Skript Nr. 8

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Skript Nr. 1
Vorbereitung auf die Überprüfung
vor dem Gesundheitsamt
Im Selbststudium
zum Heilpraktiker
für Psychotherapie
Skript Nr. 8
F5: Verhaltensauffälligkeiten mit
körperlichen Störungen und Faktoren
• Essstörungen
• nicht organische Schlafstörungen
• Sexualstörungen
• psychosomatische Erkrankungen
• schädlicher Gebrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden
Substanzen
Christine Wunderlich
Heilpraktikerin für Psychotherapie
©
0
Inhaltsverzeichnis (1)
Skript Nr. 8
Einführung
Seite
Essstörungen - Fortsetzung
Seite
1.
Hinweise zur Bearbeitung des Skripts...............................
3
2.
Übersicht Krankheitsbilder F5.............................................
5
1.
wesentliche Merkmale und Symptome.....................
33
3.
Einführung Krankheitsbilder F5..........................................
7
2.
diagnostische Leitlinien............................................
37
3.
Komorbidität, Verlauf und Prognose.........................
39
4.
Ätiologie....................................................................
41
5.
Therapie....................................................................
43
6.
Differenzialdiagnosen...............................................
45
Binge-Eating-Störung.......................................................
47
Adipositas..........................................................................
51
Bulimia nervosa
Essstörungen
Seite
1.
Einführung und Epidemiologie............................................
9
Anorexia nervosa
1.
2.
wesentliche Merkmale und Symptome.....................
diagnostische Leitlinien............................................
13
19
3.
Komorbidität, Verlauf und Prognose.........................
21
4.
Ätiologie....................................................................
23
nicht organische Schlafstörungen
Seite
©
5.
Therapie....................................................................
27
6.
Differenzialdiagnosen...............................................
31
1.
Einführung ..........................................................................
57
2.
Krankheitsbilder..................................................................
59
3.
Therapie..............................................................................
63
1
Inhaltsverzeichnis (2)
Sexualstörungen
1.
2.
Übersicht.............................................................................
wesentliche Merkmale........................................................
Skript Nr. 8
Seite
65
Seite
schädlicher Gebrauch von nicht
abhängigkeitserzeugenden Substanzen.........................
93
Literaturverzeichnis.......................................................................
97
Impressum....................................................................................
98
67
Krankheitsbilder
1.
nicht organische sexuelle Funktionsstörungen........
69
2.
Störungen der Geschlechtsidentität.........................
71
3.
Störungen der Sexualpräferenz................................
73
psychosomatische Erkrankungen
Seite
1.
Einführung...........................................................................
75
2.
Ätiologie..............................................................................
77
Krankheitsbilder
©
1.
Asthma bronchiale und Colitis ulcerosa...................
81
2.
Ulcus-Erkrankungen und Neurodermitis..................
83
3.
Funktionsstörungen der Schilddrüse (Hyper- und
Hypothyreose)..........................................................
85
Therapie psychosomatischer Erkrankungen......................
91
2
Übersicht Krankheitsbilder F5
Skript Nr. 8
F5
Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren
F50
Essstörungen
F50.0
Anorexia nervosa
F51
nicht organische
Schlafstörungen
F51.0
Insomnie
F52, F64*), F65*)
Sexualstörungen
F52
nicht organische
sexuelle Funktionsstörungen,
F51.1
Hypersomnie
F64
Störungen der
Geschlechtsidentität
F50.2
Bulimia nervosa
F53
psychische und
Verhaltensstörungen im
Wochenbett, andernorts
nicht klassifiziert
F54
psychologische und
Verhaltensfaktoren bei
andernorts klassifizierten
Krankheiten
(psychosomatische
Erkrankungen)
F55
schädlicher Gebrauch
von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen
Beispiele:
Beispiele:
postpartale
Depression /
postpartale Psychose
• Asthma bronchiale
• Antidepressiva
• Colitis ulcerosa
• Laxanzien
dargestellt in Skript
Nr. 5: „Affektive
Störungen“ (spezielle
Depressionsformen)
• Ulkus-Erkrankungen
• Analgetika
• Neurodermitis
• Antacida
• Funktionsstörungen
der Schilddrüse
(Hyper- und Hypothyreose)
F51.2
Störung des SchlafWach-Rhythmus
F65
Störungen der
Sexualpräferenz
Binge-Eating-Störung:
• klassifiziert unter
F50.4: „Essattacken
bei anderen
psychischen
Störungen„
F51.3
Schlafwandeln
(Somnambulismus)
F51.4
Pavor nocturnus
Adipositas:
• psychisch mitbedingt:
F54
• somatogen: E66.0
©
F51.5
Albträume
(Angstträume)

*)Störungen der Geschlechtsidentität und Sexualpräferenz sind im ICD 10 unter F6 klassifiziert
(F6 = „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“)
 zur besseren Übersicht sind sie in diesem Skript zusammengefasst unter dem Oberbegriff „Sexualstörungen“
3
Essstörungen - Anorexia nervosa: wesentliche Merkmale und Symptome (1)
Skript Nr. 8
wesentliche Merkmale der Anorexia nervosa sind:
die selbst herbeigeführte Gewichtsabnahme erfolgt durch
a) eine eingeschränkte Nahrungsaufnahme (das Untergewicht wird ausschließlich durch striktes Diäteinhalten und Hungern erreicht oder aufrechterhalten)
1.
