID is about
an area the DSM doesn't cover: treatment.
Should kids who feel gender mismatched be
allowed to define themselves, or should they be
encouraged to identify with their physical
gender? Those who argue for the latter see their
role as helping kids get comfortable in their own
skin. Those who argue for letting the child take
the lead, like Ehrensaft, say that forcing a kid to
live as an unwanted gender causes depression
and anxiety.
Die drei Kategorien des DSM 5
• ”Sexual Dysfunctions,”
• “Gender Dysphoria,” and
• “Disruptive, Impulse-Control
and Conduct Disorders”
• Im DSM ist Sexsucht nicht enthalten. An ihrer
Stelle empfahl die APA, dass man als neue
Sexualstörung die “Hyper-sexuelle Störung”
aufnehmen solle, die definitorisch die
Ausübung von Seualität nicht an Sucht binde.
Damit könnten mehr Personen erfasst
werden, die sich in Behandlung begeben.
Auch dieser Vorschlag wurde nicht in der
endgültigen Version berücksichtigt.
Sexuelle Dysfunktion
• Unter einer Funktionsstörung versteht man eine am
Ausführungsorgan, also am Geschlechtsapparat,
manifest werdende zentrale Hemmung. Dabei muss
eine normale Funktionseinschränkung (z.B.
allgemeine geistige, körperliche Erschöpfung) von
stärkerer Hemmung abgegrenzt werden.
• Wenn die Funktion ungewöhnlich abgeändert ist
oder gar eine neue Leistung vollbracht wird (z.B.
Muskelkontraktion beim Vaginismus), dann handelt
es sich um ein Symptom.
31
19.09.2014
Klassifikation sexueller Funktionsstörungen (nach DSM – IV;
ICD-10)
• a. Störungen der Sexuellen Appetenz
• DSM-IV 302.71; ICD-10 F52.0 Störung mit
verminderter sexueller Appetenz: Hauptmerkmal ist
der Mangel oder das Fehlen sexueller Fantasien und
sexuellen Verlangens.
• DSM-IV 302.79; ICD-10 F52.10 Störung mit Sexueller
Aversion: Abneigung gegenüber oder Vermeidung
genitalen Kontakts mit einem Sexualpartner bei
bestehendem Leidensdruck des Betroffenen oder
dessen Lebenspartners.
Störungen der Sexuellen Erregung
Orgasmusstörungen:
• DSM-IV 302.72: ICD-10 F52.2 Störung der sexuellen
Erregung bei der Frau. Das subjektive Gefühl nicht
erregbar zu sein und das Ausbleiben der physischen
Vorbereitung (Lubrikation durch Transsudat)
• DSM-IV 302.72; ICD-10 F52.2 Erektionsstörung beim
Mann: anhaltende oder wiederkehrende Unfähigkeit,
eine adäquate Erektion zu erreichen oder bis zur
Beendigung der sexuellen Aktivität
aufrechtzuerhalten.
• Anhaltende oder wiederkehrende Verzögerung oder ein
Fehlen des Orgasmus nach einem normalen sexuellen
Reaktionsablauf:
• DSM-IV 302.73; ICD-10 F52.3 Weibliche Orgasmusstörung
• DSM-IV 302.74; ICD-10 F52.3 Männliche Orgasmusstörung
• DSM-IV 302.75; ICD-10 F52.4 Ejaculatio Praecox: Anhaltendes
oder wiederkehrendes Einsetzen der Ejakulation (ev. auch des
Orgasmus) bereits bei minimaler Stimulierung vor, bei oder
kurz nach der Penetration und bevor die Person es wünscht.
