Teil 5

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Teil 5:
Makrostatik:
Aggregation der Mikroeinheiten in
Buchungssystemen: die VGR
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1.
Einleitung
2.
Das Europäische System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen ESVG 1995
3
3.
Die Produktionskonten der Sektoren
4.
Das Produktionskonto nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften
5.
Das Produktionskonto finanzieller Kapitalgesellschaften
6.
Entstehungsrechnung: Von der Wertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt
7.
Verwendungsrechnung
8.
Verteilungsrechnung
9.
Gesamtwirtschaftliche Aggregate
1
10. Volkswirtschaftliche
f
Saldenmechanik
S
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2
1
1.
Einleitung
1)
Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) ist der Versuch, die wirtschaftlichen
Transaktionen einer vergangenen Periode, i.A. eines abgelaufenen Jahres, möglichst
vollständig und genau für eine gesamte Volkswirtschaft statistisch zu erfassen und
darzustellen. Dabei wird eine konsistente und einerseits hinreichend detaillierte,
andererseits aber übersichtliche Darstellung
g des Wirtschaftsprozesses
p
angestrebt.
g
Wichtige Ziele der VGR sind die
* Erfassung des Aufkommens der Güter („woher?“ - Produktion; Import) und ihrer
Verwendung („wohin?“ - Weiterverarbeitung, Konsum, Investition, Lager, Export);
* Erfassung der Entstehung und Verteilung der Einkommen, ihre „Umverteilung“
(Steuern, Transfers und Subventionen des Staates, Transaktionen mit EU-Institutionen)
und Verwendung;
* Erfassung der Finanzierung (Sparen, Abschreibungen, Verschuldung, Kapitaltransfers)
* Darstellung nach Wirtschaftszweigen oder institutionellen Sektoren.
______________
1) Statistik Austria, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1977-2001. Wien 2002
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3
Die VGR hat nicht zuletzt die Aufgabe, wichtige gesamtwirtschaftliche Aggregate
statistisch zu ermitteln, wie z.B. das BIP, den Export, den Import, das Preisniveau
und dessen Veränderung, etc.
Üblicherweise ist die VGR auf ein Land und ein Jahr bezogen, sie stellt also die
wirtschaftliche Tätigkeit eines Landes in einem bestimmten Jahr dar.
Darüberhinaus gibt es auch Berechnungen von VGR-Daten für andere zeitliche
und räumliche Abgrenzungen.
In zeitlicher Hinsicht sind Quartalsrechnungen von Bedeutung, die für die
Konjunkturanalyse wichtig sind.
In räumlicher Hinsicht gibt es einerseits Berechnungen für Gebietsabgrenzungen
innerhalb einer Volkswirtschaft. So werden z.B. in Österreich im Rahmen der
Regionalen Gesamtrechnung Daten für die Bundesländer und für die 35 Nuts 3Regionen
g
ermittelt. Andererseits können aber auch Gruppen
pp von mehreren
Volkswirtschaften zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst werden (z.B. die
EU) und dafür VGR-Berechnungen angestellt werden.
(Siehe dazu http://www.statistik.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/index.html)
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2
Wenn wir in diesem Zusammenhang von den wirtschaftlichen Transaktionen sprechen, so
sind damit natürlich nur jene Transaktionen gemeint, die "offiziell" erfassbar sind, d.h. die
nicht in irgendeiner Form illegal oder "schwarz" sind. Es ist offensichtlich, dass es einen
mehr oder weniger großen Anteil an ökonomischen Transaktionen in einer Volkswirtschaft
gibt, die nicht in der VGR enthalten sind, weil sie "am Fiskus vorbei geschmuggelt" werden,
nicht abgerechnet werden, oder weil sie eben schlichtweg illegale Aktivitäten sind (Beispiel:
Drogenmarkt).
(Zum Begriff, Arten und Schätzung der "Schattenwirtschaft" vgl. D. Cassel und A. Caspers,
Was ist Schattenwirtschaft?; in: WiSt, 13. Jg., Heft 1, 1984, S. 1 - 7.)
Nach nicht unumstrittenen1) Studien von F. Schneider (Univ. Linz) hat im Jahre 2000 der
Anteil der durch „Pfusch“ erwirtschafteten Wertschöpfung 10% des österreichischen BIP
überstiegen (10,07%, 272 Mrd öS). Im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz liegt
Österreich im Mittelfeld: Schweiz 8,9%, Deutschland 16,0%.
Aber: im neuen System der österreichischen VGR auf Basis des ESVG 95 werden diverse
Anpassungen zur Sicherung der Vollständigkeit der VGR vorgenommen:
_________________________________
1) Kritik wird an der Schätz-Methode (Bargeldansatz) geübt, die nicht zwischen legalen und illegalen Tätigkeiten
unterscheidet (U. Sedlaczek 2005; www.nachdenkseiten.de).
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A.
5
Untererfassung
Zuschätzungen von Unternehmen, die keine Daten melden
B.
Konzeptive Änderung
aufgrund
g
methodischer Erfordernisse wegen
g definitorischer Unterschiede
C.
Ausgleich von underreporting
Schätzung von nicht deklarierten Einkommen aus versteckten wirtschaftlichen
Tätigkeiten (vor allem von kleinen Unternehmen) – Aufschlag für „ohne
Rechnung Geschäfte“. Zuschlag auf die Produktion bei der
Privatzimmervermietung, Zuschlag für Trinkgelder im Beherbergungs- und
Gaststättenwesen, Taxibetrieb und Friseurgewerbe
Diese Korrekturen unterscheiden sich von jenen, deren Ziel die Erfassung der sog.
Schattenwirtschaft ist. Zuschätzungen für diesen Bereich erfolgen für das
Bauwesen, für KFZ-Reparatur und für Hausgehilfinnen.
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6
3
2.
Das Europäische System volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen - ESVG
In Österreich kommt das ESVG zur Anwendung, das 1999 in der EU verbindlich
eingeführt wurde.
Di
Dieses
ESVG llegt einen
i
einheitlichen
i h i li h R
Rahmen
h
fü
für di
die nationalen
i
l VGR
VGRs ffest,
innerhalb dessen die einzelnen Länder in unterschiedlich detaillierter Weise ihre
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen organisieren (können).1)
Das ESVG ist weiters mit dem weltweiten System of National Accounts (SNA)
kompatibel und an die spezifisch europäischen Erfordernisse angepasst.
1) siehe z.B. H.-P. Nissen, Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen. Physica Verlag,
Heidelberg 2002;
March/Newson, Einführung des neuen Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen. Statistik
kurzgefaßt, 27/1999; download von http://europa.eu.int/comm/eurostat/Public/datashop/
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Ökonomische Akteure
Um die ökonomischen Aktivitäten systematisch und übersichtlich zusammenstellen zu
können, werden in der VGR die wirtschaftlichen Akteure (die Wirtschaftseinheiten) zu
institutionellen Einheiten zusammengefasst. Das sind die wirtschaftlichen
Entscheidungsträger, die eigenverantwortlich handeln und über ein eigenes
Rechnungswesen verfügen.
Sie sind die Bausteine für eine weitere Zusammenfassung nach institutionellen
Sektoren.
Das ESVG unterscheidet folgende 6 Sektoren:
1. Unternehmungen: Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften (UN)
2. Unternehmungen: Finanzielle Kapitalgesellschaften (UF)
3 Staat
3.
Staat, öffentlicher Sektor (Bund
(Bund, Länder
Länder, Gemeinden,
Gemeinden Sozialversich.)
Sozialversich ) (St)
4. Private Haushalte (H)
5. Private Organisationen ohne Erwerbscharakter (O)
6. Übrige Welt, Ausland (A)
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4
1. Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften UN
Kapitalgesellschaften (AGs, GesmbHs)
Personengesellschaften (OHG, KG)
rechtlich unselbständige Betriebe des Staates u. privater Organisationen ohne
Erwerbscharakter (z
(z.B.
B Krankenhäuser)
2. Finanzielle Kapitalgesellschaften UF
Banken
Versicherungen
zugehörige Hilfsgewerbe, z.B. Warentermin-Börsen
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3. Öffentlicher Sektor - Staat St
Öff. Haushalte (Bund, Länder,Gemeinden)
Sozialversicherungen
Parafiszi (z.B. Kammern)
4. Private Haushalte H
Familien, Einzelpersonen, Gruppen von Einzelpersonen (private Haushalte im
engeren Sinn: HH)
Selbständige Landwirte, Einzelunternehmer, Händler, Gastwirte, selbständige
Verkehrsunternehmer,
V
k h
t
h
F
Freiberufler,
ib fl etc.:
t UH
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5
5. Private Organisationen ohne Erwerbscharakter O
Politische Parteien
Gewerkschaften
Kirchen, Wohlfahrtsverbände
Vereine
6. Übrige Welt - Ausland A
Wirtschaftseinheiten, die ihren ständigen Sitz (auch Wohnsitz) außerhalb des
Wirtschaftsgebietes haben (auch die EU gehört in diesen Sektor)
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Ökonomische Aktivitäten
Die ökonomischen Aktivitäten werden zu vier Kategorien zusammengefaßt:
1. Produktion von Gütern (Waren und Dienstleistungen) und die damit verbundene
Entstehung von Einkommen
2. Verteilung, Umverteilung und Verwendung von Einkommen
3. Bildung von Vermögen aus dem laufenden Einkommen
4. Finanzierung der Vermögensbildung durch Kredite
Diesen vier Aktivitätstypen entsprechen in der VGR vier Konten:
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6
1. Produktionskonten P
wichtigste ökonomische Aktivität: Produktion von Gütern
der größte Teil aller Güter wird für den Markt produziert, aber ein Teil dient dem
„Eigenverbrauch“
typische Marktproduzenten sind UN
UN, UF
UF, UH
typische Nicht-Markt-Produzenten sind St und O
2. Einkommenskonten E
die im Zuge des Produktionsprozesses entstandenen Leistungseinkommen als
Löhne, Gehälter, Mieten, Zinsen, Pachteinnahmen, Gewinne fließen entsprechend
den Verfügungsrechten an den Produktionsfaktoren den Wirtschaftssubjekten zu
die Verteilung der Verfügungsrechte bestimmt die Primärverteilung der Einkommen
durch Abgaben (Steuern) und Transferzuflüsse werden diese Einkommen
umverteilt, das Ergebnis ist die sekundäre Einkommensverteilung
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3. Vermögensveränderung VÄ
ein Teil des Einkommens wird gespart, dient der Vermögensbildung
sämtliche Sektoren bilden Sachvermögen in Form von Investitionen, nur die
privaten Haushalte im engeren Sinn (HH) bilden ausschließlich Geldvermögen
4. Finanzierung F
Vermögensbildung und eigene Finanzierungsmittel sind nicht in jedem Sektor
größengleich, sodaß zur Finanzierung der Vermögensbildung Kredite
aufgenommen bzw. gegeben werden
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7
Das volkswirtschaftliche Rechnungswesen kann man also als ein System von
Konten definieren, das entsprechend den Prinzipien der doppelten
Buchführung sämtliche ökonomische Transaktionen zwischen den
Wirtschaftssektoren einer Volkswirtschaft und zwischen in- und ausländischen
Wirtschaftssubjekten für eine abgelaufene Zeitperiode festhält.
In diesem Kontensystem werden die ökonomischen Aktivitäten
Produktion von Gütern - Produktionskonten
Entstehung, Verteilung von Einkommen - Einkommenskonten
Vermögensbildung - Vermögensveränderungskonten
Finanzierung - Finanzierungskonten
den einzelnen Wirtschaftssektoren systematisch zugeordnet.
Grundlage aller ökonomischen Aktivitäten (im System der VGR) ist die Produktion, aus der
Einkommen entstehen, die wiederum zu Vermögen führen, welche zu
Finanzierungsaktivitäten führen. Daher ist auch das Produktionskonto zentral, auf das
wir uns im Folgenden beschränken.
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3. Die Produktionskonten der (institutionellen) Sektoren
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Gütermenge, die im Laufe eines Jahres innerhalb der
geografischen Grenzen einer Volkswirtschaft (d.h. im Inland) produziert worden ist. Darin
enthalten sind auch Güter, die von Unternehmen im Inland produziert worden sind, deren
Eigentümer Ausländer sind. Nicht enthalten sind jene Güter, die inländische Unternehmen im
Ausland produziert haben.
Wie wird das BIP in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt?
Es ist aufgrund der obigen Definition naheliegend, dass die Produktionskonten für die
Bestimmung des BIP von zentraler Bedeutung sind. Wir gehen daher bei der Berechnung
des BIP von diesen Konten aus.
Als ersten Schritt halten wir fest, dass im ESVG fünf verschiedene ökonomische Akteure
unterschieden werden, die Güter (im weitesten Sinn) im Inland produzieren (UN, UF, St, UH,
O, aber nicht: A).
Jedem dieser 5 Akteure ist ein sektorales Produktionskonto zugeordnet, und die Summe
dieser 5 Produktionskonten ergibt das volkswirtschaftliche Produktionskonto, aus dem das
BIP abzuleiten ist.
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8
Für jeden Sektor existiert im ESVG ein Produktionskonto, das grundsätzlich nach dem
folgenden Schema organisiert ist, jedoch gemäß den spezifischen Produktionsbedingungen
des jeweiligen Sektors angepasst ist (siehe Nissen 2002).
Der O
D
Output
t t oder
d Produktionswert
P d kti
t des
d P
Produktionsprozesses
d kti
im
i jeweiligen
j
ili
S
Sektor
kt iistt di
die
Summe aus Verkäufen und selbsterstellten Bruttonvestitionen.
V
D
WS
Einkäufe
Verkäufe
Abschreibungen
Wertschöpfung
Selbster-stellte
B tt
Bruttoinvestitionen
Bruttoproduktionswert zu
Herstellungspreisen
p
e se
PW
(HP)
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Berücksichtigt man die Gütersteuern und Gütersubventionen, so erhält man den
Produktionswert zu Marktpreisen.
V
Einkäufe
D
Abschreibungen
WS
Wertschöpfung
TG
ZG
Gütersteuern
minus
Gütersubventionen
Verkäufe
Selbsterstellte
Bruttoinvestitionen
Bruttoproduktionswert zu
H t ll
Herstellungspreisen
PW(HP)
Gütersteuern
minus
Gütersubventionen
Produktionswert
P
d kti
t
zu Marktpreisen
PW(MP)
Aus Zeit- und Platzgründen beschränken wir uns im Folgenden auf die Darstellung der
Produktionskonten der beiden wichtigsten produktiven Sektoren, der nichtfinanziellen und der
finanziellen Kapitalgesellschaften.
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9
4.
Das Produktionskonto nichtfinanzieller
Kapitalgesellschaften
VUNU
VUN
Ausgaben für
Einkäufe von inländ.
Vorleistungen von
dem eigenen Sektor
UF
UnternehmensHaushalten
Einnahmen aus Verkäufen
von Vorleistungen an
den eigenen Sektor
Finanzunternehmen
Staat
Haushalte
Organisationen
VUN
Einnahmen aus Verkäufe von
Investitionsgütern an
den eigenen Sektor
UF
Staat
Haushalt
Organisationen
IbUN
DUN
Abschreibung
WSUN
Wertschöpfung:
Arbeitnehmerentgelt
A
b it h
t lt +
Betriebsüberschuss
=
Faktorentgelt
TGUN
ZGUN
Gütersteuern
minus
Gütersubventionen =
Nettoproduktionsabgabe
Einnahmen von
Verkäufen von
Konsumgüter
Export von Waren und
Dienstleistungen
Produktionswert
Produktionswert
Importierte Vorleistungen
CHUN
EXUN
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Zu den einzelnen Positionen auf der Aufwandsseite (Sollseite) des Produktionskontos:
Vorleistungen VUNU
werden eingekauft vom eigenen Sektor oder anderen Unternehmens-Sektoren (z.B.
Strom)
werden benötigt von Finanzunternehmen (Dienstleistungen von Banken etc.)
werden eingekauft z.B. von Steuerberatern, Rechtsanwälten (UnternehmensHH)
Importierte Vorleistungen ImUN
sind Einkäufe von Waren und Dienstleistungen aus der übrigen Welt
Abschreibung DUN
entsprechen dem produktionsbedingten Wertverzehr am Anlagevermögen des
Unternehmens (-sektors)
Wertschöpfung (zu Herstellungspreisen) WSUN
ist die verbleibende Differenz zwischen dem Produktionswert zu Herstellungspreisen
(Habenseite) und den bisher aufgelisteten Positionen der Aufwandsseite, sie ist gleich
der Summe der entstandenen Leistungs- (oder Faktor-) einkommen
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Bruttowertschöpfung
die Bruttowertschöpfung (zu Herstellungspreisen) ist die Summe aus WS und
Abschreibung; sie ist die Grundlage für die BIP-Berechnung, weil sie die eigentliche
Entstehung neuer ökonomischer Werte mißt (Korrekturen: TG, ZG und uBG)
Gütersteuern TGUN
(oder indirekte Steuern): alle Steuern oder Abgaben
Abgaben, die für gehandelte Güter zu
entrichten sind: Mehrwertsteuer (insbes. der Teil der Umsatzsteuer, der nicht abzugsfähig
ist (Vorsteuerabzug)), Zölle, Verbrauchssteuern. Sie erhöhen den Produktionswert zu
Marktpreisen, weil man davon ausgeht, dass sie auf die Verkaufspreise überwälzt
werden und damit den Marktpreis erhöhen
Gütersubventionen ZGUN
sind Unterstützungszahlungen des Staates an Unternehmen, um die Produktion
bestimmter Güter überhaupt erst möglich zu machen oder den Preis eines Gutes niedrig
zu halten; man geht davon aus
aus, dass Subventionen preissenkend wirken und daher den
Produktionswert zu Marktpreisen senken
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Zu den einzelnen Positionen auf der Erlösseite (Habenseite) des Produktionskontos:
Auf der Habenseite findet sich der Produktionswert zu Marktpreisen, der sich aus den
Erlösen der Güterverkäufe und den (zu Herstellungspreisen bewerteten) nicht verkauften
Gütern zusammensetzt.
Vorleistungen VUN
werden an den eigenen Sektor oder an Unternehmen anderer Sektoren verkauft
Verkauf von Konsumgütern (CHUN =) CUN
z.B. Autos, Waschmaschinen, Lebensmittel, etc.
Verkauf von Investitionsgütern (Bruttoinvestitionen) IbUN
z.B. Bürohäuser, Werkhallen, maschinelle Ausstattung, Lagerbestände, etc.
Bruttoinvestitionen erhöhen das Produktivvermögen
Export von Waren und Dienstleistungen EXUN
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11
Produktionswert
Der Produktionswert zu Marktpreisen des Sektors der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften
auf der Grundlage der Habenseite:
PWUN = VUN + CUN + IbUN + EXUN
Der Produktionswert zu Marktpreisen des Sektors der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften
auf der Grundlage der Sollseite:
PWUN = VUN + DUN + WSUN + TGUN - ZGUN = VUN + BWSUN + TGUN - ZGUN
Bzw.
PWUN = PW(HP) + TGUN - ZGUN
PW zu Marktpreisen ist PW zu Herstellungspreisen plus Gütersteuern minus
Gütersubventionen.
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5. Das Produktionskonto finanzieller Kapitalgesellschaften
VUFU
Produktionswert
VUF
Ausgaben für
Einkäufe von inländ.
Vorleistungen von
dem eigenen Sektor
UN
UnternehmensHaushalten
Einnahmen aus Provisionen
und Bankgebühren von den
Sektoren
nichtfin. Kapitalges.
Finanzunternehmen
Staat
Unternehmens-Haushalte
Organisationen
VUF
Importierte von Dienstleistungen
DUF
WSUF
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Abschreibung
Wertschöpfung:
Faktoreinkommen an
priv. Haushalte
nichtfin. Unternehmen
Staat
übrige Welt
einbehaltene Gewinne
private Haushalte
CHUF
Exporte von Dienstleistungen
EXUF
Unterstellte Bankgebühren
uBG =
Zinseinnahmen minus
Zinszahlungen
uBG
24
12
Zu den einzelnen Positionen auf der Aufwandsseite (Sollseite) des Produktionskontos:
Die Sollseite des Produktionskontos der finanziellen Unternehmen entspricht im
Wesentlichen jener der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften:
Einkäufe von Vorleistungen
Importe von Dienstleistungen
Abschreibung
Wertschöpfung
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25
Zur Erlösseite (Habenseite):
Einnahmen aus Dienstleistungen (Provisionen und Bankgebühren)
von Unternehmenssektoren VUF
und von privaten Haushalten CHUF
Einnahmen aus dem Export von Dienstleistungen EXUF
Es zeigt sich jedoch, dass Provisionen und Bankgebühren als einzige Einnahmen
vollkommen unzureichend sind, die von diesem Sektor ausgewiesene Wertschöpfung zu
ermöglichen. Ohne weitere Einnahmen müsste der Sektor Verluste ausweisen.
Das Problem wird durch die Einführung sogenannter unterstellter Bankgebühren uBG
Die Unterstellung geht davon aus, dass die Banken erheblich mehr Dienstleistungen
produzieren und verkaufen, als sie in den Provisionen und Bankgebühren in Rechnung
stellen. Der Wert dieser unterstellten Leistungen wird gemessen durch die Differenz
zwischen den Zinseinnahmen und den Zinszahlungen.
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13
Produktionswert
Der Produktionswert zu Marktpreisen des Sektors der finanziellen Kapitalgesellschaften auf
der Grundlage der Habenseite:
PWUF = VUF + CUF + EXUF + uBG
Der Produktionswert des Sektors der finanziellen Kapitalgesellschaften auf der Grundlage
der Sollseite:
PWUF = VUF + DUF + WSUF
Fü die
Für
di Verbuchung
V b h
der
d unterstellten
t t llt Bankgebühr
B k büh gelten
lt seit
it 1
1.1.2005
1 2005 neue R
Regeln,
l di
die d
durch
h di
die
Europäische Kommission festgelegt wurden: ein Abzug dieser Position von der Bruttowertschöpfung aller
Wirtschaftsbereiche ist nunmehr nicht mehr notwendig.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
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6. Entstehungsrechnung: von der Wertschöpfung zum
Bruttoinlandsprodukt
Nach Überprüfung der Vollständigkeit und konzeptueller Anpassungen werden
detaillierte Produktionskonten für alle Wirtschaftsbereiche erstellt.
Aus diesen wird dann die Bruttowertschöpfung (zu Herstellungspreisen) je
Wirtschaftsbereich abgelesen.
Die Summe der Bruttowertschöpfungen aller Wirtschaftsbereiche ergibt dann die
Bruttowertschöpfung der Volkswirtschaft insgesamt, und damit den wesentlichen Teil des
Bruttoinlandsproduktes
Bruttoinlandsproduktes.
