Originalartikel lesen - Österreichische Ärztezeitung

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Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz
36
S österreichische ärztezeitung Å 9 Å 10. mai 2006
DFP - Literaturstudium
Das therapeutische Ziel bei der Herzinsuffizienz besteht nicht mehr
nur in der Verbesserung der Symptome. Mittlerweile werden
auch die Vorbeugung des Fortschreitens der Erkrankung sowie die
Senkung von Mortalität und Krankenhausaufnahmen als vordergründige Ziele gesehen. Von Otmar Pachinger und Gerhard Pölzl*
D
ie chronische Herzinsuffizienz
ist ein häufiges, kostenintensives und hochmalignes Syndrom. Infolge steigender Lebenserwartung und verbesserter Therapie – besonders beim akuten Myokardinfarkt haben Inzidenz und Prävalenz in den
letzten Jahrzehnten epidemieartig zugenommen. Betroffen sind in erster Linie ältere Menschen. Während die Erkrankungsinzidenz innerhalb der erwachsenen Bevölkerung etwa vier Prozent beträgt, steigt der Prozentsatz bei
über 65-Jährigen auf 20 Prozent. Die
durchschnittliche Einjahresmortalität
liegt bei 30 Prozent, die Fünf-Jahresmortalität bei 60 bis 70 Prozent. Damit ist die Prognose sogar ungünstiger
als die von häufigen Tumorerkrankungen.
Die Folge der hohen erkrankungsassoziierten Morbidität sind wiederholte
und verlängerte Krankenhausaufenthalte, was mit beträchtlichen Kosten verbunden ist. Herzinsuffizienz stellt nicht
nur die häufigste Entlassungsdiagnose
bei Patienten über 65 Jahre dar, sondern sie ist auch mit häufigen und frühen Krankenhauswiederaufnahmen
verbunden. Die Wiederaufnahmerate
innerhalb der ersten drei bis sechs Monate nach der Entlassung aus dem
Krankenhaus beträgt bis zu 50 Prozent.
Die Ursachen sind unter anderem:
fehlende Medikamentencompliance,
Nichtbeachtung von Diätvorschriften
und Nichterkennen der Zeichen für eine Krankheitsverschlechterung. Dies
trifft besonders für ältere Patienten zu.
Die westlichen Industriestaaten wenden
zwei bis vier Prozent ihres Gesundheitsbudgets für die Versorgung der Herzinsuffizienz auf; davon entfallen 70 Prozent auf die Kosten für die stationäre
Behandlung.
I. Definition und
Pathophysiologie
Herzinsuffizienz ist ein komplexes
Syndrom, das aus dem Unvermögen
des Herzens resultiert, Blut in ausreichender Menge für die metabolischen
und zirkulatorischen Anforderungen
der peripheren Organe zur Verfügung
zu stellen. Kompensiert wird dieses
Missverhältnis aus Angebot und Nachfrage durch eine Reihe von lokalen und
systemischen Adaptationssystemen.
Das pathophysiologische Verständnis für die Erkrankung hat sich in den
letzten 30 Jahren mehrfach geändert.
Das ursprüngliche „cardio-renale Modell“, welches den Zusammenhang von
eingeschränkter Herz- und Nierenleis-
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tung und die damit verbundene Flüssigkeitsretention in den Vordergrund
der Überlegungen stellte, wurde zunächst erweitert durch das „hämodynamische Modell“. Dieses basiert auf einem verbesserten Verständnis für systolische Kontraktion und diastolische
Dysfunktion als Ursache von Vorwärtsund Rückwärtsversagen und für die
zentrale Bedeutung der systemischen
Vasokonstriktion. Funktionelle Begriffe wie Kontraktilität, Vorlast und
Nachlast spielen nach wie vor eine Rolle für das Verständnis und in der Therapie der akuten Herzinsuffizienz.
Während das „cardio-renale Modell“,
im Wesentlichen die Rationale für die
diuretische Therapie darstellt, bildet
das „hämodynamische Modell“ die
Grundlage für den Einsatz von Vasodilatatoren.
Die Formulierung der „neurohumoralen Hypothese“ in den 80er Jahren
des letzten Jahrhunderts markiert einen
neuerlichen Paradigmenwechsel im pathophysiologischen Verständnis. Dieses
Konzept basiert im Wesentlichen auf
zwei Beobachtungen:
a.) der Aktivierung von lokalen und
systemischen, neuroendokrinen
Systemen, allen voran dem Renin-Angiotensin-Aldosteron Sys- 37
Pathogenese 1
from D. MAnn, circ. 1999
Pathogenese 2
Abb. 1
Abb. 2
Die Änderung von Größe, Form und Funktion des linken
Ventrikels (= Remodeling) ist mit einem Fortschreiten der
Erkrankung und einer Zunahme der Symptome verbunden.
