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Experten-Beiträge
Ärzte, Betroffene und Angehörige über Diagnose, Therapie
und den Umgang mit Bauchspeicheldrüsenkrebs
Experten-Beiträge
Inhalt:
1. Gastroenterologie: „Frühzeitige Diagnose ist wichtig“
Prof. Dr. Michael Geißler, Onkologisches Zentrum, Klinikum Esslingen
2. Chirurgie: „Heute operieren wir mehr als früher“
Prof. Jens Werner, Europ. Pankreaszentrum, Uniklinik Heidelberg
3. Onkologie: „Fortschritt dank innovativer Therapien“
PD Dr. Helmut Oettle, Charité, Zentrum für Tumormedizin, Berlin
4. Strahlentherapie: „Erfolg durch schonende Techniken“
PD Dr. Ursula Nestle, Uniklinik Freiburg
5. Rehabilitation: „Patienten aktiver einbinden“
Prof. Oliver Rick, Klinik Reinhardshöhe, Bad Wildungen
6. Ernährung: „Jeder Mensch reagiert verschieden“
Friederike Bürger, Diätassistentin, Berlin
7. Psychoonkologie: „Bessere Akzeptanz gegenüber psychologischer Hilfe“
Dr. Andrea Petermann-Meyer, Niedergelassene Ärztin, Aachen
8. Selbsthilfe: „Wir sind für Betroffene da – seit über 30 Jahren“
Jürgen Kleeberg, Vorsitzender des „Arbeitskreis für Pankreatektomierte“ (AdP), Berlin
9. Dagmar Berghoff im Interview: „Das Wichtigste ist, für den anderen da zu sein.“
Dagmar Berghoff, Moderatorin der Kampagne und Angehörige
Prof. Dr. Michael Geißler, Onkologisches Zentrum, Klinikum Esslingen
„Frühzeitige Diagnose
ist wichtig“
Diagnoseverfahren bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Als Gastroenterologe werde ich häufig gefragt, ob es bestimmte Ursachen für
Bauchspeicheldrüsenkrebs gibt und ob es durch das eigene Verhalten möglich ist,
die Gefahr zu verringern, an dieser Krebsart zu erkranken.
Als Ursachen kommen wie bei vielen Krebserkrankungen das Zigarettenrauchen und
ein exzessiver Alkoholkonsum in Betracht. Neueste Forschungen haben aber auch
ergeben, dass eine dauerhaft falsche Ernährung das Risiko von
Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöhen kann. Dabei scheint besonders der Genuss von
zu viel Süßem sowie sehr starkes Übergewicht eine Rolle zu spielen. Durch falsche
Ernährung besteht auch die Gefahr, im Laufe des Lebens zuckerkrank zu werden
oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) zu bekommen. Wenn
eine Entzündung über einen längeren Zeitraum anhält, spricht man von einer
chronischen Pankreatitis. Diese kann auch eine Ursache dafür sein, dass sich ein
Bauchspeicheldrüsenkrebs entwickelt. Darüber hinaus besteht in seltenen Fällen ein
deutlich erhöhtes erbliches Krankheitsrisiko.
Je eher Bauchspeicheldrüsenkrebs bemerkt wird, desto gezielter und erfolgreicher
lässt er sich behandeln. Hierfür gibt es in der Gastroenterologie verschiedene
Verfahren, die helfen, den Tumor zu finden und das Krankheitsstadium zu
bestimmen. Die rechtzeitige Diagnose wird allerdings oft dadurch erschwert, dass
charakteristische Frühsymptome fehlen. Umso wichtiger sind zu Beginn das
ausführliche Gespräch sowie eine sorgfältige körperliche Untersuchung der Patienten.
Denn nur so kann Bauchspeicheldrüsenkrebs rechtzeitig entdeckt werden. Der
richtige Einsatz der folgenden Diagnoseverfahren wie Ultraschall, Endosonographie
(Ultraschalluntersuchung von innen), Computertomographie und Magnet-ResonanzTomographie ist dabei wichtig, da diese jeweils unterschiedliche Erkenntnisse liefern.
Daneben zählt die Erfahrung des Arztes, um schnell den Tumor und die genaue
Ausbreitung einschätzen und so die richtige Therapie beginnen zu können. Ich
empfehle daher, die Diagnostik und auch die Therapie in erfahrenen Kliniken und
Zentren vorzunehmen.
Eine verlässliche Früherkennung von Bauchspeicheldrüsenkrebs gibt es bis heute
nicht – weder durch bildgebende Verfahren noch durch Urin oder Blutproben. In der
Zukunft könnte sich dies aber ändern. Hoffnung gibt dabei die Genforschung. Im
Idealfall wäre dann eine einfache Blutuntersuchung ausreichend, um auf das
Vorhandensein eines Tumors aufmerksam zu werden. Aktuell ist aber nach wie vor
Wachsamkeit und rasche Reaktion auf unspezifische Frühsymptome der wichtigste
Grundsatz im Umgang mit dieser schwerwiegenden Krankheit.
