Advent-Verlag Lüneburg Redaktion „Adventisten heute“ Pulverweg 6, 21337 Lüneburg E-Mail: [email protected] Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Leser ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Advent-Verlag Lüneburg Die gekürzte Fassung dieses Leserbriefes ist in der Ausgabe Februar 2015 von „Adventisten heute“ erschienen. Kostenlos abrufbare Onlineausgabe (PDF): www.adventistenheute.de Gravierende Mängel bei der Musik Leserbrief von Günther Preuß zum Artikel „Vereint in Anbetung“ (Dezember 2014) in vollem Wortlaut Als langjähriger Dozent auf dem Gebiet der Anbetung und der geistlichen Musik und als jemand, der auch populäre Stile praktisch musiziert, muss ich leider den Artikel „Vereint in Anbetung“ in „Adventisten heute“ vom Dezember 2014 als einseitige Berichterstattung bezeichnen. Nicht 140 „Gottesdienst- und Anbetungsleiter“ waren bei den Vorträgen in Bracknell präsent, sondern im Schnitt nur zwischen 50 und 100. Und längst nicht alle wurden „inspiriert und motiviert“, wie der Artikel es vorgibt. Ich habe mit mindestens 20 Personen gesprochen, die mit der dort aufgezeigten Richtung nicht einverstanden waren. Mehrere Personen haben ihre Kritik öffentlich vorgetragen. Mein vierseitiges „Feedback“-Papier haben 13 Personen unterschrieben (u. a. aus Portugal, Rumänien, Österreich, Polen und England). Das „Wesentliche der Anbetung“ (so der Titel der Konferenz), wurde zwar in vielen Beiträgen theoretisch angesprochen, aber die Praxis zeigte gravierende Mängel, vor allem in der Musik. Biblische Anbetung geht von der Stille, von der dankbaren Betrachtung der Größe Gottes und seiner Wunder aus. Die Anbetenden stehen gemeinsam in demütiger und gleichzeitig freudiger Ehrfurcht vor Gott, möchten anders werden, als die Welt sie zu prägen versucht, und möchten in Gottes Charakter verwandelt werden (jeden Tag!), mit ihren Gefühlen und mit ihrem Verstand (Röm. 12,2). Show und hektisches „Herumhampeln“ dürften da eigentlich keinen Platz haben. Kreative Geschäftigkeit ist eben nicht alles. Das „Wesentliche der Anbetung“, das ich in dem Pfingstler-Tempel in London erlebte, war: Lärm und Herumgestikulieren mit Schlagzeuggetöse (verstärkt!), oft über 100 Dezibel (auch bei Hymnen); einseitige Werbung für „charismatische“ Praktiken wie die Einsetzung von Gottesdienstleitern („Worship-leader“), die anstelle von Gemeindeleitern (oder Moderatoren) aus der Singgruppe heraus agieren und die Gefühle der Gottesdienstteilnehmer „mitnehmen“ (manipulieren?) sollen, teilweise „endlose“ Wiederholungen (bis zu 28mal derselbe gesungene Satz!), die an magische Praktiken denken lassen, der Gebrauch von Rockballaden mit überlauten Bässen (der Boden vibrierte davon deutlich spürbar!) und Rhythmusbetonung, dazu die Kürzung der Bibelgesprächskreise (dafür blieben nur knapp 15 Minuten). Gewiss, es gab Interessantes bei dieser „Worship Conference“, z.B. kabaretthafte Video-Clips zu Einzelaspekten des Gottesdienstes, die zum Nachdenken einluden, eine improvisiert-gesungene Schriftlesung und die Predigt von Bill Knott (wenn man von einer gewissen Übertreibung in Gestik und Lautstärke absieht). Aber es fehlten mir u. a. die folgenden Aspekte: 1. Referenten aus der EUD (hat sich die EUD nur an die TED passiv angehängt?). 2. Musik als eigenständige „Sprache“, die unabhängig vom Text eine Botschaft übermittelt, die unter Umständen dem Text widersprechen kann. 3. Die Präsentation von verschiedenen Arten von Gottesdiensten, von Menschen und Anlässen, und die dabei möglichen und geforderten differenzierten musikalischen Ausformungen. 