INHALT - Michael Imhof Verlag

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Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
GUTSHÖFE UND HERRENHÄUSER IN SCHLESWIG-HOLSTEIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
KATALOG DER GUTSANLAGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Abgekürzt zitierte Literatur/Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666
Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666
Register der Architekten, Künstler und Handwerker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674
Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675
Fachausdrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
Fotonachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687
5
BORGHORSTERHÜTTEN
Lage: An der Landstraße von
Gettorf nach Sprenge im Dänischen Wohld, Kirchspiel Gettorf,
Gemeinde Osdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde
Loggia mit Blick in den Garten
80
Historisches: Der ehemalige Meierhof von Borghorst ist wie jenes aus einem Dorf hervorgegangen,
dem 1630 niedergelegten Koggendorf. Als Kokkendorper Hutten wird es 1504 in einer Quelle genannt. 1803 wurde der Hof Hütten von dem damaligen Besitzer von Ahlefeldt an Carl August
Martens auf Birkenmoor verkauft und 1806 unter
die adligen Güter aufgenommen. 1829 erbaute Johann Friedrich Gäde, der das Gut 1825 erworben
hatte, ein erstes Herrenhaus. Im weiteren Verlauf
des 19. Jahrhunderts ging Borghorsterhütten durch
zahlreiche Hände, 1891 schließlich an O. Harckensee, der zunächst die Wirtschaftsgebäude erneuerte
und kurz nach der Jahrhundertwende ein neues
Herrenhaus errichten ließ.
Als Architekten wählte er den jungen Hans Schnittger, der sich 1899 in Kiel niedergelassen hatte und
nun hier im Dänischen Wohld kurze Zeit später
sein Erstlingswerk errichten konnte. Es steht auf
der Stelle des Vorgängerbaues von 1829, somit
zwar am traditionellen Platz im Gutsensemble, also
im Anschluss an die – heute weitgehend verschwundenen – Wirtschaftsgebäude, aber in einer
Architektursprache, die damals neu war und Züge
städtisch-großbürgerlicher Villenarchitektur annahm. Malerische Versatzstücke wie den Treppen-
turm hatte es schon 1857 beim wenig glücklichen
Umbau des Herrenhauses Schönweide und 1863
an der tudorgotischen Verkleidung von Altenhof
durch Joseph Eduard Mose gegeben (s. dort). Auch
der Putzbau war seit Christian Frederik Hansens
hundert Jahre zuvor errichteten Herrenhäusern in
die holsteinische Gutslandschaft eingedrungen.
Neu in Borghorsterhütten war die in Beziehung
zum rustikalen Ambiente etwas zu kapriziös-verspielte Dekoration des Gebäudes aus Mischformen
zwischen Rokoko und Jugendstil, die heute allerdings durch den ursprünglich nicht vorhandenen
mehrfarbigen Anstrich überbetont wirkt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Borghorsterhütten aufgesiedelt, das Herrenhaus ging durch
verschiedene Hände. 1991 übernahm Norman Leiser die verfallenen Hofgebäude und ließ das Herrenhaus von Grund auf erneuern.
Bauten: 1825 existierte noch kein Herrenhaus, nur
ein „Schreiber- und Vogthaus, worin zugleich die
Borgstube“. Neben den üblichen Wirtschaftsgebäuden gab es ein „Holländerhaus“ mit zugehörigen
Nebengebäuden. Alle waren aus Fachwerk und mit
Stroh gedeckt.
Das Herrenhaus von 1900 (genannt wird auch das
Jahr 1905) ist im Äußeren weitgehend erhalten.
Drei großformatige Gauben mit Schweifgiebeln auf
der Gartenseite waren 1954 bereits beseitigt, ebenso einige originale Fledermausgauben. 1982 wurde
die barockisierende Zwiebelhaube des Treppenturmes durch einen schlichten Spitzhelm ersetzt.
Das Gebäude erscheint auf den ersten Blick als
symmetrisch gegliederter, zweigeschossiger, verputzter Backsteinbau unter hohem Walmdach mit
schmalen seitlichen Ausbauten unter deutlich
niedrigeren Dächern, die in Krüppelwalmen enden. Die Mitte betont ein breiter, mit Schweifgiebel überfangener Risalit (vgl. Gutshaus Treuholz
in Stormarn von 1904/05). Bei näherem Hinsehen
zeigen sich, abgesehen vom seitlich angefügten
Treppenturm, Abweichungen von der Symmetrie
in der Gestaltung der Fenster, die nur aus der inneren Organisation des Hauses verständlich werden. Durch eine Gliederung aus angedeuteten Pilastern wird versucht, diese Ungleichmäßigkeiten
zu überspielen. Über der schlicht gehaltenen Ein-
gangstür weist eine geschossübergreifende Dreifenstergruppe mit Jugendstilverglasung auf die
zentrale, zweigeschossige Treppenhalle hin.
Das Innere ist mit zahlreichen Details der Erbauungszeit erhalten, denen sich die gediegene, doch zurückhaltende Neuausstattung aus der Zeit nach 1982 ausgezeichnet einfügt. Dunkle Wandpaneele, Jugendstilkamine und Stuckdecken harmonieren mit einer
dezenten, gleichwohl Akzente setzenden Farbigkeit.
Die Rückseite des Hauses offenbart das Fassadenhafte dieser Architektur, die kaum der Landschaft
zugewandt ist. Die Dekoration ist auf Rahmung einer aus dem inneren Gefüge sich ergebenden zufälligen Fensteranordnung ohne Außenbezug beschränkt, lediglich im Winkel des rechten
Stummelflügels zeigt eine offene Säulenloggia mit
groß dimensionierter zweiläufiger Freitreppe eine
Hinwendung zum intimen Landschaftsgarten.
Eher störend wirkt der 1982 errichtete Schwimmbadanbau auf der anderen Seite. Vor dem hohen
Souterrain wurde um 1910 eine Terrasse angelegt,
von der wenige, von zwei Sphingen flankierte Stufen in den Garten führen.
Dieser in ein tiefes Geländeprofil eingebettete Landschaftsgarten ist wohl gleichzeitig mit dem Herren-
haus angelegt worden, damals auch mit großem
Nutzgartenbereich nordwestlich des Hauses, heute
einen weitläufigen pleasureground ausbildend, der
durch die hohe, dichte Baumkulisse zugleich intim
gerahmt ist. Eine Baumgruppe mit charakteristischen Solitären verbirgt einen Teich im Hintergrund, rechterhand unterbricht ein mächtiger Rhododendron den Tiefenzug der Rasenfläche.
Der Wirtschaftshof war 1954 noch intakt, 1970 im
akuten Verfall begriffen und ist seit 1980 fast vollständig abgeräumt. Die ehemals als Verwalterhaus
und Tischlerhaus fungierenden Gebäude sind
ebenso wie frühere Arbeiterhäuser an der Landstraße durchgehend modernisiert worden. Wiesenflächen links und rechts der auf das Herrenhaus zuführenden, intakten historischen Lindenallee
lassen das heutige Ensemble im Sinne einer Landhauskulisse als durchaus intakt erscheinen.
Hofansicht des um 1900 errichteten
Herrenhauses
Brunnen vor dem Herrenhaus
Literatur:
Gutsbeschreibung 1825
v. Schröder 1837 I S. 417
v. Schröder 1854 S. 245
Oldekop 1906 II S. 28
Laur 1992 S. 170
81
BORSTEL
Lage: Südwestlich von Bad Segeberg, Kirchspiel und Gemeinde
Sülfeld, Kreis Segeberg
Blick über den Mühlenteich, Lithographie von A. Hornemann 1850 (LB)
Karte vom Hoffeld, von J. J. Barner
1762 (LASH)
82
Historisches: Der Name rührt vermutlich vom altsächsischen burstal her, was soviel wie Wohnstätte
bedeutet. 1266 wird eine Familie von Borstelde
(oder Borlstede) genannt. Ihr gehörte Borstel damals
zusammen mit Jersbek, später den Hummersbüttel,
die zuvor auf Stegen gesessen hatten und dieses
wohl mit einbrachten, bis der ganze Besitz im 15.
Jahrhundert durch Einheirat für über 300 Jahre der
Familie von Bokwold (Buchwaldt) zufiel. Erst 1588
erfolgte eine Trennung der Güter in einer Erbauseinandersetzung unter vier Brüdern Buchwaldt.
Friedrich von Buchwaldt (1697–1761), herzoglicher Rat und Klosterprobst in Preetz, ließ, nachdem
der gesamte Hof 1737 abgebrannt war, bis 1751
das heute noch existierende Herrenhaus errichten.
Zuvor hatte er schon den Wirtschaftshof erneuert.
Die 1975 abgebrannte große Kornscheune trug die
Jahreszahl 1742 und seine Initialen. Durch die Heirat seiner Tochter Charitas Emilie gelangte das Gut
1761 in die Hände des Johann Hartwig Ernst Grafen von Bernstorff, der 1737 Wotersen geerbt hatte
(s. dort). 1798 wurde beim großen Stadtbrand von
Oldesloe das gesamte Borsteler Gutsarchiv vernichtet, das sich dort beim Gerichtshalter in Verwah-
rung befand. Um die gleiche Zeit wurde das Gut
verkauft und sah in der Folge mehrere Besitzerwechsel. Ab 1803 hatte es der polnische General
Graf Demetrius de Wuits (oder Dewuicz) für ein
Jahr in Händen; er ruinierte in dieser Zeit durch
Kahlschlag den Waldbestand von über 400 ha und
endete 1806 im Konkurs. 1838 kam es für ein
knappes Jahrhundert an die Grafen Baudissin von
Knoop. 1932 wurde Borstel aufgesiedelt, das Herrenhaus mit Nebengebäuden und Park 1938 vom
Staat übernommen. Es ist heute Medizinisches Forschungsinstitut und wurde unlängst von Grund
auf saniert und restauriert.
Das adelige Gut Borstel bestand um 1810, nachdem der Meierhof Grabau von den Vorbesitzern
verkauft worden war, aus dem Haupthof Borstel,
den Meierhöfen Holm und Heidkrug, den Kupferund Messingwerken zu Hoherdamm, den Dörfern
Sülfeld, Oehring und Seth, dazu einigen Einzelstellen. 100 Jahre später bestand neben dem Haupthof
nur noch der Meierhof Holm; südlich vom Hof lag
eine Wassermühle, „die frühere Windmühle ist abgebrochen“ (Oldekop). Und es wird 1908 die seit
1720 nachweisbare Borsteler Ziegelei genannt,
nordwestlich des Hofes gelegen, mit einer Jahresproduktion von 300.000 Steinen.