Gewichtsabnahme
und
b) zusätzliche aktive Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (z. B.: Erbrechen, Abführen, exzessive sportliche Betätigung)
 es kommt zu einer Unterernährung unterschiedlichen Grades, die zu zahlreichen körperlichen Funktionsstörungen – bis hin zum Tod – führen kann
es besteht eine irrationale panische Furcht (eine tief verwurzelte überwertige Idee) dick zu sein oder zu werden:
2.
Körperschemastörung
• trotz Untergewicht und gegenteiliger Versicherungen halten die Betroffenen sich für dicker, als sie eigentlich sind
• sie haben keine realistische Einschätzung gegenüber dem eigentlichen körperlichen Zustand (= Körperschemastörung), sie sehen – auch wenn sie schon
extremes Untergewicht haben – eine „fette“ Person im Spiegel
• die Betroffenen legen eine sehr niedrige Gewichtsschwelle für sich selbst fest
bereits zu Beginn der Störung sind bestimmte Verhaltensweisen zu beobachten:
1. ständige Beschäftigung mit und Kontrolle von Gewicht und Aussehen:
• peinlich genaue Kontrolle von Kalorien, Erstellen einer Liste von „erlaubten“ und „verbotenen“ Lebensmitteln
• es werden Mahlzeiten ausgelassen oder extrem reduziert auf die fast kalorienfreien Bestandteile (z. B. Salat), bis sie fast nichts mehr essen
• viele bekochen Freunde und Verwandte, ohne selbst am Essen teilzunehmen
3.
auffällige
Verhaltensweisen
• die Betroffenen wiegen sich mehrmals täglich und kontrollieren den Umfang von Oberschenkeln, Bauch und Hüften
• die Gedanken kreisen fast nur noch um Ernährung, Lebensmittel und Gewicht, häufig kommt es dabei zu einem sozialen Rückzug
• das Aushalten des Hungers wirkt selbstbestätigend, als eine Gefühl der Stärke für die eigene Willenskraft
2. zusätzlich unterstützen die Betroffenen die Gewichtsabnahme noch durch:
• exzessiven Sport: sie bevorzugen Tätigkeiten aller Art, die mit einem hohen Kalorienverbrauch verbunden sind
• Laxanzien- oder Diuretika-Missbrauch
• selbst herbeigeführtes Erbrechen, selbst nach kleinsten Mahlzeiten
©
4
Wörterbuch / Prüfungsfragen zu S. 13
4.
Laxanzien,
auch: Laxativa
• Abführmittel
Diuretika
• Medikamente, die eine vermehrte Ausschwemmung von Wasser aus
dem Körper bewirken
1.
Eine sehr schlanke 17-jährige Frau kommt in Begleitung ihrer Mutter in Ihre Praxis. Welche
der folgenden anamnestischen Angaben bzw. Befunde sprechen für die Verdachtsdiagnose
einer Anorexia nervosa?
a)
b)
c)
d)
e)
2.
