Ferienkurs Theoretische Quantenmechanik 2010

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Fakultät für Physik
Technische Universität München
Michael Schrapp
Vorlesung
Ferienkurs Theoretische Quantenmechanik 2010
1 dimensionale Probleme
Inhaltsverzeichnis
1 Die Schrödingergleichung
2
1.1
Wiederholung Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.2
Stationäre Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.3
Zeitentwicklung stationärer Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.4
Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2 Anwendungen der Schrödingergleichung
4
2.1
Freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.2
Probleme mit Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2.1
Unendlich hoher Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2.2
1D-Potentialstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
3 Der harmonische Oszillator
3.1
7
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Das Ehrenfest-Theorem
8
9
1
1
1.1
Die Schrödingergleichung
Wiederholung Schrödingergleichung
In dem letzten Abschnitt haben wir die zeitabhängige Schrödingergleichung kennengelernt.
i~
∂
Ψ(x, t) = Ĥψ(x, t) =
∂t
−
~2 ∂ 2
+
V
(x,
t)
Ψ(x, t)
2m ∂x2
(1)
(Die Verallgemeinerung auf 3 Dimensionen erfolgt dadurch, dass man x durch ~r ersetzt und ∂ 2 /∂x2 durch
~ 2 .)
∇
Durch Lösung der Schrödingergleichung kann die Dynamik eines quantenmechanischen Objektes im Potential V (x, t) beschrieben werden.
1.2
Stationäre Schrödingergleichung
Für viele Systeme ist es zweckmäßig, ein zeitunabhängiges Potential anzuschauen, d.h. V = V (x). Es
scheint naheliegend, dass es auch Wellenfunktionen Ψ geben wird, die auch nicht von der Zeit abhängen
und ihre Form (bis auf einen Phasenfaktor) beibehalten, selbst wenn man die Zeit weiterlaufen lässt.
Diese stationären Zustände sind von großem Interesse, da diese als Basis zur Darstellung jedes beliebigen
Zustands im System dienen können, und weil man bei einer Energiemessung nur solche Eigenzustände
registrieren kann.
Eine häufige Methode, partielle Differentialgleichungen in mehreren Variablen, wie die Schrödingergleichung,
zu lösen stellt der sog. Separationsansatz dar. Für alle einfachen (nichtrelativistischen) Fälle kann man
davon ausgehen, dass der räumliche und zeitliche Anteil eines quantenmechanischen Zustandes voneinander unabhängig sind. Die Wellenfunktion Ψ (x, t) kann man also aufspalten in ein Produkt aus einer
orts- und einer zeitabhängigen Funktion:
Ψ (x, t) = ψ (x) χ (t)
(2)
Eingesetzt in die Schrödingergleichung:
i~ψ (x)
∂χ (t)
~2
∂ 2 ψ (x)
=−
χ (t)
+ V (x) ψ (x) χ (t)
∂t
2m
∂x2
(3)
Division durch ψ (x) χ (t) ergibt:
i~
χ̇ (t)
~2 ψ 00 (x)
=−
+ V (x)
χ (t)
2m ψ (x)
(4)
Die linke Seite hängt nur von der Zeit ab, die rechte nur vom Ort. Eine Variaton der einen Seite dürfte
keine Änderung auf der anderen hervorrufen, deswegen müssen beide Seiten konstant sein. Wir nennen
diese Konstante E und betrachten die rechte Seite der letzten Gleichung:
Ĥψ(x) = −
~2 ∂ 2
ψ (x) + V (x) ψ (x) = Eψ (x)
2m ∂x2
(5)
Dies ist die 1-dimensionale zeitunabhängige bzw. stationäre Schrödingergleichung. Sie besagt lediglich,
dass der Zustand beschrieben durch die Wellenfunktion ψ die Energie E besitzt. Anders gesagt: ψ ist eine
Eigenfunktion des Hamiltonoperators Ĥ zum Energie-Eigenwert E. Sehr oft weist ein quantenmechanisches System einen Satz an solchen Eigenfunktionen ψn auf (der entweder diskret oder kontinuierlich ist),
die jeweils ihre eigene feste Eigenenergie En besitzen.