Der Remodelingprozess ist Folge eines Ungleichgewichtes zwischen krankheitsfördernden und krankheitshemmenden
Faktoren.
tem (RAAS) und dem sympathoadrenergen System (SAS), die
durch die Stabilisierung des Blutdruckes und damit der peripheren Perfusion das Missverhältnis
zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen versuchen.
b. der Tatsache, dass es im Verlauf
der Erkrankung zu einer progressiven Umformung des Herzens
kommt.
Mittlerweile ist gesichert, dass die
langfristige Aktivierung dieser an sich
kompensatorischen Systeme für die
Veränderungen von Größe, Form und
Funktion des Herzen (= ventrikuläres
Remodeling) aber auch von peripheren
Organen wie dem Gefäßsystem oder
der quergestreiften Muskulatur verantwortlich ist (Abb. 1).
Neben der Aktivierung von RAAS
und SAS spielen noch weitere endokrine, parakrine und autokrine Faktoren
wie Endothelin und Vasopressin, verschiedene Wachstumsfaktoren, Zytokine, aber auch mechanische Reize wie die
linksventrikuläre Wandspannung und
vermutlich auch genetische Faktoren eine kausale Rolle am Zustandekommen
der strukturellen und funktionellen Veränderungen. Diesem komplexen Netzwerk an krankheitsfördernden Faktoren
38/39
steht ein ebenso verzweigtes System an
Gegenregulatoren wie die natriuretischen Peptide (ANP, BNP) oder Stickoxyd (NO) gegenüber. Krankheitsbegünstigende und regulierende Faktoren
können sich über lange Zeit die Waage
halten. Erst wenn durch das Überwiegen
maladaptiver Faktoren ein Ungleichgewicht der Systeme entsteht, entwickelt
sich ein Circulus vitiosus, der für die
Progression einer kompensierten linksventrikulären Dysfunktion zum klinischen Syndrom der Herzinsuffizienz verantwortlich ist (Abb. 2).
Im Gegensatz zum kardio-renalen
und zum hämodynamischen Konzept
liefert das neurohumorale Modell damit nicht nur eine Erklärung für die
komplexe Symptomatik, sondern auch
für den dynamischen Charakter der
Erkrankung. Bestätigung findet dieses
Konzept durch die Tatsache, dass die
Blockade der maladaptiven, neuroendokrinen Systeme eine partielle Umkehr des linksventrikulären Remodelings und damit eine Verbesserung der
Leistungsfähigkeit und eine Senkung
der Mortalität zur Folge hat. Die medikamentöse Modulation dieser Systeme
gehört daher zu den wichtigsten therapeutischen Prinzipien in der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz.
Der Remodeling-Prozess am Herzen
kann sowohl durch primär myokardiale, aber auch durch Erkrankungen, die
nicht primär den Herzmuskel betreffen, ausgelöst werden. Charakteristisch
für diesen Umbau sind Hypertrophie,
der Verlust von Kardiomyozyten (Nekrose, Apoptose) und vermehrte interstitielle Fibrose. Neben dem Myokard
ist auch das elektrische Leitungssystem
des Herzens von diesen Veränderungen
betroffen, was das häufige Auftreten
von Schenkelblockbildern, aber auch
von supraventrikulären und ventrikulären Rhythmusstörungen erklärt.
Letztere sind die Ursache für den hohen Prozentsatz an plötzlichem Herztod bei dieser Erkrankung.
II. Ätiologie
Fast alle Herzerkrankungen können
zum klinischen Syndrom der Herzinsuffizienz führen. Die mit Abstand
häufigsten Ursachen sind koronare
Herzerkrankung und arterieller Hypertonus. Andere Ursachen (Tab. 1) spielen quantitativ eine untergeordnete
Rolle. Im Hinblick auf eine mögliche
kausale Therapie (zum Beispiel Revaskularisation) hat sich aus pragmatischen Überlegungen eine vereinfachte
Einteilung in ischämische und nichtischämische Kardiomyopathie bewährt. Die gemeinsame Endstrecke
dieser Erkrankungen ist die Ein
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Leitpfad zur Diagnose
Diagnose
(ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of chronic art
failure, 2005)
Abb. 3
Die definitive Diagnose der Herzinsuffizienz ist an das
Vorliegen von typischen Symptomen und Zeichen und an den
Nachweis einer kardialen Dysfunktion gebunden (schraffierte
Fläche).
schränkung der systolischen
und/oder der diastolischen Funktion
des Herzens.
Systolische versus
diastolische Dysfunktion
Die häufigste Ursache der chronischen Herzinsuffizienz ist die systolische Dysfunktion des linken Ventrikels (Auswurffraktion < 40 Prozent).
Reihenuntersuchungen zeigen allerdings, dass zumindest ein Drittel aller
Patienten mit manifester Herzinsuffizienz eine nahezu normale Pumpfunktion des Herzens aufweist. Dieser Prozentsatz steigt mit zunehmendem Alter weiter an und beträgt bei über
75jährigen Patienten an die 50 Prozent. Die Ursache der Herzinsuffizienz
ist in diesen Fällen die diastolische
Dysfunktion der Herzkammern. Diese
ist charakterisiert durch eine erschwerte oder behinderte Füllung, was bedeutet, dass ein bestimmtes Füllungsvolumen der Herzkammern mit einem
erhöhten Füllungsdruck verbunden
ist. Mögliche Folgen sind eine pulmonale Stauung, Atemnot und Ödeme.