Seit Geburt bestehende Verdauungsstörung
Amenorrhoe
Einnahme von Diuretika
Body-Mass-Index (BMI) von 22 kg/m2
Blutig-schleimige Durchfälle
Körpergewicht von 52 kg bei einer Körpergröße von 160 cm
Ablehnung von Rohkost
Meidung von körperlichen Aktivitäten
Regelmäßige Verwendung von Abführmitteln
Amenorrhoe
Für Patientinnen mit Anorexia nervosa ist charakteristisch,
a) dass sie schon vor der Pubertät untergewichtig waren
b) dass wegen der begleitenden psychischen Probleme schon frühzeitig ein Arzt aufgesucht
wird
c)
dass der Gewichtsverlust durch eine körperliche Erkrankung verursacht wird
d) dass der Gewichtsverlust z. B. durch Vermeidung hochkalorischer Speisen selbst
herbeigeführt wird
e) dass die Krankheit ausschließlich in der Pubertät vorkommt und sich als vorübergehende
Störung erweist
©
5.
Eine 45-jährige Frau berichtet Ihnen über ihre 19-jährige Tochter, bei der sie eine Magersucht
vermutet. Welche der folgenden Angaben stützen den Verdacht auf eine Anorexia nervosa?
a)
b)
c)
d)
e)
3.
Skript Nr. 8
6.
Welche der folgenden Aussagen sind typisch bei Patienten mit Anorexia nervosa?
1)
2)
3)
4)
5)
Ihr Body-Mass-Index (BMI) liegt im Normbereich
Die Betroffenen haben eine Körperschemastörung
Die Betroffenen haben schon häufig Diäten durchgeführt
Hormonstörungen treten auf
Die Betroffenen haben eine Himbeerzunge
a)
b)
c)
d)
e)
nur 1 ist richtig
nur 1, 2 und 4 sind richtig
nur 2, 3 und 4 sind richtig
nur 2, 3, 4 und 5 sind richtig
alle sind richtig
Zur Anorexia nervosa gehören folgende Symptome:
1)
2)
3)
4)
5)
Verstärkte Monatsblutung bei Frauen
Übertriebene körperliche Aktivität
Nahrungsverweigerung im Säuglingsalter
Selbst induziertes Erbrechen
Eingeschränkte Nahrungsmittel
a)
b)
c)
d)
e)
nur 1 und 3 sind richtig
nur 2 und 4 sind richtig
nur 2 und 5 sind richtig
nur 2, 4 und 5 sind richtig
alle sind richtig
Welche der folgenden Aussagen zu Essstörungen treffen zu?
a) Bei Anorexia nervosa ist das Suizidrisiko erhöht
b) Die Binge-Eating-Störung ist bei Männern häufiger als bei Frauen
c) Der Übergang von Anorexia nervosa in eine Bulimia nervosa oder eine BingeEating-Störung ist nicht möglich
d) Ein relevantes Untergewicht wird angenommen bei einem Body-Mass-Index
(BMI) von 20 kg/m2
e) Bei Beginn einer Anorexia nervosa vor der Pubertät kann eine primäre
Amenorrhö auftreten
5
Anorexia nervosa – Differenzialdiagnosen
Skript Nr. 8
Gewichtsabnahme sowie zwanghafte ernährungsbezogene Verhaltensweisen können sowohl bei körperlichen als auch anderen psychischen Erkrankungen auftreten:
mögliche
Differenzialdiagnosen
körperliche
Erkrankungen
(Beispiele)
Abgrenzung zur Anorexia nervosa
•
•
•
•
bösartige Tumore (z. B. des ZNS, Leukämie)
Infektionskrankheiten (z. B. Tuberkolose)
endokrine Störungen (z. B. Hyperthyreose, Diabetes mellitus)
entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn)
 führen auch zu erheblichem Gewichtsverlust und müssen vorher ausgeschlossen werden
Bulimia nervosa
(F50.02)
Störungen durch
psychotrope
Substanzen
(F1)
• bei der aktiven Form der Anorexie (bulimische Anorexie) werden auch Maßnahmen zur Gewichtsabnahme unternommen (z. B. Erbrechen)
 ABER: Heißhungerattacken sind eher selten, bei der Bulimie hingegen sind sie Leitsymptom der Störung
• Gewichtsabnahme kann auch bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch bzw. Abhängigkeit vorkommen
 andererseits kommt Substanzmissbrauch und –abhängigkeit häufig gemeinsam mit Anorexie vor (= Komorbidität – dann wären 2 Diagnosen zu stellen)