2
1.3
Zeitentwicklung stationärer Zustände
Neben dem räumlichen Anteil ψn (x) der Wellenfunktion eines Eigenzustands des Systems ist es oft wichtig
zu wissen, wie sich das System mit fortlaufender Zeit verhalten wird. Wir schauen uns dazu die linke
Seite des Separationsansatzes (4) an und integrieren von einem Anfangszeitpunkt t0 zu t
i
iEn (t − t0 )
(6)
χ̇(t) = − En χ(t) ⇔ χ(t) = exp −
~
~
Aber selbst wenn der stationäre Zustand diesen zeitabhängigen Phasenfaktor bekommt, ändert sich an
2
2
der Beobachtung des Zustands nichts, da die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte |Ψ(x, t)| = |ψn (x)|
die gleiche bleibt.
Dies setzt voraus, dass man wirklich einen Eigenzustand mit fester Energie E hat. Interessant wird
es, wenn man sie gar nicht genau kennt, weil die Wellenfunktion Ψ z.B. eine Überlagerung aus vielen
Eigenfunktionen mit unterschiedlichen Energien ist. Die Zeitentwicklung eines solchen Zustands lässt sich
aber aus dem letzten Ergebnis verallgemeinern, indem man die Energie in (6) durch den Hamiltonoperator
ersetzt:
!
Û (t, t0 ) := exp −
iĤ (t − t0 )
~
(7)
Dies ist der sogenannte Zeitentwicklungsoperator, den man auf eine beliebige
P Ortswellenfunktion ψ(x)
anwenden kann, die nach Eigenfunktionen ψn (x) entwickelt ist über ψ(x) = n cn ψn (x). Man bekommt
die Wellenfunktion, die sich zu einer beliebigen Zeit t nach einer Anfangszeit t0 ergibt:
X
X
iEn (t − t0 )
Ψ(x, t) = Û (t, t0 )
cn ψn =
cn exp −
ψn
(8)
~
n
n
2
Die Wahrscheinlichkeitsdichte |Ψ(x, t)| aus dieser Überlagerung aus Eigenfunktionen ist explizit zeitabhängig,
2
im Gegensatz zur Dichte, die sich aus einem einzigen Eigenzustand ergibt. Das Betragsquadrat |Ψ|
enthält nämlich Mischterme aus den Zeitentwicklungsoperatoren der verschiedenen ψn , die nicht aufgehoben werden (→ Übung).
1.4
Kontinuitätsgleichung
Die Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Quantenmechanik schreibt vor, dass eine Wellenfunktion Ψ(x, t)
quadratintegrabel ist, und dass zu einem Zeitpunkt t gilt:
Z∞
2
|Ψ(x, t)| dx = 1
(9)
−∞
Woher weiß man eigentlich, dass die Funktion zu einem späteren Zeitpunkt t0 immernoch normiert ist?
Wir betrachten dazu die zeitabhängige Schrödingergleichung, sowie ihre komplex-Konjugierte:
∂
~2 ∂ 2
i~ Ψ (x, t) = −
+ V (x, t) Ψ (x, t)
∂t
2m ∂x2
∂
~2 ∂ 2
−i~ Ψ∗ (x, t) = −
+
V
(x,
t)
Ψ∗ (x, t)
∂t
2m ∂x2
(10)
(11)
Gleichung (10)·iΨ∗ /~ + (11)·(−i)Ψ/~ liefert:
−
∂Ψ∗ Ψ
i~
+
∂t
2m
2
∂2Ψ
∂ 2 Ψ∗
∂ |Ψ|
i~ ∂
∂Ψ∗
∗ ∂Ψ
Ψ∗ 2 − Ψ
=
−
+
Ψ
−
Ψ
=0
∂x
∂x2
∂t
2m ∂x
∂x
∂x
3
(12)
Dies ist gleichbedeutend mit einer Gleichung:
∂
∂
ρ (x, t) +
j (x, t) = 0
∂t
∂x
wobei
ρ(x, t) = |Ψ(x, t)|
2
~
und j(x, t) =
2mi
(13)
∂Ψ∗
Ψ
−Ψ
∂x
∂x
∗ ∂Ψ
(14)
Dies ist die Kontinuitätsgleichung für die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ und die dazu gehörige Wahrscheinlichkeitsstromdichte j, und sie besagt quasi, dass eine Änderung in der Wahrscheinlichkeitsdichte an
einem Ort durch eine geeignete Strömung der Wahrscheinlichkeit kompensiert werden muss.
