SCHÖNHEIT = VOLLKOMMENHEIT UND

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SCHÖNHEIT = VOLLKOMMENHEIT UND GÖTTLICHKEIT
Eine Sonderausstellung über Schönheit im Alten Ägypten wurde in zwei großen Museen gezeigt, im
Badischen Landesmuseum in Karlsruhe und zuvor im Roemer- und Pelizaeus-Museum in
Hildesheim.
Ich möchte dieses Ereignis zum Anlass nehmen und Sie mit den folgenden Beiträgen mitnehmen in
eine Welt, in der Schönheit nicht nur eine „oberflächliche“ und äußere Sache war. Schönheit
vergeht, sie ist so flüchtig. Nicht aber in Ägypten, dessen Kunstwerke eine zeitlose Schönheit in
sich bergen. Vielleicht liegt das auch daran, dass unter neferu nicht nur Schönheit verstanden
wurde, sondern ein Begriff war für alle positiven Eigenschaften, die man den Göttinnen und
Göttern zuschrieb. Neferu steht auch für vollkommen und gut, Schönheit war somit auch ein Weg,
sich dem Göttlichen anzunähern.
Hygiene und Körperpflege
Schönheit für die Augen
Spiegel - kostbarer Luxus mit Symbolkraft
Nützliche Schönheitsaccessoires - Pinzetten, Rasierer und Kämme
Schöne Köpfe - Kunstvolle Frisuren und Perücken
Gesalbte Häupter
Gekleidet nach der neuesten Mode
Ägyptischer Schmuck – Zierende Schönheit und Schutz zugleich
Ägyptischer Schmuck – Schönheit für beide Geschlechter
Königlicher Schmuck
Körperschmuck, der unter die Haut geht - Tätowierungen
Ägyptische Ideale von Schönheit
Schönheit für die Ewigkeit - Teil 1
Schönheit für die Ewigkeit - Teil 2
Hygiene und Körperpflege
Wie in allen Kulturen zu allen Zeiten, waren auch die alten Ägypterinnen und Ägypter darauf
bedacht, sich schön und gepflegt zu zeigen und ihre Körper zu verwöhnen.
Für kleine Fältchen, Hauterschlaffung und Pigmentflecken oder schütter werdendes Haar gab es
Mittelchen, das Alter auszutricksen. Ergrautes Haar musste nicht sein – es gab ja Färbungen, und
was die Natur nicht hergab, ersetzten kunstvolle Perücken.
Auf das äußere Erscheinungsbild wurde großen Wert gelegt. Kostbare Öle und Salben, Make-up,
raffinierte Kleidung und Schuhwerk, aufwändige Haarperücken kamen zum Einsatz. Schmuck
gehörte auch dazu. Natürlich galt das vielfach nur für Menschen, die es sich leisten konnten, das
war damals nicht anders als heute.
Der Tag begann mit der ausgiebigen Reinigung des Körpers mit Wasser und einer Art Seife, die aus
Ölen, Tier- und Pflanzenfetten, Kalk und Kreide bestand. Wer keinen eigenen Baderaum im Hause
hatte, benutzte ein Waschgeschirr mit Schale und Kanne.
Auch die Verwendung von Deodorants ist belegt, zum „Beseitigen von Schweißabsonderungen am
Körper … an den Orten, wo Glied an Glied stößt“. Diese Cremes enthielten Weihrauch, Myrrhe und
Alaun. Um „den Geruch des Mundes angenehm“ zu machen, wurden kleine Mundpastillen aus
Wacholderbeeren, Honig, Weihrauch und anderen Zutaten zerkaut.
Als Körperlotion verwendeten die Frauen und Männer aus den einfachen Bevölkerungsschichten Öle
und Salben aus Rizinusöl, die Wohlhabenden benutzten duftende Öle wie etwa das Rosenöl.
Die Körperhygiene hatte nebenher noch einen ganz praktischen Nutzen: sie bot Schutz vor der
Sonne und dem trockenen Klima, vor Insektenstichen und sicher auch vor Ungeziefer wie Flöhe
oder Läuse.
Zum Aufbewahren der Salben dienten Gefäße aus verschiedenen Materialien, die mit einem Deckel
oder einer Tierhaut verschlossen werden konnten.
Salbgefäß mit dem Namen von Pharao Pepi II., Altes Reich., 6.
Dynastie, aus Kalzit (ägyptischer Alabaster)
Vermutlich wird der Fußpflege eine besondere Bedeutung zugekommen sein, weil ein festes
Schuhwerk unbekannt war und man normalerweise barfuß ging oder leichte Sandalen trug.
Nicht nur Salben hatten einen angenehmen Duft und dienten dem körperlichen Wohlbefinden, auch
Räucherwerk wurde verwendet. Mit Räuchermischungen wurden Wohlgerüche in die Wohnhäuser
gebracht, die Kleidungsstücke wurden beräuchert und nicht zuletzt dienten wohlriechende
Räucherzutaten der Stimmungsaufhellung.
Schönheit für die Augen
Beim Betrachten ägyptischer Kunstwerke fällt sofort auf, dass nicht nur Frauen sich schminkten,
sondern auch Männer ein ausdrucksvolles Augenmake-up benutzten.
Es war bereits in der späten Steinzeit in Ägypten üblich, die Augenlider mit einer Salbe zu
bestreichen, die aus zerriebenen Mineralien, Wasser, Harz oder Pflanzenölen bestand.
Die Menschen benutzten grüne und schwarze Augenschminke. Die grüne Schminke wurde mit
zerriebenem Malachit hergestellt und der grünen Farbe wurde eine Übel abweisende Wirkung
zugesprochen: Die Bezeichnung für „grün“ und „heil, unversehrt“ ist dieselbe.
Augenmake-up diente nicht nur der Intensivierung des Blickes, sondern hatte auch eine
medizinische Bedeutung. Die Augenpaste sollte den häufig auftretenden Augenerkrankungen
vorbeugen, die durch Sonneneinstrahlung und Sandstürme verursacht wurden. Die dunkle Farbe
rund um die Augen spendete Schatten und konnte, je nach Beimengung, auch eine antiseptische
Wirkung haben.