• Gewichtsverlust ist ein typisches Symptom der depressiven Episode
affektive Störungen
(F3)
 aber: der Gewichtsverlust ist ungewollt und verursacht durch Appetitverlust und/oder Antriebshemmung
 andererseits leiden Anorexie-Kranke häufig zusätzlich an depressiven Symptomen (= Komorbidität – dann wären 2 Diagnosen zu stellen)
Angst- und
Zwangserkrankungen
(F4)
Schizophrenie
(F3)
©
• bei der Anorexie können ernährungsbezogene Ängste und Zwänge auftreten
 je nach Ausprägungsgrad sind ggf. mehrere Diagnosen zu stellen
• Vergiftungswahn kann z. B. zur Nahrungsverweigerung führen
 zur Abgrenzung sind die Leitsymptome der Schizophrenie und wahnhaften Störung heranzuziehen
6
Essstörungen - Adipositas (3)
•
die Therapie der Adipositas besteht aus einer Kombination von Psychotherapie, Ernährungs- und Bewegungstraining
•
bei der Psychotherapie gilt auch die kognitive Verhaltenstherapie als Mittel der Wahl
•
die Therapie kann ambulant oder stationär erfolgen
Skript Nr. 8
Therapiemöglichkeiten (Beispiele):
• Analyse des Essverhaltens (z. B. Essen bei Stress oder „zwischendurch“) und Entwickeln von Selbstkontrolltechniken und Bewältigungsstrategien
kognitive
Verhaltenstherapie
• Identifikation und Bearbeitung dysfunktionaler Gedanken und Einstellungen
• Bearbeitung von überhöhten Leistungsansprüchen und Perfektionismus
• Training zur Stressbewältigung
Ernährungsrehabilitation
psychoanalytisch /
tiefenpsychologisch
orientiert
• Ernährungsberatung und Normalisierung bzw. Veränderung des Essverhaltens zur Reduzierung und Stabilisierung des Gewichts
• Bearbeitung der unbewussten Konflikte, die mit Essen kompensiert werden
• Bewegungstraining, Anleitung zu körperlichen Aktivitäten, Erstellen von Trainingsplänen
weitere
• Entspannungstraining
• Körperwahrnehmungstraining und kreative Therapien zur Verbesserung der Wahrnehmung von Körpersignalen und Gefühlen und deren Ausdruck
Selbsthilfegruppen
• empfehlenswert ist die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe (z. B. Overeaters Anonymous)
• sollte nur bei sehr schwerer Adipositas (BMI > 35) und grundsätzlich in Kombination mit den oben genannten Therapieformen durchgeführt werden
medikamentös /
operativ
Beispiele:
• medikamentös: Appetitzügler
• operativ: Magenband zur Magenverkleinerung
©
7
Sexualstörungen – wesentliche Merkmale
Skript Nr. 8
da Sexualstörungen bislang (von 2 Prüfungsfragen abgesehen, siehe S. 70) kein Prüfungsthema waren, werden die Störungen nur in einem kurzem Überblick mit ihren
wesentlichen Merkmalen dargestellt:
F52
nicht organische sexuelle Funktionsstörungen
• alle Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens
und Verhaltens (Frauen und Männer), z. B.:



Kurzbeschreibung
Mangel an sexuellem Verlangen und Befriedigung
Ausfall der für den Geschlechtsakt notwendigen
phsysiologischen Reaktion (z. B. Erektion)
Unfähigkeit, den Orgasmus zu steuern oder zu
erleben
 die individuellen Ansprüche einer Person an eine
erfüllte Sexualität werden nicht erreicht und
verhindern die von der betroffenen Person
gewünschte sexuelle Beziehung
F64
Störungen der Geschlechtsidentität
F65
Störungen der Sexualpräferenz
(Syn.: Transsexualität)
(Syn.: sexuelle Deviationen, Perversionen)
• es besteht eine tief verwurzelte Unzufriedenheit
(meist seit der Kindheit) mit dem eigenen
Geschlecht (Frauen und Männer)
• damit verbunden ist der dringende Wunsch, die
Rolle des anderen Geschlechts teilweise oder
vollständig anzunehmen und der Wunsch nach
gesellschaftlicher Anerkennung
