JOURNAL 2 2014 Die DieMünchner MünchnerOpernfreunde Opernfreunde 33. Jahrgang Laudatio auf Ks. Brigitte Fassbaender Eine Laudatio auf Brigitte Fassbaender zu halten, klingt zunächst wie Foto: eh D ie Dramatisierung unserer erlebten Welt ist seit der Antike lebendig und dem Menschen offenbar ein Bedürfnis als Spiegel seiner Zeit, in Gleichnis und Metapher. (…) Die Freiheit der Meinung, die Freiheit jedes Einzelnen sind theaterimmanente Themen und ‚künstlerische Freiheit‘ oberstes Gebot.“ Diese Sätze könnten mit ihrer treffsicheren Gültigkeit in jedem Handbuch der dramatischen Kunst stehen. Ihr leidenschaftliches Credo wiederum lässt an ein so überzeugtes wie überzeugendes Bekenntnis denken. Sie entstammen einem Text, den Brigitte Fassbaender 2006 unter dem Titel Kann man mit Kunst etwas bewegen bzw. vermitteln? verfasst und als Rede gehalten hat, und sie offenbaren wenigstens drei Wesenszüge der hier und heute ausgezeichneten Persönlichkeit: ihren weiten geistigen Horizont, der über binnenmusikalische und gesangstechnische Problemfelder deutlich hinausreicht; den streitbaren Mut, der sich nicht in erworbenem Ruhm sonnt und in satter Zufriedenheit mit einer mehr als erfolgreichen Laufbahn zurücklehnt; endlich das Feuer, das hinter makellosen Formulierungen aller ihrer Schriftzeugnisse durchleuchtet. „Nirgends brennen wir genauer“, hat Ernst Bloch einmal über die Musik und Dramaturgie von Beethovens Fidelio geschrieben: Auch in Brigitte Fassbaenders vielfältigem Wirken wird dieser nur scheinbare Widerspruch zum leuchtenden Ereignis. Unser neues Ehrenmitglied: Ks. Brigitte Fassbaender eine recht leichte Aufgabe. Denn man könnte zu diesem Zweck bequem aus ihren zahlreichen Interviews exzerpieren, Lobreden aus berufenem Mund wiederholen, Daten ihrer Biographie sowie ihre Leistungen als Sängerin, Regisseurin und Intendantin chronologisch oder nach Merkmalen von Frequenz und Dominanz aufzählen. Ja selbst die schiere Nennung ihrer Auszeichnungen, Titel und offiziellen Würdigungen könnte einen wesentlichen Teil meiner Rede ausmachen. Doch mir erschiene dieses Verfahren zu banal, zu anspruchslos, anders gesagt: dieser unverwechselbaren ‚Gesamtkünstlerin‘ nicht angemessen. Ich wähle daher einen alternativen, zugegeben sehr subjektiven und individuellen Zugang zu meinem Sujet, bei dem persönliche Begegnungen und Hörerfahrungen als Leitfaden dienen mögen. Das Repertoire der gefeierten Sängerin aufzulisten, soll und muss eine archivarische Aufgabe außerhalb dieses Festaktes bleiben. In diesem Jahr, in der Stadt München und bei unserem besonderen Anlass an ihre Strauss-Partien zu erinnern, soll jedoch als kleiner, aber aufschlussreicher Teil ihrer Künstlerbiographie, quasi als pars pro toto, gestattet sein. Ein bezeichnendes Merkmal ist dabei die schrittweise Eroberung von Figuren und Werken. Dass sie im Rosenkavalier von der dritten adeligen Waise über Annina zur Titelrolle des Octavian aufgestiegen ist, mag man noch als typische Expansion und Eroberung des ersten Faches betrachten. Dass sie diese Traumrolle mancher Sängerin nicht aus stimmlichen Gründen, sondern als Resultat eines inneren Reifungsprozesses freiwillig zurückgelegt hat, ist einer Erwähnung wert – freilich mehr noch die Tatsache, dass Frau Fassbaender dank ihrer reichen Erfahrung mit der Partitur und dem Personenarsenal dieser Oper als Spielleiterin die ersten Schritte ihrer zweiten Karriere gesetzt hat. Der Wechsel vom Pagen zur Herodias in Salome wiederum beschreibt zugleich eine Bruchlinie der Charaktere: hier eine Liebestragödie in nuce, dort das Portrait einer verwitterten, zur Widerwärtigkeit verhärteten reifen Frau. Als Clairon in Capriccio konnte die Mimin die Attitüden einer Schauspielerin, einer professionellen Künstlerin LAUDATIO IN H ALT 1-3 Laudatio auf Brigitte Fassbaender 4 Vorschau Künstlergespräche 5 Vorschau KulturZeit und Wanderungen 6 Danielle de Niese 7-8 Wilfried Hiller 9 Alex Esposito 10-11 Zu Haus bei Strauss 12 Opernstudio 13 Il Pirata in Landshut 14-15 Rossinis Guillaume Tell 16-18 Teatro La Fenice und Gedenktage 19 Hertha Töpper zum 90. Geburtstag 20 Münchner Straßen II IMPRESSU M © Copyright: Vorstand des Interessenvereins des Bayerischen Staatsopernpublikums e.V. (IBS) – Die Münchner Opernfreunde Postfach 10 08 29 | 80082 München Redaktion: Ulrike Ehmann (verantw.) [email protected] Gestaltung: Ingrid Näßl Das IBS Journal erscheint viermal jährlich. Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Jahresabonnement für Nichtmitglieder € 15,- (einschl. Zustellung). Anzeigen-Preisliste Nr. 7, gültig seit 1. Dezember 2008 Gesamtherstellung: Druck & Medien Schreiber GmbH Kolpingring 3 | 82041 Oberhaching Vorstand: Jost Voges | Monika Beyerle-Scheller | Ulrike Ehmann | Hans Köhle | Helga Schmöger | Eva Weimer Ehrenmitglieder: Heinrich Bender|Inge Borkh|Brigitte Fassbaender|Edita Gruberova| Sir Peter Jonas | Hellmuth Matiasek | Aribert Reimann | Peter Schneider | Peter Schreier | Peter Seiffert 2 im Milieu beflissener Dilettanten ausspielen. An der vielleicht voraussetzungsreichsten Bühnenfigur des Tandems Strauss - Hofmannsthal, der Amme in der Frau ohne Schatten, mögen sie und ihr Publikum die mephistophelischen Züge, das Konglomerat aus Zynismus, Menschenverachtung und fürsorglicher Belagerung ihres Schützlings fasziniert haben. Versäumt habe ich die Sängerin in einer mir sehr lieben Operngestalt, dem ‚mozärtlichen‘ Komponisten im Vorspiel zu Ariadne auf Naxos! Den Balanceakt zwischen Euphorie und Depression, den Umschwung von ästhetischem Anspruch zu allzu menschlichen Gefühlen hätte ich akustisch und optisch gern erlebt. In lebendiger Erinnerung, durch mehrfache Beschäftigung mit der Videoaufzeichnung vertieft und aufgefrischt, ist mir dagegen Brigitte Fassbaenders Interpretation der Klytämnestra in Elektra. Im Einklang mit Harry Kupfers szenischer Deutung stellt sie keine boshafte Furie auf die Bühne, vielmehr eine vom Schicksal gezeichnete Frau, traumatisiert und auf sich zurückgeworfen, die ihre innere Zerrüttung mit dicker Schminke übertüncht und um die Zuwendung ihrer Tochter geradezu bettelt. Ich habe soeben von Rollen der Künstlerin gesprochen, die ich – beruflich an meine akademischen Wirkungsstätten gebunden – leider nicht authentisch erleben konnte. Zu diesen schmerzlich empfundenen Lücken und Defiziten zähle ich ihre Eboli, ihre Amneris und die Marie in Alban Bergs Wozzeck. Im Rückblick auf eine Verfilmung unvergesslich ist mir hingegen die Gestaltung der Charlotte in Jules Massenets Werther im manifesten Zwiespalt zwischen strenger Erfüllung ihrer familiären Rolle und mühsam beherrschter Empathie sowie emotionaler Hingabe. Brigitte Fassbaender hat sich als Lehrerin und Leiterin von Meisterkursen einen legendären Ruf erworben. Eine Vielzahl ihrer ehemaligen Schützlinge auf den Bühnen und Konzertpodien der Welt bezeugt den Wahrheitsgehalt dieser Aura. Ich selbst durfte einmal als Zaungast in Garmisch ihrem Unterricht beiwohnen: Das viel gebrauchte Schlagwort von ‚wohlwollender Kritik‘ (oder auch umgekehrt: von ‚kritischem Wohlwollen‘) hat dabei in meiner Wahrnehmung fassbare, konkrete Form gewonnen, also den notorischen ‚Sitz im Leben‘ erhalten. Die Regiearbeit der heute Geehrten habe ich erst spät und nur in bescheidenen Auszügen kennengelernt: gerade vor wenigen Tagen in Benjamin Brittens Albert Herring an der Wiener Volksoper, vor knapp zwei Jahren bei Falstaff am Tiroler Landestheater. Die rundum stimmige Wiener Produktion hält eine schöne Mitte zwischen großer Linie und liebevollem Detail. Der Blick auf das merkwürdige, im Charakter verbogene und verschrobene Personal des Stückes geriet diagnostisch, nüchtern, zugleich aber keineswegs ätzend, sondern durch liebevolles Augenzwinkern gemildert: Die Welt erschien dabei nicht heil, sehr wohl aber heilbar. In Brigitte Fassbaenders szenischer Arbeit wird der prekären Situation des heutigen Theaters gebührend Rechnung getragen – weder mit eskapistischer Arroganz noch mit willfähriger Verneigung vor einer Spaßgesellschaft. Sie strebt den Aufschlusswert für die Gegenwart nicht mit penetrant aufgetragener, aufdringlicher Aktualität an. Denn T-Shirts, Jeans und Trenchcoats sind noch keine sicheren Garanten für persönliche Betroffenheit im Publikum; umgekehrt kann gerade das historische Ambiente, die gesuchte äußere Distanz nachdrücklich auf Probleme unserer Zeit weisen: Die Bühne soll verzaubern und keine Neuauflage von Tagesschau oder Zeitmagazin vortäuschen. Das Wunder der Verwandlung erfordert Dringlichkeit und Triftigkeit, die uns die Regisseurin Fassbaender in reichem Maße zuteilwerden lässt: Sie ist für ihre Zuschauer Weg und nicht Wegweiserin. LAUDATIO Im ersten Bild der Innsbrucker Falstaff-Inszenierung überrascht zunächst das Milieu eines britischen Clubs, in dem der abgehauste Aristokrat dürftig, aber nicht ohne Standesdünkel Hof hält. Damit wird visuell wie ideell eine stimmige Brücke zwischen fiktiver Vergangenheit und realer Moderne errichtet. Apropos Falstaff: In einem klugen Essay bringt die Regisseurin die schillernde Diskrepanz zwischen Schwäche und Größe der Titelfigur, ihr oszillierendes menschliches Profil auf den Punkt: „Er denkt z. B. nach über ‚die Ehre‘ (…) Aber auch über seine Körperlichkeit, die ihm nicht Last oder Ballast ist, sondern quasi ein Statussymbol, eine umwerfende, überrumpelnde Körperlichkeit, die seine Genusssucht ihm auferlegt hat. Er trägt und erträgt sie mit Grandezza, ja geradezu Stolz. Ein ‚Depot der Anmaßung‘, ein ‚Körperphilosoph‘. Ein gewitzter, intelligenter, selbstbewusster Kerl, der sich für unwiderstehlich hält, was seine einzige Dummheit ist.