Wie mit Buying Centern umgehen? Früher tätigten einzelne Personen grosse Volumengeschäfte. Heute werden Entscheidungen mit Personen aus verschiedenen Fachbereichen getroffen, die Evaluationsdauer hat sich dadurch erhöht. Insbesondere im Lead Management und dem daraus resultierenden Akquisitionsprozess ist es deshalb sinnvoll, sich über die «Mechanik» von Buying Centern Gedanken zu machen. www.predicatori.ch Marketing Wie mit Buying Centern umgehen? Früher tätigten einzelne Personen grosse Volumengeschäfte. Heute werden Entscheidun­ gen mit Personen aus verschiedenen Fachbereichen getroffen, die Evaluationsdauer hat sich dadurch erhöht. Insbesondere im Lead Management und dem daraus resultierenden Akquisi­ tionsprozess ist es deshalb sinnvoll, sich über die «Mechanik» von Buying Centern Gedanken zu machen. Von Marco Predicatori* Als Buying Center einer Firma oder Organisation wird eine Gruppe von Personen bezeichnet, die an einer Kaufentscheidung beteiligt ist. Diese Gruppe setzt sich dabei zumeist aus Vertretern verschiedener Abteilungen zusammen, mit dem Ziel, das Ergebnis der Entscheidung durch gemeinsames Wissen und Erfahrung zu optimieren. Die einzelnen Personen, die am Buying-Prozess beteiligt sind, nehmen je nach Funktion und Position ihrer Stelle ein bestimmtes Rollenverhalten (Entscheider, Beeinflusser, Verwender, Gatekeeper) an, welches verschiedene Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt. Bei jedem Entscheidungsprozess sind deshalb auch immer persönliche Ziele und Motive im Spiel. Personen und ihren Einfluss identifizieren. Diese können die Entscheide massgeblich beeinflussen. Von grosser Wichtigkeit für den Erfolg eines Verkaufsprojekts ist es, dass die beteiligten Personen, der Grad ihres Einflusses und die zugrunde liegende Organisationsstruktur frühzeitig identifiziert werden. Dabei können neben den formellen, hierarchischen Strukturen auch informelle Beziehungen zwischen den Personen (z.B. «hat Einfluss auf») grafisch dargestellt werden. Darüber hinaus bietet es die Möglichkeit, jeder Person beschreibende Attribute zu hinterlegen, die Aufschluss über die persönliche Meinung zu dem Produkt und den Grad des EinFunktionen im Buying Center Management Bereichsleiter flusses geben. Ausserdem lassen sich Rollen vergeben, die aufweisen, ob es sich um einen Entscheider, einen Beeinflusser, einen Anwender etc. handelt. Mögliche Arten des Kaufprozesses und deren Auswirkungen. Aus Sicht eines Buying Centers können drei mögliche Arten von Kaufprozessen unterschieden werden, welche die Kaufentscheidung herbeiführen können: Komplex Limitiert Routiniert > Erstkauf oder Neukauf > Modifizierter Wieder­ einkauf > Reiner Wiedereinkauf > Meist bei speziellen An­ schaffungen > Einfachere Produkte > Prozess der Ent­ scheidungsfindung ist einfacher > Höhere Kosten und Risi­ > Verlangt normale ken, Exklusivprodukte Fachkompetenz > Längere Phase der Ent­ > Intensivere Informati­ onssuche > Fixer Kreis von Unter­ nehmen, die (automa­ tisch) liefern – externe Unternehmen versu­ chen in diesen Kreis zu > Langfristige Verträge kommen, indem sie > Verlangt hohe Fachkom­ Schwächen der Konkur­ petenz renz ausnützen scheidungsfindung > Mehr Personen wirken bei der Entscheidung mit User (Entscheider) (Anwender) Influencer Purchaser (Beeinflusser) (Einkäufer) Abteilungsleiter oder Assistent > Standardisierter Prozess – klar und gewohnt > Käufer wünscht eine leichte Änderung am Produkt > Zusätzliche Entschei­ dungsteilnehmer auf beiden Seiten > In-Supplier beunruhigt – versuchen den Kunden zu erhalten > Out-Supplier versuchen mit dem Kunden ins Ge­ schäft zu kommen Sales Manager Decider Techn. Personal z.B. Ingenieur oder Produktmanager > Produkt zum ständigen Gebrauch Gatekeeper (Informationsträger) Leiter Maschinenoperator Einkäufer oder AVOR, Beschaffung Schematische Darstellung eines Beispiels für ein Buying Center. Im Lead Management sollen jeweils ein Schema des Buying Centers erstellt und den Personen darin die relevanten Rollen zugeteilt werden. Organisator Seite 34/35 Ausgabe 11/13–8. November 2013 Rollen im Buying Center Geschäftsführer Marketingchef Einkaufsleiter Produktionsleiter Motiv Darstellung, Ansehen Organisation, Stärke Gewinne optimieren Prozessoptimierung Wunsch PR, Profit Umsatzsteigerung Profilierung Produktionsziele erreichen Argument Exklusivität, beste Qualität/ Leistung Effektivität, Image Kosten senken