Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 Komplexchemie des Nickels – Ligandenaustauschreaktionen Jorge Ferreiro, 1. Semester, D-CHAB, [email protected] Assistent: Kyrill Stanek Abstract: In diesem Versuch ging es darum, verschiedene Ligandenaustauschreaktionen mit Nickel durchzuführen. Dabei wurde das Nickel so koordiniert, dass am Schluss der inerteste Ligand vorhanden war, das NiEDTA. Man erkennt den Austausch an der Änderung der Farbe der jeweiligen Lösung. Die Farbe ist abhängig von der Aufspaltung der d-Orbitale des Zentralatoms, die man mit der Ligandenfeldtheorie erklären kann. In dieser Versuchsreihe sind die Farben ausschliesslich von den Liganden abhängig, weil das Zentralatom immer Nickel ist. Durch die verschiedenen Aufspaltungen der d-Orbitale haben die Komplexe auch andere Strukturen. Dabei ist neben den d-Orbitalen auch die Zähnigkeit des Liganden eine wichtige Eigenschaft. Diese gibt an, an wie vielen Stellen der Ligand an das Zentralatom binden kann. Zürich, 5. Dezember 2007 Jorge Ferreiro 1 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 1. Einführung 1.1. Die Ligandenfeldtheorie [1], [2] Ein Metallkomplex ist definiert als eine Verbindung, bei der um das Zentralatom oder –ion mehrere Atome oder Ionen angeordnet sind. Man bezeichnet diese als Liganden und ihre Anzahl als Koordinationszahl. Um die verschiedenen Farben und das magnetische Verhalten der Komplexe zu erklären, benutzt man die Ligandenfeldtheorie. In Metallen wechselwirken die d-Orbitale mit den Elektronen der Liganden. Es sind insgesamt fünf verschiedene dOrbitale, die sich jedoch nur in ihrer räumlichen Ausrichtung unterscheiden. Energetisch betrachtet, sind die fünf d-Orbitale entartet, d.h. sie sind vollkommen gleichwertig. Durch die Annäherung der Liganden an das Metall entsteht elektrostatische Abstossung zwischen den Elektronen des Metalls (d-Orbitale) und den freien Elektronenpaaren der Liganden. Dadurch werden die entarteten d-Orbitale energetisch aufgespaltet: das d(z2) und das d(x2-y2) sind energetisch ungünstiger, da sie räumlich gesehen mehr Wechselwirkung mit den Elektronenpaaren der Liganden haben. Somit entsteht eine Energiedifferenz zwischen den d(xy), d(xz), d(yz) und den d(z2) und d(x2-y2) Orbitalen: Man nennt diese Energie Feldstärkeparameter ( Abb. 1). Nach dieser Aufspaltung erfolgt die Besetzung der Orbitale normal nach der Hund’schen Regel, d.h. es werden zuerst alle Orbitale einfach besetzt. Die Doppelbesetzung der Orbitale erfordert immer einen zusätzlichen Energieaufwand. Man nennt diese Energie die Spinpaarungsenergie. Falls dessen Betrag grösser ist als der Feldstärkeparameter, so werden zuerst die energetisch tieferen Orbitale aufgefüllt. Abb.1: Aufspaltung der d-Orbitale für eine tetraedische Anordnung [2] Komplexe zeigen immer eine bestimmte Farbe, die letztendlich vom Feldstärkeparameter abhängt. Wird nun ein Elektron von einer tieferen Schale in eine höhere versetzt, so muss genau dieser Energiebetrag ∆ aufgewendet werden. Wenn vom sichtbaren Bereich des sichtbaren Lichts eine bestimmte Energie (Farbe) absorbiert wird, erscheint die Verbindung in