Das Herzminutenvolumen ist aufgrund der reduzierten Füllung vor allem unter Belastung vermindert, was
eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit
zur Folge hat. Typischerweise sind Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz älter, weiblich und adipös. An
zugrunde liegenden Erkrankungen
40
Abb. 4
finden sich in vielen Fällen Bluthochdruck und Diabetes. Daneben kommen auch andere Erkrankungen des
Endo-, Myo-, oder Perikards ursächlich in Betracht. Bis zum definitiven
Nachweis einer diastolischen Dysfunktion wird vielfach auch von Herzinsuffizienz mit erhaltener LV-Funktion gesprochen.
Akute versus chronische Herzinsuffizienz
Die chronische Herzinsuffizienz ist
gekennzeichnet durch schleichenden
Beginn und Chronizität der Symptome. Davon abzugrenzen ist die akute
Herzinsuffizienz mit plötzlichem Beginn von klinischer und/oder hämodynamischer Instabilität. Auslösende Ursachen können Ischämie/Myokardinfarkt, Arhythmien (zum Beispiel tachykardes Vorhofflimmern oder ventrikuläre Arrythmien) oder hypertensive
Blutdruckentgleisung sein. Man
spricht von „de novo heart failure“,
wenn bis zum Auftreten der akuten
Symptomatik keine strukturelle Herzerkrankung bekannt war. Eine akute
Symptomatik kann auch bei vorbestehender kompensierter Herzinsuffizienz
auftreten („acute on chronic heart failure“). Die häufigsten Ursachen hierfür
sind Infektionen, mangelnde Patienten-Compliance und iatrogene Maßnahmen (zum Beispiel nicht-steroidale
Antirheumatika oder Infusionstherapie).
Die Therapie umfasst die klinische
und hämodynamische Stabilisierung,
die Erkennung und Behandlung auslösender Ursachen und gegebenenfalls
die Optimierung der bestehenden Therapie.
III. Symptome und Diagnose
Leistungsverminderung, Atemnot
in Ruhe oder unter Belastung und
Flüssigkeitsretention stellen die klassischen Leitsymptome der Herzinsuffizienz dar. Der Schweregrad der Erkrankung wird üblicherweise anhand des
NYHA-Stadiums festgehalten (Tab 3).
Ziele der diagnostischen Untersuchungen sind neben der Sicherung der Diagnose, die Klärung der zugrunde liegenden Pathologie, die Erkennung reversibler Ursachen, die Abwägung spezieller Therapieoptionen, Schweregradbeurteilung und Abschätzung der
Prognose.
Die Diagnose ergibt sich aus dem
Vorhandensein typischer Symptome
und klinischer Zeichen (Halsvenenstauung, Rasselgeräusche, Kardiomegalie, dritter Herzton, hepatojugulärer
Reflux, Beinödeme) sowie dem Nachweis einer eingeschränkten kardialen
Funktion (Abb. 3). Das Ansprechen
auf eine spezifische Therapie kann in
unklaren Fällen zur Bestätigung der
Diagnose hilfreich sein.
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Klassifikation des Schweregrades*
Mögliche Ursachen
Stadium
Verlust von kontraktilem Gewebe
Herzinfarkt, KHK
Myokarditis
Kardiomyopathie
- dilatativ
- toxisch
NYHA I
Herzerkrankung ohne körperliche Leistungseinschränkung.
Alltägliche körperliche Belastungen verursachen keine inadäquate
Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris
NYHA II
Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen
Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastungen verursachen inadäquate Erschöpfung,
Rhythmusstörung, Luftnot oder Angina pectoris
NYHA III
Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen
Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in
Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht inadäquate
Erschöpfung, Rhythmusstörung, Luftnot oder Angina pectoris
Änderung der Hämodynamik
Druckbelastung
- Hypertonie
- Klappenstenose
- pulmonaler Hochdruck
Volumenbelastung
- Klappeninsuffizienz
- rechts-links Shunt
- arterio-venöse Fisteln
abnorme Herzfrequenz
- Tachykardie
- Bradykardie
Charakteristika
NYHA IV
Tab. 1
Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten
und in Ruhe, Bettlägrigkeit.
Tab. 2
*) entsprechend der New York Heart Association (NYHA).