2
2.1
Anwendungen der Schrödingergleichung
Freies Teilchen
Das einfachst denkbare System besteht aus einem Teilchen mit Energie E, das sich im potentialfreien
Raum fortbewegt: V (x) ≡ 0. Nach der klassischen Mechanik bleibt die Energie und der Impuls eines
solchen Teilchens erhalten.
Wir wissen, dass die Zeitentwicklung dieser Wellenfunktion beschrieben wird durch den Zeitentwicklungsoperator:
!
−iĤ(t − t0 )
!
(o.B.d.A. t0 = 0)
(15)
Û (t, t0 ) = exp
~
d.h. die Wellenfunktion besteht aus Û angewandt auf den räumlichen Anteil ψ(x). Diesen räumlichen
Anteil bekommt man durch Lösung der zeitunabhängigen Schrödingergleichung:
−
~2 ∂ 2
2mE
ψ(x) = Eψ(x) ⇔ ψ 00 (x) = − 2 ψ(x)
2m ∂x2
~
(16)
Mit einem Ansatz ψ(x) = eikx bekommt man:
r
k=±
2mE
~2
Diese Differentialgleichung hat also die allgemeinen Lösungen:
E
Ψ(x, t) = A exp i ±kx − t
~
(17)
(18)
Beliebige freie Teilchen können also immer beschrieben werden durch ebene Wellen, mit Wellenvektor
k
√
(17) und Frequenz ω = E/~. Eine solche ebene Welle hat einen fest definierten Impuls p = ~k = 2mE,
wobei für positives k die Welle nach rechts propagiert, und für negatives k nach links. Aber wie die
Unschärferelation es bestimmt, ist der Ort eines quantenmechanischen Objektes mit scharfem Impuls
komplett unscharf (Eine ebene Welle ist immerhin überhaupt
nicht lokalisiert). Dazu ist eine solche Welle
R∞
2
nicht normierbar. Es gibt keinen Koeffizienten A mit ∞ |Ψ| dx < ∞, weshalb eine monochromatische
ebene Welle nicht für die Beschreibung eines Teilchens im Sinne unserer Wahrscheinlichkeitsinterpretation
geeignet ist.
Da die Schrödingergleichung jedoch eine lineare Differentialgleichung ist, ist auch jede beliebige Kombination von ebenen Wellen ebenfalls eine Lösung, insbesondere auch:
1
Ψ(x, t) = √
2π
Z∞
−∞
4
c(k)ei(kx−ωt) dk
(19)
wobei die Funktion c(k) eine Amplitudenverteilung in Abhängigkeit von k darstellt, also eine beliebige
Form annehmen kann. Für ein geeignetes c(k) ist die Wellenfunktion dann sogar normierbar. In so einem
Fall ist der Impuls eines solchen Wellenpakets über einen bestimmten Impulsbereich verschmiert, dafür
haben wir eine gewissen Lokalisation im Ort.
2
(Beispiel: Gauß’sches Wellenpaket, mit c(k) = exp −α (k − k0 ) . Die Wellenfunktion besteht aus einem
schnell im Ort oszillierenden Anteil, moduliert durch eine Gauß-Funktion über x.)