Bauten: Einen Eindruck des noch halbwegs mittelalterlich geprägten Gutsareals vermittelt die Varendorfsche Karte von 1796. Die Zufahrtsallee, auf
der man noch heute von der alten Landstraße Segeberg-Hamburg zum Gut gelangt, ist schon da,
ebenso das Herrenhaus von 1751 mit Nebengebäuden, großem Barockparterre und Allee. Doch östlich davon umgrenzen der Mühlenteich und eine
weitere, umfangreiche Stauung das Hofgelände auf
einer Halbinsel und östlich angrenzend den vollständig vom Hausgraben umgebenen alten Burgplatz, der nur über eine Brücke zu erreichen ist. Die
mächtigen Wirtschaftsgebäude standen bis weit
ins 20. Jahrhundert: das Kuhhaus von 1740 wurde
1965 abgebrochen, die Scheune von 1742, angeblich die größte, noch existierende im Lande, brannte 1975 bis auf die Grundmauern nieder.
Friedrich von Buchwaldt hatte sich – nach dem
Brandverlust des alten, wohl noch mittelalterlichen
Hauses 1737 – in den 1740er Jahren zum Neubau
eines Herrenhauses entschlossen, der kurz nach
1747/48 (d.) begonnen wurde und 1751 vollendet
war. Der Bauplatz des neuen Hauses lag 500 m westlich des alten Gutshofes, wo noch heute der von
Wasser umgebene Standort des mittelalterlichen
Hauses zu sehen ist. Überraschend früh ist hier die
Lösung aus dem traditionellen Anlageschema der
schleswig-holsteinischen Gutsanlage vollzogen wor-
den. Da Buchwaldt schon vorher die Wirtschaftsgebäude an alter Stelle erneuert hatte, war demnach
keine Verlegung des ganzen Hofes geplant, sondern
ganz bewusst zusammen mit dem baulichen und
gärtnerischen Umfeld ein landschlossartiges Ensemble geschaffen worden. Als Architekt wird Johann
Christian Böhme genannt, der in jener Zeit Neubaupläne für Breitenburg entwarf und dabei auch
Ansichten und Grundrisse für Borstel zeichnete, ferner 1746 ein Pastorat in Hohenaspe gebaut hatte,
ansonsten aber unbekannt blieb. Das Haus zeigt,
vielleicht mehr als jeder Vergleichsbau im Lande,
eine ausgesprochen versierte Hand, sodass die Zuschreibung schwer fällt.
Dieses Herrenhaus des früheren Gutes Borstel ist ein
breit gelagerter, verhältnismäßig tiefer Backsteinbau,
zweigeschossig über Kellersockel aus Granitquadern
und mit unvermittelt lastendem Walmdach. Seine
rustikale Behäbigkeit ist höchst eigenwillig durch
Akzente eleganter Rokokoarchitektur aufgelockert.
Die Hoffront spannt sich zwischen zwei schweren
polygonalen Pavillonausbauten. Ihre Stirnseiten sind
von gekuppelten Backsteinpilastern toskanischer
Ordnung mit Werksteinkapitellen und -sockeln gerahmt, die Fensterachsen in flachen Backsteinrahmen geschossübergreifend zusammengefasst. Die
steile Portalachse in der Mitte ist durch einen aufwändigen, segmentbogig übergiebelten Kolossalpilasterrahmen aus Werkstein über doppelläufiger, geschweifter Freitreppe als vertikaler Hauptakzent
gestaltet; ein innerer, Portal und Fenster zusammen-
Herrenhaus von 1751,
Ansicht der Gartenseite
Herrenhaus, Grundriss des
Erdgeschosses (Planarchiv LD)
83
Mittelrisalit an der Gartenseite
Kabinett mit um 1760 hergestellter
Vertäfelung
Gewölbekeller
84
fassender Rahmen im Giebelfeld wird von üppiger
Rocaille mit dem Alliancewappen von Buchwaldt/
von Holstein bekrönt. Ein mittleres Blendenfeld
trägt die Bauinschrift von 1751.
Die Gartenfront ist von einem dreiachsigen Mittelrisalit mit schrägen Seiten, gedoppelten Backsteinpilastern und Segmentbogengiebel beherrscht.
Davor liegt ein Austritt mit Freitreppe. Hohe, zweiteilige Saalfenster und querovale Ochsenaugen da-
rüber sitzen in reich skulptierter Sandsteinrahmung; die mittlere trägt im Giebel Monogramm
und bekröntes Wappen des Bauherrn. Zum Gesamteindruck des Gebäudes tragen auch vier kräftig profilierte, originale Schornsteinköpfe bei.
Das Innere zeigt eine praktische Raumaufteilung
nach französischem Vorbild der „maison de plaisance“ mit querovalen bzw. oktogonalen Hauptsalons, platzsparenden, kleinen Treppen und Domestikenfluren in der Hausmitte. Sämtliche Räume
des Erdgeschosses waren 1806 „gegypst, tapezirt
oder gemahlt, und mit Oefen oder Kaminen versehen“. Das Vestibül, heute über drei Achsen, war
ursprünglich und noch 1806 fünf Fensterachsen
breit, wohl mit Treppenanlage ins Obergeschoss.
Die ursprüngliche Treppe konnte bisher nicht
nachgewiesen werden, die heutige, im rechten Bereich aufsteigende ist Ergebnis eines Umbaus. Eine
zweite, kleine Wendeltreppe ist ebenfalls späteren
Ursprungs, aber als Domestikentreppe wohl an alter Stelle. Prächtig beschnitzte Doppeltüren führen
in die angrenzenden Räume. Hinter dem Vestibül
schließt sich der oktogonale, über anderthalb Geschosse reichende Festsaal (Gartensaal) an, mit
Randstuckaturen an der Decke und Kamin des Rokoko, dazu einer spätklassizistischen Wandgliederung mit Gehängen, Medaillons und figürlichen
Reliefs nach Bertel Thorvaldsen, hergestellt 1842.
Die Bereiche rechts und links des Gartensaals sind
nicht symmetrisch ausgebildet, der nördliche Teil
Hoffassade des Herrenhauses
mit kleinen privaten Räumen, der südliche mit großen repräsentativen. Der linke ovale Ecksalon zeigt
Stuckaturen aus der Erbauungszeit, die von Carlo
Donato Martini, Hamburg, stammen (Martini werden auch die Stuckaturen im Bramstedter Torhaus
zugeschrieben, s. dort, während seine Arbeit in der
Rellinger Kirche gesichert ist). Besonders schön ist
die große Deckenrosette aus noch nicht voll entfalteten, züngelnden Rocaillen. – Im kleinen Kabinett zur Linken, das später vom Vestibül abgetrennt
wurde, gibt es eine vorzüglich geschnitzte, farbig
gefasste Wandvertäfelung aus der Zeit um 1760,
die ursprünglich für einen anderen Raum bestimmt war.
Im Obergeschoss, das noch 1806 ebenso prächtig
wie das Erdgeschoss ausgestattet war, ist die Raumaufteilung ähnlich: über dem Vestibül ein großer
Saal zum Hof hin mit ehemals seitlichen Kaminen
an den Stirnwänden, in späterer Zeit durch Fachwerkwände unterteilt. Es schließen Vorräume und
dann die jeweiligen Salons in den Eckpavillon an,
sodass sich an der Hofseite eine Folge bzw. eine Enfilade von fünf Sälen ergibt. Im rückwärtigen Bereich befinden sich kleine Räume und Kabinette.
In den meisten Räumen sind infolge der langen
Fremdnutzung ursprüngliche Raumfassungen
nicht erhalten.
Zwei Randalleen von Linden rahmen den weiten
Rasenplafond des Ehrenhofes zur Straße, etwas versteckt dahinter liegen zwei zweigeschossige ältere
Nebengebäude, früher Pferdestall und Waschhaus,
die 1806 noch schlichte Fachwerkbauten waren
und später allerdings unpassend modernisiert
wurden.
Bei dem alten, 1737 abgebrannten Herrenhaus ist
ein terrassierter Renaissancegarten überliefert, der
heute überbaut ist. Der spätere Barockgarten, wohl
im Zusammenhang mit dem Neubau des Herrenhauses angelegt und auf Gutskarten von 1762 und
1766 dokumentiert, wurde, vermutlich nach 1806,
zum geräumigen Landschaftspark umgestaltet, der
nach Süden vom alten Mühlenteich begrenzt wird.
Eine Karte des Landmessers Boysen von 1810 zeigt
noch Reste der barocken Strukturen wie das durch
die Randwege angedeutete ehemalige Parterre und
die anschließende, auf die Mittelachse des Herrenhauses ausgerichtete Allee durch das Waldquartier,
die heute in Resten noch vorhanden ist.
Literatur:
Gutsbeschreibung 1806
v. Schröder 1841 I S. 73
v. Schröder/Biernatzki I 1855 S. 242
Oldekop 1908 XI S. 14
Hirschfeld 1935 S. 82
v. Rumohr 1963 S. 119
Kunst-Top. S. 753
Hirschfeld 1980 S. 171
Neuschäffer 1984 S. 59
Sophie Reventlow S. 104
Laur 1992 S. 172
Dehio 2009 S. 196
85
BOSSEE
Lage: Am Westufer des mit dem
Westensee verbundenen Bossees,
Kirchspiel und Gemeinde Westensee, Kreis Rendsburg-Eckernförde
unten: Lithographie von A. Hornemann 1850 (LB)
Ausschnitt aus der Varendorfschen
Karte von 1796 (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen)
86
Historisches: Das 1443 genannte Bodsee, auch
Boszee, gehört zu den zahlreichen großen Gütern
rund um den Westensee, die bereits im 13./14.
Jahrhundert entstanden sind. Nach den Rittern
von Westensee, die auf der kleinen Insel Lohburg
am Übergang vom Westensee in den Bossee ihren
Stammsitz gehabt haben sollen, gelangte die uradelige Familie Ahlefeldt ab etwa 1400 für knapp
200 Jahre in seinen Besitz. 1587 erfolgte der Verkauf des damaligen Lehngutes an Friedrich Brockdorff auf Bürau. Er wurde angeblich auf Veranlassung seiner Frau 1612 vergiftet; wenige Jahre
danach fiel das Gut an die Rantzaus vom benach-
barten Deutsch-Nienhof. 1715 kam es dann in die
Hand Cai Rumohrs aus dem Hause Roest. Während der Rumohrschen Zeit wurde das alte Herrenhaus um- oder weitgehend neu gebaut und es entstanden die beiden Kavaliershäuser. Henning
Bendix von Rumohr, der ab 1770 auf Bossee saß,
kaufte den Warleberger Hof in Kiel als Stadtpalais
und ließ ihn weitgehend umgestalten. 1778 wurde
Bossee an den Hamburger Kaufmann Georg Friedrich Pauly, 1807 an den Legationssekretär Johann
Ernst Leisching verkauft, bevor es mit den Bülow
1824 wieder in adelige Hand geriet. Wilhelm von
Bülow ließ in den 1840er Jahren das Torhaus abbrechen. 1896/97 wurde das Herrenhaus in der
Form umgebaut, in der es noch heute existiert. –
Zu Bossee gehörten 1908 die Meierhöfe Rolfshörn
und Schönhagen, sowie das Dorf Brux. Auf Rolfshörn lag eine Ziegelei.