32
19.09.2014
Störungen mit sexuell bedingten
Schmerzen
• DSM-IV 302.76; ICD-10 F52.6 Dyspareunie (nicht
aufgrund eines Medizinischen Krankheitsfaktors):
Schmerzhafter Koitus ohne organisches Substrat
• DSM-IV 306.51; ICD-10 F52.5 Vaginismus (nicht
aufgrund eines Medizinischen Krankheitsfaktors):
Unwillkürliche Kontraktion der
Beckenbodenmuskulatur und der Adduktoren,
welche ein Einführen des Penis unmöglich macht.
primäre sexuelle Funktionsstörungen:
Subtypen
•
•
•
•
•
•
somatische Ursachen sexueller
Dysfunktion des
weitere Kategorien
• „Sexuelle Funktionsstörung aufgrund eines
medizinischen Krankheitsfaktors“
• „Substanzinduzierte sexuelle Störungen“
lebenslanger Typus
erworbener Typus
generalisierter Typus
situativer Typus
aufgrund psychischer Faktoren
aufgrund kombinierter Faktoren.
•
•
•
•
Alkoholismus
Diabetes
Endokrinologische Erkrankungen
Neurologische Erkrankungen: Tumore, Entzündungen,
Verletzungen
• Urologische Erkrankungen: Tumore, Entzündungen,
Verletzungen
• Gynäkologische Erkrankungen: Tumore, Entzündungen,
Verletzungen
• Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems;
Blutdruckveränderungen
33
19.09.2014
Medikamentöse Ursachen
sexueller Dysfunktion
•
•
•
•
Psychopharmaka
Blutdruckmittel
Beta-Blocker
Neue Antiepileptika, die auch gegen
Schmerzen und Angststörungen eingesetzt
werden
• Magenschutzmittel
• Bestimmte Hormonpräparate
Psychoanalytische Perversionslehre
Lerntheoretische Beiträge zur
Perversionslehre
• Speziell hinsichtlich Fetischismus. Dem
südafrikanischen Psychologen Rachmann
gelang es, Fetischismus experimentell in
einem Konditionierungsexperiment
herzustellen.
Perversion: Freud – frühe Position
• Zunächst meinte Freud, dass jene Personen
eine Perversion entwickeln, die sich den
gesellschaftlichen Beschränkungen des
Geschlechtslebens nicht unterordnen können.
In diesem Sinn verstand er die Perversion als
„Negativ der Neurose“.
34
19.09.2014
• Er verstand dabei die Perversion als
komplexes Gebilde aus Fixierung an
frühkindliche Positionen und Regression
aufgrund von Sexualeinschränkung.
Jenseits des Lustprinzips
Perversion: Freud – späte
Position
35
19.09.2014
Im Kontext seiner zweiten Triebtheorie (der
„Todestriebtheorie“) widmete Freud sein
Interesse den Phänomenen des Fetischismus und
des Masochismus. Er verstand sie nunmehr als
komplizierte psychische Konstruktionen, die der
Abwehr von Ängsten und Bedürfnissen dienen,
die aus der als primäres Prinzip erkannten
Destruktivität abgeleitet sind, wobei die
Bewältigung der Kastrationsangst als zentrales
Anliegen imponierte.
In diesem Sinne ordnete er ihnen große psychoökonomische Bedeutung für die Abwehr
psychotischer Zusammenbrüche und
Durchbrüche triebhafter Destruktivität zu. Die
Perversion repräsentiert in diesem Verständnis
die erotisierte Gestalt des destruktiven
Triebanspruchs; jede Erotisierung aber nimmt
dem destruktiven Trieb ein Stück seiner
Gewalt.
Freuds Bewertung der Perversion
Psychoanalyse und kulturelle Norm
„Vielleicht gerade bei den abscheulichsten Perversionen
muss man die ausgiebigste psychische Beteiligung
zur Umwandlung des Sexualtriebes anerkennen. Es
ist hier ein Stück seelischer Arbeit geleistet, dem
man trotz seines gräulichen Erfolges den Wert einer
Idealisierung des Triebes nicht absprechen kann. Die
Allgewalt der Liebe zeigt sich vielleicht nirgends
stärker als in diesen ihren Verirrungen.“
• Für Freud resultierte die Krankheit der Sexualität aus
übersteuerten gesellschaftlichen
Kontrollbedürfnissen. Die neurotische Erkrankung
entsteht aus einer Inkongruenz zwischen kultureller
Norm und subjektiver Norm, wenn das Individuum
sich den Ansprüchen der Kultur beugen möchte,
diesen Vorsatz aber aufgrund seiner Triebhaftigkeit
nicht umsetzen kann. „Perversion“entsteht dann,
wenn das Individuum die Ansprüche seiner
subjektiven Triebhaftigkeit gegen die kulturellen
Ansprüche durchsetzt.
