Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 1 (Theoretische Physik III) Ferienkurs Quantenmechanik Sommersemester 2014 Fabian Jerzembeck und Christian Kathan Fakultät für Physik Technische Universität München 10. September 2014 Drehimpuls und Spin Häug hängt unser Potential in der Schrödingergleichung nur vom Abstand unseres Teilchens, zum Beispiel zu einem Atomkern, ab. Dann nimmt unsere stationäre Schrödingergleichung in 3 Dimesnsionen die Form ~2 ∆ + V (r) Ψ(~r) = EΨ(~r), − 2m mit r = x2 + y 2 + z 2 , an. Diese Symmetrie können wir nutzen, indem wir das Problem in Kugelkoordinaten betrachten. Der Laplaceoperator nimmt darin folgende Form an: 2 p ∆= 1 ∂ r2 ∂r r2 ∂ ∂r + r2 1 ∂ sin ϑ ∂ϑ sin ϑ ∂ ∂ϑ + r2 1 ∂ 2 sin ϑ ∂ϕ2 Das sieht zugegebenermaÿen (noch) nicht besser aus. Durch Einführung des quantenmechanischen Drehimpulsoperators können wir es aber weiter vereinfachen. Anschlieÿend führen wir eine allgemeine Diskussion der Drehimpulsalgebra durch und verwenden diese, um die Ergebnisse des Stern-Gerlach-Experiments zu interpretieren. Dazwischen schieben wir eine sehr knapp gehaltene Darstellung des WasserstoProblems ein. Zum Abschluss werfen wir einen kurzen Blick auf die Kopplung von Drehimpulsen. Weite Teiles dieser knappen Darstellung orientieren sich an die Vorlesung von Herrn Prof. Ratz (SS13), sowie von Herrn Prof. Zwerger (SS14) und dem Ferienkurs 2013. 1 Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 2 (Theoretische Physik III) 1 Drehimpuls Analog zum klassischen Drehimpuls denieren wir uns den (hermiteschen) Drehimpulsoperator ~ ≡ ~r × p~ = −i~(~r × ∇) L mit den Komponenten ∂ ∂ −z Lx = ypz − zpy = −i~ y ∂z ∂y ∂ ∂ Ly = zpx − xpz = −i~ z −x ∂x ∂z ∂ ∂ −y Lz = xpy − ypx = −i~ x ∂y ∂x Das Betragsquadrat lautet L2 = L2x + L2y + L2z Für die Komponenten können wir Vertauschungsrelationen ausrechnen: [Lx , Ly ] = [ypz −zpy , zpx −xpz ] = [ypz , zpx ]−[zpy , zpx ] − [ypz , xpz ] +[zpy , xpz ] = P roduktregel | {z } | {z } =0 =0 = y[pz , zpx ] + [y, zpx ] pz + z [py , xpz ] +[z, xpz ]py | {z } | {z } =0 = P roduktregel =0 = yz [pz , px ] +y [pz , z] px + x [z, pz ] py + [z, x] pz py = i~(xpy − ypx ) = i~Lz | {z } | {z } | {z } | {z } =0 =−i~ =0 =i~ Und analog [Lx , Lz ] = −i~Lz [Ly , Lz ] = i~Lx , Satz 1 In kompakter Notation: [Li , Lj ] = i~ijk Lk Daraus folgt dann direkt [L2 , Li ] = 0 Die Idee ist nun gemeinsame Eigenfunktionen von Lz und L2 zu konstruieren, die wie wir im Folgenden sehen werden, auch Eigenfunktionen vom Hamiltonoperator mit einem radialsymmetrischen Potential sind. 2 Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 3 (Theoretische Physik III) 1.1 Drehimpuls in Kugelkoordinaten (Dieser Abschnitt wird in der Vorlesung weitgehend ausgespart. Die Rechnungen werden hier dennoch präsentiert, da diese in den Standardlehrbüchern meist