Professor Michael Geißler, Esslingen
Leiter des DKG-zertifizierten Onkologischen Zentrums Esslingen
Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie / Hämatologie,
Gastroenterologie und Infektiologie, Klinikum Esslingen
Weitere Informationen zum Thema Diagnose finden Sie hier >>
Prof. Jens Werner, Europ. Pankreaszentrum, Uniklinik Heidelberg
„Heute operieren
wir mehr als früher“
Neue Operationsmethoden machen eine potenzielle Heilung möglich
Der Bauchspeicheldrüsenkrebs ist einer der aggressivsten Krebsarten. Eine
potenzielle Heilung kann nur nach chirurgischer Entfernung des Tumors erreicht
werden. Da der Bauchspeicheldrüsenkrebs selten Beschwerden macht, ist er bei
Diagnose meist schon fortgeschritten. Daher können wir derzeit nur jeden fünften
Patienten operieren. Dies geschieht in Abhängigkeit von der Lage des Tumors als
Pankreaskopfresektion, meist nach der Methode von Kausch-Whipple, oder bei Lage
im Pankreasschwanz als Pankreaslinksresektion. Die Operationstechnik, wie auch
die Abläufe vor und nach der Operation wurden im Verlaufe der letzten Jahrzehnte
immer weiter optimiert.
Durch eine verbesserte Intensivmedizin und Narkose können wir heutzutage mehr
Menschen insbesondere auch Patienten, die Vorerkrankungen haben und älter sind,
sicher behandeln. Seit einigen Jahren befassen sich immer mehr Krankenhäuser
intensiv mit der Krankheit und bilden sogenannte Pankreaszentren. In Heidelberg
gründeten wir 2002 das Europäische Pankreaszentrum in dem neben Patienten aus
ganz Deutschland auch Patienten aus dem europäischen Ausland behandelt werden.
Durch den ständigen Austausch und die tägliche Routine sind alle medizinisch
Beteiligten, Chirurgen, Internisten, Onkologen, Narkoseärzte, Radiologen, sowie das
Pflegepersonal, in die komplexen Abläufe der Behandlung gut einbezogen. Aus
diesem Grund können wir Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs optimal
behandeln. In unserem Haus operieren wir jedes Jahr etwa 600 Patienten und sind
somit das größte operative Zentrum weltweit für Bauchspeicheldrüsenerkrankungen.
Aufgrund dieser großen Erfahrung sind für uns auch Operationen bei sehr
schwierigen und fortgeschrittenen Fällen sicher möglich. Standard ist heute, dass
nach der Operation jeder Patient eine zusätzliche (adjuvante) Chemotherapie erhält,
um die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens und der Metastasierung der
Erkrankung zu vermindern. Hierfür ist ein fachübergreifendes Team eines
Pankreaszentrums notwendig.
Bei Patienten mit lokal primär nicht operablen und weit fortgeschrittenen
Bauchspeicheldrüsenkrebs führen wir eine sogenannte neoadjuvante Therapie durch.
Das sind zum Beispiel individuell angepasste Strahlen- und Chemotherapien, mit
deren Hilfe wir den Tumor verkleinern, um ihn anschließend zu entfernen. Durch
dieses Therapiekonzept können heute auch Patienten operiert und geheilt werden,
bei denen das bisher nicht möglich war. In den letzten Jahren werden zunehmend
auch neue sogenannte minimalinvasive chirurgische Methoden bei
Bauchspeicheldrüsenoperationen angewendet. Hierbei führt man die
Operationsinstrumente über kleine Schnitte in die Bauchhöhle ein. Diese Verfahren
werden vor allem bei kleineren Tumoren eingesetzt, da ausgedehntere Resektionen
und Gefäßresektionen mit diesen Methoden nicht möglich sind. Besonders geeignet
ist die Laparoskopie für die sogenannte „Linksresektion“ des Pankreas bei
Erkrankungen im Pankreasschwanz. Chirurgen und Wissenschaftler versuchen stetig,
die Operationsverfahren weiterzuentwickeln.
Professor Dr. med. Jens Werner
Geschäftsführender Oberarzt, Leiter Sektion Pankreaschirurgie, Klinik für
Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Europäisches
Pankreaszentrum Heidelberg, Universitätsklinikum Heidelberg
Weitere Informationen zum Thema Operation finden Sie hier >>
PD Dr. Helmut Oettle
„Fortschritt dank
innovativer Therapien“
Medikamentöse Therapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Die Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs fordert uns Onkologen immer in
besonderer Weise. Denn häufig ist der Tumor bei Diagnose schon so weit
fortgeschritten, dass er nicht mehr zu operieren ist. Dennoch hat sich in der
Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs im Gegensatz zu früher viel getan. Bis
Ende der 1990iger Jahre waren uns gewissermaßen die Hände gebunden. Wir
mussten Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht nur diese
schwerwiegende Diagnose übermitteln, sondern konnten ihnen gleichzeitig auch
keine wirksame Therapie anbieten. Das war für Patienten und behandelnde Ärzte
eine sehr belastende Situation.