36
19.09.2014
Einige wichtige Komponenten der
psychoanalytischen Theorie
• Er wies nicht explizit darauf hin, es ist aber
evident, dass er damit auch aggressive
Aspekte als wesentliche Bedingungen des
„neurotischen“ Geschlechtslebens
herausarbeitete.
Narzissmus
• Primär: Früher Zustand, in dem das Kind sich selbst
mit seiner ganzen Libido besetzt
• Sekundär: Rückwendung (Abzug) der Libido von den
Objekten auf das Selbst.
• P.N. Ev. Frühe Entwicklungsstufe, die zwischen dem
ursprünglichen Autoerotismus und der Objektliebe
liegt (Freud:Fall Schreber)
• Oder: Primärer Zustand, der den intrauterinen
Zustand zum Vorbild hat (Freud: Massenpsychologie)
• Dementsprechend schlecht definiert. Auf
jeden Fall auch in Bezug zur HomosexualitätsTheorie. „Die Homosexuellen nehmen sich
selbst zum Sexualobjekt, das heisst vom
Narzissmus ausgehend suchen sie jugendliche
und der eigenen Person ähnliche Männer
auf,die sie so lieben wollen, wie die Mutter sie
geliebt hat.“(Freud)
37
19.09.2014
Kastrationsangst
• Ursprünglich als Folge direkter Kastrationsdrohung
im Kontext der ödipalen Phase konstruiert.
• In dieser ursprünglichen Version entsteht beim
Knaben der Kastrationskomplex als Reaktion auf die
Befürchtung, dass der Vater sich für die ödipalen
Bedürfnisse des Knaben rächen werde,
• Beim Mädchen als Reaktion auf die Entdeckung der
Penislosigkeit, die als Nachteil und/oder
Beschädigung erlebt wird und verleugnet, repariert
oder kompensiert werden muss.
Kastrationskomplex und Ödipus
• Beim Mädchen geht die Kastrationsangst der
ödipalen Strebung zuvor, da sie den Wunsch
nach dem (väterlichen) Penis auslöst, beim
Knaben beendet sie hingegen die ödipale
Phase.
Die Ubiquität der „Kastration“
Die phallische Frau
• Heute als Folge bestimmter als vernichtend erlebter
Einwirkungen auf den kindlichen Körper und
Abwehrhaltungen der Mutter gegenüber der
Genitalität des Kindes erkannt. Insofern sind von
dieser „Kastrationsangst“ beide Geschlechter
betroffen.
• Weiters wird die Kastrationsangst in eine Reihe
traumatisierender Erfahrugen eingeordnet, in denen
es um Trennung geht: „Trauma dr Geburt (Rank),
Verlust der Brust (Abstillen), Entwöhnung,
Defäkation…
• Eine Vorstellung, in der die Frau entweder mit
einem nach außen getragenen Phallus oder
einem phallischen Attribut oder einem in sich
aufbewahrten männlichen Phallus gesehen
wird.
38
19.09.2014
Wichtige psychoanalytische AutorInnen
nach Freud
Übergangsobjekt
• Nach Winnicott ein materielles Objekt, das das für
den Säugling oder das Kleinkind (im Alter von4 – 12
Monaten) einen besonderen Wert repräsentiert. Es
erlaubt dem Kind, den Übergang zwischen der ersten
oralen Beziehung und der späteren Gestalt der
Objektbeziehung zu vollziehen. Es steht „zwischen
dem Daumenlutschen und dem Teddybären“. Es liegt
auf halbem Weg zwischen der Erfahrung von
Subjektivität und Objektwahrnehmung.
Neuere Interpretationen auf Basis
der Freudschen Überlegungen
• Stoller versteht die Perversion als
„sexualisierten Hass“.
