schlaglicht | schlagwerk - Bruckner Orchester Linz

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BRUCKNER ORCHESTER LINZ
SCHLAGLICHT | SCHLAGWERK
EIN INTERVIEW MIT CHRISTOPH SIETZEN
Spielen, nur noch seltener! Der ARD-Wett­
bewerb wird oft auch als
„Grand Prix der Klassik“
bezeichnet, immerhin
gibt es ihn schon seit über
60 Jahren, und dass der
Bayerische Rundfunk als
Medienpartner dahinter
steht, verleiht ihm eine
enorme Aufmerksamkeit.
© Daniel Delang
Ein Jahr nach Gründung
der Orchesterakademie
des Bruckner Orchesters
wirft die Glanzleistung
eines Akademisten ein
höchst erfreuliches Licht
auf diese Institution und
begeistert das gesamte
Orchester: Der 22-jährige
Schlagwerker Christoph
Sietzen, als Sohn eines
Luxemburgers in Salzburg geboren und seit
­einem Jahr Mitglied der
Orchesterakademie, hat
es beim diesjährigen
­Internationalen Musikwettbewerb der ARD in
München bis ins Finale geschafft und dort
den 3. Preis im Bewerb seines Fachs eingespielt. Der ARD-Musikwettbewerb, der heuer
zum 63. Mal ausgetragen wurde, gilt als­
eines der wichtigsten Podien für junge Künstler und verhalf bisher schon vielen Talenten
zu einem internationalen Durchbruch, darunter der Trompeter Maurice André, der
­Pianist und Dirigent Christoph Eschenbach,
die Sänger Thomas Quasthoff und Jessye
Norman oder der Oboist und spätere Komponist und Dirigent Heinz Holliger. – In einem
Interview mit Magdalena Hoisbauer erzählt
Christoph Sietzen von seinem großen Erfolg
und seiner Begeisterung für die vielleicht
vielseitigste und verspielteste aller Instrumentengruppen: das Schlagwerk.
Es scheint einen Initiations-Mythos unter Schlagzeugern zu geben: Viele erzählen, dass sie den Rhythmus quasi immer
schon im Blut hatten und seit frühester
Kindheit auf allem getrommelt haben,
was ihnen in den Weg kam. Auch Simone Rubino, der Erste Preisträger des
Wettbewerbs, erzählt dies in einem Interview. – Trifft das auch auf Dich zu?
Nein, bei mir war das nicht so. Es stimmt
schon: Die meisten Perkussionisten beginnen
ihre musikalische Laufbahn am Drum-Set,
ich komme aber von der melodiösen Schlagwerk-Seite. Nachdem ich im Kindergarten in
einer Xylophon-Gruppe meine Leidenschaft
für die Sache an sich entdeckt hatte, hat mich
Martin Grubinger senior, mein erster Lehrer,
sofort an die Marimba herangeführt, die bis
heute mein zentrales Instrument ist.
Für Pianisten, Geiger und Sänger gibt es
ja zahlreiche Wettbewerbe. Wie ist das
im Bereich Schlagwerk?
Es gibt auch für Schlagwerk wichtige Wettbewerbe, beispielsweise den alle zwei Jahre
stattfindenden TROMP Percussion-Wett­
bewerb in den Niederlanden oder reine
­Marimba-Wettbewerbe; ein solcher wird im
Oktober 2015 beispielsweise an der Bruckner
Universität ausgetragen. Das Spezielle am
ARD-Wettbewerb ist aber, dass die Kategorie
Schlagwerk nur etwa alle sieben Jahre vertreten ist; das heißt: beim ARD-Wettbewerb
treffen sich wirklich die besten Schlagwerker
einer Generation. Wie bei den Olympischen
Eine Teilnahme am
ARD-Musikwettbewerb
beginnt ein Jahr im
Voraus mit Ausschreibung und Bewerbung
und endet im besten
Falle, wie bei Dir, im Finale. Wie würdest Du diesen Weg beschreiben?