2.2
Probleme mit Potential
Zielsetzung:
Es soll die quantenmechanische Beschreibung eines Teilchens in einer Dimension, das ein Potential V (x)
sieht erarbeitet werden. Wir nehmen an, dass das Potential V(x) unabhängig von der Zeit ist. Dann stehen
wir vor der Herausforderung, die stationäre Schrödinger-Gleichung zu lösen. Die Lösung der SchrödingerGleichung ist damit, wie bereits diskutiert, gegeben durch
Ψ(x, t) = ψ(x)e−i/~Et .
Gesucht sind:
(1) Energie-Eigenwerte E. Die Gesamtheit E der Energie-Eigenwerte wird als Spektrum bezeichnet.
(2) Eigenfunktionen ψ(x), die die Eigenwert-Gleichung
Hψ(x) = Eψ(x)
lösen.
Wir stellen die folgenden Anforderungen an die Wellenfunktion:.
1. ψ(x) muss normierbar sein, d.h.
Z
∞
dx|ψ(x)|2 = 1
−∞
2. ψ(x) muss stetig sein für alle x.
2.2.1
Unendlich hoher Potentialtopf
Ein sehr einfaches aber interessantes Beispiel für das typische Verhalten quantenmechanischer Systeme
ist der eindimensionale, unendlich hohe Potentialtopf, also eine Potentiallandschaft der Form:
(
0 (0 < x < a)
V (x) =
(20)
∞ sonst
Schließt man ein Teilchen in diesen Topf ein, kann es sich prinzipiell überall innerhalb des Topfes aufhalten,
kann aber unter keinem Umstand in den Bereich kommen, wo das Potential unendlich ist. Folglich ist
seine Aufenthaltswahrscheinlichkeitsamplitude dort überall gleich Null. Da die Wellenfunktion ψ stetig
ist, muss an den Rändern offenbar gelten: ψ(0) = ψ(a) = 0. Innerhalb des Kastens gilt jedoch:
ψ 00 (x) +
2mE
ψ(x) = 0
~2
für 0 < x < a
(21)
Um eine normierbare Lösung zu erhalten, muss E > 0 sein. Mit der Definition k 2 = 2mE/~2 haben wir
eine DGL der Form ψ 00 + k 2 ψ = 0, deren Lösung im Allgemeinen eine Linearkombination aus sin(kx) und
cos(kx) ist. Die cos-Terme fallen aber raus, da sie die Randbedingung bei x = 0 verletzen.
ψ(x) = A sin(kx);
5
(A ∈ R)
(22)
Die andere Randbedingung fordert, dass sin(ka) = 0, d.h. ka = nπ mit n ∈ N. Setzen wir diese Bedingung
in die Relation zwischen k und E ein, erhalten wir einen Satz an erlaubten Energieniveaus, die vom Wert
von n abhängen:
~2 π 2 n 2
En =
(n ∈ N)
(23)
2ma2
Im Vergleich zum Fall des freien Teilchens haben wir hier diskrete Energieniveaus, die quadratisch mit
der sog. Quantenzahl n ansteigen. Das Vorhandensein diskreter Energieniveaus mit einem entsprechenden
Satz an diskreten Eigenzuständen ist ganz typisch für gebundene Zustände in der Quantenmechanik.
Wichtig ist, dass n in diesem Fall den Wert 0 nicht annehmen darf, weil sonst die Wellenfunktion überall
identisch Null wäre, und wir hätten kein Teilchen im Potentialtopf. Es gibt also eine untere Schranke der
Energien, die für ein gebundener Zustand angenommen werden kann, die sog. Nullpunktsenergie:
Eg =
~2 π 2
2ma2
(24)
Im Gegensatz zur klassischen Physik ist also die niedrigste Energie nicht Null, sondern endlich. Die
Grundzustandsenergie kann auch nicht aus ein System extrahiert werden, weil die Unschärferelation
dadurch verletzt wird.
Der gebundene Zustand geringster Energie heißt Grundzustand, alle anderen mit höheren Energien heißen
angeregte Zustände.
