ö 1-klassiker 12104

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Ö 1-KLASSIKER
PUCCINI
MEDIENBEGLEITHEFT zur CD
La Bohème, Oper in vier Bildern
Erstes Bild, 34.44 Minuten
Zweites Bild, 19.40 Minuten
Drittes Bild, 26.03 Minuten
Viertes Bild, 29.33 Minuten
DAS ZUKUNFTSMINISTERIUM
12104
Ö 1 – KLASSIKER: PUCCINI
Das vorliegende Heft ist die weitgehend vollständige Kopie des Begleitheftes zur CD
Konzept der Zusammenstellung von
Dr. Haide Tenner, Dr. Bogdan Roscic, Lukas Barwinski
Executive Producer:
Lukas Barwinski
Musik Redaktion:
Dr. Gustav Danzinger, Dr. Robert Werba, Albert Hosp, Mag. Alfred Solder
Text/Lektorat:
Michael Blees
Grafikdesign:
vektorama
Fotorecherche:
Österreichische Nationalbibliothek/ Mag. Silke Pirolt
Fotos:
ORF, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv
Herausgeber der CDs und der Begleithefte:
Universal Music GmbH, Austria 2004
Besonderen Dank an:
Prof. Alfred Treiber, Mag. Irina Kubadinow, Dr. Johanna Rachinger,
Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek
Medieninhaber und Herausgeber des vorliegenden Heftes:
Medienservice des
Bundesministeriums für Bildung,
Wissenschaft und Kultur
1014 Wien, Minoritenplatz 5
Bestellungen:
Tel. 01/982 13 22-310, Fax. 01/982 13 22-311
E-Mail: [email protected]
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Ö1-KLASSIKER, VOLUME 4
PUCCINI
GIACOMO PUCCINI: »LA BOHÈME«
»Men die and governments change but the songs of >La Bohème< will live forever.«
(»Menschen sterben und Regierungen wechseln, aber die Melodien der >Bohème< werden
ewig leben.«) - diese prophetische Aussage stammt aus einem Brief des großen Erfinders
Thomas Alva Edison an den Komponisten Giacomo Puccini, geschrieben 1920. Nicht ganz
ein Viertel Jahrhundert war seit der Uraufführung von Puccinis viertem Bühnenwerk
vergangen und sie gehörte zu den berühmtesten und meistgespielten italienischen Opern
der Komponistengeneration nach Giuseppe Verdi (1813-1901). Daran hat sich bis heute
nichts geändert: Puccinis »La Bohème« stellt eines der bedeutendsten Werke im
Standardrepertoire der Opernliteratur dar.
Dabei war der Oper nicht von Anfang an Erfolg beschieden. Das Publikum der Uraufführung am 1. Februar 1896 im Teatro Reggio von Turin nahm das Werk zwar wohlwollend auf (mehrmals wurden sogar >da capos< verlangt, von Arturo Toscanini, dem
schon in jungen Jahren gestrengen Dirigenten wurde aber jegliche Wiederholung verweigert), die Kritiken fielen jedoch vernichtend aus. So hieß es etwa in der Turiner »La
Stampa«: »Niemand kann behaupten, dass >La Bohème< eine künstlerisch gelungene
Oper wäre. Die Musik ist oberflächlich, zu oberflächlich, nicht etwa nur an den schwungvollen Stellen, sondern auch in den dramatischen und leidenschaftlichen Partien. So wie
diese >Bohème< keine tiefen Eindrücke im Hörer hinterlässt, so wird sie auch keine
bedeutenderen Spuren in der Operngeschichte hinterlassen.« Wenn dieser Kritiker auch
Puccinis Oper nicht richtig einschätzen konnte, so hat er mit seiner Rezension zumindest
Aufnahme in die lange Reihe berühmter Fehlurteile gefunden. Bereits bei Folgeaufführungen der »Bohème« noch im Februar 1896 in Rom war das Publikum zutiefst gerührt
und bewegt; geradezu triumphal für den Komponisten und die Ausführenden endete die
erste Wiedergabe in Palermo zwei Monate später - den Welterfolg des Werkes konnte ab
diesem Zeitpunkt kein noch so böswilliges Kritikerurteil beeinträchtigen.