sehr verkürzt dargestellt sind.) In Kugelkoordinaten, dh x = r sin ϑ cos ϕ y = r sin ϑ sin ϕ z = r cos ϑ können wir zB die Lz -Komponente des Drehimpulses ausdrücken als ∂ ∂ Lz = −i~ x −y = ∂y ∂x Kettenregel ∂r ∂ ∂r ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϕ ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϕ ∂ + + + + −i~ x −y = ∂y ∂r ∂y ∂ϑ ∂y ∂ϕ ∂x ∂r ∂x ∂ϑ ∂x ∂ϕ ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϕ ∂ ∂r ∂r ∂ϑ ∂ϕ + x + x −i~ x −y −y −y ∂y ∂x ∂r ∂y ∂x ∂ϑ ∂y ∂x ∂ϕ | {z } | {z } | {z } (I) (II) (III) p Mit r = x2 + y 2 + z 2 folgt ∂r x = , ∂x r Aus cos ϑ = z r ∂r y = , ∂y r y r x r also (I) = x − y = 0. folgt z z ∂ϑ ∂ϑ ∂ ∂ (II) = x −y = x arccos −y arccos = ∂y ∂x ∂y r ∂x r Kettenregel 1 1z 1 1z xyz xyz x q − 3 2y − y q − 3 2x = √ − √ =0 2 2 2 2 2r 2r r r −z r r2 − z 2 − 1 − zr2 − 1 − zr2 Mit tan ϕ = y x folgt ∂ϕ ∂y ∂ϕ ∂x y y ∂ ∂ (III) = x −y = x arctan −y arctan = ∂y x ∂x x Kettenregel 1 1 1 y 1 y2 x −y − 2 = 1+ 2 =1 2 2 2 x x 1 + xy 2 x 1 + xy 2 1 + xy 2 3 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 4 Insgesamt erhalten wir für die Lz -Komponente des Drehimpulses in Polarkoordinaten Lz = −i~ ∂ . ∂ϕ Ähnliche Rechnerei gibt uns ∂ ∂ Ly = −i~ cos ϕ − cot ϑ sin ϕ , ∂ϑ ∂ϕ ∂ ∂ Lx = −i~ sin ϕ − cot ϑ cos ϕ . ∂ϑ ∂ϕ und damit 2 2 L = −~ 1 ∂ sin ϑ ∂ϑ ∂ sin ϑ ∂ϑ 1 ∂2 + sin2 ϑ ∂ϕ2 Dieser Term entspricht bis auf den Vorfaktor dem Winkelanteil des Laplaceoperators in Kugelkoordinaten. Unseren Hamiltonoperator für das radialsymmetrische Potential ( im SP-System) können wir also schreiben als ~2 ∂ H=− 2mr2 ∂r ∂ r ∂r 2 + L2 + V (r) 2mr2 Da L2 und Lz nur nur auf den Winkelanteil der Wellenfunktion wirken, sehen wir dass 0 = [H, L2 ] = [H, Lz ] Auÿerdem gilt ja [L2 , Lz ] = 0. Es gibt also einen Satz von simultanen Eigenvektoren von H ,L2 und Lz ! Sind diese bekannt, so lässt sich ein zentralsymmetrisches Problem mittels Separationsansatz auf eine noch zu lösende Radialgleichung reduzieren. 1.2 Drehimpulsalgebra Zum diese Eigenvektoren zu bestimmen, könnten wir im Ortsraum verbleiben und die erhaltenen Dierentialgleichungen lösen 1 Im Hinblick auf die zugrunde liegende grundsätzliche Struktur werden wir eine abstrakte, basisunabhängige Diskussion in Dirac-Schreibweise durchführen. Zu diesem Zweck setzen wir einen beliebigen Drehimpulsoperator J~ voraus, der die Vertauschungsrelationen (VTR) [Jx , Jy ] = i~Jz und zyklisch erfüllt. Unser Ziel ist es, das Spektrum (d.h. alle möglichen Eigenwerte) von J~2 und Jz (Auswahl der zKomponente absolut willkürlich!) zu bestimmen. 1 Dies muss auch getan werden, um eine explizite Darstellung der Kugelächenfunktionen zu erhalten. 