 entscheidend bei den Störungen der
Geschlechtsidentität ist, dass nicht der
Sexualtrieb im Mittelpunkt steht, sondern
die geschlechtliche Identifikation, verbunden
mit sozialer Anerkennung
 es kommt dadurch zu zwischenmenschlichen
Problemen und einem hohen Leidensdruck
• weitgehend fixierte Formen sexueller
Befriedigung, die an außergewöhnliche
Bedingungen geknüpft sind
(fast ausschließlich bei Männern)
Auszug aus dem ICD 10:
über mindestens 6 Monate treten
• ungewöhnliche sexuell erregende Fantasien
und sexuell dranghafte Bedürfnisse oder
Verhaltensweisen auf, die sich
a) auf ungewöhnliche, nicht menschliche Objekte
oder
b) auf Leiden oder Demütigung von sich selbst
oder anderen Menschen oder
c) auf Kinder oder andere Personen beziehen,
die nicht einwilligungsfähig oder-willig sind
• die sexuelle Reaktion wird als psychosomatisch
angesehen, d. h., dass sowohl psychische als auch
somatische Ursachen (z. B. vaskulär oder hormonell)
spielen eine Rolle
Ätiologie
• einzelnen Störungen in dieser Kategorie können auch
als rein psychogen angesehen werden
psychische Faktoren sind z. B.:
• Partnerschaftsprobleme
• berufliche Stresssituationen
• Selbstunsicherheit
• psychosexuelle Traumen (z. B. Missbrauch)
©
• die Ätiologie ist unbekannt
• körperliche Ursachen sind bislang nicht
nachgewiesen
• als Hypothese werden einschneidende
lebensgeschichtliche Erlebnisse (z. B.
Trennungserlebnisse) bei gleichzeitiger Abwehr
der Identifikation mit dem Vater oder der Mutter
• die Ätiologie ist sehr komplex und in den
Einzelfällen sehr unterschiedlich
• sie wird in erster Linie psychodynamisch (z. B.
Entwicklungsdefizite, biografische Traumen)
betrachtet
8
psychosomatische Erkrankungen – Ätiologie (1)
•
Skript Nr. 8
die multifaktorielle Genese psychosomatischer Erkrankungen setzt sich zusammen aus:
a)
b)
c)
d)
genetischer Disposition (v. a. hinsichtlich des erkrankten Organs)
körperlicher Faktoren
psychischer Faktoren
psychosozialer Faktoren
mit unterschiedlicher Gewichtung, die sich gegenseitig beeinflussen
zu den psychischen und psychosozialen Faktoren gibt es unterschiedliche Erklärungsmodelle, z. B. :
Bezeichnung
Beschreibung
• die psychische Mitbeteiligung an der Erkrankung besteht aus anhaltenden inneren Spannungszuständen, die auf unbewusste, verdrängte frühkindliche
Konflikte zurückzuführen sind
• die anhaltenden Spannungszuständen können zu körperlichen Überlastungen führen und z. B. die Immunabwehr schwächen, zu entzündlichen Prozessen
führen und allergische Reaktionen fördern
unbewusste Grundkonflikte nach psychoanalytischer Auffassung können sein*):
1. Abhängigkeits-/Autonomiekonflikt:
• großes Bedürfnis nach Geborgenheit/ Sicherheit (Abhängigkeit) und gleichzeitiges Bestreben nach Selbstständigkeit (Autonomie)
psychoanalytische
Konflikttheorien
 durch die Autonomiebestrebungen gerät aber möglicherweise die Beziehung zur Bezugsperson (in den meisten Fällen ist damit die Mutter bzw. die
versorgende Person gemeint) in Gefahr
 dies führt zu einer inneren Ambivalenz, die nicht gelöst werden kann
2. Nähe-Distanz-Konflikt:
• einerseits bedeutet Nähe in der Beziehung zu anderen Personen die Gefahr der Selbst-Auflösung, andererseits bedeutet Distanz zu anderen „verloren zu
sein“
 zum Selbstschutz werden andere auf Distanz gehalten, was in der Folge zu Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit führt
 häufig dient Aggression als „Mittel zur Klärung“ des Konflikts
3. Selbstwertkonflikte / narzisstische Konflikte:
