Gravierende Mängel bei der Musik - Advent

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Die gekürzte Fassung dieses Leserbriefes ist in
der Ausgabe Februar 2015 von „Adventisten
heute“ erschienen. Kostenlos abrufbare
Onlineausgabe (PDF): www.adventistenheute.de
Gravierende Mängel bei der Musik
Leserbrief von Günther Preuß zum Artikel „Vereint in Anbetung“ (Dezember 2014) in
vollem Wortlaut
Als langjähriger Dozent auf dem Gebiet der Anbetung und der geistlichen Musik und als jemand, der
auch populäre Stile praktisch musiziert, muss ich leider den Artikel „Vereint in Anbetung“ in
„Adventisten heute“ vom Dezember 2014 als einseitige Berichterstattung bezeichnen. Nicht 140
„Gottesdienst- und Anbetungsleiter“ waren bei den Vorträgen in Bracknell präsent, sondern im
Schnitt nur zwischen 50 und 100. Und längst nicht alle wurden „inspiriert und motiviert“, wie der
Artikel es vorgibt. Ich habe mit mindestens 20 Personen gesprochen, die mit der dort aufgezeigten
Richtung nicht einverstanden waren. Mehrere Personen haben ihre Kritik öffentlich vorgetragen.
Mein vierseitiges „Feedback“-Papier haben 13 Personen unterschrieben (u. a. aus Portugal,
Rumänien, Österreich, Polen und England).
Das „Wesentliche der Anbetung“ (so der Titel der Konferenz), wurde zwar in vielen Beiträgen
theoretisch angesprochen, aber die Praxis zeigte gravierende Mängel, vor allem in der Musik.
Biblische Anbetung geht von der Stille, von der dankbaren Betrachtung der Größe Gottes und seiner
Wunder aus. Die Anbetenden stehen gemeinsam in demütiger und gleichzeitig freudiger Ehrfurcht
vor Gott, möchten anders werden, als die Welt sie zu prägen versucht, und möchten in Gottes
Charakter verwandelt werden (jeden Tag!), mit ihren Gefühlen und mit ihrem Verstand (Röm. 12,2).
Show und hektisches „Herumhampeln“ dürften da eigentlich keinen Platz haben. Kreative
Geschäftigkeit ist eben nicht alles.
Das „Wesentliche der Anbetung“, das ich in dem Pfingstler-Tempel in London erlebte, war: Lärm und
Herumgestikulieren mit Schlagzeuggetöse (verstärkt!), oft über 100 Dezibel (auch bei Hymnen);
einseitige Werbung für „charismatische“ Praktiken wie die Einsetzung von Gottesdienstleitern
(„Worship-leader“), die anstelle von Gemeindeleitern (oder Moderatoren) aus der Singgruppe heraus
agieren und die Gefühle der Gottesdienstteilnehmer „mitnehmen“ (manipulieren?) sollen, teilweise
„endlose“ Wiederholungen (bis zu 28mal derselbe gesungene Satz!), die an magische Praktiken
denken lassen, der Gebrauch von Rockballaden mit überlauten Bässen (der Boden vibrierte davon
deutlich spürbar!) und Rhythmusbetonung, dazu die Kürzung der Bibelgesprächskreise (dafür blieben
nur knapp 15 Minuten).
Gewiss, es gab Interessantes bei dieser „Worship Conference“, z.B. kabaretthafte Video-Clips zu
Einzelaspekten des Gottesdienstes, die zum Nachdenken einluden, eine improvisiert-gesungene
Schriftlesung und die Predigt von Bill Knott (wenn man von einer gewissen Übertreibung in Gestik
und Lautstärke absieht).
Aber es fehlten mir u. a. die folgenden Aspekte:
1. Referenten aus der EUD (hat sich die EUD nur an die TED passiv angehängt?).
2. Musik als eigenständige „Sprache“, die unabhängig vom Text eine Botschaft übermittelt, die
unter Umständen dem Text widersprechen kann.
3. Die Präsentation von verschiedenen Arten von Gottesdiensten, von Menschen und Anlässen,
und die dabei möglichen und geforderten differenzierten musikalischen Ausformungen.