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14
Die Summe
–
aller Bruttowertschöpfungen (zu Herstellungspreisen) über alle Wirtschaftbereiche
(Wertschöpfung plus Abschreibung) plus
–
Gütersteuern minus
–
Gütersubventionen
ergibt das
BIP nach der Entstehungsrechnung:
BIP = BWS(HP) + TG – ZG
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Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftsbereichen, laufende Preise
Bruttow ertschöpfung zu Herstellungspreisen
Jahr
Land- und
Forstw irtschaft
schaft,
Fischerei
Bergbau und
Gew innung
von Steinen
und Erden
Sachgütererzeugung
Energie- und
Wasserversorgung
Bauw esen
1
2
3
4
5
BeherberHandel;
gungsRep. v. Kfz u.
und
GebrauchsGaststättengütern
w esen
6
Verkehr und
Nachrichtenübermittlung
7
8
Mrd. €
2000
3,80
0,72
38,38
4,38
13,96
24,96
7,75
13,11
2001
3,96
0,79
39,07
4,66
13,61
25,43
8,22
13,98
2002
3,86
0,79
39,12
4,72
13,77
26,10
8,67
14,73
2003
3,77
0,81
39,20
4,88
14,71
26,19
9,11
14,84
2004
3,93
0,91
40,60
5,15
15,15
27,09
9,49
14,92
2005
3,55
0,99
42,91
5,21
15,58
28,29
10,02
14,06
2006
3,84
1,06
46,28
5,51
16,01
29,46
10,74
14,39
2007
2008
4,33
4,27
0,98
1,17
49,44
51,62
6,19
6,58
17,90
19,12
30,52
32,35
11,11
11,75
15,09
15,34
Q: Statistik Austria
Volkswirtschaftslehre © Blaas
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15
Fortsetzung
Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftsbereichen, laufende Preise
Bruttow ertschöpfung zu Herstellungspreisen
Kredit- und
Versicherungsw esen
Realitätenw esen,
Vermietung
bew egl.
Sachen,
unternehmensbezogene
Dienstleistungen
9
10
Öffentliche
Verw altung,
Sonstige
LandesverDienstteidigung,
leistungen1)
Sozialversicherung
11
12
Bruttow ertschöpfung
zu
Herstellungspreisen,
insgesamt
GüterGüter
steuern
Gütersubventionen
Bruttoinlandsprodukt
13=S 1...12
14
15
16=13+14-15
Jahr
Mrd. €
10,44
29,77
11,82
27,51
186,59
25,03
4,09
207,53
10,50
31,45
11,86
28,50
192,04
25,61
5,15
212,50
2000
2001
10,84
33,86
11,93
29,28
197,69
26,52
5,36
218,85
2002
10,51
35,18
12,21
30,62
202,02
26,82
5,53
223,30
2003
10,98
37,56
12,37
31,81
209,95
27,90
5,07
232,78
2004
11,71
40,93
12,87
33,30
219,42
28,72
4,55
243,58
2005
12,65
43,60
13,47
34,73
231,71
29,33
4,88
256,16
2006
13,70
13,36
45,75
47,53
13,81
14,45
36,08
37,88
244,89
255,43
30,88
31,97
4,99
5,53
270,78
281,87
2007
2008
Q: Statistik
Austria
Volkswirtschaftslehre
© Blaas
31
7. Verwendungsrechnung
Bei der Berechnung des BIP, die primär auf der Entstehungsseite basiert, stellt die
Verwendungsrechnung einen eigenen Berechnungsansatz dar. Dieser Ansatz beruht
darauf, dass das BIP als Summe der gesamtwirtschaftlichen Nachfragekomponenten
(=Verwendung) betrachtet werden kann.
Die gesamtwirtschaftlichen inländische Nachfrage setzt sich zusammen aus:
Konsum
Investitionen (brutto)
Export minus Import
BIP = C + Ib + EX - IM
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32
16
Konsumausgaben umfassen Ausgaben gebietsansässiger privater Haushalte,
Ausgaben des Staates und der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck. Der
Konsum privater Haushalte inkludiert Ausgaben von Personen, die in Heimen oder
anderen öffentlichen oder privaten Institutionen leben, sowie Ausgaben für Verpflegung
und Bekleidung des Bundesheeres. Die Konsumausgaben des Staates lassen sich
nach dem Verbrauchskonzept in den Individualverbrauch und den Kollektivverbrauch
untergliedern.
Di Bruttoinvestitionen
Die
B tt i
titi
umfassen
f
Sachanlageinvestitionen
S h l
i
titi
(B
(Bauten,
t
A
Ausrüstungen,
ü t
Nutztiere und –pflanzen), Investitionen in immaterielle Anlagegüter
(Computerprogramme, Urheberrechte), Verbesserungen an nichtproduziertem
Sachvermögen sowie Vorratsänderungen (Brenn/Treibstoffe; Roh- und Hilfsstoffe;
Handelswaren; unfertige in Herstellung befindliche Erzeugnisse; fertige Erzeugnisse
aus eigener Produktion) und der Nettozugang an Wertsachen (z.B. Kunstwerke).
Der Außenhandel umfasst Warenimporte und Warenexporte sowie
Di
Dienstleistungsimporte
tl i t
i
t und
d Dienstleistungsexporte
Di
tl i t
t .
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33
Q: Statistik Austria
Volkswirtschaftslehre © Blaas
34
17
8. Verteilungsrechnung
Im VGR-System Österreichs liegt bei der Berechnung des BIP das Schwergewicht auf
den Ansätzen der Entstehungsrechnung und der Verwendungsrechnung. Die
Verteilungsrechnung wird als Residualmethode verwendet und ist insgesamt kein
originärer Berechnungsansatz erhobener Einkommen. Positiv bestimmt wird im
Verteilungsansatz jedoch die Lohn- und Gehaltssumme aus der jährlich erstellten
Lohnsteuerstatistik.
Lohnsteuerstatistik
Nach der Verteilungsrechnung ergibt sich das BIP als Summe von
Arbeitnehmerentgelt
Betriebsüberschuss plus Selbständigeneinkommen
Produktionsabgaben minus Subventionen
BIP = ANE + BÜ + PA - SU
Volkswirtschaftslehre © Blaas
35
Arbeitnehmerentgelt
Bruttolohn- und gehaltsumme
Sozialbeiträge (Krankenversicherung, Pensionsversicherung etc.)
Betriebsüberschuss und Selbständigeneinkommen
(Sonstige) Produktionsabgaben
Steuern, die unabhängig von der Menge oder dem Wert der produzierten
oder gehandelten Waren zu entrichten sind (z.B. Grundsteuer, KFZ-Steuer)
(Sonstige) Subventionen
Subventionen, die nicht zu den Gütersubventionen zählen (z.B. ÖPULZahlungen in der Landwirtschaft)
Hinweis: in der folgenden Tabelle sind die beiden letzten Positionen zusammengefasst
Volkswirtschaftslehre © Blaas
36
18
Verteilung des Bruttoinlandsproduktes, laufende Preise
Jahr
Arbeitnehmerentgelt1)
1
Bruttobetriebsüberschuss
und
S
Selbständigeneinkommen
2
Produktionsabgaben
minus
S
Subventionen
3
Bruttoinlandsprodukt
4=1+2+3
Primäreinkommen
aus der/an die
übrige Welt
5
Mrd. €
Abschreibungen
6
Nettonationaleinkommen
Laufende
Transfers
aus der/an die
übrige Welt
7=4+5-6
8
Verfügbares
Einkommen
9=7+8
2000
106,85
76,54
24,14
207,53
-3,52
31,35
172,66
-1,60
171,06
2001
108,86
79,21
24,42
212,50
-4,55
32,79
175,17
-1,79
173,37
180,42
2002
110,73
82,78
25,34
218,85
-2,73
33,89
182,23
-1,81
2003
113,11
85,32
24,87
223,30
-2,17
34,85
186,28
-1,82
184,46
2004
115,33
91,56
25,90
232,78
-1,75
36,08
194,96
-1,92
193,03
2005
119,52
97,43
26,63
243,58
-2,38
37,58
203,63
-2,08
201,55
2006
125,13
103,89
27,14
256,16
-2,84
39,18
214,14
-1,83
212,31
2007
131,53
110,36
28,89
270,78
-5,43
41,24
224,11
-1,36
222,75
2008
138,50
113,58
29,78
281,87
-4,48
43,23
234,16
-1,53
232,63
Q: Statistik Austria
Volkswirtschaftslehre © Blaas
9.
37
Gesamtwirtschaftliche Aggregate
Bruttoinlandsprodukt
Das wichtigste gesamtwirtschaftliche Aggregat ist zweifelsohne das
BIP.
Es dient zur Einschätzung des wirtschaftlichen Entwicklungsstandes einer
Volkswirtschaft, insbesondere auch im internationalen Vergleich.
Für internationale Vergleiche wird neben dem BIP auch das
BIP pro Kopf in einer einheitlichen Währung (z.B. $ oder €) verwendet (um die
Unterschiede in der absoluten Größe einer Volkswirtschaft auszuschalten),
auszuschalten) sowie
das
BIP pro Kopf zu Kaufkraftparitäten (um die Unterschiede der Preisniveaus
auszuschalten).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
38
19
Nettoinlandsprodukt zu Marktpreisen und zu Faktorkosten
Zieht man vom BIP die Abschreibungen ab,
so erhält man das
p
zu Marktpreisen
p
NIP ((zu Marktpreisen).
p
)
Nettoninlandsprodukt
Addiert man weiters zum NIP zu Marktpreisen die
Subventionen und subtrahiert man die
Gütersteuern, so erhält man das
Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten
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39
Bruttonationaleinkommen (früher: Bruttonationalprodukt, Bruttosozialprodukt)
Bisher haben wir die gesamtwirtschaftliche Produktion nach dem sogenannten
Inlandskonzept ermittelt: das BIP ist die Summe der im Inland erstellten Güter
und Dienstleistungen.
Dem ist die Berechnung nach dem Inländerkonzept gegenüberzustellen.
Nach diesem Konzept wird das Bruttonationaleinkommen BNE berechnet.
Das Bruttonationaleinkommen ergibt sich, indem man zum BIP die von der übrigen
Welt
empfangenen Primäreinkommen PEA hinzuzählt
(Arbeitnehmerentgelt, Vermögenseinkommen, Subventionen)
und die an die übrige Welt
geleisteten Primäreinkommen PEA abgezogen
g
g
g werden
(Arbeitnehmerentgelt, Vermögenseink., Produktions- u. Importabgaben):
BIP + PEA - PEA = BNE
Volkswirtschaftslehre © Blaas
40
20
Bruttoinlandsprodukt, Bruttonationaleinkommen und verfügbares Einkommen
Jahr
PrimärPrimäreineinkommen
kommen
aus der
an die
übrigen Welt übrige Welt
Bruttoinlandsprodukt
1
2
3
Bruttonationaleinkommen
Abschreig
bungen
Nettonationaleinkommen
4=1+2-3
5
6=4-5
Laufende
Laufende
Transfers
Transfers an
aus
g
die übrige
der übrigen
Welt
Welt
7
8
Verfügbares
Einkommen
9=6+7-8
Mrd. €
1997
1998
1999
182,49
190,63
197,15
9,91
10,31
13,52
11,86
12,39
16,56
180,54
188,55
194,12
26,09
27,18
28,23
154,44
161,36
165,89
1,69
1,72
1,97
2,43
2,93
3,11
153,70
160,16
164,75
2000
2001
207,04
211,86
14,36
15,04
17,63
19,11
203,77
207,79
29,63
31,15
174,14
176,64
2,20
2,68
3,08
3,31
173,26
176,01
Q: Tabelle 1, Statistik Austria 2002
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41
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Hauptgrößen
Bruttoinlandsprodukt
Bruttoinlandsprodukt
Jahr
1
verkettete
Volumenindizes 1)
2
Mrd. €
2000=100
laufende
Preise
Bruttonationalein
nationaleinkommen
3
Verfügbares Einkommen
laufende Preise
laufende Preise
je
Einwohner
je Erwerbstätigen
4
5
je
Einwohner
je Erwerbstätigen
6
7
€
Mrd. €
2000
210,39
100,0
206,35
26.260
61.360
21.980
51.360
2001
215,88
100,8
210,71
26.840
62.650
22.280
52.000
2002
220,84
101,7
218,11
27.320
64.220
22.800
53.590
2003
226,18
102,9
224,14
27.860
65.630
23.330
54.960
2004
236,15
105,3
233,98
28.890
68.300
24.200
57.210
2005
245,33
107,5
242,81
29.800
70.330
24.990
58.980
2006
257 90
257,90
111 0
111,0
254 61
254,61
31 140
31.140
72 800
72.800
26 070
26.070
60 950
60.950
Volkswirtschaftslehre © Blaas
42
21
Nettonationaleinkommen, verfügbares Einkommen
Zieht man vom Bruttonationaleinkommen die Abschreibungen ab,
so erhält man das
p
NNE
Nettonationaleinkommen zu Marktpreisen
(auch: Volkseinkommen zu Marktpreisen).
Addiert man weiters zum Nettonationaleinkommen NNE die
laufenden Transfers aus der übrigen Welt hinzu
und subtrahiert man die
laufenden Transfers an die übrige Welt
Welt, so erhält man das
verfügbare Volkseinkommen Yv der Gesamtwirtschaft.
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43
Bruttoinlandsprodukt – Bruttonationaleinkommen
Inlandskonzept – Inländerkonzept
Inlandskonzept
BIP zu Marktpreisen
Inländerkonzept
± Saldo der Primäreinkommen
zwischen Inländern und der
übrigen Welt
- Abschreibungen
NIP zu Marktpreisen
BNE zu Marktpreisen
- Abschreibungen
± Saldo der Primäreinkommen
zwischen Inländern und der
übrigen Welt
NNE zu Marktpreisen
Volkseinkommen zu Marktpreisen
- Produktionsabgaben
+ Subventionen
+ Saldo der laufenden Transfers
aus der/an die Übrige Welt
NIP zu Faktorkosten
Verfügbares Einkommen der
Volkswirtschaft
Volkswirtschaftslehre © Blaas
44
22
10. Volkswirtschaftliche Saldenmechanik
Neben den oben behandelten Aggregaten wie BIP oder BNE sind für das Verständnis
der wirtschaftlichen Dynamik (Konjunkturentwicklung) die Finanzierungssalden der nach
den makroökonomischen Akteuren zusammengefassten Aggregate von besonderer
Bedeutung.
g
Das sind die Aggregate der folgenden vier Akteursgruppen:
1.
Private Haushalte
2.
Unternehmen
3.
Staat (Öffentlicher Sektor)
4
4.
Ausland
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45
Ausgangspunkt der folgenden Darstellung ist die Tatsache, dass in einer
Volkswirtschaft den Veränderungen der finanziellen Passiva insgesamt gleich große
Veränderungen der Aktiva gegenüberstehen müssen (saldenmechanische Identität).
Was sind diese Veränderungen der Aktiva und Passiva aus der Sicht der einzelnen
Akteure?
Aktiva
1. Private Haushalte
SH: Sparen der priv. HH
2. Unternehmen
SU: Sparen der Unternehmen
3. Staat
4. Ausland
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T: Staatseinnahmen
X: Exporte
Passiva
H: Kreditnachfrage d. priv. HH
I: Unternehmensinvestitionen
g
G: Staatsausgaben
M: Importe
46
23
Die saldenmechanische Identität besagt daher, dass (ex post!) immer gelten muß:
(SH – H) + (I – SU) + ( T – G) + (X – M) = 0
oder
(SH – H) + (I – SU)
Haushalts
sparen
Unterneh
menskredite
+ (X – M) =
Leistungs
bilanz
( G – T)
Nettokreditaufnahme
des Staates
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47
Betrachten wir zunächst die Finanzierungssalden (FS) im Euro-Raum, die ein
durchaus typisches Bild der gegenläufigen Entwicklungen dieser Salden
zeigen:
1. Der FS des Auslandes ist weitgehend
g
ausgeglichen
g g
((Leistungsbilanzsaldo
g
plus/minus Null)
2. Der FS der privaten Haushalte liegt beständig im Plus (zwischen 2% und
4% des BIP)
3. Dieser Finanzierungsüberschuss wird durch die Finanzierungsdefizite von
Staat und Unternehmen absorbiert, die aber konjunkturell gegenläufig
schwanken: bei guter Konjunktur verringert der Staat sein Defizit
(automatische Stabilisatoren; s.u.), der Unternehmenssektor nimmt Kredite
zur Finanzierung der Investitionen auf
auf. Bei schlechter Konjunktur gerät das
Budget des Staates automatisch ins Defizit, und andererseits verringern die
Unternehmen Investitionen und Kreditaufnahme.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
48
24
Gesamtwirtschaftliche Finanzierungssalden im Euro-Raum
Q: M. Marterbauer, Budgetpolitik im Zeitalter verminderter Erwartungen; WIFO Working paper 366/2010; S. 7
Volkswirtschaftslehre © Blaas
49
Deutliche Abweichungen von diesem typischen Bild weisen etwa die
deutschen Finanzierungssalden auf:
1. Zunächst einmal hat der Finanzierungsüberschuss der privaten Haushalte
((in der betrachteten Periode 95-08)) deutlich zugenommen,
g
, er hat sich von
3% des BIP auf etwa 6% verdoppelt.
2. Im internationalen Vergleich besonders unüblich hat der
Unternehmenssektor in den letzten Jahren einen Finanzierungsüberschuss
aufgebaut! (Veranlagung der Unternehmen auf den Finanzmärkten
wachsen schneller als ihre Kreditaufnahme).
3. Dieser doppelten (!) Finanzierungsüberschüsse werden nur partiell vom
Staat absorbiert, bis 2007/08 jedenfalls brint der öff. Sektor sein Defizit fast
auf Null.
Null
4. Damit bleibt nur das Ausland, mit seinem Finanzierungsdefizit die
gesamten Überschüsse aufzunehmen (Exportüberschüsse).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
50
25
Gesamtwirtschaftliche Finanzierungssalden in Deutschland
Q: M. Marterbauer, Budgetpolitik im Zeitalter verminderter Erwartungen; WIFO Working paper 366/2010; S. 8
Volkswirtschaftslehre © Blaas
51
Ähnliche Entwicklungen sind in Österreich feststellbar:
1. Auch in Österreich ist der Finanzierungsüberschuss der privaten Haushalte
angestiegen (zuletzt auf etwa 5% des BIP)
2 Die FS von Staat und Unternehmen zeigen das typische konjunkturell
2.
gegenläufige Bild.
3. Auch in Österreich absorbiert das Ausland einen zunehmenden Teil der
Finanzierungsüberschüsse (d.h.: zunehmende Exportüberschüsse).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
52
26
Gesamtwirtschaftliche Finanzierungssalden in Österreich
Q: M. Marterbauer, Budgetpolitik im Zeitalter verminderter Erwartungen; WIFO Working paper 366/2010; S. 9
Volkswirtschaftslehre © Blaas
53
Teil 6:
Makrodynamik 1:
Wachstum und technischer Fortschritt
Volkswirtschaftslehre © Blaas
54
27
6.
Makrodynamik 1:
Wachstum und technischer Fortschritt
1.
Was ist Wirtschaftswachstum?
2.
Warum Wirtschaftswachstum?
3.
Determinanten des Wachstums
4.
Angebotsseite
5.
Nachfrageseite
6
6.
Wachstumspolitik
Volkswirtschaftslehre © Blaas
1.
55
Was ist Wirtschaftswachstum?
Unter Wirtschaftswachstum versteht man einen langfristigen ökonomischen
Prozess, der sich in der Vergrößerung der zur Verfügung stehenden Güter und
Dienstleistungen manifestiert.
Gemessen wird das Wirtschaftswachstum durch die Zuwachsrate
(Wachstumsrate) der zur Verfügung stehenden Güter und Dienstleistungen
Dienstleistungen, oder
anders ausgedrückt: durch die Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsproduktes.
Wir unterscheiden das nominelle und das reale BIP.
– Das nominelle BIP gibt die Summe der Güter und Dienstleistungen zu
laufenden Preisen an.
– Das reale BIP gibt die Summe der Güter und Dienstleistungen, bewertet
zu Preisen eines bestimmten Jahres, an.
Der Unterschied zwischen nominellem und realem BIP besteht also in der
Verwendung anderer Preise bei der Bewertung derselben Mengen.
Im ersten Fall werden die jeweils in der Periode gültigen Preise verwendet, im
zweiten Fall die Preise einer früheren oder späteren Periode.
Zweck der realen Rechnung ist es, die Wirkung der Inflation auszuschalten und
ein möglichst exaktes Bild über das Ansteigen des Gütervolumens zu erhalten.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
56
28
BRUTTOINLANDSPRODUKT ÖSTERREICH
JAHRE BIP nomin.
Wachstum
lauf. Preise
nominell
M d€
Mrd
%
aus Spalte (1)
(1)
1990
1995
2000
2001
2002
(2)
133,60
172,29
204,84
210,28
BIP real
Preise 95
M d€
Mrd
Wachstum
real
%
aus Spalte (3)
(3)
(4)
8,2%
4,2%
4,2%
2,7%
155,67
172,29
195,63
197,56
4,7%
1,6%
3,0%
1,0%
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Inflation
BIP-Deflator
%
aus Spalten
(2) bzw. (4)
(5)
3,5%
2,6%
1,2%
1,7%
57
Betrachten wir als Beispiel die Entwicklung des österreichischen BIPs.
Abbildung 6.1: Bruttoinlandsprodukt Österreich
2.500.000
2.000.000
Mio öS
BIP nominell
1.500.000
1.000.000
500.000
0
1955
Volkswirtschaftslehre © Blaas
BIP real (Preise 1976)
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
58
29
Abbildung 6.2: Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes
16,00%
Wachstum nominell
12,00%
8,00%
4,00%
Wachstum real
0 00%
0,00%
-4,00%
1956
1961
1966
1971
1976
1981
1986
1991
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59
Volkswirtschaftslehre © Blaas
60
30
Definitionen:
Nominelle/reale Wachstumsrate:
g = (BIPt+1 - BIPt)/BIPt
gr = (BIPrt+1 - BIPrt)/BIPrt
BIP-Deflator P:
BIPn = BIPr.P
Dieser Zusammenhang in Veränderungsraten ausgedrückt:
g = gr + P'
wobei P' die Veränderungsrate des BIP-Deflators ist.
Mit anderen Worten: die gesamtwirtschaftliche Inflationsrate ist die Differenz
zwischen nomineller und realer Wachstumsrate.
Reales BIP per capita (pro Kopf - BIP):
BIPt/Nt
G = (BIPt+1/Nt+1 - BIPt/Nt)/BIPt/Nt
Volkswirtschaftslehre © Blaas
61
Weitere wichtige Begriffe sind:
Kapitalproduktivität
Kapitalkoeffizient
Kapitalintensität
Zur Definition dieser Begriffe gehen wir von folgender Identität aus:
Q =
Q
K
*
K
A
*A
A
Arbeitseinsatz
K
Kapitaleinsatz
Q
Output (Quantität)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Q/K.......Kapitalproduktivität
K/Q.......Kapitalkoeffizient
K/A........Kapitalintensität
62
31
2.
Warum Wirtschaftswachstum?
Ableitung der “fundamentalen marktwirtschaftliche Gleichung" aus der
Identität
Q = (Q/A).A
wobei:
Q........Quantität/Output/BIP
Q/A.....Arbeitsproduktivität (=PR)
A
A.........Arbeitseinsatz
Arbeitseinsatz (Erwerbstätige)
Daraus folgt:
lnQ(t) = lnPR(t) + lnA(t)
und nach Ableitung nach der Zeit t:
dQ(t) / dt
dPR(t) / dt
dA(t) / dt
=
+
Q(t)
PR(t)
A(t)
oder
d iin W
Wachstumsh t
(V ä d
(Veränderungs-)
) raten
t
gr = pr + a
Volkswirtschaftslehre © Blaas
63
Oder in Worten:
Das BIP-Wachstum ist die Summe aus Produktivitätswachstum und
Wachstum des Arbeitseinsatzes.