4 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 5 Damit lautet unser Ansatz für die gemeinsamen (normierten) Eigenvektoren |λ, mi: (1) (2) J~2 |λ, mi = ~2 λ |λ, mi Jz |λ, mi = ~m |λ, mi , wobei λ und m reell angenommen werden können (→ Hermitizität). Als erstes erklären wir sog. Auf- und Absteigeroperatoren durch J+ := Jx + iJy J− := Jx − iJy = J+† . Es gelten die VTR (Übung) [J+ , J− ] = 2~Jz , [Jz , J± ] = ±~J± , [J 2 , J± ] = 0. Auÿerdem lässt sich J 2 = Jx2 + Jy2 + Jz2 ausdrücken als J2 = 1 (J− J+ + J+ J− ) + Jz2 . 2 Nun beobachten wir, dass J± die Auf- und Absteigeoperatoren für die z -Komponente des Drehimpulses sind, da Jz (J± |λ, mi) = J± Jz |λ, mi ± ~J± |λ, mi = (m ± 1)~(J± |λ, mi) J 2 (J± |λ, mi) = J± (J 2 |λ, mi) = λ(J± |λ, mi), wobei wir obige VTR benutzt haben. das heiÿt J± |λ, mi ist wieder ein Eigenzustand zu den Eigenwerten (m±1)~ und λ (unverändert, zweite Rechnung), ist also ein Vielfaches von |λ, m ± 1i. Diese Feststellung rechtfertigt die Namensgebung von J± . Werfen wir weiter einen Blick auf hλ, m| Jx2 + L2y ! 2 2 ~ |λ, mi = hλ, m| J − Jz |λ, mi = ~2 (λ − m2 ) ≥ 0, (3) folgt sofort die Einschränkung m2 ≤ λ. Halten wir λ fest, so muss ein max m =: j und ein min m =: j 0 geben. Ein weiteres Aufsteigen von einem EV mit maximaler z -Komponente ist nicht möglich, was J+ |λ, m = ji = 0 bedeutet. Durch eine geschickte Umformung J− J+ = Jx2 + Jy2 −i (Jy Jx − Jx Jy ) = J 2 − Jz2 − ~Jz {z } | {z } | J 2 −Jz2 [Jy ,Jx ]=−i~Jz 5 (4) Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 6 erhalten wir damit 0 = J− J+ |λ, m = ji = 2 − Jz2 − ~Jz |λ, m = ji = ~(λ − j 2 − j) |λ, m = ji , (5) was λ = j(j + 1) bedeutet. Die selbe Rechnung mit j 0 und J+ ↔ J− führt auf λ = j 0 (j 0 − 1). Gleichsetzen unter Berücksichtigung von j 0 < j bedingt, dass j 0 = −j . Nun benötigen wir einen letzten cleveren Kni: Den EV |λ, m = −ji können wir durch ganzzahliges Anwenden des Absteigeoperators J− auf |λ, m = ji erzeugen. Insgesamt brauchen wir j − j 0 = 2j Schritte. M.a.W. impliziert dies, dass 2j eine (positive) ganze Zahl sein muss, was nur durch j = 0, 21 , 1, 23 , 2, . . . erfüllt wird. Gleichzeitig sind damit auch die möglichen m zu m = −j, −j + 1, . . . , j − 1, j festgelegt. Damit sind wir fertig und zu einer übersichtlicheren Notation benennen wir die EV um zu |j, mi mit λ = j(j + 1). Wir fassen damit zusammen: Die Eigenwerte eines beliebigen Drehimpulsoperators (also alle Operatoren, die die geforderte VTR erfüllen) sind diskret und können Werte annehmen Satz 2 ~2 j(j + 1)für J~2 ~m mit j = 0, 21 , 1, 32 , 2, . . ., und für Jz mit m = −j, −j + 1, . . . , j − 1, j , d.h. (2j + 1) Werte. Die zugehörigen Eigenvektoren sind die Zustände |j, mi. Speziell führt eine etwas konkretere Betrachtung im Ortsraum auf die bekannten Kugelächenfunktionen : 6 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 7 Die Drehimpulseigenzustände im Ortsraum sind die Kugelächenfunktionen hϑ, ϕ|l, mi = Ylm mit Satz 3 L2 Ylm (ϑ, ϕ) = l(l + 1)~2 Ylm (ϑ, ϕ) Lz