Bauten: Die Varendorfsche Karte zeigt 1796 sehr
schön die mittelalterliche Anlage des Gutshofes.
Herrenhaus und Wirtschaftshof liegen noch auf einer Insel, entstanden vermutlich durch Stauung
der heute unmittelbar durch den Park und südwestlich am Gut vorbei fließenden Au. Eine Brücke
führt zum Torhaus. Herrenhaus und Kavaliershäuser liegen eng begrenzt im Wasser, möglicherweise
waren sie ehemals auf eigener Insel durch einen
Graben vom Hof abgesondert, wie in Damp noch
heute zu sehen und Noer auf älteren Gutskarten
zeigt (s. dort). Der Westensee scheint ursprünglich
bis an das Hofplateau herangereicht zu haben.
Das Herrenhaus liegt, leicht aus der Achse verschwenkt und abgerückt, an dem durch die Kavaliershäuser gerahmten Ehrenhof jenseits der großen Wirtschaftsgebäude. Im Kern vermutlich noch
spätmittelalterlich, weist es im Kellerbereich derbe
spitzbogige Kreuzrippengewölbe aus der Zeit um
1400 auf, mit breiten Gurten über mächtigen
Rundsäulen. Damals hatten die Ahlefeldt das Gut
erworben und möglicherweise einen wohl mehr
burgähnlichen Vorgängerbau erneuert.
Der heutige aufgehende Bau ist vermutlich erst in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert entstanden; Überraschend ist die weitgehende Übereinstimmung des Grundrisses mit dem 1772 von
Georg Greggenhofer errichteten Dobersdorf (s.
dort). Greggenhofer, dem die Kavaliershäuser zugeschrieben werden, könnte durchaus auch das
Herrenhaus errichtet haben. Die Gutsbeschreibung von 1824 nennt „das Wohnhaus von Brandmauern, mit einem Sockel von behauenem Granit,
mit Ziegeln gedeckt und mit einer Gallerie und
Statuen verziert“; das Innere hatte im Erdgeschoss
eine „gegipste“ Vordiele, einen Speisesaal und acht
„tapezirte“ Zimmer, das Obergeschoss einen „Vorsaal“ und ebenfalls acht Zimmer. Man kann diese
Anzahl von Räumen aus den Umbauplänen Petersens von 1896 (im Gutsarchiv) herauslesen. 1850
zeigt Hornemanns Lithographie einen zweigeschossigen Breitbau unter mächtigem Walmdach
mit insgesamt elf Fensterachsen, die drei mittleren als kaum vorspringender flacher Risalit um ein
Geschoss erhöht und übergiebelt. Den Eingang
rahmt ein Säulenportikus, ähnlich dem in Ludwigsburg (s. dort).
1857 bis 1859 soll ein Umbau des Hauses erfolgt
sein. Seine heutige Gestalt erhielt es jedoch 1897
durch den Altonaer Architekten Albert Petersen.
Das Gebäude bekam eine glatte Putzfassade und
ein flacheres Krüppelwalmdach, dazu umlaufende
Ziergesimse und einen gestuften Frontgiebel. Auf
der Gartenseite wurde der Mittelrisalit mit dem
Gartensaal bzw. Esszimmer weiter vorgezogen. Innen schuf Petersen eine große, über beide Geschosse reichende Halle mit Freitreppe und offener
Galerie, wie wir sie auch von den gleichzeitig errichteten Häusern des Architekten in Bredeneek
und Quarnbek oder vom Herrenhaus in Tremsbüttel kennen (s. dort).
Rechts und links vor dem Herrenhaus stehen zwei
gleichartige Kavaliershäuser von 1766/67, die dem
Eutiner Hofbaumeister Georg Greggenhofer zugeschrieben werden. Sie enthielten 1824 die Wohnungen des Verwalters und des Försters, dazu Stallungen, Remisen, Backofen und „eine Feuerstelle
Herrenhaus, Ansicht der Hofseite
Wirtschaftsgebäude von 1896
87
Kavaliershaus von 1766/67
BOTHKAMP
Kuhhaus von 1709
Literatur:
Gutsbeschreibungen 1806, 1824
Meyer 1815 S. 240
v. Schröder 1841 I S. 76
v. Schröder/Biernatzki I 1855 S. 245
Oldekop 1908 X S. 26
v. Rumohr 1963 S. 58
Kunst-Top. S. 621
v. Rumohr 1981 S. 135
Laur 1992 S. 172
Dehio 2009 S. 966
88
zum Waschen und Brauen.“ Es sind im Wesentlichen identische eingeschossige Backsteintraufenhäuser unter Halbwalmdach mit übergiebeltem
dreiachsigen Mittelrisalit und zwei korbbogigen
Toreinfahrten zwischen Pilastern auf der Südseite.
Typisch für Greggenhofer sind die Rahmungen
von Fassaden und Risaliten durch Pilaster und die
kräftig profilierten Gesimse. Die winklig angebauten, im Detail angepassten Rückflügel sind Hinzufügungen von 1895. 1824 waren Herrenhaus und
Kavaliershäuser „durch eine Mauer von Ziegelsteinen mit zwei eisernen Pforten“ vom Wirtschaftshof getrennt.
Südöstlich dieser beiden Gebäude rahmen Kuhhaus und Scheune den Wirtschaftshof, großvolumige Backsteinbauten auf Granitquadersockeln
mit untypischen, nämlich rundbogig die Giebel
abschließenden Krüppelwalmen und ebenfalls
rundbogigen Torrisaliten. Das linker Hand gelegene Kuhhaus trägt noch Reet auf seinen riesigen
Dachflächen, an den Giebeln zeigen Maueranker
die Jahreszahl 1709 und die Initialen des Erbauers
Jasper Rantzau und seiner Ehefrau. 1924, nach einem Brand, wurde der Bau durch den Kieler Architekten Heinrich Stav wiederaufgebaut und
durch einen Anbau mit entsprechenden Höhendimensionen und gleichem Giebelmotiv an der
hofabgewandten Seite erweitert. Unverändert erhalten blieben die Giebelfronten des Altbaus. Alle
Traufseiten wurden mit Reihen von gleichartigen
Sprossenfenstern versehen, der Giebel des Anbaus
mit dekorativ versprossten Halbrundfenstern; das
Motiv der hohen, die Trauflinie durchbrechenden
Rundbogentore variiert ältere Formen. Stav schuf
damit einen der klassischen Heimatschutzbauten
in Schleswig-Holstein. Die gegenüberliegende
Scheune – in ähnlichen Abmessungen und Formen
– ersetzte schon vor 1824 einen durch russische
Truppen 1813 angesteckten Vorgängerbau, offensichtlich gleichfalls am alten Vorbild orientiert.
Ihr Reetdach ist durch Eternit ersetzt, das mit seiner Kantigkeit keinerlei Rücksicht auf die schön
geschwungenen Rundbogenformen nimmt. Vor
der Scheune liegt die um 1900 errichtete Stellmacherei, eingeschossig mit Krüppelwalmdach und
Resten älteren Fachwerks an der Ostseite.
An der Stelle des abgebrochenen Torhauses, das
zweigeschossig und mit einem Uhrtümchen versehen war, entstand 1896 ein malerisches, zweiflügliges Wirtschaftsgebäude, ein Gruppenbau aus
Ziegeln mit hohem Wasserturm, Wohnflügel,
Kutschstall und Wagenremise. Kurios ist seine fast
identische Kopie einer Hälfte des ebenfalls in Bülowschen Besitz befindlichen Bothkamper Torhauses. Das Datum 1781 im Granitsockel deutet möglicherweise auf das Erbauungsjahr des Torhauses.
Nordwestlich des Herrenhauses erstreckt sich ein
ausgedehnter Landschaftsgarten mit altem Baumbestand, Teich und Graben und einer künstlichen
Ruine von 1898/99. 1824 werden „Spatziergänge“
beschrieben, die an das Wohnhaus stoßen und
„mit dem Obstgarten in Verbindung stehen; nahe
am Westensee liegt der Küchengarten und ein Bosquet mit einem Gartenhause.“
Einen Kilometer westlich des Gutes lag auf beherrschender Anhöhe die vor 1806 errichtete, 1876
durch den Osdorfer Mühlenbauer Johann Hinrich
Matz neu erbaute Bosseer Windmühle mit nahebei
liegendem Gehöft. Alle Gebäude und die Zuwegung sind heute verschwunden, die Stätte ist übergepflügt. Auf halbem Weg liegt die frühere Meierei
mit dem stattlichen, reetgedeckten Wohnhaus, einem eingeschossigen Backsteinbau aus der Zeit
um 1800 mit jüngerem, übergiebeltem Frontispiz,
im Winkel dazu ein älteres Remisen- und Stallgebäude.
Historisches: Bothkamp ist aus dem mittelalterlichen Hof Bissee entstanden, der westlich vom
heutigen Herrenhaus angeblich im Bothkamper
See lag und seit dem 14. Jahrhundert der Familie
Pogwisch gehörte. Für 1322 ist Detlef Pogwisch
überliefert, 1500 Otto Pogwisch. Von ihm erwarb
zwischen 1531 und 1538 Johann Rantzau von
Breitenburg Bissee, kaufte Ländereien der säkularisierten Klöster Uetersen, Bordesholm und Segeberg hinzu und schuf den Hof thor Botkampe, eines der größten Güter in den Herzogtümern. Die
Herkunft des 1552 zuerst genannten Namens ist
nicht eindeutig, wobei Kamp das Landstück
meint.
Das neue Hofgelände lag natürlich geschützt am
Ostufer des Bothkamper Sees auf einem schmalen
Moränenhügel, der sich nach Norden in eine einst
unzugängliche Niederung schiebt. Hier errichtete
Rantzau wohl in den Jahren 1538 bis 1547 das erste
Renaissance-Herrenhaus in den Herzogtümern.
Auf Johann Rantzau, der noch 1559 den siegreichen Feldzug gegen die Dithmarscher führte, folgte
1565 sein Sohn Paul zu Erfrade. Die Rantzaus hielten das Gut bis 1647, als der letzte aus dieser Linie,
der berühmte Josias Rantzau, Marschall von Frankreich, nach einer Plünderung des Gutes durch die
kaiserlichen Truppen mit Bothkamp in Konkurs
ging. In den nächsten knapp 60 Jahren wechselte
das Gut mehrfach den Besitzer. Um 1700 wurde
das Herrenhaus, wie es heißt, weitgehend abgebrochen und neu errichtet. 1705 verkaufte Benedikta
Margaretha Gräfin Reventlow geb. Brockdorff
Bothkamp an Bendix von Ahlefeldt auf Quarnbek.