Langfristige Wachstumsraten der Produktion, der Arbeitsproduktivität und des
Arbeitseinsatzes: OECD (gewichteter Durchschnitt von 21 OECD Ländern;
Hanusch/Kuhn, S. 221).
Produktion
Arbeitsproduktivität
Arbeitseinsatz
1960-1973
5,2
4,1
1,1
1973 1979
1973-1979
29
2,9
16
1,6
13
1,3
1979-1986
2,3
1,4
0,9
Volkswirtschaftslehre © Blaas
64
32
In der EU ist ein Wirtschaftswachstum von 1,75 Prozent notwendig, damit die
Beschäftigung konstant bleibt und eines von 2,5 Prozent, damit die
Arbeitslosigkeit nicht steigt.
Wenn das Wirtschaftswachstum um einen Prozentpunkt über diesen
Normalpfad steigt, dann sinkt die Arbeitslosenrate um etwa 0,5 Prozentpunkte
und im darauf folgenden Jahr nochmals um 0,25 Prozentpunkte. In der EU ist
im Jahre 2000 die durchschnittliche Wachstumsrate 3,4 Prozent, die
Arbeitslosenrate sinkt um 0,7 Prozentpunkte. Zu diesem Schluss kommen die
Wirtschaftsforscher Markus Marterbauer und Ewald Walterskirchen in einer
Studie über "Einfluss des Wirtschaftswachstums auf die Arbeitslosigkeit" im
Auftrag der Arbeiterkammer. Marterbauer und Walterskirchen haben einen
Zeitabschnitt von 1988 bis 1998 untersucht und dabei im Einzelnen sechs
Lä d - Deutschland,
Länder
D t hl d F
Frankreich,
k i h G
Großbritannien,
ßb it
i
Ni
Niederlande,
d l d Dä
Dänemark
k und
d
Österreich, also drei große und drei kleine - näher analysiert.
Studie: EU braucht 2,5 Prozent Wachstum
DER STANDARD; Samstag/Sonntag, 25./26. November 2000, Seite 26
Volkswirtschaftslehre © Blaas
3.
65
Determinanten des Wachstums
Was bestimmt das Wirtschaftswachstum eines Landes über einen längeren
Zeitraum hinweg?
Das ist die Frage, mit der sich die Wachstumstheorie befasst.
Die Wachstumstheorie, also die Erklärung der Bestimmungsgründe (=
Determinanten) des Wirtschaftswachstums, ist ein komplexer und auch
umstrittener Teil der Volkswirtschaftslehre.
Es existieren unterschiedliche theoretische Ansätze, z.B. keynesianische,
neoklassische und endogene Wachstumsmodelle.
Wesentlich ist zunächst, dass das Wirtschaftswachstum sowohl vom Angebot
als auch von der Nachfrage abhängt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
66
33
Um das BIP zu vergrößern, muss

die Produktionskapazität für diese größere Produktionsmenge
vorhanden sein, also die Angebotsseite gegeben sein

die Nachfrage
di
N hf
fü di
für
diese größere
öß
Produktionsmenge
P d kti
gegeben
b sein
i
(erwartet werden), denn ohne sie wird die Produktion nicht ausgeweitet
(werden).
Was bestimmt also

die langfristige Entwicklung der Produktionskapazität und

die langfristige Entwicklung der Nachfrage (nach inländischen Gütern
und Dienstleistungen)?
Volkswirtschaftslehre © Blaas
67
Die Angebotsseite (Produktionskapazität) wird
 vom Arbeitsvolumen und
 von der Arbeitsproduktivität
bestimmt.
Die Nachfrage wird von der langfristigen Entwicklung der
Nachfragekomponenten (BIP = C+I+EX-IM) bestimmt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
68
34
4. Angebotsseite
Volkswirtschaftslehre © Blaas
69
4.1. Arbeitsvolumen
Das Arbeitsvolumen, das in einer Periode im Produktionsprozess eingesetzt
wird, hängt (a) vom Arbeitsangebot und (b) von der Nachfrage nach
Arbeitskräften ab.
Arbeitsangebot:
Wird bestimmt von demographischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten:
Bevölkerungsgröße und -wachstum, Einwanderung, Auswanderung;
Erwerbsbeteiligung der Männer, der Frauen, alter Menschen
Arbeitsnachfrage:
g
Wird bestimmt von der Nachfrage der Unternehmen und des öffentlichen
Sektors nach Arbeitskräften, also primär von den Produktionsplänen der
Unternehmen und damit von deren Absatzerwartungen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
70
35
4.2. Arbeitsproduktivität und Innovation
Die Arbeitsproduktivität ist das Ergebnis komplexer Zusammenhänge bei der
Herstellung von Gütern und Leistungen.
Man kann diese Komplexität wie folgt aufschlüsseln:
Arbeitsproduktivität wird bestimmt vom
1.
Vorhandensein natürlicher Ressourcen
2.
Kapitalstock
3.
technischen Fortschritt
4.
Humankapital
5.
Sozialkapital
Volkswirtschaftslehre © Blaas
71
Wir vernachlässigen hier der Einfachheit halber die natürlichen Ressourcen,
weil sie im Hinblick auf die Wachstumspolitik weniger relevant sind (Klima
und natürliche Umwelt sind schwerer zu verändern als die anderen
Faktoren).
Kapitalstock
Der (Sach-) Kapitalstock, also die in einer Volkswirtschaft verfügbaren
Produktionsanlagen, Maschinen, etc. ist für die Produktivität wesentlich,
weil eine bessere Ausstattung der Erwerbstätigen mit modernen
Maschinen etc. mehr zu produzieren ermöglicht als mit einer schlechteren
Ausstattung.
Der Umfang und die „Aktualität
Aktualität“ des Kapitalstocks hängt von der
Investitionsbereitschaft, vom Investitionsklima ab.
Entwicklungsländer: FDI Foreign Direct Investment
Volkswirtschaftslehre © Blaas
72
36
Technischer Fortschritt und Innovation
Als technischen Fortschritt bezeichnen wir
makroökonomische Prozessinnovationen.
Prozessinnovationen
(zum Begriff „Innovation“ s.u.)
Sie äußern sich dadurch, dass zur Erzeugung einer bestimmten
Outputmenge Q „insgesamt“ weniger Arbeit und/oder weniger Kapital
eingesetzt werden muss
(d.h. dass die Kapitalproduktivität und/oder die Arbeitsproduktivität
ansteigen).
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73
Technischer Fortschritt und Innovation
Als technischen Fortschritt bezeichnen wir
makroökonomische Prozessinnovationen.
Prozessinnovationen
(zum Begriff „Innovation“ s.u.)
Sie äußern sich dadurch, dass zur Erzeugung einer bestimmten
Outputmenge Q „insgesamt“ weniger Arbeit und/oder weniger Kapital
eingesetzt werden muss
(d.h. dass die Kapitalproduktivität und/oder die Arbeitsproduktivität
ansteigen).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
74
37
Dementsprechend kann man den technischen Fortschritt danach
unterscheiden, ob er
– weniger Arbeitseinsatz bedeutet: arbeitssparender T.F.
– weniger Kapitaleinsatz: kapitalsparender T.F.
– gleichermaßen weniger Arbeits- und Kapitaleinsatz: neutraler T.F.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
75
Für die wirtschaftspolitische Analyse ist wesentlich
– welche Freisetzungseffekte an Arbeit und/oder Kapital durch den
technischen Fortschritt hervorgerufen werden
– welches kompensatorische Wachstum diese Freisetzung
ausgleichen könnte (vgl. dazu die obigen Bemerkungen zur Frage
„Warum Wachstum?“)
– welche Verteilungswirkungen der technische Fortschritt entfaltet
(Verteilung zwischen den Faktoreinkommen für Arbeit bzw. Kapital)
– inwieweit technischer Fortschritt mit einem störungsfreien
Gleichgewichtswachstum vereinbar ist .
Volkswirtschaftslehre © Blaas
76
38
Was versteht man unter Innovationen?
Innovation ist die erstmalige
g unternehmerische Nutzung
g einer
Erfindung/Entwicklung, eines R&D-Ergebnisses
– Unterscheide: Produktinnovation, Prozessinnovation
– Innovationen äußern sich in Veränderungen der Angebots- und auch der
Nachfragefunktionen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
77
Was versteht man unter Innovationen?
Innovation ist die erstmalige
g unternehmerische Nutzung
g einer
Erfindung/Entwicklung, eines R&D-Ergebnisses
– Unterscheide: Produktinnovation, Prozessinnovation
– Innovationen äußern sich in Veränderungen der Angebots- und auch der
Nachfragefunktionen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
78
39
Humankapital
Der Produktionsfaktor Arbeit ist ebensowenig homogen wie der Faktor Kapital,
es gibt unterschiedlich qualifizierte
qualifizierte, jüngere und ältere Erwerbstätige etc.
etc
Für die Arbeitsproduktivität in einer Volkswirtschaft ist daher das allgemeine
Bildungsniveau, die Qualität der Ausbildung, das Schul- und
Universitätswesen, etc. von großer Bedeutung.
Ausbildung kann als Investition in das „Humankapital“ betrachtet werden.
Humankapital kann durch Migration „importiert“ werden, oder auch „exportiert“
werden („brain drain“).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
79
Sozialkapital
Neben dem Sachkapital und dem Humankapital ist für die Arbeitsproduktivität
der institutionelle Rahmen (vgl. Teil 1 der Vorlesung) wesentlich.
–
Formelle Institutionen (Verfassung, Gesetze, Normen)
–
Informelle Institutionen (kulturelle und gesellschaftliche Konventionen und
Regeln, ethische Normen)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
80
40
Technischer Fortschritt und Innovation
q
Die traditionelle Theorie erklärte das Wachstum aus quantitativen
Veränderungen der Produktionsfaktoren und einem exogenen technischen
Fortschritt (unter der (vereinfachenden) Annahme, dass langfristig gesehen
nur das Angebot, nicht aber die Nachfrage für das Wirtschaftswachstum
bestimmend ist).
In dieser theoretischen Sichtweise werden folgende Bestimmungsgründe für
das Wirtschaftswachstum unterschieden:
Volkswirtschaftslehre © Blaas
81
1. Mengenausweitung der Produktionsfaktoren K, A
a. vermehrter Arbeitseinsatz A
b. vermehrter Kapitaleinsatz K
2. Qualitätsverbesserung der Produktionsfaktoren
(technischer Fortschritt im weiten Sinn)
a. Verbesserung der einzelnen Faktorqualität
i. Verbesserung der Qualität von Humankapital
(Ausbildung, Erziehung)
ii. Verbesserung der Qualität von Sachkapital
(Qualitätsfortschritt)
b. Verbesserung der Faktorkombinationen
i. Verbesserung der Faktororganisation
(organisatorischer Fortschritt)
ii. Verbesserung der Einsatztechnik
(technischer Fortschritt im engeren Sinn).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
82
41
Während die herkömmliche Wachstumstheorie das Wachstum durch die
quantitative Veränderung der Produktionsfaktoren, durch Substitution
der Faktoren und durch einen exogenen technischen Fortschritt erklärt,
steht hingegen bei der modernen Sichtweise der technische Fortschritt
als endogener Innovationsprozess im Mittelpunkt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
83
Technischer Fortschritt
Als technischen Fortschritt bezeichnen wir makroökonomische
Prozessinnovationen. Sie äußern sich dadurch, dass zur Erzeugung
einer bestimmten Outputmenge Q „insgesamt“ weniger Arbeit und/oder
Kapital eingesetzt werden muss (d.h. dass die Kapitalproduktivität
und/oder
nd/oder die Arbeitsproduktivität
Arbeitsprod kti ität ansteigen)
ansteigen).
Dementsprechend kann man den technischen Fortschritt danach
unterscheiden, ob er
– weniger Arbeitseinsatz bedeutet: arbeitssparender T.F. (steigender
Kapitalkoeffizient)
– weniger
e ge Kapitaleinsatz:
ap ta e sat kapitalsparender
ap ta spa e de T.F. ((fallender
a e de
Kapitalkoeffizient)
– gleichermaßen weniger Arbeits- und Kapitaleinsatz: neutraler T.F.
(gleichbleibender Kapitalkoeffizient)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
84
42
Für die wirtschaftspolitische Analyse ist wesentlich
– welche Freisetzungseffekte an Arbeit und/oder Kapital durch den
technischen Fortschritt hervorgerufen werden
– welches kompensatorische Wachstum diese Freisetzung
ausgleichen könnte (vgl. dazu die obigen Bemerkungen zur Frage
„Warum Wachstum?“)
– welche Verteilungswirkungen der technische Fortschritt entfaltet
(Verteilung zwischen den Faktoreinkommen für Arbeit bzw. Kapital)
– inwieweit technischer Fortschritt mit einem störungsfreien
Gleichgewichtswachstum vereinbar ist .
Volkswirtschaftslehre © Blaas
85
Die Wirtschaftspolitik ist einerseits am technischen Fortschritt interessiert
und fördert diesen daher mit verschiedenen Instrumenten
(Forschungsförderung; High-Tech-Förderung; etc.).
Andererseits ist die Wirtschaftspolitik auch bemüht, die negativen
sozialen Auswirkungen eines „zu raschen“ technischen Fortschrittes
abzufedern (oder auch die Sozialpartner),
Sozialpartner) z.B.
z B durch aktive
Arbeitsmarktpolitik, mithilfe derer Arbeitskräfte, die durch technischen
Fortschritt arbeitslos geworden sind, umgeschult und neu qualifiziert
werden.
Was versteht man unter Innovationen?
– Innovation ist die erstmalige unternehmerische Nutzung einer
E fi d
Erfindung/Entwicklung,
/E t i kl
eines
i
R&D
R&D-Ergebnisses
E b i
– Unterscheide: Produktinnovation, Prozessinnovation
– Innovationen äußern sich in Veränderungen der Angebots- und auch der
Nachfragefunktionen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
86
43
Inwiefern schafft die Marktwirtschaft besondere Anreize zur Innovation?
Das Neuerungsverhalten der Unternehmer wird durch Gewinnaussichten im
marktwirtschaftlichen Wettbewerb angetrieben und zugleich durch drohende
Verluste aus erfolgreichen Neuerungen der Konkurrenten erzwungen.
Welche
W
l h P
Persönlichkeitsö li hk it und
dO
Organisationsmerkmale
i ti
k l kkennzeichnen
i h
Innovatoren und innovative Unternehmen?
Bei den Menschen dominieren höherwertige Bedürfnisse:
–
Leistungsbedürfnis, Anerkennungsbedürfnis
–
Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Erfolgsmotiv
für die Persönlichkeitsstruktur ist kennzeichnend
–
Neugier, Kreativität
–
Offenheit für neue Erfahrungen
–
Tendenz zum Nonkonformismus
 In innovativen Unternehmen können die Möglichkeiten innovativer
Menschen zum Tragen kommen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
87
Welche gesellschafts- und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begünstigen
Innovationen?
– soziale Akzeptanz: positive Einstellung zu Neuerung und Fortschritt
– Haftung für Neues: Balance zwischen Risiko und Chance (keine zu starke
Sozialisierung des innovatorischen Risikos)
– Rahmenbedingungen offen für Innovation
(z.B. Steuergesetze mit dem Ziel stärkerer Anreize für Innovationen )
Welche Rolle spielt der Staat im Innovationsprozess?
Innovationspolitik:
– infrastrukturelle Bedingungen (Verkehr; Ausbildung; etc.)
– Gestaltungsinterventionen und Anpassungsinterventionen zur besseren
Bewältigung des Strukturwandels
– Industriepolitik alt: Industrien am Ende des Lebenszyklus;
Industriepolitik neu: Förderung von Zukunftsindustrien,
Technologiepolitik
Volkswirtschaftslehre © Blaas
88
44
5. Nachfrageseite
Die Nachfragekomponenten sind langfristig und in letzter Instanz vom in- und
ausländischen Konsum bestimmt.
Daraus folgt, dass die Nachfrage entscheidend von der langfristigen
Entwicklung der Einkommen und deren Verteilung abhängt.
Entscheidend dabei ist, dass es nicht ausreichend ist, dass das Einkommen
der Haushalte insgesamt ansteigt, sondern dass sich die Verteilung so
g
g
Einkommen auch ein höherer Konsum
entwickelt,, dass aus dem gestiegenen
wird.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
89
Steigen nämlich z.B. die Einkommen so, dass dieser Anstieg nur den
Spitzenverdienern zugute kommt, so steigt der Konsum dadurch gar nicht oder
nur unwesentlich. Denn die marginale Konsumneigung sinkt mit der Höhe des
Einkommens.
Die marginale Konsumneigung (auch: marginale Konsumquote, Grenzneigung
zum Konsum), beschreibt den Anteil des Einkommens, den die privaten
Haushalte einer Volkswirtschaft an der nächsten zusätzlichen (marginalen)
Einkommenseinheit konsumieren, d.h. nicht sparen.
Die Konsumneigung/Sparquote ist aber von der Höhe des Einkommens
abhängig (siehe Abbildung): je höher das Einkommen, desto geringer die
marginale
i l K
Konsumneigung.
i
Volkswirtschaftslehre © Blaas
90
45
Sparquoten in Deutschland 2003 (Nettoeinkommen in € pro Monat)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Q: isw wirtschaftsinfo Nr. 36
91
Die Nachfrage muss also langfristig dadurch gesichert werden, dass

die Einkommen der privaten Haushalte insgesamt steigen

und die Einkommensverteilung sich nicht zu ungunsten der unteren
Einkommen
Ei
k
verändert.
ä d t
Volkswirtschaftslehre © Blaas
92
46
6.
Wachstumspolitik
Ansatzpunkte der Wachstumsbeeinflussung:
* Nachfragepolitik
* Angebotspolitik
Nachfragepolitik
Als Politik der Nachfragesteuerung (demand management) werden alle
wirtschaftspolitischen Maßnahmen zusammengefasst, deren Ziel es ist,
die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zu beeinflussen.
Staatsausgaben und –einnahmenpolitik.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
93
Angebotspolitik
- Investitionen und technischer Fortschritt (Sachkapital)
– Investitionsförderung, Forschungsförderung
– Strukturpolitik
– Arbeit und Ausbildung (Humankapital)
– Arbeitszeitpolitik
– Aktive Arbeitsmarktpolitik (Schulung, Vermittlung)
– Bildungspolitik
– Infrastruktur
– Umwelt, Boden, nicht erneuerbare Rohstoffe
– Qualitatives Wachstum
– Schließen veralteter Anlagen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
94
47
Teil 7:
Makrodynamik 2:
Konjunktur und Inflation
Volkswirtschaftslehre © Blaas
7.
95
Makrodynamik 2:
Konjunktur und Inflation
1
1.
Ei l it
Einleitung
2.
Maßkonzepte, Indikatoren und Prognose der Konjunktur
3.
Inflation
4.
Konjunktur- und Stabilisierungspolitik
5.
Der Zusammenhang zwischen Konjunktur und Wachstum
Volkswirtschaftslehre © Blaas
96
48
1.
Einleitung
1.1. Begriff
Der Begriff Konjunktur bzw. Konjunkturschwankungen bezeichnet die
g
gesamtwirtschaftlicher Mengengrößen
g
g g
((Sozialprodukt,
p
,
Veränderungsmuster
Beschäftigung, Kapazitätsauslastung) und gesamtwirtschaftlicher Preisgrößen
(Veränderungsraten des Preisniveaus, Zinsniveauschwankungen)
Die Konjunkturanalyse ist die gesamtwirtschaftliche Analyse für die mittlere Frist
(3 bis 5 Jahre).
Die Einheiten der Konjunkturbeobachtungen sind in erster Linie Vierteljahre.
Bis heute gibt es keinen einheitlichen theoretischen Rahmen zur Erklärung von
Konjunkturschwankungen, der eine gesicherte empirische Bestätigung aufweist
(Nachfrage vs. Angebot).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
97
1.2. Konjunkturphasen
Bei Konjunkturschwankungen handelt es sich um schwingungsähnliche
Phänomene von unterschiedlicher Dauer, also um unregelmäßige, aber doch
einigermaßen periodisch wiederkehrende Veränderungsmuster.
Nach neueren Konjunkturanalysen des WIFO für den Zeitraum 1976 bis 2005
dauern die Zyklen in Österreich (je nach Berechnungsmethode) im
Durchschnitt 33/4 Jahre (bzw. 41/2 Jahre) von Konjunkturhöhepunkt zu
Konjunkturhöhepunkt, und 4 (bzw. 5) Jahre von Konjunkturtiefpunkt zu
Konjunkturtiefpunkt (Scheiblecker 2007).
Die unterschiedlichen Schwingungslängen kann man auch aus früheren
Konjunkturanalysen ablesen
(Siehe Abbildungen 7.2 und 7.3: Zyklische Komponente des öst. BIP).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
98
49
Die üblichen Bezeichnungen der Phasen der Konjunktur sind
– Aufschwung für die frühe ansteigende Phase der gewählten Maßgröße,
– Hochkonjunktur (Boom) für den Höhepunkt
– Konjunkturabschwung
j
g für die Verlangsamung
g
g der Entwicklung
g
– Rezession (Konjunkturtief, s.u.)
– Ist die Verlangsamung mit einer absoluten Abnahme der betrachteten
Aggregate verbunden, so spricht man von Depression.
– Dauert die rezessive oder depressive Phase sehr lange, so spricht man von
Stagnation.
– Krise heißt ein besonders scharfer Abfall von der Hochkonjunktur
Hochkonjunktur.
Diese nicht sehr exakten Formulierungen lassen erkennen, dass die jeweils
gewählten Bezeichnungen davon abhängen, was der jeweilige Betrachter als
"normal" ansieht.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
99
Abbildung 7.1: Phasen der Konjunktur
Hochkonjunktur
Abschwung
Aufschwung
Konjunkturtief
t
Volkswirtschaftslehre © Blaas
100
50
2.
Maßkonzepte, Indikatoren und Prognose der Konjunktur
2.1. Maßkonzepte
a))
P i b
Preisbezogene
B
Betrachtung:
t ht
In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und teilweise auch in der
Zwischenkriegszeit verstand man unter Konjunkturschwankungen vor
allem Schwankungen des Preisniveaus, insbesondere der
Großhandelpreise (Preise der Rohstoffe und Halbfertigwaren).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
b)
101
Beschäftigungsbezogene Betrachtung:
Nach KEYNES (1936) wurde eine andere Klasse volkswirtschaftlicher
Aggregate als Maßgröße der Konjunktur üblich, nämlich Arbeitslosigkeit und
Beschäftigung.
Die beiden Größen hängen insoferne eng miteinander zusammen, als
unselbständig Beschäftigte und Arbeitslose zusammen die unselbständig
erwerbstätige Bevölkerung bilden.
Die Phasenbeschreibung der Konjunktur mittels Beschäftigung und mittels
Arbeitslosigkeit muß nicht übereinstimmen. Während die Beschäftigung nur
die Nachfrageseite des Arbeitmarktes widerspiegelt, ergibt sich die Zahl der
Arbeitslosen aus der Angebots- und der Nachfrage am Arbeitsmarkt. So kann
etwa trotz steigender Beschäftigung (Nachfrage) auch noch die Arbeitslosigkeit
zunehmen, wenn das Angebot schneller wächst als die Beschäftigung (die
Entstehung neuer Arbeitsplätze).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
102
51
Wie wird Arbeitslosigkeit gemessen?