Die Augenschminke zum Bestreichen der Lidränder wird Kohel genannt, vom hebräischen Wort
kahala, „die Augen bestreichen“.
Sie wurde in speziellen Behältnissen, den sog. Kohel-Gefäßen, aufbewahrt. Diese waren oft klein
und bauchig mit einer breiten Standfläche, und hatten einen Deckel zum Schutz der Schminke.
Kohel-Töpfe aus dem Neuen Reich, zweite Hälfte des 2. Jahrtausend v. Chr.
Die Materialien sind vielfältig. Holz fand Verwendung, Alabaster, Elfenbein oder Fayence. Das am
häufigsten verwendete Material ist der Kalzit. Daneben gab es auch längliche Röhrchen als Behälter
für die Augenschminke, aus Holz oder Schilfrohr oder Riedgras.
Drei Kohel-Rohre, mit Leder zusammengebunden, aus dem Neuen Reich, zweite Hälfte des 2. Jahrtausend v.
Chr.
Gelegentlich wurden mehrere dieser Röhrchen mit einem kleinen Lederband zusammengebunden
und beschriftet. Seit der 11. Dynastie kamen auch Schminkgriffel dazu, Stäbchen aus Elfenbein,
Holz oder Metall, mit denen die Augenschminke gut aufgetragen werden konnte. Besonders
kostbar waren die Schminkgriffel aus Obsidian, Hämatit oder Glas.
Und es gab figürliche Kohel-Gefäße, wobei der zwergengestaltige Gott Bes, der Beschützer der
Frauen und des häuslichen Bereiches, beliebt war. Er sollte alles Böse abwehren.
Kohel-Gefäß in Gestalt des Gottes Bes (Fayence,18.Dyn.)
Die Analyse von Resten von Kohel in Schminktöpfchen ergab, dass die ägyptische Augenschminke
u.a. diese Bestandteile enthält: Ruß, Bleiglanz, Manganerze und schwarzes Eisenoxid. Grundlage
für die schwarze Schminkpaste bildeten Rindertalg, Wachs und Behen-Öl (aus Nüssen gewonnen).
Sie konnte nach Belieben mit Weihrauch und anderen Duftstoffen aromatisiert werden.
Auch die Verwendung von Gesichtspuder und Wangen- und Lippenrouge ist belegt. Allerdings
scheinen die Ägypterinnen mit roter Schminke zurückhaltend gewesen zu sein. Die Farbe rot wurde
mit dem Gott Seth verbunden, dem Mörder des Osiris und Feind der göttlichen Weltordnung ist.
Rot war auch die Farbe der lebensfeindlichen Wüste. Rotmachen stand in vielen Texten für Töten.
Spiegel - kostbarer Luxus mit Symbolkraft
Um das Gesichtsmake-up perfekt und ohne es zu verschmieren auftragen zu können, gehörten
Spiegel zu unverzichtbaren Utensilien der Schönheit. Diese luxuriösen Accessoires waren nicht nur
äußerst praktisch, sondern gleichzeitig auch Statussymbole der vornehmen Damen.
Ein Spiegel bestand aus zwei Teilen: der eigentlichen Spiegelfläche, einer polierten Metallplatte
meistens aus Kupfer oder Bronze - seltener aus reinem Silber - und aus einem Griff. Spiegel aus
purem Gold sind wohl in einigen Texten beschrieben, aber es ist bislang noch keiner gefunden
worden. Glas ist erst seit der christlichen Zeit verwendet worden.
Bei der Ausgestaltung des Spiegelgriffes war der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Oft hatten sie
die Form einer Papyrussäule, die mit den Köpfen des Gottes Bes oder der Göttin Hathor
geschmückt waren. Bes sollte alles Übel abwehren und Schutz bieten, Hathor als Göttin der
Schönheit und der Lebensfreude bot sich ebenfalls als Patin an. Als Spiegelgriffe dienten oft auch
figürliche Nachbildungen unbekleideter junger Mädchen, die makellose Jugend und Frische
verkörperten. Ein schönes Beispiel stammt aus der Zeit des Neuen Reiches.
Handspiegel aus der 18. Dynastie, um 1500 v. Chr. Höhe 30 cm, Ägyptisches Museum Berlin. Die
Spiegelscheibe ist vergoldet, der Spiegelgriff besteht aus der Bronzefigur eines jungen Mädchens.
Die Form der Spiegelfläche und ebenso die Vergoldung erinnert an die sich jeden Morgen
verjüngende Sonne. Symbolisch ist auch das junge Mädchen zu verstehen: Es steht für
Jugendlichkeit. Der Blick in den Spiegel soll die eigene Verjüngung und Regeneration garantieren.
Daher verwundert es nicht, dass Spiegel nicht nur für die tägliche Schönheitspflege verwendet
wurden, sondern auch Teil der Grabbeigaben waren. Auch auf den Wänden von Gräbern sind
Spiegel abgebildet. Sie sollten den Verstorbenen, Frauen wie auch Männern, ewige Jugend und
Erneuerung schenken.
Nützliche Schönheitsaccessoires - Pinzetten, Rasierer und Kämme
Dekorative Kosmetik hatte mitunter auch Nachteile und Nebenwirkungen. Bei der chemischen
Analyse einiger Schminkreste ist man auf gesundheitliche Risiken der Inhaltsstoffe gestoßen. Dazu
möchte ich Sie auf die Internetseite von Farbimpulse. Das Onlinemagazin für Farbe in
Wissenschaft und Praxis hinweisen.
Gesundheitlich unbedenklich hingegen war die Verwendung ganz anderer Schönheitsaccessoires.
Das Alte Ägypten kannte bereits Pinzetten, die sehr ähnlich aussahen wie die, die wir auch heute
verwenden.
links: Pinzette aus Bronze,12. Dynastie, um 1900 v. Chr. Pelizaeus-Museum in Hildesheim, rechts: Pinzette aus
Bronze,18. Dynastie, 15./14. Jhr. v. Chr. Pelizaeus-Museum in Hildesheim
Die linke Pinzette hat abgeflachte Enden und wurde zum Zupfen von einzelnen Körperhaaren oder
auch der Augenbrauen verwendet. Die rechte hat spitz zulaufende Enden und diente wohl dazu,
Splitter oder Dornen aus der Haut zu entfernen.