Er baute die beiden markanten Torhäuser, vermutlich auch das Herrenhaus und die später überformten Kavaliershäuser. 1763 kam das Gut im Erbgang
an den mit Bendix’ Tochter Ida verheirateten Johann Rudolph von Rumohr auf Hanerau und
Kronsburg. 1787 folgte ihr Sohn Heinrich von Rumohr, der schließlich 1812 Bothkamp seinem Neffen, dem Geheimen Konferenzrat Detlef Heinrich
von Bülow (1782–1855) vererbte. Bei den Bülows
ist es bis heute geblieben.
Bothkamp war bis ins 20. Jahrhundert mit einer
Fläche von rund 6000 Hektar eines der größten Güter in Holstein. Nach den beiden Weltkriegen wurden erhebliche Teile für Siedlungszwecke abgege-
Lage: Auf einer Halbinsel im
Bothkamper See, Kirchspiel
Kirchbarkau, Gemeinde
Bothkamp, Kreis Plön
ben. Zu Bothkamp gehörten 1908 die Meierhöfe
Siek, Altenrade, Alt-Bokhorst, Neu-Bokhorst, Neuenrade, Schönhagen und Ziegelhof, sowie die Dörfer Klein-Buchwald, Busdorf, Steinhorst, Dosenbek,
Schillsdorf, Langereihe, Rendswühren, Hüttenwohld, Schipphorst, Schipphorsterfeld und zahlreiche Einzelstellen. Bei Klein-Buchwald lag die
Bothkamper Mühle, ein Galerieholländer von
1801, der 1925 seinen Betrieb einstellte und nach
1950 abgebrochen wurde. Zu dem Mühlengehöft
gehörten Hökerei, Krug, Brauerei und Brennerei.
Heute ist hier ein Betrieb für landtechnische
Dienstleistung angesiedelt. Die Ziegelei des Gutes
lag in einem Waldstück bei Schönhagen.
Bothkamp, Stich von H. Henninges
1590
Blick von Nordosten, Lithographie
von A. Hornemann 1850 (LB)
89
Herrenhaus und nördliches
Kavaliershaus
unten rechts: Herrenhaus, Grundriss
des Erdgeschosses (Planarchiv LD)
Kieler Torhaus von 1711, Hofseite
90
Bauten: Von dem Renaissancebau Johann Rantzaus
sind heute, nach bisheriger Kenntnis, nur noch die
tonnengewölbten Keller geblieben. Fünf Terrakotten
an einem Bauernhaus in Kirchbarkau stammen von
der Fassade, die wohl von dem Lübecker Statius von
Düren gestaltet wurde. Über das Aussehen gibt der
Stich von Henninges um 1590 einige Aufschlüsse,
ebenso zeigen die etwas später entstandenen Schlösser in Wismar und Gadebusch Gliederungselemente
des Künstlers. Der Sohn von Johann, Heinrich Rantzau, bezeichnet das Herrenhaus als eines der schönsten aller holsteinischen Sitze. In einem Epigramm
lässt er Bothkamp selber sprechen: „Ich bin auf einem Bergrücken mit steinernen Säulen aufgeführt
und das edle Werk erstrahlt in italienischer Kunst
... Mein großartiger Bau übertrifft an Kunst und
Schönheit ... auch jeden adeligen Herrensitz“. Das
Wort italienisch darf man nicht wörtlich nehmen.
Es soll hier nur auf die neue Bauweise hinweisen,
besonders wohl im Gegensatz zu dem vom gleichen
Bauherrn auf Breitenburg errichteten dreifachen
Haus im alten Stil. Auffallend am Henninges-Stich
ist die horizontale Gliederung und Einfassung der
Fenster, ferner erstmalig am Giebel die Halbrundbögen, ein Motiv, das später am Neubau des Kieler
Schlosses ab 1558 wieder aufgenommen wurde. Das
Haus hatte über einem hohen Sockel zwei Geschosse mit einem hochgezogenen Mittelgiebel und be-
sonders betonten Seitengiebeln. Auf dem Dach saß
in der Mitte ein Dachreiter.
Gemäß einer Chronik soll um 1690 Hedwig von
Brockdorff in Verbindung mit ihrem Schwiegersohn
Baron Gyldenløve das Haus von Grund auf neu gebaut haben. Es ist fraglich, ob der Bau fertig wurde.
Heute schreibt man den Neubau eher Bendix von
Ahlefeldt zu. Von ihm heißt es, dass er den Hof mit
verschiedenen schönen Gebäuden vermehrte und
sehr ansehnlich machte. Bendix von Ahlefeldt war
ein Vetter des bekannten anderen Bendix auf Jersbek, des großen Förderers der Künste (s. dort).
Das damals neu errichtete oder auch nur erneuerte
Herrenhaus blieb bis in die Gegenwart äußerlich so
gut wie unverändert. Es ist ein zweistöckiger, verputzter Backsteinbau über hohem Keller auf einem
Sockel aus behauenem Granit. Ursprünglich war
das Gebäude sicher wie die Torhäuser ein roter
Ziegelrohbau. Die neunachsige Hoffront ist von
schmalen Rustikastreifen gerahmt, ebenso der
angedeutete dreiachsige Mittelrisalit. Das rundbogige Sandsteinportal hat eine Rahmung aus korinthischen Säulen mit Akanthusdekor in den Bogenfeldern und Vasenaufsätzen, darüber schmale
toskanische Pilaster, die das gerahmte Mittelfenster
hervorheben. Zu dieser etwas kleinteiligen Lösung
gehörten bis gegen 1960 engsprossige barocke
Kreuzstockfenster, die damals mit großflächigen
Flügeln versehen wurden. Die sandsteinerne Freitreppe mit Podest vor dem Portal trägt ein schmiedeeisernes Gitter von 1794. Über kräftigem Konsolgesims erhebt sich ein doppelfirstiges Walmdach
mit noch barocker Deckung aus schwarz glasierten
Pfannen, wie sie früher auf schleswig-holsteinischen Herrenhäusern verbreitet war. Ehemals zwei
volutengerahmte Satteldachgauben über der Hoffassade sind vor 1958 durch fünf modernere Gauben ersetzt worden. Zwei weit reichende Umbauentwürfe des Baumeisters Joseph Eduard Mose (s.
Altenhof) von 1860/62 blieben unausgeführt;
lediglich eine filigrane Holzveranda an der nördlichen Schmalseite entstand in dieser Zeit. Sie wurde 1958 abgebrochen.
Das Innere, angeblich auf den Kellern des RantzauBaus, die tonnengewölbt sind, wurde um 1786 der
Zeit entsprechend von Johann Adam Richter
modernisiert. Die Haupträume erhielten Stuckaturen, die dem Italiener Francesco Antonio Tadei zugeschrieben werden. Das Vestibül ist ausgestattet mit
Marmorfußboden und einer Pilastergliederung in
dorischer Ordnung samt Gebälk mit Triglyphenfries.
Der anschließende, gleichgroße Gartensaal hat ausgerundete Ecken und Ofennischen und eine Wandgliederung in der sogenannten Deutschen Ordnung
nach Leonhard Christoph Sturm, dazu Blüten- und
Fruchtgehänge, Idealporträtmedaillons, Supraporten mit Jahreszeitenallegorien und florale Deckenstuckaturen. Weitere Räume zeigen Deckenstuck
und stuckierte Ofennischen, das Kabinett nördlich
des Gartensaals mit klassizistischem Aufsatzofen,
darüber das Relief eines griechischen Philosophen,
an der Decke eine Sonne mit Strahlenkranz.
Vor dem Herrenhaus liegen zwei einander entsprechende Kavaliershäuser, eingeschossig, unter Satteldächern, auf hohen geböschten Sockeln und mit rustizierten Kanten, die im frühen 18. Jahrhundert
entstanden sind und am Ende des Jahrhunderts
überformt und verputzt wurden. Aus jener Zeit um
1790 stammen die Thermenfenster in den seitlichen
Giebeln und wohl auch die flachen Dreiecksgiebel
über den angedeuteten mittigen Eingangsrisaliten.
Der Wirtschaftshof ist im Gegensatz zu der üblichen
Anlage auf den Gütern nicht in der Achse des Her-
Großes oder Hamburger Torhaus
von 1714, Hoffassade
91
Literatur:
Gutsbeschreibung 1817
v. Schröder 1837 I S. 332
v. Schröder 1854 S. 191
Oldekop 1906 II S. 54
Heimatbuch 1928 S. 536
Hirschfeld 1935 S. 102
Inv. Kreis Eckernförde S. 169
v. Rumohr 1963 S. 44
v. Rumohr 1979 S. 233
Hirschfeld 1980 S. 187
Kunst-Top S.198
Laur 1992 S. 294
Dehio 2009 S. 930
Ohl 2013 S. 263
GRÜNHORST
Herrenhaus, Gartenseite
Torhaus, Durchfahrt
208
sie die Bewegung des abschließenden Gesimses
wiederholen. In korbbogiger Öffnung sitzt die originale, in kräftigem Relief aufwendig beschnitzte,
eichene Doppeltür mit Oberlicht. Deutlich und
traditionell zurückhaltender ist die Gliederung der
Gartenseite, immerhin mit Fensterfaschen und einer der Hoffront entsprechenden Dreiteilung der
Fassade lediglich mit flachen Rustikastreifen. –
Umbaupläne des Baumeisters Mose von 1892, darunter eine Variante mit zwei mächtigen Ecktürmen, blieben – wie in Bothkamp – unausgeführt.
An die westliche Schmalseite wurde 1910 ein Anbau in Höhe des Kellergeschosses mit großzügiger
Terrasse gefügt.