Dann wurde die Chemotherapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs als Einzeltherapie
Standard. Das war ein erster Fortschritt. Die Chemotherapie wirkt als starkes Zellgift,
das die Tumorzellen zerstören soll, aber auch gesunde Zellen angreift. Obwohl die
Chemotherapiekonzepte in den letzten Jahren immer weiter optimiert wurden und
mittlerweile viel besser verträglich sind, können Nebenwirkungen auftreten. Dazu
zählen beispielsweise Blutbildveränderungen, Erschöpfung, Übelkeit und selten
Haarausfall.
In den letzten Jahren gelang es, innovative Medikamente zu entwickeln die ihre
Wirkung gezielt auch beim fortgeschrittenen oder metastasierten
Bauchspeicheldrüsenkrebs zeigen konnten. Sehr vielversprechend sind dabei
Medikamente, welche das Tumorwachstum gezielt stoppen. Eines ist ein
sogenannter Wachstumshemmer, der kombiniert mit der wöchentlichen
Chemotherapie einmal täglich als Tablette eingenommen wird und in der Regel gut
verträglich ist. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Durchfall und eine akneähnliche
Hautreaktion – auch Rash genannt. Patienten, die nach der Einnahme eine
Hautreaktion entwickeln, profitieren dabei in besonderem Maße von der Therapie.
Mehrere Studien belegen, dass das Auftreten der Hautreaktion ein Zeichen dafür ist,
dass das Medikament gut wirkt und die Prognose für diese Menschen damit deutlich
besser ist. Aus onkologischer Sicht ist dies ein großer Fortschritt: Denn wir
versuchen immer eine individualisierte Therapien für jeden einzelnen Patienten zu
finden. Mit den neuen Medikamenten erhalten wir eine weitere Möglichkeit,
fortgeschrittenen Bauchspeicheldrüsenkrebs gezielter zu behandeln.
Erfreulicherweise werden immer weitere Substanzen erforscht und für eine mögliche
individuelle Krebstherapie überprüft. Nur durch eine Vielzahl klinischer Studien ist ein
Behandlungsfortschritt zu erwarten. Damit wäre es vielleicht eines Tages möglich,
Tumoren – unabhängig vom Stadium – in eine chronische Erkrankung zu überführen.
Vielversprechend sind nach neuesten Studien auch Chemotherapien, die eine
Operation auch beim zunächst nicht operierbaren fortgeschrittenen
Bauchspeicheldrüsenkrebs ermöglichen. Dies unterstreicht erneut, wie bedeutend
klinische Studien für Krebspatienten sind. Nur so können wir wirksame Medikamente
entdecken, weiterentwickeln und sie für alle zugänglich machen.
Es ist leider nicht möglich, sich vor einer Krebserkrankung zu schützen.
Nahrungsmittel können zum Beispiel mit giftigen Stoffen belastet sein, denn
industrieller Fortschritt führt zu neuen chemischen Stoffen in der Nahrungskette.
Indem auf ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und auf Rauchen verzichtet
wird, kann jeder einzelne das Risiko aber so klein wie möglich halten. Das ist aus
meiner Sicht die beste Vorsorge, die wir alle treffen können.
Privatdozent Dr. med. Helmut Oettle
Onkologische Schwerpunktpraxis Friedrichshafen und Charité - Zentrum für
Tumormedizin – Berlin
Weitere Informationen zum Thema Therapie finden Sie hier >>
PD Dr. Ursula Nestle, Universitätsklinikum Freiburg
„Erfolg durch
schonende Techniken“
Strahlentherapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs wurde die Strahlentherapie bisher eher
selten genutzt. Denn Organe, die in unmittelbarer Nachbarschaft der
Bauchspeicheldrüse liegen, reagieren sehr empfindlich auf Strahlen. Beispiele dafür
sind die Nieren und die Leber, aber auch der Darm und der Magen. Das geht soweit,
dass sich die die Magenschleimhaut entzünden kann. Diese Organe vertragen etwa
nur ein Drittel der Strahlendosis, die für die Therapie eines Tumors nötig ist. Daher
sind wir Strahlentherapeuten immer besonders gefordert, wenn es darum geht,
Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs zu behandeln. Wir wägen immer
Nebenwirkungen gegen den Nutzen ab und entscheiden sehr individuell. Die Technik
hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Dadurch sind wir in der Lage, die
Dosis optimal anzupassen. Somit wirken die Strahlen nur auf den Tumor und
schädigen weniger umliegende gesunde Organe. Das schaffen wir zum Beispiel
dadurch, indem wir für die Planung alle verfügbaren Information, auch zum Beispiel
aus der Kernspintomographie (MRT) oder der Positronen-Emissions-Tomographie
(PET) nutzen. Unmittelbar vor der Bestrahlung machen wir zusätzlich eine
Computertomographie (CT), um die Strahlentechnik optimal auf die Lage des Tumors
einzustellen.