• Khan hebt in diesem Kontext den
„Entfremdungsaspekt“ der Perversion hervor.
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Gillespie: alllgemeine Perversionslehre
Bak: allgemeine Perversionslehre
Kernberg: Borderline - Störung und Sexualität
Stoller: gender dysphorie; „Perversion ist sexualisierter Hass“
Juliet Mitchell: Hysterie ist fantastischer Unterbau, Perversion Aktion
Joyce McDougall: „Plädoyer für eine gewisse Abnormität“
Morgenthaler: Homosexualität, Perversion-Abwehrcharakter
Wurmser: Masochismus – psychoökonomische Bedeutung
Winnicott,: Fetischismus
Greenacre: Fetischismus
Chasseguet-Smirgel: Weibliche Sexualität; Perversion und Kunst
Bak: Charakteristika der Perversion
• -Verwirrung in Objektbeziehung, insbesondere der genitalen
Liebesobjekte
• -Traumatische Überstimulierung in der undifferenzierten
Phase / prägenitalen Entwicklung, wodurch beide Triebe in
ihrer undifferenzierten Gestalt gleich betroffen werden.
• Physische Dysfunktionen, die ev. das Überleben bedrohten
• -Schwere Störung der Mutter-Kind Beziehung
• -Für den Fetischismus eine Ungewissheit bezüglich des
Körperbildes und Konfusion bezg. Geschlechtsidentität.
• -Für andere Perversionen ev. eine Vagheit der
Körperperipherie, der Grenzen des Körper-Selbst.
39
19.09.2014
Perversion-Gillespie
• Ein hohes Ausmaß an Erregung in der undifferenzierten
Phase, wenn das Ich sich erst abzugrenzen beginnt, kann ev.
zu unkontrollierter Freisetzung libidinöser und aggressiver
Energie führen, ohne dass das Ich interferiert. Die Abwehr ist
in dieser frühen Phase notwendigerweise autoplastisch und
beinhaltet ein hohes Ausmaß an magisch omnipotentem
Denken. Insofern kommt es zu einer massiven Verwerfung der
äußeren Welt. Verleugnung in späteren Entwicklungsstufen
kann ev. diese frühe Magie aktivieren und daher kann das
Muster ev,. auch über die Ich-Reifung stabil bleiben.
Gillespie 2
5.
4.
Die Perversion ist keineswegs ausschließlich als Triebschicksal oder
„Es“-Phänomen zu verstehen. Das Ich ist in die Entwicklung des
Phänomen involviert. In vielen Fällen entsteht dabei eine
permanente Ich-Spaltung und ein partieller Realitätsverlust. Dabei
wird allerdings ein höhergradiger (psychotischer) Einbruch der
Realität vermieden.
Die Methode der Perversion beinhaltet in erster Linie eine
Regression auf prägenitale Niveaus der Triebentwicklung, wobei
sowohl die sexuellen wie die aggressiven Triebe betroffen sind.
Daraus resultiert eine Steigerung sadistischer Impulse. Dies wieder
führt zu Schuldgefühlen und Angst. Die weitere Entwicklung der
Perversion ist als Versuch zu verstehen, mit dieser Angst und Schuld
fertig zu werden um sowohl das Selbst wie auch das Objekt zu
schützen. Die Libidinisierung von Angst, Schmerz und Schuld ist eine
charakteristische Abwehrmethode in der Perversion.
1.
Das Rohmaterial, auf dem die Perversion aufbaut, leitet sich von
den konstituierenden Elementen der kindlichen Sexualität ab.
2.
Die grundsätzlichen Gegebenheit einer polymorphen Sexualität in
der frühen Kindheit spiegelt sich in der klinischen Ausprägung der
Perversion nicht wider. Vielmehr ist diese auf elaborierte Weise
gestaltet, so dass nur ein oder zwei vorgeschriebene Wege bestehen
auf denen sexuelle Erregung und Befriedigung aufgesucht werden
kann.
3.
Perversion ist in diesem Sinne eine psychische Formation, die auf
der Grundlage der Verarbeitung der Grundkonflikte –
Ödipuskomplex und Kastrationsangst – beruht.