“ An dieser Stelle meiner Laudatio habe ich die Schriftstellerin Brigitte Fassbaender erreicht, in deren Selbstverständnis Sprache mehr bedeutet als ein wohlfeiles Mittel der Alltagskommunikation. Diese ist vielmehr eine genuine Facette ihres Künstlertums, eine ‚Verdichtung‘ (in doppelter Lesart!) ihrer kreativen Auseinandersetzung mit Stoffen und Gestalten, ihrer geistigen Annäherung an und Aneignung von Werken der Bühne und darüber hinaus. Dass sie bereits in der Schule gute Aufsätze geschrieben hat, glaubt man ihr aufs Wort: Ihre Ausdrucksweise ist so sinnig wie sinnlich, ihre verbale Kraft ist stets beispielhaft, bisweilen sogar beispiellos. An zwei Texten zu Opern, die auch mir viel bedeuten, möchte ich diese Tugend abschließend knapp beleuchten. In einem Essay, Ein Traum von Liebe, räumt die Autorin zunächst gründlich mit dem Vorurteil auf, die Strauss-Oper Arabella sei eine eher triviale Operette oder mit anderen Worten: ein ‚Sklerosenkavalier‘. In schlüssiger Analyse betrachtet sie das Ensemble der handelnden Personen; ihr freundlicher Blick ruht dabei auf der – oft missverstandenen – Protagonistin und ihrem kongenialen ‚Lebensmenschen‘ Mandryka: „Arabella ist eine souveräne junge Frau, die die Fähigkeit hat, über sich und das Leben nachzudenken, ein rationaler, kompromissloser Mensch, bereit zum Aufbruch in eine große Liebe.“ Über die mitunter bestaunte, gar als veraltet belächelte Phrase „Und du sollst mein Gebieter sein“ schreibt Brigitte Fassbaender: „Aber diese ‚Unterwerfungsgeste‘ ist doch nur Hingabe an den Menschen, den sie als Partner für sich anerkennt und akzeptiert.“ Von dieser Gestalt heißt es endlich: „Er ist verletzbar, und Arabellas seelische Konstruktion versetzt sie in die Lage, diese Verletzbarkeit richtig einzuordnen und sein Verhalten zu verzeihen. Mandrykas Selbstwertgefühl steht auf tönernen Füßen; diese Frau, diese EINLADUNG Zur ordentlichen Mitgliederversammlung am Mittwoch, dem 21. Mai 2014 um 19.00 Uhr im Millerzimmer des Münchner Künstlerhauses am Lenbachplatz Partnerin wird ihm helfen, es wiederzufinden, es auszubauen.“ Solche Aussagen sind ein Angebot, keine Anbiederung an den Leser und an das Publikum einer Opernproduktion, wie es auch die Studie zu Debussys Pelléas et Mélisande demonstriert. Ich beschränke mich auf die Aussage über die filigrane titelgebende Frauengestalt im Netzwerk ihrer dramaturgischen Beziehungen: „Wenn man über Mélisande spricht, über sie nachdenkt, drängen sich die anderen dazwischen. Sie ist nie allein, aber unendlich einsam. Golauds Eifersucht ist immer greifbar; Arkel sucht und tastet nach ihr; Yniold schmiegt sich an sie, sucht ihre Wärme und Zärtlichkeit, Geneviève beobachtet sie fragend – wer bist du, Mélisande? Und sie kann es nicht sagen, sie hat keine Worte für sich, kaum für andere.“ Ich ende nicht – denn das würde ein Fertigwerden mit meiner Aufgabe meinen –, sondern ich höre auf, breche aus Zeitgründen ab. Und ich folge dabei in leicht verändertem Wortlaut jener Passage, mit der Brigitte Fassbaender ihren Liebesbrief an Franz Schubert ausklingen lässt: „Ich muss jetzt schließen, der Text wird zu lang. Lassen Sie mich ganz einfach meinen Dank abstatten, der umfassender ist, als sich hier und je in Worten sagen lässt. Ich grüße Sie in größter Verehrung und Bewunderung, nein – Liebe.“ Laudatio von Prof. Oswald Panagl, gehalten am 24. Februar 2014 anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des IBS – Die Münchner Opernfreunde an Prof. Dr. h.c. Ks. Brigitte Fassbaender TAGESORDNUNG 1. Genehmigung des Protokolls der letzten Mitgliederversamm- lung vom 8. Mai 2013 (Das Protokoll liegt für Sie zur Einsichtnahme am Eingang bereit) 2. Berichte des Vorstands mit anschließender Aussprache 3. Bericht der Kassenprüfer 4. Entlastung des Vorstands 5. Neuwahl der Kassenprüfer 6. Anträge: Schriftliche Anträge werden gemäß § 12/1 der Satzung bis spätestens 7. Mai 2014 erbeten. 7.Verschiedenes Mit herzlichen Grüßen Der Vorstand 3 VERANSTALTUNGEN KÜNSTLERGESPRÄCHE KÜNSTLERGESPRÄCHE KÜNSTLERGESPRÄCHE Ks. Anna Tomowa-Sintow Die bulgarische Sängerin ist an allen bedeutenden Opern- und Konzerthäusern der Welt aufgetreten. Eine besonders enge künstlerische Verbindung hatte sie zu Herbert von Karajan. Neunzehn Festspielsommer lang trat sie in Salzburg auf, vor allem in Mozart- und Strauss-Opern. In München konnte man sie als mondäne Marschallin im Rosenkavalier und in Liederabenden bewundern. Mit der Saburowa in Rimsky-Korsakows Zarenbraut in Berlin glückte ihr im letzten Jahr der Sprung ins Charakterfach. Sonntag, 13. April 2014, 15.00 Uhr Moderation: M. Beyerle-Scheller Dr. Claudia Küster gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen, auf ihren Arbeitsplatz im Künstlerischen Betriebsbüro der Bayerischen Staatsoper. Sie ist die Leiterin des Probenbüros – ein aufregender Job, der ein unglaubliches Organisationstalent und eine ausgefeilte Logistik erfordert. Für etwa vierhundert Aufführungen und zehn Neuproduktionen pro Spielzeit ist sie verantwortlich. Freitag, 6. Juni 2014, 19.00 Uhr Moderation: N.N. Joseph Calleja startete seine Karriere mit 19 Jahren in seiner maltesischen Heimat als Macduff im Macbeth. Seither singt er an den großen internationalen Opernhäusern und gehört zu den führenden Tenören seines Faches. An der Bayerischen Staatsoper, wo er bei den Festspielen 2014 als Macduff und Alfredo Germont in La Traviata zu hören sein wird, ist er ein regelmäßiger Gast. Samstag, 5. Juli 2014, 19.00 Uhr Moderation: Gisela Schmöger Stammtisch im Bräustüberl (1. Stock) des „Hofbräuhauses“ am Platzl Sonntag, 15. Juni 2014, ab 12.30 Uhr Ivy Amista stammt aus Sao Paolo, Brasilien, und studierte an der dortigen Camilla Ballett-Schule. 2001 erhielt sie ein Stipendium, um in München an der Ballettakademie/Heinz-Bosl-Stiftung ihre Ausbildung zu beenden. Nach ihrem Examen wurde sie zur Spielzeit 2001/02 ins Bayerische Staatsballett übernommen. Im Herbst 2005 erhielt sie den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Tanz. Jetzt gratulieren wir ihr ganz herzlich: Zur Spielzeit 2014/15 wurde sie zur 1. Solistin ernannt. Samstag, 3. Mai 2014, 19.00 Uhr Moderation: Gisela Schmöger Aus Anlass der Wiedereröffnung des Nationaltheaters im November 1963 legte die Deutsche Bundespost eine 20-Pfennig-Sondermarke auf. 30 Millionen Marken wurden gedruckt, Ausgabetag war der 6. Mai 1964. Diese Sondermarke nach einem Entwurf von Heinz Schillinger war bis zum 31. Dezember 1966 gültig. Mitgliederversammlung 2014 Mittwoch, 21. Mai 2014, 19.00 Uhr s. Einladung auf Seite 3 Alle Veranstaltungen, soweit nicht anders angegeben: Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz Kasse und Einlass jeweils ½ Std. vor Beginn Eintritt: Mitglieder 5,- €, Gäste 8,- € Jahresabo: 30,- € Schüler und Studenten zahlen die Hälfte. IBS – Interessenverein des Bayerischen Staatsopernpublikums e. V. – Postfach 10 08 29, 80082 München Tel. (089) 300 37 98 – Fax (089) 74 16 00 85 – Bürozeiten: Montag – Mittwoch – Freitag 10-13 Uhr [email protected] – www.opernfreundemuenchen.de Bankverbindung: Postbank München IBAN: DE41700100800312030800 BIC: PBNKDEFF 4 VERANSTALTUNGEN KULTURZEIT KULTURZEIT WANDERUNGEN Ein Tag bei Kurfürst Max Emanuel Das Gesamtkunstwerk des „bayerischen Versailles“ an einem Tag Vormittag: Altes und Neues Schloss Schleißheim. Mittagspause in der Schlosswirtschaft. Nach dem Mittagessen Spaziergang durch den Schlosspark mit den wieder original angelegten barocken Blumenrabatten, Besichtigung Neuer Stall, Renatuskapelle und Schloss Lustheim. Dienstag, 27. Mai, 10.00 Uhr Treffpunkt: 10.00 Uhr in der Kassenhalle Kosten: 25,- € (alle Führungen und Eintritte, Sendeanlage) Führung: Monika Babl M.A. Leitung: Eva Weimer S1 Marienplatz Richtung Freising ab 09.20 Uhr Verbindliche Anmeldung im IBSBüro ab 12. Mai, per E-Mail ab 5. Mai Zum 150. Geburtstag von Richard Strauss: Besichtigung und Führung durch die von Emanuel von Seidl für Richard Strauss erbaute Jugendstilvilla in Garmisch-Partenkirchen. Danach gemeinsames Mittagessen. Anschließend: Führung durch das Richard-Strauss-Institut in Garmisch-Partenkirchen Dienstag, 24. Juni 2014 Kosten: Eintritt Institut 3,50 € plus Bayernticket Leitung: Jost Voges München Hauptbahnhof ab 09.32 Uhr mit RE 5415; Ankunft GAP: 10.54 Uhr Verbindliche Anmeldung im IBSBüro ab 11. Juni, per E-Mail ab 4. Juni Samstag, 10. Mai 2014 Saulgrub – Soier See – Saulgrub Gehzeit: ca 3 ½ Stunden Führung: H. Kühnel (089) 755 91 49 München Hauptbahnhof ab 08.32 Uhr Saulgrub an 10.06 Uhr (Umsteigen in Murnau) Einkehr nach 2 Stunden im „Fischerhäusl“ am See in Bad Bayersoien. Anmeldung erforderlich (Bayernticket) Die E-Mail-Anmeldungen zu unseren KulturZeit-Veranstaltungen werden nicht bevorzugt behandelt, sondern dienen dazu, das Büro-Telefon am Anmeldetag zu entlasten. Maigrüße anno 1901 Samstag, 14. Juni 2014 Olching – Emmering – Fürstenfeldbruck an den Amperauen Gehzeit: ca. 3 Stunden Führung: Ingrid Näßl (08142) 498 55 (Handy: 0160-90 23 15 55) S3 Marienplatz Richtung Mammendorf/Maisach ab 09.34 Uhr Olching an 10.01 Uhr Einkehr nach ca. 2 ¼ Stunden im Gasthaus „Alter Wirt“ in Emmering Samstag, 12. Juli 2014 Von Kochel über das Walchenseekraftwerk und den Felsenweg nach Schlehdorf Gehzeit: ca. 3 Stunden Führung: M. Greczmiel (089) 84 37 77 (Handy 0179-201 71 09) München Hauptbahnhof RB nach Kochel ab 09.00 Uhr Pasing ab 09.07 Uhr Kochel an 10.08 Uhr Einkehr nach 2 Stunden im „Landgasthaus Fischerwirt“. Rückfahrt alternativ mit dem Schiff nach Kochel, dann RB nach München oder Bus und RB. Anmeldung erforderlich (Bayernticket) Jeder Teilnehmer unternimmt die Wanderungen auf eigene Gefahr. Eine Haftung für Schäden wird nicht übernommen. Kaum ist der Mai gekommen, gehen die Maikäfer auf Exkursion. Einige Münchner Maikäfer haben dabei das Nationaltheater im Gepäck. – Dieser Gruß aus München ging am 26. April 1901 nach Wasserburg am Inn, an Hermann Hahn, kgl. Rentamt. 5 ZU GAST BEIM IBS Ein ungewöhnlicher Fall „Ich bin ein ungewöhnlicher Fall“, bekennt die glänzend aufgelegte quirlige Sopranistin lachend, „aber nicht im negativen Sinn.