4. Momente der ehrfürchtigen Stille im Gottesdienst.
5. Echte Vielfalt: Dass unsere farbigen Geschwister in England, die dort 90% der
Gemeindeglieder ausmachen, von ihrer Kultur her zur „worship music“ neigen, ist
nachvollziehbar. Aber warum muss man das als „die“ adventistische Gottesdienstmusik
präsentieren? Es gab wohl einige wenige andere Stilrichtungen, aber alle im populären
Bereich. Manches davon kam als Show an. Wo waren Streicher-, Holzbläser-, Blechbläseroder Orgelklänge, klassische oder auch jüdisch-folkloristische Stücke? Wo war klassischer
Gesang, wo ein meditatives Klaviersolo! Fehlanzeige. Dafür fast nur „Worship“ bis zum
Abwinken, bis in den Abend.
6. Fröhlich-überzeugtes hymnisches Mitsingen (ohne Band). Es fehlte deshalb, weil man gar
keine Lust zum Mitsingen hatte. Die Musik von vorne kam zu laut herüber. Und wenn
unbekanntes Liedgut gewählt und nur der Text projiziert wird, dann ist das Mitsingen doppelt
schwierig!
7. Gäste. Wo blieben die „Tausenden“, die angeblich eingeladen worden waren? Sollte der sog.
„nutzerfreundliche“ Gottesdienst nur die adventistische Seele streicheln?
8. Aussagen von E.G. White. Wo blieb in den Vorträgen die Aufarbeitung der Aussagen von E.G.
White zu populärer Musik (z.B. ihre Warnungen im Jahre 1900 vor musikalischem
„Irrenhauslärm“ kurz vor dem Ende der Gnadenzeit)?
9. Ansätze, Gottesdienst und Musik adventistisch zu durchdenken (immer wieder wird der
Begriff der Ganzheitlichkeit bemüht – es soll getanzt und gewippt werden -, aber spätestens
bei der hörschädigenden Lautstärke scheint nicht mehr an den körperlichen Aspekt der
Ganzheitlichkeit gedacht zu werden!).
10. Ausgewogenheit der musiktheologischen Standpunkte. Hier muss ich leider meiner Kollegin
Lilianne Doukhan von der Andrews University, deren Forscherkompetenz ich schätze, klar
widersprechen: Sie zieht (auch in ihrem Buch „In Tune with God“) Martin Luther heran, um
die heutige moderne Diskomusik im adventistischen Gottesdienst heimisch werden zu
lassen. Dabei spielt sie die körperlichen Auswirkungen und die „charismatischen“ Gefahren
herunter. Wollen wir wirklich unseren prophetischen Auftrag zum Anderssein als auch die
dreifache Engelsbotschaft („Betet an …!“) vergessen und einfach den anderen Kirchen
hinterherlaufen?
Kurz: Ich habe den Sabbat, 18. Oktober 2014, als den schlimmsten meines Lebens erlebt und die
Konferenz als einen Meilenstein in Richtung falsche Anbetung. Schade, das „Wesen der wahren
Anbetung“ liegt für mich woanders. Zumindest musikalisch scheinen wir in der Endzeit angekommen
zu sein.
2
Stellungnahmen der Veranstalter zum Leserbrief von Günter Preuß
Entgegnung des Musikers Gabriele Giuga auf den Leserbrief von Günter Preuß (Adventisten
heute, Februar 2015)1 zum Bericht über die Europäische Anbetungs-Konferenz (Adventisten
heute, Dez. 2014, S. 5)
Die Konferenz über die „Essenz der Anbetung“ in Bracknell im letzten Oktober konzentrierte sich (wie
der Bericht zeigt) auf Anbetung und Gottesdienst – zwei Themen für ein vertieftes Studium und zur
Reflexion. Die Veranstaltung war einzigartig, nicht nur, weil [zum Thema Musik] zum ersten Mal
Teilnehmer aus den beiden europäischen Divisionen zusammenkamen, sondern vor allem, weil das
spezielle Thema der Anbetung angepackt wurde. Um die Bedeutung dieser Konferenz zu erfassen,
genügt es, uns mit anderen Kirchen zu vergleichen: keine hat jemals den Streitpunkt der Anbetung in
der Art angepackt, wie es in Bracknell geschah. Eine ähnliche Konferenz wäre in der katholischen
oder evangelischen Kirche undenkbar (ganz abgesehen von nichtchristlichen Religionen).