4. Momente der ehrfürchtigen Stille im Gottesdienst. 5. Echte Vielfalt: Dass unsere farbigen Geschwister in England, die dort 90% der Gemeindeglieder ausmachen, von ihrer Kultur her zur „worship music“ neigen, ist nachvollziehbar. Aber warum muss man das als „die“ adventistische Gottesdienstmusik präsentieren? Es gab wohl einige wenige andere Stilrichtungen, aber alle im populären Bereich. Manches davon kam als Show an. Wo waren Streicher-, Holzbläser-, Blechbläseroder Orgelklänge, klassische oder auch jüdisch-folkloristische Stücke? Wo war klassischer Gesang, wo ein meditatives Klaviersolo! Fehlanzeige. Dafür fast nur „Worship“ bis zum Abwinken, bis in den Abend. 6. Fröhlich-überzeugtes hymnisches Mitsingen (ohne Band). Es fehlte deshalb, weil man gar keine Lust zum Mitsingen hatte. Die Musik von vorne kam zu laut herüber. Und wenn unbekanntes Liedgut gewählt und nur der Text projiziert wird, dann ist das Mitsingen doppelt schwierig! 7. Gäste. Wo blieben die „Tausenden“, die angeblich eingeladen worden waren? Sollte der sog. „nutzerfreundliche“ Gottesdienst nur die adventistische Seele streicheln? 8. Aussagen von E.G. White. Wo blieb in den Vorträgen die Aufarbeitung der Aussagen von E.G. White zu populärer Musik (z.B. ihre Warnungen im Jahre 1900 vor musikalischem „Irrenhauslärm“ kurz vor dem Ende der Gnadenzeit)? 9. Ansätze, Gottesdienst und Musik adventistisch zu durchdenken (immer wieder wird der Begriff der Ganzheitlichkeit bemüht – es soll getanzt und gewippt werden -, aber spätestens bei der hörschädigenden Lautstärke scheint nicht mehr an den körperlichen Aspekt der Ganzheitlichkeit gedacht zu werden!). 10. Ausgewogenheit der musiktheologischen Standpunkte. Hier muss ich leider meiner Kollegin Lilianne Doukhan von der Andrews University, deren Forscherkompetenz ich schätze, klar widersprechen: Sie zieht (auch in ihrem Buch „In Tune with God“) Martin Luther heran, um die heutige moderne Diskomusik im adventistischen Gottesdienst heimisch werden zu lassen. Dabei spielt sie die körperlichen Auswirkungen und die „charismatischen“ Gefahren herunter. Wollen wir wirklich unseren prophetischen Auftrag zum Anderssein als auch die dreifache Engelsbotschaft („Betet an …!“) vergessen und einfach den anderen Kirchen hinterherlaufen? Kurz: Ich habe den Sabbat, 18. Oktober 2014, als den schlimmsten meines Lebens erlebt und die Konferenz als einen Meilenstein in Richtung falsche Anbetung. Schade, das „Wesen der wahren Anbetung“ liegt für mich woanders. Zumindest musikalisch scheinen wir in der Endzeit angekommen zu sein. 2 Stellungnahmen der Veranstalter zum Leserbrief von Günter Preuß Entgegnung des Musikers Gabriele Giuga auf den Leserbrief von Günter Preuß (Adventisten heute, Februar 2015)1 zum Bericht über die Europäische Anbetungs-Konferenz (Adventisten heute, Dez. 2014, S. 5) Die Konferenz über die „Essenz der Anbetung“ in Bracknell im letzten Oktober konzentrierte sich (wie der Bericht zeigt) auf Anbetung und Gottesdienst – zwei Themen für ein vertieftes Studium und zur Reflexion. Die Veranstaltung war einzigartig, nicht nur, weil [zum Thema Musik] zum ersten Mal Teilnehmer aus den beiden europäischen Divisionen zusammenkamen, sondern vor allem, weil das spezielle Thema der Anbetung angepackt wurde. Um die Bedeutung dieser Konferenz zu erfassen, genügt es, uns