Neben ausführlicher Anamnese und
klinischer Untersuchung kommt der
2D- und Doppler-Echokardiographie
zum Nachweis einer LV-Dysfunktion
(systolisch/diastolisch), Beurteilung
der Größen der Herzhöhlen, Ausschluss/Nachweis einer wirksamen
Klappenerkrankung beziehungsweise
spezifischer Pathologien des Endo-,
Myo-, oder Perikards die größte Bedeutung zu. In den letzten Jahren hat
sich außerdem die Bestimmung der natriuretischen Peptide (BNP, NTproBNP) als sinnvoll erwiesen: Normale Werte bei unbehandelten Patienten schließen eine Herzinsuffizienz nahezu aus; umgekehrt lassen deutlich erhöhte Werte mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen einer Herzinsuffizienz schließen. Die Diagnose einer diastolischen Herzinsuffizienz oder
einer Herzinsuffizienz mit erhaltener
LV-Funktion ist ebenfalls an das Vorliegen typischer Symptome und Zeichen gebunden. Weiters ist eine weitgehend erhaltene LV-Funktion (EF >
45 bis 50 Prozent) sowie der Nachweis
einer diastolischen Dysfunktion gefordert.
EKG (ein völlig normales EKG
schließt eine Herzinsuffizienz nicht
aus, macht die Diagnose jedoch sehr
unwahrscheinlich; die Verbreiterung
des Kammerkomplexes, QRS > 120
msec, spricht für das Vorliegen einer
kardialen Dyssynchronie), Thoraxröntgen (Nachweis von Kardiomegalie und
Lungenstauung; Ausschluss einer
strukturellen Lungenerkrankung) und
Lungenfunktionsuntersuchungen spielen in der Diagnostik ebenfalls eine
Rolle. Basis-Laboruntersuchungen
(Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Glucose, Albumin, TSH) dienen dem Ausschluss oder Nachweis einer Anämie, einer Nieren- oder Leberfunktionsstörung, einer Elektrolytstörung oder einer Schilddrüsenerkrankung.
Für eine strukturierte und effiziente
Diagnosestellung empfiehlt sich das
diagnostische Vorgehen entsprechend
dem von der Europäischen Gesellschaft
für Kardiologie (ESC) vorgeschlagenen
Diagnosepfad (Abb. 4).
Spezielle Diagnostik
Anhand dieser Untersuchungen ist
es in den meisten Fällen möglich, die
Herzinsuffizienz von nicht-kardialen
Ursachen, von Atemnot, Leistungseinschränkung und Ödemneigung wie
COPD, Niereninsuffizienz, dekompensierter Leberzirrhose oder Anämie
abzugrenzen.
Invasive Untersuchungen wie Koronarangiographie, Herzkatheterismus
oder Endomyokard-Biopsie sind für
die Diagnosestellung in der Regel nicht
erforderlich, sind jedoch vielfach zur
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Klärung der zugrunde liegenden Pathologie und zur Festlegung einer spezifischen Therapie sinnvoll. Die Indikation zur Untersuchung ist jedoch jeweils an eine konkrete Fragestellung
gebunden. Ähnliches gilt auch für
nicht-invasive Untersuchung wie Thallium-SPECT-Szintigraphie, PET-Scan,
Cardio-MRI und Cardio-CT. Diese
Untersuchungen dienen in erster Linie
dem Nachweis von Myokardischämie
und/oder -vitalität beziehungsweise
spezieller morphologischer Veränderungen am Herzen (zum Beispiel kongenitaler Vitien).
Zur Beurteilung der Prognose stehen verschiedenste Parameter zur Verfügung. Am einfachsten verfügbar und
am besten in ihrer Aussagekraft untersucht sind die natriuretischen Peptide
(BNP, NT-proBNP). Anhand deutlich
erhöhter Plasmaspiegel (> 500 pg/ml)
können Patienten mit einem hohen Risiko für künftige kardiovaskuläre Ereignisse einschließlich des plötzlichen
Herztodes identifiziert werden. Weitere Anhaltspunkte liefern auch niedrige
Serumnatriumspiegel, ein deutlich vergrößerter linker Ventrikel, eine eingeschränkte Funktion des rechten Ventrikels oder das Vorhandensein eines dritten Herztons. Für die Prognosebeurteilung bei Evaluation zur Herztransplantation wird üblicherweise die in der
Spiroergometrie gemessene maxi- 41
Beispiele für empfohlene Start- und Zieldosis*
Substanz
Startdosis
Zieldosis
ACE-Hemmer
Captopril
Enalapril
Lisinopril
Ramipril
Trandolapril
3 x 6,25 mg
1 x 2,5 mg
1 x 2,5-5 mg
1 x 2,5 mg
1 x 0,5 mg
3 x 50 mg
2 x 10-20 mg
1 x 20-35 mg
1 x 10 mg
1 x 4 mg
Angiotensin-Rezeptor Blocker (ARB)
Candesartan
Valsartan
1 x 4 mg
1 x 40 mg
1 x 32 mg
2 x 160 mg
Tab. 3
*) von ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptor-Blockern
male Sauerstoffaufnahme unter Belastung (VO2max < 10 ml.kg-1.min-1)
herangezogen.