In unserer Klinik arbeiten wir sehr eng mit den Chirurgen zusammen. Sind diese der
Meinung, dass sich ein Tumor durch eine vorhergehende Strahlentherapie soweit
verändert, dass man operieren kann, dann versuchen wir gemeinsam, dieses Ziel zu
erreichen. Heutzutage ist es auch möglich, schon während einer Operation
Bauchspeicheldrüsenkrebs direkt zu bestrahlen. Das hat den Vorteil, dass man die
Lage und Ausdehnung des Tumors sehr gut beurteilen und ihn gezielt bestrahlen
kann. Dadurch wird benachbartes gesundes Gewebe optimal geschont. Allerdings
benötigt man für dieses Verfahren sehr viel Erfahrung, Personal und Technik,
weswegen nur wenige Zentren diese Methode anbieten.
Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs kommt es leider häufig vor, dass ein Tumor nicht
mehr entfernt werden kann. Auch in diesem Fall ist eine Strahlentherapie nützlich, da
sie dabei hilft, die Schmerzen zu lindern. Auch die gezielte Bestrahlung von
Metastasen kann sinnvoll sein.
In den letzten Jahren wurde sehr viel geforscht, um die bisherigen Anwendungen der
Bestrahlung zu optimieren, beziehungsweise um neue, schonendere Verfahren zu
entwickeln. Beispielsweise gibt es die Behandlung mit sogenannten schweren Ionen
oder Protonen. Dabei werden teilweise sehr große und teure Apparaturen benötigt,
die vielversprechend sind, da sie eine hochwirksame Strahlung abgeben. Allerdings
ist es auch hier wie bei der herkömmlichen Strahlentherapie schwierig, direkt
benachbartes Gewebe zu schonen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir durch
klinische Studien wissen, ob diese neuen Methoden bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
zum Vorteil für die behandelten Patienten sind.
Ich wünsche mir, dass wir die schonenden Techniken weiterentwickeln und deren
Möglichkeiten ausreizen. Denn nur mit noch präziseren Strahlentherapien ist es
möglich, Tumore mit einer höheren und damit wirksameren Dosis und trotzdem
schonender zu bestrahlen als bisher. Dabei spielt auch die fachübergreifende
Zusammenarbeit mit Chirurgen und Onkologen eine ganz wichtige Rolle. Nur
gemeinsam werden wir es in Zukunft schaffen, Bauchspeicheldrüsenkrebs zu
therapieren und eventuell auch zu heilen.
Privatdozentin Dr. med. Ursula Nestle
Klinik für Strahlentherapie – Radiologische Klinik, Universitätsklinikum Freiburg
Weitere Informationen zum Thema Strahlentherapie finden Sie hier >>
Prof. Oliver Rick, Klinik Reinhardshöhe, Bad Wildungen
„Patienten aktiver einbinden“
Rehabilitation ermöglicht eine schnelle Rückkehr in den Alltag
Für Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs hat sich beim Thema Rehabilitation
viel getan. Im Gegensatz zu früher übernehmen Patienten heute eine wesentlich
aktivere Rolle. Dies beginnt damit, dass wir gemeinsam besprechen, welche Ziele sie
haben. Das sind beispielsweise: „Ich möchte nicht mehr so erschöpft sein.“ oder „Ich
will zunehmen oder mein Gewicht halten.“ Einige Patienten setzen ihre Ziele zu
niedrig an, andere zu hoch. Unsere Aufgabe ist dann, zu motivieren oder
aufzuzeigen, was realistisch ist. Das erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl von den
Therapeuten. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Patienten beweglich und fit genug
sind, um die Angebote wahrzunehmen. Heutzutage spielt Bewegung in der
Rehabilitation eine immer größere Rolle. Durch Gymnastik und Schwimmübungen
kann das körperliche und seelische Befinden viel deutlicher verbessert werden als
durch ein reines Wohlfühlprogramm, wie etwa mit Massagen.
Viele Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs haben Probleme mit der Ernährung.