“ Ihre Begabung begann sich ungewöhnlich früh abzuzeichnen. Schon als Einjährige konnte sie das, was die Mutter ihr vorsang, intonationssicher nachsingen. Als sie sechs Jahre alt war, bekam sie Ballett- und Gesangsunterricht und lernte Jazz-, Stepp- und Modernen Tanz. Weil sie von klein auf in sich so große Lust verspürte zu tanzen, zu spielen und zu agieren, Leuten etwas vorzuführen, sog sie alles auf wie ein Schwamm. Mit sieben kamen Klavierunterricht, Musiktheorie und Kontrapunkt hinzu. Doch das größte Talent nützt nichts, wenn es nicht gefördert wird, meinten ihre aus Sri Lanka stammenden Eltern, und sorgten dafür, dass die Achtjährige eine fundierte klassische Gesangsausbildung erhielt. Um die hochbegabte Tochter optimal zu fördern, übersiedelte die Familie 1989 von Melbourne nach Los Angeles. Mit zwölf Jahren erhielt Danielle de Niese als singender und moderierender Star einer US-amerikanischen Fernsehshow einen Emmy. Drei Jahre später trat sie erstmals an der Los Angeles Opera auf, und noch bevor sie ihren Abschluss am Mannes College of Music in New York machen konnte, gab sie mit 19 Jahren als Barbarina in Le nozze di Figaro ihr Debüt an der Met. Heute ist sie einer der großen Stars der internationalen Opernszene. 6 Während die meisten Sänger ihre ersten Bühnenerfahrungen mit zwanzig oder gar dreißig sammeln, musste sie alles, was sie während ihrer Ausbildung gelernt hatte, sofort auf der Bühne umsetzen und sich dort behaupten. Sie ist im Scheinwerferlicht erwachsen geworden, unterstützt vom Publikum, erzählt sie, und hat gelernt, mit dem Erwartungsdruck umzugehen. Obwohl ihre junge Stimme seit einiger Zeit an Volumen gewonnen hat, hat sie erst letztes Jahr Donizettis Norina in ihr Repertoire aufgenommen. Sie ist sehr vorsichtig und nimmt Partien erst dann an, wenn sie sich bereit dazu fühlt, nicht Jahre im Voraus. Foto: Jost Voges I m Oktober 2008 war sie erstmals in München, um den ECHO Klassik als „Newcomerin des Jahres“ entgegenzunehmen. Im Januar dieses Jahres debütierte Danielle de Niese an der Bayerische Staatsoper in der Titelrolle von Cavallis La Calisto und nahm sich zwischen den Aufführungen Zeit für ein Künstlergespräch beim IBS, das Michael Atzinger so umsichtig wie beschwingt leitete, mühelos zwischen dem Deutschen und dem Englischen hin und her wechselnd. Danielle de Niese Ein entscheidendes Jahr in ihrer rasant verlaufenden Karriere war 2004. Sie war eingeladen worden, im südenglischen Glyndebourne für die Rolle der Adele in der Fledermaus vorzusingen. In Paris verpasste sie ihren Flug nach London, weil der Taxifahrer sie zum falschen Terminal gebracht hatte. Sie musste sich ein neues Ticket kaufen, doch dieses galt nur für den Flug nach Heathrow. Von dort aus fuhr sie mit dem Bus nach Gatwick und nahm dann den Zug nach Glynde- bourne, wo sie im strömenden Regen eine Viertelstunde vor ihrem Vorsingtermin eintraf und mit ihren High Heels durch eine aufgeweichte, von Schafen bevölkerte Wiese zum Festspielhaus waten musste. Das Vorsingen klappte trotzdem, und sie bekam einen Vertrag. Doch statt der Adele 2006 sang und tanzte sie 2005 in Glyndebourne mit unglaublich großem Erfolg die verführerische Cleopatra in Händels Giulio Cesare in Egitto in der spektakulären Bollywood-Inszenierung von David McVicar. In Glyndebourne fand das australisch-amerikanische Temperamentsbündel auch den Mann fürs Leben: Im Dezember 2009 heiratete sie Gus Christie, den Leiter des Opernfestivals. Das Eheglück (vier Stiefsöhne) vervollständigt ein Portugiesischer Wasserhund, der auf den Namen Caesar hört. Ende April wird sie an der Met die Despina singen und anschließend in Turin am Tetro Regio mit der Anne Truelove in Strawinskys The Rake’s Progress ihr Haus- und Rollendebüt geben. Auf ein Projekt ist sie ganz besonders stolz. 2015 wird sie an der Lyric Opera of Chicago an der Uraufführung von Bel Canto mitwirken. Die Musik zu dieser Oper wird der Peruaner Jimmy López schreiben, das auf dem preisgekrönten Bestseller von Ann Patchett basierende Libretto der Dramatiker Nilo Cruz. Für die Hauptrolle war Renée Fleming vorgesehen, doch der amerikanische Superstar hat die Partie der Roxane Coss, einer weltweit gefeierten Operndiva, an Danielle de Niese weitergegeben. Und was ist mit München? Ihre Verbindung zur Bayerischen Staatsoper möchte die Sängerin unbedingt intensivieren: „I want to come back!“, ruft sie schelmisch und verspricht, bei ihrem nächsten Besuch beim IBS Deutsch zu sprechen. Wir sind gespannt. Ulrike Ehmann ZU GAST BEIM IBS Das Spiel vom Immer-mehr-HABEN-wollen Robert Louis Stevenson verbrachte die letzten drei Jahre seines Lebens aus gesundheitlichen Gründen auf einer kleinen Samoainsel. In seinem Flaschengeist verarbeitet er jedoch seinen Aufenthalt auf Hawaii. Daher lässt Hiller den ersten Akt (in F-Dur wie Flasche) auf Hawaii spielen, den zweiten Akt (in G-Dur wie Geist) auf Tahiti. Die Annäherung Hillers an die exotische Musik Ozeaniens festigte sich während seiner 40-jährigen Tätigkeit beim BR, wo er für außereuropäische Musik zuständig war. Foto: Jost Voges B ereits 1993 und 2002 ist Wilfried Hiller beim IBS zu Gast gewesen, am 26. Januar konnten Monika Beyerle-Scheller und der Dramaturg Dr. Thomas Siedhoff ihn erneut zu einem Künstlergespräch begrüßen. Nur wenige Tage zuvor hatte das Ensemble des Gärtnerplatztheaters im Carl-Orff-Saal des Gasteigs das neueste Singspiel des Komponisten – „Ich habe nie eine Oper geschrieben“ – präsentiert: den Flaschengeist. Die Texte dazu schrieb Felix Mitterer, nach einer Vorlage des schottischen Bestsellerautors Robert Louis Stevenson. Der Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Josef E. Köpplinger, wusste, dass sich Wilfried Hiller und Michael Ende vor vielen Jahren mit dem Thema befasst hatten. Damals hieß das Stück Mamonella. Auch August Everding war daran interessiert und wollte es zur Wiedereröffnung des Prinzregententheaters herausbringen. Doch durch den allzu frühen Tod Michael Endes wurde nichts daraus. Schon 1968, Hiller betreute als Musikredakteur des Bayerischen Rundfunks den Film Der Mann in der Flasche, hatte ihm der Illustrator, Schriftsteller und Übersetzer Alastair (alias Hans Henning von Voigt), den Flaschendämon, die Übersetzung von Stevensons Erzählung The Bottle Imp, geschenkt. (Wer kennt ihn nicht, den Autor der Schatzinsel und von Dr. Jekyll and Mr. Hyde?) Zahlreiche Autoren fanden Gefallen an der Figur des Teufels in der Flasche; der wohl berühmteste Flaschengeist ist die bezaubernde Jeannie aus der gleichnamigen Fernsehserie. Stevenson greift im Bottle Imp auf alte Geschichten und Kunstmärchen zurück, u. a. auf Friedrich de la Motte Fouqués Geschichte vom Galgenmännlein. In der orientalischen Märchenwelt kennt man Flaschen- und Lampengeister als dämonische Wesen mit magischen Fähigkeiten. Wilfried Hiller Die Handlung: Matrosen werden von ihren Bräuten empfangen. Keawe (Paul Schweinester) ist unsterblich in Kokua (Katharina Ruckgaber) verliebt, die aber bereits einem alten Fischer versprochen ist. Keawe hat zwar genügend Geld für ein eigenes Fischerboot gespart, doch seine Chancen auf Kokua sinken, als ihm das Geld gestohlen wird. Der reiche Mokula (Holger Ohlmann, begleitet sich selbst auf der SteelDrum) hilft, indem er Keawe von der Flasche, die sich in seinem Besitz befindet, erzählt: Deren Geist erfülle ihm alle seine Wünsche. Natürlich hat die Sache einen Haken: Wer die Flasche im Moment seines Todes besitzt, dessen Seele wandert unweigerlich in die Hölle. Die Lösung: Man muss die Flasche billiger weiter verkaufen, als man sie erworben hat. Keawe kauft die Flasche und wünscht sich umgehend den ersehnten Fischkutter herbei. Keawe und Kokua heiraten und wohnen im prächtigsten Haus der Insel. Keawes Reichtum kommt nicht allein aus der Flasche, er hat geerbt; kurz darauf sind sein Onkel und der einzige Sohn verstorben: Der Fluch der Flasche hat seine Familie getroffen. Keawe muss die Flasche wieder loswerden, da er an sich erste Anzeichen einer Lepraerkrankung bemerkt. Er bietet sie seinem Freund Lopaka (Virgil Mischok) an, der begeistert zugreift. Die Flasche findet mehrere Käufer. Um gesund zu werden, muss Keawe sie jedoch wieder in seinen Besitz bringen. Inzwischen liegt der Kaufpreis bei einem Cent, was bedeutet, dass er sie nie wieder loswerden wird. Verzweifelt vertraut er sich seiner Frau Kokua an. Sie hat die rettende Idee: Warum verkaufen wir die Flasche nicht in einem Land, wo es Geld gibt, das weniger als 1 US-Cent wert ist? Die beiden machen sich auf nach Papeete, der Hauptstadt Tahitis. Sie verkaufen die Flasche einige Male, dann kauft sie ein alter, versoffener Bootsmann, der sie nie mehr hergeben will, weil der Geist ihm so viel Rum liefert, wie er braucht. Der Inhalt ist also sehr aktuell. Im Programmheft schreibt der österreichische Schauspieler und Dramatiker Felix Mitterer: „Es geht um Geld und Besitz, und wie stressig es sein kann, wenn man vom bösen Geist HABEN nicht mehr loskommt. Abhilfe schafft da nur die Liebe!