Gillespie 3
6. Um eine Perversion voll zu verstehen, muss man nicht
nur ihre Struktur erkennen und verstehen auf welche
Weise diese Struktur entstanden ist und welche
Mechanismen sie aufrecht erhalten sondern auch zu
erklären versuchen, warum die jeweils spezielle Gestalt
entstanden ist und keine andere.
40
19.09.2014
R.J. Stoller: Leitthemen der
sexuellen Handlung
• In Perversion nicht anders als in der
„normalen“ sexuellen Handlung müssen im
Verlauf des Sexualaktes fantasierte Risken als
überwunden erlebt werden.
Stoller: Risikostruktur
• 1. Bewusste Risken: Verstoß gegen soziale Regeln. Wenn ich
erwischt werde gibt es Schwierigkeiten.
• 2. Bewusste Risken: Verstoß gegen innere Regeln. Wenn ich es
tue, werde ich mich hassen.
• 3.Bewusste/unbewusste Risken: Erinnerung an Eltern: Was du
tust ist schlecht.
• 4. Ich bin hasserfüllt und darf es nicht wissen...Ich muss
lieben....Hass ist schlecht und wird bestraft.
• 5. Meine sexuellen Begierden sind schlimm, mein Hass ist
aber noch schlimmer...Gewalttätigkeit ist Teil meines
Wesens....verbirgt sich in dem, das ich erotisch begehre.
Stoller: „Perversion ist Hass,
erotisierter Hass“
Die Bedingungen perverser
Erregung
• 6. Für alles, das man mir antat, werde ich mich
rächen, und auch dies soll sich in der sexuellen
Handlung zeigen. Aber wenn ich meinem
Objekt Schaden zufügen will, spürt es das
vielleicht und will mir mindestens das antun,
was ich ihm antun möchte. Und das ist höchst
riskant..
• Im Mittelpunkt der sexuellen Erregung stehen
bewusste und unbewusste Wünsche, anderen
zu schaden, um Rache für vergangene
Traumen und Versagungen zu nehmen.
Trauma, Risiko und Rache stellen eine
Erregungsstimmung her, die sich steigert,
wenn sie als Geheimnis verpackt werden.
41
19.09.2014
Stoller: Perversion und das Böse
Sexualität und Überschreitung
• Das wahre Selbst der Perversion weiß von
seiner Schlechtigkeit, die für das wahre Selbst
der Variante nicht existiert.
• Uns entgeht die Vielfältigkeit der sexuellen
Erregung des Menschen, wenn wir bei
unseren Untersuchungen die Sünde
ausklammern.
• Die Bindung sexueller Erregung an „die
Gewissheit das Böse“ zu tun bzw.
Überschreitungen zu setzen, sich der
„Verschwendung“ zu verschreiben, ist
eschatologisch verankert. Sie reicht darüber
hinaus in säkularisierter Gestalt in der
Entwicklung des modernen Bewusstseins von
Baudelaire über Bataille bis in
psychoanalytische Interpretationssysteme.
Andere Konzepte
Angst und Perversion im kybernetischen
Verstärkungsmodell
• Anthropologische Konzeptualisierung
In dieser stellt das Leiden des Individuums an seiner
Sexualität und nicht die Art des Aktes selbst das
bestimmende Merkmal dar, um Krankheit zu
definieren.
Giese führte den Begriff „sexuelle Süchtigkeit“ ein
und wollte den Begriff „Perversion“ nur für jene Fälle
reservieren, die jene krankhafte Ausprägung zeigen,
die anderen Formen von Abweichungen wollte er
unter einen „Fehlhaltungs“begriff subsummieren.