Zur vollkommenen Pflege des Körpers gehörten auch Rasierwerkzeuge, um lästige Behaarung an
allen Stellen des Körpers zu entfernen.
Darstellung aus dem Grab des Ninanch-chnum und des Chnumhotep aus der 5. Dynastie, Sakkara
Die Szene gibt einen Einblick in die Tätigkeiten der beiden Kosmetikprofis. Ninanch-chnum und
Chnumhotep, beide Männer aus der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., tragen die Ehrentitel
„Nagelpfleger des Königs, Aufsehen der Nagelpfleger des Palastes, Vertraute des Königs bei den
Arbeiten der Nagelpflege“ und hatten somit eine hohe Stellung am Königshof. Auf der rechten Seite
des Reliefs sehen wir Männer bei der Maniküre und bei der Pediküre.
Das Grabrelief zeigt das Entfernen der Beinhaare bei einem Kunden, einem weiteren wird der Kopf
rasiert, dem dritten wird offensichtlich die Schambehaarung entfernt und einem vierten wird der
Bart abgenommen (von links nach rechts gesehen).
Das Tragen von Bärten war auf einen schmalen Oberlippenbart der Männer beschränkt und auf
einen kurz geschnittenen Kinnbart. Vollbärte waren nicht üblich. Allerdings wurde bei einem
Trauerfall auf die Bartrasur verzichtet und die Barthaare blieben unrasiert.
Neben richtigen Rasiermessern gab es auch Kratzer zum Abschaben der Haare, wie sie auf dem
Grabrelief zu sehen sind. Diese Kratzer konnten aus wertvollen Materialien bestehen, wie etwa
Kupfer oder Feuerstein oder sogar Gold.
Kratzer aus Feuerstein um 2500 v. Chr., aus dem Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen Preußischer
Kulturbesitz, Berlin
Bei einigen sind die Kanten der Grundflächen auch heute noch so scharf, dass man mit ihnen
schneiden könnte.
Wie der griechische Reiseschriftsteller Herodot viele Jahrhunderte danach berichtet (im 5.
Jahrhundert v. Chr.), waren es vor allem die Priester Ägyptens, die sich aus Reinheitsgründen alle
natürlichen Körperhaare entfernten. „Die Priester bescheren sich den ganzen Leib, immer am
dritten Tag, auf dass weder eine Laus noch ein anderes Ungeziefer sich einfinde bei ihnen“.
Zur Pflege der eigenen Haare oder der kunstvollen Perücken gab es Kämme. Sie wurden entweder
zum Kämmen der Haare verwendet oder als Schmuck ins Haar eingesteckt. Eines der ältesten
und schönsten Beispiele stammt aus der frühen Zeit Ägyptens, aus dem 4. Jahrtausend v. Chr.
Kamm aus Elfenbein, um 3500 v. Chr., aus dem Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen Preußischer
Kulturbesitz, Berlin
Schöne Köpfe - Kunstvolle Frisuren und Perücken
Eine durchgestylte Frisur war sowohl für Frauen als auch für die Männerwelt ein absolutes Muss.
Perfekt sitzende Haare waren ein Ausdruck der gesellschaftlichen Stellung, die man nach außen
zeigen wollte.
Wer finanziell nicht dazu in der Lage war, sich eine der beeindruckenden Perücken anfertigen zu
lassen, musste das eigene Haupthaar pflegen. Volle, üppige Haarpracht galt auch damals als ein
Zeichen von Jugendlichkeit, Vitalität und Gesundheit. Natürlich stellte sich auch für die
Ägypterinnen und Ägypter das Problem, dass die eigenen Harre grau wurden oder recht spärlich
wuchsen.
Auf mehreren Papyri sind daher Rezepte enthalten, die die Herstellung von Haarwuchsmitteln
beschreiben, die den natürlichen Haarwuchs wieder anregen sollten. Die Basis bildete Öl und Fett.
Zugesetzt werden sollten Zutaten wie Dattelkerne, ein Windhundbein oder der Huf eines Esels oder
eines gekochten Wassermolchs. Ob das half, ist fraglich, wirkungsvoller war da wohl die Massage
mit Fichtennadelöl, das die Durchblutung der Kopfhaut anregt.
Zur Behandlung von schon ergrautem Haar wurde empfohlen, das Blut schwarzer Tiere mit Öl zu
verarbeiten und die Tinktur auf Haare und Kopfhaut aufzutragen. Auch eine Creme mit zerriebenen
Wachholderbeeren sollte die ehemalige dunkle Haarpracht zurückbringen.
Egal ob eigenes Haar oder ergänzende Haarteile oder eine Perücke verwendet wurde – das
Haupthaar wurde kunstvoll drappiert. Bereits zu Anfang der ägyptischen Geschichte wurden in
Königsgräbern Perücken gefunden. Sie waren Teil der offiziellen Festbekleidung der Königsfamilie
und der höheren Beamten. Unter den Perücken trug man die eigenen kurz geschnitten Haare, der
Kopf wurde nicht völlig rasiert.
Eine Perücke aus dem Neuen Reich, Ägyptisches Museum Berlin. Sie besteht aus menschlichem Haar.
Nachgewiesen wurde auch ein Wachs, dem Kalk und Alaun beigegeben wurde.
Diese Perücke unterscheidet sich sehr von den Perücken mit ihrer kunstvollen Frisierung, die wir
auf Reliefs oder bei Statuen sehen.
Die Basis der Perücken bildete ein Netz, durch das verschiedene Haarsträhnen gezogen wurden.
Diese wurden miteinander verknotet und mit Bienenwachs befestigt, das erst bei etwa 60 Grad zu
Schmelzen anfängt.
Die so entstandene künstliche Haarpracht konnte dann frisiert, in Locken gelegt oder zu kleinen
Zöpfen geflochten werden. Die Frisurenmode änderte sich im Lauf der Zeit für Frauen und für
Männer. Neben gewellten Kurzhaarfrisuren und „Bobs“ für die Frauen traten Langhaarfrisuren, die
oft noch durch Blumen oder kleine Schmuckringe in den einzelnen Strähnen verziert wurden.