Grundsätzlich wird die Arbeitslosenquote als Anteil der Arbeitslosen an der
Summe der Erwerbstätigen plus Arbeitslosen (= Arbeitskräftepotential) ermittelt.
Diese Definition führt aber keineswegs zu einer unzweideutigen
Berechnungsvorschrift. Neben verschiedenen Datenquellen gibt es national
unterschiedliche Definitionen von „Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit“ und „Erwerbstätigkeit
Erwerbstätigkeit“, die zz.T.
T
erheblichen Einfluss auf die Größe der Arbeitslosenquote haben können.
Jedes Statistik-Amt der EU-Mitgliedsstaaten berechnet die Arbeitslosigkeit im
Land anders.
Die Unterschiede ergeben sich häufig aus der unterschiedlichen Zeitdauer, für die
Arbeitslosengeld gewährt wird. So ist z.B. in Großbritannien seit Herbst 1996 der
Arbeitslosengeldbezug auf sechs Monate beschränkt, und es ist sehr niedrig,
wodurch sich relativ wenige Arbeitslose bei den Ämtern melden
(Unterrepräsentation von Arbeitslosen). In Belgien dagegen wird das
Arbeitslosengeld unbefristet ausbezahlt, es melden sich daher bei den Ämtern
auch Personen, die dem Arbeitsmarkt gar nicht zur Verfügung stehen (können),
wie z.B. Frauen und Männer mit Erziehungs- oder Pflegepflichten
(Überrepräsentation ).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
103
Eine international vergleichbare Zahl der Arbeitslosen ermittelt das Statistische
Amt der EU, EUROSTAT, auf der Basis von Umfragen gemäß der Methode der
Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
Als arbeitslos gilt nach dieser Methode, wer mindestens 15 Jahre alt ist und
folgende drei Bedingungen erfüllt:
1 Die Person darf während der vergangenen zwei Wochen nicht gegen
1.
Entgelt gearbeitet haben,
2. sie muss eine neue Stelle innerhalb von zwei Wochen antreten können
und
3. sie muss sich im letzten Monat aktiv um Beschäftigung bemüht haben.
Die Zahl der nach dieser Methode ermittelten Arbeitslosen, dividiert durch die
Anzahl der Erwerbspersonen insgesamt ergibt dann die Arbeitslosenquote
nach den Kriterien der EU.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
104
52
Zum Vergleich:
die traditionell von der österreichischen Arbeitsmarktverwaltung ausgewiesene
Arbeitslosenquote berechnet sich
aus dem Anteil der (bei den Arbeitsämtern) als arbeitslos vorgemerkten
Personen an der Zahl aller unselbständig Beschäftigten.
Aufgrund des wesentlich kleineren Nenners liegt die traditionelle
Arbeitslosenquote deutlich über der nach EU-Normen berechneten Quote:
Volkswirtschaftslehre © Blaas
105
Tabelle: Arbeitslosenquoten nach Eurostat und nach öst. Berechnung
Jahr
VAALREM
(lt. Eurostat)
AALRGM
(„alte öst. Methode“)
1990
5,4
1991
5,8
1992
60
6,0
1993
6,8
1994
3,8
6,5
1995
3,9
6,6
1996
4,3
7,0
1997
4,4
7,1
1998
4,5
7,2
1999
3,9
6,7
2000
3,7
5,8
2001
3,9
2002
4,2
2003
VAALREM: Arbeitslosenquote in % der Erwerbspersonen lt. Eurostat
AALRGM: Arbeitslosenquote in % der unselbständigen Erwerbspersonen
Quelle: Gen-Datenbank, WIFO
Volkswirtschaftslehre © Blaas
106
53
Sozialproduktsbezogene Betrachtung:
Die gängigste Formulierung der Konjunkturschwankungen in der
Nachkriegszeit wurde die anhand des gesamtwirtschaftlichen
Produktionsaggregates.
E gibt
Es
ibt hi
hier zweii grundlegende
dl
d Mö
Möglichkeiten:
li hk it
– Erstens können Konjunkturschwankungen als Schwankungen der
Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsproduktes definiert werden.
– Zweitens kann man die Konjunktur als Auslastungsschwankungen des
gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials definieren, was eher der
Vorstellung der Konjunktur als Überanspannung (Überhitzung) und
Entspannung im Produktionsprozess entspricht.
Auch bei diesen beiden Maßkonzepten werden die Konjunkturphasen
verschieden datiert. Das Sozialprodukt kann nur solange wachsen, als es
von erheblicher Unterauslastung in die Vollauslastung hineinwächst.
Deswegen liegt der Zeitpunkt höchsten Kapazitätsauslastung im Regelfall
nach dem Zeitpunkt höchsten Sozialproduktswachstums.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
107
Abbildung 7.2: Zyklische Komponente des BIP 1967-1995
3
2
1
95Q1
93Q1
94Q1
92Q1
91Q1
90Q1
89Q1
88Q1
87Q1
86Q1
84Q1
85Q1
83Q1
82Q1
81Q1
80Q1
79Q1
78Q1
77Q1
76Q1
74Q1
75Q1
73Q1
72Q1
71Q1
70Q1
69Q1
68Q1
0
67Q1
c)
-1
-2
-3
-4
Quelle: WIFO, Mitteilung F.R. Hahn
Volkswirtschaftslehre © Blaas
108
54
Begriffe:
Potential Output:
Gesamtwirtschaftliches Produktionspotential ist jene gesamtwirtschaftliche
P d kti
Produktionsleistung,
l i t
di
die mitit d
den verfügbaren
fü b
P
Produktionsfaktoren
d kti
f kt
b
beii
"normaler" Nutzung erbracht werden kann
D.h. bei einem Nutzungsgrad, bei dem stetiges und angemessenes
Wirtschaftswachstum, Stabilität des Preisniveaus, hoher
Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht in
größtmöglicher Annäherung realisiert sind.
Alternativ zum Potential Output kann auch der
Trendoutput (Trendfortschreibung des BIPs) verwendet werden (s.u.)
Vgl. WIFO-Monatsberichte 2 (82, S. 104).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
109
Abbildung 7.3: Konjunkturschwankungen Österreich 1976-2004 (Jahreswerte)
3,00
2,00
1 00
1,00
0,00
1976
1979
1982
1985
1988
1991
1994
1997
2000
2003
-1,00
-2,00
-3,00
Konjunkturindikator = Outputlücke (BIP – Trendoutput) in %
Q: WIFO 2005 (gap.xls)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
110
55
d)
Einkommensverteilung im Konjunkturverlauf:
Konjunkturschwankungen sind auch Schwankungen der
Einkommensverteilung:
– Aufschwung (vor allem im Sinne der Wachstumsratendefinition) durch
Zunahme der Gewinnquote,
Gewinnquote
– Abschwung durch Zunahme der Lohnquote gekennzeichnet.
Begriffe: Gewinnquote, Lohnquote, funktionale Eink. verteilung
Der Grund dafür liegt darin, dass ein starker Aufschwung die
Kapazitätsauslastung verbessert und damit den Fiskostenanteil (Fixkosten
pro erzeugtem Stück) senkt, wodurch bei gleichen Preisen und Löhnen die
G i
Gewinne
steigen.
t i
A d
Andererseits
it hi
hinken
k di
die Löh
Löhne iim K
Konjunkturaufschwung
j kt
f h
meist nach.
Ebenso wird die personelle Einkommensverteilung wegen der hohen
Gewinne im Aufschwung ungleichmäßiger, in der Rezession gleichmäßiger.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
111
2.2. Wann ist Rezession?
Zur Frage der Definition des Begriffes „Rezession“:
Rezession oder Wirtschaftswachstum?
Markus Marterbauer, WIFO Online, 10.12.2001
Seit Mitte des Jahres 2000 schwächte sich in Österreich ähnlich wie in
den meisten EU-Ländern das Wirtschaftswachstum merklich ab. Diese
Entwicklung hatte sich im Jahre 2001 – unter anderem unter dem
Einfluss der Terroranschläge in den USA – weiter verschärft.
Dieser deutliche Wachstumseinbruch und seine Auswirkungen auf
Kapazitätsauslastung und Arbeitsmarkt lösten in Österreich eine
Diskussion darüber aus, ob die gegenwärtige Konjunkturlage (2001) als
"Rezession" beschrieben werden könne.
Divergierende Ansichten gab es dabei aufgrund unterschiedlicher
Definitionen des Begriffs Rezession:
Volkswirtschaftslehre © Blaas
112
56
Variante 1
Gemäß der Verwendung in den USA bezeichnet der Begriff einen
saison-bereinigten Rückgang der Wirtschaftsleistung gegenüber
dem Vorquartal in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen.
Diese D
Di
Definition
fi i i wurde
d iin d
den lletzten JJahren
h
auch
h iin Europa
E
üblich und wird vom WIFO angewandt. Sie rechtfertigt die –
derzeit allgemein akzeptierte – Aussage, dass Produktion und
Nachfrage in den USA schrumpfen und die Wirtschaft in eine
Rezession geraten ist. So wird nach dem Rückgang des BIP im
III. Quartal gegenüber dem Vorquartal (–0,1%) auch für das IV.
Quartal ein Rückgang erwartet.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Variante 2
113
In der EU hingegen war lange Zeit eine Verwendung des
Begriffes "Rezession" üblich, die auf einen Rückgang der
Wirtschaftsleistung im Jahresdurchschnitt gegenüber dem
Vorjahr abstellte.
Nach dieser Definition wird von allen derzeit vorliegenden
Konjunkturprognosen weder für die USA noch für Europa heuer
oder im nächsten Jahr eine Rezession vorausgesagt. Die
Prognosen des IMF, der OECD und der EU-Kommission
erwarten für die USA für 2001 und 2002 jeweils ein Wachstum in
der Größenordnung von etwa 1% gegenüber dem Vorjahr und
für Europa von etwa 1½% (wobei die Unsicherheiten für das
kommende Jahr als erheblich gelten müssen).
V i t 3
Variante
Eine dritte
Ei
d itt V
Variante,
i t d
den B
Begriff
iff "R
"Rezession"
i " abzugrenzen,
b
war iin
den fünfziger und sechziger Jahren gebräuchlich:
In der Phase starken Wirtschaftswachstums wurde damals von
einer "Wachstumsrezession" gesprochen, wenn das BIP zwar
zunahm, aber merklich schwächer als im langjährigen
Durchschnitt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
114
57
Verwendet man den Begriff, wie er in der europäischen
Konjunkturdiskussion gebräuchlich war (Variante 2), dann durchlief
Österreich in der Nachkriegszeit (bis 1981) drei Rezessionen:
– 1975 (–0,4%; Zusammenbruch des internationalen
Währungssystems, erster Erdölpreisschock),
– 1978 ((–0,4%;
0 4% "L
"Leistungsbilanzkrise"),
i t
bil
k i ")
– 1981 (–0,1%; Hochzinspolitik, zweiter Erdölpreisschock).
 In der europäischen Rezession 1993 (EU –0,5%) wuchs die
Wirtschaft in Österreich sogar leicht (+0,4%).
In der modernen Definition des Begriffes, der in den USA und zunehmend
auch in Europa Verwendung findet (Variante 1), sind in Österreich die
Perioden 1974/75, 1980/81 und 1992/93 als Rezession zu bezeichnen.
Das BIP ging in diesen Phasen über zwei bis vier aufeinanderfolgende
Quartalen zurück. Eine Diagnose ausschließlich aufgrund von
Jahreswerten (Variante 2) könnte sich daher als wenig angemessen
erweisen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
115
2.3. Konjunkturindikatoren und Konjunkturprognose
Konjunkturelle Indikatoren lassen sich danach einteilen,
–
ob sie der Konjunktur vorauseilen
vorauseilen,
–
sich mit der Konjunktur synchron bewegen
–
oder der Konjunktur nachhinken.
Im ersten Fall spricht man von Frühindikatoren bzw. vorauseilende
Indikatoren, im zweiten Fall von Präsensindikatoren bzw. gleichlaufende
Indikatoren und im dritten Fall von Spätindikatoren bzw. nachhinkenden
Indikatoren.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
116
58
Frühindikatoren zeigen an, wie der Verlauf der Konjunktur in der
unmittelbaren Zukunft - d.h. in den nächsten Monaten - sein wird.
Zu den wichtigsten Frühindikatoren gehören die Auftragseingänge der
Industrie und die Baugenehmigungen im Hochbau.
Den Auftragseingängen - vor allem in der Investitionsgüterindustrie kommt eine wichtige Bedeutung zu. Stocken die Auftragseingänge, lässt
sich an der Höhe der "Auftragspolster" mit einiger Genauigkeit der
Zeitpunkt berechnen, an dem die Produktion und die Beschäftigung
zurückgehen werden.
Der Frühindikator Baugenehmigungen bezieht sich nur auf die
Baubranche. Wer eine Baugenehmigung hat, wird - nach der Statistik mit
einer Wahrscheinlichkeit von 90 % - innerhalb von zwei Jahren mit der
Bauausführung beginnen. Die Erstellung von Bauten ist stark
konjunkturabhängig, daher geben die Baugenehmigungen einen ziemlich
verlässlichen Hinweis auf die zu erwartende Konjunkturlage.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
117
Die gegenwärtige Konjunkturlage wird in der Praxis vor allem an der
industriellen Produktion gemessen.
Wichtige Spätindikatoren sind die Lohnstückkosten und die Preise,
vor allem
ll
die
di Verbraucherpreise
V b
h
i (Lebenshaltungsindex).
(L b
h lt
i d )
Die Preise folgen aus zwei Gründen den Konjunkturphasen:
– erstens erhöhen sich die Masseneinkommen (Einkommen der
unselbständig Erwerbstätigen) und damit die
Konsumgüternachfrage im Konjunkturverlauf ziemlich spät (vgl.
Einkommensverteilung im Konjunkturverlauf; Abschnitt 2).
– Zweitens kann im Aufschwung eine steigende Nachfrage zu relativ
stabilen Preisen befriedigt werden, weil die Kapazitäten noch nicht
voll ausgelastet sind. Erst mit dem Erreichen der
Kapazitätsgrenzen an der Spitze des Booms beginnen die Preise
(stärker) zu steigen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
118
59
In Österreich werden in regelmäßiger Form Konjunkturprognosen (und
Wachstumsprognosen) von drei Instituten durchgeführt und veröffentlicht,
und zwar je vier Prognosen pro Jahr vom Österreichischen Institut für
Wirtschaftsforschung (WIFO) und vom Institut für Höhere Studien und
Wissenschaftliche Forschung (IHS) sowie je zwei Prognosen pro Jahr
von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB).
Methodischer Unterschied zwischen den Prognosen des WIFO und des
IHS:
– Bei der Erstellung der WIFO-Prognosen dominiert das
Expertengespräch (Abstimmung der einzelnen Referenten für:
internationale Konjunktur; Außenhandel; Löhne/Preise; Konsum;
Industrie; Landwirtschaft; Öffentlicher und Konsistenz der
Vorausschau. WIFO-Konjunkturprognose siehe:
http://www wifo ac at/cgi-bin/tabellen/tabhome
http://www.wifo.ac.at/cgi
bin/tabellen/tabhome.cgi
cgi
– Bei den IHS-Prognosen dominiert das Prognosenmodell als
methodisches Instrument, insbesondere bei den mittelfristigen
Prognosen (3 bis 5 Jahre), aber auch hier gehen die Überlegungen
der Ökonomen in die Prognose ein.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
119
Übersicht 1: Liste der vorauseilenden, annähernd gleichlaufenden und nachhinkenden
Konjunkturindikatoren für Österreich
Bezeichnung
Periodizität
----------------------------------------------------------------Vorauseilende Indikatoren
Auftragseingänge Industrie,
Industrie insgesamt,
insgesamt real
Auftragseingänge Industrie, insgesamt (ohne Maschinen)
Ausland, real
Geleistete Arbeitsstunden je Arbeiter, Industrie
Lager, Gesamtwirtschaft, real
Sonstige Einkommen aus Besitz und Unternehmung
Gesamtwirtschaft, real
Geldmenge M1, real
Aktienkursindex der Wiener Börsenkammer
Industrieproduktion: Gruppe Grundstoffe
K j kt t t (WIFO):
Konjunkturtest
(WIFO) Produktionserwartungen,
P d kti
t
I d t i insgesamt
Industrie
i
t
IFO-Geschäftsklimaindex, Verarbeitendes Gewerbe (ohne
Nahrungs- und Genussmittel)
IFO-Geschäftsklimaindex, Verarbeitendes Gewerbe (ohne
Nahrungs- und Genussmittel und ohne verschiedene Grundstoffe
Produktionserwartungen von vier EG-Ländern (BRD, Frankreich, Italien, Belgien)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
M
M
M
Q
Q
M
M
M
Q
M
M
M
120
60
Bezeichnung
Periodizität
----------------------------------------------------------------Präsensindikatoren (annähernd gleichlaufende Indikatoren)
Brutto-Inlandsprodukt, real
Brutto-Inlandsprodukt
Unselbständig Beschäftigte, Industrie
Arbeitslosenrate, Gesamtwirtschaft,invertiert
Großhandelumsätze, real (7 : 3 bereinigt)
Bruttoentgelte für unselbständige Arbeit
Gesamtwirtschaft, real
Industrieproduktion, Industrie insgesamt (7 : 3 bereinigt)
Q
M
M
M
Q
M
Nachhinkende Indikatoren
Lohnstückkosten, Industrie
Lohnstückkosten
Rendite der Neuemissionen
Brutto-Anlageinvestition, Gesamtwirtschaft real
Industrieproduktion: Gruppe Fertige Investitionsgüter
Unselbständig Beschäftigte, Gesamtwirtschaft
M
M
Q
M
M
Volkswirtschaftslehre © Blaas
121
Übersicht 2: Kreuzklassifikation der österreichischen Konjunkturindikatoren nach ökonomischen Kriterien
und nach dem zeitlichen Verhalten im Konjunkturverlauf
Ökonomische Kriterien
Zeitliches Verhalten im Konjunkturverlauf
Vorauseilend
Annähernd gleichlaufend
Nachhinkend
Arbeitsmarkt
Geleistete Arbeitsstunden je Arbeiter
Industrie
Unselbständig Beschäftigte,
Industrie
Arbeitslosenrate Gesamtwirtschaft,
Arbeitslosenrate,
Gesamtwirtschaft
invertiert
Unselbständig Beschäftigte,
Gesamtwirtschaft
Aufträge, Produktion,
Handel
Auftragseingänge Industrie, insgesamt
real Auftragseingänge Industrie, insgesamt
(ohne Maschinen), Ausland, real
Brutto-Inlandsprodukt, real
Industrieproduktion, Industrie
insgesamt (7 : 3 bereinigt)
Industrieproduktion: Gruppe
Fertige
Investitionen, Lager
Lager, Gesamtwirtschaft, real
Einkommen, Kosten
Sonstige Einkommen aus Besitz und
Unternehmung, Gesamtwirtschaft real
Geldmarkt,
Aktienmarkt
Geldmenge M1, real
Aktienkursindex der Wiener Börsenkammer
Erwartungsindikatoren
(Inland, Ausland)
Konjunkturtest (WIFO):
Produktionserwartungen, Industrie insgesamt
IFO-Geschäftsklimaindex, Verarbeitendes
Gewerbe (ohne Nahrungs- und Genussmittel)
IFO-Geschäftsklimaindex, Verarbeitendes
Gewerbe (ohne Nahrungs- und Genussmittel)
und ohne verschiedene Grundstoffe)
Produktionserwartungen von vier EG-Ländern
(BRD, Frankreich, Italien, Belgien)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Brutto-Anlageinvestitionen,
Gesamtwirtschaft, real
Bruttoentgelte für unselbständige
Arbeit
Gesamtwirtschaft, real
Lohnstückkosten, Industrie
Rendite der Neuemissionen
122
61
3.
Inflation
Gliederung:
3.1.
Erscheinung und Messung der Inflation
3.2.
Nachfragesoginflation
3.3.
Kostendruckinflation
3.4.
Die Phillips-Kurve
3.5.
Inflationswirkungen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
123
3.1. Definition und Messung der Inflation
a)
Begriff:
Inflation ist der nachhaltige Anstieg des Preisniveaus, d.h. eines gewogenen
Preisdurchschnittes. Es müssen also bei einer (mäßigen) Inflation nicht alle
Preise steigen: es genügt, wenn die überwiegende Zahl der Preise und damit
der Durchschnitt derselben steigt.
b)
Wahl des Preisniveaus:
Eine für die Inflationstheorie wichtige Frage ist die, welches Preisniveau
zur Inflationsmessung am zweckmäßigsten heranzuziehen sei.
Preisindices, d.s. Kennziffern zur Messung der durchschnittlichen
Preisentwicklung wurden zuerst für den unternehmerischen
Preisentwicklung,
Informationsbedarf nach Beobachtung der Entwicklung der Preise der von
diesen benötigten Rohstoffe ermittelt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
124
62
Dementsprechend war der zur Inflationsmessung ursprünglich
herangezogene Index der Großhandelspreisindex. Das entspricht einer
Produzentensicht der Inflation, der Betonung der Recheneinheitsfunktion
des Geldes und einer vorwiegend konjunkturtheoretischen Ausrichtung von
Inflationsstudien.
p
, die in den Großhandelspreisindex
p
vor allem eingehen,
g
,
Rohstoffpreise,
schwanken ja stark mit der Konjunktur, und Konjunkturen wurden
ursprünglich auch vor allem als Preisschwankungen (und nicht so sehr, wie
heute, als Produktions- und Beschäftigungsschwankungen) gesehen.
Heute dient meist ein Konsumgüterpreisniveau (Verbraucherpreisniveau)
als Maßgröße, die im Verbraucherpreisindex - VPI ausgedrückt wird..
Der jeweils relevante Verbrauch wird dargestellt mit Hilfe eines längerfristig
inhaltlich g
gleichbleibenden Warenkorbes.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
125
Im Verbraucherwarenkorb werden die von einem Haushalt typischer
Größe und Zusammensetzung typischerweise verbrauchten Güter und
Dienstleistungen zusammengefasst.
Die Preise der Waren im "Korb", gewichtet mit den Anteilen der jeweils
repräsentierten
p
Ausgabenanteile
g
am Budget,
g , werden monatlich erhoben
und über die Zeit verglichen.
In Abständen von mehreren Jahren vorgenommene Kosumerhebungen,
d.s. stichprobenmäßige Untersuchungen über das Verbraucherverhalten
der Mitglieder einer Volkswirtschaft oder bestimmter Schichten derselben,
geben Aufschluss über allfällige Wandlungen des Konsumverhaltens und
zeigen damit an, ob und inwieweit der bislang verwendete Warenkorb in
seiner Zusammensetzung geändert werden muss, um weiterhin als
typisch gelten zu können
können.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
126
63
Gegenwärtig (Verbraucherpreisindex in der Fassung Revision 2000)
gehen ca. 800 verschiedene typische Waren in die (monatliche)
Verbraucherpreisermittlung ein, dazu werden flächendeckend in ganz
Österreich ca. 40.000 Preise erhoben und gemittelt. Der HVPI, der
harmonisierte VPI dient der besseren Vergleichbarkeit mit den anderen
Ländern in der EU und ist dem Warenkorb dieser Ländern angelehnt
angelehnt.