IV. Therapie
Die Ziele der Therapie bei der Herzinsuffizienz sind klar definiert:
a.) Prävention (siehe dazu Punkt VI)
– Prävention und/oder konsequente
Kontrolle von potentiellen Risikofaktoren
– Prävention der Erkrankungsprogression sobald eine LV-Dysfunktion eingetreten ist
b.)Verbesserung der Lebensqualität
und Reduktion der Krankenhausaufnahmen
c.) Lebensverlängerung
1. Kausale Therapie
Neben der Prävention ist die Beseitigung von Krankheitsursachen die
wirksamste Therapie. Aus diesem
Grund ist die Klärung der zugrunde
liegenden Ätiologie von großer Bedeutung. Als kausale Behandlung sind beispielsweise eine umfassende Revaskularisation, die chirurgische Korrektur
wirksamer Vitien und die Ausschaltung beziehungsweise Behandlung auslösender Noxen wie Alkohol, kardiotoxischer Medikamente (zum Beispiel
Anthrazyklin) oder einer Hyperthyreose zu sehen.
2. Basistherapie
Eine umfassende Patientenschulung
42/43
und die Einbindung von Patienten und
deren Angehörige in die Behandlung
sind eine unverzichtbare Voraussetzung
für eine effektive Therapie. Regelmäßige Gewichtskontrollen, die Einhaltung
einer salz- und flüssigkeitsreduzierten
Diät, Gewichtsnormalisierung sowie
regelmäßige - dem Schweregrad der
Erkrankung angepasste - Ausdauerbelastung liegen fast ausschließlich im
Zuständigkeitsbereich des Patienten.
3. Pharmakologische Therapie
ACE-Hemmer (ACEI) und AngiotensinRezeptor Blocker (ARB)
ACE-Hemmer sind der Grundpfeiler der medikamentösen Therapie sowohl bei symptomatischen als auch bei
asymptomatischen Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion (EF < 40 bis 45
Prozent). Sie verbessern Symptome und
Leistungsfähigkeit, erhöhen die Lebensdauer und reduzieren die Krankenhausaufenthalte. Aufgrund ihrer Äquipotenz
stellen ARBs eine wirkungsvolle Alternative bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit dar. Bei Therapierefrakterität
unter einer Monotherapie ist eine Kombination von ACE-Hemmer mit Angiotensin-Rezeptor-Blockern sinnvoll. Für
beide Substanzklassen gilt, dass eine
ausreichend hohe Zieldosis angestrebt
werden soll (Tab. 3). Speziell bei niedrigen Blutdruckwerten empfiehlt sich eine niedrige Ausgangsdosis mit in der
Folge langsamer Dosistitration unter gegebenenfalls reduzierter Diuretikadosis.
Relevante Nebenwirkungen können ein
trockener Reizhusten (ACE-Hemmer),
Blutdruckabfall, eine Verschlechterung
der Nierenfunktion und Hyperkaliämie
(vor allem bei vorbestehender Nierenfunktionseinschränkung) sowie das Auftreten von Angioödemen darstellen.
Wichtig sind daher regelmäßige Kontrolluntersuchungen (Nierenfunktion,
Elektrolyte).
Beta-Blocker
Beta-Blocker sind neben den ACEHemmern der zweite Grundpfeiler in
der medikamentösen Therapie symptomatischer Patienten beziehungsweise
auch asymptomatischer Patienten mit
eingeschränkter LV-Funktion nach
Myokardinfarkt. Sie bewirken eine Reduktion der Mortalität und der Krankenhausaufnahmen sowie eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Dies
konnte für die Substanzen Bisoprolol,
Carvedilol, Metoprolol CR/XL und
Nebivolol nachgewiesen werden. BetaBlocker sollten unmittelbar nach Etablierung des ACE-Hemmer, können
aber bei entsprechender Indikation
(zum Beispiel Tachyarrhythmie) auch
vor dem ACE-Hemmer zum Einsatz
kommen. Ebenso wie bei ACEI/ARB
ist auch für Beta-Blocker eine ausreichend hohe Zieldosis anzustreben
(Tab. 4). Auch hier ist eine niedrige
Ausgangsdosis erforderlich; diese gilt
umso mehr für Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz. Der Therapiebeginn bei Patienten in NYHA IV
sollte speziellen Zentren vorbehalten
bleiben. Mit Therapiebeginn ist gelegentlich eine vorübergehende
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Beispiel für empfohlene Start- und Zieldosis*
Substanz
Startdosis
Zieldosis
Beta-Blocker
Bisoprolol
Carvedilol
Metoprolol CR/XL
Nebivolol
1 x 1,25 – 2,5 mg
2 x 3,125 mg
1 x 23,75 – 47,5 mg
1 x 1,25
1 x 10 mg
2 x 25-50mg
2 x 95 mg
1 x 5 mg
Tab. 4
*) von Beta-Blockern
Verschlechterung der Symptomatik
zu beobachten. In dieser Phase empfiehlt sich eine Steigerung der Diuretikadosis.