Kurzhaarfrisuren und „Bobs“ für die Frauen traten Langhaarfrisuren, die oft noch durch Blumen
oder kleine Schmuckringe in den einzelnen Strähnen verziert wurden.
Hier ein Beispiel für die phantasievolle Perückenmode für den Herrn und für die Dame aus der 19.
Dynastie.
Imen-em-ipet und seine Gemahlin, Museum Berlin
Die einfache Bevölkerung konnte sich eine Perücke, die von einem spezialisierten Handwerker
hergestellt wurde, nicht leisten. Die Frauen ließen daher ihre eigenen Haare wachsen und frisierten
sie nach der jeweiligen Frisurenmode. Für die wohlhabenden Damen gab es Bedienstete, die die
Perücken jeden Tag pflegten und sie der Besitzerin anlegten.
Gesalbte Häupter
Das Haar der Ägypterinnen und Ägypter muss einen betörenden Duft aus parfümierten Ölen und
fetthaltigen Substanzen verströmt haben.
Wir kennen aus Gräbern des Neuen Reiches viele Darstellungen, die belegen, dass dazu besondere
Kegel verwendet wurden. Oft sind vornehme Damen und Herren bei festlichen Gesellschaften
abgebildet, die Salbkegel (bits) auf ihren Perücken tragen. Dargestellt sind die Kegel als weiße
Masse mit gelben Streifen.
Szene aus dem Grab des Beamten Nacht,
Theben-West, um 1400 v. Chr.
Die Salbkegel wurden direkt auf dem Kopf getragen und waren eine Art Duftdepot, das sich durch
langsames Schmelzen im Verlauf des Festes auflöste und Haare, Kopfhaut, Schultern und wohl
auch die Kleidung mit einer Duftcreme durchtränkten.
Die duftende Salbe war mit Myrrhe-Aroma versetzt, wie ein altägyptischer Text vermuten lässt:
„Dir zum Wohle, Geehrter, ein weißes Kleid, Öl für deine Schultern, Kränze für deinen Hals, deine
Nase mit Gesundheit und Leben zu füllen, Myrrhen auf deinem Scheitel, die von Amun-Re
kommen“.
Das Tragen von Salbkegeln war nicht nur den vermögenden Festgästen vorbehalten. Auch die
Dienerschaft trug sie, wie etwa die Musikantinnen, die zum Fest aufspielten. Die Grabmalereien
zeigen ebenfalls, dass auch Priester Salbkegel auf ihren kahl rasierten Köpfen trugen, wenn sie
opferten.
Gekleidet nach der neuesten Mode
Zu einem gepflegten Äußeren gehörte natürlich auch die Kleidung, auf die die Ägypterinnen und
Ägypter großen Wert legten.
Wir haben Kenntnisse über die Kleidung hauptsächlich durch die wundervollen Malereien oder
Reliefs etwa aus Gräbern oder durch Plastiken. In glücklichen Fällen sind auch die originalen
Textilien erhalten geblieben, teilweise aus Wolle und Leder.
Die meisten Kleidungsstücke bestanden aus Leinen. Zu dessen Verarbeitung wurde Flachs
ausgesät, geerntet und schließlich nach mehreren Trocknungsprozessen zu langen Flachsfäden
versponnen. Die fertigen Fäden wurden dann auf Webstühlen zu Stoffen gewebt. Aus dem Leinen
wurden Stoffe ganz unterschiedlicher Qualität gefertigt. Auch in der Farbgebung hatte man die
Auswahl zwischen weiß, dessen Reinheit durch das zusätzliche Bleichen in der Sonne noch
verstärkt wurde. Um farbige Stoffe herzustellen, wurde das Leinen eingefärbt mit den Färbemitteln
Ocker, Eisenoxyd, Henna und Indigo. Es waren somit alle Farben von Gelbtönen, rot, blau und grün
möglich.
Viele Kleidungsstücke waren nicht prêt-à-porter, sondern entstanden erst, wenn sie kunstvoll um
den Körper geschlungen wurden.
Diese Wickelgewänder gehören zu den ältesten Kleidungsstücken Ägyptens. Sie bestanden aus
großen Stoffstücken, die auch um die Schultern drapiert werden konnten.
Die Männer trugen Lendentücher, die aus zwei zusammengenähten Stoffdreiecken bestanden und
mit Nadeln aus Fischgräten oder Metall genäht wurden. Der Oberkörper blieb oft unbekleidet.
Beliebt über Jahrhunderte war der klassische Schurz. Seine Länge konnte variieren von knielang
bis zu den Knöcheln reichend. Die Stoffbahn wurde an der Vorderseite geknotet oder von einem
Gürtel zusammen gehalten.
Darstellung des Anch, seiner Gemahlin und einiger Diener. Bemalter Sandstein aus der 6. Dynastie, um 2180 v.
Chr.
Dame aus dem frühen Mittleren Reich, die geschmückt ist mit Perlenbänden an den Fuß- und Handgelenken. Sie
trägt den usech-Halskragen.
Hosen gab es nicht im Alten Ägypten. Auch festes Schuhwerk war so gut wie unbekannt, die
meisten Menschen gingen barfuß. Allerdings gab es Sandalen, die aus einer festen Sohle
bestanden, die durch Riemchen und Bänder am Fuß befestigt wurden. Sandalenmacher in den
Tempel- und Palastwerkstätten stellten hochwertige Sandalen aus den Häuten von Kühen, Schafen,
Kälbern und Ziegen her und kannten sich in der Herstellung und Verarbeitung von Leder gut aus.
Für die übrige Bevölkerung gab es Sandalen aus geflochtenen Pflanzenfasern, aus denen eine feste
Sohle hergestellt wurde. Diese Sandalen wurden oft von Frauen angefertigt, in ihrem eigenen
Zuhause, um das Familieneinkommen aufzubessern.
Sandalen aber blieben Luxusartikel. Aus Quellen wissen wir, dass sie in der Gegenwart von
Vorgesetzten ausgezogen werden mussten. Und wir erfahren auch, dass selbst alte und gebrauchte
Sandalen ihren Kaufwert nicht verloren haben und dass Sandalen aus Leder zur Zeit des Neuen
Reiches ungefähr den Monatslohn eines einfachen Arbeiters kosteten. Im Grabschatz von Pharao
Tut-Ench-Amun befanden sich 37 Sandalenpaare aus Pflanzenfasern, 6 Paare aus Leder und mit
Gold überzogene Fußbekleidung.