Ylm (ϑ, ϕ) = m~Ylm (ϑ, ϕ). In expliziter Darstellung können sie (bereits korrekt normiert) als s Ylm (ϑ, ϕ) = (l − m)! (l + m)! r 2l + 1 m P (cos ϑ)eimϕ 4π l geschrieben werden. Als normierte Eigenfunktionen zu verschiedenen Eigenwerten von hermiteschen Operatoren bilden sie ein Orthonormalsystem auf der Sphäre S 2 ˆ dΩYl∗0 m0 (ϑ, ϕ)Ylm (ϑ, ϕ) = δl0 l δm0 m Dabei ist l = 0, 1, 2, ... die Drehimpuls-/Orbitalquantenzahl und m = −l, .., 0, ..l die Magnetquantenzahl. Explit lauten die ersten Kugelächenfunktionen 1 Y00 (ϑ, ϕ) = √ 4π r 3 Y10 (ϑ, ϕ) = cos(ϑ) 4π r 3 sin ϑe±iϕ Y1,±1 (ϑ, ϕ) = ∓ 8π r 5 Y20 (ϑ, ϕ) = (3 cos2 ϑ − 1) 16π r 15 Y2,±1 (ϑ, ϕ) = ∓ sin ϑ cos ϑe±iϕ 8π r 15 Y2,±2 (ϑ, ϕ) = sin2 ϑe±2iϕ 32π 2 Energieeigenwerte vom Wasserstoatom (Dieser Abschnitt wird in der Vorlesung aus Zeitgründen sehr knapp behandelt. Da die Lösung des Wasserstoproblems eine der zentralen Punkte einer Einführung in die Quantenmechanik darstellt, ndet der Leser hier eine etwas ausführlichere Zusammenfassung.) 7 Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 8 (Theoretische Physik III) Wir schauen uns jetzt die Schrödingergleichung für ein gebundenes Elektron (dh E < 0) im Coulombpotential an. In Kugelkoordinaten lautet sie ~2 ∂ − 2mr2 ∂r ∂ r ∂r 2 L2 Ze2 + Ψ(~r) = EΨ(~r) − 2mr2 r Wir machen einen Separtionsansatz der Form Ψ(~r) = REl (r)Ylm (ϑ, ϕ). Mit der zusätzlichen Substitution REl (r) = uEl (r) r erhalten wir ~2 d2 uEl l(l + 1)~2 Ze2 − uEl (r) = EuEl (r) + − 2m dr2 2mr2 r Da die Wellenfunktion Ψ(~r) normiert sein muss, gilt ˆ ˆ 1= r 2 ˆ ∗ (ϑ, ϕ)Ylm (ϑ, ϕ) dΩYlm ∗ (r)REl (r) drREl | {z =1 = dru∗El (r)uEl (r) } Wir können also uEl (r) als 1-dimensionale Wellenfunktion in dem eektiven Potential Ve (r) = − Ze2 l(l + 1)~2 + r 2mr2 interpretieren. Falls l 6= 0 kommt dadurch eine Drehimpulsbarriere zustande: Auÿer für s-Zustände (dh l = 0) ist die Wahrscheinlichkeit das Teilchen in der Nähe des Ursprungs anzutreen sehr klein. 2.1 Asymptotisches Verhalten Wir wollen jetzt die Funktion uEl (r) bestimmen. Schauen wir uns zunächst das asymptotische Verhalten an: 8 Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 9 (Theoretische Physik III) 2.1.1 für r → 0 Es dominiert der 1/r2 -Term und die Dierntialgleichung reduziert sich auf l(l + 1) d2 uEl = uEl (r). 2 dr r2 Die allgemeine Lösung lautet u(r) = Arl+1 + Br−l . Da die Wellenfunktion normierbar bleiben muss, kommt nur uEl (r) ∼ rl+1 (r → 0) in Frage. 2.1.2 für r → ∞ Für r → ∞ reduziert sich unsere DGL auf d2 uEl = κ2 uEl dr2 κ2 ≡ − 2mE >0 ~2 r→∞ Unsere Denition von κ macht Sinn da wir von gebunden Zuständen (dh E < 0) reden. Die allgemeine Lösung dieser DGL ist u(r) = Ceκr + De−κr . Zwecks Normierbarkeit kommt diesmal nur uEl (r) ∼ e−κr (r → ∞) in Frage. 