42
19.09.2014
Wolfgang Berner: Perversion,
Neurose und BorderlineGeschehen
Perverse Struktur und
Ausdrucksverhalten
• Als dynamischer Hintergrund (underground) des
schöpferischen Ausdruckswillens: Fetischismus und
Kunst
• Als Inhalt des Kunstprodukts: neue Tendenzen;
postmoderne Körperdarstellungen; neue
dokumentarische Fotographie
• Direkte Darstellung der sexuellen Handlung im
Aktionismus oder ihres Effekts (Masturbation bei
Meste)
43
19.09.2014
Pornographie
• Hohe Umsätze: Angaben schwanken zwischen 20
und 100 Milliarden Dollar pro Jahr
• Zunehmende Bedeutung des Internet
• Kontroversielle Bewertung; von neutral/positiven
Bewertungen (etwa durch die Medientheoretikerin
Linda Williams) bis zu Darstellungen über
zerstörerische Auswirkungen in den
Gedächtnisstrukturen (durch die
antipornographische radikalkonservative Aktivistin
Judith Reisman); auch unter feministischen
Autorinnen kontroversielle Positionierungen.
Behandlung
Neue Problembereiche
• Internet:
a. Interaktion von Abhängigkeitsformen: sexuell
explizites Material gekoppelt mit Internetsucht
b. Virtuelle Prostitutionsangebote – besondere
Problembereiche: Angebote Jugendlicher;
„Cryptocurrencies“
c. „Sexuelle Kontakte“ im virtuellen Raum
• International Diskussion um verschärfte Regulierung
der Prostitution
Therapeutische Vorstellungen und
Möglichkeiten:
• Psychotherapie - auf die Bedingungen des
Einzelfalles abgestimmt:
Einzeltherapie vs. Paartherapie (nach Masters
und Johnson), die vor allem bei sexuellen
Dysfunktionen wesentlich bessere Erfolge
erbringt
Analytisch orientierte Verfahren;
Verhaltensmodifikation; Hypnotische und
katathyme Verfahren
44
19.09.2014
Therapeutische ZugängeVerhaltenstherapie
Therapeutische Zugängepsychodynamische Therapie
• Aufgabenstellungen: Reduktion bzw. Kontrolle
des sexuell-devianten Verhaltens und Aufbau
alternativer nicht stigmatisierter Verhaltensund Erlebensmöglichkeiten.
Verbesserung zwischenmenschlicher
Fähigkeiten.
Strategien zur Rückfallsvermeidung.
• Bereits Freud erkannte, dass die „positive“
Perversion der psychoanalytischen Behandlung
zugänglich ist.
• Aufgabenstellung: Erkenntnis der biographischen
und der intrapsychischen Bedeutung der
Symptomatologie.
Erarbeitung der Beschränkung dieser Bedeutung und
Erweiterung des Erlebens- und Verhaltensspielraums
(Morgenthaler).
Medikamentöse Behandlung:
Paartherapie
• Vor allem für die Behandlung sexueller
Dysfunktionen geeignet.
• Das Therapiekonzept von Masters und
Johnson auf der Basis sexualphysiologischer
Untersuchungen.
• Kombination von Beratung, symptomatisch
orientierter Intervention in das konkrete
Sexualverhalten und Interaktionsanalyse
• Bei sexueller Dysfunktion des Mannes: SCART –
Technik; Sildenafil (Viagra) und Nachfolgesubstanzen;
Aphrodisiaka mit durchblutungsfördender Wirkung
(Yohimbin - Typ); bei entsprechender Indikation
Hormonsubstitution.
• Bei Paraphilie: je nach Komorbidität
Psychopharmaka;
• Bei sexueller Delinquenz und hoher
Rückfallsgefährdung kann bei strenger
Indikationsstellung die „hormonelle Kastration“
indiziert sein.
45
19.09.2014
Therapeutische Zugänge
• Aus psychoanalytischer Sicht ist ein
schonender Zugang geboten. Diese Haltung
ergibt sich aus den Erkenntnissen darüber,
dass der psychischen Struktur „Perversion“
eine Abwehrfunktion gegenüber
psychotischen Entwicklungen zukommt. Eine
forcierte Vorgangsweise kann daher zur
Verschlechterung des allgemeinen
psychischen Zustandes führen.