Lösungsorientiert, Erfolg Behandlung > Will seine Ziele in die Evaluati­ > Möchte die Lieferantenent­ > Möchte speziell behandelt wicklung in Richtung Qualität, werden und will die nötige Auf­ on mit einbeziehen, hat Ein­ Termintreue, Produktkosten, fluss auf andere Bereiche merksamkeit Flexibilität beeinflussen > Stellt langfristige Ziele in den > Ist das Produkt innova­ > Sind Unterhaltskosten kalku­ tionsfähig? Vordergrund lierbar? z. B.: Ist der Return on Invest­ > Welchen Namen und Ruf ha­ ben die eingekauften Produkte ment nachvollziehbar? oder verarbeiteten Rohstoffe oder Teile? (Siemens, Sulzer, Hilti ...) > Welche Verkaufsargumente bieten die Produkte? (Nutzen) > Welche Exklusivität kann ge­ währleistet werden? Kaufprozess aus Sicht des Buying Centers. Der Kaufprozess folgt bei einem organisierten Buying Center in drei Phasen. Er startet mit der Kontaktphase (Vorlaufphase bis zu 2 Jahre) mit potenziellen Lieferanten, dann beginnt die Evaluationsphase (Intensivphase bis zu 6 Monate). Im positiven Fall folgen die Kaufphase, die Nutzungs- und Wiederkaufphase. Ein weiteres Beispiel ist der Kaufprozess im B2B in 7 Phasen: Phase Aktion Problemerkennung Ausgelöst durch neuen Auftrag, Bedarfsbeschreibung und Umfang. Spezifikation Spezifizierung des Produktes, zuständige Stellen beraten über genaue Beschaffenheit der Sache. Alternativen- und Lieferantensuche Evaluierung von geeigneten Lieferanten über Fachmessen, Ausschreibung, B2B-Plattformen, assoziierte Unternehmen. Einholung von Angeboten und Auswahl eines Lieferanten Angebotsvergleiche, Einladung von potenziellen Lieferanten (In- und Out-Supplier), Bewertung der Ausführungen, des Angebots und des Unternehmens. Spezifizierung des Auftrages Lieferumfang, Termine. Verhandlung der Bedingungen Vertragliche Festlegung der Details, Einigung z.B. auf System für Routinebestellung, Preis, Konditionen, Garantie, Beratung und Support. Evaluierung Qualität der Lieferung, Qualität der Arbeit, Arbeitsablauf, Zusammenarbeit, Verlässlichkeit des Herstellers, Flexibilität. Die Rollen im Buying Center. Im Buying Center werden alle Personen, die am Kaufentscheidungsprozess beteiligt sind, mit bestimmten Rollen organisiert. Folgende Rollen lassen sich innerhalb eines Buying Centers wie folgt unterscheiden: > Verwender (User), z.B. Produktionsmitarbeiter/leiter, Anwender > Einkäufer (Purchaser), holt Angebote ein und beurteilt diese z.B. Einkaufsmitarbeiter/leitung > Beeinflusser (Influencer), beeinflusst den Entscheidungsprozess, z.B. Berater, Designer > Will Produktionsprozess dau­ erhaft optimieren und Rah­ menbedingungen hierfür schaffen > Wie gut sind die technischen Spezifikationen dokumentiert? > Welche Unterstützung gibt das Lieferantenunternehmen bei technischen Problemen? > Wie qualifiziert sind die techni­ schen Ansprechpartner des Lieferanten? > Entscheider (Decider), entscheidet endgültig, meistens Geschäftsleitung, Prokuristen, Entscheidungsträger > Gatekeeper, gibt Entscheidungen weiter oder hält diese zurück Kennen der Motive bringt Vorteile im Verkauf. Jede Person im Buying Center hat unterschiedliche Motive. Deshalb ist es sinnvoll, dass man sich mit den Motiven und deren Behandlung durch die Beteiligten auseinandersetzt. Insbe­ sondere Key Account ManagerInnen sollten die jeweiligen Anforderungen kennen und unterschiedliche Argumen­ta­ tionsketten für die jeweiligen Bedürfnisse bereithalten. Daher ist festzustellen, wer im Buying Center welche Rolle bei der Kaufentscheidung spielt (siehe Kasten, oben). Fazit: Beteiligte Personen in einer Einkaufsorganisation – einem sogenannten Buying Center haben unter- schiedliche Motive, die es zu berücksichtigen gilt. Organisierte Buying Center, welche systemaMarco Predicatori tisch und prozessorienist Ausbilder mit eidg. FA SVEB und tiert vorgehen, können Agenturinhaber der auf Marketing ihre angestrebte Einund Kommunikation spezialisierten kaufsstrategie und Ziele Agentur für Wissensvermittlung signifikant steigern und und Entwicklung. Seit 2005 führt so ihre Marktposition er Schulungen durch bei Unter­ nehmen, Non-Profit-Organisationen stabilisieren und ausbauund Gemeinden. Er ist zudem en. Für den erfolgreiDozent am ZbW – Zentrum für chen Verkauf andererberufliche Weiterbildung und seits schafft der richtige Akademie St.Gallen. Umgang mit Buying Centern strategische ErfolgsT +41 71 422 80 10, [email protected], positionen. www.pulpcom.ch