2.2 Lösung Ab jetzt führen wir die dimensionslosen Gröÿen r ρ ≡ κr = 2 ρ0 ≡ 2m|E| r ~2 2 Ze κ e ~cκ =Z = Zα |E| ~c |E| s 2mc2 |E| ein. α = ~ce 2 wird Feinstrukturkonstante genannt. Unter Beachtung von dρ = κdr wird die DGL nach Umformung zu 2 d2 1 ρ0 − l(l + 1) 2 + − 1 uEl (ρ). dρ2 ρ ρ Zur Lösung machen wir einen Ansatz der Form uEl (ρ) = ρl+1 e−ρ w(ρ) 9 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 10 der das bekannte asymptotische Verhalten berücksichtigt. Damit bekommen wir für w(ρ): ρ d2 w(ρ) dw(ρ) + (ρ0 − 2l − 2)w(ρ) = 0 + 2(l + 1 − ρ) dρ2 dρ Zur Lösung machen wir einen Potenzreihenansatz: w(ρ) = ∞ X ak ρk k=0 Damit erhalten wir ∞ X ak k(k − 1)ρ k−1 + 2(l + 1)kρ k−1 ak + ak (ρ0 − 2l − 2 − 2k)ρ k =0 k=0 und durch Koezientenvergleich ak+1 [(k + 1)k + 2(l + 1)(k + 1)] + ak (ρ0 − 2l − 2 − 2k) ρk = 0 oder ak+1 2(k + l + 1) − ρ0 = ak (k + 2l + 2)(k + 1) Für groÿe k gilt dann ak+1 2 ∼ , ak k entspricht also ungefähr dem Verhältnis der Koezienten von der Exponentialfunktion ∞ e 2ρ = X (2ρ)k k=0 Damit wäre aber und somit k! w(ρ) ∼ e2ρ (r → ∞) uEl (ρ) ∼ eρ (r → ∞) nicht normierbar! Nur wenn unsere Potenzreihe abbricht bekommen wir keine Schwierigkeiten. Schauen wir unsere Rekursionsgleichung ak+1 = 2(k + l + 1) − ρ0 ak (k + 2l + 2)(k + 1) an, sehen wir dass ein N existieren muss, sodass 2(N + l + 1) = ρ0 . Das Problem ist nun prinzipiell gelöst. 10 Drehimpuls und Spin Tag 3 10. September 2014 Seite 11 (Theoretische Physik III) 2.3 Hauptquantenzahl n Um weiterzumachen denieren wir die Hauptquantenzahl n als n ≡ N + l + 1 = 1, 2, 3, ... mit l = 0, 1, ..., n − 1 Damit gilt jetzt 2mc2 ρ0 = −E 1/2 Zα = 2n, wir haben also: Satz 4 Die Energieeigenwerte für das Wasserstoatom lauten 1 Z 2 α2 En = − mc2 2 2 n Da zu jedem n-Wert, l die Werte 0 bis n − 1 annehmen kann, und für jeden l-Wert m die Werte −l bis l annehmen kann, ist jeder Energieeigenwert En Pn−1 2 l=0 (2l + 1) = n -fach entartet. Die zugehörigen Eigenfunktionen in der Ortsbasis bezeichnen wir mit Ψnlm (~r) = h~r|nlmi = Rnl (r)Ylm (ϑ, ϕ). Die (normierten) Radialwellenfunktionen erhalten wir durch rücksubstituieren in der Herleitung. Sie lauten in der allgemeinen Form Rnl (r) = −e −κr (2κr) l (n − l − 1)!(2κ)3 2n((n + l)!)3 11 −1/2 L2l+1 n+l (2κr) Drehimpuls und Spin Tag 3 Mit der Bezeichnung a ≡ (Theoretische Physik III) a0 Z = ~2 Zme2 10. September 2014 Seite 12 lauten die ersten Radialwellenfunktionen explizit r R10 (r) = 2a e a, r r − −3/2 R20 (r) = 2(2a) 1− e 2a , 2a r − r 1 R21 (r) = √ (2a)−3/2 e 2a , a 3 r − 2r2 2r −3/2 + e 3a , R30 (r) = 2(3a) 1− 3a 27a2 √ r −r r 4 2 (3a)−3/2 1− e 3a , R31 (r) = 3 a 6a √ 2 − r 2 2 −3/2 r R32 (r) = √ (3a) e 3a a 27 5 −3/2 − 3 Spin Auÿer dem aus klassischen Systemen bekannten Bahndrehimpuls, besitzen quantenmechanische Objekte noch einen intrinsischen Drehimpuls, den Spin, ohne Entsprechung in klassischen Systemen. Im einfachsten Fall besitzt ein