• der Selbstwert ist abhängig von der Bestätigung (z. B. Bewunderung) anderer Personen
 daraus resultiert eine Abhängigkeit zu anderen mit ständiger Suche nach Anerkennung und Bestätigung
 sind diese nicht vorhanden, kommt es zu einer Bedrohung des Selbst
*) der
©
Zusammenhang von o. g. Grundkonflikten und psychosomatischen Erkrankungen konnte bislang wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden und wird je nach therapeutischer Schule kontrovers diskutiert
9
psychosomatische Erkrankungen – Krankheitsbilder: Asthma bronchiale und Colitis Ulcerosa
•
Skript Nr. 8
grundsätzlich kann jede Erkrankung psychosomatisch sein
 es gibt jedoch einige Krankheiten, die allgemeinhin als psychosomatisch angesehen werden
Beispiele für psychosomatische Erkrankungen im kurzen Überblick (1):
Bezeichnung
durch eine Hyperreagibilität des Bronchialsystems
kommt es zu
• Anfällen von exspiratorischer Atemnot (bei der
Ausatmung), begleitet von Ängsten und Unruhe
• Atemnotanfälle, verlängerte Ausatmung
Asthma
bronchiale
Entstehungsursachen
(Beispiele)
Kurz-Beschreibung / Symptome
• pfeifende Atemgeräusche
es werden
•
•
•
•
•
genetische
allergische
immunologische
entzündliche
psychische
Ursachen angenommen
• bei ca. 1/3 der Asthma-Patienten spielen
psychische Faktoren eine wichtige Rolle, verursacht
durch z. B.:
a) Nähe-Distanz-Konflikt
b) Abhängigkeits-Autonomie-Konflikt
die durch aktuelle Konflikte (z. B.
Trennungserlebnisse) reaktiviert werden
• Husten mit zähem Auswurf
• häufig kommt es auch zu einer Reizgeneralisierung,
z. B.:
 CAVE:
„status asthmaticus“ = sehr schwer und
langanhaltender (bis zu Stunden) Atemnotanfall, der
lebensbedrohlich (Ersticken) werden kann
schubweise verlaufende, chronische Entzündung
des Dickdarms mit
•
•
•
•
•
Colitis ulcerosa
psychische Faktoren
(Beispiele)
blutig-schleimigen Durchfällen
Krämpfen im Unterbauch
Appetitlosigkeit, Erbrechen
Gewichtsverlust
allgemeine Schwäche

• die genaue Ätiologie ist unbekannt
es werden
• Umwelteinflüsse (z. B. Mikroben) und
eine fehlgesteuerte immunologische
Reaktion darauf sowie
• psychische Faktoren
vermutet
lösen echte Blumen einen Anfall aus -> dies
überträgt sich durch Reizgeneralisierung auch auf
künstliche Blumen
• ein Zusammenhang von Stress und einer Veränderung
der Bewegungen des Darms gilt als nachgewiesen
• darüber hinaus können



eine Selbstwertproblematik (v. a. Gefühle von
Hilflosigkeit)
Nähe-Distanz-Konflikt
Abhängigkeits-Autonomie-Konflikt
eine Rolle spielen
• in der Ursprungsfamilie der Patienten wird häufig ein
emotional „kühler“ Umgang mit wenig Interaktion
festgestellt
©
10
Wörterbuch / Prüfungsfragen zu S. 81
Hyperreagibilität
• Überreaktion
gr.: spirare = atmen
Exspiration
• Exspiration = Ausatmung
• Inspiration = Einatmung
1.
Immunologie,
immunologisch
• biologische und biochemische Grundlagen der körperlichen Abwehr
(des Immunsystems) von Krankheitserregern (z. B. Bakterien, Viren )
und andere Stoffe (z. B. Umweltgifte)
Mikroben
• Kleinstlebewesen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind (z. B.
Bakterien, Pilze)
Skript Nr. 8
2.
Welche der genannten Erkrankungen zählen zu den psychosomatischen
Erkrankungen im engeren Sinne?
1)
2)
3)
4)
5)
Bronchialasthma
Magengeschwüre
Colitis ulcerosa
Herzathma
Zuckerkrankheit
a)
b)
c)
d)
e)
nur 1 ist richtig
nur 1 und 2 sind richtig
nur 1, 2 und 3 sind richtig
nur 1, 2, 3 und 4 sind richtig
alle sind richtig
Welche der folgenden Aussage (n) zur Colitis ulcerosa ist/sind richtig?
