Die knallrote Blüte des Klatschmohns steht für den Beginn des

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Natur
Im Rausch der Farbe
Die knallrote Blüte des Klatschmohns steht für
den Beginn des Frühsommers. Im Gegensatz zum
Schlafmohn darf er wachsen, wo er will
Der zarte Klatschmohn
liebt Getreidefelder,
wie hier vor der Veste
Wachsenburg in Thüringen
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Foto: © Bildagentur Huber
Text: Antonia Bloom
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Natur
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blühenden Arten Sand- und Saatmohn
sowie den Weißen Alpenmohn.
Der Mensch macht aus
Pflanzen Blumen des Bösen
Bis zu einen Meter tief treibt die krautige Pflanze ihre Pfahlwurzel in die Er­
de. Die dünnen Stängel wachsen 30 bis
90 Zentimeter hoch und sind, wie auch
die gefiederten Blätter, behaart. Damit
kletten sie am Fell von Tieren, die so
auch zu ihrer Verbreitung beitragen.
Die noch geschlossene Blütenknospe
der Mohnblume lässt ihr Köpfchen hängen, als ob sie demütig oder konzentriert auf ihren großen Auftritt warte.
Dann, wenn die Stunde gekommen ist,
richtet sie sich auf. Die
Schale bricht auf, und
die Blüte entfaltet sich
wie ein Schmetterling,
der aus seinem Kokon
schlüpft. Schmetterlingsflügelgleich spannen sich die seidenpapierdünnen knittrigen Blütenkronblätter aus.
Mohnblumen blühen nur ein, zwei
Tage, treiben aber bis in den August hinein immer neue Blüten aus. Wer sie
pflückt, hat wenig Freude, da sie innerhalb kürzester Zeit verwelken. Von Juli
bis August reift der Fruchtknoten zur
kugeligen Kapsel. Darin sind die ölhaltigen Mohnsamen enthalten, die vom
Schlafmohn blüht meist rosa bis
violett. Der Milchsaft der großen
grünen Kapseln enthält Opiate
Fotos: © Getty Images; (Grafik) Fotolia
V
incent van Gogh tat es,
Gustav Klimt, Emil
Nolde und, natürlich, der
Maler des Lichts Claude
Monet. Die Künstler des
19. und 20. Jahrhunderts, Impressionisten, Expressionisten, Jugendstilmaler, sie alle versuchten sich an ein und
demselben Motiv, webten mit Ölfarben
einen Teppich auf die Leinwand: rote
Tupfen in Wiesengrün. Schwungvoll
hingepinselt und doch eindeutig als
Mohnblumenfeld erkennbar. Mit ungezügelter Lust an der Farbe und berauscht von der Leuchtkraft dieses
Ackerunkrauts.
Sie duftet kein bisschen, aber das
macht nichts. Die Blüte des roten
Klatschmohns, die den Beginn des
Frühsommers anzeigt, ist umwerfend.
Als Lichtkeimer benötigt die meist einjährige Pflanze offene Flächen und
sommerwarme Böden. Getreidefelder
sind ideales Terrain. Doch Bauern betrachteten sie stets mit Argwohn und
spritzen sie mit anderem Unkraut weg.
Mit der Getreidesaat gelangten die
Mohnblumen, die ursprünglich am östlichen Mittelmeer beheimatet waren,
einst in alle Erdteile dieser Welt. Heute
ist das Saatgut so gut gereinigt, dass
kaum mehr Mohnsamen mit dem Getreide ausgesät werden. Doch so
schnell gibt die elfenzarte Schönheit
nicht klein bei. Sie erschließt sich auch
Straßenränder und Böschungen, besiedelt Schuttplätze und Brachen, in guter
Gesellschaft mit Kamille und Kornblume. Riesige Mohnfelder sind eher
selten geworden, ihre berauschende
Wirkung aber bleibt ungebrochen.