Das Intensivste und der eigentliche Wahnsinn
ist die Vorbereitung. Sobald das Programm
veröffentlicht wird, schaut man, was man
schon gespielt hat bzw. was man neu lernen
muss. Das ist oft ein beträchtlicher Teil des
Programms. Im Fach Schlagwerk erweitert
sich das Repertoire ständig: Ein Stück, das vor
zwei Jahren uraufgeführt wurde, ist heute
mitunter schon ein Standard-Repertoirestück. Und alle Werke sind Neue Musik; für
Schlagwerk gibt es ja keinen Mozart oder
Tschaikowsky. Ich wollte alles auswendig
spielen, also habe ich ein Jahr lang, zusätzlich
zu meinen Diensten im Orchester, wirklich
zehn bis zwölf Stunden am Tag geübt. Als
­Herausforderung kommt im Schlagwerk die
Bandbreite an bespielbaren Instrumenten
hinzu: Für das Pflicht-Stück, das im Semi-­
Finale verlangt wurde, musste ich ein kompliziertes Setup zusammenstellen, das u. a. aus
gestimmten Fliesen, Auto-Federungen und
Mahagoni-Platten bestand. Dabei hat mir ein
Kollege aus dem Orchester, Vladimir Petrov,
maßgeblich geholfen.
Welches Stück hast Du Dir dann für das
Finale gewählt?
„Frozen in Time“ von Avner Dorman. Das
Stück ist extrem melodisch und dennoch
nicht kitschig oder musikalisch nicht gehaltvoll. Vor allem ist das Stück sehr facettenreich: Marimba ist das Hauptinstrument,
dazu kommen die Melodie-Instrumente
Vibraphon, Glockenspiel, Crotales und
­
C encerros und ein Setup verschiedener
­
­Trommeln wie Djembén, Tarambucas und
Timbales. – Für alle, die sich darunter nicht
viel vorstellen können: Man kann sich dieses
Konzert nach wie vor auf www.br.de ­ansehen!
Provokante Frage: Ist Dein Orchester­
alltag als Akademist nur annähernd so
vielseitig wie die Instrumentierung
­Deines Finalstückes?
Das kann man quantitativ meist nicht miteinander vergleichen. Mein erster Dienst
nach dem Wettbewerb – der Gesangswettbewerb Competizione dell’ Opera – war beispielsweise mit zwölf Schlägen im ganzen
Konzert gleich ein Extremfall, wobei das
nicht heißt, dass es weniger schwierig ist. Im
Orchester zählen ja auch Eigenschaften, die
man als Solist nicht unbedingt lernt. Des­
wegen bin ich sehr dankbar, dass ich jetzt in
der Orchesterakademie diese Erfahrung
­machen darf, und das in einer so groß­a rtigen
und kollegialen Gruppe. Darüber hinaus
lernt man ein großes Repertoire nicht
Schlagzeug-spezifischer Musik hautnah
kennen. Zudem habe ich seit Oktober ein
weiteres Betätigungsfeld, da ich nun an der
Musik-Universität in Wien auch Marimba
unterrichte.
Ein Lehrauftrag an einer Universität im
Alter von 22 Jahren, das ist bemerkenswert. Das alles ist doch wiederum eigentlich eine Auszeichnung für Deinen
­Professor Leonhard Schmidinger, der ja
auch Erster Pauker im Bruckner Orchester ist. Oder?
Auf jeden Fall. Wir Linzer haben uns beim
ARD-Wettbewerb wirklich gut gemacht!
­Neben mir hat es auch Kai Strobel, der in der
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Kinderoper Lynx, der Luchs von Helmut
Schmidinger am Landestheater den auf­
wändigen Schlagwerk-Part spielt, ins Semi-­
Finale geschafft. Er studiert genauso wie ich
Schlagzeug bei Leonhard Schmidinger und
Marimba bei Bogdan Bacanu an der Bruckner
Universität. – Ich habe mit 17, gegen den gut
gemeinten Widerstand meiner Eltern, die
Schule abgebrochen und bin zum Studium
nach Linz gezogen. Jetzt löst sich das alles
­irgendwie ein. Und das hat natürlich auch mit
meinen Lehrern zu tun; ich habe den beiden
sehr viel zu verdanken. Aber ich muss mir,
auch wenn von allen Seiten Glückwünsche
entgegenströmen, immer vor Augen halten:
So ein Wettbewerb alleine macht keine
­Karriere, kann aber ein Türöffner sein.