Häufig sind sie unsicher und fragen sich, was sie genau zu beachten haben, damit
es ihnen besser geht. In der Rehabilitation gehen wir intensiv auf diesen Punkt ein:
Ernährungstherapeuten informieren und beraten Betroffene ausführlich und
berücksichtigen dabei persönliche Vorlieben und Bedürfnisse. Außerdem bieten wir
spezielle Kochkurse an, in denen Patienten sowie deren Angehörige lernen, wie sie
Speisen zubereiten, die gut schmecken und vertragen werden. Wenn sie nach der
Reha zu Hause sind, fällt es ihnen dadurch leichter, sich im Alltag zurechtzufinden.
Auch psychologische Probleme werden heutzutage mehr berücksichtigt als früher.
Viele Krebspatienten leiden meiner Erfahrung nach sehr unter ihrer Krankheit.
Ängste und Unsicherheiten wirken regelrecht wie eine Blockade. Dann sind
besonders Gespräche mit einem Psychoonkologen hilfreich. Gemeinsam entwickelte
Strategien helfen, um besser mit der Situation umzugehen. Auch Gleichgesinnte zu
treffen ist ein wichtiger Aspekt. Obwohl viele Patienten im Vorfeld äußern, dass sie
Angst vor Gesprächen mit anderen Betroffenen haben, sagen sie im Nachhinein,
dass ihnen der Austausch gut tut. Dadurch hat sich schon so mancher Blickwinkel
geändert.
Rehabilitation hat den Anspruch, den Menschen eine schnelle Rückkehr in den Alltag
zu ermöglichen. Wenn Patienten nach ein paar Wochen wieder zu Hause sind, ist es
wichtig, dass sie das Gelernte so gut wie möglich umsetzen. Aus diesem Grund
arbeiten wir auch nach der Reha eng mit den zuständigen Ärzten im Wohnort der
Patienten zusammen. Somit erreichen wir, was uns allen wichtig ist: Eine
bestmögliche Erholung der Betroffenen.
Professor Dr. med. Oliver Rick
Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt der Klinik Reinhardshöhe,
Fachklinik für onkologische Rehabilitation, Bad Wildungen
Weitere Informationen zum Thema Rehabilitation finden Sie hier >>
Friederike Bürger, Diätassistentin, Berlin
„Jeder Mensch
reagiert verschieden“
Ernährung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Die Bauchspeicheldrüse spielt bei der Verdauung eine wichtige Rolle. Menschen mit
Bauchspeicheldrüsenkrebs haben aus diesem Grund sehr häufig Probleme mit dem
Essen. Das Wichtigste ist, Patienten aufzuklären. Ich erlebe es immer wieder, dass
dies im Klinikalltag zu kurz kommt. Häufig steht die Therapie im Vordergrund und es
wird besprochen, wie der Tumor weiter zu behandeln ist. Sind Patienten zum Beispiel
nach einer Operation wieder zu Hause, wissen sie oft nicht, mit den Problemen
umzugehen. Ihnen fehlen dann ganz einfach die entsprechenden Informationen. Das
kann so weit gehen, dass sie sogar zu wenig essen, weil sie beispielsweise Angst
vor starken Durchfällen haben. Da Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs meist
schon zum Zeitpunkt der Diagnose viel an Gewicht verloren haben, kann sich
dadurch die Situation leider weiter verschlechtern.
An dieser Stelle sind wir Diätassistenten, die sich intensiv mit der Ernährung bei
Bauchspeicheldrüsenkrebs befassen, in besonderer Weise gefragt. Wir besprechen
mit jedem Patienten sehr individuell, welche Beschwerden vorhanden sind oder noch
auftreten können. Denn je nachdem, ob und wie Betroffene operiert wurden, sind
diese sehr verschieden. Nicht alle Patienten bekommen automatisch eine
Zuckerkrankheit (Diabetes) oder haben Durchfall. Daher ist keine standardisierte
Beratung möglich. Jeder Mensch reagiert verschieden. Aus diesem Grund versuche
ich in meinem Gesprächen Betroffenen auch immer zu vermitteln: Es gibt keine
klaren Empfehlungen wie „Das darf man“ und „Das darf man nicht“. Ich rate ihnen
immer, so viel wie möglich auszuprobieren und dann aufzuschreiben, was sie
gegessen und wie sie dies vertragen haben. Wenn Betroffene Verdauungsprobleme
wie Durchfall und starke Blähungen haben, appetitlos sind und deshalb an Gewicht
verlieren, sollten sie Pankreas-Enzyme einnehmen oder deren eingenommene
Menge überprüfen. Meine Erfahrung zeigt, dass es oft besser ist, mehrere kleine
Mahlzeiten zu sich nehmen als wenige große. Bei den beschriebenen
Verdauungsproblemen und großer Appetitlosigkeit besteht die Gefahr, dass
Betroffene zu viel Gewicht verlieren. In diesem Fall ist unter Umständen eine
künstliche Ernährung sinnvoll, die gegebenenfalls auch nur vorübergehend nötig ist.