Teilchen 2 Spinzustände die wir mit Spin-up (|+i) und Spin-down (|−i) bezeichnen. Die Observablen Sx , Sy und Sz des Spinvektors können dementsprechend durch 2 × 2-Matrizen dargestellt werden. Als experimenteller Nachweis für den Spin dient vor allem der Stern-Gerlach-Versuch : 3.1 Das Stern-Gerlach-Experiment ~ Das magnetische Moment eines geladenen Teilchens der Masse m mit Drehimpuls L beträgt klassisch µ ~≡ ~ eL 2mc Die potentielle Energie eines Teilchens mit dem magnetischen Moment µ ~ in einem ~ Magnetfeld B beträgt ~ −~µ · B. ~ ortsabhänWenn wir ein inhomogenes Magnetfeld nehmen, wird das Potential −~µ · B gig. Durch so ein inhomogenes Magnetfeld schicken wir jetzt einen Strahl aus Silberatomen. Eine Wechselwirkung der Atome mit dem Magnetfeld kann nun entweder durch das magnetische Moment des Kerns, oder das der Elektronen geschehen: Das magnetische Moment des Kerns ist aber vernachlässigbar da er viel schwerer ist als die Elektronen 12 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 13 und die Masse im Nenner das magnetische Moment sehr klein werden lässt. Von den Elektronen spielt nur das 5s-Elektron Elektron eine Rolle. Die Momente der restlichen Elektronen heben sich gerade auf. Für die Quantenzahl l der 5s-Elektronen gilt aber l = 0 und sie besitzen somit keinen Bahndrehimpuls! Klassisch würden wir erwarten, dass das magnetische Moment der Elektronen deshalb null ist und der Strahl somit geradlinig durch unser Magnetfeld läuft. Allerdings wird gerade dies nicht beobachtet: Die beobachteten 2 diskreten Werte von µz können durch Einführung eines intrinsischen halbzahligen Eigendrehimpulses, dem Spin, erklärt werden. Dieser ist ebenfalls mit einem magnetischen Moment verknüpft und koppelt somit an das Magnetfeld. Der Spin besitzt kein klassisches Analogon und ist somit ein komplett neues Quantenphänomen. Nun etwas ausführlicher. Für den Spin des Elektrons (hier die Sz -Komponente) sind anscheinend nur 2 Zustände möglich. Diese bezeichnen wir Spin-up und Spin-down. Betrachten wir die Lz -Komponente vom Bahndrehimpuls, so sehen wir, dass Lz = m~ − l ≤ m ≤ +l, wobei m in ganzzahligen Schritten läuft. Wir haben also nur einen möglichen Lz -Wert falls l = 0 und drei mögliche Lz -Werte falls l = 1. Die Beobachtung zeigt aber nur zwei mögliche Werte für den Spin und das erhält man formal dadurch, dass wir l = 21 setzen. Dann sind die möglichen Sz -Werte − ~2 und + ~2 , in Übereinstimmung mit dem Experiment. 13 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 14 3.2 Formalismus Die Observable Sz besitzt also die zwei Eigenwerte − ~2 und + ~2 . Die zugehörigen orthogonalen Eigenvektoren werden mit |+i und |−i bezeichnet. Falls wir unseren SpinOperator als 2 × 2-Matrix darstellen wollen, lauten die Eigenvektoren 1 |+i = 0 0 |−i = . 