Bei Störungen der Geschlechtsidentität
• Bei Störungen der Geschlechtsidentität: Je
nach Typus und Indikation entweder
ausschließlich Psychotherapie oder im Falle
der Transsexualität auch
konträrgeschlechtliche Hormonbehandlung
und genitalverändernde Operationen.
• Diese Empfehlung ergibt sich auch aus der
Erfahrung mit der Anwendung operantkonditionierender Verfahren bei
Homosexualität. Im Kontext derartiger
therapeutischer Experimente wurden gehäuft
gravierende Reaktionen bis hin zu
Selbstmordversuchen beobachtet.
Psychotherapie bei Sexualstraftätern
• Der Einsatz psychoanalytisch-dynamischer
Therapieverfahren in Hamburg erbrachte bei
Sexualstraftätern relativ gute Ergebnisse.
• Inwieweit der Einsatz neuer therapeutischer
Verfahren, die aktiv eingreifend ausgerichtet sind, in
der Behandlung sexuell delinquenter Individuen die
Erfolgsrate bei dieser schwierigen Klientel erhöht,
muss noch evaluiert werden.
46
19.09.2014
Sexuell motivierte
Aggressionshandlungen
Sexuelle Gewalt und sexualisierte
Gewalt stellen ein äußerst
komplexes Phänomen dar
Gewaltprävalenzen gegenüber Frauen
im Überblick; Deutschland 2004
• Sexuelle Manipulation als Gewaltausübung
• Nutzung der Geschlechtlichkeit als Mittel der
Gewaltausübung – sowohl aktiv als auch passiv
• Sexuelle Überwältigung
• Sexuell motivierte Handlungen gegen Leib und Leben
– cave: Instrumentalisierung der Sexualität im Dienst
der Machtausübung und narzisstischer Bedürfnisse
• 37% aller Befragten haben mindestens eine der genannten
Handlungen körperlicher Gewalt und Übergriffe ab dem
16. Lebensjahr erlebt.
• 13 % der befragten Frauen, also fast jede siebte Frau,
gaben an, seit dem 16. Lebensjahr Formen von sexueller
Gewalt erlebt zu haben.
• 40 % der befragten Frauen haben - unabhängig vom
Täter-Opfer-Kontext - körperliche oder sexuelle Gewalt
oder bei des seit dem 16. Lebensjahr erlebt.
• Unterschiedliche Formen von sexueller Belästigung
haben 58% der Befragten erlebt.
Rund 25 % der in Deutschland lebenden Frauen haben
Formen körperlicher oder sexueller Gewalt (oder beides)
durch aktuelle oder frühere Beziehungspartnerinnen
oder -partner erlebt.
47
19.09.2014
Spielarten sexualisierter Gewalt
Sexuell motivierte Gewalt /
Sexualisierte Gewalt-Formen
• Anmache, Angst und Unsicherheit nachts oder auch
tagsüber auf der Strasse oder sonst irgendwo im
öffentlichen Raum, verbale sexuelle Anspielungen
am Arbeitsplatz, Übergriffe duch einen Lehrer,
Lehrmeister, Vorgesetzten, telefonische Belästigung,
subtiler oder offener Druck zur Sexualität oder zu
bestimmten Formen der Sexualität durch den
Partner, eine sexualisierte Atmosphäre durch den
Vater, einen anderen männlichen Verwandten oder
Bekannten, durch einen Arzt, Therapeuten usw.
• Häufige und zerstörende Formen sexueller Gewalt sind
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (durch einen
gleichgestellten Kollegen, einen Vorgesetzten oder auch
durch einen unterstellten Mitarbeiter),
Vergewaltigungsversuch und Vergewaltigung (durch einen
Bekannten, Fremden, Ehemann, Expartner etc.) sowie
sexueller Missbrauch in einem Abhängigkeitsverhältnis (z.B.
von einem Arzt, Therapeuten, Pfleger im Spital, Altenheim,
Wohnheim, von einem Rechtsanwalt, Jugendarbeiter,
Professor, Lehrer, Pfarrer etc.).