Im Gegensatz zu früher erkennen heute immer mehr Kliniken, dass besonders für
Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs Fragen zur Ernährung eine große Rolle
spielen. Vor und nach einer Operation sowie in der Rehabilitation stehen den
Betroffenen daher immer öfter Ernährungsberater und Diätassistenten zur Seite.
Auch Angehörige werden eingebunden und können zum Beispiel spezielle
Kochkurse besuchen.
Seit zirka 1983 gibt es Pankreasenzyme für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Erfreulicherweise werden diese Präparate immer weiter optimiert und helfen, die
Lebensqualität zu verbessern. Ich wünsche mir, dass Ärzte und Diätassistenten mit
vereinten Kräften den Betroffenen dabei helfen, ihre Freude am Essen nicht zu
verlieren oder sie wieder zurückzugewinnen.
Friederike Bürger
Diätassistentin für gastroenterologische Ernährungstherapie nach Operationen
mit onkologischem Hintergrund
Weitere Informationen zum Thema Ernährung finden Sie hier >>
Dr. Andrea Petermann-Meyer, Niedergelassene Ärztin, Aachen
„Bessere Akzeptanz gegenüber
psychologischer Hilfe“
Psychoonkologische Beratung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Für Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs ist die Diagnose immer ein großer
Schock. Sorgen und Ängste wirken dabei oft lähmend. In dieser Situation und auch
im Laufe der weiteren Therapie hilft unter Umständen eine psychoonkologische
Betreuung. Dabei ist der Ansatz heute ein anderer als früher. Man ging längere Zeit
davon aus, dass die Psyche beim Entstehen oder dem weiteren Verlauf von Krebs
eine wesentliche Rolle spielt. Durch Studien wissen wir, dass dies nicht so ist. Daher
geht es in der Psychoonkologie nicht darum, die Seele zu stärken, damit ein Krebs
nicht weiterwachsen kann, sondern wir helfen, die psychischen Probleme, die die
Krankheit selbst verursacht, zu bewältigen. Viele Betroffene haben zu Anfang jedoch
eine gewisse Scham, sagen sich sogar: „Ich habe zwar Krebs, aber ich bin doch
nicht verrückt.“ Diese Ansicht nimmt erfreulicherweise ab. Im Gegensatz zu früher
wünschen sich heute immer mehr Menschen, psychologisch unterstützt zu werden.
Es gibt eine viel größere Akzeptanz gegenüber psychologischer Hilfe als zum
Beispiel vor 20 Jahren. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass in vielen
Zentren, in denen Krebs behandelt wird, auch Psychoonkologen arbeiten. Ich höre
immer wieder von Patienten, dass es hilfreich für sie war, besonders in der Phase
direkt nach der Diagnose, unterstützt zu werden. In der Beratung steht dabei immer
der Betroffene mit den Themen im Mittelpunkt, die ihm besonders auf der Seele
brennen. Wir Psychoonkologen motivieren die Patienten, ihren eigenen Weg mit
der Krankheit zu finden.
Therapeutisch bedeutet dies, dass wir sie formulieren lassen, was das Schwierigste
zu einem bestimmten Zeitpunkt für sie ist. Gemeinsam überlegen wir, was hilfreich
sein könnte. Damit unterstützen wir die Fähigkeit der Betroffenen, sich selbst zu
helfen. Die Sorgen und Probleme hängen dabei von der Schwere der Erkrankung,
dem Alter und der eigenen Lebenssituation ab. Daher ist es möglich, dass bei
einigen schon nach ein bis zwei Gesprächen kein weiterer Bedarf besteht. Bei
anderen hingegen dauert es etwas länger. Man kann allerdings auch nicht pauschal
behaupten, dass für jeden Betroffenen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs eine psychoonkologische Beratung nötig ist. Ich erfahre es immer wieder, dass Menschen mit
einem guten sozialen Netzwerk, also zum Beispiel mit einem starken familiären
Rückhalt, eigene Strategien kennen, ihre Ängste zu bewältigen. Letztlich entscheiden
Betroffene selbst, was gut für sie ist. Zumindest sollte aber jeder, der sich
psychologische Hilfe wünscht, diese auch erhalten. Daher wünsche ich mir für die
Zukunft, dass das Angebot noch mehr über die Kliniken hinaus ausgeweitet wird.
Dr. med. Andrea Petermann-Meyer
Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychosoziale Onkologie und Psychotherapeutin in
eigener Praxis mit dem Schwerpunkt Psychoonkologie in Aachen
Weitere Informationen zum Umgang mit der Erkrankung finden Sie hier >>
Jürgen Kleeberg, Vorsitzender des „Arbeitskreis für
Pankreatektomierte“ (AdP), Berlin
„Wir sind für Betroffene da –
seit über 30 Jahren“
Selbsthilfe bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs wirft für Betroffene viele Fragen auf.