“ 7 ZU GAST BEIM IBS Ein Countertenor (Roland Schneider) erzählt die Geschichte (als Tusitala) und mimt zugleich den Flaschenteufel, der musikalisch aus dem Orchestergraben von zwei weiblichen Stimmen (Elaine Ortiz Arandes und Frances Lucey) verstärkt wird. Am Schluss kommt er auch noch als französischer Missionar auf Tahiti zum Einsatz. Die Instrumentierung ist den räumlichen Gegebenheiten des Orff-Saales geschuldet; dennoch finden sich 58 Instrumente in der Partitur, gespielt von 40 Orchestermitgliedern. Das Schlagzeug ist das Lieblingsinstrument des Orff-Schülers Hiller, der an der Münchner Musikhochschule nicht nur Komposition bei Günter Bialas, Opernregie bei Heinz Arnold und Musiktheorie bei Hermann Pfrogner studierte, sondern auch Schlagzeug und Pauke bei Ludwig Porth und Hanns Hölzl, und anschließend als Schlagzeuger beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und an der Bayerischen Staatsoper arbeitete. Dem Lokalkolorit der Südsee entsprechend, ist sehr viel exotisches Schlagzeug aus dem asiatischen Raum zu hören. Die Harfe klingt wie eine Hawaii-Gitarre, ein Akkordeon 8 (Stefanie Schumacher, sie wirkt auch als Schauspielerin auf der Bühne mit) charakterisiert die Matrosen (drunken sailor-Variationen), hinzu kommen Streich- und Blasinstrumente, Glockenspiel, Weingläser, Gong, Tam-Tam, Triangel, Ocean-Drum, gestimmte Steine usw. Foto: Jost Voges Felix Mitterer verfasste ein Theaterstück, das die Grundlage für die Singspieltexte darstellte. Wilfried Hiller, seine inzwischen verstorbene Frau, die Schauspielerin, Dramaturgin und künstlerische Mitarbeiterin Elisabet Woska und die Regisseurin Nicole Claudia Weber waren von Anfang an in dessen Entstehungsprozess involviert und trugen zu einer singspieltauglichen Fassung bei. Auf Wilfried Hillers Website kann man ein detailliertes Tagebuch der Entstehungsgeschichte des Flaschengeistes lesen. Der umtriebige Anfangssiebziger arbeitet stets an mehreren Projekten gleichzeitig, weil er eine lange Inkubationszeit einkalkulieren muss. Aktuell arbeitet er an einem Werk für den 150. Geburtstag der Wilden Gungl, Arbeitstitel: Klingende Skulpturen. Das Konzert am 7. Dezember wird begleitet von Skulpturen der Künstlerin Antje Tesche-Mentzen. Aufgeführt werden Werke von Richard Strauss und Wilfried Hiller. Eine Ausstellung dieser Skulpturen ist vom 1. bis 19. Oktober im Künstlerhaus am Lenbachplatz zu sehen. Mit Hellmuth Matiasek arbeitet Wilfried Hiller an einer Bühnenmusik mit dem Titel Der verlorene Sohn für das Landestheater Salzburg. Wilfried Hiller führte uns eine Klangschale von den javanischen Inseln vor, die den Namen KIM trägt, und eine Ocean-Drum. Trotz der vielen Aktivitäten denkt er auch an sein Ende. Zusammen mit seinem Sohn hat er einen Platz für das Familiengrab auf dem Waldfriedhof ausgesucht und ganz in der Nähe der letzten Ruhestätten von Michael Ende und Fritz Wunderlich ein schönes Fleckchen gefunden. Auf der Grabstätte der Hillers wird die Skulptur Lilith von Antje Tesche-Mentzen stehen. Der meistgespielte lebende Komponist im deutschen Sprachraum geht kritisch mit seinen Werken um, setzt immer wieder den Radiergummi an, und zieht auch schon mal Werke zurück. Der Flaschengeist wird nach Fertigstellung der Umbauarbeiten des Gärtnerplatztheaters in das große Haus übernommen. Wer weiß, vielleicht in geänderter Form. Zu unserer großen Überraschung hatte er Stefanie Schumacher mitgebracht, die uns die erwähnten Variationen des englischen Volksliedes What shall we do with the drunken sailor mit einer unglaublichen Vitalität und Ausdrucksfülle auf dem Akkordeon vorspielte. Es ist ein ungeheures Privileg, den Komponisten persönlich treffen zu dürfen. Freuen wir uns also auf seinen nächsten Besuch. Bis dahin wünschen wir Wilfried Hiller die nötige Kraft, um alle seine Vorhaben verwirklichen zu können. Sieglinde Weber Stefanie Schumacher Eine Partitur aus all diesen Instrumenten zusammenzubauen hat etwas von Zauberei. Das Orchester des Gärtnerplatztheaters unter dem Dirigenten Michael Brandstätter setzt sie musikalisch meisterhaft um. Dresden-Reise vom 13. bis 15. Juni 2014 Der Barbier von Sevilla (Rossini), Busfahrt 2 Übernachtungen mit Frühstück ***Hotel Stadtrundfahrt und Opernvortrag Wagner-Reisen Tel. (089)12 12 72 47 E-Mail [email protected] ANZEIGE ZU GAST BEIM IBS Ein italienischer Papageno Warum nennt sich ein Italiener Alex, wo doch Alessandro viel musikalischer klingt, wollte Michael Atzinger von unserem smarten Gast als Erstes wissen. Den Namen verdankt er seinen Eltern, die auch in den Vereinigten Staaten lebten, erfuhren wir. Geboren wurde Alex Esposito 1975 in Bergamo, der Stadt in der Giovanni Simone Mayr und sein berühmter Schüler Gaetano Donizetti gewirkt haben. Die Musik faszinierte ihn schon als Kind, und nach einer Nabucco-Vorstellung an der Mailänder Scala – mit Riccardo Muti, Renato Bruson und Gena Dimitrova – beschloss Alex, Sänger zu werden. In seiner Heimatstadt Bergamo studierte Esposito Klavier und Orgel, ehe er mit dem Gesangsstudium begann. Sein erstes Engagement bekam er in Turin; an der Seite Giuseppe Sabbatinis und Nancy Gustafsons sang er den Grafen Paris in Gounods Roméo et Juliette unter Bruno Campanella. Mit 25 Jahren erlebte Alex Esposito in Rom seinen Durchbruch. Künstlerischer und musikalischer Direktor des Teatro dell’Opera war damals Giuseppe Sinopoli. Die Programmdirektorin Renate Kupfer bot dem jungen Sänger die Partie des Masetto in einer neuen, großen Don Giovanni-Produktion an. Doch es kam anders: Bei einer Probe erfuhr Esposito, dass er für den erkrankten Roberto Scandiuzzi einspringen und die Rolle des Don Giovanni übernehmen sollte. Diese enorme Herausforderung war das entscheidende Erlebnis in seiner jungen Karriere. Heute zählt Alex Esposito zu den interessantesten Bassbaritonen seiner Generation. Sein Repertoire hat eine große Spannweite, die von Mozart bis Strawinsky reicht. Eine Vorliebe hat der Sänger für Mozart und Rossini, doch er singt gerne auch Bellini, Donizetti, Gounod und Puccini. Klug und behutsam erwägt der Sänger die Übernahme neuer Rollen: „Sicher möchte ich schon morgen den Wotan singen, das wäre aber der Ruin für meine Stimme“, meint er. Foto: Jost Voges A n seinen Leporello in Stephan Kimmigs Neuinszenierung des Don Giovanni im Jahr 2009 erinnern wir uns noch gut. Anfang März dieses Jahres war Alex Esposito in München, um den Alidoro in Rossinis La Cenerentola zu verkörpern, und am 8. März besuchte er uns im Künstlerhaus am Lenbachplatz. Alex Esposito Die beiden Dirigenten, die unser Gast besonders bewundert, sind Riccardo Muti, der den jungen Sänger am meisten geprägt hat, und Claudio Abbado, den er als zerbrechlichen alten Mann mit enormer Ausdruckskraft erlebt hat. „Seine“ Regisseure sind vor allem Kasper Holten, in dessen neuer Don Giovanni-Inszenierung am Royal Opera House Covent Garden er soeben den Leporello sang, und Graham Vick, dem er in Pesaro anlässlich der Neuinszenierung von Rossinis Mosè in Egitto begegnete. Den gewagten modernen Inszenierungen steht der Sänger sehr offen gegenüber. So fand er die umstrittene Münchner Don Giovanni-Produktion bemerkenswert, selbst wenn, wie er einräumt, auf der Bühne „nicht alles schön“ war. Es sei jedoch nicht gut, so Esposito, wenn ein Opernwerk als Showbühne zur Selbstdarstellung oder zur Verbreitung von Ideologien benutzt werde; bei aller künstlerischen Freiheit solle der Regisseur vor allem dem Stück dienen. Auch kluge klassische Inszenierungen können überzeugen; Otto Schenks Rosenkavalier oder Jean-Pierre Ponnelles La Cenerentola haben bis heute nichts von ihrem Charme eingebüßt. Doch leere Ästhetik – ob in klassischen oder modernen Inszenierungen – würde das Publikum langweilen. Unser Gast entspricht nicht unbedingt dem Klischee des Italieners. Er wirkt eher introvertiert, findet den Winter besser als den Sommer und die Berge schöner als das Meer. Er liebt jedoch sein Land über alles und wünscht sich, alle Italiener würden so stolz auf die kulturellen und kulinarischen Schätze ihrer Heimat sein wie die Männer in Lederhosen vom Viktualienmarkt! Wir hörten an diesem Abend wunderschöne Musikbeispiele aus La Cenerentola, Don Giovanni, L’Italiana in Algeri und Lucrezia Borgia. Ein besonderer „Leckerbissen“ war der kurze Ausschnitt aus der Arie des Papageno, aufgenommen 2011 in der Mailänder Scala. 2012 war Alex Esposito in München der erste Italiener, der im deutschsprachigen Raum diese Partie in der Originalsprache sang. „Jetzt sind Sie ein echter Papageno, denn Sie haben ihn im wichtigsten deutschen Theater gesungen!“, waren die anerkennenden Worte von Nikolaus Bachler. Im November wird Alex Esposito wieder nach München kommen, als Selim in Rossinis Il turco in Italia; im Januar 2015 wird er wieder den Leporello singen und in der Spielzeit 2015/16 den Assur in Rossinis Semiramide. Wir freuen uns auf ihn. Emanuela Luca 9 ZU GAST BEIM IBS Zu Haus bei Strauss Mit einer großen Veranstaltung unter dem Motto „Zu Haus bei Strauss“ eröffnete der IBS das Richard-Strauss-Jubiläumsjahr. Ein Wiedersehen im Festsaal des Münchner Künstlerhauses: Dr. Christian Strauss, der Enkel des Komponisten, und seine Frau Susann begrüßen unser Ehrenmitglied Ks. Inge Borkh. Unterhielten sich über den Privatmann und Familienmenschen Richard Strauss (v.l.): Markus Thiel (Moderation), Brigitte Fassbaender, Prof. Oswald Panagl, Vorsitzender der Internationalen Richard-Strauss-Gesellschaft, Gabriele Strauss-Hotter, Frau des verstorbenen zweiten Enkels und Tochter des Sängers Hans Hotter, und Dr. Christian Strauss. Juliane Banse ist erkrankt. Wer singt die Strauss-Lieder? 10 Retterin in letzter Minute: Hanna-Elisabeth Müller, die Zdenka der Salzburger Osterfestspiele, sang Das Rosenband, Mohnblumen und Hat gesagt – bleibt’s nicht dabei. ZU GAST BEIM IBS Zu Haus bei Strauss Prof. Oswald Panagl hielt die Laudatio auf … … die gespannt lauschende Brigitte Fassbaender. Ehrenurkunde und Blumen überreichte dem neuen Ehrenmitglied der Vorstandsvorsitzende des IBS, Jost Voges. Stürmischen Applaus gab es für den Auftritt des Opernstudios (v.l.): Andrea Borghini, Naomi Schmidt, Rafał Pawnuk, Leonard Bernad, Rachael Wilson, Elsa Benoit und Mária Celeng präsentierten Ausschnitte aus Le nozze di Figaro. Zwei, die zu Haus sind bei Strauss: Brigitte Fassbaender und Inge Borkh. Es war ein wunderschöner Abend! 11 ZU GAST BEIM IBS Vom unwahrscheinlichen Glück einer hervorragenden Ausbildung Der Termin für das Künstlergespräch am 17. März war lange vor dem umjubelten Auftritt des Opernstudios bei „Zu Haus bei Strauss“ vereinbart worden. Diesmal trat das Opernstudio im Künstlerhaus mit vier Personen an: Tobias Truniger, der musikalische Leiter, brachte die Sopranistin Elsa Benoit und den Bariton Andrea Borghini mit. Die Korrepetitorin des Opernstudios, Naomi Schmidt, begleitete die beiden jungen Sänger feinfühlig am Klavier und half auf dem Podium dezent mit besonders schwierigen deutschen Wörtern aus. Dorothea Hußlein moderierte behutsam und kompetent. Elsa Benoit ist in ihrem ersten Studienjahr. Sie hat immer gern gesungen, doch meist Pop und Jazz. Erst während ihres Musikwissenschaftsstudiums hat sie sich der klassischen Musik angenähert, als sie im Chor der Opéra de Rennes sang. 2007 begann sie am Konservatorium in Amsterdam mit ihrem Gesangsstudium, 2011 wurde sie Mitglied der Niederländischen Opernakademie. An der Bayerischen Staatsoper hat sie bisher u. a. das Taumännchen in Hänsel und Gretel gesungen sowie eine der drei adeligen Waisen im Rosenkavalier. 