Das Innere birgt die kaum veränderte Rokokoausstattung, die sich auch auf die Wohn- und Nebenräume des Obergeschosses erstreckt mit qualitätvollen Rocailleboiserien, Fayence- und Gusseisenöfen. Die Raumaufteilung ist symmetrisch in
zwei Fluchten mit Eckkabinetten, untereinander
durch Enfiladen verbunden. Neben dem schmalen, schlicht holzvertäfelten Vestibül liegt linkerhand das Treppenhaus mit in C-Schwüngen geschnitztem Geländer an der vom Keller bis in den
Dachboden verlaufenden Treppe. In der Tiefenachse des Vestibüls öffnet sich der geräumige, annähernd quadratische Gartensaal, einer der
schönsten Räume des reifen Rokoko im Lande: die
Wandvertäfelung ist in schmale Felder gegliedert,
in denen abwechslungsreiche, sprühende Rocail-
leboiserien zierliche Rahmen bilden. Sogar auf Supraporten und Fenstergewände wurde das gleiche
Schnitzwerk übertragen. Von den beiderseits anschließenden Räumen hat der rechte, das Gelbe
Zimmer, eine ähnliche, etwas einfachere Täfelung
und einen schön bemalten Kieler Fayenceofen von
1767; der linke, das Esszimmer, zeigt um 1700 gewebte Brüsseler Gobelins, ovidische Metamorphosen darstellend, und einen Fayenceofen von
1729. Zwei bedeutende Brüsseler Gobelins um
1650 aus einer Serie „Pflichten des Herrschers“,
verbunden mit Jahreszeitenallegorien (Sommer
und Winter; Herbst-Gobelin in Schloss Glücksburg) befinden sich im Raum über dem Vestibül.
– Das gesamte, ungewöhnlich hohe Kellergeschoss
hat exakt gemauerte und verputzte Kreuzgratgewölbe, die an den Wänden auf flachen Pilastern
mit profilierten Kämpfern ruhen.
Westlich des Herrenhauses erstreckt sich ein geräumiger Landschaftspark mit einem Netz an gepflegten Wegen in locker bepflanztem Wiesengelände
und einem Bestand an seltenen alten Bäumen, als
Gruppen und Solitäre mit schönen Durchblicken,
nach Süden und Nordwesten mit Lindenalleen abschließend, nach Westen in Wald übergehend. Ein
Teehaus steht vielleicht an der Stelle eines 1817
überlieferten Pavillons aus Backstein, „mit Ziegeln
gedeckt, 35 Fuß lang, und 26 Fuß breit, worin 3
Stuben und 2 Kammern, mit 2 eisernen Oefen“
(Gutsbeschreibung 1817).
Historisches: Ehemals Meierhof von Sehestedt,
wurde Grünhorst („grüne Hölzung“) 1765 von diesem getrennt, an Johann von Brömbsen auf Hohenlieth verkauft und als adliges Gut privilegiert.
1799 erwarb es der Kammerherr und Major Andreas von Bernstorff, der 1823 in Konkurs geriet und
das Gut verkaufen musste. 1902 kaufte Edgar
Schröder aus Hamburg Grünhorst, bei dessen
Nachkommen es bis heute verblieben ist. – In der
Nähe fließt die Alte Eider, in der früher Fischereirechte bestanden. Zum Hof gehörten nach von
Schröder vormals eine Ziegelei und ein Armenhaus, ferner die Erbpachtstelle Lagenburg, früher
Carstenberg, auch Plönsruh genannt, an der Landstraße Gettorf-Sehestedt, die vermutlich schon Ende des 18. Jahrhunderts abgelegt wurde.
Bauten: Das Herrenhaus war 1837 „von Brandmauern und mit blauen Ziegeln gedeckt, im Jahre1769
erbauet und hat ein gewölbtes Souterrain“ (von
Schröder). Es scheint der bestehende Bau zu sein,
der dann vor 1927 von den Rendsburger Architekten Joerges & Wehde umgebaut wurde. Er stellt
sich dar als eingeschossiger, verputzter Backsteinbau von sechs Achsen mit hohem Krüppelwalmdach und firsthoch übergiebeltem Frontispiz, davor eine polygonal vortretende Veranda mit einem
Gerüst aus Säulen und breitem Architrav.
1820 gab es an der linken Seite des Herrenhauses
ein gleichfalls 1769 errichtetes Meiereigebäude, dazu ein älteres Kuhhaus von Fachwerk. 1799 waren
die große Scheune und ein Torhaus erbaut worden,
beides Mauerwerksbauten. 1864 brannte die Scheune ab und wurde in massiver Bauweise erneuert.
Vor und um 1900 wurden das Kuhhaus „ganz neu“
gebaut (Oldekop), später weitere Gebäude erneuert.
Noch heute steht vor dem Hof mit modernisierten
Details das 1925 errichtete Torhaus.
Oldekop berichtet von einem großen schönen Garten mit einem Laubengang von Hainbuchen.
Lage: Abseits der Landstraße
zwischen Gettorf und Sehestedt
in Richtung Nord-Ostsee-Kanal,
Kirchspiel Sehestedt, Gemeinde
Holtsee, Kreis Rendsburg-Eckernförde
Literatur:
Gutsbeschreibungen 1787, 1820, 1823
v. Schröder 1837 I S. 336
v. Schröder 1854 S. 192
Oldekop 1906 II S. 55
Laur 1992 S. 294
Herrenhaus, Hofansicht
209
GUDOW
Lage: Südöstlich von Mölln am
Gudower See, Kirchspiel und
Gemeinde Gudow, Kreis
Herzogtum Lauenburg
Kurhannoversche Landesaufnahme
von 1777, Ausschnitt (Kopie, Planarchiv LD)
Literatur:
v. Kobbe III 1837 S. 300
v. Schröder/Biernatzki I 1855 S. 444
Haupt IV S. 73
Oldekop 1908 IV S. 46
Kunst-Top. S. 339
Neuschäffer 1987 S. 131
Laur 1992 S. 295
Hist. Gärten S. 279
Dehio 2009 S. 343
Blick in die Tiergartenallee von
1716/17
Historisches: Godowe wird 1194 erstmals in den
Quellen genannt. Der Name kommt aus dem Altpolabischen und bedeutet „Ort des God“. Gudow
gehörte immer zu den bedeutendsten Gütern des
Landes und ist 1278 Witwensitz des Landesherrn,
des Herzogs von Sachsen (ab 1296 Sachsen-Lauenburg), doch 1334 wurde es von Marquard von Zecher erworben. Im 14. Jahrhundert existierte hier
eine Burg, die in fortwährenden Auseinandersetzungen mit dem Herzog mehrmals zerstört und
wiederaufgebaut wurde, zuletzt 1483 von den aus
Mecklenburg stammenden Bülows, die 1470 das
damalige Lehen von der Familie von Zecher übernommen hatten. Gudow blieb bis heute im Besitz
der Familie von Bülow. Mit dem Besitz Gudows war
das Amt des lauenburgischen Erblandmarschalls
verbunden, zunächst ein reines Hofamt, später ein
mehr landständisches, das mit der Leitung des
Landtages und der Vertretung der Ritterschaft wie
der Landschaft des Herzogtums eine starke politische Funktion beinhaltete. Diese währte bis 1882.
Bauten: Clemens von Bülow († 1537) hatte einen
ersten Wirtschaftshof angelegt, sein Sohn Franz von
Bülow (1523–1564) ließ die alte Burg abbrechen und
durch einen mächtigen Neubau ersetzen. Eine Skizze des 19. Jahrhunderts zeigt einen viergeschossigen
Bau mit vier Ecktürmen, doppelten Wällen und
Wassergräben zur Landseite, zwei „Blockhäusern“
und zur Wasserseite von doppelten Palisaden geschützt. Die Blockhäuser waren Festungstürme mit
Geschützen, die die Wälle und Zugbrücken bestreichen konnten. Um 1560 soll dieses aufwendige Gebäude vollendet gewesen sein, also noch vor den
210
bekannteren Schlossbauten des Gottorfer Herzogs
Adolf und den zahlreichen Herrenhäusern Heinrich
Rantzaus. Das eigenwillige Erscheinungsbild erinnert an die späteren Bauten in Tönning und Damp
(s. dort).Das Gebäude wurde bereits hundert Jahre
später wieder abgebrochen. Der Reitergeneral Jacob
von Bülow (1626–1681) musste im polnisch-schwedischen Erbfolgekrieg Gudow gegen feindliche Truppen verteidigen. Das damals und früher schon beschädigte Gebäude ließ er 1656 abtragen und durch
einen zweigeschossigen Fachwerkbau mit langen
Seitenflügeln ersetzen. Der Mittelflügel stand auf
hohem gequadertem Sockel, vielleicht ein Rest des
Renaissancebaus. Nach Darstellung der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1777 stand das 1665
neu errichtete Gebäude dicht am Seeufer und unmittelbar südwestlich des großen Speichergebäudes,
ausgerichtet auf die vom jetzigen Herrenhaus kommende Hauptzufahrt auf den Wirtschaftshof. An
der Stelle des Speichergebäudes muss der mächtige
Bau aus dem 16. Jahrhundert gestanden haben
Das bestehende Herrenhaus entstand 1826/28 für
Adolf Gottlieb von Bülow (1795–1841) nach Entwürfen von Joseph Christian Lillie, Lübeck, der
während der Bauzeit 1827 starb. Der Bauherr selbst
hatte den Platz für das neue Gebäude bestimmt:
abseits des Wirtschaftshofes am See, auf früherem
Gartengelände, mit einer neu gepflanzten Lindenallee als Zufahrt von Osten zwischen zwei baugleichen Torhäuschen, die gleichfalls von Lillie stammen. Der spätklassizistische Putzbau hat zwei
Geschosse über rustiziertem Kellersockel und ein
niedriges Walmdach, das auf Wunsch Bülows zustande kam – entgegen der Intention des Architek-
ten, der eine Lösung entsprechend dem Haus in
Knoop bevorzugt hätte (s. dort). Die Breitfront zum
See zeigt als Schauseite zwischen einachsigen angedeuteten Seitenrisaliten mit Hauptfenstern in
kräftigen Rustikarahmen das Erdgeschoss durch
Putzrillen betont und eine Blendbogenfolge gegliedert, die hohe Fenster mit Balusterbrüstungen und
eine schlichte Mitteltür unter ornamentalen Relieflünetten aus Stuck umschließt. Zur Tür führt eine
zweiläufige Rampentreppe auf ein halbrund ausbauchendes Podest. Über dem mittleren Frontabschnitt erhebt sich eine schmucklose Attika mit
Baudatum MDCCCXXVI. An der Gegenseite teilt
ein dreiachsiger, durch eine Attika abgeschlossener
Mittelrisalit die Fassade; die hier entsprechend geplante Treppe wurde nicht ausgeführt. Dafür entstand 1879 an der östlichen Schmalseite eine offene Säulenloggia mit zweiter Eingangstür.