2.2.2
1D-Potentialstufe
Ein Beispiel für ein System ohne gebundene Zustände ist die Potentialstufe:
(
0
(x < 0)
V (x) =
V0 (x ≥ 0)
(25)
Die stationäre Schrödingergleichung lautet (umgestellt):
ψ 00 (x) +
2m
(E − V (x)) ψ (x) = 0
~2
(26)
Wir definieren: k 2 := 2mE/~2 und q 2 = 2m(E − V0 )/~. Damit lautet die Schrödingergleichung:
ψ 00 + k 2 ψ = 0
00
2
ψ +q ψ =0
(x < 0)
(x ≥ 0)
(27)
Für x < 0 können wir für die allgemeine Lösung folgenden Ansatz machen: ψ (x) = eikx + Re−ikx
eikx kann als von links einfallende Welle angesehen werden. Re−ikx stellt einen Anteil dar, der von der
Barriere zurückläuft. Die Stromdichte definiert durch diese Wellenfunktion lautet:
~ −ikx
e
+ R∗ eikx ikeikx − ikRe−ikx − eikx + R−ikx −ike−ikx + ikR∗ eikx
2mi
~k 2
=
1 − |R|
(28)
m
j (x) =
Für x > 0 probieren wir folgenden Ansatz: ψ(x) = T eiqx . Eigentlich könnte man einen Anteil W e−iqx
dazu addieren, allerdings werden die Anschlussbedingungen dazu führen, dass W unbestimmt bleibt,
deswegen setzen wir es auf Null. Dieser Ansatz korrespondiert mit einer transmittierten Welle. Damit
lautet die Stromdichte:
~ ∗ −iqx
T e
iqT eiqx − T eiqx (−iq) T ∗ e−iqx
2mi
~q
~ 2
2
=
2 |T | iq =
|T |
2mi
m
j (x) =
6
(29)
Die Anschlussbedingungen besagen, dass die Funktion und ihre Ableitung bei x = 0 stetig sein müssen:
1+R=T
ik − ikR = iqT
k−q
2k
⇒R=
T =
k+q
k+q
(30)
(31)
Die transmittierte und reflektierte Stromdichten lauten somit:
jT =
~q
~k 4kq
2
|T | =
m
m (k + q)2
jR =
~k
~k (k − q)
2
|R| =
m
m (k + q)2
(32)
2
(33)
Es gilt:
j0 = jR + jT
|R|2 + |T |2 = 1
Dies entspricht der Wahrscheinlichkeitsstromdichte Erhaltung.
Wir machen die Fallunterscheidung:
• E > V0 : In diesem Fall ist q > 0, und es gibt eine reflektierte Welle, im Gegensatz zur klassischen
Lösung.
• E V0 : Hier ist k ≈ q, und die reflektierte Stromdichte jR geht damit gegen Null. Die Welle wird
fast vollständig transmittiert.
• E < V0 : In diesem Fall q rein imaginär. Im Bereich x > 0 ist ψ(x) = T e−|q|x . Die Wellenfunktion
durchdringt zwar den klassisch verbotenen Bereich, klingt aber exponentiell ab.
3
Der harmonische Oszillator
In der Physik treten harmonische (also linear von x abhängige) Kräfte sehr häufig auf, und selbst bei anharmonischen Systemen lässt sich ziemlich oft eine harmonische Näherung rechtfertigen, um grundlegende
Effekte zu erklären. Ein System mit harmonischem Potential ∝ x2 heißt harmonischer Oszillator.
Die zeitunabhängige Schrödingergleichung des einfachen 1-dimensionalen Oszillators lautet:
mω 2 x2
~2 ∂ 2
−
+
ψ (x) = Eψ (x)
2m ∂x2
2
(34)
Um diese Differentialgleichung zu lösen, verwendet man die Forderung, dass das Betragsquadrat der Wellenfunktion integrierbar sein muss. Dies führt auf Wellenfunktionen, die proportional sind zum Produkt
aus einer Gauß-Funktion exp(−cx2 ) und Hermite-Polynome:
n
2
2
z
d
z
Hn (z) = exp
z−
exp −
(n ∈ N )
(35)
2
dz
2
Wie beim unendlich hohen Potentialtopf handelt es sich bei den Lösungen der Differentialgleichung um
gebundene Zustände, beschrieben durch einen diskreten Satz an Eigenfunktionen, die ebenfalls die Indizierung der Hermite-Polynome tragen. Ohne Beweis:
r
mω 1/4 1
mω mω
√
Hn
x exp −
x2
(36)
ψn (x) =
π~
~
2~
n!2n
Interessant sind für uns im Moment nur die dazugehörigen Energie-Eigenwerte, die wir aber über eine
alternative Methode ermitteln wollen.