Die Zusammenkunft in Bracknell war eine Demonstration des Charakters der Kirche der SiebentenTags-Adventisten – eine Kirche, die nicht in Dogmen und Methoden stagniert, sondern in der Lage ist,
Fragen zu stellen und sich selbst in der Beziehung zu Gott und deren Ausdruck zu untersuchen. Keine
Kirche ist in der Lage gewesen, dies bei einem so wichtigen Thema wie Anbetung zu tun.
Ich halte es für wichtig, den Wert dessen zu erkennen, was auf dieser Konferenz geschah. Der Wert
geht über die Beantwortung von Fragen hinaus. Es ist ein klassisches Beispiel dafür, dass die Frage
viel wichtiger ist als die Antwort. Davon müssen wir ausgehen und erkennen, dass diese Konferenz
offiziell einen offenen Prozess der Reflexion über einen sehr heiklen und komplexen Streitpunkt in
unserer Kirche in Gang gebracht hat.
Es muss nicht erwähnt werden, dass die Musik nur ein Element des Gottesdienstes ist, obwohl
vielleicht das herausragendste und in gewisser Weise umstrittendste. Eine Bewertung des
Geschehens in Bracknell nur in diesem Punkt ist daher sehr unzureichend und dient weder der
Diskussion über das Thema Gottesdienst noch dem Wachstum der Gemeinden darin. Leider bezieht
sich Günter Preuß nur auf das Thema Musik und zieht nicht die dynamische Natur der Konferenz in
Betracht.
In seinem kritischen Leserbrief ist für mich schwer die Logik zu erkennen, die aus einer
nachdenklichen Reflexion stammt. Seine Ansichten scheinen mehr das Ergebnis oder der Ausdruck
eines emotionalen Zustandes und nicht die Schlussfolgerungen aus einer genauen Analyse zu sein.
Einige Kritik von Preuß bezieht sich auf die Lautstärke der Musikdarbietungen am Sabbatmorgen
(„über 100 Dezibel“), „endlose Wiederholungen“ melodischer Phrasen, die für „charismatische
Praktiken“ typisch seien, und die Vorherrschaft von Rockrhythmen. Diese Kritikpunkte von ihm sind
nicht neu – er hat sie bei verschiedenen Gelegenheiten ausgesprochen. Wenn man jedoch den
[impliziten] Vorschlägen in seinem Brief folgt, wären die praktischen Konsequenzen absurd.
Würde man zum Beispiel dem Prinzip des Ausschlusses von Perkussionsinstrumenten folgen,
müssten wir auch geistliche Werke ausschließen wie das „Dies Irae“ von Verdi, vieles aus dem
„Deutschen Requiem“ von Johannes Brahms oder aus dem Requiem von Mozart, und erste Recht die
Symphonie Nr. 4 von Tschaikowski oder einen großen Teil der Musik von Mahler, Strawinsky oder
1
In diesem Onlinedokument vollständig wiedergegeben.
3
Prokofjew – um nur einige bekannte Beispiele zu nennen, die selbst jenen bekannt sind, die keine
Konzerthallen besuchen.
Um eine Auswahl auf der Grundlage der Ansichten von Günter Preuß anzufechten, genügt es, auf
den Kanon und die Gigue in D-Dur für drei Violinen und Basso Continuo von Johann Pachelbel zu
verweisen, vielleicht eines der beliebtesten Stücke klassischer Musik, ganz abgesehen von den
Variationen des „wohltemperierten Klaviers“ von Johann Sebastian Bach oder die expressive Kraft
der minimalistischen Musik des zeitgenössischen Komponisten Philip Glass.
