Weltpremiere Text: Tom Cervinka, Gisela Gary Fotos: Franz Ertl/V+P SO! sieht ein Himmelsstürmer aus Gerade im Bauen verwenden Bauherren und Architekten gern Superlative. Doch bei der neuen Zentrale der RaiffeisenHolding Niederösterreich-Wien zu Recht: Am Wiener Donaukanal steht das weltweit erste Passivbüro-Hochhaus. D 056 Am Donaukanal errichtete die RaiffeisenHolding Niederösterreich-Wien das weltweit erste Passivbüro-Hochhaus ort, wo bis vor wenigen Jahren noch die Spitze des internationalen Ölgeschäfts residierte, errichtete die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien das weltweit erste Passivbüro-Hochhaus. Der sparsame Gesamtenergieverbrauch basiert auf innovativer Haustechnik und einem Energieversorgungskonzept, das die vorhandenen Standortressourcen optimal nutzt. Damit hat die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien die Latte im Hochhausbau ein ganzes Stück weit höher gelegt. Sowohl die Bautechnik betreffend als auch in Bezug auf die Energieversorgung setzt das Gebäude neue Maßstäbe. Im Vergleich mit konventionell errichteten Bürohochhäusern verbraucht der Zubau zum bestehenden Raiffeisenhaus nicht einmal halb so viel Primärenergie. Diese wird auf Basis regenerativer Energiequellen selbst produziert. Ein gebautes Symbol für den schonenden Umgang mit endlichen Ressourcen. Die Planung für das Hochhaus, einen Zubau an das bestehende Raiffeisen-Haus am Wiener Donaukanal, stammt von den Architekten Hayde und Maurer. Vasko+Partner erarbeitete mit den Architekten die ökologische Grundidee. Ausgehend von dem Ehrgeiz, einen Bürohochhausbau, der in Richtung Plus-Energie-Gebäude geht, zu errichten, entwickelte Vasko+Partner als Generalkonsulent ein Energiekonzept, bei dem einerseits der Bedarf minimiert wird und andererseits die Standortressourcen optimal genutzt werden. Christian Steininger, Geschäftsführer von Vasko+Partner, erklärt, warum bis dato kein vergleichbar energieeffizientes Hochhausprojekt realisiert wurde: „Bürohochhäuser stellen mit ihrem generell hohen Technikanteil und dem damit verbundenen Energieverbrauch eine besondere Herausforderung in der energetischen Planung dar. Die Mehrkosten infolge des wesentlich höheren Planungsaufwandes und der anspruchsvollen Bautechnik belaufen sich beim aktuellen Projekt auf rund viereinhalb Millionen Euro. Eine Summe, die sich bereits nach knapp 15 Jahren wirtschaftlich rechnet.“ Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 84 Millionen Euro ist der Zubau zum Wiener Raiffeisenhaus das derzeit größte Bauprojekt der Raiffeisen-Gruppe. Die gesamte Planung orientierte sich an den Ansprüchen der Raiffeisen Klimaschutz-Initiative (RKI). Mit der Zielvorgabe, den Zubau zum energiesparenden Klimaschutz-Musterbau zu machen, war die Messlatte extrem hoch gelegt. Vom Österreichischen Institut für Baubiologie und Bauökologie nach den Richtlinien des Passivhaus Institutes Darmstadt zertifiziert, soll der Neubau bis weit über die Landesgrenzen hinaus internationale Vorbildwirkung haben und den Umgang mit Energieressourcen im großvolumigen Bürobau revolutionieren. „Raiffeisen setzt damit seinen Fokus auf energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen – der sich wie ein roter Faden durch Bauprojekte jüngerer Generation zieht – konsequent fort. Nachhaltigkeit und Klimaschutz gehören bei Raiffeisen zu den Kernthemen der Unternehmenspolitik“, bestätigt Michaela Steinacker, Geschäftsleiterin der 059 weltpremiere Der Zubau zum Raiffeisenhaus wurde in Rekordzeit errichtet, in nur zwei Jahren entstand am Donaukanal das weltweit erste Passivbüro-Hochhaus RHW.2. Die 900 Mitarbeiter sind bereits eingezogen. Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien. Als Green Building errichtet, wurde der gesamte Bauablauf von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) begleitet und erreichte 949 von 1.000 Punkten. Das ergibt die Höchstnote „Gold“. „Ein Meilenstein für Klimaschutz, CO2-Bilanz, Ressourcenschonung und Energieeffizienz“, heißt es vonseiten des umfangreichen Planungs- und Consultingteams, das für die richtungsweisende energetische Performance des Gebäudes verantwortlich zeichnet. Tiefbau auf den Millimeter genau 060 Der Zubau ergänzt die Hochhausbebauung zwischen Raiffeisenhaus und IBM-Gebäude, die bislang wie eine Zahnlücke in der Straßen-Silhouette am Wiener Donaukanal prangte. Die wohl größte Herausforderung – sowohl für die Planer als auch für die mit der Errichtung beauftragte Strabag – stellten dabei die anspruchsvolle, innerstädtische Lage des Grundstücks sowie der schwierige Baugrund selbst dar. „Fast die Hälfte der Bauzeit haben wir ausschließlich in der Baugrube verbraucht“, erklärt Christian Marintschnig, Projektleiter Vasko+Partner. Alleine die Fundamentplatte für die sechs Unterund 21 Obergeschoße misst zwischen 120 und 210 Zentimeter. Der gesamte Tiefbau wurde als sogenannte Weiße Wanne aus wasserundurchlässigem Beton gebaut, die vor dem drückenden Grundwasser schützt. Denn das Tiefbauwerk befindet sich unterhalb des Grundwasserspiegels, weswegen dieser während der Bauarbeiten abgesenkt werden musste. Doch nicht nur der hohe Grundwasserstand erschwerte den Bauablauf, wie Marintschnig erläutert: „Eingekesselt zwischen den beiden flach fundierten Bürohochhäusern des Raiffeisenhauses bzw. des IBM-Gebäudes und dem Dianabad im Rücken, mussten wir uns auf engstem Raum in die Tiefe graben.“ Mittels Manschettenrohrinjektionen wurde der Boden unter den Nachbargebäuden mit einer speziellen Bindemittelmischung verfestigt. Um über die gesamte Bauzeit selbst die geringsten Veränderungen oder Setzungen der Nachbargebäude zu registrieren und im Notfall darauf reagieren zu können, entschied sich das Projektteam von Vasko+Partner für eine aufwendige Baustellenüberwachung. 200 Messpunkte wurden festgelegt, die während und auch nach dem Bau die Ankerkräfte und den Grundwasserstand im Zuge der Absenkung messen, Verformungen der Nachbargebäude und sogar jegliche Setzungen im Zehntelmillimeterbereich registrieren sollten. Standortvorteile nutzen „Der Zubau zum Raiffeisenhaus ist das erste Klimaschutz-Bürohochhaus. Das heißt, dass es nicht nur im Passivhausstandard errichtet wurde, sondern auch ausschließlich erneuerbare Energie verbraucht“, erklärt Architekt Dieter Hayde. Mit 14 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr wurde der Heizwärmebedarf errechnet, bei knapp neun Kilowattstunden pro weltpremiere Quadratmeter soll der jährliche Kühlbedarf liegen. Und der Primärenergiebedarf wird sich laut den Berechnungen von Vasko+Partner auf jährlich unter 120 Kilowattstunden pro Quadratmeter belaufen. Damit ergibt sich eine Reduktion des Energieverbrauchs auf unter 50 Prozent gegenüber vergleichbaren Bürogebäuden mit konventioneller Haustechnik. In der baulichen Umsetzung bedeutet das die Nutzung aller vor Ort zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Energiegewinnung. Einen Teil des Energieverbrauchs deckt beispielsweise die Geothermie ab. Steininger erklärt, wie: „Alle Bohrpfähle im Untergrund sind aktiviert – sprich, während der Grundierung wurden Rohrschlangen in die Bohrpfähle miteingegossen. Rund 60 Temperaturfühler sind im Untergrund verteilt, damit weiß man, wie sich der Untergrund tatsächlich verhält. Denn wir verwenden den Erdkoffer unter dem Gebäude quasi als Saisonspeicher. Sprich: Im Sommer wird die Hitze in den Untergrund abgeleitet und gebunkert. Im Winter kann dieser Hitze- oder Wärmevorrat wieder abgerufen werden.