1) Es handelt sich um eine akut beginnende, häufig rezidivierende und chronifizierende
unspezifische entzündliche Erkrankung des Dickdarms, die mit blutig-schleimigen Durchfällen
einhergeht
2) Zwei ursächliche Hypothesen werden ernsthaft diskutiert:
• Ursache ist eine allergische, autoimmunologisch bedingte Erkrankung
• Es handelt sich um eine psychosomatische Erkrankung
3) Untersuchungen haben ergeben, dass in den Familien von Patienten häufig ein emotional
einengender Umgangsstil herrscht, der durch wenig Interaktion, durch die Vermeidung von
Gefühlen und Affekten wie auch durch ein Fehlen von äußerem Sozialkontakt charakterisiert
ist
a)
b)
c)
d)
e)
©
nur 1 ist richtig
nur 2 ist richtig
nur 3 ist richtig
nur 1 und 2 sind richtig
alle sind richtig
11
Literaturverzeichnis
Skript Nr. 8
•
Psychiatrie systematisch, Ebert, UNI-MED-Verlag 2008
•
Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie, Lieb, Frauenknecht, Brunnhuber, Elsevier-Verlag, 7. Auflage 2012
•
Fallgeschichten Psychiatrie und Psychotherapie, Lieb, Heßlinger, Jacob, Elsevier-Verlag, 4. Auflage 2013
•
Psychiatrie und Psychotherapie, Möller, Laux, Deister, Thieme-Verlag, Duale Reihe, 4. Auflage 2009
•
Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker, Koeslin, Elsevier-Verlag, 3. Auflage 2011
•
Heilpraktiker für Psychotherapie, Schneider, Elsevier-Verlag, 2012
•
Neurotische Störungen und Psychosomatische Medizin, Hoffmann, Hochapfel, Schattauer-Verlag, 8. Auflage 2009
•
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ermann, Verlag W. Kohlhammer, 5. Auflage 2007
•
Psychosomatik und Psychotherapie, Hänel, Enders, Davis, Elsevier-Verlag, 2008
•
•
Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD 10 V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien, Dilling, Verlag Hans Huber, 8. Auflage 2011
Psychische Störungen in der Praxis, Leitfaden zur Diagnostik und Therapie in der Primärversorgung nach dem Kapitel V (F) der ICD 10,Müßigbrodt et al., Verlag Hans
Huber, 4. Auflage 2010
•
Die vielen Gesichter des psychischen Leidens, das offizielle Fallbuch der WHO zum ICD 10, Dilling, Verlag Hans Huber, 2000
•
Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (DSM 5), American Psychiatric Association, Hogrefe-Verlag, 2015
•
Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie, Peters, Urban & Fischer-Verlag, Sonderausgabe 2011
•
Lingua Medica, Lehrbuch zur medizinischen Terminologie, Bondio, Bettin, Logos-Verlag, 2. Auflage 2009
•
www.wikipedia.de
•
www.duden.de
Quellennachweis Fotos, Abbildungen:
www.fotolia.com
•
©
Deckblatt: Papillon galet, @manipulateur
12
Impressum
Impressum:
alle Rechte vorbehalten:
CWC-Verlag., Herrsching
www.cwc-verlag.de
ISBN Print: 978-3-946570-21-9
ISBN CD ROM: 978-3-946570-22-6
ISBN Download: 978-3-946570-23-3
1. Auflage Mai 2016
Produktion: Satz & Druck Molnar
Skript Nr. 8
Zur Autorin:
Christine Wunderlich ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und seit mehreren Jahren
erfolgreich als Privatdozentin für die Vorbereitung zur Prüfung vor dem Gesundheitsamt für
den Heilpraktiker Psychotherapie tätig.
Ihre umfangreiche Skriptenreihe ist über mehrere Jahre aus ihrem Wissen als Dozentin und
den Prüfungserfahrungen ihrer Schüler/innen entstanden.
Darüber hinaus ist die Autorin als Fachtherapeutin für Burnout, Stressbewältigung &
Entspannung tätig und gibt dazu Kurse in Unternehmen, u. a. mit dem von ihr entwickelten
Konzept „Stressbewältigung in Achtsamkeit in nur 6 Schritten©“
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.christine-wunderlich-coaching.de
Die Autorin und der Verlag sind zu erreichen unter:
[email protected]
Wichtige Hinweise:
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©
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