Aldosteron-Antagonisten
Aldosteron-Antagonisten können
als Ergänzung zu ACE-Hemmern, Beta-Blockern und Diuretika bei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) das Überleben
und die Morbidität verbessern. Das
gilt auch für eine Kombinationstherapie mit ACE-Hemmern und BetaBlockern bei Patienten nach rezentem
Myokardinfarkt und eingeschränkter
LV-Funktion mit Zeichen einer Herzinsuffizienz oder Diabetes. Die anzustrebende Dosis ist hier sehr niedrig
(Spironolacton und Eplerenon jeweils
25 mg/d). Aufgrund einer möglichen
Verschlechterung der Nierenfunktion
und besonders einer möglichen Hyperkaliämie sind vor allem in den ersten Wochen nach Therapiebeginn
engmaschige Laborkontrollen erforderlich. Anti-Androgene Nebenwirkungen (wie zum Beispiel Gynäkomastie) sind unter Eplerenon seltener als
unter Spironolacton.
Diuretika
Diuretika sind bei symptomatischen
Patienten mit Zeichen einer Kongestion erforderlich und sollen ausschließlich in Kombination mit ACE-Hemmern/Angiotensin-Rezeptor-Blockern
und Beta-Blockern eingesetzt werden.
Relevante Nebenwirkungen sind Hy-
44
pokaliämie, Hypomagnesiämie und
Hyponatriämie, Störungen des SäureBasen Haushaltes, Hyperurikämie und
Glucoseintoleranz. Bei Hypokaliämie
trotz ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptor-Blocker empfiehlt sich der Einsatz von kaliumsparenden Diuretika
(zum Beispiel Aldosteron-Antagonisten). Regelmäßige Kontrollen von
Nierenfunktion und Elektrolyten (fallweise auch der Blutgase) sind erforderlich.
Andere
Digoxin hat keinen Einfluss auf das
Überleben der Patienten, senkt jedoch
die Häufigkeit der Krankenhausaufnahmen wegen kardialer Dekompensation. Eine Indikation ist gegeben bei
Vorliegen einer Tachyarrhythmie und
unzureichender Frequenzkontrolle mit
Beta-Blockern. Vasodilatatoren (Nitrate, Hydralazin) stellen eine potentielle
Alternative bei Unverträglichkeit von
ACE-Hemmern/Angiotensin-Rezeptor-Blockern dar. Die orale Antikoagulation ist lediglich bei Patienten mit
Vorhofflimmern, Status post thromboembolischem Ereignis oder Nachweis
eines mobilen Ventrikelthrombus angezeigt. Eine antiarrhythmische Therapie ist im Allgemeinen nicht indiziert.
Bei Vorhofflimmern oder nicht-anhaltenden beziehungsweise anhaltenden
ventrikulären Arhythmien kann neben
Beta-Blockern Amiodaron in Betracht
gezogen werden.
Als praktische Leitlinie zur medika-
mentösen Therapie der asymptomatischen und symptomatischen Herzinsuffizienz soll nachfolgende Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für
Kardiologie aus dem Jahr 2005 dienen
(Tab. 5).
4. Nicht-pharmakologische Therapie
Kardiale Resynchronisationstherapie
(CRT)
Die Implantation eines biventrikulären Schrittmachersystems zur inter- und intraventrikulären Resynchronisation ist bei Patienten mit
schwerer Herzinsuffizienz (NYHA
III/IV) trotz optimaler medikamentöser Therapie, eingeschränkter LVFunktion und nachgewiesener Dyssynchronie indiziert. Mit dieser Therapie ist eine Verbesserung von Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
und eine Lebensverlängerung möglich. Indikationsstellung und Implantation sollten auf erfahrene Zentren beschränkt bleiben.
Implantierbarer
Cardioverter/Defibrillator (ICD)
Rezente Studien zeigen, dass prinzipiell jeder Patient mit höhergradig
eingeschränkter LV-Funktion von einem ICD im Sinn einer Lebensverlängerung profitieren kann. Eine gewissenhafte Risikostratifizierung ist jedoch nach wie vor erforderlich. Kein
Zweifel besteht an der Notwendigkeit
einer ICD-Therapie bei Patienten
nach überlebtem plötzlichen Herztod
(„sudden cardiac death survivor“) be-
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Leitlinie zur Therapie*
Standardtherapie (Überleben , Morbidität )
Fortführung der ACEI-Therapie bzw. ARB bei ACEI-Intoleranz sowie –
bei Zn. MCI – von Aldosteron-Antagonist und Beta-Blocker
Symptomatische Therapie
Diuretika ex od. reduzieren
NYHA II
ACEI als Therapie der 1. Wahl bzw. ARB bei ACEI-Unverträglichkeit.
Zusätzlich Beta-Blocker und Aldosteron-Antagonist bei Zn. MCI
+/- Diuretika in Abhängigkeit von der
Flüssigkeitsretention
NYHA III
ACEI plus ARB oder ARB alleine bei ACEI-Unverträglichkeit, Beta-Blocker,
Aldosteron-Antagonist
+ Diuretika + Digitalis bei anhaltender
Symptomatik
NYHA IV
Fortführung von ACEI/ARB, Beta-Blocker und Aldosteron-Antagonist
+ Diuretika + Digitalis + ev. vorübergehende
inotrope Unterstützung (z.B. Levosimendan)
Tab. 5
NYHA I
*) (ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of chronic heart failure, 2005)
ziehungsweise mit dokumentierten
anhaltenden ventrikulären Tachykardien.