Während der Therapie sind Ärzte und Ernährungsmediziner immer die ersten
Ansprechpartner. Nur an wen können sich Patienten wenden, wenn sie
beispielsweise nach einem längeren Klinikaufenthalt wieder zu Hause sind? Für viele
ist gerade dann der Gesprächsbedarf sehr groß. Ähnlich ging es unserem Gründer
Peter Christophel. 1976 wurde ihm die Bauchspeicheldrüse operativ entfernt.
Mediziner nennen dies Pankreatektomie. Christophel selbst fühlte sich nach der
Operation gut ärztlich versorgt, hatte aber viele weiterführende Fragen. Leider gab es
damals kaum Infomaterial zu den Folgen des Eingriffs. Zudem lernte er Betroffene
kennen, die über eine mangelnde Nachsorge klagten. Ihnen half er mit seinen
persönlichen Erfahrungen, besser mit der Krankheit zu leben. Dies wollte er
unbedingt auch anderen ermöglichen. Unter dem Motto „Hilfe durch
Selbsthilfe“ gründete er gemeinsam mit Heinrich Drescher, der im Diabetiker Bund
tätig war, noch im selben Jahr den Arbeitskreis der Pankreatektomierten, AdP.
Heute haben wir 1200 Mitglieder in bundesweit 54 Regionalgruppen. Ein
wissenschaftlicher Beirat aus Ärzten, Diätassistenten, Psychoonkologen, Apothekern
und Rechtsberatern unterstützen uns in allen medizinischen, therapeutischen und
sozialen Fragen. Daher sind unsere Mitglieder immer gut informiert.
Noch mehr Betroffene zu erreichen als bisher, ist eines unserer Ziele. Generell
wenden sich nur zwei bis drei Prozent der Betroffenen an Selbsthilfegruppen. Das
sind nicht nur unsere Erfahrungen, sondern auch die anderer
Selbsthilfeorganisationen. Es gibt immer noch viele Betroffene, die nicht wissen, wie
sie mit der Erkrankung umgehen können. Daher versuchen wir über mehr
Regionalgruppen weitere Menschen in ganz Deutschland zu erreichen. So gelingt es
uns, für Betroffene und ihre Angehörigen wohnortnah da zu sein. Hierzu veranstalten
wir regelmäßig öffentliche Treffen oder Patientenkongresse in Zusammenarbeit mit
medizinischen Zentren. Die Patienten, die von den Zentren eingeladen werden,
können hier direkt mit uns in Kontakt treten. Das ist sehr positiv, denn vor zehn
Jahren gab es solche Möglichkeiten noch nicht. Wir nutzen unsere Mitgliedschaft in
anderen Organisationen, um den Bekanntheitsgrad des AdP zu erweitern, zum
Beispiel den Patientenrat der Deutschen Krebshilfe e. V., den Deutschen
Diabetikerbund, den Paritätischen Wohlfahrtsverband, die Gesellschaft für
Rehabilitation bei Verdauungs- und Stoffwechselerkankungen e. V. (GVRS), den
Deutschen Pankreasclub und seit kurzem auch die Deutsche Gastroliga e. V. Durch
Zusammenarbeit profitieren wir von dem Wissen und den Erfahrungen dieser
Vereine und bringen im Gegenzug unsere Kompetenz ein.
Immer mehr Menschen suchen und finden uns auch über das Internet. Daher
informieren wir auf unserer Homepage über Neuigkeiten, geben Hinweise zur
Ernährung, Therapie, Kontakte zu Regionalgruppen und Termine zu Veranstaltungen.
Wir helfen auch bei der Arztsuche und empfehlen Zentren aufgrund der Erfahrungen
unserer Mitglieder. In einem Onlineforum tauschen sich Besucher und Mitglieder aus.
Dieses Angebot wird rege genutzt. Interessanterweise nehmen meist Angehörige
zuerst mit uns Kontakt auf. Nahe Angehörige leiten bei uns auch Regionalgruppen.
Mitglieder, die neu zu uns kommen, sind zu etwa zwei Dritteln an einem Tumor
erkrankt. Andere leiden zum Beispiel an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse.
Man muss nicht Mitglied bei uns sein, um unsere Beratungsangebote wahrzunehmen.
Da der Erfahrungsaustausch den meisten langfristig hilft, treten viele Betroffene aber
oft nach den ersten Kontakten dem AdP bei. Ich erlebe es häufiger, dass durch die
regelmäßigen Treffen sogar langjährige Freundschaften entstehen, die den
Betroffenen guttun. Ein Großteil der Patienten erkrankt erst ab einem Alter von 60
Jahren und ist meist pensioniert. Das Engagement in einer Selbsthilfegruppe gibt
ihnen das Gefühl, etwas Gutes zu tun. Sie fühlen sich wertgeschätzt und sinnvoll
beschäftigt. Auch für mich war es eine neue Lebensaufgabe und gab mir
zusätzlichen Halt – das ist bis heute so.