12 Foto: eh A ngehende Opernsänger in der ganzen Welt träumen davon, Mitglied im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper zu werden. Acht hoch talentierte junge Sänger werden dort zwei Jahre lang auf ihre Karriere vorbereitet. Sie sind in der Regel unter dreißig und haben ein abgeschlossenes Studium sowie viele Preise bei internationalen Wettbewerben vorzuweisen. Die Ausbildung umfasst Gesangs-, Schauspiel- und Sprachunterricht sowie Korrepetition. Doch es bleibt nicht bei der Theorie: Die Studenten übernehmen vom ersten Jahr an kleinere Partien auf der Bühne des Nationaltheaters und lernen so die Abläufe und Anforderungen eines großen Opernbetriebes kennen. Kein eiskaltes Händchen: Elsa Benoit als Mirandolina und Andrea Borghini als Cavaliere Andrea Borghini stammt aus Siena. Er studierte zunächst Klavier und Cello, um dann doch seiner Berufung, wie er sagt, zu folgen und in Lucca Gesang zu studieren. Der Toskaner ist im zweiten Studienjahr und hat sich u.a. schon als Schaunard in La bohème und Hermann in Les Contes d’Hoffmann vorgestellt. Das Opernstudio hat im Schnitt vier Plätze pro Jahr zu vergeben. Über 600 Bewerbungen gehen jährlich dafür ein; einer jeden liegt eine CD bei, die angehört werden muss. „Wir versuchen Stimmen und Persönlichkeiten zu finden, die einen sofort fesseln“, erzählt Tobias Truniger. Etwa dreißig Bewerber werden zum Vorsingen eingeladen. Elsa Benoit und Andrea Borghini hatten beide das Glück, auf diese Weise einen der begehrten Plätze zu erhalten. Doch es ist schon vorgekommen, dass kein einziger Platz vergeben wurde, weil sich keine herausragenden Stimmen finden ließen. Deshalb reisen die beiden Leiter des Opernstudios regelmäßig zu wichtigen Wettbewerben sowie in die USA. Jede Saison präsentiert das Opernstudio im Cuvilliés-Theater seine eigene Opernproduktion. Diesmal ist es ein selten gespieltes zeitgenössisches Werk, Mirandolina von Bohuslav Martinů. Diese heitere, auf Carlo Goldonis Komödie La Locandiera basierende Oper über eine muntere Wirtin, die umschwärmt wird von drei Adeligen und am Schluss den eigenen Kellner heiratet, wird Christian Stückl inszenieren. „Das wird ein Riesenspaß“, sind sich alle Beteiligten einig. In der Titelrolle alternieren Mária Celeng und Elsa Benoit. Andrea Borghini verkörpert den Cavaliere, einen unbeugsamen Frauenfeind, der sich mehr und mehr für Mirandolina erwärmt. Die französische Sopranistin und der italienische Bariton gaben mit einer hinreißend gesungenen und gespielten Szene eine Kostprobe ihres Könnens, die Heißhunger machte auf mehr. Premiere ist am 30. April. Andrea Borghini wird ab der nächsten Spielzeit als Ensemblemitglied regelmäßig im Nationaltheater zu erleben sein. Elsa Benoit drücken wir die Daumen dafür, diesen Sprung ebenfalls zu schaffen. Bei allen Gästen vom Opernstudio bedanken wir uns für diesen spannenden Abend. Ulrike Ehmann OPERNBESPRECHUNG Il Pirata am Landestheater Niederbayern in Landshut A Das Niederbayerische Landestheater unter seinem Intendanten Stefan Tilch und GMD Basil H. E. Coleman führt seit einigen Jahren mit großem Erfolg die großen Bellini-Opern auf. Nun also Il Pirata (uraufgeführt 1827 in Mailand), die Oper, die für den jungen Bellini den großen Durchbruch gebracht hatte. Eine romantische Schauergeschichte von der zwangsverheirateten, im Wahnsinn endenden Ehefrau Imogene, ihrem brutalen Ehemann Ernesto und dem Imogene inbrünstig liebenden Piraten Gualtiero. In der weiblichen Hauptrolle wiederum die koreanische Koloratursopranistin Hyun-Ju Park, die mit Foto: © Peter Litvai n einem Sonntag im Januar trafen sich 15 „Münchner Opernfreunde“ am Münchner Hauptbahnhof, um mit der Deutschen Bahn nach Landshut zu einer Nachmittagsvorstellung von Vincenzo Bellinis Il Pirata zu fahren. Dass der in Aussicht genommene Zug ersatzlos entfiel, war kein böses Omen, sondern nur der etwas holprige Beginn eines von Monika Beyerle-Scheller perfekt organisierten Ausflugs zu einer interessanten Opernaufführung. Hyun-Ju Park als Imogene bewegender Emotionalität, großer Sicherheit und stimmlicher Kompetenz ihre anspruchsvolle Rolle sang, die in der ersten Wahnsinnsszene der Operngeschichte gipfelt. Michael Mrosek sang den Ernesto mit wundervoll strömendem und höhensicherem Bariton sehr ausdrucksvoll. Die große Szene von Imogene und Ernesto gehörte zu den emotional dichtesten und musikalisch schönsten, obwohl Ernesto ja „der Böse“ ist. Die Meinungen der Zuschauer schieden sich am Tenor: Dass Eric Vivion-Grandi die als beinahe unsingbar bekannte Partie, die Bellini für den berühmten Drei-Oktaven-Tenor Giovanni Battista Rubini geschrieben hatte, überhaupt übernommen hat, ist ihm sehr zu danken. Er bewältigte sie mit Stilgefühl, Höhensicherheit und Durchhaltevermögen. Den wiederholten Bravorufen eines einzelnen Zuschauers wollte sich das freundlich applaudierende Publikum jedoch nicht anschließen. Großes Interesse fand schon im Vorfeld die Bühnenausstattung des Turiner Schattentheaters „Controluce Teatro d’Ombre“. Durch Licht- und Schattenwirkungen auf farbigen Vorhängen sollte das Bühnengeschehen nicht illustriert, sondern vertieft und psychologisch verdeutlicht werden, was über weite Strecken auch gelang. Die Niederbayerische Philharmonie, Chor und Statisterie des Landestheaters Niederbayern sowie die Sänger der übrigen Rollen trugen zum Erfolg dieser interessanten Produktion bei und machten neugierig auf weitere Bellini- und andere Belcanto-Opern. Helga Schmöger Mitgliedsbeitrag 2014 Einzugsermächtigung: Wenn Sie dem IBS eine solche erteilt haben, wird der Beitrag bis Ende April abgebucht. Unsere Gläubiger-Identifikationsnummer (ID) ist: DE69ZZZ00001262928. Überweisung: Sollten Sie Ihren Mitgliedsbeitrag für 2014 noch nicht überwiesen haben, bitten wir Sie herzlich, dies sobald wie möglich zu erledigen. IBS-Konto: IBAN DE41 7001 0080 0312 0308 00 BIC PBNKDEFF Normalbeitrag: 35,- € Ehepaare: 50,- € Föderer ab 120,- € Schüler und Studenten 18,- €. Mit dem Künstler-Abo für 30,- € erhalten Sie Zutritt zu allen Künstlergesprächen. Da wir für unser anspruchsvolles Kulturprogramm dringend auf Spenden angewiesen sind, würden wir es sehr begrüßen, wenn Sie Ihren Mitgliedsbeitrag um eine kleinere oder größere Summe erweitern würden. Bis 200,- € gilt Ihr Einzahlungsbeleg als Spendenquittung und kann beim Finanzamt eingereicht werden. Den aktuellen Jahresstempel für Ihren Ausweis erhalten Sie bei unseren Veranstaltungen oder über das IBS-Büro. Sofern Sie keine Einzugsermächtigung erteilt haben, benötigen wir hierfür eine Kopie Ihres Einzahlungsbeleges, bei Anforderung über das Büro außerdem ein an Sie adressiertes, frankiertes Rückkuvert. Herzlichen Dank für Ihr Verständnis Der Vorstand 13 PREMIERENVORSCHAU Guillaume Tell – Gioachino Rossinis letzte Oper W er kennt sie nicht, die Melodien aus der Ouvertüre zu Rossinis Guillaume Tell, den zarten Beginn mit fünf Celli und den rasanten Galopp am Ende, ein beliebtes Motiv für Handyklingeltöne, Filmuntermalungen oder Kurkonzerte. Doch wer hat diese grandiose Oper schon einmal in ihrer ganzen Länge auf einer Bühne gehört und gesehen? Nur selten fand man sie auf den Spielplänen, die enormen Anforderungen an die Solisten, die umfangreiche Besetzung – auch mit Ballett und großem Chor – bilden hohe Hürden. Guillaume Tell ist Rossinis erste eigenständige Grand opéra und zugleich sein letztes Bühnenwerk. Über die Gründe für seinen Rückzug von der Bühne mit knapp 38 Jahren diskutieren die Rossini-Experten noch heute. 1824 war er von London nach Paris gekommen und hatte das Théâtre-Italien geleitet, an dem zahlreiche seiner bisherigen Opern aufgeführt wurden. Die Besonderheiten der französischen Operntradition stellten jedoch eine außerordentliche Herausforderung an ihn dar, die ihn dazu veranlasste, seine beiden italienischen Opern Maometto II und Mosè in Egitto nach französischem Vorbild durch Einfügen von Ballettszenen und Verstärkung des dramatischen Geschehens in Le siège de Corinthe und Moïse et Pharaon ou Le Passage de la Mer Rouge umzuarbeiten. Mit beiden Opern konnte er das Publikum begeistern, und er beabsichtigte nun, auch aufgrund eines neuen Vertrags mit König Karl X. eine eigenständige französische Oper im Stil der Grand opéras von Spontini oder Auber zu schaffen. Dieser Vertrag garantierte ihm in jedem Fall eine Jahresrente, verpflichtete ihn jedoch, als Komponist exklusiv der Académie Royale de Musique innerhalb von zehn Jahren mindestens fünf große Opern gegen Extrabezahlung zu schreiben. Der Tell sollte die erste sein. 14 Ursprünglich wollte Rossini ein Libretto von Eugène Scribe vertonen; dessen Vorschläge lehnte er jedoch ab. Rossini, um 1828. Stahlstich von Gandon nach einem Ölgemälde von Antoinette C.H. Lescot, Sammlung Reto Müller, Basel Daraufhin wandte er sich an Etienne de Jouy, der auf der Basis des Tell-Themas, das in dieser Zeit durch eine Oper von Grétry, einer Novelle von J.