1 Ein allgemeiner Spinor ist imAllgemeinen eine Superposition der beiden orthogonalen c1 Eigenzustände, d.h. |χi = = c1 |+i + c2 |−i mit der Normierungsbedingung c2 |c1 | + |c2 | = 1, wobei die Koezienten komplex sind. 2 2 Damit schreibt sich Sz zu ~ Sz = 2 1 0 0 −1 Als eine Form des Drehimpulses gelten/ fordern wir für den Spin die Vertauschungsrelationen Satz 5 [Si , Sj ] = i~ijk Sk Damit können wir uns jetzt auch eine Darstellung für Sx und Sy konstruieren. Dies kann zum Beispiel durch Anwenden des Auf-/Absteiger-Formalismus geschehen. Damit erhält man Sx = ~ 2 0 1 1 0 Sy = ~ 2 0 −i i 0 Das lässt sich mit den Pauli-Matrizen kompakt schreiben als ~ = ~ ~σ S 2 wobei T ~σ = (σx , σy , σz ) 0 1 0 −i 1 0 mit σx = , σy = , σz = 1 0 i 0 0 −1 Für die Pauli-Matrizen gilt [σi , σj ] = 2iijk σk σx2 = σy2 = σz2 = 1 {σi , σj } = 2δij Aus der zweiten Relation sehen wir, dass 3 S 2 = ~2 · 1 4 14 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 15 3.3 Transformation von Spinoren unter Drehungen In diesem Abschnitt beschränken wir uns (wie oben) auf dem Spinorraum, d.h. wir betrachten Spin-1/2 Teilchen. Die zentrale Aufgabe ist es, die Eigenzustände von Spinprojektionen bezüglich beliebiger Raumrichtungen anzugeben. Bisher haben wir nur diese in z -Richtung kennengelernt (das waren |+i und |−i bzgl. σz ). ~ ±i die gesuchten Zustände. Dabei gibt Ω ~ Dazu bezeichnen wir mit |Ω, eine beliebi sin ϑ cos ϕ ~ = sin ϑ sin ϕ ge Richtung im Ortsraum an, wobei wir die Parametrisierung Ω verwenden. Die zu erfüllende Eigenwertgleichung lautet somit cos ϑ ~ ±i , ~ ·Ω ~ |Ω, ~ ±i = ± ~ |Ω, S 2 (6) ~ |Ω, ~ ±i = ± |Ω, ~ ±i ~σ · Ω (7) was äquivalent zu ist. Es liegt nun nahe, beliebige Eigenzustände mittels Drehungen zu generieren, wobei wir die Basis {|+i , |−i} des Spinorraums C2 festhalten. Allgemein wird durch Angabe einer (normierten) Richtung ~n mit einem Winkel ϑ eine Drehung im Ortsraum vollständig festgelegt. Ohne zu tief in die Darstellungstheorie der SO(3) einzusteigen, übersetzt sich dies zu einer entsprechenden Drehung im Spinorraum. Drehungen sind dort Elemente der SU (2) und werden parametrisiert durch ~ D~n (θ) = exp −iθ~n · S/~ = exp (−iθ~n · ~σ /2). (8) Starten wir bei Nord- oder Südpol (festgelegt durch unsere ursprüngliche Quantisierungsachse, also die z -Achse), so können wir mit einer Drehung um die z -Achse mit dem Winkel ϕ und einer anschlieÿenden Drehung um die y -Achse mit θ jeden Punkt auf der Oberäche der Einheitssphäre erreichen. Das übersetzt sich im Spinorraum zu ~ . einer unitären Drehmatrix Dz (ϕ) · Dy (θ) =: D(Ω) Damit können wir die Lösung formulieren: Satz 6 Die Eigenzustände eines Spin-1/2 Teilchens in einer beliebigen Raumrichtung (Winkel ϑ und ϕ) sind ~ ±i = D(Ω) ~ |±i |Ω, mit der unitären 2 × 2-Drehmatrix ~ = D(Ω) cos sin ϕ θ e−i 2 2 ϕ θ e+i 2 2 ϕ − sin 2θ e−i 2 ϕ . cos 2θ e+i 2 Alternativ kann das Resultat durch Einsetzen in die Eigenwertgleichung auch einfach nachgerechnet werden (Übung). 