Der Rausch ist allein fürs Auge. Zwar
enthält der Milchsaft des Klatschmohns
leicht giftige Alkaloide, aber Opiate wie
im rosa bis violett blühenden Schlafmohn sucht man vergeblich. Schon seit
der Jungsteinzeit weiß der Mensch um
die Wirkstoffe dieser Pflanze und setzte
sie als Heilmittel ein – zur Linderung
von Husten, Schmerzen und gerne auch
zur Beruhigung von Kleinkindern. Später verwendete man die Kronblätter des
Klatschmohns, um rote Tinte herzustellen. In Deutschland findet man neben
dem verbreiteten Klatschmohn die rot
Die Knospe hängt
und richtet sich erst
zur Entfaltung der
Blüte auf
Wind ausgestreut werden. Klatschmohn kann beim Vieh durch übermäßigen Verzehr zu lebensgefährlichen
Krämpfen führen, beim erwachsenen
Menschen löst eine Überdosis aber
„nur“ unangenehme Magen-Darm-Beschwerden aus. So gesehen ist er geradezu harmlos. Ein braves Blümchen –
verglichen mit seinem gefährlichen Ver-
wandten, um den sich Mythen ranken
und Dramen abspielen. Der Schlafmohn ist die Blume des Bösen. Gefährlich und böse ist allerdings nur das,
was der Mensch daraus macht.
Gemeint sind nicht Mohnbrötchen,
deren schmackhafte Dekoration vom
Schlafmohn stammt. Die Samen sind
überhaupt nicht das Problem. Es ist der
weiße Milchsaft, der austritt, wenn
man die unreifen Kapseln anritzt. Getrocknet ist er bekannt als Opium und
enthält beim Schlafmohn rund 40 Alkaloide, darunter Codein und Morphin
– benannt nach Morpheus, dem Gott
der Träume. Aus Opium kann man
Morphin und Heroin gewinnen. Neben
der schmerzlindernden haben die Stoffe
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Natur
Mohn ist beliebt wegen seines nussigen
Aromas – vor allem in süßen Speisen
wie diesem Apfel-Mohn-Kuchen
Aus Aphrodites Tränenmeer
wuchsen Mohnblumen
In vorchristlicher Zeit war Zypern ganz
dick im Opiumgeschäft. Abgefüllt in
spezielle Gefäße, war es der Exportartikel schlechthin. Von der griechischen
Insel, aus ihren Fluten geboren, stammt
auch Aphrodite, die Göttin der Liebe.
Als sie den Tod ihres geliebten Adonis
beweinte, sollen aus ihren Tränen
Mohnblumen gewachsen sein, die ihren
Kummer trösteten. So will es der Mythos und wird eins mit der Geschichte.
Hauptanbaugegenden für Schlafmohn sind heute Asien, Australien, Afghanistan, einige Balkanländer und die
Türkei. Auch im österreichischen
Waldviertel hat Schlafmohn eine lange
Tradition. Dort dient er jedoch nicht
der Drogengewinnung oder zu medizinischen Zwecken. Seine aromatischen
Samen werden zu Öl gepresst und in
Gerichten wie Mohnstrudel verbacken.
Blaumohnsamen.
Es gibt auch grauen
und weißen Mohn
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Ihr feines nussiges Aroma, das sich nur
gemahlen oder gestoßen entfaltet, veredelt viele, nicht nur süße Gerichte. Im
Käse macht er sich ebenso gut wie im
Salat, im Omelett und in Mohnspätzle,
als Mohnmantel für Fisch, oder – der
Klassiker – zu Germknödeln.
In Deutschland darf Schlafmohn, der
unter das Betäubungsmittelgesetz fällt,
nur mit Sondergenehmigung der Bundesopiumstelle in Bonn angebaut werden, obwohl das Morphin aus den in
Deutschland erlaubten Sorten weitgehend herausgezüchtet wurde. „Man
sieht der Pflanze den Morphingehalt
von außen nicht an“, begründet dies
Wilhelm Schinkel von der Bundesopiumstelle. Rund 100 landwirtschaftliche
Betriebe, wissenschaftliche Einrichtungen und auch Privatpersonen besitzen
laut Schinkel eine Anbaugenehmigung.