-P. Claris de Florian und natürlich Schillers gleichnamiges Theaterstück en vogue war, sein Libretto verfasste, das allerdings aufgrund seiner Überlänge von Hippolyte Bis, einem Mitarbeiter Jouys, noch einmal gekürzt und überarbeitet wurde. Von der allseits bekannten Geschichte bei Schiller weicht das Libretto der Oper Rossinis in einigen wesentlichen Punkten ab: Laut Jochen Schönleber, dem Regisseur des Guillaume Tell in Bad Wildbad 2013, „ist Tell bei Schiller subtiler, vergrübelter, bei Rossini hingegen ein knallharter Freiheitskämpfer, eine Art trockener Berufsrevolutionär“. Bei Schiller ist er nicht von Anbeginn das Haupt der Verschwörung, er steht der Politik fern, während Rossinis Tell sich von Beginn an mit den Aufständischen solidarisiert und auch (nicht so bei Schiller) beim Rütli-Schwur eine führende Rolle übernimmt. Natürlich darf in einer Oper eine Liebesgeschichte nicht fehlen, in Rossinis Werk rückt der unglücklich in die habsburgische Prinzessin Mathilde (bei Schiller Berta von Bruneck) verliebte Arnold in den Mittelpunkt, auch musikalisch. Am 3. August 1829 wurde Rossinis Guillaume Tell in einer sehr aufwendigen Inszenierung und mit den besten Solisten der damaligen Zeit am Théâtre de l'Académie Royale de Musique, der Pariser Opéra, uraufgeführt. Als packende große Freiheitsoper ist sie musikalisch wie auch im Handlungsablauf hochdramatisch und leidenschaftlich und zeigte den Komponisten auf dem Höhepunkt seiner Kunst. Generell lässt sich Guillaume Tell als eine Ensemble-Oper bezeichnen, lediglich das Liebespaar Arnold und Mathilde hat herausragende Soloszenen und Duette, wie etwa die Romanze der Mathilde, Sombre forêt oder die Arie des Arnold, Asile héréditaire. Der Titelheld selbst hat keine ausgeprägte Solonummer, doch ist er an allen großen Ensembles beteiligt. Das „Lokalkolorit“ in der Musik erreichte Rossini durch Verwendung nationaler Melodien, wie des Kuhreigens („ranz des vaches“), Schützenmarsches und der Tyrolienne. Rossinis neue Oper wurde ein einhelliger Erfolg bei Presse und Publikum. Donizetti wird der Ausspruch zugeschrieben: „Der erste, dritte und vierte Akt ist von Rossini, der zweite aber unmittelbar vom lieben Gott.“ Doch schon bald wurde das Werk aufgrund der Länge und der hohen gesanglichen Anforderungen vielfältigen Änderungen unterworfen. Der Arnold der Uraufführung, der Tenor Adolphe Nourrit, berühmt für seine hohen Töne, die er damals noch im Falsett sang, ließ die berühmte Arie im vierten Akt, Asile héréditaire, schon in einer der Folgevorstellungen streichen. 1831 erarbeitete Rossini, selbst erfahrener Theaterpraktiker, bereits mit dem Librettisten Bis eine dreiaktige Fassung. Schließlich ging die Pariser Oper dazu über, nur noch den „göttlichen“ zweiten Akt zu spielen, als Begleitstück von Ballettaufführungen. Aus dieser Zeit ist eine Anekdote überliefert, der zufolge der Pariser Operndirektor Rossini bei einer Begegnung auf der Straße die freudige Nachricht zurief, man gebe heute den zweiten Akt seines herrlichen Guillaume Tell. „Ist es möglich“, erwiderte Rossini, „wirklich, den g a n z e n zweiten Akt?“ Bereits ein Jahr nach der Pariser Uraufführung gab es Vorstellungen in Brüssel, auf Deutsch in Pest, Prag, Wien, Brünn und an zahlreichen weiteren Bühnen. In Italien wurde die Oper als Guglielmo Tell in der Übersetzung von Calisto Bassi erstmals 1831 in Lucca mit großem Erfolg aufgeführt. Ein junger französischer Tenor, Gilbert Duprez, überraschte das Publikum, indem er die 18 hohen Cs und zwei Cis des Arnold mit vollem Brustton statt im damals üblichen Falsett sang. Duprez war es auch, der in der Pariser Wiederaufnahme des Werkes 1837 den endgültigen Durchbruch dieser Oper zu einem der beliebtesten Repertoirestücke des 19. Jahrhunderts sicherte. In den ersten hundert Jahren wurde Guillaume Tell allein an der Pariser Opéra 617mal aufgeführt, allerdings in den verschiedensten Fassungen, davon 63mal nur der zweite Akt. Auch die politische Zensur förderte weitere Umarbeitungen der Oper. Sie erschien unter Titeln wie Hofer or the tell of Tyrol (London 1830), Andreas Hofer (Berlin 1830), Guglielmo Vallace (Mailand 1836), Rodolfo di Sterlinga (Rom und Bologna 1840) oder Karl der Kühne (Petersburg 1830). Auch München spielte im Rahmen der Rossini-Rezeption außerhalb Italiens eine gewichtige Rolle, wenngleich der Meister München nie einen Besuch Foto: © Patrick Pfeiffer PREMIERENVORSCHAU Guillaume Tell, Bad Wildbad 2013 abstattete. Zunächst behauptete Rossini sich an der Italienischen Oper in München seit 1816/17 als meistgespielter Komponist. Allein in den Jahren zwischen 1818 und 1824 wurden neben dem bisherigen Rossini-Repertoire 15 weitere Opern des Meisters aufgeführt. Im 1818 neueröffneten Hof- und Nationaltheater kam es 1821 sogar zur Erstaufführung eines Werkes von Rossini in deutscher Sprache, nämlich von Richard und Zoraide. König Ludwig I. verfügte 1826 per allerhöchstem Dekret die Abschaffung der italienisch gesungenen Oper. Sämtliche Werke italienischer Komponisten wurden von nun an in deutscher Sprache aufgeführt. So auch Guillaume Tell, unter dem einfachen Titel Tell, dessen Münchner Erstaufführung 1833 – leider nur in der „neuesten Einrichtung des Komponisten für die Pariser Bühne“, also der dreiaktigen Fassung – zur wirkungsvollen Einstandspremiere des neuen Intendanten Karl Theodor von Küstner wurde. In nur 19 Tagen wurde dieses schwierige Werk mit einer hochkarätigen Besetzung (Julius Pellegrini als Tell, Heldentenor Alois Bayer als Arnold und Betty Spitzeder als Mathilde) auf die Bühne gebracht und zu einem großen Publikumserfolg. Diese Inszenierung markierte allerdings einen letzten Höhepunkt am Ende der Münchner „Rossini-Hausse“. Nur mehr wenige Opern des Komponisten verblieben in den Folgejahren neben dem Tell im Repertoire des Hof- und Nationaltheaters; dieser allerdings erlebte regelmäßig (1862, 1871, 1898, 1905) Neuinszenierungen in unterschiedlichen Fassungen. Die vorläufig letzte, immer noch in deutscher Sprache, erfolgte im Jahre 1923 unter dem Titel Wilhelm Tell. Rossinis Guillaume Tell verschwand nie ganz von den Bühnen der Welt, immer wieder gab es herausragende Aufführungen. Neue Initialzündungen setzten sowohl die Produktion beim Maggio Musicale in Florenz 1972 unter der Leitung von Riccardo Muti als auch die Kritische Edition der Fondazione Rossini Pesaro von 1992, die die von Rossini „hinterlassene“ vieraktige Fassung von Mitte August 1829 zur Basisversion machte und Teile aus anderen Versionen im Anhang hinzufügte. Seit einigen Jahren erleben wir nun eine Renaissance dieser Oper; sie erschien mit wechselhaftem Erfolg auf den Bühnen von Zürich, Rom, Pesaro, Bad Wildbad („der komplette Tell“), Nürnberg, Amsterdam, Brüssel, und wird nun auch – erstmals in der französischen Fassung – an der Bayerischen Staatsoper aufgeführt. Die Premiere ist am 28. Juni 2014. Nach Auskunft der Dramaturgie des Hauses wird die Kritische Edition zugrunde gelegt werden. Freuen wir uns auf diese interessante Bereicherung des Münchner Rossini-Repertoires. Hans Köhle 15 TEATRO LA FENICE Gran Teatro La Fenice di Venezia – wie Phönix aus der Asche Einblicke in die Geschichte eines legendären Opernhauses W enn man die Geschichte des im Jahre 1792 eröffneten Teatro La Fenice verfolgt, kann man von einem außergewöhnlich glanzvollen und zugleich tragischen Schicksal sprechen, einem Schicksal, das sich bereits in der Wahl des Emblems für das Theater abzeichnete. Es war der Phönix, der mythische Vogel, der sich selbst verbrennt, um aus seiner Asche verjüngt wiederzuerstehen – auf Italienisch: „la Fenice“. Es verwundert kaum, dass die Lagunenstadt zum Hauptsitz der italienischen Oper wurde. Das Venedig des 17. und 18. Jahrhunderts war von Musik beherrscht. Die Venezianer badeten förmlich im Gesang. Nicht nur in den geistig-kulturellen Zentren, wie den Kirchen, den Opernhäusern, dem Ospedale und den Palazzi, auch auf den Straßen und Kanälen war überall Musik zu hören; einen wichtigen Beitrag dazu leisteten die Gondolieri mit ihren berühmten Barkarolen. Den Beginn der Vorherrschaft der Venezianer auf dem Gebiet des Musiktheaters markierte 1637 die Eröffnung des ersten öffentlichen Opernhauses San Cassiano in der Nähe des Rialto; das Kunstphänomen Oper war jetzt gegen ein verhältnismäßig geringes Eintrittsgeld jedermann zugänglich und wurde zu einer Volksangelegenheit: Zu den eifrigsten Besuchern zählten die Gondolieri und erstaunlicherweise auch die Priester! Eine neue, unterhaltende musikdramaturgische Gattung, die Opera seria, verdrängte das höfische Dramma per musica, und ein regelrechtes Opernfieber brach aus. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war Venedig die Königin der lyrischen Oper. Mit sieben großen und mindestens fünf kleineren Theatern hatte Venedig so viele Opernhäuser wie keine andere Stadt in Europa. Nahezu alle entstanden auf Privatinitiative wohlhabender Patrizierfamilien, die 16 miteinander um Prestige wetteiferten. Finanziert wurden diese Kunststätten durch die Vermietung der Logen, und die Organisation übernahmen in der Regel die Impresari (Theaterunternehmer). In diesen Theatern entwickelte sich eine soziale Hierarchie, an deren Spitze die Logen des ersten und zweiten Ranges standen. Es folgten die des Das Emblem des berühmten Opernhauses: der Phönix dritten und vierten Ranges, dann die des so genannten „pepiano“, in Höhe des Parketts, und zuletzt das damals noch nicht bestuhlte Parkett, wo der Pöbel stand. Gespielt wurde während des Karnevals, in der Zeit nach Ostern bis Himmelfahrt und im Herbst. Besonders unter dem Schutz der Maske des Karnevals machten die Venezianer die Oper zur wichtigsten Institution sowohl ihres öffentlichen als auch ihres privaten Lebens. Die Theater waren Orte der lärmenden Unterhaltung, der erotischen Lustbarkeiten, des Sich-selbst-in-Szene-Setzens. Den Mittelpunkt bildete die Loge, in der sich die gute Gesellschaft traf und galant unterhielt, Geschäfte abwickelte und Politik betrieb. Die Theater waren groß, mit kostbaren Dekorationen prächtig ausgestattet, Kostüme und Bühnenbild waren aufwendig. Ein Theaterabend konnte bis zu fünf Stunden dauern, wobei man ungeniert ein- und ausging. Aufgeführt wurden Werke von bedeutenden venezianischen Meistern, wie Monteverdi, Cavalli, Lotti, Galuppi, Vivaldi. Aber auch Nichtvenezianer wie Gasparini, Alessandro Scarlatti oder Händel suchten in Venedig als Opernkomponisten ihr Glück. Zu den sieben wichtigsten Theatern Venedigs vor der Entstehung des La Fenice zählte neben San Cassiano (1637 eröffnet und 1798 geschlossen) auch das Teatro San Moisè (1640 bis 1818), eine Art Volkstheater, spezialisiert auf die aus Neapel importierte Gattung der Opera buffa. 