mit anderen Kirchen zu vergleichen: keine hat jemals den Streitpunkt der Anbetung in der Art angepackt, wie es in Bracknell geschah. Eine ähnliche Konferenz wäre in der katholischen oder evangelischen Kirche undenkbar (ganz abgesehen von nichtchristlichen Religionen). Die Zusammenkunft in Bracknell war eine Demonstration des Charakters der Kirche der SiebentenTags-Adventisten – eine Kirche, die nicht in Dogmen und Methoden stagniert, sondern in der Lage ist, Fragen zu stellen und sich selbst in der Beziehung zu Gott und deren Ausdruck zu untersuchen. Keine Kirche ist in der Lage gewesen, dies bei einem so wichtigen Thema wie Anbetung zu tun. Ich halte es für wichtig, den Wert dessen zu erkennen, was auf dieser Konferenz geschah. Der Wert geht über die Beantwortung von Fragen hinaus. Es ist ein klassisches Beispiel dafür, dass die Frage viel wichtiger ist als die Antwort. Davon müssen wir ausgehen und erkennen, dass diese Konferenz offiziell einen offenen Prozess der Reflexion über einen sehr heiklen und komplexen Streitpunkt in unserer Kirche in Gang gebracht hat. Es muss nicht erwähnt werden, dass die Musik nur ein Element des Gottesdienstes ist, obwohl vielleicht das herausragendste und in gewisser Weise umstrittendste. Eine Bewertung des Geschehens in Bracknell nur in diesem Punkt ist daher sehr unzureichend und dient weder der Diskussion über das Thema Gottesdienst noch dem Wachstum der Gemeinden darin. Leider bezieht sich Günter Preuß nur auf das Thema Musik und zieht nicht die dynamische Natur der Konferenz in Betracht. In seinem kritischen Leserbrief ist für mich schwer die Logik zu erkennen, die aus einer nachdenklichen Reflexion stammt. Seine Ansichten scheinen mehr das Ergebnis oder der Ausdruck eines emotionalen Zustandes und nicht die Schlussfolgerungen aus einer genauen Analyse zu sein. Einige Kritik von Preuß bezieht sich auf die Lautstärke der Musikdarbietungen am Sabbatmorgen („über 100 Dezibel“), „endlose Wiederholungen“ melodischer Phrasen, die für „charismatische Praktiken“ typisch seien, und die Vorherrschaft von Rockrhythmen. Diese Kritikpunkte von ihm sind nicht neu – er hat sie bei verschiedenen Gelegenheiten ausgesprochen. Wenn man jedoch den [impliziten] Vorschlägen in seinem Brief folgt, wären die praktischen Konsequenzen absurd. Würde man zum Beispiel dem Prinzip des Ausschlusses von Perkussionsinstrumenten folgen, müssten wir auch geistliche Werke ausschließen wie das „Dies Irae“ von Verdi, vieles aus dem „Deutschen Requiem“ von Johannes Brahms oder aus dem Requiem von Mozart, und erste Recht die Symphonie Nr. 4 von Tschaikowski oder einen großen Teil der Musik von Mahler, Strawinsky oder 1 In diesem Onlinedokument vollständig wiedergegeben. 3 Prokofjew – um nur einige bekannte Beispiele zu nennen, die selbst jenen bekannt sind, die keine Konzerthallen besuchen. Um eine Auswahl auf der Grundlage der Ansichten von Günter Preuß anzufechten, genügt es, auf den Kanon und die Gigue in D-Dur für drei Violinen und Basso Continuo von Johann Pachelbel zu verweisen, vielleicht eines der beliebtesten Stücke klassischer Musik, ganz abgesehen von den Variationen des „wohltemperierten Klaviers“ von Johann Sebastian Bach oder die expressive Kraft der minimalistischen Musik des zeitgenössischen Komponisten Philip Glass. Die Wiederholungen melodischer Phrasen als schlecht zu bezeichnen ist ebenfalls unhaltbar. Hier haben wir es mit einer persönlichen Ansicht zu tun. Es ist