Eine weitere, moderne Alternative zu diesen Messungsmöglichkeiten ist
der Preisindex des Bruttoinlandsproduktes oder BIP-Deflator (u.U. auch
der BNE-Deflator), der die Preisveränderungen aller Güter, nicht nur der
Konsumgüter, erfasst. Diese Art der Messung ist vor allem aus
wachstumstheoretischer Sicht interessant.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
127
Q: W. Hämmerle 2008, www.wko.at
Volkswirtschaftslehre © Blaas
128
64
3.2. Nachfragesoginflation
a)
Begriff und Voraussetzung eines Nachfragesogs :
Eine die Nachfragesogerklärung (kurz manchmal: Nachfrageinflation)
e ö pe de Definition
e t o der
de Inflation
at o lautet:
autet
verkörpernde
Inflation ist diejenige Veränderung des allgemeinen Preisniveaus, die in
einer Wirtschaft dadurch in Gang gebracht wird, dass zu gegebenen
Preisen und Kosten die Gesamtnachfrage das Gesamtangebot
übersteigt.
Dieser Überschuss der Gesamtnachfrage über das Gesamtangebot heißt
inflatorische Lücke.
In der Sicht der Nachfragesogtheorie führen z.B. starke Lohnerhöhungen
deshalb zur Inflation, weil (bei gegebener Ausgabenneigung) in deren
Gefolge möglicherweise mehr Konsumgüter nachgefragt werden als
vorhanden sind.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
129
Wichtig für das Entstehen dieses inflationären Zusammenhanges sind
folgende Bedingungen:
1. dass das Gesamtangebot für den Fall einer Erhöhung der Nachfrage
nicht rasch gesteigert werden kann (wäre das möglich, so käme es
ohne Inflation nur zu Produktionszunahme);
2 dass die effektive Gesamtnachfrage steigt,
2.
steigt also nicht entscheidend
durch Geldknappheit (bzw. knappe Kreditmittel) beschränkt wird;
3. dass die Preise sich marktwirtschaftlich frei bilden können.
Würden hingegen Preiskontrollen geübt, so käme es bei Übernachfrage zu
einer zurückgestauten Inflation:
Das Geld, das die Nachfrager für die zu kontrollierten Preisen erfolgenden
Markttransaktionen nicht benötigen, wird notgedrungen als Kasse gehalten
bzw. kurzfristig abrufbar veranlagt; es wird zurückgestaute Kaufkraft und
sucht sich, mit der Zeit immer drängender, irgendwelche Kaufmöglichkeiten.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
130
65
b)
Verschiedene Arten des Nachfragesogs:
Der gesamte Nachfrageüberschuss kann aufgeteilt werden in:
1. einen Haushaltsnachfrageüberschuss;
2 einen Unternehmernachfrageüberschuss.
2.
Unternehmernachfrageüberschuss
Haushaltsnachfrageüberschüsse treten auf, wenn die Haushalte mit
ihren Einkommen höhere Konsumkäufe planen, als die verfügbare
Menge an Konsumgütern multipliziert mit ihren gegebenen Preisen
ausmacht. Unternehmernachfrageüberschüsse sind diejenigen
Nachfragepläne der Unternehmer bezüglich Investitionsgütern,
Rohstoffen und anderen Vorprodukten sowie Faktorleistungen,
i b
insbesondere
d
A
Arbeitsleistungen,
b it l i t
die
di über
üb die
di verfügbaren
fü b
A
Angebote
b t
derselben zu den gegebenen Preisen hinausgehen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
131
3.3. Kostendruckinflation
a)
Begriff und Erscheinungsformen :
Wir sprechen dann von Kostendruckinflation, kurz manchmal
oste
at o , wenn
e Kostensteigerungen
oste ste ge u ge zu
ua
allgemeinen
ge e e
Kosteninflation,
Preissteigerungen führen.
Man unterscheidet zwei Hauptfälle:
–
Lohninflation, d.i. die durch Lohnsteigerungen ausgelöste
Inflation, und
–
(direkte) importierte Inflation.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
132
66
Es gibt fünf verschiedene Formen importierter Inflation:
1+2: Direkte importierte Inflation kann in zwei Formen auftreten:
– erstens infolge einer Kostensteigerung der Importgüter,
– zweitens infolge einer außenwirtschaftsinduzierten
Erhöhung der Preise der Importsubstitute.
3-5: Daneben gibt es drei Arten "indirekter" importierter Inflation, die
nicht Kosteninflation sind:
– erstens die Geldwirkung expansiver Exporte, die
inflatorische Wirkung der Geldvermehrung infolge des
importierten Devisenstromes (hier haben wir es mit einer
Variante der monetären Inflationserklärung zu tun),
– zweitens die Nachziehwirkung
Nachziehwirkung, welche hohe Preise für
Exportgüter auf die inländischen Preise ausüben,
– drittens schließlich der analoge Effekt der Reduktion der
im Inland verfügbaren Mengen durch erhöhten Export (in
den letztgenannten Fällen kommt es zu einem Import
ausländischer realer Nachfrageinflation).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
133
Manchmal wird als weitere Möglichkeit der Kosteninflation die
Gewinninflation betrachtet.
Dies ist der Versuch der Unternehmer, eine Gewinnsteigerung über
Preissteigerungen durchzusetzen, ähnlich den Lohnsteigerungen,
welche
l h d
durch
hG
Gewerkschaftsdruck
k h ft d k ausgelöst
lö t werden.
d
T
Terminologisch
i l i h iistt
die Zurechnung zur Kosteninflation jedoch ungeschickt, da Gewinne
keine Kosten sind.
Schließlich könnte es auch eine kosteninflatorische Zinsinflation geben;
Kreditkostensteigerungen lösen Preissteigerungen aus. Hier wird der
Unterschied zwischen Kostendruck- und Nachfragesogerklärung der
Inflation deutlich. Aus der Kostendrucksicht wirken Zinssteigerungen
inflatorisch, aus der Nachfragesicht umgekehrt deflatorisch, weil erhöhte
Zinssätze die Nachfrage nach Investitionsgütern und möglicherweise
auch nach dauerhaften Konsumgütern senken. Treten beide Effekte auf,
könnten die beiden Wirkungen einander also aufheben.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
134
67
b)
Verhältnis zur Nachfragesoginflation:
Eine Kostendruckinflation wird dadurch in Gang gebracht, dass
Versuche, Löhne oder Gewinne im Wege von Preissteigerungen zu
erhöhen, Erfolg haben.
Das setzt in vielen Fällen die Möglichkeit zu preisstrategischem Handeln
der Wirtschaftssubjekte voraus, ein monopolartiges Element, also
Handlungsspiel-räume von Gewerkschaften und Großunternehmen, die
als Anbieter "Druck" ausüben; im Gegensatz zur Nachfragesogtheorie,
derzufolge die Preise durch ein Sich-Überbieten der Nachfrage im
Wettbewerb "hochgesaugt" werden. Zumindestens setzt Kosteninflation
Kostenüberwälzungsmöglichkeiten von Unternehmern voraus.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
135
Im Zusammenhang mit der Annahme einer Kostendruckinflation stellte
sich die Frage:
– Sind Kostensteigerungen nicht nur die Kehrseite einer expansiven
Nachfrage?
– Führt also nicht oft der Nachfragewunsch der Konsumenten zum
Einkommensdruck in ihrer Rolle als Arbeitnehmer, dem von den
Unternehmern nachgegeben wird in der Erwartung, höhere
Nachfrage werde es erlauben, die Lohnsteigerungen in die Preise
zu überwälzen?
Es muss also gefragt werden, ob sich diese beiden Typen von Inflationen
überhaupt trennen lassen. Im Regelfall sind in jeder Inflation NachfrageNachfrage
und Kostenelemente (und auch monetäre Ursachen) in unterschiedlicher
Mischung vorhanden. Die einzelnen Inflationserklärungen betonen
jeweils andere Aspekte desselben Prozesses.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
136
68
Oft sind die beiden Typen von Inflation nur Phasen im Zeitablauf ein
und desselben Prozesses:
Kostensteigerungen (Gewinnsteigerung) können auch nur das
Ergebnis von Versuchen sein, einmal innegehabte, aber verlorene
relative Einkommenspositionen zurückzuerobern;
oder es sind die auf scheinbare Machteinflüsse zurückgehenden
Kostensteigerungen gar nicht höher, als die Nachfrage sie auf
Konkurrenzmärkten ohnehin zugestehen würde.
So kann es zu Scheinsiegen der Gewerkschaften im expansiven
Arbeitsmarkt kommen, feststellbar etwa daran, dass die Lohndrift
steigt. Als Lohndrift bezeichnet man die Differenz zwischen der
Steigerungsrate der tatsächlich gezahlten Effektivlöhne und jener der
kollektivvertraglich ausbedungenen Tariflöhne.
Die österreichische Diskussion nimmt typischerweise an, dass
Kostensteigerungen maßgebliche Ursache für Inflationen sind, der
Effekt der Nachfrage auf Preisniveauveränderungen wird häufig
unterschätzt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
137
3.4. Die PHILLIPS-Kurve
a)
Beziehung zwischen Inflations- und Arbeitslosenrate:
Die PHILLIPS-Kurve ist ein aus der Kostendruckerklärung der Inflation
e t c e tes, da
entwickeltes,
dann abe
aber auc
auch in Nachfragesogzusammenhängen
ac agesog usa
e ä ge
verwendetes Analysekonzept der Inflation. Sie setzt die Preis- bzw.
Lohnniveau-veränderungsrate einer Volkswirtschaft in einer Periode
(deren Inflationsrate) in Beziehung zur Arbeitslosenrate derselben
Periode:
Je höher die Arbeitslosenrate, desto geringer Lohn- und
Preissteigerungen (siehe Abbildung).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
138
69
Abbildung 7.4: PHILLIPS-Kurve
in
u
2 Prozesse abbildbar:
1. Entlang der Kurve (konjunkturelle Schwankungen)
2. Verschiebungen der Kurve (institutionelle Veränderungen)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
139
3.5. Inflationswirkungen
a)
Unmöglichkeit allgemeiner Aussagen hierzu:
Nach den Erfahrungen der Nachkriegszeit lässt sich über die Wirkungen
von Inflationen, zumal von schleichenden Inflationen, das sind solche
etwa zwischen 0% und 10% jjährlich,, beinahe nichts Allgemeingültiges
g
g g
mehr aussagen. Fast jede denkbare Wirkung und ebenso ihr Gegenteil
traten irgendwo auf.
Inflationswirkungen hängen vom rechtlichen und sozialen Rahmen ab;
dieser bestimmt, wie weit die Entscheidungsträger ihre Dispositionen
ihren Inflationserwartungen anpassen können.
 Aussagen können also nur für bestimmte Wirtschaftskonstellationen
und für bestimmte Gesellschaften und ihre Reaktionsweisen und
Institutionen (z.B. im Rahmen der österreichischen
Sozialpartnerschaft und Steuergesetzgebung) getroffen werden.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
140
70
So ist es z.B. heute falsch, zu behaupten, dass Inflation
notwendigerweise die Ersparnisse senke oder Löhne und Gehälter hinter
den Gewinnen zurückbleiben lasse. Höchstens bei unerwarteten
Inflationsbeschleunigungen sind kurzfristig solche Effekte bemerkbar.
Wenn die Gewerkschaften stark genug sind, werden bei
Preissteigerungen
g
g die Löhne bald nachziehen.
Ebenso ist die Behauptung falsch, dass schleichende Inflationen sich
notwendig selbst beschleunigen müssen. Solange nämlich die Zins- und
sonstigen Lagerkosten über der Inflationsrate bleiben, lohnt es nicht,
Käufe zeitlich vorzulegen. Obendrein sind solche Vorziehkäufe ohnehin
durch Budgetbeschränkungen limitiert.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
141
Falsch ist ferner die Aussage, dass schleichende Inflationen
notwendigerweise zu Rezessionen führen. Das gilt höchstens dann,
wenn die Wirtschaftspolitik bestimmte Panikreaktionen in Gestalt
besonders scharfer restriktiver Maßnahmen zeigt.
Gerade Österreich ist für die beiden letztgenannten Behauptungen ein
Gegenbeispiel. 1957 bis 1972 etwa erlebte es im Durchschnitt eine bei
3,5% gleichbleibende Inflation bei hohem Wirtschaftswachstum. Nach
1974 und wieder nach 1980 konnte die Inflation von hohem Niveau auf
3-3,5% zurückgeführt werden, ohne dass eine nennenswerte Rezession
wirtschaftspolitisch herbeigeführt werden musste. Nicht unwichtig ist
freilich die Tatsache, dass ein kleines Land, das in Wechselkursverbund
mit einem größeren steht, das Antiinflationspolitik betreibt, diese indirekt
"importiert".
importiert .
Volkswirtschaftslehre © Blaas
142
71
b)
Umverteilung zwischen Gläubigern und Schuldnern:
Möglicherweise noch immer richtig ist, dass Inflation eine Umverteilung
von den Gläubigern zu den Schuldnern bedeutet; freilich nur unter den
Bedingungen, dass die (a) Kapitalsumme der Schuld nicht "indexiert" ist
oder (b) die Zinssätze nicht sofort mit der Inflation steigen (d
(d.h.
h fixer
Zinssatz für die Schuldrückzahlung).
(a) Indexierung einer auf eine Geldsumme lautenden Schuld heißt in
einem Obligationenvertrag deren Bindung an einen vertraglich
vereinbarten Index des Geldwertes (Verbraucherpreisindex,
Baukostenindex; zum für den Gläubiger günstigsten Index). Bei
Rückzahlung der Schuld ändert sich die zurückzuzahlende Geldsumme
entsprechend den während der Laufzeit des Vertrages erfolgten
G ld
Geldwertänderungen.
tä d
(b) Eine analoge Wirkung wird dadurch erzielt, dass der Schuldzinsfuß
an die Geldwertveränderungsrate gekoppelt wird, die Schuldzinsen also
bei Inflation entsprechend erhöht werden. Durch derartige Vorkehrungen
wird einer Umverteilung zugunsten eines Schuldners vorgebeugt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
143
Auch lässt sich heute nicht mehr leicht bestimmen, welche sozialen
Gruppen Gläubiger-, welche Schuldnersektoren sind, welche Gruppen
also durch Inflation eventuell begünstigt werden. Aber generell gilt:
Junge, dynamische Wirtschaftseinheiten
Familiengründer; Firmengründer; dynamische Unternehmen
(Investierende Unternehmen)
Vs.
Undynamische, „Rentier“-Akteure (Vermögensbesitzer)
ältere, wohlhabende Personen; VermögensverwaltungsInstitutionen und Unternehmen
Positive, wachstumsfördernde Wirkung der Inflation
Volkswirtschaftslehre © Blaas
144
72
4.
Konjunktur- und Stabilisierungspolitik
Zu den Begriffen:
–
Stabilisierungspolitik (= Konjunkturpolitik)
–
Stabilitätspolitik (Geldwertstabilität als Ziel)
Ziel der Stabilisierungspolitik: Dämpfen der Konjunkturschwankungen
Instrument: antizyklische Fiskalpolitik (Abschnitt 4.1) und
Geldpolitik (Abschnitt 4.2)
(Begriffspaar antizyklisch – prozyklisch)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
145
4.1. Fiskalpolitik
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Bereiche der staatlichen
Fiskalpolitik:
(a) die diskretionäre Fiskalpolitik:
D S
Der
Staat b
betrachtet
h d
den K
Konjunkturverlauf,
j k
l f antizipiert
i i i zukünftige
kü f i
Entwicklungen und entscheidet explizit, von Fall zu Fall, welche
fiskalpolitischen Maßnahmen er zur Konjunkturstabilisierung
treffen sollte.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
146
73
(b) die Fiskalpolitik mit Hilfe automatischer Stabilisatoren:
Hier wirkt das gegebene Einnahmen- und Ausgabensystem des
öffentlichen Sektors von alleine in einer bestimmten Weise auf die
g
g
Volkswirtschaft ein,, ohne dass sich staatliche Regierungsstellen
in einer bestimmten Konjunktursituation um stabilisierende
Maßnahmen bemühen müssten.
Es wird ein automatischer Zusammenhang zwischen
Staatsausgaben und Steuern auf der einen sowie der
konjunkturellen Entwicklung des Bruttosozialprodukts auf der
anderen Seite hergestellt, der immer und fortwährend wirkt.
Sehen wir uns beide fiskalpolitischen Konzepte im folgenden noch etwas
genauer an.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
(a)
147
Diskretionäre Fiskalpolitik:
Zur diskretionären Fiskalpolitik zählen folgende Instrumente:
(1) Öffentliche
Öff tli h IInvestitionsprogramme
titi
Solche Programme, zum Beispiel im Bereich des Straßenbaus
oder bei anderen Infrastruktureinrichtungen, erfordern einen
langen Planungsvorlauf (fünf Jahre), wenn nicht fertige oder
genehmigte Projekte bereits in den Schubladen der öffentlichen
Verwaltung liegen. Investitionsprogramme können daher häufig
nicht rechtzeitig zur Konjunkturstabilisierung eingesetzt werden.
Die Effizienz solcher Maßnahmen lässt dann in der Regel zu
wünschen übrig. Auch die Gefahr einer Verstärung
konjunktureller Schwankungen ist vorhanden. Dies bedeutet,
dass in Zeiten einer schwachen Konjunktur auch die öffentlichen
Investitionen zurückgehen und in Zeiten der Vollbeschäftigung, bei
angefüllten staatlichen Kassen, die Investitionen der öffentlichen
Hände ebenfalls ein hohes Niveau erreichen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
148
74
(2) Staatliche Beschäftigungsmaßnahmen
Der Staat stellt im Rahmen eines solchen Programms für einen
bestimmten Zeitraum in seinen eigenen Institutionen Arbeitsplätze zur
Verfügung oder er fördert finanziell die Beschäftigung von Arbeitslosen in
der Privatwirtschaft. Auch Umschulungsmaßnahmen und Programme der
beruflichen Weiterbildung
g fallen in diesen Rahmen einer aktiven
Arbeitsmarktpolitik zur Stabilisierung der Konjunktur.
(3) Staatliche Sozial- und Subventionsprogramme
Hier lässt sich beispielsweise die Möglichkeit nennen, in Frühpension
zu gehen, um auf diese Weise Arbeitsplätze für jüngere Arbeitnehmer
freizumachen. Als Subventionen mit konjunktureller Wirkung kommen
Investitionshilfen an Unternehmen, garantierte Mindestpreise und
ähnliches in Frage. Über die Effizienz solcher Programme muss man
freilich geteilter Meinung sein.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
149
(4) Veränderungen im Bereich der Besteuerung
Der Staat verzichtet auf Steuern, um die private Wirtschaftstätigkeit zu
beleben.
Als steuerliche Maßnahmen kommen im einzelnen in Frage:
– Veränderungen der Steuersätze bei der Einkommen- und Lohnsteuer;
– Zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen;
– Veränderungen der Körperschaftssteuer, der Kapitalertragssteuer oder
sonstiger Steuern (Gewerbesteuer) im Unternehmenssektor.
Auch die steuerlichen Maßnahmen benötigen Zeit und stehen zudem häufig
im Spannungsfeld politischer Auseinandersetzungen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
150
75
Der Staat besitzt also mit seiner Einnahmen- (=Steuer-) und Ausgabenpolitik ein
wirksames Instrument zur Stabilisierung des Konjunkturverlaufs. Er kann
ausgleichend wirken, wenn die Wirtschaft von positiven oder negativen
Nachfrageschocks getroffen wird (z.B. Ölpreisschock).
Nehmen wir an (Bofinger 2003, S. 320 ff.), dass die Investitionen stark schwanken
und in den geraden Jahren bei 0,5 Mio € und in den ungeraden bei 1,5 Mio €
liegen (siehe Abbildung). Der (Gleichgewichts-) Output der Volkswirtschaft würde
dann dementsprechend zwischen einer deflatorischen und einer inflatorischen
Lücke hin- und herpendeln.
Gleichgewichtsoutput (Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht) = jene gesamtwirtschaftliche
Produktionsmenge, bei der gesamtwirtschaftliches Angebot und gesamtwirtschaftliche
Nachfrage übereinstimmen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
151
Abbildung 7.5: Konjunkturelle Schwankungen der Investitionen und des
Gleichgewichtsoutputs
10
9
8
7
6
5
Investitionen
4
Gleichgewichtsoutput
3
2
1
0
1
2
3
Volkswirtschaftslehre © Blaas
4
5
6
7
8
152
76
Mithilfe einer antizyklischen Steuerpolitik könnte der Staat nun stabilisieren, also
z.B. in einem ungeraden Jahr 1 Mio € Steuern mehr einfordern und in einem
geraden Jahr den Wirtschaftssubjekten 1 Mio € mehr an Transfers zukommen
lassen (Abbildung).
Abbildung 7.6: Antizyklische Steuerpolitik
9
8
7
6
Investitionen
5
Gleichgewichtsoutput
Steuern
4
3
2
1
0
-1
-2
1
2
3
4
5
6
7
Volkswirtschaftslehre © Blaas
8
153
Oder er könnte in den ungeraden Jahren die Ausgaben auf 0,5 Mio € senken und in
den geraden Jahren auf 1,5 Mio € anheben. Mit diesen beiden Strategien wäre es
möglich, die Wirtschaft in einem Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung und ohne
inflationäre Spannungen zu halten.
Abbildung 7.7: Antizyklische Ausgabenpolitik
9
8
7
6
Investitionen
5
Gleichgewichtsoutput
Ausgaben
4
3
2
1
0
1
2
3
Volkswirtschaftslehre © Blaas
4
5
6
7
154
8
77
Der große Nachteil dieser Instrumente liegt vor allem darin begründet, dass ihr
Einsatz nicht mit der erforderlichen Flexibilität und Schnelligkeit erfolgen kann.
Fiskalpolitische Eingriffe verlangen Zeit, auch dann, wenn die erforderlichen
rechtlichen Grundlagen bereits vorhanden sind.
Es kann daher der ungünstige Fall eintreten, daß fiskalpolitische Interventionen
prozyklisch wirken, und zwar dann, wenn zwischen dem Entschluss,
konjunkturpolitisch einzugreifen und der ökonomischen Wirkung der Intervention
mehrere Monate oder auch mehr als ein Jahr verstreicht (z.B. Formulierung
eines entsprechenden Steuergesetzes, Begutachtung, Beschlußfassung im
Parlament, Wirksamwerden des Gesetzes, Auswirkung auf das Verhalten der
Wirtschaftssubjekte).
j
)
Politische Problematik: Einsatz der Instrumente in der Rezession gut
durchsetzbar, ein Sparprogramm in der Hochkonjunktur aber schwierig
umsetzbar.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
(b)
155
Automatische Stabilisatoren:
Zu den automatischen Stabilisatoren zählen vor allem zwei Ausprägungen des
öffentlichen Fiskalsystems:
(1) das progressive Steuersystem
Ein progressives Steuersystem in einer Volkswirtschaft bedeutet
bedeutet, dass die
Steuern stärker ansteigen als die Einkommenszuwächse.
Welche Wirkungen treten hieraus für die Entwicklung des
Bruttosozialprodukts auf?
- Wenn das Volkseinkommen fällt, reduzieren sich die Steuern
überproportional, die verfügbaren Einkommen wachsen relativ an und
damit auch die privaten Konsumausgaben. Bei gleichbleibenden
Staatsausgaben tritt ein stabilisierender Ankurbelungseffekt auf
auf. Die
Tendenz zur Unterbeschäftigung wird aufgefangen.