Die Wiederholungen melodischer Phrasen als schlecht zu bezeichnen ist ebenfalls unhaltbar. Hier
haben wir es mit einer persönlichen Ansicht zu tun. Es ist schwierig, die Ansicht zu teilen, dass eine
bloße wiederholte Melodie magische, charismatische oder hypnotische Haltungen hervorruft.
Während des Sabbatvormittagsgottesdienstes im Dominion Centre in London passierte nichts typisch
„charismatisches“. Es ist einfach zu simpel und auch unfair, dies als den „schlimmsten Sabbat meines
Lebens“ zu bezeichnen lediglich auf der Grundlage von Überzeugungen, die strukturell fragwürdig
sind.
Natürlich wurden nicht alle musikalischen Genres dargeboten, aber der Grund dafür liegt in einer
Richtung, die Günter Preuß vielleicht nicht betrachtet hat. Es ist ein Faktum, dass von den 1970erJahren an der musikalische Ausdruck der westlichen christlichen Kultur in die Bahnen einer
melodischen Pop-Gattung geleitet wurde und nicht in Rockmusik, wie Günter Preuß annimmt. Das ist
ein Phänomen, das auf komplexeren Ursachen beruht, als von den sogenannten „Konservativen“ in
unserer Kirche angenommen wird.
Es ist hier nicht der Platz, um das Problem zu behandeln, dass unsere Kirche auch 150 Jahre nach
ihrer Gründung immer noch nicht in der Lage ist, eine eindeutige musikalische Identität zu
beanspruchen – eine musikalische Form, eine Art, Musik zu machen, die eng mit unserer Identität
verknüpft und sofort erkennbar ist. Wie andere christliche Kirchen lehnt sie sich an populäre Musik
an, die oft wie gebleicht erscheint und schlecht gemacht ist. Ist das aus einem Mangel an finanziellen
Mitteln oder an Talenten, aus Gründen der Angleichung, der sozialen Konditionierung oder einem
Mangel an Interesse der Fall? Vielleicht aus all diesen Gründen und weiteren. Tatsächlich zeigt
unsere Geschichte, dass wir zu vielen Lebensbereichen eine Verbindung hergestellt haben außer zu
den Künsten. Das ist keine Kritik, nur eine Beobachtung. Die Künste können uns einen weiten Raum
zum Wachstum sowohl im Gottesdienst als auch in der Mission geben. Wir müssen viel lernen, und
wir können das, denn wir haben die Fähigkeiten dazu.
Die Verantwortung für dieses Versäumnis jedoch auf eine Gruppe von Menschen zu schieben, die
gewillt sind, in den Gemeinden Musik zu spielen oder freiwillig musikalische Darbietungen zu geben,
ist irrig und anstößig. Die Verantwortung liegt vielmehr auf jenen Leuten wie Günter Preuß, die in der
Kirche eine Rolle spielen, die sich mit diesen Angelegenheiten beschäftigen und dafür auch ein
Gehalt bekommen und die trotz all der Jahre, die vergangen sind, in denen sie von der Kirche
finanziell getragen werden, immer noch nicht in der Lage sind, ein eigenständiges oder
bedeutungsvolles [musikalisches] Konzept für unsere Kirche zu erstellen.
Wenn wir heute immer noch die grundlegenden Prinzipien der Musik diskutieren, sind dies die Leute,
die gebeten werden sollen, die Rechnung zu bezahlen, statt diejenigen, die daran arbeiten, die
Gemeinden zu beleben – mit all ihren Begrenzungen und meist auch ohne Bezahlung. Eine Kirche, die
keine Angst hat, sich einer Prüfung zu unterziehen, verdient eine konstruktive Diskussion und
Debatte. Die Konferenz über die „Essenz der Anbetung“ in Bracknell ist ein Beginn – der Beginn einer
unumkehrbaren Reise. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass wir in unserer Gemeinschaft ein echtes
Wachstum [auf diesem Gebiet] erfahren.
Dr. Gabriele Giuga, Musiker und Musikjournalist, Referent auf der “Essence of Worship”-Konferenz
4
Entgegnung von Corrado Cozzi, Abteilungsleiter für Kommunikation der Intereuropäischen
Division, auf den Leserbrief von Günter Preuß (Adventisten heute, Februar 2015)2 zum
Bericht über die Europäische Anbetungs-Konferenz in Bracknell (Adventisten heute, Dez.