schwierig, die Ansicht zu teilen, dass eine bloße wiederholte Melodie magische, charismatische oder hypnotische Haltungen hervorruft. Während des Sabbatvormittagsgottesdienstes im Dominion Centre in London passierte nichts typisch „charismatisches“. Es ist einfach zu simpel und auch unfair, dies als den „schlimmsten Sabbat meines Lebens“ zu bezeichnen lediglich auf der Grundlage von Überzeugungen, die strukturell fragwürdig sind. Natürlich wurden nicht alle musikalischen Genres dargeboten, aber der Grund dafür liegt in einer Richtung, die Günter Preuß vielleicht nicht betrachtet hat. Es ist ein Faktum, dass von den 1970erJahren an der musikalische Ausdruck der westlichen christlichen Kultur in die Bahnen einer melodischen Pop-Gattung geleitet wurde und nicht in Rockmusik, wie Günter Preuß annimmt. Das ist ein Phänomen, das auf komplexeren Ursachen beruht, als von den sogenannten „Konservativen“ in unserer Kirche angenommen wird. Es ist hier nicht der Platz, um das Problem zu behandeln, dass unsere Kirche auch 150 Jahre nach ihrer Gründung immer noch nicht in der Lage ist, eine eindeutige musikalische Identität zu beanspruchen – eine musikalische Form, eine Art, Musik zu machen, die eng mit unserer Identität verknüpft und sofort erkennbar ist. Wie andere christliche Kirchen lehnt sie sich an populäre Musik an, die oft wie gebleicht erscheint und schlecht gemacht ist. Ist das aus einem Mangel an finanziellen Mitteln oder an Talenten, aus Gründen der Angleichung, der sozialen Konditionierung oder einem Mangel an Interesse der Fall? Vielleicht aus all diesen Gründen und weiteren. Tatsächlich zeigt unsere Geschichte, dass wir zu vielen Lebensbereichen eine Verbindung hergestellt haben außer zu den Künsten. Das ist keine Kritik, nur eine Beobachtung. Die Künste können uns einen weiten Raum zum Wachstum sowohl im Gottesdienst als auch in der Mission geben. Wir müssen viel lernen, und wir können das, denn wir haben die Fähigkeiten dazu. Die Verantwortung für dieses Versäumnis jedoch auf eine Gruppe von Menschen zu schieben, die gewillt sind, in den Gemeinden Musik zu spielen oder freiwillig musikalische Darbietungen zu geben, ist irrig und anstößig. Die Verantwortung liegt vielmehr auf jenen Leuten wie Günter Preuß, die in der Kirche eine Rolle spielen, die sich mit diesen Angelegenheiten beschäftigen und dafür auch ein Gehalt bekommen und die trotz all der Jahre, die vergangen sind, in denen sie von der Kirche finanziell getragen werden, immer noch nicht in der Lage sind, ein eigenständiges oder bedeutungsvolles [musikalisches] Konzept für unsere Kirche zu erstellen. Wenn wir heute immer noch die grundlegenden Prinzipien der Musik diskutieren, sind dies die Leute, die gebeten werden sollen, die Rechnung zu bezahlen, statt diejenigen, die daran arbeiten, die Gemeinden zu beleben – mit all ihren Begrenzungen und meist auch ohne Bezahlung. Eine Kirche, die keine Angst hat, sich einer Prüfung zu unterziehen, verdient eine konstruktive Diskussion und Debatte. Die Konferenz über die „Essenz der Anbetung“ in Bracknell ist ein Beginn – der Beginn einer unumkehrbaren Reise. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass wir in unserer Gemeinschaft ein echtes Wachstum [auf diesem Gebiet] erfahren. Dr. Gabriele Giuga, Musiker und Musikjournalist, Referent auf der “Essence of Worship”-Konferenz 4 Entgegnung von Corrado Cozzi, Abteilungsleiter für Kommunikation der Intereuropäischen Division, auf den Leserbrief von Günter Preuß (Adventisten heute, Februar 2015)2 zum Bericht über die Europäische Anbetungs-Konferenz in Bracknell (Adventisten heute, Dez. 2014, S. 5) Ich möchte vorwegschicken, dass ich eigentlich keine Erwiderungen auf den Seiten einer Zeitschrift mag, sondern persönliche Gespräche mit denen bevorzuge, die meine Arbeit infrage stellen, weil die Leser oft nicht den Hintergrund der geschriebenen Erklärungen kennen. Aber die Redaktion des Advent-Verlages hat mich in diesem Fall darum gebeten, und ich bin dem entgegengekommen und weiche nicht meiner Verantwortung aus, zum Verständnis der Fakten beizutragen. Ich werde hier nicht auf den fachlichen Inhalt der Anbetungs-Konferenz in Bracknell eingehen, denn ich bin kein Musiker. Den Platz für diese Debatte überlasse ich denen, die eine angemessene Antwort auf die Bemerkungen von Günter Preuß geben können. 3 Es ist öffentlich bekannt, dass Günter Preuß meine Meinung gut kennt. Wir haben mehrere Male darüber gesprochen. Vor allem kennt er auch meine Enttäuschung über die Methode, die er benutzt hat, um Unterschriften für seine persönlichen Ansichten über Musik zu sammeln. Er schrieb in seinem Leserbrief, dass „mindestens 20 Personen … mit der dort aufgezeigten Richtung nicht einverstanden waren“ (hat er alle Teilnehmer gefragt?) und „mehrere Personen ihre Kritik öffentlich vorgetragen haben“ (ich war stets anwesend, erinnere mich aber nicht, dass dies geschehen ist). 13 Personen aus verschiedenen Ländern hätten sein „Feedback“-Papier unterschrieben. Ich frage mich: Warum nicht mehr als 13? Ich frage mich, ob Leute seine Bitte abgelehnt haben und wie viele das waren. (Dieses Dokument wurde mir danach gegeben, und ich werde eine Kopie davon an alle Teilnehmer weiterleiten, damit sie ein besseres Verständnis bekommen.) Meine Enttäuschung rührt daher, dass ich seine Methode extrem beleidigend finde, denn sie untergräbt den Respekt gegenüber denen auf dem Podium, die Gelegenheiten für Diskussionen bieten. Ich finde, dass dies kein angemessenes christliches Verhalten ist und es nicht in Übereinstimmung mit biblischen Prinzipien steht, Dokumente zu verfassen und sie dann heimlich anderen zu unterbreiten, um Unterstützung für sein persönliches Missfallen zu sammeln. Soll ich annehmen, dass Günter Preuß mit vorgefassten Meinungen zur Konferenz gekommen ist? Ist dies die rechte Gesinnung, die man in eine christliche Veranstaltung und eine Gemeinschaft wie unsere mitbringt? Dies ist eine Praxis, die ich überall in der Welt finde, und es macht mich traurig zu sehen, dass sie auch von einigen Leuten in meiner Kirche benutzt wird. Dies ist auch ein subtiler Weg, wie eine weltliche Gesinnung die Gemeinde infiltriert. Der Grund, weshalb wir diese Konferenz über Anbetung organisiert haben, liegt darin, dass wir glauben, dass wir Gelegenheiten für einen offenen und ernsthaften Dialog schaffen sollten, bei denen Widerspruch offen geäußert werden kann und sich nicht hinter einer Unterschrift verstecken muss. Es gab reichliche Gelegenheiten für Debatten, und sehr wenige Leute kamen nach vorn und äußerten sich in der Weise, wie es Günter Preuß getan hat. Er spricht zu Recht die Lautstärke an. Doch selbst wenn er mehrfach über 100 Dezibel gemessen hat (aber dabei muss man präziser sein, sonst gründet sich das auf Erfahrungen statt auf Fakten), kann das an sich noch nicht als schädigend angesehen werden. Die europäische Gesetzgebung lässt auf diesem Gebiet keinen Raum für Zweifel (siehe dazu http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO2 3 In diesem Dokument vollständig wiedergegeben. Siehe die Entgegnung des Musikers Gabriele Giuga auf dieser Internetseite (Anm. der Redaktion). 