Ägyptischer Schmuck – Zierende Schönheit und Schutz zugleich
Was wäre ein perfektes Outfit ohne Schmuck? Ich denke, das war damals nicht anders als bei uns
heute.
Schmuck gab es in fast allen Materialien, aus Edelsteinen oder farbigem Glas oder Fayence und
natürlich – aus Gold. Wir kennen altägyptische Schmuckstücke wie Ringe, Halsketten mit
Anhängern, Diademe, Pektorale, kostbare Gürtel, Armreifen und Armbänder und auch Fußschmuck.
Bereits in vorgeschichtlicher Zeit wurde Schmuck hergestellt, aus farbigen Wüstenkieseln,
Muscheln und Kristallen. Was es nicht im eigenen Land gab, wurde auf dem Handelsweg
eingeführt, wie Türkise und Malachite von der Sinaihalbinsel oder der Lapislazuli aus Afghanistan.
Schmuck diente nicht nur der Zierde, sondern vor allem war er ein Schutz vor Gefahren. Amulette
mit Abwehrkraft wurden als Lebensspender getragen und ihren Besitzerinnen und Besitzern später
mit ins Grab gegeben.
Besonders beliebt waren Perlen aus Edelsteinen oder farbige Glasperlen, die durchbohrt und auf
dünne Lederschnüre, Tierhaare oder Leinenfäden aufgezogen wurden.
Perlenketten und Armbänder, die um 3000 v. Chr. angefertigt wurden.
Die Farben der Edelsteine symbolisierten verschiedene Kräfte: Rot war die Farbe des pulsierenden
Lebens, das gerne in Steinen wie dem Karneol, Granat oder rotem Jaspis verkörpert wurde. Grün
stand für die Farbe der Pflanzen, die aus dem Boden kamen, blühten, vergingen und wieder
aufkeimten. Grün war die Farbe des unvergänglichen Lebens, der Frische, der Wiedergeburt. Blau
verkörperte nach Zeugnissen späterer Zeit das Haar der Götter.
Wie „zeitlos“ der älteste ägyptische Schmuck ist, zeigt dieses Armband aus der 1. Dynastie. Gold,
Türkis und durchscheinende Amethyste
Gold war nicht nur kostbar, sondern wegen seines Glanzes und seiner Beständigkeit dem Göttlichen
zugeordnet. Es galt als Substanz der Götter, und wer Gold trug, war den Göttern ganz nah. Gold
war nicht nur äußerer Zierat, sondern ein heiliges Metall mit magischer Wirkung.
Gold stand für die Strahlkraft der Sonne, von jeher ein mächtiges Symbol für die tägliche
Überwindung des Todes und die Verjüngung. Die reichen Grabschätze aus Gold verweisen auf die
Unsterblichkeit, die dieses Material schenken sollte.
Ägypten war im Altertum das goldreichste bekannte Land. Die Goldvorkommen wurden in Minen
abgebaut oder auch ausgewaschen und hatten unterschiedliche Qualitäten, je nach dem Anteil von
Silber und Kupfer. Es gab sogar eine eigene Hieroglyphe für das Wort „Gold“, die mit einem
Perlenhalskragen dargestellt wurde.
Diese Perlenkragen wurden von Frauen und Männern getragen.
Ägyptischer Schmuck – Schönheit für beide Geschlechter
Schmuck war nicht nur den Frauen vorbehalten, sondern auch Männer machten über Schmuck
ihren gesellschaftlichen Status sichtbar. Das verwundert auch nicht, denn die magische Wirkung
der verwendeten Materialien und die symbolische Bedeutung der Motive galten für beide
Geschlechter.
So war die Lotusknospe eines der beliebtesten Pflanzenmotive bei Schmuck und Amuletten: die
Knospe taucht bei Sonnenaufgang aus dem Wasser auf, öffnet sich und entfaltet ihre Blüte, um am
Abend wieder ins Wasser zurückzusinken, ein Sinnbild für den Kreislauf des Lebens.
Die Fähigkeit zur Regeneration und Wiedergeburt wurde auch Käfern zugesprochen. Seit frühester
Zeit wurden Käfer zusammen mit farbigen Steinen auf Fäden gezogen und als Schmuck getragen,
nicht nur wegen ihrer Farbenpracht. Der Skarabäus (der heilige Mistkäfer) galt als Symbol der
Selbsterneuerung der Sonne und des Lebens. Gefertigt wurde er oft aus Lapislazuli, dem blauen
Edelstein mit vielen goldenen Pünktchen, der den sternenbesetzten Himmel verkörperte. Lapis in
Verbindung mit Gold sicherte dem Träger oder der Trägerin den Schutz der Sonne und des
Himmels.
Geflügelter Skarabäus aus Lapislazuli, der die Sonnenscheibe (aus
Karneol) rollt. Aus dem Grab des Tut-Ench-Amun, Theben, Tal der Könige, 18. Dynastie, Ägyptisches Museum
Kairo
Der vollständig erhaltene Kragen des Imthepi, gefunden auf dem Friedhof von Gizeh, 6. Dynastie, Gold und
Fayence, Boston, Museum of Fine Arts.
Die feinen Goldschmiedearbeiten stammen aus Gräbern, in denen sie gefunden wurden. Ein
Beispiel für die edle und außergewöhnliche Handwerkskunst Ägyptens ist im Grab der Prinzessin
Chnumet in Dahschur entdeckt worden, sie lebte etwa 1900 v. Chr. Der jungen Frau wurden
zahlreiche Schmuckstücke in ihre letzte Ruhestätte mitgegeben wie Kronen, ein wunderschöner
Halskragen, Ketten, Arm- und Fußbänder mit exquisiten Einlegearbeiten und Hüftgürtel, um den
Unterleib vor Krankheiten und Fehlgeburten zu schützen. Zu den erstaunlichsten Schmuckstücken
aus dem Grab der Chumet zählen die granulierten Ketten.