Innen wird das querrechteckige Vestibül durch zwei
monumentale dorische Säulen beherrscht, die vor
einer flachbogigen Rückwand mit drei Doppeltüren
in Rundbogenrahmen postiert sind. Die Halbkreisfelder wie der Kreisabschnitt der Decke sind von Falttuchornamenten gefüllt. Die Decke des vorderen
Raumteils ist diagonal kassettiert mit kleinen Rosetten in den Feldern. Neben zwei, einander an den
Schmalseiten gegenüberliegenden, rechteckig gerahmten Türen sitzen im oberen Wandabschnitt fi-
gürliche Rundmedaillonreliefs. – Der Saal hinter dem
Vestibül hat Stucksupraporten (geflügelte Löwen)
und zwei runde Öfen. Rechts schließt der Runde Salon an mit Pilastergliederung und einer Flachkuppel
auf Konsolfries sowie vier Sitznischen. – Die Ausstattung des Hauses ist seit der Erbauung kaum verändert. 1860 wurden einige Dielenböden durch Parkett
ersetzt. Das gesamte Innere wurde 1988 bis 1992 res-
Herrenhaus, errichtet 1826–28 von
J. C. Lillie, Eingangsseite
Herrenhaus, Ansicht von Südosten,
Ölbild, um 1830 (Privatbesitz)
211
GÜLDENSTEIN
Torhaus von 1828
Hospital von 1704
212
tauriert und dabei die wesentlichen ursprünglichen
Raumfassungen nach Befund erneuert.
Die östlich des Herrenhauses den Beginn der Lindenallee flankierenden Torhäuser entstanden 1828
und 1829, rechts als erstes der ehemalige Kutschpferdestall, links im folgenden Jahr das Waschhaus.
Beide sind baugleich, kubische, anderthalbgeschossige Putzbauten mit kurzem Walmdach. Blendfel-
der, in denen die Haustüren sitzen, Wandstreifen
und Halbrundfenster im Halbgeschoss sind die
sparsame Zier, die zugleich deutlich auf Lillie als
Architekten weisen.
Gleichzeitig mit dem Bau des neuen Wohnhauses
ließ Adolph Gottlieb von Bülow ab 1826 einen
Landschaftspark anlegen. Hierbei half ihm der Ludwigsluster Hofgärtner Schweer. Auf ausgedehnten
Rasenflächen wurden heimische Gehölze gepflanzt, die man aus dem Ludwigsburger Schlossgarten, aus Nienstedten und aus dem nahe gelegenen Lehsen bezog. Auch der 1665 am Ostufer des
Gudower Sees angelegte Tiergarten wurde in den
Jahren 1827 bis 1831 landschaftlich umgestaltet.
– Zwei Alleen führen auf das Herrenhaus zu; die älteste, die sog. Tiergartenallee von 1716/17 (d), ist
mit Eichen bestanden. Parallel zur Hausfront und
durch die Torhäuser führt eine Lindenallee, die
wohl im Zuge des Herrenhaus-Neubaus angelegt
wurde. Rechtwinklig von Norden, also von der
Dorfstraße, trifft eine weitere Lindenallee unmittelbar vor den Torhäusern auf die Hauptallee.
Nördlich der Dorfkirche liegt das 1704 errichtete
sogenannte Hospital, ein eingeschossiger, lang gestreckter Backsteinbau mit Walmdach, in der Mitte
ein Türrisalit unter hohem Dreieckgiebel mit Wappen von Bülow und Bauinschrift.
Historisches: Das Gut Güldenstein ist eine nachmittelalterliche Gründung. Es entstand wahrscheinlich im Verlaufe des 16. Jahrhunderts gemeinsam mit dem benachbarten Petersdorf (s.
dort) aus Ländereien der alten Dörfer Deutschund Wendisch-Gneningen. Oldekop sah in Wendisch-Gneningen einen ehemaligen Edelhof.
1509 taucht der Name Guldenstein zum ersten
Mal in einer Urkunde auf. In Caspar Danckwerths
Landesbeschreibung von 1652 existierte der Ort
Gnenyn noch neben dem Hof Güldenstein, und
der frühere Name des an Güldenstein vorbei fließenden Baches, Kneiningsbek, weist ebenso auf
diesen Ursprung hin wie indirekt der Flurname
Ohldorp in der Güldensteiner Feldmark.
Im 15. Jahrhundert war das Geschlecht der Pogwisch im Besitz von Gneningen, später kamen die
Reventlows. Hinrich Reventlow verkaufte es vermutlich im Jahre 1584 an den Gottorfer Amtmann
Jürgen Sehestedt († 1618) auf Kluvensiek, Groß
Nordsee und Perdoel, der nach Henning von Rumohr den Namen Güldenstein endgültig für den
Hof einführte und ein erstes Herrenhaus erbaute.
Lage: Westlich von Lensahn,
Kirchspiel Hansühn, Gemeinde
Harmsdorf, Kreis Ostholstein
Unter den zahlreichen späteren Besitzern ragen
die reichen und baufreudigen Thienens hervor.
Wulf Heinrich von Thienen († 1708) auf Wahlstorf und Schinkel kaufte Güldenstein 1701, sein
Neffe Heinrich († 1737), der 1722 auch Grünholz
bei Thumby in Schwansen erwerben konnte (s.
dort), ließ in den Jahren 1726/28 von dem Eutiner
Hofbaumeister Rudolph Matthias Dallin das re-
Herrenhaus, erbaut 1726–28 von
R. M. Dallin, Hofansicht
213
LOUISENLUND
Lage: Am Südwestufer der inneren Schlei, die sich hier seenartig
zur ‚Großen Breite‘ erweitert,
Kirchspiel Haddeby, Gemeinde
Güby, Kreis Rendsburg-Eckernförde
Blick aus dem Park zum Herrenhaus,
Ölbild von J. Tüxen um 1860
(Museum Flensburg)
Ansicht vom Meierhof, Aquarell
von C. D. Voigts 1805 (LB)
348
Historisches: Im Mittelalter lag an der Stelle des
Wirtschaftshofes vermutlich eine Ziegelei, auf die
der spätere Name tom Tegelhoff schließen lässt.
Besitzer des nachmaligen Gutes waren im 16. Jahrhundert drei Brüder aus dem Geschlecht Sehestedt.
1563 wurde es an Herzog Adolf von Gottorf verkauft und diente einige Zeit der herzoglichen Hofhaltung als Vorwerk. Nach 1647 der Familie des
gottorfischen Oberhofmarschalls Ernst Christoph
von Günderoth überlassen, fiel es nach dem Tode
der letzten Familienangehörigen 1727 an den dänischen König, der sich zwischenzeitlich (1721)
der Schleswiger Anteile des Herzogtums bemächtigt hatte.
Landgraf Carl von Hessen (1744–1836) hatte schon
in jungen Jahren Karriere am dänischen Königshof
gemacht, war mit 20 bereits Generalmajor und ver-
mählte sich zwei Jahre darauf, 1766, mit der Prinzessin Louise, der Schwester König Christians VII.
Die Gunst des Monarchen machte ihn zum Vorsitzenden des Obersten Kriegsrates, Staatsminister
und Vizekönig von Norwegen. Hofintrigen veranlassten ihn jedoch schon kurze Zeit später, von allen Ämtern zurückzutreten und mit Einverständnis
des Königs die Statthalterschaft in den Herzogtümern als Nachfolger des Grafen Ludwig von Dehn
(s. unter Ludwigsburg) anzutreten. Seine lange
Dienstzeit von 1767 bis zu seinem Tode 1836 gab
dem alten herzoglichen Schloss Gottorf einen letzten Abglanz früherer Residenzzeiten zurück.
Als Sommersitz schenkte der König seiner
Schwester den Ziegelhof an der Schlei. Hier ließ
das landgräfliche Paar durch den aus Kassel gebürtigen späteren Landbaumeister Johann Hermann von Motz ein vergleichsweise schlichtes
Wohnhaus errichten. Louise war die Namensgeberin. Für die Anlage eines weitläu figen Parks
wurde der vorher auf Damp und Schierensee tätig
gewesene Johann Caspar Bechstedt gewonnen.
In der Abgeschiedenheit des ländlichen Anwesens konnte der Landgraf seinen freimaurerischen, später bisweilen spiritistischen Neigungen
nachgehen, die in Verbindung mit dem als Gast
auf Louisenlund weilenden Grafen von St. Germain skurrile Züge annehmen konnten.
1790 wurde in dieser ländlichen Idylle die Vermählung des Thronfolgers und nachmaligen Königs Frederik VI. mit der Tochter des Landgrafenpaares Marie So phie Friederike von Hessen
gefeiert. Vermutlich noch in den 90er Jahren
wurde das spätbarocke Wohnhaus durch Motz
bedeutend vergrößert und nördlich ein lang gestreckter Orangerieflügel angefügt. Spätere Umbauten durch Joseph Eduard Mose haben das Bild
nur unbedeutend verändert. Nach wie vor wird
das Gut in wesentlichen Zügen durch die landgräfliche Epoche geprägt, auch wenn nicht zu
übersehen ist, dass mittlerweile zahlreiche Neubauten seinen ursprünglichen Charakter verändert haben.
Louisenlund ging nach dem Tode des Landgrafen
1836 über die jüngste Tochter Louise Caroline von
Hessen im Erbgang an das Haus SchleswigHolstein-Sonderburg-Beck, aus dem die heutige,
jüngere Glücksburger Linie hervorgegangen ist.
Das Gut wird seit 1948 in großzügiger Weise als Internat (Stiftung) genutzt.
Bauten: Im heutigen sog. Schloss steckt der Ursprungsbau der siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts, ein eingeschossiger Backsteinbau von elf
Achsen mit zweigeschossigem übergiebeltem Mittelrisalit und durchfenstertem Mansarddach. Er
wurde vor 1794 um die Höhe des Mansardgeschosses aufgestockt, durch zweiachsige Seitenrisalite
vergrößert und erhielt ein neues, höheres Satteldach mit Krüppelwalmen. Das Gebäude ist heute
verputzt und weiß gestrichen, schlichte breite Freitreppen führen auf beiden Langseiten des Gebäudes ins Innere. Der von Doppelsäulen getragene
Balkon am Mittelrisalit der Gartenseite ist eine Zutat der Jahrhundertwende. Der vielteilige Anbau
an der nördlichen Schmalseite birgt die ehemalige
Orangerie mit Mittelpavillon.
Das Innere lässt trotz mehrfacher Umbauten die
Grundrissstruktur des Ursprungsbaues noch in
großen Zügen erkennen. Um die mittlere Eingangshalle an der Wasserseite und einen ehemals
wohl durch die gesamte Länge des Hauses laufenden Mittelflur gruppieren sich acht regelmäßige
quadratische Räume (zwei davon heute unterteilt)
und ein Gartenzimmer. Die Räume weisen schlichte Stuckelemente und Kaminnischen aus der Zeit
um 1800, einige wenige aus der Erbauungszeit
auf, dazu eine Reihe schöner klassizistischer Gusseisenöfen. Südlich der Diele liegt das Treppenhaus
mit frühklassizistischer Treppe, die mit drei Läufen in das Obergeschoss führt. Hier ist der Festsaal
zu nennen mit Stuckdecke und Kaminnische in
‚Schloss Louisenlund‘ von der
Wasserseite
Blick vom Herrenhaus auf die Schlei
349
Kavaliershaus von 1834
oben: ‚Glockenhaus‘ von 1854,
früher Küchengebäude
Baudatum mit Monogramm des
Landgrafen Carl am Kavaliershaus
350
Empireformen. Ein großer Raum der ursprünglichen Orangerie wird heute als Aula, Ausstellungsund Empfangssaal für das Internat genutzt.