© Daniel Delang
WWW.BRUCKNER-ORCHESTER.AT
KONZERTKALENDER NOVEMBER 2014
SA 22. NOV, 19.30 UHR
Musikverein Wien
BOL Musikverein-Zyklus „Russland“
DO 6. NOV, 11.00 UHR
Musiktheater Linz
School Concert I „Halloween“
Daniel Spaw Dirigent
Albert Landertinger Moderation
DO 6. NOV, 16.00 UHR
Musiktheater Linz
Jugendsinfoniekonzert I
„Dämonen und Mächte“
Daniel Spaw Dirigent
Albert Landertinger Moderation
DI 11. NOV, 19.30 UHR
Brucknerhaus Linz
Das Große Abonnement
Ludwig van Beethoven Ouvertüre zu Goethes
Trauerspiel „Egmont“ f-Moll op. 84
Alfred Schnittke Konzert für Viola
und Orchester
Hector Berlioz Symphonie fantastique op. 14
Markus Poschner Dirigent
Yuri Bashmet Viola
SO 23. NOV, 11.00 UHR
Brucknerhaus Linz
Sonntagsmatinee
Modest Mussorgsky Eine Nacht auf dem
kahlen Berge. Originalfassung
Modest Mussorgsky Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141
Dmitrij Schostakowitsch Lieder und Tänze
des Todes für Singstimme und Orchester,
bearbeitet von Dmitrij Schostakowitsch
Dennis Russell Davies Dirigent
Kurt Rydl Bass
FR 28. NOV, 19.30 UHR
Brucknerhaus Linz
AK Classics Konzert
„Der Große Krieg“
A. Wassiljewitsch Mossolow
„Eisengießerei“ op. 19
Kurt Weil „Der neue Orpheus” – Kantate für
Sopran, Solovioline und Orchester op. 16
Franz Lehár „Fieber” – Tondichtung für
Tenor und Orchester
Ottorino Respighi Pini di Roma
Johannes Kalitzke Dirigent
Elisabeth Breuer Sopran
Jussi Myllys Tenor
Tomasz Liebig Violine
BRUCKNER ORCHESTER LINZ + MUSICA SACRA
BRUCKNER HIER UND JETZT
Ein verschollen geglaubter Brief von Anton
Bruckner ist im September dieses Jahres aufgetaucht und vom Anton-Bruckner-Institut
Linz angekauft worden. Diese vor allem musik­
historisch spektakuläre Nachricht ist nur ein
Beispiel dafür, dass über Oberösterreichs
­Ersten Komponisten Anton Bruckner noch
nicht alles gesagt ist. Nicht jede historische
Quelle ist erschlossen, nicht jede Sinfonie bis
zum Ende durchdrungen. Immer wieder fällt
in der hiesigen Kulturlandschaft, in der
Bruckner ja für verschiedene Institutionen
als Namenspatron fungiert, der Begriff
„Bruckner-Pflege“. Doch welchen Auftrag
gibt uns der Begriff
­„ Pflege“ mit auf den Weg?
Fürsorge, Erhaltung,
Konservierung oder gar
Schutz? Dies ist sicherlich
zu wenig, denn will man
Kunst nicht nur museal
verwalten, wird keiner
dieser ­Begriffe einer Auseinandersetzung mit einem künstlerischen Werk
gerecht. Das Bruckner
­Orchester und die beiden
mit dem Orchester in
­Kooperation stehenden
Vereine MUSICA SACRA und OÖ. Stifts­
konzerte haben es sich zur Aufgabe gemacht,
die Musik Bruckners zum einen zu erhalten
und in Oberösterreich regelmäßig erlebbar zu
machen, sie aber immer wieder auch neu zu
befragen. Das Bruckner Orchester bringt in der
Spielzeit 2014/2015 im Rahmen des Bruckner­
fests und bei Konzertreisen nach Düsseldorf
und Passau gleich vier verschiedene
Bruckner-­Sinfonien zur Aufführung. Die
­erste Gesamteinspielung aller Bruckner-­
Sinfonien des Orchesters „aus einer Hand“ ist
zudem abgeschlossen; nun arbeitet Dennis
Russell Davies mit seinen Musikerinnen und
Musikern (als erstes Orchester weltweit!) an
der Aufnahme aller Fassungen der Sinfonien.