2014, S. 5)
Ich möchte vorwegschicken, dass ich eigentlich keine Erwiderungen auf den Seiten einer Zeitschrift
mag, sondern persönliche Gespräche mit denen bevorzuge, die meine Arbeit infrage stellen, weil die
Leser oft nicht den Hintergrund der geschriebenen Erklärungen kennen. Aber die Redaktion des
Advent-Verlages hat mich in diesem Fall darum gebeten, und ich bin dem entgegengekommen und
weiche nicht meiner Verantwortung aus, zum Verständnis der Fakten beizutragen.
Ich werde hier nicht auf den fachlichen Inhalt der Anbetungs-Konferenz in Bracknell eingehen, denn
ich bin kein Musiker. Den Platz für diese Debatte überlasse ich denen, die eine angemessene Antwort
auf die Bemerkungen von Günter Preuß geben können. 3
Es ist öffentlich bekannt, dass Günter Preuß meine Meinung gut kennt. Wir haben mehrere Male
darüber gesprochen. Vor allem kennt er auch meine Enttäuschung über die Methode, die er benutzt
hat, um Unterschriften für seine persönlichen Ansichten über Musik zu sammeln. Er schrieb in
seinem Leserbrief, dass „mindestens 20 Personen … mit der dort aufgezeigten Richtung nicht
einverstanden waren“ (hat er alle Teilnehmer gefragt?) und „mehrere Personen ihre Kritik öffentlich
vorgetragen haben“ (ich war stets anwesend, erinnere mich aber nicht, dass dies geschehen ist). 13
Personen aus verschiedenen Ländern hätten sein „Feedback“-Papier unterschrieben. Ich frage mich:
Warum nicht mehr als 13? Ich frage mich, ob Leute seine Bitte abgelehnt haben und wie viele das
waren. (Dieses Dokument wurde mir danach gegeben, und ich werde eine Kopie davon an alle
Teilnehmer weiterleiten, damit sie ein besseres Verständnis bekommen.)
Meine Enttäuschung rührt daher, dass ich seine Methode extrem beleidigend finde, denn sie
untergräbt den Respekt gegenüber denen auf dem Podium, die Gelegenheiten für Diskussionen
bieten. Ich finde, dass dies kein angemessenes christliches Verhalten ist und es nicht in
Übereinstimmung mit biblischen Prinzipien steht, Dokumente zu verfassen und sie dann heimlich
anderen zu unterbreiten, um Unterstützung für sein persönliches Missfallen zu sammeln.
Soll ich annehmen, dass Günter Preuß mit vorgefassten Meinungen zur Konferenz gekommen ist? Ist
dies die rechte Gesinnung, die man in eine christliche Veranstaltung und eine Gemeinschaft wie
unsere mitbringt?
Dies ist eine Praxis, die ich überall in der Welt finde, und es macht mich traurig zu sehen, dass sie
auch von einigen Leuten in meiner Kirche benutzt wird. Dies ist auch ein subtiler Weg, wie eine
weltliche Gesinnung die Gemeinde infiltriert.
Der Grund, weshalb wir diese Konferenz über Anbetung organisiert haben, liegt darin, dass wir
glauben, dass wir Gelegenheiten für einen offenen und ernsthaften Dialog schaffen sollten, bei
denen Widerspruch offen geäußert werden kann und sich nicht hinter einer Unterschrift verstecken
muss. Es gab reichliche Gelegenheiten für Debatten, und sehr wenige Leute kamen nach vorn und
äußerten sich in der Weise, wie es Günter Preuß getan hat.
Er spricht zu Recht die Lautstärke an. Doch selbst wenn er mehrfach über 100 Dezibel gemessen hat
(aber dabei muss man präziser sein, sonst gründet sich das auf Erfahrungen statt auf Fakten), kann
das an sich noch nicht als schädigend angesehen werden. Die europäische Gesetzgebung lässt auf
diesem Gebiet keinen Raum für Zweifel (siehe dazu http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO2
3
In diesem Dokument vollständig wiedergegeben.