Von oben nach unten: Ein goldenes Kettchen verbindet
zwei filigrane kreisrunde Anhänger mit je acht aufgesetzten Halbkreisen. Darunter befindet
sich ein Medaillon aus Glasmosaiken, das in Gold gefasst und mit einer Scheibe aus
Bergkristall geschützt ist. Von dem Medaillon führen drei kurze Kettchen zu sternenförmigen
Anhängern. (Ägyptisches Museum Kairo).
Bei der Granulation werden geometrische Muster aus winzigen Goldkügelchen auf dem späteren
Schmuckstück befestigt. Die Kügelchen entstehen, indem flüssig gemachtes Gold (das Granulat)
aus ca. 1 m Höhe in eine Schale getropft wird. Durch ständiges Rühren zerspringt es in kleine
Kügelchen, die mehrfach ausgesiebt und nach gleicher Größe sortiert werden. Die Kügelchen
werden in Ruß gewälzt und erhitzt, damit ihre Oberflächen Kohlenstoff aufnehmen können. Das
Goldblech, auf das die Kügelchen kommen, wird mit Harz präpariert und die Kügelchen angeordnet.
Beim anschließenden Erhitzen des Schmuckstückes (bei ca. 900 Grad) verbindet sich die
Goldunterlage und das Granulat nur an winzig kleinen Berührungspunkten.
Königlicher Schmuck
Das Grab des jungen Königs Tut-Ench-Amun enthielt sagenhafte Reichtümer, insgesamt 5400
Objekte, die meisten davon befinden sich heute im Ägyptischen Museum in Kairo. Unter diesen
Schätzen seines unberührten Grabes befand sich auch kleiner, auserlesener Schmuck, wie zum
Beispiel dieser Ohrring.
Ohrring aus Rotgold, Karneol, Calcit, Quarz und farbigem Glas. Länge 18,8 cm, Breite 5,4
cm, 18. Dynastie, im Ägyptischen Museum Kairo.
Das Schmuckstück besteht aus zwei geriffelten Röhrchen mit einem seitlichen Abschluss. Eines der
Röhrchen wird durch das durchbohrte Ohrloch gesteckt und dann ins andere Röhrchen geschoben.
Ein geflügeltes Schmuckglied verbindet den eigentlichen Ohrring mit dem Ohrgehänge, das ein
granuliertes Rundelement aufweist, das außen von einem Perlenkranz umgeben ist. Von diesem
Perlenkranz gehen sechs Perlenstränge ab, die in Tropfenperlen enden.
Das Ohrgehänge wurde zusammen mit anderen in Truhen gefunden, die sich in dem Grab
befanden. Die Mumie des Tut-Ench-Amun („das lebende Bild des Amun“) wurde ohne Ohrringe
bestattet, obwohl sie durchbohrte Ohrläppchen hat. Der junge Pharao hat also während seiner
Lebzeit Ohrschmuck getragen, was am königlichen Hof zur Zeit der 18. Dynastie durchaus üblich
war.
Ein besonderes Kleinod ist der Goldschatz von Meroe in Nubien, im heutigen Sudan. Meroe war
fast 600 Jahre lang der Regierungssitz der schwarzen Pharaonen und wurde im 4. jahrhundert n.
Chr. zerstört. Neben altägyptischen Einflüssen gibt es in der meroitischen Kunst auch afrikanische
und hellenistische Stilelemente.
Über das Reich Meroe haben auch Frauen regiert, die den Titel „Kandake“ trugen. Was das genau
beinhaltet, ist unbekannt, es wird auch davon gesprochen, dass es eine matriarchale
Herrschaftsform war, aber das geht über den Rahmen einer Spekulation nicht hinaus. Eine dieser
Königinnen war Amani-Shakheto, die als Regentin wohl kurz vor der Zeitenwende über Meroe
herrschte.
Der Schatz der Königin Amani-Shakheto wurde im 19. Jahrhundert entdeckt, in einer Kammer in
ihrer Pyramide, in einem Bronzegefäß. Ihre gesamte Pyramide wurde abgetragen in der Hoffnung,
reiche Beute zu machen. Der Goldschatz der Königin Amani-Shakheto bestand aus Armbändern,
Ringen und Siegelringen, Amuletten und ist außergewöhnlich in seiner Pracht und Ausführung.
Armband mit der Göttin Mut. Gold, dunkel und hellblauer
und roter Glasfluss, 1. Jahrhundert v. Chr., Breite 6,1 cm, Staatliche Sammlung Ägyptische Kunst, München.
Ein Beispiel ist dieses Armband mit der geflügelten Göttin Mut, die die Kronen Ober- und
Unterägyptens trägt und die für sie typische Geierhaube. Sie steht auf einer Lotusblüte. Es ist aus
zwei gleichgroßen, halbrund gebogenen Hälften aus Goldblech angefertigt, die durch ein Scharnier
verbunden sind. Die Dekoration besteht aus rautenförmigen und kreisrunden Elementen, die sich
wiederholen und auf Streifen aus Goldblech angebracht sind, die dann auf das Goldband aufgelötet
wurden. Zum Schluss wurden die Ornamente mit Glasfluss aufgefüllt. Dieser Glasfluss besteht aus
fein gemahlenem Glas, das mit einem Bindemittel versetzt und erhitzt wurde.
Der Goldschatz der Amani-Shakheto befindet sich heute in den ägyptischen Museen von Berlin und
München.
Körperschmuck, der unter die Haut geht – Tätowierungen
Tätowierungen sind auch heute noch mehr als rein dekorativer Schmuck, sie sagen etwas über den
sozialen Stand und das Selbstbildnis ihrer Trägerinnen und Träger aus. Sie sind dauerhaft, man
kann sie nicht wie einen Ring oder eine Halskette einfach wieder ablegen und sie sind auch nicht
abwaschbar.
Tätowierungen wurden im Alten Ägypten nicht mit Tinte gesetzt, sondern mit Lampenruß,
vermischt mit Öl und Wasser. Über das eigentliche Tätowierwerkzeug wissen wir nichts, es wird
sich um Metalle oder auch Holz oder spitze Knochen gehandelt haben. Die Farbe wurde mit Hilfe
von kleinen Punkten unter die Haut gebracht, Linien wurden gezogen, indem ein geschwärzter
Faden unter der Hautoberfläche durchgezogen wurde.
