Inhalt - Max Brockhaus

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Inhalt
Einleitung................................................................................................................ 6
I. Versuch der Rekonstruktion der Tätigkeit
Petersons für Heitor Villa-Lobos................................................................. 32
I.1. Villa-Lobos in den USA ........................................................................... 32
I.2. Die verlegerische Situation der Werke um 1950 .................................. 46
I.3. Milton A. Peterson .................................................................................... 63
I.3.1. Zur Person .................................................................................... 63
I.3.2. Zur Korrespondenz ..................................................................... 73
a) Heitor Villa-Lobos .................................................................. 73
b) Orchester und Musiker ......................................................... 77
c) Tonträgerhersteller und Rundfunk ................................... 109
d) Verlage ................................................................................... 117
e) Bibliotheken .......................................................................... 121
II. Milton A. Peterson als Katalysator ........................................................... 139
II.1. Überlegungen zur Einordnung der Tätigkeit ................................... 139
II.2. Aspekte zum kulturellen Beitrag ........................................................ 155
II.2.1. Autorenebene ........................................................................... 163
II.2.2. Vermittlungsebene ................................................................... 171
II.2.3. Kooperationsebene .................................................................. 185
Resümee............................................................................................................... 193
Anhang ................................................................................................................ 199
Zeittafel: Villa-Lobos in den USA 1947–1961 ............................................ 199
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 222
Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 224
Tabellenverzeichnis ....................................................................................... 225
Literaturverzeichnis ...................................................................................... 226
Weiterführende Literatur ............................................................................. 243
Personenverzeichnis ..................................................................................... 260
I. Versuch der Rekonstruktion der Tätigkeit
Petersons für Heitor Villa-Lobos
I.1. Villa-Lobos in den USA
Seit seiner Rückkehr von seinem zweiten Parisaufenthalt 1930, dem Jahr der
Oktoberrevolution in Brasilien, widmete sich Villa-Lobos intensiv der Erneuerung der staatlichen Musikerziehung mit dem Ziel der Etablierung eines
spezifisch brasilianischen Musikbewusstseins.1 Als Leiter der Musik- und
Kunsterziehungsbehörde SEMA, die die Einführung eines obligatorischen
Musikunterrichts in Schulen sowie des Canto Orfeônico ermöglichte, und als
Gründer des Conservatório Nacional de Canto Orfeônico (CNCO), das für
die Musiklehrerausbildung zuständig war, war er auch politisch involviert,
wobei sein Verhältnis zum nationalistisch geprägten Regime Getúlio Dornelles Vargas’ (1882–1954) bis heute kontrovers diskutiert wird. 1945 gründete
er die Brasilianische Musikakademie, zu deren erstem Präsidenten er berufen wurde.2 In dieser Phase komponierte er viele Werke für den Schulunterricht, wie den Guia prático.3 Auch nach dem Ausscheiden aus dem Lehramt
mit seinem 70. Geburtstag behielt Villa-Lobos eine leitende Funktion in den
genannten Institutionen und widmete sich bis zu seinem Lebensende der
Umsetzung des Canto Orfeônico.4
Zwar fand die erste nachgewiesene Aufführung eines Villa-Lobos-Werkes
(Danças Características Africanas) in den USA bereits am 23./24. November
1928 durch das Philadelphia Orchestra unter Leopold Stokowski statt, doch
zunächst dominierte rezeptionell noch das europäische Festland. Erst durch
den Ausbruch des zweiten Weltkriegs, der zu einschneidenden Beeinträchtigungen des Konzertbetriebs und des Kulturtransfers zwischen den USA und
Europa führte, geriet Nordamerika in das Zentrum der Aufmerksamkeit.
Eine bis heute wenig beachtete, jedoch entscheidende Bedeutung für die
frühe Förderung des Werks Villa-Lobos’ in den USA kommt dem Engagement
der brasilianischen Pianistin Guiomar Novaes (1895–1979) zu. Seit ihrem USDebüt in New York 1915 konzertierte sie regelmäßig in den Vereinigten Staaten, behielt jedoch stets den Kontakt nach Brasilien. Ihre Bemühungen um
die Werke südamerikanischer Komponisten, u. a. ihres Ehemannes Octavio
Pinto, stehen in engem Zusammenhang mit der Politik der good neighbourhood.5 Die Frau des Architekten dieser politischen Strömung, Mrs. Eleanor
Roosevelt, finanzierte, gemeinsam mit dem brasilianischen Botschafter Dr.
Carlos Martins, den Klavierwettbewerb Guiomar Novaes 1941 in New York,
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Versuch der Rekonstruktion der Tätigkeit Petersons für Heitor Villa-Lobos
dessen Sieger, Joseph Battista (1918–1968), eine Konzertreise nach Brasilien
gewann. Zu der Jury gehörten Leopold Stokowski, Olin Downes, Hans Wilhelm Steinberg, Leon Barzin und Olga Samaroff-Stokowski. Die Organisation lag in den Händen von Arthur Judson, dem Präsident der Columbia
Concerts Corp. (später Columbia Artists Management, Inc.) und von 1922
bis 1956 Manager des New York Philharmonic Orchestra.6 Auf ihn geht auch
die Stiftung des Wettbewerbs Columbia Concerts, dem Gegenstück zum Preis
Guimar Novaes zurück. Der Preissieger des Jahres 1941, Arnaldo Estrella
(1908–1981), gewann, analog zur Brasilienreise Battistas, eine Tournee nach
Nordamerika.7 Die beiden Wettbewerbe, die als Einheit zu betrachten sind,
sind eng verbunden mit den politischen Prämissen dieser Zeit und ein wertvoller Beitrag zur Umsetzung des panamerikanischen Gedankens.