- Der umgekehrte Wirkungszusammenhang stellt sich bei einer
Ansteigen des Volkseinkommens ein. Hier kommt es ceteris paribus,
zu einer Kaufkraftabschöpfung und damit zu einer entsprechenden
Reduktion des Sozialprodukts im Gleichgewicht.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
156
78
(2) das Sozialversicherungssystem, insbes. die Arbeitslosenversicherung
– Wenn jemand arbeitslos wird, erhält er im System der sozialen
Sicherung Arbeitslosenunterstützung und fällt damit als Konsument
nur zu einem geringen Teil aus. Die Zahlungen der Arbeitslosenversicherung bringen also Kaufkraft in die Volkswirtschaft und
stabilisieren diese bei Unterbeschäftigung.
g g
Konkretes Beispiel:
Schließung des Semperit-Werkes in Traiskirchen/NÖ:
das Arbeitsmarkt-Service (AMS) zahlt (im Rahmen der SemperitStiftung) während einer Schulung 55% des letzten Nettogehaltes
(12 mal im Jahr) und Sozialversicherung für einen Zeitraum von
maximal vier Jahren (Der Standard, 13.12.2001)
– Bei Vollbeschäftigung tritt ein Entzug an Kaufkraft durch die
Zahlungen an die sozialen Versicherungsträger auf und verhindert auf
diese Weise ein zu schnelles Übergleiten in die Überbeschäftigung.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
157
Fallbeispiel:
Fiskal- und Geldpolitik (s.u.) in der Konjunktursituation Ende 2008 – Anfang 2009
1. Konjunktursituation – Konjunkturprognose Ende 2008
2. Fiskalpolitische Maßnahmen
3. Geldpolitische Maßnahmen
Volkswirtschaftslehre © Blaas
158
79
1. ÖNB-Konjunkturprognose für die österreichische Wirtschaft, Anfang 2009
Quelle: www.oenb.at, online-abfrage 5.1.2009
Volkswirtschaftslehre © Blaas
159
2. Fiskalpolitische Maßnahmen :
•
•
•
Steuerreform 2009
Konjunkturpaket I
Konjunkturpaket II
Volkswirtschaftslehre © Blaas
160
80
Steuerreform 2009
Mit dem 14.1.2009 ging die Steuerreform 2009 in Begutachtung.
Wird sie wie geplant beschlossen, so werden rückwirkend mit 1. Jänner 2009 die Lohnund Einkommensteuern gesenkt (siehe Tabelle) und Familien mit Kindern unterstützt.
Insgesamt soll
• die Steuerbelastung um 2,3 Milliarden Euro reduziert werden,
• Familien mit 510 Millionen EURO gestärkt werden und
• Selbständige in der Höhe von 300 Millionen EURO entlastet werden.
Zusammen würde das ein einnahmenseitiger fiskalpolitischer Impuls in der
Größenordnung von rund 3,2 Milliarden Euro sein.
Q: www.bmf.gv.at, Abfrage 16.1.2009
Volkswirtschaftslehre © Blaas
161
Eckdaten der geplanten Steuerreform 2009 (rückwirkend mit 1.1.2009)
Quelle: www.bmf.gv.at, 16.1.2009
Volkswirtschaftslehre © Blaas
162
81
Konjunkturpaket I
Das österreichische Parlament hat Ende Oktober 2008 das
Konjunkturbelebungsgesetz
j
g g
2008 beschlossen, das weitreichende
Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft - insbesondere von kleinen
und mittleren Unternehmen - beinhaltet.
Insgesamt wird für die österreichische Wirtschaft ein Volumen
von rund EUR 1 Milliarde mobilisiert - Mittelstandsmilliarde.
Das Paket umfasst folgende Punkte (www.konjunkturpaket.at; 16.1.2009) und
wird
i d vom A
Austria
t i Wi
Wirtschaftsservice
t h ft
i – aws umgesetzt:
t t
Volkswirtschaftslehre © Blaas
163
1. Mehr erp-Kredite
Die Kreditrahmen für zinsgünstige erp-Kredite werden um EUR 200 Mio. pro
Jahr erweitert. Damit sollen rund EUR 600 Mio. pro Jahr für zinsgünstige
Investitionskredite zur Verfügung
g gg
gestellt werden.
2. erp-Kleinkredite
Ein neues erp-Programm für Kleinkredite wurde eingerichtet, wofür insgesamt
bis zu EUR 50 Mio. reserviert wurden. Adressaten sind wirtschaftlich
selbstständige, gewerbliche, kleine Unternehmen aller Branchen mit Ausnahme
der Tourismus- und Freizeitwirtschaft (geplant ist die Ausweitung auch auf
diesen Adressatenkreis), die ihren Betrieb erweitern oder modernisieren, ein
neues Geschäftsfeld
G
häft f ld aufbauen
fb
oder
d neue Produkte,
P d kt Verfahren
V f h
oder
d
Dienstleistungen entwickeln und einführen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
164
82
3. Mehr Haftungen
Die Haftungsrahmen der aws wurden ausgeweitet. Damit stehen ausreichend
Bürgschaften und Garantien zur Ermöglichung von Fremdfinanzierungen zur
Verfügung. Insgesamt sind zusätzliche Haftungsübernahmen von bis zu EUR
400 Mio. pro Jahr in 2009 und 2010 geplant .
4. Mittelstandsfonds
Bei der aws wird ein Mittelstandsfonds zur Beteiligung an Unternehmen mit
Wachstumsprojekten eingerichtet. Insgesamt werden EUR 80 Mio. zur
Verfügung stehen.
5. Darlehen für Forschungs- und Technologieprojekte sowie für Energie- und
Energieeffizienz
Aus Mitteln der Europäische Investitionsbank und der KfW Bankengruppe
sollen pro Jahr EUR 200 Mio. verfügbar gemacht werden. In Ergänzung zu
Aktivitäten österreichischer Kommerzbanken beabsichtigt die aws Mittel aus
der KMU-Initiative der Europäischen Investitionsbank für den heimischen
Mittelstand zu mobilisieren.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
165
Konjunkturpaket II
Angesichts des zu erwartenden scharfen Konjunkturabschwunges hat die
österreichische Regierung
g
g ein weiteres Konjunkturpaket
j
p
mit einem
Gesamtvolumen von rund 2 Milliarden EURO beschlossen.
Das Paket umfasst folgende Punkte (Q: APA):
Volkswirtschaftslehre © Blaas
166
83
Konjunkturpaket II
Volkswirtschaftslehre © Blaas
167
Zusammenfassung
Fiskalpolitischer Impuls für die österreichische Wirtschaft:
•
•
•
Steuerreform 2009: rund 3
3,2
2 Mrd €
Konjunkturpaket I: rund 1 Mrd €
Konjunkturpaket II. rund 2 Mrd €
Fiskalpolitischer Impuls in Summe:
ca. 6 Mrd € bzw.
rund 2% des österreichischen BIPs
(Anm.: Vorgabe der EU: 1,5% des BIP)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
168
84
4.2. Geldpolitik
Definition:
Die Geldpolitik ist jener Teil der Wirtschaftspolitik, der monetäre
Größen, also Mengengrößen auf den Finanzmärkten (z.B. die
Geldmenge, die Kreditmenge) oder Preisgrößen auf den
Finanzmärkten (Zinssätze) bestimmen kann.
 Sie ist also eine Wirtschaftspolitik, die monetäre Mittel benützt.
Ziele der Geldpolitik:
Die Ziele der Geldpolitik
p
betreffen auch den g
geldwirtschaftlichen
Sektor selbst. Seine Stabilität, z.B. die Vermeidung spekulativer
Vermögensumschichtungen oder die Ordnung des Wettbewerbs
zwischen den Banken, wird häufig als geldpolitisches Ziel genannt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
169
Die Geldpolitik ist also einerseits Teil der Ordnungspolitik.
Wegen der allgemeinen Bedeutung des Geldes im Wirtschaftskreislauf
sind jedoch meist makroökonomische Ziele der Wirtschaftspolitik im
Vordergrund: Erhaltung des Binnen- oder Außenwerts der Währung;
Ausgleich der Leistungsbilanz, Sicherung der Vollbeschäftigung.
In diesen Fällen ist die Geldpolitik andererseits Teil der Ablaufspolitik.
Träger der Geldpolitik:
Die Geldpolitik wird in vielen Staaten von der jeweiligen Zentralbank (auch
Notenbank genannt) betrieben, wenngleich auch meist nicht ausschließlich
von ihr. In diesem Zusammenhang spielt die Unabhängigkeit der
Zentralbank (in Österreich die ÖNB, Österreichische Nationalbank;
Aktiengesellschaft, Hauptaktionär ist der Bund) von den anderen Trägern
der Wirtschaftspolitik, die ebenso wie der Katalog der von ihr zu
verfolgenden Ziele sowie die einzusetzenden Instrumente von Land zu
Land signifikant variieren können, eine wichtige Rolle.
Europäische Währungsunion: EZB – Europäische Zentralbank
Volkswirtschaftslehre © Blaas
170
85
Geldpolitische Instrumente
1. Variation des Basiszinssatzes
g der Wirtschafts- und Währungsunion
g
((WWU)) war
Mit der Errichtung
auch der Ersatz der geldpolitischen Instrumente der Österreichischen
Nationalbank (ÖNB) durch jene des Europäischen Systems der
Zentralbanken (ESZB) verbunden. Seit dem 1.1.1999 steht der frühere
Leitzinssatz (Diskontsatz, s.u.) nicht mehr zur Verfügung; er wurde
durch den Basiszinssatz ersetzt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
171
Grundlage zur Feststellung von Veränderungen des Basiszinssatzes ist seit
1. August 2002 der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der
EZB, wobei erst dessen kumulierte Veränderung um 0,5 Prozentpunkte
eine Veränderung des Basiszinssatzes auslöst.
Der Basiszinssatz verändert sich daher regelmäßig in jenem Ausmaß, in
dem sich der von der EZB festgelegte Zinssatz für die
Hauptrefinanzierungsgeschäfte um insgesamt mindestens 0,5
Prozentpunkte erhöht oder vermindert hat.
Beispiel: der Basiszinssatz wurde am 21. Jänner 2009 von 1,88% auf
1,38% gesenkt, nachdem die EZB den Beschluss gefasst hatte, den
Hauptrefinanzierungssatz von 2,50% mit Gültigkeit vom 21.1.2009 auf
2,00% zu senken.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
172
86
Diskontsatz:
Im Rahmen des Diskontgeschäftes (auch Rediskont-, Eskont- oder
Reeskontgeschäft) kaufte die ÖNB bis 1998 von den Kreditinstituten
noch nicht fällige Warenwechsel unter Abzug des Diskonts, das sind
Zinsen für die Zeit vom Ankauf bis zur Fälligkeit der Forderung
(Diskontierung). Der Zinssatz, der den Diskontgeschäften der ÖNB zu
Grunde lag, wurde vom Generalrat der ÖNB festgesetzt und hieß
Diskontsatz oder Bankrate. Der Diskontsatz markierte auf dem
österreichischen Geldmarkt im Allgemeinen die Untergrenze des
Zinsniveaus.
*
Ein Wechsel ist eine Urkunde, durch die jemand aufgefordert wird (gezogener
Wechsel) oder verspricht (eigener Wechsel), dem Inhaber der Urkunde an einem
festgesetzten Tag einen bestimmten Betrag zu zahlen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
2.
173
Offenmarktkäufe bzw. -verkäufe
Die ÖNB kann auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, also auf dem
„offenen Markt“, Wertpapieren ankaufen oder verkaufen.
Dadurch wird den Banken und der Wirtschaft Liquidität
q
zugeführt
g
oder entzogen.
3.
Variation der Mindestreservesätze
Die ÖNB kann die Banken verpflichten, Mindestreserven zu
halten, d.h. Kreditinstitute müssen einen bestimmten Prozentsatz
ihrer Einlagen als zinsenloses Guthaben bei der ÖNB halten
(z.B. höchstens 30% bei Sichteinlagen). Eine Erhöhung des
Mindestreservesatzes schränkt den Kreditspielraum
p
der Banken
ein.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
174
87
4. Festlegung des Wechselkurses
Ein Instrument, das heute (für Österreich) nicht mehr verfügbar ist,
aber für die Europäische Währungsunion. Es wird daher von der
europäischen Geldpolitik abhängen, welchen Wert im Inneren und
gegenüber Drittstaaten (wie USA, Japan usw.) die europäische (=
österreichische) Währung € haben wird. (siehe unten:
Wechselkurspolitik)
5. Beeinflussung der Devisentransaktionen
p
mit
Seit 1991 hat Österreich einen freien Kapitalverkehr
dem Ausland, zu dem sich Österreich durch internationale
Abkommen verpflichtet hat.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
175
Transmissionskanäle
Die Geldpolitik wirkt sich über verschiedene Kanäle auf die Wirtschaft
aus.
Üblicherweise werden vier Transmissionskanäle unterschieden (Mishkin
1995):
(1) der Zinskanal
(2) der Wechselkurskanal
(3) der Vermögenskanal
(4) und der Kreditkanal.
Kreditkanal
Höhere Zinsen führen zu einem Rückgang der Kapitalbildung (sowohl der
Unternehmen als auch der privaten Haushalte), was sich wiederum
dämpfend auf die gesamtwirtschaftliche Produktion auswirkt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
176
88
Es wird allgemein angenommen, dass
höhere Zinssätze ceteris paribus eine Aufwertung der eigenen Währung
bewirken,
was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der im Inland produzierten
Güter auswirkt und in der Folge einen Rückgang des Aussenbeitrags sowie
weiters einen Rückgang der Gesamtproduktion nach sich zieht.
Zinsänderungen können sich auf die Preise verschiedener Vermögenswerte
auswirken (Bsp.: Immobilienwert, unendliche Rentenformel), was wiederum
z. B. die Investitionsausgaben beeinflusst.
Mit den Vermögenspreisen können sich auch das Vermögen der privaten
Haushalte (z.B. Immobilien) und in der Folge deren Konsumentscheidungen
ändern.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
177
Der Kreditkanal der Geldpolitik wird über die Banken wirksam.
Im Fall einer restriktiven Geldpolitik (z.B. Erhöhung des
Mindestreservesatzes) gehen erstens die Reserven der Banken
zurück, woraufhin diese die Kreditvergabe einschränken.
Zweitens sinkt bei steigenden Zinsen tendenziell der Nettowert der
Unternehmen (Zins- und Aktienniveau sind gegenläufige Größen),
sodass diese in der Folge ihren Gläubigern (Banken oder anderen
Institutionen) weniger Sicherheiten bieten können. Dadurch schrumpft
das Kreditvolumen, insbesondere in Fällen, wo Moral-HazardÜberlegungen eine Rolle spielen. Eine verminderte Kreditaufnahme
durch die Unternehmen geht Hand in Hand mit einer reduzierten
Investitionstätigkeit.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
178
89
Fallbeispiel
3. Geldpolitische Maßnahmen in der Konjunktursituation Ende 2008 – Anfang 2009
(Ergänzung zur Fiskalpolitik, s.o.)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
179
EZB senkt Leitzins auf zwei Prozent
Im Kampf gegen die Rezession in vielen Ländern des Euro-Raums hat die
Europäische Zentralbank (EZB) am 15.1.2009 beschlossen, den Leitzins
deutlich zu senken.
Der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld
wurde mit Wirkung vom 21.1.2009 (um 0,5 Prozentpunkte) auf 2,0 Prozent
gesenkt (siehe Tabelle unten).
Mit der weiteren Zinssenkung hat die EZB auf die sich verschärfende
Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa reagiert. Im Dezember hatte die
Notenbank den Leitzins um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte; s.u.)
gesenkt. Das war der größte Zinsschritt in ihrer zehnjährigen Geschichte.
Bereits im Oktober und November hatte die EZB den Zins um je 0,5
Prozentpunkte gesenkt.
Q: ORF online, 15.1.2009
Volkswirtschaftslehre © Blaas
180
90
Nächster Zinsschritt im März
Nach vier Zinssenkungen in Folge hat die EZB ihren nächsten
Zinsschritt für März angedeutet.
g
Kaum Zinsen in den USA und Japan
In den USA und in Japan liegen die Leitzinsen im Jänner 2009
praktisch bei null. In Großbritannien senkte die Bank von England den
Leitzins in der vergangenen Woche um 0,5 Prozentpunkte auf 1,5
Prozent. Das ist der tiefste Stand ihrer 315-jährigen Geschichte.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
181
Zinssatz für die
Hauptrefinanzierungsoperationen der
Europäischen Zentralbank
28. April 2000
28
9. Juni 2000
3 75%
3,75%
4,24%
15. Oktober 2008
12. November 2008
10. Dezember 2008
21. Jänner 2009
11. März 2009
8. April 2009
13. Mai 2009
3,75%
3,25%
2,50%
2,00%
1,50%
1,25%
1,00%
Q: www.ecb.int, 20.1.2010
Volkswirtschaftslehre © Blaas
182
91
5.
Der Zusammenhang zwischen Konjunktur und Wachstum
Konjunktur und Wachstum wurden traditionellerweise in der Lehrbuchtheorie
als von einander unabhängige Gebiete der Makroökonomie gesehen. In der
oben zitierten Arbeit wird jedoch nachgewiesen, dass ein statistisch
signifikanter
g
Zusammenhang
g zwischen Konjunkturschwankungen
j
g und dem
Ausmaß wirtschaftlichen Wachstums besteht.
In einer Stichprobe von immerhin 92 Ländern (aus Afrika, Nord- und
Mittelamerika, Lateinamerika, Asien, Europa und dem Pazifikgebiet) sowie in
einer Stichprobe von OECD-Ländern wurde festgestellt, dass Länder mit
stärkeren Konjunkturschwankungen ein geringeres Wachstum aufweisen.
Diese Ergebnisse ergänzen sehr gut andere Arbeiten, in denen gezeigt wurde,
dass e
ein ebe
ebenso
so negative
egat e Verhältnis
e ä t s zwischen
sc e po
politischer
t sc e Instabilität
stab tät u
und
d
Wirtschaftswachstum besteht.
So haben z.B. Falk und Sinabell (s.u.) einen negativen statistischen
Zusammenhang zwischen der Wachstumsrate und deren Schwankungen
áufgezeigt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
183
Statistischer Zusammenhang zwischen Wachstum und Schwankungen der
Wachstumsrate
M. Falk, F. Sinabell, A Spatial econometric analysis of the regional growth and volatility in
Europe. In: Empirica, 2009
Volkswirtschaftslehre © Blaas
184
92
Weiters wurde nachgewiesen, dass der negative Effekt der
Konjunkturschwankungen auf das Wirtschaftswachstum vorwiegend von
der damit verbundenen Volatilität der Innovationen stammt, die ihrerseits
Unsicherheit reflektiert.
Man kann das wie folgt erklären: Unsicherheit über zukünftige
Absatzmärkte steigert die Kosten von unternehmerischen
Fehlentscheidungen, sodass starke Konjunkturschwankungen zu starken
Schwankungen in innovatorischen Aktivitäten führen.
 Wir können also abschließend resümieren, dass Konjunktur und
Wachstum keineswegs isolierte
isolierte, voneinander unabhängige
makroökonomische Phänomene sind, sondern dass (auf
gesamtwirtschaftlicher Ebene, nicht notwendig auf regionaler Ebene) ein
negativer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der
Konjunkturschwankungen und der Höhe der Wirtschaftswachstums
besteht.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
185
Teil 8:
Makrodynamik 3:
Internationale Wirtschaft
Volkswirtschaftslehre © Blaas
186
93
8.
Makrodynamik 3:
Internationale Wirtschaft
1. Internationale Handelsverflechtung Österreichs
2. Die Zahlungsbilanz
3. Wechselkurse
4. Außenwirtschaftspolitik
5. Wirtschaftliche Integration
Volkswirtschaftslehre © Blaas
1.
187
Internationale Handelsflechtung Österreichs
Abbildung 8.1: Export- und Importquoten 1960-1994
Export- und Importquote Österreich
45%
40%
35%
30%
25%
20%
Exportquote
Importquote
15%
10%
5%
0%
1960
1962
1964
1966
1968
Volkswirtschaftslehre © Blaas
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
1994
188
94
Abbildung 8.2: Export- und Importquote Österreichs 1990-2006
70%
60%
Exportquote
50%
Importquote
40%
30%
20%
10%
0%
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
Volkswirtschaftslehre © Blaas
189
Typisch für “SMOPECS” (Small Open Economies) zeigt Österreich einen
hohen Anteil von Exporten bzw. Importen am BIP, der heute die 50% bereits
überschritten hat.
Dass die absolute Größe eines Landes, genauer: seines Bruttoinlandsproduktes,
und damit seines Binnenmarktes die Ein- und Ausfuhrintensität beeinflusst, zeigen
die folgenden Exportquoten (Exporte von Waren u. Dienstleistungen lt. VGR):
Größere Länder
Exportquote in %
des BIP (2007)
Kleinere Länder
Exportquote in %
des BIP (2007)
USA
12,1
Finnland
45,7
Japan
17,6
Dänemark
52,2
52,4
Italien
29,2
Schweden
Frankreich
26,5
Schweiz
55,9
Großbritannien
,
26,3
Österreich
59,6
,
Norwegen
45,8
Deutschland
46,9
Niederlande
74,9
EU 27
40,3
Kanada
Belgien
88,8
EU 15
39,1
Quelle: WKO, online Abfrage 9.1.2008
Volkswirtschaftslehre © Blaas
190
95
2.
Die Zahlungsbilanz
Gliederung:
2.1.
2.2.
2.3.
2.4.
Begriff der Zahlungsbilanz
Definitorischer Zahlungsbilanzausgleich
Aufbau der Zahlungsbilanz
Die österreichische Zahlungsbilanz in den letzten Jahren
Volkswirtschaftslehre © Blaas
191
2.1. Begriff der Zahlungsbilanz
Die Zahlungsbilanz ist eine systematische Darstellung aller wirtschaftlichen
Transaktionen zwischen In- und Ausländern in einer gegebenen Periode.
Sie fasst sowohl zweiseitige entgeltliche Rechtsgeschäfte wie auch einseitige
Vermögensübertragungen zwischen dem Inland und dem Ausland zusammen.
Einseitige Vermögensübertragungen sind in der Außenwirtschaft durchaus nicht
unbedeutend. Güter werden oft in erheblichem Ausmaß als Wirtschaftshilfe
unentgeltlich übertragen. Ein bekanntes Beispiel hierfür war der MARSHALL-Plan,
das "European Recovery Program" (ERP), eine Wirtschaftshilfe der USA an Europa
nach dem Zweiten Weltkrieg.
g Noch häufiger
g werden Rüstungsgüter
g g
als "Hilfen"
geschenkt. Manche Länder erhalten hohe Unterstützungszahlungen von sie
fördernden wohlhabenden Ausländern (insbesondere Israel). Schließlich senden
Auswanderer und Gastarbeiter Gelder an Angehörige in ihren Herkunftsländern.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
192
96
Die Zahlungsbilanz setzt sich aus einem
realwirtschaftlichen (Leistungsbilanz) und einem
finanzwirtschaftlichen Teil (Kapitalbilanz) zusammen
und beruht auf dem Prinzip der doppelten Buchhaltung.
Methodisch knüpft sie an die internationalen Konventionen des Balance of
Payments Manual des IWF und an das System volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen an.
Die G
Di
Gesamtübersicht
üb i h zeigt
i alle
ll grenzüberschreitenden
üb
h i d T
Transaktionen
ki
Österreichs.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
193
Grenzüberschreitend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass
Transaktionen zwischen Inländern und Ausländern abgewickelt werden.