Es gibt einige wenige Mumien von Frauen aus dem Alten Ägypten, die Tätowierungen aufweisen,
aber keine Mumien von Männern. Sie stammen aus dem Mittleren Reich und tragen punktförmige
Tattoos in Form von Rauten und Dreiecken im Bereich von Hals und Brust, im Bauchraum, auf den
Armen und den Oberschenkeln. Ihre Trägerinnen übten zu Lebzeiten Berufe aus wie Priesterin,
Tänzerin oder Musikantin, und es wird vermutet, dass die Tätowierungen magischen Schutz geben
spenden sollten und Amulette ersetzten. Amulette machten nur Sinn, wenn sie an einer
bestimmten Körperstelle getragen wurden und nicht verrutschten, und ein Tattoo blieb
unverrückbar an seinem Platz.
Ein weiterer Bereich, aus dem wir Tätowierungen im Alten Ägypten kennen, stammt aus
Grabfunden. Wieder sind es nur ägyptische Frauen, die tätowiert sind. Auf Schalen und Salblöffeln
sind Musikantinnen abgebildet, die auf ihrem Oberschenkel eine Tätowierung tragen, die den Gott
Bes darstellt. Bes schützte insbesondere den Bereich der Frauen und wachte über Empfängnis,
Schwangerschaft, Geburt und Kindbett.
Nun-Schale aus blauer Fayence mit einer tätowierten Musikantin, Neues
Reich.
Zu sehen ist eine sog. Nun-Schale aus Fayence. Die blau-grüne Färbung symbolisiert den Urozean
Nun, aus dem alles Leben stammt. Weinranken, Lotuspflanzen und Papyrus sind deutlich zu
erkennen.
Als Grabbeigabe sagt sie über die Verstorbene aus, dass sie sich als Teil des Kosmos und des
zyklischen Kreislaufs des Lebens versteht und auf eine Weiterexistenz nach dem Tod hofft.
In der Mitte der Nun-Schale sitzt eine unbekleidete Frau mit Perücke und einem Salbkegel auf
ihrem rechten Bein und spielt ein Musikinstrument. Sie trägt Ohrschmuck, um den Hals Ketten
bzw. Tattoos, die ihr bis zur Brust reichen und einen Gürtel unterhalb des Bauchnabels. Auf dem
rechten Oberschenkel ist eine Tätowierung zu erkennen, die den Gott Bes zeigt. Die Tätowierung
symbolisiert hier nicht nur die Hoffnung auf Fruchtbarkeit und eine glückliche Geburt, sondern auch
Schutz bei der Wiedergeburt vom Tod ins Leben.
Ein dritter Bereich sind Frauenfiguren aus Quarzkeramik aus dem Mittleren Reich, die ebenfalls in
Gräbern gefunden wurden, nicht nur in Frauengräbern, sondern auch in denen von Männern und
Kindern. Dargestellt sind tätowierte Frauen, deren Bedeutung immer noch unklar ist.
Bei der Quarzkeramik (auch „Ägyptische Fayence“ genannt) handelt es sich um eine Glasur, die
den Oberflächen von Schmuck, Gefäßen oder kleinen Statuen einen besonderen Farbglanz verleiht.
Von Türkisgrün bis zum leuchtenden Kupferblau sind alle Varianten möglich.
Vorder- und Rückansicht einer tätowierten Frauenfigur aus Quarzkeramik, Louvre.
Dargestellt ist eine unbekleidete Frau, die Tätowierungen aufweist, die über den ganzen Körper
verteilt sind. Betont ist ihr Bauchnabel und sie trägt einen aufgebrachten Gürtel aus
Kaurimuscheln, einem Fruchtbarkeitssymbol. Sie ist flach gearbeitet und könnte eventuell als
Ritualpuppe verwendet worden sein, um den Verstorbenen eine sichere Wiedergeburt und
Fruchtbarkeit im Jenseits zu garantieren.
Ägyptische Ideale von Schönheit
Der Begriff „Schönheit“ neferu steht auch für das Gute und das Vollkommene und war dem
Bereich des Göttlichen zugeordnet. Die Göttinnen und Götter waren schön, ebenso ihre
Wohnstätten, die Tempel. Auch der Pharao und dessen Familie galten als schön. Als schön wurde
auch die Natur bezeichnet oder ihre wertvollen Erzeugnisse wie Edelsteine und Edelmetalle oder die
„rechte Rede“ über Ordnung und Wahrheit (der altägyptische Begriff der maat). Schönheit wurde
mit den Augen wahrgenommen, sie schaffte Wohlgefallen und Freude. Der Geruchssinn wurde
ebenfalls angesprochen, etwa durch Räucherwerk. Schönheit hatte etwas mit Angenehmsein zu
tun.
Das Gegenteil von Schönheit war all das, was Unlust erweckt, was abstößt, das Hässliche. Hässlich
im Sinn von böse oder verwerflich oder übel. In der Kunst des Alten Ägyptens wurde alles
Hässliche wie Krankheiten, Leid, Brutalität und Ungerechtigkeit möglichst vermieden. Der Tod
wurde mit Bildern des Lebens dargestellt. Die Darstellung körperlicher Arbeit, die natürlich nicht
von der Oberschicht verrichtet wurde, lässt wenig übrig von der Ästhetik der Schönheit: hierbei
wurden auch körperliche Unvollkommenheiten dargestellt, der Geruch schwerer körperlicher Arbeit
liegt manchmal fast in der Luft.
Schönheit war auch immer ein Mittel, soziale Abgrenzungen zu zeigen.
Figur einer Dienerin beim Kornmahlen. Bemalter Kalkstein, 6. Dynastie, um
2250 v. Chr., Pelizaeus-Museum Hildesheim
Pharao Amenophis III., 14. Jahrhundert v. Chr., Pelizaeus-Museum Hildesheim
Alter hatte zwei Gesichter: auf der einen Seite war es ein Sinnbild für die moralische
Vorbildfunktion alter Menschen. Auf der anderen Seite wurde Älterwerden durchaus auch als
Verfallsprozess angesehen, verbunden mit einem natürlichen Nachlassen der Kräfte. In den
Weisheitslehren des Ptahhotep aus dem Alten Reich heißt es:
Gebrechlichkeit ist eingetreten, Schwäche ist gekommen, die kindliche Hilflosigkeit kehrt wieder.