Unmittelbar nach seiner dritten Oper »Manon Lescaut« begann sich Giacomo Puccini
(1858-1924) nach einem neuen Opernsujet umzusehen; zwei literarische Werke fasste er in
die engere Wahl, zum einen die Novelle »La Lupa« (»Die Wölfin«) von Giovanni Verga,
zum anderen Henri Murgers »La vie de Bohème« (»Das Leben der Bohème«). Ersterer
galt als der Begründer und Hauptvertreter des italienischen >Verismo<, eine Strömung in
Literatur, bildender Kunst und Musik in den Jahrzehnten um die Wende zum 20.
Jahrhundert. Als Gegenreaktion auf den Symbolismus bevorzugten die Anhänger des
>Verismo< Sujets aus dem Alltagsleben; Leidenschaftlichkeit, große Emotionalität, Liebe
und Erotik werden bestimmend, im Mittelpunkt stehen >einfache< Menschen. Zum
bahnbrechendsten Werk des >Verismo< auf der Opernbühne wurde Pietro Mascagnis
»Cavalleria rusticana« (nach einem Schauspiel von Giovanni Verga), im weitesten Sinn
ist aber auch Puccinis »La Bohème« dieser Kunst-Strömung zuzurechnen.
Den Plan, eine naturalistisch reißerische Verga-Novelle zu vertonen, verwarf Puccini
schnell wieder, dafür begeisterte er sich umso mehr für das traurig schöne Dasein der
ärmlichen Pariser Künstlerwelt; in vielen Aspekten der Handlung fühlte sich der
Komponist durch Murgers Roman sogar an seine eigenen wilden Jugendjahre - vor allem
seine ständige Geldnot - erinnert.
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Henri Murger (1822-1861) hatte seinen Roman 1846 erstmals in einer Pariser Zeitschrift
herausgegeben und später auch als Buch unter dem Titel »Scènes de la vie de Bohème«
veröffentlicht; angeblich - so hat es Puccini-Forscher Mosco Carner dargestellt - sollen die
Figuren des Romans sogar auf lebende Vorbilder zurückgehen.
Henri Murger
Murger selbst hatte seinen Roman 1849 als Bühnenstück bearbeitet, und dieses wie auch
der Roman galten als Vorlage für Puccini und seine beiden Librettisten Luigi Illica und
Giuseppe Giacosa. Wie bei allen seinen Opern hatte auch hier der Komponist klare
Vorstellungen von der Anlage und Ausgestaltung des Textes, das zweite Bild mit dem
ausgelassenen Treiben vor dem Café Momus geht beispielsweise allein auf Puccini zurück.
Textliche Änderungen, Neufassungen und Umarbeitungen forderte er ohne Unterlass
während der Entstehungszeit der »Bohème« vom Frühjahr 1893 bis gegen Weihnachten
1895. Letztendlich müsste man sogar den Verleger Giulio Ricordi als weiteren Co-Autor
der Oper nennen; er war es nämlich, der immer wieder zwischen dem Komponisten und
seinen Librettisten vermittelte, wenn Puccini neue Forderungen erhob, Illica und Giacosa
darüber in Aufregung und Rage gerieten. Dem Komponisten ging es vor allem um
größtmögliche Konzentration und Kürze, oft nur um kleinste Details - und letztendlich,
nach der Fertigstellung des ganzen Werks musste auch Giacosa zugeben: »Puccini hat alle
meine Erwartungen übertroffen, jetzt verstehe ich seine Tyrannei.«
Die Kürze, Prägnanz und große Liebe zum Detail, die Puccini von seinen Librettisten
verlangte, ist gleichzeitig auch ein Merkmal seines Kompositionsstils. Die
»Kleingliedrigkeit der formalen Anlage, der rasche, oft übergangslose Wechsel von kurzen
Abschnitten, deren jeder von einem bestimmten Motiv beherrscht wird, ist ein wichtiges
Merkmal von Puccinis musikalischer Formung«, so der Puccini-Biograph Wolfgang
Marggraf. »Zusammen mit der überaus sensiblen, keinem Schema sich einfügenden
Melodik gibt er seiner Musik jene nervöse Lebendigkeit und Farbigkeit, durch die es
möglich ist, der Handlung ebenso elastisch zu folgen wie den Wandlungen der psychischen
Entwicklung. Durch rasche Wechsel der Eindrücke wird die Spannung des Hörers stets
wach gehalten. Überdies ermöglicht es diese mosaikhafte Anlage, auch kleinste szenische