Folgen der sexuellen Gewalt
• Die unterschiedlichen Gewaltformen verursachen
auch unterschiedliche Folgen. Es gibt jedoch Folgen,
die, unabhängig von der Gewaltform, einander
ähnlich sind. Sie haben mit der spezifischen
Verletzung zu tun, die sexualisierte Gewalt immer
darstellt: Die psychischen und meist auch
körperlichen Grenzen werden brutal durchbrochen,
die Person wird in ihrem ganz persönlichen,
innersten Kern angegriffen und zumindest für den
Moment zerstört.
• Jeder sexualisierte Übergriff, unabhängig
davon, ob und wieviel körperliche Gewalt
wirklich ausgeübt wurde, ist äusserst
demütigend und verletzt Selbstbild und
Selbstwertgefühl.
48
19.09.2014
Spätfolgen einer
Vergewaltigung
Unmittelbare Folgen
einer Vergewaltigung:
Störungen der Objektbeziehungen :
Emotionale Symptome:
Mißtrauen, Angst, Isolation/Anklammerung
Schock, intensive Angst, Scham, Weinen, Wut, Hilflosigkeit,
heillose Agitation oder totale Lähmung
Kognitive Symptome:
Verwirrtheit, Desorientierung, Amnesie, Hypermnesie,
Konzentrationsstörungen, Schuldgefühle
Körperliche Symptome:
Post Traumatic Stress Disorder (PTSD):
Wiedererfahren des Traumas in Tag- und Nachtträumen, (Flash-backs)
Vermeidung aller Erinnerungen, Schreckhaftigkeit, Angstzustände Schlafstörungen, vielfältige
Neurotische Symptome
Depression:
Hoffnungslosigkeit, Selbstwertkrisen, Lustlosigkeit, Appetitlosigkeit,Schlafstörungen, etc.
Selbstmordgedanken, Selbstmord
Alkohol/Substanzmißbrauch
Verletzungen, Sexual Transmitted Disease,
Muskelverspannungen, Erschöpfung, Schlafstörungen,
gastrointestinale Störungen, Herzrhythmusstörungen,
Schmerzzustände, etc
Desorganisation der Persönlichkeitsstruktur:
Borderline, Psychose
Institutionalisierte Gewalt gegen
Männer
War sexuality (rape) ist the ultimate detachment
of sexuality from reproduction
and the attachment of death to sexuality
J. MITCHELL
Mad Men and Medusas
Reclaiming Hysteria and the Effects of
Sibling Relations on the Human Condition
Penguin Press, 2000
• Institutionalisierte Gewalt an Männern bleibt ein
tabuiertes Thema. Der deutsche Männerbericht
erwähnt zwar als „besondere Gewaltkontexte“
Gefängnis, Krankenhaus, Psychiatrie, Heim, ohne
jedoch genauere Daten zu liefern. Weiters wird
angeführt, dass diskriminierte Bevölkerungsgruppen
wie Menschen mit Behinderungen, ethnische
Minderheiten und Homosexuelle ev. einem erhöhten
Gewaltrisiko unterliegen. Auch dazu werden jedoch
keine Daten geliefert.
49
19.09.2014
Gestalten der struktuellen
sexuellen Gewalt
Spielarten und Erscheinungsformen der
Verschränkung von Sexualität und Gewalt
Anthropologisch:
Triebschicksal
Kulturelle Ausformungen - Rituale
Gesellschaftliche /institutioonelle Strukturen
Teilstrukturen: Internat
Gefängnis
Lager
einstellungsmäßig
Normsetzung
d. Kulturelle Repräsentanz:
Literatur
Bildende Kunst
Film
e. Individuell
Politische Macht und
sexuelle Gewalt
50
19.09.2014
• Letztlich repräsentiert das Regelsystem, das den
sexuellen Umgang und die sexuellen Normen regelt,
gesellschaftliche Machtverhältnisse.
Dieses Regulativ betrifft den individuellen
Geschlechtsleib und seine Funktionen und liefert ihn
damit sozialer Machtausübung aus.
Freud wies diesem Umstand erhebliche Bedeutung
für die Entstehung psychischen Leids und für die
Entstehung von Neurose und Perversion zu.
51
Herunterladen