1656 öffnete das Teatro di San Samuele seine Tore, der berühmte galante Abenteurer Giacomo Casanova spielte dort als junger Mann ein Jahr lang im Orchester die Violine. Außerdem gab es das Sprechtheater San Luca, auch Teatro San Salvatore genannt (das heutige Teatro Goldoni). Am Canal Grande lag das 1676 eröffnete Teatro San Angelo, wo Vivaldi eine längere Zeit als Impresario verpflichtet war. Im Jahr 1679 ließen die Grimani zusammen mit der Familie Pisani das Teatro San Giovanni Crisostomo (das heutige Teatro Malibran) errichten. Das siebte und wichtigste Theater aber war das Teatro San Benedetto (später Teatro Venier, Teatro Gallo und schließlich Teatro Rossini genannt), das am 26. Dezember 1755 eingeweiht wurde. Es wurde von einer Theaterbetreibergesellschaft verwaltet, die Aktien verkaufte: Jede Aktie entsprach dem Wert einer Loge. Bald wurde San Benedetto zum elegantesten und meistfrequentierten Theater Venedigs. In der Nacht des 5. Februar 1774 setzte jedoch eine verheerende Feuerbrunst dem San Benedetto ein Ende. Nach der erneuten Eröffnung am 26. Dezember desselben Jahres kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Betreibergesellschaft und der Familie Venier, der das Grundstück gehörte. Die Mitglieder der TEATRO LA FENICE Gesellschaft erhielten zwar 31000 Dukaten als Abfindung, hatten aber kein Theater mehr. Sie entschieden sich dafür, ein neues Opernhaus zu bauen, eines, das noch größer, schöner und bedeutender sein sollte als das San Benedetto: das Teatro La Fenice. Das Grundstück, auf dem das neue Theater gebaut werden sollte, war nur wenige Schritte von San Marco entfernt. Zum 1. November 1789 wurde ein öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben, um „nationale ebenso wie internationale“ Architekten aufzufordern, Entwürfe einzureichen. Von den 29 Entwürfen erfüllten nicht alle die strengen Bestimmungen der Ausschreibung. Sie verfehlten entweder die Abmessungen des Zuschauerraums, die Zahl von fünf Logenrängen mit je 35 Logen, die zwei Eingangsfassaden, die Funktionen der Geschäftsräume oder gar die Bühne mit den Nebenräumen. Die Jury wählte den mit dem Buchstaben „T“ gekennzeichneten Entwurf aus, der von dem venezianischen Architekten Giannantonio Selva stammte. Sie war besonders beeindruckt von der Eleganz und der Harmonie der elliptischen Form des Zuschauerraums mit optimaler Akustik und bester Sicht. Sein Konzept erläuterte Selva bescheiden so: „Um ein Theater harmonisch zu gestalten, gibt es meiner Meinung nach keine fundierten Theorien, die einen Erfolg garantieren würden. Offenbar besteht eine gewisse Analogie zwischen dem guten Sehen und dem guten Hören, und im Allgemeinen sind die für das Auge am besten geeigneten Raumkrümmungen auch für das Ohr am sinnvollsten.“ Der Proteststurm, der sich nach Bekanntgabe der Entscheidung der Jury erhob, hatte zur Folge, dass ein Kompromiss geschlossen wurde: Der Preis für den besten Entwurf wurde Selvas erbittertstem Widersacher, dem venezianischen Architekten Pietro Bianchi, zugesprochen, während Selva die Ehre widerfuhr, den eigenen Entwurf als Bauleiter realisieren zu dürfen. Man vermutet, dass der Name des neuen Opernhauses, La Fenice, auf Giannantonio Selva zurückgeht. Der geheimnisvolle Vogel war bereits auf dem Holzmodell, das er beim Architektenwettbewerb miteinreichte, abgebildet. Ob Selva den Phönix wegen seines Gesangs als Emblem wählte oder ob er in Anspielung auf die Brandkatastrophe des San Benedetto an den Mythos der Auferstehung und Wiedergeburt dachte, bleibt uns verborgen. Der Phönix könnte auch ein Hinweis auf den freimaurerischen Hintergrund der Theatergesellschaft sein. Als erstes Theater, das nicht den Namen des Eigentümers oder der ihm am nächsten gelegenen Kirche trug, verstieß La Fenice gegen die venezianische Tradition. Der Phönix sollte das nahende Ende einer Ära und den Anbruch neuer Zeiten symbolisieren, darüber hinaus sollte das Theater ein Ort der Freiheit, ein Theater für alle sein. Motive mit Bezug auf Lichtsymbolik der Aufklärungszeit findet man außer auf den Fassaden auch im Inneren bei der Gestaltung der Säulen, Fenster, Treppen und Statuen. Für den für Ballette vorgesehenen zweiten Vorhang wählte der Bühnenbildner Pietro Gonzaga einen Apollotempel als Motiv; dabei wird Apollo, der Gott des Lichtes, von Priestern, Musen und Dichtern verehrt. Venedigs klassizistisches Meisterwerk, das Gran Teatro La Fenice, wurde am 16. Mai 1792 mit der Oper I giuochi d’Agrigento von Giovanni Paisiello nach einem Libretto von Alessandro Pepoli eingeweiht. Die Sänger, u.a. der Tenor Giacomo David und der Soprankastrat Gaspare Pacchiarotti, gehörten zu den berühmtesten Künstlern ihrer Zeit. Von der ersten Spielzeit an bemühte sich das Teatro La Fenice, hervorragende Sänger-Virtuosen zu verpflichten. Unter diesen waren die Sopranistinnen Angelica Catalani und Brigida Banti, der Kastrat Luigi Marchesi und die Sängerin Giuseppina Grassini, ebenso bekannt für ihren „contralto“ wie für ihre zahlreichen Amouren (eine davon mit Napoleon). Bald nach seiner Eröffnung wurde La Fenice zum Publikumsmagneten und ersten Opernhaus der Serenissima. Doch der Phönix, Segen und Fluch zugleich, beschwor erneut den Feuerteufel herauf: 1836 nahm das Theater mit dem sagenhaften Namen schweren Schaden durch einen Brand. Das Gebäude war aber relativ schnell wieder bespielbar, und La Fenice konnte sich seinen guten Ruf bewahren. Eine schier unglaubliche Zahl an Werken wurde auf dieser Bühne uraufgeführt. Zu den wichtigsten Uraufführungen, die in der ersten Glanzzeit stattgefunden haben, zählen Tancredi und Semiramide von Gioachino Rossini, I Capuleti e i Montecchi und Beatrice di Tenda von Vincenzo Bellini sowie Gaetano Donizettis Opern Belisario und Maria di Rudenz. Auch Giuseppe Verdi wählte gerne die berühmte venezianische Bühne für seine Weltpremieren; Ernani, Attila, Rigoletto, Simon Boccanegra und La Traviata wurden im La Fenice uraufgeführt. Und selbst als nach der Einigung Italiens 1870 die Opernhäuser von Mailand, Rom und Neapel stärker gefördert wurden, verlor dieses Opernhaus nicht an Bedeutung. Wagner wählte es (und nicht die Scala!), um 1883 seinen Ring des Nibelungen erstmals in Italien aufführen zu lassen. Er konnte allerdings die Premiere nicht mehr miterleben. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr La Fenice einen enormen Aufschwung. Uraufgeführt wurden u. a. The Rake’s Progress von Igor Strawinsky, The Turn of the Screw von Benjamin Britten, Der feurige Engel von Sergej Prokofjew, Allez-Hop von Luciano Berio, Intolleranza von Luigi Nono und Hyperion von Bruno Maderna. Viele große Künstler haben mit ihren Auftritten die Geschichte dieses Theaters bereichert. Zu den berühmtesten Sängerinnen, die hier auftraten, zählen Isabella Colbran (Rossinis erste Frau), Giuseppina Strepponi (Verdis 17 TEATRO LA FENICE • GEDENKTAGE zweite Frau) sowie die drei vom Publikum so geliebten Primadonnen Giuditta Grisi, Giuditta Pasta und vor allem María Malibran, die hier die Norma, die Rosina, die Desdemona und die Cenerentola sang. Die berühmte spanische Mezzosopranistin kam jeden Abend in einer hellgrauen Gondel ins Theater, die innen mit Gold und Scharlach ausgeschlagen war; das traditionelle Schwarz war für sie die Farbe der Trauer. Ihr Gondoliere fiel in seinem bunten, von ihr selbst entworfenen Kostüm nicht weniger auf. Mit der neueren Geschichte des Teatro La Fenice verbunden sind die Namen von Aureliano Pertile, Tito Schipa, Boris Christoff, Franco Corelli und Alfredo Kraus. Unvergesslich bleiben die berühmten Rivalinnen Maria Callas und Renata Tebaldi sowie Fiorenza Cossotto, Giulietta Simionato, Mario del Monaco und Luciano Pavarotti. Zu den großartigen Dirigenten, die hier triumphierten, gehören Toscanini, Karajan, Maderna, Sinopoli, Prêtre und Abbado. 18 Kurz vor der Jahrtausendwende geschah dann eine unvorstellbare Katastrophe: Am 29. Januar 1996 steckten der Elektroingenieur Enrico Carella und sein Cousin das Haus, das gerade renoviert wurde, in Brand, um einer Konventionalstrafe in Höhe von 7500,- € wegen Arbeitsverzugs zu entgehen. La Fenice brannte bis auf die Grundmauern nieder. Über seine neue Gestalt gab es zahlreiche Kontroversen, schließlich wurde Aldo Rossi mit dem Wiederaufbau beauftragt. Gemäß dem Motto der Venezianer: „com’era e dov’era“ („wie es war und wo es war“) strebte er mit alten Fotos und Filmdokumenten eine weitgehend originalgetreue Rekonstruktion an, fügte allerdings technische Modernisierungen hinzu. Die fantastische Akustik des La Fenice konnte wiederhergestellt und sogar verbessert werden. Am 14. Dezember 2003 wurde das neue Opernhaus mit einem Konzert unter der Leitung von Riccardo Muti eröffnet. Am 12. November 2004 konnte mit Verdis La Traviata, in der Fassung der Uraufführung, dirigiert von Lorin Maazel, der Opernbetrieb wiederaufgenommen werden. Einen weiteren tragischen Einschnitt in der von Höhen und Tiefen geprägten Geschichte des Opernhauses bedeutete im Februar 2005 der unerwartete Tod von Marcello Viotti. Doch der Mythos, der das Schicksal des La Fenice zu bestimmen scheint, verspricht vor allem Erneuerung, Glück, Ewigkeit. Das große venezianische Opernhaus ist nun seit über 200 Jahren in Betrieb und berühmter denn je. Seit 2011 feiert das Orchestra del Teatro La Fenice unter dem jungen Chefdirigenten des Hauses, dem Venezolaner Diego Matheuz, große Erfolge. Mehrere Male ist La Fenice abgebrannt, doch immer wieder hat sich der Phönix aus seiner Asche erhoben; die Geschichte dieses venezianischen Theaters gleicht bereits jetzt einer Legende. Wir wünschen dem beliebten, außergewöhnlichen Gran Teatro La Fenice di Venezia viel Glück und ein ewiges Leben! Emanuela Luca Herzliche Glückwünsche Dennis Russell Davis zum 70. Geburtstag am 16. April Franz Mazura zum 90. Geburtstag am 22. April Ferruccio Furlanetto zum 65. Geburtstag am 16. Mai Gabriel Bacquier zum 90. Geburtstag am 17. Mai Justus Frantz zum 70. Geburtstag am 18. Mai Nikolaus Lehnhoff zum 75. Geburtstag am 20. Mai Heinz Holliger zum 75. Geburtstag am 21. Mai Klaus König zum 80. Geburtstag am 26. Mai Deborah Polaski zum 65. Geburtstag am 26. Mai Alfred Muff zum 65. Geburtstag am 31. Mai Neil Shicoff zum 65. Geburtstag am 2. Juni Giacomo Aragall zum 75. Geburtstag am 6. Juni Ileana Cotrubas zum 75. Geburtstag am 9. Juni Brigitte Fassbaender