7
3.1
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren
Zunächst definiert man nicht-hermitesche, aber zueinander adjungierte Operatoren:
r
r
mω
mω
ip̂
ip̂
â =
x̂ +
; ↠=
x̂ −
2~
mω
2~
mω
(37)
und wertet das Produkt aus:
i
mω
ip̂
ip̂
mω 2
p̂2
↠â =
x̂ −
x̂ +
=
x̂ + 2 2 +
(x̂p̂ − p̂x̂)
2~
mω
mω
2~
m ω
mω | {z }
=i~
2
=
2
mωx̂
p̂
1
1
+
− =
2~
2m~ω 2
~ω
2
2 2
1
p̂
mω x̂
−
+
2m
2
2
{z
}
|
(38)
=Ĥ
Wir haben also eine Möglichkeit, den Hamiltonoperator durch diese beiden Operatoren darzustellen:
1
†
Ĥ = ~ω â â +
(39)
2
Analog dazu kann man das umgedrehte Produkt auswerten:
â↠=
1
1
Ĥ +
~ω
2
woraus wir sofort eine Kommutatorrelation für diese beiden Operatoren erhalten:
â, ↠= 1
(40)
(41)
Und nun behaupten wir folgende definierende Eigenschaften dieser beiden Operatoren:
Wenn ψ eine Lösung der Schrödingergleichung mit Energie E ist, dann ist ↠ψ ebenfalls Lösung der
Schrödingergleichung mit Energie E + ~ω, ferner ist âψ auch eine Lösung mit Energie E − ~ω. (Beweis
→ Übung)
Diese Eigenschaften geben dem Operator ↠den Namen Aufsteige- oder Erzeugungsoperator und â die
Bezeichung Absteige- oder Vernichtungsoperator, da sie die Energie eines bekannten Zustands jeweils um
ein Energiequant ~ω anheben oder absenken.
Das Produkt ↠â ist auch bekannt als Besetzungszahloperator n̂. Wendet man ihn nämlich auf einen
Eigenzustand des harmonischen Oszillators mit Index n an, ergibt sich:
n̂ψn = nψn
(42)
Setzt man diese Eigenschaft in (39) ein, bekommt man zu die zu den Eigenzuständen ψn gehörenden
Energie-Eigenwerte:
1
En = ~ω n +
(n ∈ N 0 )
(43)
2
Die Grundzustand ist damit charakterisiert durch:
1/4
1
x2
ψ0 (x) =
exp − 2
πx0
2x0
~ω
E0 =
(44)
2
p
mit x0 = ~/mω als charakteristische Länge des Oszillators, nämlich der Umkehrpunkt eines klassischen Teilchens, der in der klassischen Mechanik nicht überschritten werden kann. Aus dieser Grundzustandswellenfunktion kann jede beliebige Wellenfunktion eines angeregten Zustands durch sukzessive
Anwendung des Erzeugungsoperators auf ψ0 konstruiert werden. Bei den Übungen wird auch gezeigt,
warum der Vernichtungsoperator nicht in der Lage ist, die Energie des Grundzustands nochmal um ~ω
herabzusetzen.
8
4
Das Ehrenfest-Theorem
Da die Kenntnis der Erwartungswerte physikalischer Observablen für Messprozesse relevant ist, interessiert man sich für die Zeitentwicklung dieser Erwartungswerte.