Siehe die Entgegnung des Musikers Gabriele Giuga auf dieser Internetseite (Anm. der Redaktion).
5
09-418_en.htm?locale=en). Das Risiko eines Hörschadens hängt von zwei Faktoren ab: der
Lautstärkepegel und die Zeit der Einwirkung. Ein sicherer Lautstärkepegel hängt von der Länge des
Hörens ab. Zum Beispiel sollte man 80 dB(A) nicht länger als 40 Stunden pro Woche ausgesetzt sein,
und 89 dB(A) nicht länger als fünf Stunden pro Woche. Ich glaube nicht, dass wir einen schädlichen
Durchschnittswert erreicht haben, denn der Lautstärkepegel, dem wir ausgesetzt waren, lag deutlich
unter der kritischen Grenze, die bei zwei Stunden eines konstanten 100 Dezibel-Niveaus liegt (als
Durchschnitt und nicht einzelne Male).
Ich halte es für angemessen, meine Meinung über den Klang der Musik zu äußern, wenn er extrem
laut ist und die Botschaft der Worte erstickt, denn das erlaubt keine allgemeine Beteiligung an der
Anbetung. Anbetung ist eine Gemeinschaftsaktivität. Wenn einige Teilnehmer die Lautstärke ärgert,
sollten die Organisatoren versuchen, diese Art der Meinungsverschiedenheit zu vermeiden.
Diese Konferenz über das Wesen der Anbetung war eine Veranstaltung, die anderen folgte, auf
denen hauptsächlich über Musik diskutiert wurde (wie haben mindestens vier davon organisiert), mit
der Absicht, eine ernsthafte und dokumentierte Debatte zu eröffnen. Musik ist zweifellos eines der
„heißesten“ Themen in unserer europäischen Gemeinschaft [der Adventisten].
Es ist in ihrem Inhalt und in den Präsentationen unserer Gastreferenten eine erstklassige Konferenz
gewesen. Musik ist ein Thema der Diskussionen gewesen; das Hauptziel war jedoch, ein Spektrum
von Beiträgen zu bieten und das Bewusstsein und Verständnis für die „Essenz der Anbetung“ [so der
Titel der Konferenz] zu vergrößern. Es wurden keine „vorgefertigten“ Modelle präsentiert, die am
besten den lokalen und persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Viele haben an diesem didaktischen
Ansatz Gefallen gefunden. Es ist klar, dass wir es nicht als erschöpfend ansehen, was auf der
Konferenz in Bracknell geschehen ist, aber der Prozess, um die Anbetung [in den Gemeinden]
aufzubauen, ist im Gange.
Der Sabbatvormittagsgottesdienst war die Umsetzung einer der verschiedenen Vorschläge und ist
anpassungsfähig. Nicht jedem gefiel er, wie Günter Preuß bestätigt, aber als Ganzes war er
aufbauend, die Predigt eingeschlossen. Diese Konferenz als „einen Meilenstein in Richtung falsche
Anbetung“ zu bezeichnen und sie mit der „Endzeit" in Verbindung zu bringen, ist nicht nur
übertrieben, sondern auch ziemlich verdreht und zudem gefährlich.
Ich denke, dass unsere Kirche [in Europa] versucht, den Wert demokratischer Debatten über heikle
Angelegenheiten zu zeigen, wie sie auf der nächsten Generalkonferenzvollversammlung (im Juli in
San Antonio in Texas) diskutiert werden. Es gibt nichts Reiferes und Konstruktiveres, als in der Lage
zu sein, Meinungsverschiedenheiten zu bewältigen; es gibt keine einfachen Auseinandersetzungen
oder Erklärungen. Vielleicht ist dies unser Problem: Wir wissen nicht, wie wir
Meinungsverschiedenheiten bewältigen können, und gegensätzliche Pole driften immer weiter
auseinander. Welch eine Schande!
Corrado Cozzi
Abteilungsleiter für Kommunikation in der Intereuropäischen Division (EUD)
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