Von dem in geometrischen Formen angelegten
Kernbereich des Bechstedtschen Gartens um das
Landhaus herum (ab 1772 errichtet) ist zur Schlei
hin ein regelmäßiges Rasenparterre mit Wegekreuz
erhalten bzw. wiederhergestellt. Im Zentrum der
mit Buchshecken gefassten Wege steht auf sandsteinernem Säulenstumpf eine Sonnenuhr in Form
einer Armillarsphäre, als Kopie des Originals von
J. C. Jürgensen aus Schleswig, angefertigt 1794 als
Geschenk der Residenzstadt zum 50. Geburtstag
des Landgrafen.
Südlich an das Rasenparterre anschließend liegt
ein ovales Lindenrondell, um das sich die älteren
Nebengebäude aus dem 19. Jahrhundert und jün-
gere Internatsbauten gruppieren. Das auf Granitquadern gelagerte Kavaliershaus, ein schlichter,
zweigeschossiger Backsteinbau von 1834 in spätklassizistischen Formen, mit breitem, flach überdachten Pfeilerportal, angedeuteten Seitenrisaliten
und sparsamen Akanthusfriesen, weist auf den Einfluss Christian Frederik Hansens hin.
Rechts daneben entstand 1854 das vermutliche,
von Oldekop erwähnte Küchengebäude (heute
„Glockenhaus“ genannt) als eingeschossiges Traufenhaus mit kräftigem, um ein Geschoss höherem
Mittelrisalit, auf dessen Giebel eine steile, dreiteilige Firstzinne mit Schallöffnung und Hofglocke
thront. Die Pfeilerverstärkungen der Gebäudekanten könnten auf einen frühen Entwurf des sehr
viel später auf Louisenlund tätig werdenden J. E.
Mose deuten. Der südlich anschließende ehem.
Marstall, ein zweigeschossiges Langhaus unter
Walmdach scheint der gleichen Zeit zu entstammen, wurde allerdings 1960 in nüchternen Formen umgebaut.
Die im weiteren Umfeld liegenden Parkbereiche
weisen Reste der freimaurerischen Ausstattung des späten 18. Jahrhunderts auf: nordwestlich des Schlosses
die zugewachsenen und verschütteten Trümmer des
ehemaligen Freimaurerturmes, der um 1780 errichtet wurde. Über einem kreisrunden Feldsteinsockel
erhoben sich drei Stockwerke in einer Scheinarchitektur aus verbretterten Holzgerüsten mit Putzbewurf. In dem steinernen Sockelgeschoss befand sich
ein gewölbter Keller (1918 zerstört). Hier soll der
Graf von St. Germain im Auftrag des Landgrafen
Carl seinen alchimistischen Neigungen nachgegangen sein. Ein monumentales ägyptisierendes Portal
vom Turm aus sandsteinernen Halbsäulen mit Lotuskapitellen und Sturzbalken ist heute an einem
der Nebengebäude vermauert.
Folgt man dem Weg vorbei am Standort des Turmes, gelangt man in einem entlegenen Winkel des
Parks zu der Louisensäule. Die schlanke korinthische Säule mit Sandsteinschaft und Marmorkapitell
über hohem Sockel mit der Aufschrift LOVISEN erinnert an die Landgräfin. Abseits im Süden steht
das Nordische Haus, ein Holzblockbau im norwegischen Stil, ursprünglich als Jagdhütte, seit 1868 als
Kapelle genutzt. Von zahlreichen Freundschaftsmalen erhalten ist nördlich der Hauptallee, am
Waldsaum jenseits des heutigen Sportplatzes ein
schöner sandsteinerner Obelisk aus dem Jahre
1790. Nicht weit davon findet sich ein 1804 errichteter Freundschaftsstein, beides Überreste einer
zu Ehren der Landgrafentochter errichteten Marienlaube.
Literatur:
Hirschfeld 1782 IV S. 175
v. Schröder 1837 II S. 32
v. Schröder 1854 S. 327
Oldekop 1906 II S. 82
Inv. Kreis Eckernförde S. 239
v. Rumohr 1963 S. 33
Hist. Stätten S. 153
Kunst-Top. S. 205
v. Rumohr 1979 S. 174
Laur 1992 S. 436
Hist. Gärten S. 410
Schlösser und Gutsanlagen S. 62
Dehio 2009 S. 341
Ohl 2013 S. 280
Freimaurerturm auf einer alten
Fotografie (Fotoarchiv LD)
Auf der Anhöhe westlich des Landhauses liegen
die auf die ältere Hofanlage des 17. Jahrhunderts
zurückgehenden Gebäude des Meierhofes, einer
kleinen regelmäßigen Anlage des späten 18. Jahrhunderts aus Wohnhaus, Scheune und Stall, sämtlich heute zur Unterbringung von Internatsschülern genutzt. Seitlich des Wohnhauses steht, mit
Glockentürmchen weithin sichtbar, eine kleine
ehem. Fachwerkkapelle.
Zum Gut gehörten früher das Katendorf Ahrensberg und das ehemalige Carlsstift, ein Armenhaus
von 1841, direkt an der Bundesstraße 76 gelegen,
ein langgestreckter, eingeschossiger Backsteinbau
unter reetgedecktem Krüppelwalmdach, an der
Nordseite mit geschweiftem Zwerchgiebel, darauf
in bekröntem Blendfeld die Inschrift CARLS-STIFT /
1841.
Zufahrtsallee
Obelisk von 1790
351
LÜBBERSDORF
Lage: Südlich von Oldenburg,
Kirchspiel und Stadt Oldenburg,
Kreis Ostholstein
Literatur:
Gutsbeschreibung 1851
v. Schröder 1841 II S. 87
v. Schröder/Biernatzki II 1856 S. 98
Oldekop 1908 VII S. 100
Laur 1992 S. 437
Herrenhaus von 1856, Gartenseite
352
Historisches: Die villa Lutbrachtesdorpe, das
„Dorf des Liutbert“, wird 1237 zum ersten Mal erwähnt. 1256 wird es in einem Tauschvertrag Lutbertesdorp geschrieben. Damals ging das von acht
Familien bewohnte Dorf in den Besitz des Lübecker Bischofs über. Vor 1440 wurden die Ländereien des älteren bischöflichen Hofes Kakediz,
westlich von Oldenburg, nach verheerenden
Überschwemmungen denen von Lübbersdorf zugeschlagen. 1623 wurden zahlreiche Besitzungen
des Stifts Lübeck dem Fürstbischof und Herzog Johann Friedrich (1579–1634) geschenkt, darunter
auch Lübbersdorf. 1706/07 (nach von Schröder
1708) kam es zur Niederlegung, das heißt gewaltsamen Zerstörung, der Dörfer Bollbrügge, Kremsdorf und Lübbersdorf, auf dem Land der davon
gejagten Bauern – angeblich waren sie „dem Trunke ergeben“ (von Schröder 1841) – wurden die
gleichnamigen Höfe errichtet. Später zählte Lübbersdorf zu den sogenannten jüngeren großherzoglich Oldenburgischen Fideikommissgütern
und wurde verpachtet. Heute gehört es der Familie
Korfmann. – Zum Gut gehörten Mitte des 19. Jahrhunderts eine Ziegelei, das Dorf Sipsdorf und
mehrere Einzelstellen.
LUDWIGSBURG
Bauten: „Der Hof liegt in einer Niederung, an einem ehemaligen Teich in einer baumleeren Gegend, ist aber nunmehr von hübschen Anlagen
umgeben“ schreibt Oldekop 1908. Noch heute ist
die Anlage geprägt von umfangreichen Resten der
früheren Hofgräben, die in den sichelförmig nach
Südosten sich um das Gutsgelände erstreckenden
„Hofteich“ münden.
Das Herrenhaus war 1856 „nur klein, einstöckig und
mit einem hohen Souterrain, von Brandmauern
erbaut und mit Pfannen gedeckt“ (von Schröder).
Oldekop berichtet 1908, dass das Gebäude 1861
auf jeder Seite um 5 m verlängert und weiß verputzt wurde. Gegenwärtig zeigt es sich mit dreiachsigen, anderthalbgeschossigen, flach übergiebelten Frontispizen (an der Hofseite nurmehr
angedeutet) und rückwärtig einer pilastergegliederten Veranda, die 1925 angebaut wurde. Der hohe, genutete Kellersockel ist mit kräftigem Gesims
in Höhe der Fenstersohlbänke des Hochparterres
abgeschlossen, die Fenster sind in spätklassizistischer Manier mit profilierten Faschen gerahmt und
profilierten Gesimsen mit Akroterienschmuck bekrönt (an der Eingangsseite beseitigt). Das flach geneigte Satteldach liegt auf einem Kniestock mit
ebenfalls profilierten seitlichen Ortgängen. Weitgehend erhalten, zeigt der Bau nur in der Eingangssituation – über breit angelegter Freitreppe – eine
etwas dürftige Vernüchterung.
Auf einem 1854 errichteten Kuhhaus, das bereits
10 Jahre später, nach einem Brand, erneuert werden musste, befand sich ein bemerkenswertes
technisches Wunderwerk: „eine gußeiserne Windmühle mit 6 hölzernen Flügeln, die sich selbst reguliren, eingerichtet, durch welche jetzt 2 Heckselmaschinen von verschiedener Construction, 1
Kornquetsche,1 Schleifstein, 1 Wasserpumpe, vermittelst deren die Kühe getränkt werden, außerdem 1 Dreschmaschine und 1 Sägewerk getrieben
werden“ (von Schröder 1856). Zwei mächtige
Drempelscheunen mit reicher Gliederung an den
nach Süden zum Hof gewandten Giebeln, Rundbogenfenstern und breiten, segmentbogig abgeschlossenen Einfahrtstoren zeigen als Maueranker
das Erbauungsjahr 1867.
Hinter dem Haus erstreckt sich nach Südosten ein
kleiner Landschaftspark bis zum Hofteich.
Historisches: Um 1400 soll die curia Cohovetia,
das frühere Kohöved in der Landschaft Schwansen,
Lehngut des Bischofs von Schleswig gewesen sein.
Der 1462 verwendete dänische Name Cohovede
bedeutet „Kuhhaupt“. Abgeleitet davon erscheint
der Name des Baches Kobek, der vermutlich bereits
im Mittelalter um das Gutsareal aufgestaut wurde.