Bei dem jährlich stattfindenden Konzert des
Orchesters mit einer wechselnden Sinfonie
Bruckners im Rahmen der OÖ. Stiftskonzerte wird im kommenden Jahr außerdem ein
exklusives Ereignis erwartet: Der polnische
Dirigent Stanisław Skrowaczewski wird mit
Bruckners Achter, seiner Lieblings-Sinfonie
des Komponisten, in der Stiftsbasilika St. Florian, und somit an der ehemaligen Wirkungsstätte Bruckners, seine Karriere beschließen
und dafür extra aus den USA anreisen. Und
auch MUSICA SACRA widmet sich, angelehnt an aktuelle Jubiläen und angefangen
mit dem 190. Geburtstag des Komponisten in
diesem Jahr, der „Bruckner-Pflege“: Mit dem
Konzert am 9. November in der Minoritenkirche beginnt ein dreijähriger Zyklus, der im
nächsten Jahr mit einer
geplanten Aufführung
von Bruckners geistlichen
Orchesterwerken unter
der Leitung von Dennis
Russell Davies fortgesetzt
wird. Im Jahr darauf
ist, zum 120. Todestag
Bruckners im Jahr 2016,
schließlich ein großer
­Abschluss des Zyklus geplant. Dass „BrucknerPflege“ auch die Förderung zeitgenössischer Auseinandersetzung
mit der Musik des großen Romantischen
Komponisten bedeuten kann, beweist vor
­a llem der Kompositionsauftrag, der zum
­Anlass des Konzerts von MUSICA SACRA am
9. November vom Land OÖ an Helmut
­Schmidinger vergeben wurde. Schmidinger
schreibt eine Komposition Bruckners fort,
­indem er die zweite Texthälfte des 114. Psalm
nach der Luther-Übersetzung, die Bruckner
in seiner Vertonung nicht bearbeitet hat, nun
in seiner Komposition zur Uraufführung
bringt. Er übernimmt dabei auch die ungewöhnliche Besetzung mit drei Posaunen zusätzlich zum gemischten Chor. In diesem
­Sinne bleibt also festzuhalten: „Pflege“ bedeutet auch, Musik neu zu befragen und fort­
zuschreiben.
MUSICA SACRA NOVEMBER 2014
SA 8. NOV, 19.30 UHR
Ursulinenkirche
Ehrentage Alter Meister
Werke von Carl Philipp Emanuel Bach
und Jean-Philippe Rameau
Ensemble Castor Linz
SO 9. NOV, 17.00 UHR
Minoritenkirche
Alleluja! Anton Bruckner Spiegelungen
Anton Bruckner Os justi, Ave Maria,
Virga Jesse sowie Alleluja! Liebe erfüllt mich,
Psalm 114 (116) für fünfstimmigen Chor und
drei Posaunen
Helmut Schmidinger Ich glaube, darum rede
ich aus dem Psalm 116, Uraufführung
(Kompositionsauftrag des Landes OÖ)
sowie Werke weiterer Komponisten und
Improvisationen für Orgel
Wolfgang Kreuzhuber Orgel
Posaunenensemble des
Musikgymnasiums Linz
Linzer Jeunessechor
Wolfgang Mayrhofer Leitung
SO 30. NOV, 17.00 UHR
Minoritenkirche
Erster Advent
Wachet auf, ruft uns die Stimme!
Kantaten von Biegel, Bach, Homilius
Ursula Langmayr Sopran
Christa Ratzenböck Alt
Markus Miesenberger Tenor
Günter Haumer Bass
Ensemble Castor Linz
Chor des Diözesankonservatoriums Linz
Wolfgang Kreuzhuber Leitung
www.musicasacra.at
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