Details nachzuzeichnen. Natürlich birgt diese Technik die Gefahr in sich, dass [...] der
formale innere Zusammenhang des ganzen Werkes verloren geht. Ihn herzustellen, bedarf
es deshalb gewisser Mittel, die dem Formzerfall entgegenzuwirken imstande sind. Puccini
schafft sie sich einmal durch die strukturelle Abhängigkeit vieler Themen, zum andern
durch häufige Wiederkehr vieler Themen und Motive, die als formale Klammer wirkt,
indem sie dem Hörer Orientierungspunkte schafft und Beziehungen [...] äußerlich
herstellt.«
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Nicht alle der charakteristischen Themen der »Bohème« sind eigens für dieses Werk
entstanden; Puccini griff bei der Komposition dieser Oper nicht nur einmal auf bereits
existierendes Material zurück, unter anderem auf sein instrumentales »Capriccio
sinfonico« aus seiner Mailänder Studienzeit, des weiteren auch auf Lieder und Klavierstücke aus eigener Feder. Das Thema des Walzers der Musetta hatte der Komponist
beispielsweise zunächst in Form einer Piece für Klavier notiert, später für eine andere
Gelegenheitsarbeit verwendet, um ihm schließlich in der Oper seinen bleibenden Platz zu
geben. Nicht zuletzt dieser elegante Walzer, aber auch das Werk als ganzes veranlasste
Claude Debussy zu den Worten: »Wenn man sich nicht festhielte, würde man hinweggefegt
von der puren Verve dieser Musik. Ich kenne niemanden, der das Paris dieser Zeit so gut
beschrieben hat wie Puccini in >La Bohème<«. Dabei war Puccini, als seine Oper
entstand, noch nie in Frankreich gewesen; erst im April 1898 reiste er erstmals nach Paris
anlässlich der dortigen Erstaufführung seiner »Bohème«.
Schon bei seiner vorangegangenen Oper »Manon Lescaut« scheute sich Puccini nicht, ein
Sujet zu verwenden, das sich weniger als zehn Jahre zuvor die Opernbühne erobert hatte in Gestalt der berühmten »Manon« von Jules Massenet. Im Falle der »Bohème« arbeitete
er sogar zeitgleich mit einem anderen Kollegen am selben Stoff: parallel zu Puccinis Oper
entstand auch die »Bohème«-Vertonung von Ruggiero Leoncavallo. Bei einem zufälligen
Gespräch entdeckten sie, dass sie beide mit derselben Vorlage beschäftigt waren. Natürlich
wollte keiner von seinem Projekt zurücktreten, somit gingen sie als Konkurrenten auseinander. Im Vergleich zu Puccinis Oper hält sich zwar Leoncavallos Werk (auf ein
Libretto, das der Komponist selbst verfasste) enger an den Roman von Murger und bleibt
- wie die Vorlage - in vielen Aspekten episodenhafter, dafür fehlt dieser Oper aber auch die
Stringenz, Geschlossenheit und Konzentration auf das Wesentliche. Ein Jahr nach Puccinis
Oper kam Leoncavallos »Bohème« in Venedig zur Uraufführung. Zu spät wohl, denn die
Popularität und den Welterfolg des Werks des Rivalen Puccini hat Leoncavallos Oper nie
erreicht.
Leoncavallos Oper sollte übrigens von Gustav Mahler hinsichtlich einer eventuellen
Aufführung an der Wiener Hofoper begutachtet werden. Der Komponist und Dirigent
nutzte seine Italienreise aber auch dazu, sich die >andere<, damals ebenfalls in Wien noch
unbekannte »Bohème« von Puccini anzuhören. Seine Empfehlung danach ließ keinen
Zweifel offen: nicht Leoncavallos Werk war einer Wiener Opernaufführung wert, sondern
ausschließlich die Oper von Puccini.
Mirella Freni als Mimi,
Wiener Staatsoper, 1963
In der Operngeschichte lebt Puccini als Schöpfer einer reichen Galerie an ihrem Schicksal
zugrunde gehender, zerbrechlich leidender Frauengestalten, man denke nur an Manon in
»Manon Lescaut«, Cio-Cio-San in »Madama Butterfly«, Angelica in »Suor Angelica«
oder Liù in »Turandot« - und natürlich an die schwindsüchtige Näherin Mimì in »La
Bohème«. Als eine der prägendsten Interpretinnen dieser Rolle in der jüngeren Rezeptionsgeschichte gilt die italienische Sopranistin Mirella Freni.