zum 75. Geburtstag am 3. Juli Carlo Bergonzi zum 90. Geburtstag am 13. Juli Richard Strauss: 150. Geburtstag am 11. Juni Joachim Herz: 90. Geburtstag am 15. Juni Darius Milhaud: 40. Todestag am 22. Juni Anton Dermota: 25. Todestag am 22. Juni Wolfgang Windgassen: 100. Geburtstag am 26. Juni Rafael Kubelik: 100. Geburtstag am 29. Juni Marcello Viotti: 60. Geburtstag am 29. Juni Pierre Monteux: 50. Todestag am 1. Juli Chr. Willibald Gluck: 300. Geburtstag am 2. Juli Annie Fischer: 100. Geburtstag am 5. Juli Oskar Czerwenka: 90. Geburtstag am 5. Juli Tom Krause: 80. Geburtstag am 5. Juli Eberhard Waechter: 85. Geburtstag am 9. Juli Hermann Prey: 85. Geburtstag am 11. Juli Van Cliburn: 80. Geburtstag am 12. Juli Carlos Kleiber: 10. Todestag am 13. Juli In memoriam Giacomo Meyerbeer: 150. Todestag am 2. Mai Carlo Maria Giulini: 100. Geburtstag am 9. Mai Richard Lewis: 100. Geburtstag am 10. Mai Boris Christoff: 100. Geburtstag am 18. Mai Giuseppe Valdengo: 100. Geburtstag am 24. Mai Beverly Sills: 85. Geburtstag am 25. Mai Sigrid Onegin: 125. Geburtstag am 1. Juni Rosita Serrano: 100. Geburtstag am 10. Juni Wir trauern um den Dirigenten Claudio Abbado, verstorben am 20. Januar, den Dirigenten Gerd Albrecht, verstorben am 2. Februar, die Altistin Anna Reynolds, verstorben am 24. Februar, und den Opern- und Theaterintendanten Gerard Mortier, verstorben am 8. März. Wir gratulieren dem Künstlerischen Leiter des Chors des Bayerischen Rundfunks, Peter Dijkstra, zum Preis der Eugen Jochum Stiftung. Ks. Hertha Töpper zum 90. Geburtstag Bereits bei den ersten Bayreuther Festspielen nach dem Krieg im Jahr 1951 wurde Hertha Töpper als Floßhilde und Siegrune im Ring engagiert. Dort hat Rudolf Hartmann sie gehört und zum Vorsingen nach München eingeladen. Daraus wurde ein festes Engagement an der Bayerischen Staatsoper von 1952 bis 1981. Zur Bayerischen Kammersängerin wurde sie 1955 ernannt. „Ich habe mich sofort in München verliebt“, erzählte sie uns bei ihrem Besuch im Februar 1987. Und sie ist ihrer Wahlheimat treu geblieben. Ihr Repertoire umfasste Rollen wie Dorabella, Octavian, Clairon, Carmen, Fricka, Brangäne, Eboli, Amneris, Orpheus, aber auch Rollen in modernen Opern, wie Judith in Bartóks Foto: © BSO I m IBS-Journal 1 (2014) haben wir an Marianne Schech (100. Geburtstag) und Erika Köth (25. Todestag) erinnert. Diesmal haben wir die große Freude, der Dritten im Bunde aus dem Rosenkavalier-„Lieblingsterzett“ von Hans Knappertsbusch, der Mezzosopranistin Hertha Töpper, zum 90. Geburtstag am 19. April sehr herzlich gratulieren zu dürfen. Geboren in Graz, erhielt sie bereits mit dreieinhalb Jahren von ihrem Vater, einem Musiklehrer, Geigenunterricht. Bevor sie Buchstaben lesen konnte, konnte sie bereits Noten lesen. Mit 16 Jahren begann sie ihre musikalische Ausbildung am Landeskonservatorium ihrer Heimatstadt und debütierte 1945 am Grazer Stadttheater als Einspringerin in Verdis Maskenball (Ulrica). Royal Opera House Covent Garden in London, an der Staatsoper in Wien, der Mailänder Scala, der Metropolitan Opera in New York, am Teatro La Fenice in Venedig, am La Monnaie in Brüssel, an der Nederlandse Opera in Amsterdam, am Teatro dell'Opera di Roma und in Zürich sowie bei den Salzburger Festspielen. Vier Gastspiele mit verschiedenen Ensembles führten sie auch nach Japan. Neben ihrem erfolgreichen Wirken auf der Bühne (ca. 70 Rollen) war Hertha Töpper eine sehr geschätzte Konzert- und Oratoriensängerin, sie gehörte als herausragende Bach-Interpretin zum engen Ensemblekreis von Karl Richter. Hertha Töpper als Oktavian Herzog Blaubarts Burg oder Jokasta in Strawinskys Oedipus Rex. Bei der Uraufführung von Paul Hindemiths Die Harmonie der Welt 1957 war sie Katharina, die Mutter des Astronomen Johannes Kepler, und sie wirkte auch an der Uraufführung der Oper Sim Tjong von Ysang Iun 1972 mit. Auch international war die Künstlerin sehr gefragt. Sie gastierte an allen großen Opernhäusern der Welt, am Trotz aller Erfolge im Ausland kehrte sie immer wieder gerne in ihr geliebtes München zurück. Mit ihrer musikalischen Vielfältigkeit, ihrer unverwechselbaren, wertvollen Stimme ist sie ein Stück Münchner Theatergeschichte geworden. Sie hat dafür zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Von 1971 bis 1981 lehrte die Wahlmünchnerin als Professorin für Gesang an der Münchner Musikhochschule. Einer ihrer vielen Fans sagte einmal: „Ihr Singen ist Lieben.“ Sie liebte ihr Publikum, und ihr Publikum liebt sie noch heute, und wir wünschen ihr alles Gute. Hans Köhle Reisen mit IBS-Freunden ANZEIGE 24. bis 27. April Linz Besuch des neuen Opernhauses: Walküre (Wagner) und Fadinger oder Die Revolution der Hutmacher (Ernst Ludwig Leitner) 25. Mai Würzburg Salome (Strauss), Beginn 15.00 Uhr 25. Mai Ulm Iphigénie en Tauride (Gluck), Beginn 14.00 Uhr 7. Juni Innsbruck Tiefland (d’Albert), Beginn 19.00 Uhr; Busfahrt, ohne Übernachtung 6. Juli. Ulm Serse (Händel), Beginn 14.00 Uhr 20. Juli Nürnberg Die Hugenotten (Meyerbeer), Beginn 15.30 Uhr 30. Juli Erl Walküre (Wagner), Beginn 17.00 Uhr; Busfahrt Opern- und Kulturreisen Monika Beyerle-Scheller Tel. (08022) 36 49 Fax (08022) 66 39 30 E-Mail [email protected] www.opernundkulturreisen.de 19 MÜNCHNER STRASSENNAMEN Nach Opernsängern benannt II D iesmal sind wir auf den Spuren bedeutender Sänger in Obermenzing unterwegs. Dort verbindet der Raffweg die ThaddäusEck-Straße mit der Thuillestraße. Anton Raff, heute meist Raaff geschrieben (1714–1797), unser diesjähriger Jubilar (300. Geburtstag am 6. Mai), wurde in der Nähe von Bonn geboren und sang die Titelrolle bei der Uraufführung von Mozarts Idomeneo im Jahr 1781. Wenn man das liest, stutzt man unwillkürlich. 1781 – da war der Tenor doch schon 67 Jahre alt. Ist das denn gut gegangen? Aber natürlich! Allerdings hat Mozart bei der Komposition Rücksicht auf den Sänger genommen. Doch dazu später. Anton Raaff sollte Geistlicher werden. Doch der musikbegeisterte Kurfürst Clemens August, Erzbischof von Köln, ein Wittelsbacher, entdeckte die schöne Stimme des Priesteramtskandidaten und schickte diesen zur Gesangsausbildung nach München. Dort debütierte der junge Mann bereits 1736 und setzte zwei Jahre später seine Bühnenkarriere in Italien fort. 1742 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er an verschiedenen Hoftheatern wirkte. Der italienische Dichter und Librettist Pietro Metastasio hörte ihn in Wien und meinte: „Er singt wie ein Engel.“ Selbst als er schon weit über siebzig war, sang Raaff noch „mit Gefühl und entzückender Anmut“. Mozart, der den Bühnenstar 1777 kennenlernte, beurteilte die Stimme jedoch recht kritisch. Wie der Hofsänger selbst brieflich bekundete, konnte er die Töne nicht mehr so lange halten wie in seiner Glanzzeit. Dennoch schrieb Mozart für den Toni eine Konzertarie, die „maßgeschneidert wie ein Rock“ war. Auch die Titelpar20 tie des Idomeneo schrieb er ihm auf den Leib. Mit dieser Oper wurde der Ruhm des berühmten Tenors in die Welt hinausgetragen. IBS Journal: Zeitschrift des Interessenvereins des Bayerischen Staatsopernpublikums e. V., Postfach 10 08 29, 80082 München Postvertriebsstück, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, B 9907 Südlich von „Im Wismat“, ein alter Flurname (Wiesenmahd, Wiesenmatte), trifft man gleich auf drei Straßen, die nach Opernsängern benannt worden sind: die Rehkemper-, die Schlusnus- und die Benderstraße. Heinrich Rehkemper (1894–1949) wurde in Schwerte geboren und studierte zunächst Maschinenbau. Anschließend besuchte er die Konservatorien in Hagen und Düsseldorf und setzte dann sein Musikstudium an der Musikakademie in München fort. 1919 debütierte der Bariton am Hoftheater in Coburg. Von 1921 bis 1924 wirkte er am Landestheater in Stuttgart, 1925 wurde der Westfale an die Bayerische Staatsoper in München engagiert. Der stilsichere Sänger überzeugte als Rigoletto, Macbeth, Wolfram und Amfortas, feierte jedoch seine größten Erfolge als Don Giovanni, Figaro und Papageno. Die warm timbrierte, ausdrucksvolle und sehr bewegliche Stimme mit ihrer leicht anspringenden Höhe war ideal für das Fach des Kavalierbaritons. Der beliebte Künstler war einer der bedeutendsten Liedinterpreten seiner Zeit. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere zog er sich eine Herzerkrankung zu, die ihn dazu zwang, der Bühne zu entsagen. Von 1940 bis 1945 unterrichtete er am Mozarteum in Salzburg. Im Alter von 55 Jahren erlag Heinrich Rehkemper seinem Herzleiden; sein Grab befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof. Von der Schönheit seiner Stimme zeugen Schallplattenaufnahmen aus den zwanziger Jahren. Südlich der Verdistraße trifft man auf die Härtingerstraße. Martin Härtinger (1815–1896), in Ingolstadt geboren, absolvierte ein Medizinstudium und praktizierte als Arzt. Alois Bayer, Erster Tenor der Münchner Hofoper, überzeugte den Mediziner mit der schönen Stimme davon, die Bühnenlaufbahn einzuschlagen, und übernahm dessen Ausbildung. 1841 debütierte Bayers Schüler auf Empfehlung von Franz Lachner am Hoftheater in Mannheim als Tamino in Mozarts Zauberflöte. 1842 gastierte der Ingolstädter an der Münchner Hofoper als Tamino und als Max sowie in Lachners Oper Catharina Cornaro. 1843 erhielt Martin Härtinger zu sehr guten Bedingungen einen Vertrag von der Münchner Hofoper, sozusagen als Nachfolger seines Lehrers Alois Bayer. Hier erweiterte der Mozart-Tenor sein Stimmfach in den nächsten zwölf Jahren erheblich und trat in Opern von Donizetti, Meyerbeer, Spontini auf, ja er sang sogar den Florestan. 1855 bis 1858 zog sich der Künstler allmählich von der Opernbühne zurück und trat nur noch gelegentlich als Konzert- und Liedersänger auf. Bis 1884 wirkte er an der von König Ludwig II. 1867 nach Plänen von Richard Wagner gegründeten Königlichen Musikschule als Gesangslehrer. Hochgeehrt feierte Martin Härtinger seinen 80. Geburtstag. Eineinhalb Jahre später erlag er einem Herzleiden und wurde auf dem Münchner Alten Südfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Helmut Gutjahr