Chirurgische Therapie
Die zeitgerechte Vitienkorrektur ist
ein kausaler Therapieansatz beziehungsweise kann die Progression der
Erkrankung günstig beeinflussen. Ähnliches gilt für die Revaskularisation, sofern ein ausreichendes Ausmaß an
Myokardvitalität nachgewiesen werden
kann. Bei ausgewählten Patienten mit
schwerer Mitralinsuffizienz kann die
Klappenkorrektur eine Verbesserung
der Symptome bewirken.
Mechanische Unterstützungssysteme
Externe und vollimplantierbare Unterstützungsysteme werden bereits mit
annehmbarem Erfolg als Überbrükkungstherapie bis zur Herztransplantation („bridge to transplant“) oder bei
schwerer Myokarditis – bis sich das
Myokard erholt hat – („bridge to recovery“) eingesetzt. Erste Versuche derartige Unterstützungssysteme auf Dauer
zu verwenden („destination therapy“),
sind zwar viel versprechend, vorerst jedoch auf Studien beschränkt.
Herztransplantation
Die Herztransplantation ist eine etablierte Therapie für die schwere therapierefraktäre Herzinsuffizienz. Bei
sorgfältiger Indikation ist mit einem
deutlich verlängerten Überleben und
einer Steigerung von Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu rechnen.
Therapie der diastolischen
Herzinsuffizienz/Herzinsuffizienz mit
erhaltener LV-Funktion
Die diesbezügliche Datenlage ist
noch äußerst spärlich, die entsprechenden Empfehlungen sind daher großteils spekulativ. In einer kürzlich publizierten Studie zeigte sich eine Reduktion der Krankenhausaufnahmen wegen
kardialer Dekompensation unter Candesartan. Beta-Blocker reduzieren die
Herzfrequenz und verlängern damit
die Diastolendauer (= Füllungszeit).
Ähnliches gilt für Verapamil, welches
sich bei hypertropher Kardiomyopathie als effektiv erwies. Ein günstiger
Effekt ist auch von ACE-Hemmern zu
erwarten, indem sie den Blutdruck senken und eine Regression der Hypertrophie bewirken. Grundsätzlich muss
beim Management der diastolischen
Herzinsuffizienz die Therapie der
Grunderkrankung immer im Vordergrund stehen.
V. Umfassendes
Erkrankungsmanagement
Trotz der eindrucksvollen Reduktion der Sterblichkeitsrate in den großen
Herzinsuffizienz-Studien zeigen epidemiologische Untersuchungen nach wie
vor eine hohe Einjahres-Mortalität.
Diese Diskrepanz erklärt sich zum Teil
durch die Tatsache, dass häufige Patientencharakteristika (Alter > 75,
mehrere Comorbiditäten, primär diastolische Dysfunktion, weibliches Geschlecht) in der typischen Studienpo-
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pulation nicht ausreichend vertreten
sind. Eine gewichtige Rolle spielen die
häufig fehlende Patienten-Compliance
und die verspätete Wahrnehmung einer Verschlechterung des Krankheitsbildes durch die betroffenen Patienten
selbst sowie eine mangelhafte Leitlinientreue der behandelnden Ärzte.
Mittlerweile konnte vielfach gezeigt
werden, dass durch ein umfassendes
Patientenmanagement in einer speziellen Herzinsuffizienz-Ambulanz oder
im Rahmen einer Heimbetreuung von
betroffenen Patienten durch speziell
ausgebildetes Pflegepersonal oder im
Rahmen eines Hybrid-Modells sowohl
die Sterblichkeit als auch die Krankenhausaufnahmen und damit auch die erkrankungsassoziierten Kosten deutlich
reduziert werden können.
In Österreich wurde aus diesem
Grund in den vergangenen zehn Jahren
mit tatkräftiger Unterstützung der Arbeitsgruppe für Herzinsuffizienz der
Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft ein funktionstüchtiges und
flächendeckendes System von Herzinsuffizienz-Ambulanzen installiert, wo
versucht wird, in Zusammenarbeit mit
den niedergelassenen Ärzten die bestmögliche Patientenbetreuung einschließlich Patientenschulung sicherzustellen. Einzelne Zentren haben darüber hinaus bereits eine auf die lokalen
Gegebenheiten zugeschnittene Form
der häuslichen Patientenbetreuung organisiert.