Mohnbrötchen gelten als harmlos,
weil die Mohnsamen so gut wie kein
Morphin enthalten. In seltenen Fällen
kann Importware durch erntebedingte
Verunreinigungen mit dem morphinhaltigen Milchsaft der Pflanze dennoch
Opiate enthalten. Kleinkinder und
Schwangere sollten daher keine Lebensmittel mit viel Mohn essen. In deutschen Gefängnissen sind Mohnbrötchen und -kuchen ausnahmslos verboten, auch für Leistungssportler sind sie
tabu. Die Dopingkontrolle kann zwischen einem banalen Frühstück und
Drogenkonsum nicht unterscheiden.
„Wer drei Stücke Mohnkuchen verdrückt hat, sollte besser nicht in eine
Polizeikontrolle geraten“, deutet Wilhelm Schinkel augenzwinkernd an. Das
Ergebnis der Urinprobe könnte Autofahrer in Erklärungsnot bringen.
Wie schön, dass es daneben auch den
Klatschmohn gibt, der unreglementiert blühen darf, weil er nur unsere Augen verführt. Bei dem allein das Rot knallt, an dem wir
uns gefahrlos berauschen können. Nicht zuletzt dank der
Ökolandwirtschaft sieht man
ihn wieder häufiger. Wie die
Maler drängt es uns, die leuchtenden Blütentupfen im Licht des Augenblicks für immer festzuhalten. Möglicherweise ist anschließend die Speicherkarte der Kamera voll – eine
Nebenwirkung, die zu verkraften ist.
Apfel-Mohn-Kuchen vom Blech
Fotos: © (Kuchen) Stock Food; Fotolia
eine berauschende Wirkung, die einen
Zustand zwischen kurzzeitiger Euphorie, Unlust oder Panik hervorrufen
kann. Opiate führen zu psychischer
und physischer Abhängigkeit und bei
Überdosierung zum Tod.
Die alten Ägypter, die Griechen, die
Römer – sie alle kannten die Wirkung
des Schlafmohns und nutzten sie. Papaver somniferum ist sein wissenschaftlicher Name, wobei papaver von pappas
kommen soll, der Bezeichnung für Kinderbrei; somniferum bedeutet schlafbringend. Sie schlummerten so friedlich, die Kleinen, wenn man Mohn in
den Brei rührte. Von den Römern weiß
man, dass sie Schlafmohn als Luxus­
droge konsumierten und einige Imperatoren regelrechte Junkies waren.
Teig zugedeckt weitere 45 Minuten gehen lassen. Backofen auf 200 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Den Teig auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech ausrollen, dabei einen kleinen Rand hochziehen. Die Äpfel schälen,
in Scheiben schneiden und mit dem Zitronensaft
und dem Puderzucker vermischen. Den restlichen Zucker mit den Eiern, der Sahne und dem
Zubereitung: Mehl in eine Schüssel geben, in die Puddingpulver verquirlen. Von der Masse 3 EL
abnehmen und mit der Mohnmasse verrühren.
Mitte eine Mulde drücken. Die Hefe in 75 ml
lauwarmer Milch auflösen, in der Mulde mit we- Die Eiersahne auf den Hefeteig gießen, die Äpfel darauf verteilen, in die Zwischenräume die
nig Mehl verrühren und zugedeckt 15 Minuten
Mohnmasse geben. 30 bis 40 Minuten backen.
gehen lassen. 50 g Zucker, Salz, die Butter, die
Kuchen bei Bedarf mit Alufolie abdecken, damit
Eier und die restliche Milch zugeben und zu eier nicht zu stark bräunt.
nem glatten elastischen Teig verkneten. Den
Hefeteig: 400 g Mehl, 1 Prise Salz, ½ Würfel
frische Hefe, 160 ml Milch, 150 g Zucker, 60 g
weiche Butter, 2 Eier. Belag: 5 Äpfel, 4 EL Zitronensaft, 2 EL Puderzucker, 6 Eier, 350 ml
Sahne, ½ Päckchen Vanille­puddingpulver,
1 Päckchen Mohnback
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