Guiomar Novaes verstand sich selbst als Botschafterin ihres Landes in
den USA und setzte bewusst immer wieder Werke brasilianischer Komponisten auf ihr Programm. Auch Werke Villa-Lobos’ gehörten zu ihrem Repertoire, so Momoprecoce, das sie 1940 in Washington mit dem National Symphony Orchestra aufführte.8 Ihre Konzerte, die sich nicht nur auf die Zentren
beschränkten, bildeten den Nährboden für den Empfang des Komponisten
in den USA 1944. Ihre Arbeit wurde von der National Federation of Music
Clubs, einer Frauenorganisation, unterstützt. Anlässlich einer Konzerteinladung des dieser Organisation angehörenden Musicians Club of Richmond
spielte sie am 27. Februar 1940 im Lyric Theatre Richmond vier Titel aus
Baby’s Family (Prole do Bebê).9
Das Engagement von Guiomar Novaes beschränkte sich nicht nur auf die
Aufführung von Werken Villa-Lobos’, sondern manifestierte sich darüber
hinaus in der Vermittlung von Kontakten. So lassen sich Beziehungen zu
Namen feststellen, die später auch in engem Zusammenhang mit Villa-Lobos sichtbar werden, so die oben genannten Namen Olin Downes, Arthur
Judson, Arnaldo Estrella, Joseph Battista und die Frau Leopold Stokowskis,
Olga Samaroff-Stokowski, die, wie Frederick Jacobi (1891–1952), an der Juillard School of Music, New York, lehrte.
Als weitere zentrale Person erwies sich der brasilianische Dirigent und
Pianist Walter Burle Marx (1902–1990). Villa-Lobos war mit Burle Marx, der
1931 das Orquestra Filarmónica do Rio de Janeiro gründete und verschiedene Werke Villa-Lobos’ uraufgeführt hat, gut befreundet. Als Musikdirektor
des brasilianischen Pavillons auf der Weltausstellung vom 04.–09. Mai 1939
in New York hatte er, indem er u. a. die Choros Nr. 8 und 10 und die Bachianas
Brasileiras Nr. 5 auf das Programm setzte, Anteil am ersten nordamerikani-
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schen Erfolg der Musik Villa-Lobos’. Burle Marx siedelte 1949 in die USA
über und war so die ideale Schnittstelle zwischen den USA und Brasilien und
ein guter Berater für Musikgeschäfte in den USA, wo er von 1952 bis 1977
an der Settlement Music School in Philadelphia Klavier, Musiktheorie und
Komposition unterrichtete und als Gastdirigent der New York Philharmonic
und der Sinfonieorchester von Cleveland, Detroit und Washington auftrat.10
Darüber hinaus führten die Kammermusikabende im Museum of Modern Arts, New York, 1940, sowie Konzerte zahlreicher persönlicher Kontakte des Komponisten, u. a. Irving Schwerké (1893–1975)11, Leopold Stokowski
(1882–1977) und Hugh Ross (1899–1990), zu einem gewissen Bekanntheitsgrad und legten damit einen weiteren Grundstein für die spätere internationale Karriere als Komponist und Dirigent.12
Allerdings war Villa-Lobos zu diesem Zeitpunkt, trotz mehrfacher Planungen, selbst noch nie in Nordamerika. Sein erster Auftritt als Gastdirigent des Janssen Symphony Orchestra am 26. November 1944 erfolgte durch
die Einladung Werner Janssens, den er zur Zeit des Krieges während einer
Tournee in Brasilien kennen gelernt hatte.13 Sein Übersetzer auf dieser ersten
Reise war der brasilianische Schriftsteller und Übersetzer Érico Veríssimo
(1905–1975), der Villa-Lobos 1941 kennenlernte. Trotz gemeinsamer Nationalität kam es jedoch nie zur Freundschaft zwischen den beiden Künstlern.
Seine zum Teil auf verdrehten Fakten beruhenden Anekdoten trugen mit
zum teilweise mythisch verklärten Bild von Villa-Lobos bei.14
Unter den Zuhörern dieses Konzerts, das nicht im kulturell dominanten
Osten, sondern in Los Angeles, Kalifornien stattfand, war auch Igor Strawinsky.15 Obwohl dieses erste Konzert, in dessen Rahmen Rudepoema, die
Sinfonie Nr. 2 und Choros Nr. 6 erklangen, keinen großen Anklang fand16,
trug es dennoch zur Bekanntheit des Komponisten bei.
Diese erhielt einen erneuten Schub durch die persönliche Anwesenheit
von Villa-Lobos in New York, wie auch durch die anhaltende Initiative des
Musikjournalisten Olin Downes, von dem in den Jahren 1939–1959 21 Artikel über Villa-Lobos in der New York Times erschienen.17 Dem Journalisten
wird daher die Rolle zugesprochen, die Florent Schmitt in Frankreich und
Mário de Andrade in Brasilien spielten.18 In New York waren möglicherweise bereits 1940 durch den amerikanischen Komponist Frederick Jacobi
(1891–1952) einige Kammermusikwerke Villa-Lobos’ aufgeführt worden19,
die die Motivation für den Kammermusikabend gewesen sein könnten, der
am 28. Januar 1945 von der League of Composers im Museum of Modern Art
ausgerichtet wurde.20 Im Februar 1945 trat er in New York mit Choros Nr. 8
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