Inländer im Sinne der Zahlungsbilanz sind natürliche Personen mit
ständigem Wohnsitz im Inland sowie natürliche und juristische Personen
Personen,
die den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland haben.
Die Staatsbürgerschaft ist somit nicht das relevante Kriterium.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
194
97
2.2. Definitorischer und faktischer Zahlungsbilanzausgleich
Die Zahlungsbilanz der gesamten Welt muss in jedem Sinn immer
ausgeglichen sein.
Die Welt ist ein geschlossenes Wirtschaftssystem. Was jemand in ihr
erhält, muss ein anderer geben
erhält
geben. Rechnet man den Empfang positiv und
die Ausgabe negativ, so gleichen sich bei jeder widerspruchsfreien
Abgrenzung Einnahmen und Ausgaben der Welt auf null aus.
In einem bilanztechnisch-definitorischen Sinn muss weiters auch die gesamte
Zahlungsbilanz jedes einzelnen Landes immer ausgeglichen sein:
Jeder Übertragung des Inlandes an das Ausland muss ein Gegenposten
entsprechen, jedem Akt, bei dem ein Anspruch auf ausländische Kaufkraft
entsteht ein Akt der Verfügung über diesen Anspruch
entsteht,
Anspruch, jedem Zahlungseingang
ein Zahlungsausgang. Buchungstechnisch (doppelte Buchführung) werden
Bilanzen immer ausgeglichen aufgebaut.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
195
In einem faktischen und für wirtschaftspolitische Überlegungen relevanten
Sinne ist aber die Zentralbank-Praxis ausschlaggebend.
In dieser wird primär der Leistungsbilanzsaldo als Maßstab zur Beurteilung der
Frage herangezogen, ob eine Volkswirtschaft außenwirtschaftlich
ausgeglichen bilanziert oder nicht.
In Österreich ist es etwa (derzeit) üblich, von einer ausgeglichenen
außenwirtschaftlichen Bilanz zu sprechen, wenn der Saldo der Leistungsbilanz
in einem Korridor von +/- 1 Mrd. Euro liegt.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
196
98
2.3.
Aufbau der Zahlungsbilanz
Entsprechend den internationalen Konventionen gliedert sich die
Zahlungsbilanz in folgende Teilbilanzen:
(1) die Leistungsbilanz,
(2) die Vermögensübertragungen
(3) Kapitalbilanz und
(4) die Statistische Differenz.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
(1)
197
Leistungsbilanz
Die Leistungsbilanz gliedert sich in die vier Komponenten Güter,
Dienstleistungen, Einkommen und laufende Transfers.
1.1
Güter:
Im Gegensatz zur Monatsbilanz werden in der Quartalsbilanz so wie bisher
die Außenhandelsdaten des ÖSTAT als Ausgangspunkt für die Errechnung
der Güter verwendet. Die Differenz zwischen den Gütern und
Warenzahlungen wird als ,,Nicht aufteilbare Leistungen" unter den
Dienstleistungen ausgewiesen. Eine wesentliche Neuerung ist, daß gemäß
internationalen Konventionen sowohl der Warenexport als auch der
Warenimport ohne Transport- und Versicherungskomponente dargestellt
wird. Transaktionen, bei denen der Produktions- oder Warencharakter im
V d
Vordergrund
d steht
t ht - wie
i vor allem
ll
b
beii d
der L
Lohnveredelung
h
d l
- sind
i d ebenfalls
b f ll iin
den Gütern enthalten, des weiteren die sonstigen Handelsleistungen. Dabei
handelt es sich um Verkäufe von Gütern an Ausländer bzw. Käufe von
Gütern durch Inländer, wobei aber die Güter nicht in der
Außenhandelsstatistik enthalten sind.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
198
99
1.2 Dienstleistungen:
Das Einkommen aus Vermögen (Kapitalerträge) sowie aus unselbständiger
Arbeit (Arbeitsentgelte) ist nicht mehr in den Dienstleistungen enthalten.
Beide Komponenten zusammen bilden als Einkommen neben den Gütern,
Dienstleistungen und laufenden Transfers eine eigenständige Kategorie in
der Leistungsbilanz.
Transport: Nunmehr wird auch die Debetseite des Transports
ausgewiesen, da die Ausweisung der Güter ohne Transport- und
Versicherungskomponente erfolgt. Der Internationale Personentransport
ist nicht mehr im Reiseverkehr enthalten, sondern wird in der Position
Transport gesondert ausgewiesen.
Der gesamte Transport wird nach den Transportmedien - See,
Lufttransport, sonstiger Transport - gegliedert.
Reiseverkehr: Der Reiseverkehr ist enger definiert und enthält an
Transportleistungen nur mehr die Benutzung des privaten Pkw bzw. die
Nutzung von Transportmitteln innerhalb des Ziellandes. Ergänzungen und
Korrekturen, die bisher nur einmal jährlich erfolgten, werden nunmehr
laufend vorgenommen, sodaß die unterjährigen Quartalsergebnisse
bereits auf das Jahresergebnis schließen lassen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
199
1.3 Einkommen:
Erwerbseinkommen wie z. B. Löhne und Gehälter bzw.
Vermögenseinkommen wie Erträge/Aufwendungen aus
Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen etc. Auch enthalten die
Kapitalerträge aus Direktinvestitionen reinvestierte Gewinne.
1.4 Laufende Transfers:
Laufende Transfers als Teil der Leistungsbilanz enthalten nur mehr
jene Transaktionen, die Einfluss auf das Einkommen und den
Verbrauch der betroffenen Volkswirtschaften haben. Bei den
laufenden Transfers wird wie bisher zwischen öffentlichen und
privaten Transfers unterschieden. Ein Beispiel für die öffentlichen
Transfers sind die Beiträge Österreichs an die EU, die auch bisher in
der Transferbilanz enthalten waren. Dagegen wandern Teile der
Rückflüsse in die Bilanz der Vermögensübertragungen. In den
privaten Transfers sind beispielsweise Gastarbeiterüberweisungen
sowie Pensionen und Renten enthalten.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
200
100
(2)
Vermögensübertragungen
Um die Abstimmung zwischen Zahlungsbilanz und VGR, deren Außenkonto
sie ja bildet, weiter zu harmonisieren, wurde die Bilanz der
Vermögensübertragungen (Capital Account) neu in die Zahlungsbilanz
aufgenommen.
Sie ist Teil des Außenkontos des Vermögensveränderungskontos der VGR.
Sie erfasst einerseits die einseitige Übertragung von Vermögensgütern
(Transaktionen, die bisher in der Transferbilanz enthalten waren), während in
der Transferbilanz nur mehr jene Übertragungen gezeigt werden, die aus
dem laufenden Einkommen geleistet bzw. auf Empfängerseite Bestandteil
des laufenden Einkommens sind. Wichtigste Bausteine dieser Position sind
die Ein- und Auswanderung, Schuldenerlasse und bestimmte Rückflüsse
aus dem EU-Haushalt zur Verbesserung der Infrastruktur. Andererseits zeigt
sie den Erwerb bzw. Veräußerung von nicht produzierten, nicht finanziellen
Vermögensgegenständen. Diese Position zeigt beispielsweise den Ankauf
von Patenten (nicht deren Nutzung!), den Verkauf von Kundenstöcken,
Sportlerablösen und ähnliches.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
(3)
201
Kapitalbilanz
Der Kapitalverkehr wird nach folgenden Finanzierungsinstrumenten unterteilt:
Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen, sonstige Investitionen, Finanzderivate
und offizielle Währungsreserven. Innerhalb der einzelnen Instrumente gibt es
eine Trennung in österreichische Anlagen im Ausland (Forderungen) bzw.
ausländische Anlagen in Österreich (Verpflichtungen).
3.1
Direktinvestitionen:
Neben Beteiligungen (in Form von Aktien und anderen Kapitalanteilen)
sowie langfristigen Darlehen enthalten die Direktinvestitionen auch - soweit
erkennbar - die kurzfristigen Finanzbeziehungen verbundener
Unternehmen. Außerdem sind der grenzüberschreitende Erwerb und die
Veräußerung von Grundstücken den Direktinvestitionen zugeordnet.
Grundgedanke dabei ist, jene wirtschaftlichen Beziehungen
zusammenzufassen, die ihrer Natur nach durch ein besonders intensives
unternehmerisches Engagement geprägt sind.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
202
101
3.2
Portfolioinvestitionen:
Portfolioinvestitionen umfassen Investitionen in Anteilspapieren,
langfristigen festverzinslichen Wertpapieren, Geldmarktpapieren.
Ausgenommen sind jedoch alle Wertpapiere, die als
Direktinvestitionen zu klassifizieren sind.
3.3
Sonstige Investitionen:
Sonstige Investitionen sind all jene Kapitalformen, die weder den
Portfolioinvestitionen, noch den Direktinvestitionen, noch den
offiziellen Währungsreserven zugerechnet werden (Guthaben,
Einlagen Kredite).
Einlagen,
Kredite)
Volkswirtschaftslehre © Blaas
3.4
203
Finanzderivate:
Finanzderivate (wie z. B. Optionsscheine), die bisher Teil der Position
Portfolioinvestitionen waren, werden nun rückwirkend als eigene Position
neben Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen, sonstigen Investitionen
und Währungsreserven in der Kapitalbilanz ausgewiesen. Finanzderivate
mit Zinsen als Basiswert bleiben wie bisher Teil des Einkommens
Einkommens.
3.5
Offizielle Währungsreserven:
Die offiziellen Währungsreserven sind Bestandteil der Kapitalbilanz; daher
zeigt ein Minus eine Zunahme und ein Plus eine Abnahme der offiziellen
Währungsreserven an. Gemäß neuem Konzept wird nur mehr die
transaktionsbedingte
g Veränderung
g der offiziellen Währungsreserven
g
gezeigt, die Bewertungsänderungen werden nur mehr in der
Internationalen Vermögensposition Österreichs gezeigt.
Zu den offiziellen Währungsreserven zählen: Währungsgold, Bargeld und
Einlagen, Wertpapiere, Sonderziehungsrechte und andere Forderungen
gegen den IWF sowie Forderungen gegen die EZB.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
204
102
(4)
Statistische Differenz
Die Verbuchung aller wirtschaftlichen Transaktionen erfolgt in der
Zahlungsbilanz gemäß den Grundsätzen der doppelten Buchführung. Bei
vollständiger und richtiger Erfassung aller Vorgänge müsste sich daher
th
theoretisch
ti h eine
i ausgeglichene
li h
Z
Zahlungsbilanz
hl
bil
ergeben.
b
In der Praxis verbleibt aber eine Restgröße, die man nach Aufrechnung
aller Zahlungsbilanzteilbereiche in einer Periode berücksichtigen muss,
um auf ein ausgeglichenes Gesamtergebnis zu kommen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
205
2.4. Die österreichische Zahlungsbilanz in den letzten Jahren (Mio EURO)
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
-1.530
-4.343
7.068
-2.437
-1.819
-1.751
-3.606
7.088
-3.323
-1.910
5.871
1.350
7.713
-1.554
-1.637
3.784
-1.535
7.860
-966
-1.575
4.845
-787
7.977
-983
-1.362
4.916
-1.427
9.371
-1.622
-1.407
6.292
333
10.162
-2.936
-1.266
8.763
1.324
12.274
-3.790
-1.045
-475
-592
-385
13
-275
-189
-802
-62
4.647
4.154
-2.665
-527
-642
-240
-5.182
-6.290
Summe der Teilbilanzen
2.642
1.811
2.821
3.270
3.928
4.487
308
2.411
Statistische Differenz
-2.642
-1.811
-2.822
-3.270
-3.928
-4.486
-308
-2.411
Leistungsbilanz
Güter
Dienstleistungen
Einkommen
Laufende Transfers
Vermögensübertragungen
Kapitalbilanz
Quelle: Quelle: OeNB, Statistik Austria.
Bis 2005 endgültige Daten, 2006 revidierte Daten, 2007 provisorische Daten. Letzte
Änderung am 28.05.2008
Volkswirtschaftslehre © Blaas
206
103
Kapitalbilanz
Direktinvestitionen i.w.S.
im Ausland
in Österreich
Portfolioinvestitionen
Forderungen
Anteilspapiere
Verzinsliche Wertpapiere
Verpflichtungen
Anteilspapiere
Verzinsliche Wertpapiere
Sonstige Investitionen
Forderungen
Handelskredite
Kredite
Bargeld und Einlagen
Sonstige Forderungen
Verpflichtungen
Handelskredite
Kredite
Bargeld und Einlagen
Sonstige Verpflichtungen
Finanzderivate
Offizielle Währungsreserven
2000
4.647
3.365
-6.230
9.595
3.229
-29.167
-16 959
-16.959
-12.208
32.395
3.857
28.539
-2.521
-17.228
-2.234
-9.948
-4.994
-52
14.707
502
2.564
11.424
217
-263
2001
4.154
3.108
-3.506
6.615
6.333
-12.225
-101
-12.124
18.558
-4.897
23.455
-7.286
-9.575
309
-8.434
-701
-749
2.289
-711
3.276
-309
33
-69
2002
-2.665
-5.791
-6.170
379
-4.347
-25.116
-3 348
-3.348
-21.767
20.769
2.949
17.820
6.081
12.135
97
-3.529
15.200
366
-6.054
-320
5.574
-11.183
-126
-417
2003
-527
7
-6.323
6.330
4.032
-16.854
-2 418
-2.418
-14.436
20.886
2.145
18.741
-5.691
-15.481
12
-12.695
-2.700
-98
9.790
134
743
8.156
757
-670
2004
-642
-3.552
-6.685
3.133
-1.068
-26.920
-3 281
-3.281
-23.639
25.852
5.493
20.359
2.912
-17.565
-395
-6.730
-9.754
-686
20.477
409
2.030
17.799
238
-493
2005
-240
-138
-62.819
62.681
-10.926
-34.380
-4 561
-4.561
-29.820
23.454
4.759
18.695
10.283
-23.294
-576
-12.393
-9.959
-365
33.577
63
5.824
26.926
763
156
2006
-5.182
-2.463
-4.482
2.019
11.472
-26.988
-6 815
-6.815
-20.173
38.460
8.494
29.967
-13.978
-54.582
-1.389
-13.798
-39.232
-164
40.604
846
14.562
24.605
592
-719
2007
-6.290
-577
-23.183
22.605
21.128
-15.119
-1 067
-1.067
-14.052
36.247
2.675
33.573
-22.768
-35.506
-307
-25.809
-8.842
-548
12.738
131
-7.036
18.426
1.217
-2.217
838
2.067
1.810
1.795
1.558
385
504
-1.857
Volkswirtschaftslehre © Blaas
3.
207
Wechselkurse
Gliederung:
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
Wechselkursbegriffe
Realer und nomineller Wechselkurs
Der effektive Wechselkurs
Wechselkursregime
Volkswirtschaftslehre © Blaas
208
104
3.1. Wechselkursbegriffe
Der bilaterale Wechselkurs
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, den Preis einer ausländischen
Währung durch die inländische auszudrücken:
(1) die kontinentaleuropäische Variante
Wechselkurs = Preis für eine ausländische Geldeinheit
gemessen in der Inlandswährung
z.B. 0,78€ / 1 US $ oder 1,06€ / 1 £
Man nenntt diesen
M
di
W
Wechselkurs
h lk
d
den "D
"Devisenwechselkurs"
i
h lk "
oder auch den "Preiswechselkurs".
Volkswirtschaftslehre © Blaas
209
(2) die angelsächsische Variante (die in der ökon. Terminologie
verwendete Variante)
Wechselkurs = Preis für eine inländische Geldeinheit
Geldeinheit, ausgedrückt in
der Auslandswährung
z.B. 1.27$ / 1 € oder 0,94 £ /1 €.
Man nennt diesen Wechselkurs auch den "Mengenwechselkurs".
Der Mengenwechselkurs ist natürlich der Kehrwert des
Preiswechselkurses.
Aufwertung:
A
f
t
Ansteigen
A t i
(Si
(Sinken)
k ) d.
d Mengen
M
(P
(Preis)i ) wechselkurses
h lk
Abwertung: Sinken (Ansteigen) des Mengen (Preis)- wechselkurses
Volkswirtschaftslehre © Blaas
210
105
Veröffentlichung des aktuellen Wechselkurses in den Tageszeitungen:
Der bilaterale Wechselkurs wird regelmäßig in den Tageszeitungen und
anderen Medien publiziert. Dabei sind folgende zwei Unterscheidungen
zu treffen:
1. Devisenkurs und Valutenkurs
Kurs der Währung auf dem Markt für Devisen (Guthaben auf
ausländischen Banken) bzw. Kurs auf dem Markt für Valuten
(ausländische Banknoten und Münzen)
2. Ankaufskurs und Verkaufskurs
Die Tageszeitungen (und andere Medien) veröffentlichen meistens
drei Wechselkurse, und zwar den Ankaufskurs, den Verkaufskurs
und einen Mittelwert.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
211
Wenn Transaktionskosten bei einem Tausch bedeutend sind (z.B. das
Bereithalten von Valuten), fallen der Angebotspreis und der Nachfragepreis
auseinander. So auch auf den Devisen- und Valutenmärkten. Aus der Sicht der
Bank ist der Ankaufskurs immer niedriger und repräsentiert den Kurs, zu dem die
Bank eine Währung (in unserem Falle; €) ankauft, der Verkaufskurs ist höher und
der Verkaufspreis der Währung (€). Die Differenz sind die von den Banken
geforderten Transaktionskosten
Transaktionskosten.
Beispiel (20. Jänner 2006, Der Standard):
Die An- und Verkaufskurse für den Euro werden z.B. in Tageszeitungen veröffentlicht.
Sie geben an, wieviel Dollar (Pfund, Franken) die Bank beim Kauf eines EURO zahlt
(„Ankauf“) bzw. wieviel Dollar (Pfund, Franken) die Bank für einen Euro verlangt
(„Verkauf“)
Die Bank zahlt f. 1 €
Währung
Ankauf eines €
Die Bank verlangt
g f. 1 €
Mittelwert
Verkauf eines €
US-$
1,2137
1,2139
1,2140
Britisches Pfund
0,6877
0,6879
0,6881
Schweizer Franken
1,5527
1,5533
1,539
Volkswirtschaftslehre © Blaas
212
106
3.2. Realer und nomineller Wechselkurs
Wir unterscheiden nun zwischen dem nominellen (n) und dem realen (r)
Wechselkurs. Es gilt folgende fundamentale Beziehung zwischen realem
und nominellem Wechselkurs r und n:
r
n
=
pi
pa
Dabei ist:
r
n
pi
pa
der reale Wechselkurs
der nominelle Wechselkurs
Index für das inländische Preis-(Kosten-) Niveau
Index für das Preis-(Kosten-)
Preis (Kosten ) Niveau im Ausland (oder im Falle
des effektiven Wechselkurses – siehe unten – in mehreren
anderen Ländern) in ausländischer Währung.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
213
Die Bedeutung des realen Wechselkurses liegt darin, dass sich in ihm die
(preisliche) Konkurrenzposition des Inlandes gegenüber dem Ausland
manifestiert. Denn bei konstantem nominellen Wechselkurs bedeutet ein
sinkender (steigender) realer Wechselkurs, dass sich die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Landes durch eine relative Verbilligung
(Verteuerung) seiner Exportgüter im Ausland verbessert (verschlechtert).
pi
r =
pa
n
bzw. in Veränderungsraten:




r  n p i  p a
Volkswirtschaftslehre © Blaas
214
107
Der günstigste Fall ist der, dass der reale Wechselkurs sinkt während der
nominelle Wechselkurs steigt. Eine reale Abwertung (negatives
Vorzeichen der linken Seite der unten stehenden Gleichung) und eine
nominelle Aufwertung (positives Vorzeichen von n) sind simultan daher
nur dann möglich, wenn die Inflationsrate im Inland geringer ist als im
Ausland (dann gibt es einen Spielraum für eine nominelle Aufwertung).
Dieses Kunststück ist z.B. Österreich in der zweiten Hälfte der 70er Jahre
gelungen.




r  n p i  p a

pi


Beispiel: pi = 2%, p a = 4%; bei einer nominellen Aufwertung von 1% ergibt sich dann eine reale
Abwertung von 1% und damit eine Verbesserung der preislichen Konkurrenzfähigkeit um 1%
(gegenüber diesem Land):
- 1% = + 1% + 2% - 4%
Volkswirtschaftslehre © Blaas
215
Beispiel Argentinien 2001/2002:
Die argentinische Währung, der Peso, wurde in den 90er Jahren im
Verhältnis 1:1 an den Dollar gebunden, um die Inflation unter Kontrolle zu
bekommen. Der nominelle Wechselkurs zum Dollar war also n=1.
Nachdem sich die argentinische Wirtschaftspolitik damit der Möglichkeit
beraubt hatte, auf inländische Preisveränderungen mithilfe der
Wechselkurspolitik zu reagieren, hing die internationale
Wettbewerbsfähigkeit Argentiniens von der relativen Preisentwicklung und
der Wechselkurspolitik der Handelspartner ab. Durch die Abwertung der
Währungen wichtiger lateinamerikanischer Handelspartnerländer (z.B.
Brasilien), stieg der nominelle und damit der reale Wechselkurs des Peso
an, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber diesem Land wurde somit
schlechter.
Diese Entwicklung war einer der Ursachen für die dramatische
Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in Argentinien und der
danach folgenden politischen und gesellschaftlichen Probleme.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
216
108
3.3. Der effektive Wechselkurs
Für jede ausländische Währung existiert also - soferne sie konvertibel ist
- ein Wechselkurs gegenüber dem Euro, theoretisch gibt es also sehr
viele bilaterale Wechselkurse.
Nun ist nicht jeder einzelne bilaterale Wechselkurs von
gesamtwirtschaftlicher Bedeutung (bzw. von Bedeutung für die gesamte
EU), sondern nur die Wechselkurse jener Länder, die wichtige
Handelspartner-Länder sind. Das ist ein größerer oder kleinerer Teil der
Gesamtheit der Wechselkurse. Dieser Teil wird im sogenannten
effektiven Wechselkurs zusammengefasst.
Der effektive Wechselkurs ist also nicht der Wechselkurs des EURO
gegenüber einer einzelnen ausländischen Währung
Währung, sondern gegenüber
einem gewogenen Mittel der wichtigsten Wechselkurse (gewogen mit den
jeweiligen Handelsanteilen).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
217
Effektiver Wechselkursindex nominell:
gewogenes geometrisches Mittel der Wechselkurse zu den wichtigsten
Haupthandelspartnern des gesamten Euroraums
(die EZB veröffentlicht unterschiedliche effektive Wechselkurse je nach
Anzahl der Handelspartnerländer, z.B. 21 Länder, s.u. Abb.).
Der Intra-Währungsunionshandel bleibt außer Betracht. Das Indexgewicht
entspricht der Bedeutung der jeweiligen Länder im Außenhandel der
gesamten Währungsunion (siehe Tabelle unten). Die Handelsgewichte
basieren auf dem Außenhandel mit Gütern der Sachgüterproduktion.
Effektiver
Eff
kti
Wechselkursindex
W h lk
i d real:
l entspricht
t i ht d
dem nominell-effektiven
i ll ff kti
Wechselkursindex des Euro korrigiert um das Inflationsdifferenzial des
Euroraums zu seinen Handelspartnern.