der Komplementärfarbe. Man kann somit ∆ mithilfe der Formel E = hνNA bestimmen. Der Feldstärkeparameter hängt stark davon ab, welcher Ligand an welches Zentralatom bindet. Bei gleicher Komplexgeometrie erhält man die spektrochemische Reihe der Liganden: I- < Br- < S2- < Cl- < SC# < F- < OH- < H2O < #H3 < #O2- < C#- < CO Aus der spektrochemischen Reihe er Liganden lässt sich entnehmen, das z.B. Cyanid den Feldstärkeparameter eines Zentralatoms erhöht, d.h. die d-Orbitale liegen energetisch betrachtet weiter auseinander, als beispielsweise bei einem Iodid. Komplexe mit einem starken Liganden wie z.B. CN- sind inerter als ein Aquakomplex, weil ∆ grösser ist. Man kann natürlich auch die Zentralatome in eine spektrochemische Reihe einordnen: Mn2+ < #i2+ < Co2+ < Fe2+ < Fe3+ < Cr3+ < Co3+ < Ti3+ Komplexe zeigen magnetische Eigenschaften. Dabei wird zwischen paramagnetischen und diamagnetischen Metallen unterschieden. Paramagnetische Komplexe haben ungepaarte Elektronen und werden von einem äusseren Magnetfeld angezogen; diamagnetische 2 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 Komplexe besitzen gepaarte Elektronen und werden von einem äusseren Magnetfeld abgestossen. Diamagnetische Stoffe haben eine abgeschlossene Elektronenkonfiguration während paramagnetische Stoffe durch das einzelne Elektron in der Schale einen permanenten magnetischen Dipol besitzen. Wenn die Anzahl ungepaarter Elektronen maximal ist, nennt man den Komplex high spin; wenn die Anzahl gepaarter Elektronen maximal ist, nennt man low spin. Low spin Komplexe wirken also der Hund’schen Regel entgegen und high spin Komplexe erfüllen diese. Bei unserem Beispiel Nickel ist der Unterschied ist jedoch der low und der high spin nicht relevant, weil Nickel ein d8 Metall ist und somit die energetisch tieferen Schalen sowieso schon besetzt sind. Wichtig ist dies nur bei d4 bis d7 Metallen; also Cr, Mn, Fe und Co. Ob ein Komplex low oder high spin ist, hängt von ∆ ab: Ist dessen Wert gross, wird der Komplex bevorzugt low spin sein bzw. umgekehrt. Diese Aufspaltung der d-Orbitale bestimmt abschliessend die Struktur des Komplexes. Wenn die Orbitale nach d(xy), d(xz), d(yz) und d(z2), d(x2-y2) aufgespaltet werden, entsteht ein oktaedrischer Komplex, weil die letzten zwei Orbitale ungünstig sind ( oben). Wenn jedoch das d(z2) und d(x2-y2) energetisch günstiger sind, entsteht ein Tetraeder. Bei der quadratischen Anordnung liegen meistens das d(yz) und das d(xz) günstig und werden besetzt. 1.2. Prinzip des Experiments Das Experiment basiert auf der Stabilität des Nickels als Zentralatom mit verschiedenen Liganden. Dabei gehen wir logischerweise so vor, dass zuerst der instabilste Nickelkomplex gebildet wird und fortlaufend durch die neuen Austauschreaktionen immer stabilere Komplexe entstehen. Die hier verwendeten Liganden haben verschiedene Zähnigkeiten: Während z.B. Ammoniak einzähnig ist, hat ein EDTA-Molekül sechs Stellen, um an das Nickelatom zu binden. Somit haben wir am Schluss mit dem NiEDTA den stabilsten Nickelkomplex. In dieser Versuchsreihe sieht der Nickelkreislauf wie folgt aus: NiCl2 [Ni(NH3)6]2+ [Ni(C2O4)2]2- [Ni(gly)2] [Ni(acac)2] [Ni(Hdmg)2] NiEDTA 2. Verwendete Chemikalien und Apparaturen Tab. 1: Verwendete Chemikalien und Gefahren [3] Summenformel NiCl2 K2C2O4 H2O H2NCH2COOH CH3COCH2COCH3 R-Sätze 25-4350/53 21/22 10-22 CH3C(NOH)C(NOH)CH3 20/22 Na2H2EDTA 36-52/53 S-Sätze 24-37-4661 2-24/25 (2-)21-2324/25 22-36/37 61 Gefahren Giftig, umweltgefährdend gesundheitsschädlich gesundheitsschädlich Abkürzungen Hgly Hacac Giftig, reizend reizend H2dmg Na2H2EDTA #ach Überprüfung des pH-Wertes in den basischen Metallabfällen entsorgen. Während der ganzen Versuchsreihe müssen Handschuhe, die Schutzbrille und der Mantel getragen werden! 3 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 Abb. 2: Versuchsapparatur 3. Resultate Dass ein neuer Komplex entstanden ist, wird in dieser qualitativen Analyse nur durch die Farbänderung erkennbar. In der Versuchsreihe wurden folgende Farben erkannt: Gelb Dunkelblau Türkisblau Hellblau Hellblau Himbeerrot Dunkelgrün Jede beobachtete Farbe charakterisiert einen Komplex. In den folgenden Reaktionsgleichungen findet man jeweils den Komplex mit der entsprechenden Farbe. Die Reaktionen sind der Reihenfolge nach nummeriert. Mit zunehmender Nummerierung nimmt auch die Inertität der Komplexe zu: 1.) NiCl2 + 6 NH3 [Ni(NH3)6]2+ + 2 Cl2.) [Ni(NH3)6]2+ + 2 K2C2O4 H2O K2[Ni(C2O4)2] ↓ + H2O 4 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 3.) K2[Ni(C2O4)2] + 2 Hgly + m NH3 [Ni(gly)2] + 2 K+ + 2 NH4+ + (m-2) NH3 4.) [Ni(gly)2] + 2 Hacac [Ni(acac)2] + 2 H+ 5.) [Ni(acac)2] + m NaOH(aq) + H2dmg [Ni(Hdmg)2] + m Na+ + H2O + (m-1) OH6.) [Ni(Hdmg)2] + Na2H2EDTA + m NaOH NiEDTA + (m+2) Na+ + (m-2) OH- + 2 H2O Die Substituenten sind organische Moleküle (ausser das Ammoniak). Nicht alle sind jedoch Säuren bzw. besitzen eine Carboxylgruppe, die die Azidität sofort anzeigt. Durch elektrostatische Wechselwirkungen und Verteilung der Elektronen ist jedoch klar geregelt, welche H-Atome azide sind und somit abgespalten werden. Dies wird in den Strukturen markiert (Abschnitt 4. Strukturen). Deshalb ist es bei fast allen Austauschreaktionen nötig, eine starke Base in die Lösung mitzugeben, damit die organischen Anionen gebildet werden die um das Nickel koordinieren. Das m in den Reaktionsgleichungen deutet an, dass Base im Überschuss zugeben kann; es muss jedoch mindestens soviel vorhanden sein, wie die Anzahl Protonen. Ein Überschuss kann sogar vorteilhaft sein, wenn man z.B. betrachtet, dass bei offener Apparatur das Wasser z.B. mit CO2 reagieren kann. Es könnte dabei z.B. durch das HCO3- ein Störfaktor vorhanden sein. Der Überschuss der Base sollte jedoch nicht massiv sein. 4. Strukturen 4.1. Liganden NH3 C2O42-: Hgly: Hacac: H2dmg: Na2H2EDTA: 5 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 4. 2. Komplexe 6 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 5. Quellen [1] H. Schönberg , PRAKTIKUM IN ALLGEMEINER CHEMIE anorganische und analytische Chemie, , Laboratorium für anorganische Chemie ETH Zürich, 2007 [2] http://www.ddesignmedia.de 7 Praktikum Allgemeine Chemie AC Herbstsemester 07/08 [3] Fluka Katalog (CH) Riedel de Häen, Sigma-Aldrich, 2007/2008 8