45
Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz*
Stadium
Charakteristika
Stadium A
Patienten mit Risikofaktoren (z.B. KHK, Hypertonus) für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz
Stadium B
Patienten mit dokumentierter, asymptomatischer LV-Dysfunction
Stadium C
Patienten mit aktueller oder zurückliegender Symptomatik einer Herzinsuffizienz^
Stadium D
Patienten mit Herzinsuffizienz im Endstadium
Tab. 6
*) Diese berücksichtigt die Entwicklung und den dynamischen Charakter der Herzinsuffizienz. Sie unterstreicht die Notwendigkeit
von Prävention, Screening nach asymptomatischer, kardialer Dysfunktion und frühzeitiger Therapie (ACC/AHA Guidelines for the
evaluation and management of chronic heart failure, 2002).
Um dem epidemiologisch und kostenmäßig eskalierenden Problem der
Herzinsuffizienz besser gerecht zu werden, wurden in den letzten Jahren darüber hinaus Anleihen bei etablierten
Versorgungsmodellen von Krebserkrankungen wie etwa Brust- oder Prostatakrebs genommen. Neben der Vorsorge spielen hier die frühzeitige Erkennung durch Screening-Untersuchungen und die rechtzeitige Intervention eine entscheidende Rolle.
Aus diesem Grund wird seit kurzem eine neue Klassifikation der Herzinsuffizienz propagiert, welche Entstehung
und Progression der Erkrankung in
vier Stadien festhält und damit die
Notwendigkeit von Prävention, Screening und frühzeitiger Therapie unterstreicht (Tab. 6). Die Herzinsuffizienz
kann in vielen Fällen durch eine konsequente Bluthochdrucktherapie und
Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren verhindert werden (Stadium
A). Zudem kann durch eine frühzeitige
Therapie beziehungsweise die Ausschaltung ursächlicher Faktoren (wie
zum Beispiel Myokardischämie, Alkoholabusus, usw.) bei asymptomatischen
Patienten mit eingeschränkter LVFunktion der Erkrankungsverlauf günstig beeinflusst werden (Stadium B).
VI. Fallgruben bei Diagnose
und Therapie
Funktionelle und/oder strukturelle
Lungenerkrankungen stehen in der
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Abklärung der Atemnot differentialdiagnostisch an erster Stelle. Die Bestimmung der natriuretischen Peptide
BNP oder NT-proBNP erweist sich
hier als äußerst hilfreich. Normale Serumspiegel weisen mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen einer
pulmonalen Erkrankung hin und
schließen die Notwendigkeit weiterer
kardiologischer Untersuchungen aus.
Umgekehrt sprechen deutlich erhöhte
Werte für das Vorliegen einer Herzinsuffizienz selbst dann, wenn eine pulmonale Erkrankung bekannt ist. Die
definitive Diagnose der Herzinsuffizienz ist allerdings in jedem Fall an
den Nachweis einer eingeschänkten
Ventrikelfunktion gebunden. Zu bedenken ist, dass die FEV1 bei pulmonaler Kongestion abnimmt und somit
eine COPD vortäuschen werden
kann. Selbst bei pathologischen Lungenfunktionsbefunden empfiehlt sich
daher die Bestimmung der natriuretischen Peptide zum Ausschluss einer
Herzinsuffizienz.
Infektionen sind vor allem bei älteren Patienten sehr häufig die Ursache
für die akute Verschlechterung einer
stabilen Herzinsuffizienz. Die frühzeitige Diagnose und konsequente Therapie sowie eine gegebenenfalls vorübergehende Steigerung der Diuretikadosis kann eine schwere Dekompensation verhindern. Die Verabreichung von nicht-steroidalen Antirheumatika ist ebenfalls für einen beträchtlichen Anteil der stationären
Aufnahmen wegen dekompensierter
Herzinsuffizienz verantwortlich. Die
Indikation ist bei Patienten mit bekannter Kardiomyopathie daher kritisch zu stellen und die Therapiedauer
so kurz wie möglich zu halten. Auch
in diesem Fall können die vorübergehende Steigerung der Diuretikadosis
und engmaschige Kontrollen von Nierenfunktion und Klinik einer Dekompensation vorbeugen.
*) Univ. Prof. Dr. Otmar Pachinger, Univ.
Doz. Dr. Gerhard Pölzl, Univ. Ass. Dr.
Mathias Frick; alle: Universitätsklinik für
Innere Medizin Innsbruck/Klinische Abteilung
für Kardiologie, Anichstraße 35,
6020 Innsbruck; Tel.: 0512 504-25621,
Fax-DW: 25622;
E-Mail: [email protected]
Lecture board:
Univ. Doz. Dr. Thomas Bartel, Univ. Klinik
für Innere Medizin Innsbruck/Klinische
Abteilung für Kardiologie
Univ. Prof. Dr. Friedrich Frühwald,
Medizinische Universität Graz
Univ. Doz. Dr. Martin Hülsmann,
Medizinische Universität Wien/Univ. Klinik für
Innere Medizin II
Herausgeber:
Univ. Klinik für Innere Medizin
Innsbruck/Abteilung für Kardiologie gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für
Herzinsuffizienz der Österreichischen kardiologischen Gesellschaft
Diesen Artikel finden Sie auch im Web unter
www.arztakademie.at/ls
S österreichische ärztezeitung Å 9 Å 10. mai 2006
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