Q: EZB
Volkswirtschaftslehre © Blaas
218
109
Abbildung: Nomineller effektiver Wechselkurs des EURO; Eurozone 16 Länder;
gegenüber der Gruppe der 21 wichtigsten HandelspartnerLänder (AU, CA, DK, HK,
JP, NO, SG, KR, SE, CH, GB, US, BG, CZ, EE, LV, LT, HU, PL, RO, CN)
99Q1 = 100
Q: EZB online
Volkswirtschaftslehre © Blaas
Weights in the EER21 indices based on
different reference
periods
Q: EZB online
Volkswirtschaftslehre © Blaas
219
Partner country
Reference period
1995-1997
Reference period
1998-2000
Reference period
2001-2003
Reference period
2004-2006
Australia
0.9
0.9
1.0
1.0
Bulgaria
0.4
0.3
0.5
0.6
Canada
1.8
2.0
2.0
1.7
China
5.3
6.3
9.1
13.6
Czech Republic
2.7
2.6
3.6
4.1
Denmark
3.1
2.8
2.8
2.7
E t i
Estonia
02
0.2
02
0.2
03
0.3
03
0.3
Hong Kong
2.6
2.1
1.9
2.0
Hungary
1.9
2.3
3.0
3.1
Japan
12.0
10.8
9.2
8.3
Latvia
0.1
0.1
0.2
0.2
Lithuania
0.2
0.2
0.3
0.3
Norway
1.6
1.5
1.3
1.3
Poland
2.9
3.4
4.0
4.9
Romania
0.9
1.0
1.4
1.7
Singapore
2.2
1.9
1.7
1.8
3.9
South Korea
3.5
3.3
3.4
Sweden
5.7
5.2
4.5
4.8
Switzerland
8.1
7.2
6.9
6.4
United Kingdom
22.6
21.6
20.3
17.8
United States
21.3
24.3
22.9
19.6
Total
100
100
100
100
220
110
3.4. Wechselkursregime
Typologie:
Fixe Wechselkurse
Flexible Wechselkurse
Managed Floating ("Dirty" Floating)
Wechselkurse unterliegen überhaupt nicht der Veränderung durch Marktkräfte,
wenn sie feste Wechselkurse sind, also behördlich festgelegte Kurse sind. In
diesem Falle darf niemand zu einem anderen als dem staatlich festgelegten
Wechselkurs eine Währung eintauschen. (Typisch für Planwirtschaften)
I Marktwirtschaften
In
M kt i t h ft gibt
ibt es statt
t tt dessen
d
eher
h stabile
t bil W
Wechselkurse,
h lk
wie
i es z.B.
B
im EWS, dem (früheren) Europäischen Wechselkurssystem der Fall war.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
221
Stabile Wechselkurse sind solche, die innerhalb einer festgelegten engen
Bandbreite um einen Mittelkurs, z.B. +/- 2,25%, schwanken dürfen. Die
Einhaltung der Bandbreite wird durch Devisenan- und -verkäufe gemanaged,
d.h. seitens der dazu verpflichteten Währungsbehörden gewährleistet (unterer
und oberer Interventionspunkt). Innerhalb der vorgegebenen Bandbreite sind
die Wechselkurse Marktpreise. Lässt sich der Mittelkurs nicht mehr halten, so
wird auf- oder abgewertet. (Auch: "schmutziges Floaten" , dirty floating)
Sich ausschließlich auf dem Markt bildende Wechselkurse heißen flexible
Wechselkurse (floating exchange rates).
Volkswirtschaftslehre © Blaas
222
111
Zur Bedeutung stabiler Wechselkurse:
Sind die Wechselkurse nicht stabil, müssen sich die Unternehmen gegen
Wechselkursschwankungen absichern. Dazu werden Devisentermingeschäfte
durchgeführt.
Beispiel: ein (europäischer) Exporteur vereinbart mit seiner Bank, dass er zu einem
festen Stichtag 1 Mrd $ einzahlt. Die Bank verpflichtet sich, diese Dollar dann zu
einem Kurs von 1 Euro je Dollar zu kaufen und 1 Mrd € zu überweisen.
Der Dollar fällt
Der Dollar steigt
1 Dollar kostet 0,90 Euro
1 Dollar kostet 1,10 Euro
Bank zahlt
1 Mrd €
Bank zahlt
1 Mrd €
g
Umrechnungskurs
ohne Kurssicherung
Vermiedener Kursverlust
900 Mio €
100 Mio €
Umrechnungskurs
ohne Kurssicherung
Entgangener Kursgewinn
1,1 Mrd €
100 Mio €
Das Unternehmen hat damit sein Wechselkursrisiko begrenzt, ihm entgehen
dafür aber mögliche Wechselkursgewinne.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
223
3.5. Wechselkurstheorien
Kaufkraftparitätentheorie
Zahlungsbilanztheorie
Siehe dazu: Streissler/Streissler, S. 384 ff.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
224
112
4.
Außenwirtschaftspolitik
Die moderne Außenwirtschaftspolitik ist wie die meisten anderen
Bereiche der Wirtschaftspolitik heute ein mit vielen Aufgaben und
Funktionen befrachteter Politikzweig. Zentrale Aufgabe ist jedoch, für
eine ausgeglichene Zahlungsbilanz zu sorgen.
Im folgenden befassen wir uns zunächst mit zwei Fragen, und zwar
erstens, wie eine nicht ausgeglichene Zahlungsbilanz ausgeglichen
werden kann, und zweitens noch mit der Frage Protektionismus versus
Freihandel.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
225
4.1. Zahlungsbilanzausgleich
Die Zahlungsbilanz kann ausgeglichen werden über
1.
2.
3.
4.
5.
g
gesamtwirtschaftliche
Nachfrageveränderungen,
g
g ,
Veränderungen des relativen Preisniveaus,
Zinssatzveränderungen,
Geldbestandsveränderungen und schließlich
Wechselkursveränderungen
Zinssatzveränderungen und unter Umständen auch
Geldmengenveränderungen wirken primär auf die Kapitalverkehrsbilanz
Kapitalverkehrsbilanz,
sekundär, über Nachfrageveränderungen, freilich auch auf die
Leistungsbilanz. Die anderen genannten Veränderungen wirken primär
auf die Leistungsbilanz.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
226
113
(1)
Gesamtwirtschaftliche Nachfrageveränderungen
Steigen die Einkommen im Inland stärker als im Ausland, so passiviert sich
die Leistungsbilanz, weil die Importe stärker als die Exporte steigen. In
Rezessionen aktiviert sie sich hingegen. Ein Leistungsbilanzpassivum
erfordert somit eine relative Einkommensschrumpfung, um es auszugleichen.
(2)
Preisniveauveränderungen
Dieselbe Analyse lässt sich statt in mengenmäßigen Effekten auch anhand der
Preisniveauwirkungen vornehmen. Bei gleichbleibenden Wechselkursen führt
eine relative Preisniveauerhöhung
g im Inland unter der Voraussetzung
g nicht
vollkommen preisunelastischer Nachfragen zu einem Anstieg der Importe und
einer Senkung der Exporte. Sie führt daher zu einer Passivierung der
Leistungsbilanz. Umgekehrt aktiviert eine relative Preisniveausenkung die
Leistungsbilanz. Die relevanten Preisniveaus sind freilich vor allem die der
Exporte und der Importsubstitute, weniger das allgemeine Preisniveau (der
Verbraucherpreise oder des BIP).
(3)
Zinsveränderungen
Zinssteigerungen relativ zum Ausland ziehen (gleichbleibende Wechselkurse
und gleichbleibendes Risiko vorausgesetzt) Kapital aus dem Ausland an,
aktivieren
kti i
also
l di
die K
Kapitalbilanz
it lbil
und
d üb
über di
diese di
die Z
Zahlungsbilanz.
hl
bil
D
Denn K
Kapital
it l
sucht auch international die günstigste Anlage. Für relative Zinssenkungen gilt
das Umgekehrte.
Zinssteigerungen wirken über diverse Kanäle (siehe Geldpolitik) aber
andererseits nachfragesenkend. Dadurch wachsen die Importe langsamer als
die Exporte und die Leistungsbilanz wird auch aktiviert. Zinssenkungen
passivieren umgekehrt die Leistungsbilanz.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
228
114
(4)
Geldmengenveränderungen
Geldmengensteigerungen relativ zum realen Sozialprodukt können zu
Preisniveausteigerungen führen.
Relativ höhere Preise im Inland können zu geringerer Wettbewerbsfähigkeit
auf den Weltmärkten und damit zu einer Passivierung der Leistungsbilanz
führen.
(5)
Wechselkurspolitik: Auf- und Abwertungen
Steht die Wechselkurspolitik zur Disposition, so kann die Abwertung der
Währung zu verbesserten Exportchancen und damit zu einer Aktivierung
der Leistungsbilanz führen.
Volkswirtschaftslehre © Blaas
229
4.2. Protektionismus versus Freihandel
Im Gegensatz zur Integrationspolitik (siehe unten) ist es das Ziel des
Protektionismus, den Handel einzuschränken, insbesondere um die heimische
Wirtschaft „zu schützen“ und inländische Arbeitsplätze abzusichern.
Unter Protektionismus sind dabei alle Maßnahmen zu verstehen, die ein Staat
g
, um die bei Freihandel eintretenden oder erwarteten unerwünschten
ergreift,
Marktergebnisse abzuwenden.
Folgende Ziele können mit protektionistischen Maßnahmen angestrebt werden:
– Erzielung von öffentlichen Einnahmen (Zölle)
– Schutz bestimmter Produktionssektoren, die international nicht mehr bzw.
noch nicht wettbewerbsfähig sind
– Ankurbeln des Wirtschaftswachstums
– Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
– Verbesserung der Handelsbilanz
– Beeinflussung der Einkommensverteilung
– Abbau internationaler Abhängigkeit (Autarkiebestrebungen) und
Demonstration nationaler Größe
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115
Protektionistische Maßnahmen:
– Tarifäre Handelshemmnisse (Import-, Export-, Durchfuhr-Zölle)
– Nicht-tarifäre Handelshemmnisse
– Quantitative Restriktionen (Kontingente; Quoten; Verbote;
Lizenzen; Selbstbeschränkungsabkommen;
Kompensationsgeschäfte)
– Nebenabgaben auf Importe
(Ausgleichsabgaben/Mindestpreise; Anti-Dumping Abgaben)
– Administrative Restriktionen (Gesundheitsvorschriften;
Sicherheitsvorschriften; Umweltschutzauflagen;
Industrienormen; obligatorische Verpackungen und
Inhaltsangaben; marken- und patentrechtliche Restriktionen;
B
Beschränkungen
hä k
fü
für P
Produktwerbung;
d kt
b
Produktionsvorschriften/Beimischungszwang; etc.)
– Wirtschaftspolitische Maßnahmen (Subventionen;
Steuererleichterungen; Investitionshilfen;
Forschungszuwendungen; Förderung bestimmter Branchen;
diskriminierende Vergabe öffentlicher Aufträge; etc:)
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Ziel des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade; 1948) bzw. in
Folge (1994) der WTO (World Trade Organisation) ist eine
Welthandelsordnung mit möglichst wenig Protektionismus. Freihandel,
Integration: siehe unten
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232
116
5.
Wirtschaftliche Integration
Wirtschaftliche Integration bedeutet einen Prozess der
Handelsliberalisierung zwischen zwei oder mehreren Staaten
Staaten. Dabei gilt
eine Integration immer dann als wirtschaftlich vorteilhaft, wenn die
handelsschaffenden Effekte größer sind als die handelsvernichtenden.
Integration kann zur Aufteilung der Weltwirtschaft in regionale
Handelsblöcke führen, die ihrerseits nach außen mehr oder weniger
protektionistisch sein können (siehe unten).
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233
5.1. Stufen der Integration
Man unterscheidet folgende Stufen der Integration entsprechend der
Intensität des Zusammenschlusses:
1. Assoziierung
Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss zur
Verfolgung bestimmter, gemeinsam gewählter Vorhaben (z.B.
Zollfreiheit für bestimmte Güter). Diese Integrationsform dient
meist nur als Vorstufe für die nachfolgenden Integrationsformen.
2. Regionale Freihandelszone
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dieser A
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des Z
Zusammenschlusses
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die ffreie
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Beweglichkeit der im Integrationsraum erzeugten Güter vor (d.h.
grundsätzlich sind alle Güter von Zöllen befreit; Ausnahmen
existieren aber oft). Allerdings besteht die Zollautonomie der
einzelnen Mitgliedsstaaten gegenüber Drittländern weiter fort.
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117
3. Zollunion
In dieser Form des Zusammenschlusses ist zusätzlich zu allen
Elementen der regionalen Freihandelszone eine gemeinsame
Außenhandelspolitik der Mitgliedstaaten inbegriffen (z.B.
gemeinsame einheitliche Außenzolltarife).
4. Gemeinsamer Markt
Im gemeinsamen Markt liegt außer den Merkmalen der Zollunion
die freie Beweglichkeit der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital) vor.
Damit sind einerseits gewerbliche Niederlassungsfreiheit und
andererseits freie Arbeitsplatzwahl vorgesehen.
5 Wirtschaftsunion
5.
Zum gemeinsamen Markt kommt hier eine partielle, supranationale
Wirtschaftspolitik hinzu. Als Beispiele lassen sich die Agrarpolitik
oder die Steuerharmonisierung der EU nennen.
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235
6. Wirtschafts- und Währungsunion
Hier liegen die Wirtschaftsunion und eine supranational
Währungspolitik vor. Beispiel dafür ist die zukünftige gemeinsame
EU-Währungspolitik der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.
7. Totale Integration bzw. Politische Union
Es handelt sich dabei um eine Wirtschafts- und Währungsunion mit
einer supranationalen Zentralisierung aller bzw. wesentlicher
wirtschaftspolitischer Entscheidungen (meist in einem föderalen
Aufbau). In der EU ist die Politische Union als Ziel formuliert worden.
Beispiele für Integrationsbestrebungen außerhalb Europas sind die
Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), die Caribbean
Community (CARICOM), der Andenpakt und das North American Free
Trade Agreement (NAFTA).
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118
5.2. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
Voraussetzungen für eine Währungsunion
–
unwiderrufliche Festsetzung der Währungsparitäten
–
Beseitigung der Bandbreiten
–
vollständige und irreversible Konvertibilität der Währungen
–
völlige Liberalisierung des Kapitalverkehrs
–
Koordinierung der GeldGeld-, Kredit-,
Kredit- Kapitalmarkt- und Währungspolitik
(z.B. durch ein gemeinschaftliches Zentralbankensystem;
Europäisches Währungsinstitut in Frankfurt)
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237
Die Konvergenzkriterien, die erfüllt werden müssen, um Mitglied der
Währungsunion werden zu können, bestehen aus folgenden vier
Bedingungen:
1. Preisstabilität
D K
Das
Kriterium
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d
der P
Preisstabilität
i t bilität iistt d
dann erfüllt,
füllt wenn ein
i
Mitgliedstaat eine anhaltende Preisstabilität und während des
letzten Jahres vor der Prüfung eine durchschnittliche Inflationsrate
aufweist, die um nicht mehr als 1,5%-Punkte über der Inflationsrate
jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet
der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben
(Verbraucherpreisindex).
2. Finanzlage der öffentlichen Hand
Dieses Kriterium teilt sich in zwei Unterkriterien:
a. die öffentliche Neuverschuldung
b. der Schuldenstand der öffentlichen Hand
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119
a. Öffentliche Neuverschuldung
Das Verhältnis zwischen dem (geplanten oder tatsächlichen)
Defizit und dem Bruttonationalprodukt zu Marktpreisen darf zum
Zeitpunkt der Prüfung 3% nicht überschreiten, es sei denn,
– dass entweder das Verhältnis erheblich und laufend
zurückgegangen und in die Nähe des Referenzwertes
gekommen ist;
– dass der Referenzwert nur ausnahmsweise und
vorübergehend überschritten wird und das Verhältnis in der
Nähe des Referenzwertes bleibt.
b. Schuldenstand der öffentlichen Hand
Das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und
dem BIP zu Marktpreisen darf zum Zeitpunkt der Prüfung 60%
nicht überschreiten, es sei denn, dass das Verhältnis
hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem
Referenzwert nähert.
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3. Wechselkursstabilität
Dieses Kriterium gilt dann als erfüllt, wenn der Mitgliedstaat die im
Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen
Währungssystems vorgesehenen Bandbreiten zumindest in den
letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne starke Spannungen
eingehalten hat. Insbesondere darf er den bilateralen Wechselkurs
innerhalb dieses Zeitraumes gegenüber der Währung eines
anderen Mitgliedstaates nicht von sich aus abgewertet haben.
4. Niveau der langfristigen Zinssätze
Dieses Kriterium gilt dann als erfüllt, wenn im Verlauf von einem
Jahr vor der Prüfung der durchschnittliche langfristige
Nominalzinssatz im betreffenden Mitgliedstaat um nicht mehr als
2%-Punkte über dem entsprechenden Satz in jenen - höchstens
drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität
das beste Ergebnis erzielt haben.
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120
Europäische Währungsunion: Wichtige Begriffe:
Europäisches Währungssystem II (EWS II):
Da nicht alle EU-Staaten zum Beginn der Endstufe der Wirtschafts- und
Währungsunion (WWU) Anfang 1999 dem Euro-Währungsgebiet angehörten,
mussten
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di Wäh
Währungsbeziehungen
b i h
zwischen
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den WWU
WWU-Teilnehmern
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(den
sogenannten Ins) und den übrigen EU-Staaten (den sogenannten Outs oder PreIns) geregelt werden. Hierzu hat man sich in Anlehnung an das EWS auf ein EWS
II als reformiertes Nachfolgesystem geeinigt. Ziel ist es zum Einen, übermäßige
Wechselkursverzerrungen und -schwankungen zu vermeiden, die ein
reibungsloses Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes behindern können.
Zum Anderen sollen für die Pre-Ins Anreize zur wirtschafts- und finanzpolitischen
Annäherung (siehe Konvergenzkriterien) geschaffen werden, so dass ein späterer
WWU-Beitritt möglich wird. Im Rahmen des neuen Wechselkursmechanismus
erhält der Euro die Funktion als LeitLeit oder Ankerwährung,
Ankerwährung so dass die Paritäten
(Leitkurse) für die Währungen der Pre-Ins an den Euro geknüpft werden.
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Der maximale Schwankungsspielraum für die Wechselkurse wird durch die
Standardbandbreite von ± 15 Prozent um die Leitkurse bestimmt, wobei nach
erfolgreichen Konvergenzbemühungen für einzelne Währungen engere
Bandbreiten möglich sind.
Bei Erreichen der Interventionspunkte sind grundsätzlich unbegrenzte
Devisenmarktinterventionen vorgesehen, die allerdings vom Grundsatz her nur
unterstützenden Charakter haben dürfen und eine konvergenzorientierte Geldund Finanzpolitik keinesfalls ersetzen können. Um dies sicherzustellen, erhalten
die Europäische Zentralbank und die am Wechselkursmechanismus
teilnehmenden nationalen Notenbanken das Recht, jederzeit eine vertrauliche
Überprüfung der Leitkurse in Gang zu setzen. Bei Gefahren für die Preisstabilität
können sie außerdem Interventionen verweigern.
Dem EWS II gehörten zu Beginn nur die Dänenkrone und die Griechische
Drachme (bis 1.1.2001) an. Für letztere gilt die Standardbandbreite von ± 15
Prozent, für die Dänenkrone dagegen eine enge Schwankungsmarge von ± 2,25
Prozent.
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121
Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)
Das ESZB umfasst die EZB und die nationalen Zentralbanken aller EUMit li d t t
Mitgliedstaaten,
unabhängig
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davon, ob
b sie
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den E
Euro eingeführt
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haben
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d nicht.
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Eurosystem
Besteht aus der EZB und den derzeit sechzehn nationalen Zentralbanken der EUMitgliedstaaten, die den Euro in der dritten Stufe der WWU eingeführt haben. Die
nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die noch nicht dem EuroWährungsgebiet beigetreten sind
sind, zählen zwar zum ESZB
ESZB, aber nicht zum
Eurosystem.
Solange es EU-Mitgliedstaaten gibt, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören,
werden das Eurosystem und das ESZB nebeneinander bestehen.
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Euro-Währungsgebiet
Umfasst das Gebiet der EU-Mitgliedstaaten, die der dritten Stufe der WWU
beigetreten sind und damit den Euro als gemeinschaftliche Währung eingeführt
haben.
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122
Euro Währungsgebiet - Euroländer Stand 1.1.2009
16 Mitgliedstaaten der Europäischen Union nehmen an der gemeinsamen Währung teil:
Belgien
Deutschland
Finnland
F
Frankreich
k i h
Griechenland
Irland
Italien
Luxemburg
Malta
Niederlande
Österreich
Portugal
Slowakei
Slowenien
Spanien
Zypern
Q: www.ecb.int
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LITERATUR zu Vorlesung
1. Allgemein
P. Bofinger, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Pearson Studium 2003
H. Hanusch, Th. Kuhn, Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Springer-Verlag, Berlin 1994, 3. Auflage
R. LECHNER, G. STEINDORFER, Grundkonzepte der Wirtschaftstheorie. Skriptum zur Prüfung am 9. Juni 1998. Wien 1998
A. RONCAGLIA, Handbuch der modernen Wirtschaft. Edition S, Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei. Wien 1987
J. SCHUMANN, Grundzüge der mikroökonomischen Theorie. Springer- Verlag, Berlin Heidelberg New York 1980
E. u. M. STREISSLER, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre für Juristen. Manz Verlag, Wien 1984
H.R. VARIAN, Grundzüge der Mikroökonomik. Vlg. Oldenbourg, München, Wien. 2. Auflage 1991
A WAGNER
A.
WAGNER, Makroökonomik.
M k ök
ik UTB,
UTB Gustav
G t Fischer
Fi h Vlg.,
Vl Stuttgart
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A. WAGNER, Mikroökonomik. UTB, Gustav Fischer Vlg., Stuttgart 1989, 2. Auflage
P. WEISE, Neue Mikroökonomie. Physica-Verlag, Würzburg - Wien 1981
U. WESTPHAL, Makroökonomik. Theorie, Empirie und Politikanalyse. Springer Verlag, Berlin 1988
R. Whitley, Divergent Capitalisms. The social structuring and change of Business Systems. Oxford 2000.
2. Die österreichische Wirtschaft
H. Abele u.a. (Hrsg.), Handbuch der österreichischen Wirtschaftspolitik. 3. Auflage, Manz Verlag, Wien 1989
E. Nowotny und Winckler, Georg (Hrsg.), Grundzüge der Wirtschaftspolitik Österreichs. Manz, Wien 1994
P. ROSNER, Grundzüge der Politischen Ökonomie Österreichs. WUV-Universitätsverlag, Wien 1994
K. WENGER (Hrsg.), Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts. Bd. II. Besonderes Wirtschaftsrecht. Verlag Manz, Wien
1990
3. Spezialthemen
C. Thomasberger, EU Monetary Union and Enlargement. In: W. Blaas (ed.), Eastern Enlargement as an All European Development
Project. Special Issue of „Der Öffentliche Sektor - Forschungsmemoranden“, 2002.
E. Staehelin.Witt, R. M. Plattner, Wirtschaft und Raumplanung. Beziehungen – Konflikte – Lösungen. In: Raumplanung, hrsg.
Vom Eidgen. Justiz- und Polizeidepartement, Bundesamt für Raumplanung. Bern 1998
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