Die Kraft schwindet, denn müde ist mein Herz, der Mund ist verstummt, er spricht nicht mehr. Die
Augen sind trübe, die Ohren sind taub, das Schlafen fällt ihm schwer jeden Tag. Das Herz ist
vergesslich, es erinnert sich nicht an gestern, der Knochen ist krank wegen der Länge der Jahre.
Die Nase ist verstopft, sie kann nicht atmen, denn beschwerlich sind Aufstehen und Niedersetzen.
Das Gute wird zum Schlechten, der Geschmackssinn ist verschwunden. Was das Alter den
Menschen antut: Schlimmes in jeder Weise.
Schönheit für die Ewigkeit - Teil 1
Den Abschluss dieser Kolumne über Schönheitsvorstellungen im Alten Ägypten wird der Bereich
„Schönheit über den Tod hinaus“ bilden.
Schon zu den frühesten Zeiten stellte man sich das Jenseits im Westen vor, dort, wo die Sonne
unterging und sich in jeder Nacht auf ihre Unterweltsfahrt begab, um an jedem nächsten Morgen
verjüngt wieder im Osten aufzusteigen. Der „schöne Westen“ als Reich der Toten entsprach in der
Wirklichkeit dem Gebiet an der westlichen Seite des Nils, einer kargen Wüstenlandschaft, in der die
Verstorbenen beigesetzt wurden.
Jedes Begräbnis sollte „schön“, d.h. mit allen Zeremonien versehen sein, die einen rituell
vollständigen und korrekten Übergang in die jenseitige Existenz garantierten. Und auch die
Grabbeigaben sollten schön im Sinne von vollständig/vollzählig sein. Auf Grabstelen oder auf den
Wänden der Gräber oder auf den Sarkophagen selbst sind all die Dinge verzeichnet oder aufgemalt,
die man für ein Weiterleben nach dem Tod brauchte, etwa Lebensmittel, Kleidung, Stoffe, Duftöle,
Kosmetikartikel, Gebrauchsgegenstände, „alle schönen Dinge“. Dazu gehörten auch die
Mumienmaske, Amulette, die vier Eingeweidegefäße (die Kanopen) sowie kultische Gegenstände
und Sprüche aus dem Totenbuch und Möbel.
Auch das Grab selbst galt als schön: es sollte neben der eigentlichen Sargkammer noch einen
zusätzlichen Raum haben, der für die Statue des Verstorbenen reserviert war. Und eine
oberirdische Opferstelle, um den Nachfahren den Totenkult zu ermöglichen.
Auch an dem mumifizierten Körper wurden Schönheitskorrekturen vorgenommen. Die
Augenbrauen und die Lippen wurden bemalt, um eine Lebendigkeit anzudeuten, die Spitzen der
Füße und Hände eingefärbt, die Augenhöhlen mit Einlegearbeiten aus Edelsteinen abgedeckt und
die Genitalien wurden ausgepolstert. An den Körpern der Frauen findet sich gelbem Ocker, die
Körper der Männer wurden mit rotem Ocker bemalt.
Es gab im Alten Ägypten auch die Vorstellung, sich den „schönen Westen“ als Göttin vorzustellen.
Die Verkörperung des „Schönen Westens“ aus dem Grab des Sahure,5. Dynastie.
Seit dem Alten Reich wird „der schöne Westen“ als junge Göttin abgebildet, als direkte
Ansprechpartnerin, die die Verstorbenen im Totenreich begrüßt, sie hält und sie durch ihre
Umarmung beschützt. „Möge ihm der Westen seine beiden Arme reichen“. Sie trägt eine schräg
gestellte Feder in einer Art Haarreif und einen Falken auf dem Haupt.
Seit dem Alten Reich wird „der schöne Westen“ als junge Göttin abgebildet, als direkte
Ansprechpartnerin, die die Verstorbenen im Totenreich begrüßt, sie hält und sie durch ihre
Umarmung beschützt. „Möge ihm der Westen seine beiden Arme reichen“. Sie trägt eine schräg
gestellte Feder in einer Art Haarreif und einen Falken auf dem Haupt.
Die Westgöttin in einem Grab der 18. Dynastie
Schönheit für die Ewigkeit - Teil 2
Der Tod trennte nach altägyptischer Vorstellung nicht das Band zwischen denen, die gegangen sind
und denjenigen, die noch auf dieser Welt waren. Die Toten wurden auch weiterhin in die
Gemeinschaft mit einbezogen, eine Gemeinschaft von Lebenden und Toten war durchaus möglich.
An Festtagen besuchten die Angehörigen ihre Toten und hielten mit ihnen ein prunkvolles Mahl in
den Grabkapellen.
Im Grab des Nacht aus dem Neuen Reich sind ausdrucksvolle Wandmalereien erhalten, die sog.
„Bankettszenen“.
Aus dem Grab des Nacht, um 1400 v. Chr., Theben.
Abgebildet ist die Szenerie eines Festmahls, eines Freudenfestes, bei dem Musik erklang und
gefeiert wurde. In Theben wurde ein großes Fest gefeiert, das „schöne Fest vom Wüstental“. Der
Gott Amun besuchte in Gestalt seines Kultbilds die Göttin Hathor und die anderen Gottheiten in den
Totentempeln des Westufers. Viele Menschen waren bei diesem Ereignis anwesend, man muss sich
das wie ein fröhliches Volksfest vorstellen, bei dem gelacht und getanzt wurde. Es war ein
fröhlicher, unbeschwerter Tag, bei dem die Schönheit des Gottes öffentlich zu bestaunen war und
die Teilnehmenden beim sich anschließenden Besuch der Gräber ihrer Toten etwas von dieser
Schönheit mitnahmen. Es wurde in der Gemeinschaft mit den Verstorbenen in den Grabhäusern ein
„schöner Tag“ verbracht, voller Üppigkeit und Lebensfreude.
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