Die ersten namentlich genannten Besitzer entstammten dem uradeligen Geschlecht der Sehestedt. Mit Beate Sehestedt, die 1564 ihren Bruder
Melchior beerbte und später Paul Rantzau von
Bothkamp heiratete, ging das Gut für ein Jahrhundert an die seinerzeit mächtigste Familie in den
Herzogtümern über. Beate Rantzau, geb. Sehestedt,
setzte der eigenen Familie und ihrem früh verstorbenen Ehemann an dem vermutlich von ihr erbauten Torhaus auf Kohöved ein bleibendes Denkmal
mit dem großen Sandsteinepitaph in Kreuzesform
über der Durchfahrt.
1672 kaufte Friedrich Christian von Kielmannsegg,
Sohn des Gottorfischen Kanzlers Kielmann von Kielmannseck, Kohöved. Seine Hinterlassenschaft ist die
berühmte „Bunte Kammer“ im Herrenhaus, die er
1673 als anspruchsvollen Gesellschaftsraum durch
eine anonyme Künstlerwerkstatt herstellen ließ.
Lage: In der Landschaft Schwansen an der Landstraße zwischen
Eckernförde und Waabs unweit
der Ostsee. Kirchspiel und
Gemeinde Waabs, Kreis
Rendsburg-Eckernförde
Es folgten mehrere kurzfristige Besitzerwechsel, bis
1729 Friedrich Ludwig von Dehn das Gut erwarb
und noch im gleichen Jahr mit einer weitgehenden
Erneuerung des veralteten Wohnhauses begann.
Dabei sorgte er für einen Wiedereinbau der Bunten
Kammer in allerdings etwas dezimierter Form.
Nach einer steilen Karriere als Diplomat im Dienste
des dänischen Königs wurde von Dehn Statthalter
für die königlichen Anteile in Schleswig und Holstein mit Sitz auf Gottorf. 1768 erhob der König
Die Burg Cohöved, Stich von
H. Henninges 1590
Herrenhaus von 1730, Hoffassade
Herrenhaus, Grundriss des Erdgeschosses (Planarchiv LD)
353
Herrenhaus des späten 16. Jh.,
Darstellung in der ‚Bunten Kammer‘
von 1673
ihn in den Grafenstand und gestattete ihm, Kohöved in „Ludwigsburg“ umzubenennen. Hier starb
er 1771. Im Erbgang gelangte Ludwigsburg an die
Familie von Ahlefeldt, bei der es bis 1950 verblieb.
Heutiger Eigentümer ist Wolfgang Carl. – Zu Ludwigsburg gehörten die Meierhöfe Karlsminde,
Lehmberg, Sophienhof, Rotensande, Waabs und
Hökholz. 1823 gab es eine Windmühle mit Müllerwohnhaus auf einer Koppel des Meierhofes Sophienhof und eine Wassermühle „am Burggraben
des Haupthofes“ (Gutsbeschreibung). In der sogenannten Glashölzung lag eine Ziegelei mit Ziegelscheune, Brennofen und mehreren Wohnhäusern.
‚Bunte Kammer“, Kaminrisalit
Bauten: Das jetzige Herrenhaus Ludwigsburg hatte
zwei uns bekannte Vorgängerbauten, die an gleicher Stelle standen und mit Teilen ihrer Fundamente, Mauern und Kellergewölbe in ihm aufgegangen
sind. Die Rantzau-Tafel von 1586 zeigt den ersten,
die Wasserburg COHOVETIA aus der Mitte des 16.
Jahrhunderts, als schmucklosen Bau von sechs Achsen Breite mit Satteldach und drei Zwerchhäusern.
Schon sehr viel aufwändiger tritt uns der Erweiterungsbau entgegen, der Bertram Rantzau, Beates
Sohn, zugeschrieben wird. Er soll nach 1590 errichtet worden sein. Als zweigeschossiges Doppelhaus
mit Treppenturm vertrat er einen damals gängigen,
wenn auch nicht mehr zeitgemäßen Bautypus. Auffällig war neben reich gestalteten Volutengiebeln
ein zweiter mächtiger Turm, asymmetrisch vor der
südlichen Giebelfassade, der mit zwei offenen umlaufenden Galerien und Zwiebelhaube entfernt an
chinesische Pagoden erinnerte.
Als mächtiger dreigeschossiger Backsteinbau mit
schwerem Mansarddach liegt das Herrenhaus mit
354
seinem aus großen Granitquadern errichteten Kellersockel in breitem Wassergraben, zugänglich über
einen gemauerten Damm, der im 19. Jahrhundert
eine Bogenbrücke ersetzte. Sandsteinlagen im Erdgeschossmauerwerk sind eine Reminiszenz an den
Vorgängerbau, dessen Material weitgehend wieder
verwendet wurde. Aus der Näher erst offenbart sich
die feine Oberflächenstruktur der Fassaden, die in
den Obergeschossen an der Eingangsseite eine
flach aufgelegte barocke Pilasterordnung zeigt.
Kaum mehr als Relief sind auch die übergiebelten
Mittelrisalite an Hof- und Gartenseite mit rustizierten Erdgeschossen und schlichten sandsteinernen
Säulenportalen.
Das Innere des Hauses birgt aus dem 18. Jahrhundert
noch zahlreiche Räume und Appartements, die qualitätvoll mit Kaminen, Boiserien, bemalten Leinwandbespannungen und Tapeten ausgestattet sind.
Von dem früheren Reichtum an Gemälden zeugen
unter anderem etliche Supraporten mit ländlichen
Szenerien und zwei große Staatsgemälde im Festsaal
des Obergeschosses. Die zentrale Eingangshalle ist
holzgetäfelt mit einer Gliederung durch wandhohe
korinthische Pilaster und mit Öländer Platten ausgelegt, ebenso der in der Mittelachse in holländischer Manier anschließende Gartenflur. Linker
Hand liegen Räume, die schon immer dem täglichen Wohnen dienten; zur Rechten betritt man das
durch alle Geschosse reichende Treppenhaus mit Régence-Balustrade. Im ersten Obergeschoss, dem ‚piano nobile‘, befinden sich die Räume, die repräsentativen Anlässen vorbehalten waren. Vom Treppenhaus gelangt man auf der Hofseite unmittelbar
in den ehemaligen Speisesaal, der heute eine jüngst
freigelegte Tapete aus der Mitte des 19. Jahrhunderts
mit dramatischen Szenen aus den französischen Kolonialkriegen in Nordafrika zeigt. Der auf der Gartenseite folgende Festsaal trägt frühklassizistische
Boiserien aus der Zeit um 1780, weiß mit sparsamer
Vergoldung, deren schlichte Gliederung aus Füllungsfeldern und rahmenden Doppelpilastern in
reizvollem Gegensatz zu älteren Rokoko-Schnitzereien an den verspiegelten Kaminrisaliten steht.
Zwei lebensgroße ganzfigurige Porträts Kaiser Karls
VI. und seiner Gemahlin in prachtvoll geschnitzten
Régencerahmen ergänzen das Bild.
Die Bunte Kammer von 1673 im Erdgeschoss ist der
bedeutendste Raum im Herrenhaus Ludwigsburg.
Er gewährt Einblick in das verschwundene Haus
des 17. Jahrhunderts. Mit ihrem wandhohen Getäfel aus 145 Ölbildern in einem Rahmenwerk ist
die Bunte Kammer ohne Vergleich im Lande. 25
weitere Tafeln befinden sich in der Bibliothek im
Obergeschoss. Ohne ein festes Programm dokumentieren die Darstellungen, die auf die zeitgenössische europäische Emblemliteratur zurückgehen,
eindringlich, wenn auch stets verklausuliert, die
geistigen und politischen Ambitionen ihres Initiators Kielmannsegg. Die Bildüberschriften sind in
den wichtigsten europäischen Sprachen der damaligen Zeit abgefasst. Auch die Themen der Bilder
sprengen den regionalen Rahmen. Nur eine kleine
Schicht von Gebildeten war damals in der Lage,
ihren rätselhaften Inhalt zu deuten.
Von den historischen Hofgebäuden der Gutsanlage
stehen heute – nach zwei Bränden 1858 und 1904
– nur noch Reste. Das halbrunde Krummhaus, vermutlich von Landbaumeister Johann Georg Rosenberg um 1740 errichtet, wurde 1967 abgebrochen. Nur die beiden Seitenflügel blieben erhalten.
Am südlichen schließt das Torhaus des 16. Jahrhunderts an, das in stark vereinfachter Form überkommen ist. Es erhielt nach dem Brand von 1904
an Stelle des vorherigen Walmdaches ein Mansarddach in Anlehnung an das Herrenhaus.
Das von Wassergräben umzogene Geviert des alten
Gartens hinter dem Herrenhaus geht auf eine Anlage des frühen 17. Jahrhunderts zurück. Reste barocker Lindenalleen und einzelne Baumgruppen
deuten seine Entwicklungsgeschichte an. Das Gartenhaus an der Westseite zeigt die Formensprache
des Krummhauses; sein flaches Dach ist nicht ursprünglich. Außerhalb der Gräben erstreckt sich
hier, zum Teil noch von hoher Backsteinmauer begrenzt, der ehemalige Küchengarten.
Am Ortseingang von Kleinwaabs liegen die verbauten Reste der Ludwigsburger Mühle, einem Zwickstellholländer von 1879, der 1905 abgebrannt ist.
Daneben existierte bis 1870 eine ältere Bockmühle.
Vor der Waabser Kirche liegt das noch heute zum
Gut gehörige Armenhaus, das Friedrich Ludwig von
Dehn 1730 errichten ließ, ein solider Backsteinbau
unter hohem Walmdach mit gerahmten Wandfeldern und fein profiliertem Gesims. Im Hausflur
hing früher ein gut gemaltes Porträt des Bauherrn
in zeitgenössischem Rahmen.
Südflügel des ehemaligen ‚Krummhauses‘ und Torhaus des 16. Jh.,
Feldseite
Literatur:
Gutsbeschreibung um 1823
v. Schröder 1837 II S. 32
v. Schröder 1854 S. 328
v. Schröder 1862 S. 72
Trap S. 651
Haupt I S. 183
Oldekop 1906 II S. 83
Lorenzen 1913 S. 37
Hirschfeld 1929 S. 82
Inv. Kreis Eckernförde S. 247
v. Rumohr 1963 S. 47
Kunst-Top. S. 205
v. Rumohr 1979 S. 267
Hirschfeld 1980 S. 57
Laur 1992 S. 401, 437
Hist. Gärten S. 426
Schlösser und Gutsanlagen S. 53
Dehio 2009 S. 949
355
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