Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1875 16. Wahlperiode Eingang: 03.04.2017 Antrag der Abg. Udo Stein u. a. AfD Betäubungsloses Töten von Schlachttieren Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. in welchem rechtlichen Verhältnis § 4 a Absatz 2 Nummer 2 Tierschutzgesetz und die „Verordnung (EG) Nummer 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung“ zueinander stehen; 2. ob es zutrifft, dass eine Ausnahmegenehmigungen nach § 4 a Absatz 2 Nummer 2 Tierschutzgesetz für private Schlachter notwendig ist, wenn diese außerhalb einer Schlachtstätte schlachten, nicht aber, wenn diese innerhalb einer Schlachtstätte schlachten; 3. wie viele Schlachtstätten und Tierhaltungen – und wo sich diese befinden – ihr in Baden-Württemberg bekannt sind, in denen Tiere aus Anlass des islamischen Opferfestes gehalten bzw. geschlachtet werden können (darunter auch herkömmliche Schlachthöfe, in denen es gegebenenfalls spezielle Einrichtungen für rituelles Schlachten gibt); 4. in welcher Art und Weise „verstärkt“ Schlachtstätten und Tierhaltungen während des islamischen Opferfestes amtlich kontrolliert werden (siehe Drucksache 16/1597); 5. ob es zutrifft, dass auch bei Vornahme einer betäubungslosen Schlachtung (laut Legaldefinition in § 4 a Absatz 2 Nummer 2 Bundestierschutzgesetz eine sogenannte Schächtung ) eine „KurzzeitElektrobetäubung“ – und gegebenenfalls in welcher Rechtsvorschrift – vorgeschrieben ist (so zumindest NGZ Online, „Schächten wider Willen“ vom 25. Januar 2016); 6. welcher Anwendungsbereich nach ihrer Auffassung für Baden-Württemberg der Vorschrift des § 12 Absatz 2 der Tierschutz-Schlachtverordnung vom 20. Dezember 2012 zukommt; 7. ob es nach Vorstehendem in Baden-Württemberg erlaubt ist, in Schlachthöfen aus rituellen Gründen Tiere zu schächten; 8. ob in Schlachthöfen des Landes Schlachttiere – gegebenenfalls welche – aus rituellen Gründen geschächtet werden; 9. ob ihr neben der Zahl von 500 000 mit Betäubung geschlachteter Rinder und 180 000 Schafen und Ziegen auch die Zahl der ohne Betäubung geschlachteten Tiere bekannt ist und gegebenenfalls warum ihr diese Zahl im Gegensatz zu den genannten anderen Zahlen nicht bekannt ist; 10. wie viele Verstöße gegen das Tierschutzgesetz ihr nach der neuen polizeilichen Kriminalstatistik bekannt sind und wie viele Verstöße nach den §§ 4 Absatz 1, 18 Absatz 1 Nummer 6 Tierschutzgesetz davon ermittelt wurden. 24.03.2017 Stein, Palka, Dürr, Dr. Baum, Herre, Gögel AfD Begründung Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nummer 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung gelten für das Schlachten von Tieren diverse allgemeine Anforderungen, besonders werden Tiere von jedem vermeidbarem Schmerz, Stress und Leiden verschont. Nach Artikel 4 Absatz 4 der genannten Verordnung gelten für Tiere, die speziellen Schlachtmethoden unterliegen, die durch bestimmte religiöse Riten vorgeschrieben sind, die Anforderungen gemäß Absatz 1 nicht, sofern die Schlachtung in einem Schlachthof erfolgt (so auch Drucksache 16/1597). Für solche Zwecke können Tiere ohne Betäubung getötet werden, so auch Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 15 Absatz 2. Ein spezieller religiöser Ritus dieser Art kann das Schächten sein. Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe c) ermächtigt allerdings die Mitgliedsstaaten (auch), zu Artikel 4 Absatz 4 weitergehende Schutzvorschriften erlassen. Davon hat der Bund offenbar in Form der TierschutzSchlachtverordnung vom 20. Dezember 2012 Gebrauch gemacht. In dessen § 12 Absatz 2 ist geregelt, dass Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung nur für das Schlachten ohne vorausgegangene Betäubung gilt. Nach Auffassung der Antragsteller hat § 12 Absatz 2 der Tierschutz-Schlachtverordnung keinen Anwendungsbereich. Denn Artikel 4 Absatz 4 der EU-Verordnung stellt ja selbst gerade Schlachthöfe von der Betäubungspflicht für gewisse religiöse Riten – wie das Schächten – frei. § 12 Absatz 2 stellt nach der hier vertretenen Auffassung daher keine einschränkende Schutzvorschrift dar, sodass es beim Regelungsgehalt der EU-Verordnung bleibt. Des Weiteren scheint eine „Kurzzeitbetäubung“ gegebenenfalls eine zulässige Methode zu sein, Tiere vor der Tötung zu betäuben, allerdings ist deren rechtliche Verortung unklar. Ebenso unklar ist nach Lektüre der Drucksache 16/1597, ob und in welchem Umfang nun in Baden-Württemberg in Schlachthöfen geschächtet wird und dies in seltsamem Kontrast zur bekannten Zahl der anderweitig geschlachteten Tiere. Nach Auffassung der Antragsteller kann der Bedarf an Fleisch von geschächteten Tieren in Deutschland nicht allein durch Importe gedeckt werden. Es ist daher anzunehmen, dass ein Teil des beim islamischen Opferfest verzehrten Fleisches aus illegalen „Badewannen-Schlachtungen“ stammt. Insofern interessiert, ob in der Vergangenheit schon entsprechende Ermittlungsverfahren anfielen.