5 09-418_en.htm?locale=en). Das Risiko eines Hörschadens hängt von zwei Faktoren ab: der Lautstärkepegel und die Zeit der Einwirkung. Ein sicherer Lautstärkepegel hängt von der Länge des Hörens ab. Zum Beispiel sollte man 80 dB(A) nicht länger als 40 Stunden pro Woche ausgesetzt sein, und 89 dB(A) nicht länger als fünf Stunden pro Woche. Ich glaube nicht, dass wir einen schädlichen Durchschnittswert erreicht haben, denn der Lautstärkepegel, dem wir ausgesetzt waren, lag deutlich unter der kritischen Grenze, die bei zwei Stunden eines konstanten 100 Dezibel-Niveaus liegt (als Durchschnitt und nicht einzelne Male). Ich halte es für angemessen, meine Meinung über den Klang der Musik zu äußern, wenn er extrem laut ist und die Botschaft der Worte erstickt, denn das erlaubt keine allgemeine Beteiligung an der Anbetung. Anbetung ist eine Gemeinschaftsaktivität. Wenn einige Teilnehmer die Lautstärke ärgert, sollten die Organisatoren versuchen, diese Art der Meinungsverschiedenheit zu vermeiden. Diese Konferenz über das Wesen der Anbetung war eine Veranstaltung, die anderen folgte, auf denen hauptsächlich über Musik diskutiert wurde (wie haben mindestens vier davon organisiert), mit der Absicht, eine ernsthafte und dokumentierte Debatte zu eröffnen. Musik ist zweifellos eines der „heißesten“ Themen in unserer europäischen Gemeinschaft [der Adventisten]. Es ist in ihrem Inhalt und in den Präsentationen unserer Gastreferenten eine erstklassige Konferenz gewesen. Musik ist ein Thema der Diskussionen gewesen; das Hauptziel war jedoch, ein Spektrum von Beiträgen zu bieten und das Bewusstsein und Verständnis für die „Essenz der Anbetung“ [so der Titel der Konferenz] zu vergrößern. Es wurden keine „vorgefertigten“ Modelle präsentiert, die am besten den lokalen und persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Viele haben an diesem didaktischen Ansatz Gefallen gefunden. Es ist klar, dass wir es nicht als erschöpfend ansehen, was auf der Konferenz in Bracknell geschehen ist, aber der Prozess, um die Anbetung [in den Gemeinden] aufzubauen, ist im Gange. Der Sabbatvormittagsgottesdienst war die Umsetzung einer der verschiedenen Vorschläge und ist anpassungsfähig. Nicht jedem gefiel er, wie Günter Preuß bestätigt, aber als Ganzes war er aufbauend, die Predigt eingeschlossen. Diese Konferenz als „einen Meilenstein in Richtung falsche Anbetung“ zu bezeichnen und sie mit der „Endzeit" in Verbindung zu bringen, ist nicht nur übertrieben, sondern auch ziemlich verdreht und zudem gefährlich. Ich denke, dass unsere Kirche [in Europa] versucht, den Wert demokratischer Debatten über heikle Angelegenheiten zu zeigen, wie sie auf der nächsten Generalkonferenzvollversammlung (im Juli in San Antonio in Texas) diskutiert werden. Es gibt nichts Reiferes und Konstruktiveres, als in der Lage zu sein, Meinungsverschiedenheiten zu bewältigen; es gibt keine einfachen Auseinandersetzungen oder Erklärungen. Vielleicht ist dies unser Problem: Wir wissen nicht, wie wir Meinungsverschiedenheiten bewältigen können, und gegensätzliche Pole driften immer weiter auseinander. Welch eine Schande! Corrado Cozzi Abteilungsleiter für Kommunikation in der Intereuropäischen Division (EUD) 6