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Schon in den 1960er-Jahren feierte sie mit dieser Partie an der Wiener Staatsoper (und an
der Mailänder Scala) Triumphe: bis heute zählt man die Wiener »Bohème«-Premiere von
1963 mit der Freni und unter der musikalischen Leitung von Herbert von Karajan zu den
legendären Opernabenden dieser Bühne. »Mit zehn Jahren Verspätung« -so Karl Löbl im
Lexikon »Opern auf Schallplatten« über die vorliegende Studioproduktion von 1973 »hatte Karajan seine Mimì endlich im Plattenstudio. Um die Freni herum ein Superaufgebot idealer Partner. Das Ergebnis ist schwelgerischer Wohlklang, ein Stimmenfest der
großen Persönlichkeiten, eine Luxus->Bohème< von Festspielformat. Mit den Berliner
Philharmonikern breitet Karajan die Musik wie ein kostbares Collier genießerisch vor dem
Zuhörer aus. Das gab's nur einmal - wird man später wohl nostalgisch schwärmen.«
Herbert von Karajan
bei Proben
HANDLUNG
Erstes Bild. Weihnachten um 1830 im Pariser Quartier Latin. In einer Mansarde versuchen
der Maler Marcello und der Dichter Rodolfo zu arbeiten. Beide frieren, also beschließt
Rodolfo in Ermangelung anständigen Brennmaterials, seine Manuskripte zu verfeuern.
Nacheinander treffen der Philosoph Colline und der Musiker Schaunard ein. Letzterer durch eine kuriose Gelegenheitsarbeit zu Geld gekommen - bringt Essen und Wein, schlägt
aber trotzdem vor, den Weihnachtsabend außer Haus zu verbringen. In diesem Moment
erscheint der Hauswirt Benoit und fordert die Miete. Mit einer List gelingt es den
Freunden, ihn loszuwerden - natürlich ohne die Miete gezahlt zu haben. Alle brechen auf,
nur Rodolfo will noch einen Zeitungsartikel fertig stellen. Dazu soll es aber nicht kommen:
Mimì, die Nachbarin klopft an der Türe und bittet, ihre erloschene Kerze anzünden zu
dürfen.
Von den vielen Stufen zum Dachgeschoß erschöpft, muss sie sich einen Augenblick setzen
und verliert dabei ihren Wohnungsschlüssel. Wieder zu Kräften gekommen, will sie gehen;
in der Zugluft erlischt jedoch ihre Kerze erneut. Schnell bläst auch Rodolfo seine Kerze
aus. Im Dunkeln tasten beide nach dem verloren gegangenen Schlüssel; Rodolfo findet ihn,
versteckt ihn und greift - wie zufällig - nach Mimìs Hand [CD I/8: »Che gelida manina« /
»Wie eiskalt ist dies Händchen«, Arie des Rodolfo]. Er beginnt von seinem Leben zu
erzählen und bittet Mimì, gleiches zu tun [CD I/9: »Sì. Mi chiamano Mimì« / »Ja, sie
nennen mich Mimì«, Arie der Mimì]. Schnell erkennen beide, dass sie sich ineinander
verliebt haben; gemeinsam folgen sie Rodolfos Freunden [CD I/10: »O soave fanciulla« /
»Du mein lieblichstes Mädchen«, Duett-Finale Mimì - Rodolfo]
Dekorationsentwurf für
das zweite Bild von
Anton Brioschi,
Wiener Hofoper, 1903
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Das zweite Bild spielt nur wenig später am selben Abend. Vor dem Café Momus tummeln
sich Passanten und Händler. Rodolfo kauft Mimì eine rosa Haube und stellt sie seinen
Freunden vor. Das gemütliche Beisammensein wird jedoch schlagartig unterbrochen:
Musetta, Marcellos frühere Geliebte erscheint mit ihrem neuen Liebhaber, dem ältlichen,
aber reichen Alcindoro. Mit allen Mitteln versucht sie, Marcellos Aufmerksamkeit auf sich
zu ziehen [CD I/15: »Quando m'en vo« / »Geh' ich allein«, Walzer der Musetta]. Sein
Widerstand beginnt zu schwinden und seine alte Leidenschaft für Musetta flammt wieder
auf. Um endlich ihren ältlichen Galan loszuwerden, simuliert Musetta einen plötzlichen
Schmerz: sie stößt einen lauten Schrei aus, erklärt, ihr Schuh sei zu eng und schickt den ihr
lästig gewordenen Alcindoro zum Schuhmacher. Kaum ist der verschwunden, fallen sich
Musetta und Marcello in die Arme. Während die Wachparade vorbeizieht, wird den
Bohèmiens die Rechnung präsentiert. Natürlich reicht ihr Geld nicht aus, Musetta weiß
jedoch Abhilfe: man solle den offenen Betrag gemeinsam mit ihrer Rechnung von
Alcindoro einfordern. Als dieser zurückkommt, ist sie natürlich längst verschwunden.