Jürgen Kleeberg
Vorsitzender der Selbsthilfeorganisation
„Arbeitskreis der Pankreatektomierten e. V.“ (AdP)
Weitere Informationen zum Thema Selbsthilfe finden Sie hier >>
Dagmar Berghoff, Moderatorin der Kampagne und Angehörige
„Das Wichtigste ist,
für den anderen da zu sein.“
Interview mit Dagmar Berghoff zur Kampagne
Die ehemalige Tagesschausprecherin Dagmar Berghoff engagiert sich im Kampf
gegen Krebs und unterstützt als Moderatorin die Kampagne „Aus der Mitte –
Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs“. Ihr Ehemann, der Arzt Dr.
Peter Matthaes, starb im Jahr 2001 an Bauchspeicheldrüsenkrebs. In einem
Interview spricht Dagmar Berghoff über ihr Engagement und über den Umgang mit
der Erkrankung Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Frau Berghoff, als Sie vor einigen Jahren gebeten wurden, die Kampagne „Aus der
Mitte – Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs“ zu unterstützen, waren Sie sofort dazu
bereit oder fiel es Ihnen schwer, sich wieder Ihren eigenen schmerzlichen
Erfahrungen zu öffnen?
Dagmar Berghoff: Ich musste natürlich erst einmal in mich gehen und habe überlegt.
Ich wollte aber auch wissen, was ist diese Krankheit genau, wie gehen andere damit
um, wie kann man vielleicht auch anderen helfen. Zu dem Zeitpunkt war es nicht
mehr so, dass ich damit eigene Erfahrungen auf-arbeiten musste. Ich dachte, wenn
ich jetzt gefragt werde, mich in dieser Sache zu engagieren, dann soll es so sein.
Ihr Mann war Arzt und wusste um die Tragweite der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Hatte dieses Wissen Auswirkungen auf seinen Umgang mit der
Erkrankung?
Dagmar Berghoff: Mein Mann war beides. Arzt, der alles wusste, weil er
Bauchchirurg war und zum Zweiten war er auch Patient. Patienten verdrängen total.
Der Gedanke an den Tod ist ja auch einer, mit dem man gar nicht leben kann. Er
hatte die Hoffnung, dass er zu den Paradepatienten gehört, die länger überleben.
Diese Hoffnung war ganz stark und auch wichtig.
Wie schafft man es, die letzte gemeinsame Zeit noch zu genießen? Wie haben Sie
die Zeit genutzt und wofür?
Dagmar Berghoff: Auch bei mir gab es eine gewisse Verdrängung. Man hofft und
hat das Gefühl, dass man noch ganz lange Zeit miteinander verbringen kann. Daher
hat man auch nicht so einen Druck, dass man noch schnell Dinge erledigen müsste.
Mein Mann hat natürlich schon bestimmte praktische Dinge, wie zum Beispiel
Bankvollmachten und so weiter geregelt. Ansonsten haben wir aber gar nicht so viel
über die Krankheit und die letzte Zeit geredet. Wir waren einfach zusammen und
diese Intensität des Zusammenseins, die war schön.
Angehörige fühlen sich nach dem Verlust eines geliebten Menschen hilflos und
verloren. Wie sind Sie damit umgegangen?
Dagmar Berghoff: Ich habe gefühlt, dass ich mit der Trauer mitschwimmen muss –
wie eine Welle sein und sich nicht dagegen stemmen. Ich war sehr viel alleine und
wollte das auch. Ich brauchte einfach die Stille.
Verändert sich die Sichtweise auf das Leben, wenn man als Angehöriger zurückbleibt?
Dagmar Berghoff: Ich habe inzwischen eine innere Balance gefunden, mit der ich
sehr gut weiterleben kann. Dazu gehört aber auch, dass ich sozusagen keine
Erwartungen an das Leben mehr habe. Ich habe keine Träume mehr, was ich nicht
negativ meine, denn ich bin sehr ausgeglichen dabei. Ich bin mit mir im Reinen und
meine das wirklich sehr positiv.
Wenn Sie mit Betroffenen reden, was möchten Sie ihnen mitteilen, was Ihnen selber
geholfen hat?
Dagmar Berghoff: Ich glaube, das wirklich Wichtige ist, dass man voll für den
anderen da ist. Also wirklich mit allem. Ich hatte mich vollkommen auf meinen Mann
eingestellt. Wir haben jetzt nicht immer zusammengehockt, aber ich konnte immer
sofort da sein, wenn er mich brauchte. Das war sehr wichtig – für uns beide.
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