Dazu schauen wir uns die zeitabhängige Schrödingergleichung an, sowie die ’Schrödingergleichung’, die
sich durch die komplex-Konjugation der Gleichung und eine Umwandlung von |Ψi → hΨ| ergibt (Ĥ ist
hermitesch, bleibt also unverändert).
∂
˙ =
|Ψi = Ĥ |Ψi ⇔ |Ψi
∂t
∂
˙ =
−i~ hΨ| = hΨ| Ĥ ⇔ hΨ|
∂t
i~
−i
Ĥ |Ψi
~
i
hΨ| Ĥ
~
(45)
Der Ewartungswert eines linearen Operators  im Zustand Ψ ist definiert durch:
D E
 = hΨ|  |Ψi
(46)
Bilden wir die totale Zeitliche Ableitung von diesem Ausdruck, ergibt sich:
d D E
˙ Â |Ψi + hΨ| ∂ Â |Ψi + hΨ| Â|Ψi
˙
 = hΨ|
dt
∂t
(47)
Hier setzen wir die beiden Definitionen der Zeitableitungen (45) ein:
d D E
i
i
 = hΨ| Ĥ |Ψi − hΨ|  Ĥ |Ψi +
dt
~
~
*
+
i
∂ Â
= hΨ| ĤÂ − ÂĤ |Ψi +
~
∂t
*
+
iE
∂ Â
i Dh
Ĥ, Â +
=
~
∂t
*
∂ Â
∂t
+
(48)
Dies ist das sogenannte Ehrenfest-Theorem, und sieht aus wie die Bewegungsgleichung der Operatoren
selber im Heisenberg-Bild:
i ∂ Â
dÂH
ih
H
=
(49)
ĤH , ÂH +
dt
~
∂t
Als Beispiel setzen wir  = x̂, was dann nicht explizit zeitabhängig ist. Damit verschwindet die partielle
Ableitung von x̂ nach der Zeit und wir erhalten:
d hx̂i
i
=
dt
~
z=−i~
}| {
p̂2
i
hp̂i
+ V (x̂), x̂
=
p̂ [p̂, x̂] + [p̂, x̂] p̂ =
2m
2m~
m
also der klassischen Impulsdefinition recht ähnlich. Das gleiche kann man für  = p̂ berechnen:
2
d hp̂i
i
p̂
i
~ ∂
=
+ V (x̂) , p̂
=
V (x̂) ,
dt
~
2m
~
i ∂x
(50)
(51)
Die Auswertung des Kommutators ist einleuchtender, wenn man ihn auf eine Testfunktion anwendet
(Kommutatoren sind Operatoren!):
∂
∂Φ
∂
∂Φ
∂V
∂Φ
∂V
V (x) ,
Φ (x) = V
−
(V Φ) = V
−
Φ−V
= −
Φ(x)
(52)
∂x
∂x
∂x
∂x
∂x
∂x
∂x
d hp̂i
∂V
⇒
= −
= hF (x̂)i
(53)
dt
∂x
9
Hier verwendet man die klassische Definition der Kraft F als negative Ableitung des Potentials nach dem
Ort. Gleichungen (50) und (53) zusammen ergeben auch noch:
m
∂ 2 hx̂i
= hF (x̂)i
∂t2
(54)
Soweit sehen also diese Gleichungen für die Erwartungswerte so aus wie die klassischen Bewegungsgleichungen, was einen Hinweis darauf gibt, dass die klassische Mechanik als Grenzfall in der Quantenmechanik enthalten sein soll. Die Gleichung (54) sagt aber nicht, dass die Erwartungswerte den klassischen
Gleichungen erfüllen. Damit das gilt, müsste die Gleichung stattdessen lauten:
m
∂ 2 hx̂i
= F (hx̂i)
∂t2
(55)
Dass hF (x)i = F (hxi) gilt im Allgemeinen nicht immer, aber es gibt einige wenige Spezialfälle, wo dies
gültig ist. In diesen Fällen kann man die Erwartungswerte wie klassische Größen behandeln und in die
gewöhnlichen Bewegungsgleichungen der klassischen Mechanik einsetzen.
10
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