An einem Februarmorgen an der Barrière d'Enfer, einer der großen Zollschranken in Paris,
spielt das dritte Bild. Mimì sucht nach Marcello, der hier gemeinsam mit Musetta in einem
Wirtshaus Unterkunft gefunden hat. Sie erhofft sich von ihm Rat in einer ausweglosen
Situation: Rodolfo verfolgt sie mit ständiger Eifersucht [CD II/3: »Mimì!«, Szene Marcello
- Mimì]. Als Rodolfo selbst aus dem Wirtshaus kommt, versteckt sich Mimì. Das Gespräch
zwischen ihm und Marcello entgeht ihr aber nicht - und damit auch nicht der wahre Grund
für Rodolfos Verhalten: er weiß, dass Mimì schwer krank ist und nicht mehr lange zu leben
hat [CD II/4-6: »Marcello. Finalmente« / »Marcel! Da bist Du endlich«, Szene Rodolfo,
Marcello, Mimì]. Mimì, von Husten geplagt, kann sich nicht länger versteckt halten.
Rodolfo erklärt sie, dass sie ihn verlassen wolle [CD II/7: »Donde lieta uscì« / »Woher
froh sie einst kam«, Arioso der Mimì]. Noch sind allerdings beider Gefühle füreinander zu
stark, als dass man sogleich getrennte Wege gehen würde. Während Marcello und Musetta
streitend aus dem Wirtshaus kommen, beschließen Mimì und Rodolfo, sich erst zu trennen
sobald der Frühling kommt [CD II/8: »Dunque è proprio finita!« / »So ist alles zu Ende«,
Szene Rodolfo, Mimì, Marcello, Musetta].
Ein paar Monate sind vergangen, Marcello und Rodolfo haben sich von Musetta und Mimì
getrennt. Scheinbar unbekümmert sind sie in ihrer Mansarde zu Beginn des vierten Bildes
bei der Arbeit, in Wahrheit kreisen ihre Gedanken aber noch immer um ihre früheren
Geliebten [CD II/10: »O Mimì, tu più non torni« / »O Mimì, nie kehrst du wieder«, Duett
Rodolfo-Marcello]. Colline und Schaunard kommen vorbei, die melancholische Stimmung
ist schnell verflogen; es wird gescherzt, getanzt und gelacht. Die turbulente Ausgelassenheit der Freunde wird jedoch abrupt unterbrochen: Musetta stürzt herein, um Hilfe für
Mimì bittend, die zu schwach ist, die Treppe hinaufzusteigen. Rodolfo eilt ihr entgegen und
bringt sie in die Mansarde. Um einen Arzt zu rufen und Medizin zu beschaffen, übergibt
Musetta Marcello ihren Schmuck; er soll ihn verkaufen. Sie selbst will für Mimì einen
Muff besorgen. Auch Colline will helfen, beschließt deshalb seinen Mantel zu verpfänden
[CD II/13: »Vecchia zimarra, senti« / »Höre, du alter Mantel«, Arioso des Colline]. Allein
zurückgeblieben erinnern sich Mimì und Rodolfo an das erste Zusammentreffen und ihre
große Liebe [CD II/14: »Sono andati? Fingevo di dormire« / »Sind sie gegangen? Ich tat,
als ob ich schliefe«, Szene Mimì - Rodolfo]. Nach und nach kommen die anderen zurück.
Alle Bemühungen der Freunde sind jedoch vergeblich; unbemerkt von den anderen schläft
Mimì für immer ein. Erschüttert bricht Rodolfo über der toten Geliebten zusammen.
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