15 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 16 Nochmal: Drehen wir im Ortsraum die Quantisierungsachse (z.B. falls wir die Richtung des Gradienten des inhomogenen Magnetfeldes im Stern-Gerlach-Experiment verändern), so müssen wir gleichzeitig im Spinorraum drehen, um die korrekten Eigenzustände der Spinprojektion bzgl. der neuen Achse zu erhalten (s. Übungen). 3.4 Addition von Drehimpulsen Zum Schluss werden wir die Addition/ Kopplung von Drehimpulsen kurz skizzieren. Dies wird wichtig, wenn man bedenkt, dass z.B. Elektronen in Atomen sowohl einen Bahndrehimpuls als auch einen Spin besitzen. Auch spielt dieser Formalismus eine wichtige Rolle im Periodensystem der Elemente, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Betrachten wir nun zwei beliebige Drehimpulse J~1 und J~2 (und damit zwei verschiedene Hilberträume) mit ihren jeweiligen Eigenzuständen |ji , mi i, i = 1, 2. Denieren wir nun einen Gesamtdrehimpuls J~ = J~1 + J~2 so kann der dazugehörige Gesamthilbertraum durch die Produktzustände |j1 , m1 i ⊗ |j2 , m2 i aufgespannt werden.2 Da J~1 und J~2 vertauschbar sind, erfüllt der so denierte Gesamtdrehimpuls die Drehimpulsalgebra, d.h. [Jx , Jy ] = i~Jz und zyklisch (so wie es sein sollte!). Damit sind die möglichen Eigenwerte von J~2 und Jz bereits festgelegt. Gesucht sind noch die zugehörigen Eigenzustände, ausgedrückt in der oben erwähnten Produktbasis. Es kann nun gezeigt werden, dass insgesamt J~2 ,Jz , J~12 und J~22 untereinander kommutieren. Deshalb identizieren wir die Eigenzustände mit |j1 , j2 , j, mi. Es wird an dieser Stelle betont, dass m1z und m2z im Allgemeinen keine guten Quantenzahlen mehr sind! Ein wesentliches Resultat ist nun, dass für gegebene j1 und j2 für den Gesamtdrehimpuls die Werte |j1 − j2 | ≤ j ≤ j1 + j2 möglich ist. Als abschlieÿendes Beispiel betrachten wir nun die Kopplung zweier 1/2 Spins zu Singlet (S = 0) und Triplet (S = 1). Hier liegt es nahe, den Gesamtdrehimpuls als Gesamtspin S~ = S~1 + S~2 zu bezeichnen. In knapper aber übersichtlicher Notation |S, mS i erhalten wir S = 0 Singlet : S = 1 Triplet : 1 |0, 0i = √ (|+, −i − |−, +i) 2 |1, 1i = |+, +i 1 |1, 0i = √ (|+, −i + |−, +i) 2 |1, −1i = |−, −i zugrunde liegende Struktur ist als Tensorraum bekannt. Die Vorlesung erlaubt aus Zeitgründen jedoch nicht hierauf tiefer einzugehen. Auftretende Fragen können hierzu gerne in den Übungen gestellt werden. 2 Die 16 Drehimpuls und Spin Tag 3 (Theoretische Physik III) 10. September 2014 Seite 17 Dabei ist zu erkennen, dass der Singlet-Zustand antisymmetrisch und die TripletZustände symmetrisch sind. In den Übungen werden diese Zustände und der Umgang mit dem Gesamtspin-Operator vertiefend behandelt. 17