“ Die 11.000 Quadratmeter große Fassade besteht aus der eigentlichen Gebäu- Der Gertrude-Fröhlich-Sandner-Campus am Nordbahnhofgelände ist das erste PPP-Projekt im Bildungsbereich der Stadt Wien, das mit großem Erfolg und höchster Zufriedenheit aller Beteiligten realisiert wurde. Diesem Beispiel sollen nun weitere Projekte folgen. Entgeltliche Einschaltung bautafel Bauherr Raiffeisen Wien GesbR Planung Atelier Hayde Architekten | Architektur Maurer Generalkonsulent Vasko+Partner Bauausführung Strabag AG Abbrucharbeiten Prajo & Co Spezialtiefbau Züblin Spezialtiefbau Ges.m.b.H. HKLS Cofely Gebäudetechnik GmbH Elektrotechnik Arge Elektro EOD-Tower dehülle mit Dreifach-Isolierverglasung und einer zweiten vorgelagerten Glashaut. „Damit konnten wir außenliegenden Sonnenschutz realisieren“, weiß Marintschnig über die Vorteile der Doppelfassade zu berichten. Auch in Bezug auf die technischen ­Finessen der Haustechnik hat der Zubau einiges zu bieten. So wird das gesamte Gebäude über das Wasser aus dem Donaukanal gekühlt. Ein Tunnel mit einem Durchmesser von einem Meter verläuft unter der Straße und pumpt das Donaukanalwasser ins Gebäude, wo über einen Wärmetauscher die Frischluft der Lüftungsanlage gekühlt wird. Das Herz der technischen Gebäudeausrüstung stellt aber die KraftWärme-Kälte-Kopplung (KWKK) auf Biogasbasis dar. Sie deckt zu 40 Prozent den winterlichen Heizwärmebedarf, fast ebenso viel wird aus der Abwärme des Rechenzentrums gewonnen und der Rest kommt aus der Geothermie bzw. wird zu Spitzenzeiten über Fernwärme abgedeckt. Mit Jahreswechsel wurde das neue Raiffeisenhaus an seine Nutzer übergeben, damit startete auch die Optimierungsphase im laufenden Betrieb. Ein aufwendiges Monitoring unterstützt dabei. So kann überprüft werden, ob die errechneten Energieverbräuche und -gewinne der Realität des Büroalltags standhalten und die kombinierte Energieversorgung gegebenenfalls nachjustiert werden. Ein Multimediasystem im Foyer dokumentiert die Energieflüsse im Haus. Damit werden Energieerzeugung und -verbrauch für Besucher und Nutzer des Hauses transparent und beeinflussen unter Umständen auch das Nutzerverhalten des einen oder anderen Mitarbeiters – ein erwünschter Nebeneffekt. Der Veranstaltungssaal im 20. Stockwerk gewährt einen sensationellen Ausblick über Wien Bildungscampus Gertrude Fröhlich-Sandner, 1020 Wien Einrichtungen: Volksschule (7.400 m2 Nutzfläche) und Kindergarten (4.300 m2 Nutzfläche), Außenanlagen (8.000 m2); Platz für 670 Kinder Gesamtinvestitionskosten: 23,5 Millionen Euro Auftraggeber: Stadt Wien Privater Partner: Porr/Bank Austria Architektur: Arge Architekten Kaufmann-Wanas ZT GmbH Projektberatung, -steuerung, -abwicklung: Vasko+Partner www.vasko-partner.at Mit MaSS und Ziel Public-private-partnership (PPP) stellt mit seinen unterschiedlichen Facetten ein Modell dar, wie die öffentliche Hand Projekte realisieren und das Know-how privater Partner bestmöglich nützen kann. A cht Uhr morgens, Campus Nordbahnhof, G e r t r u d e - Fr ö h l i c h Sandner-Schule und Kindergarten im zweiten Bezirk in Wien. Die als Ganztagsschule geführte Schule hat soeben begonnen – der Kindergarten ist seit 6.30 geöffnet und ist bereits von den Kleinsten bis zu Vorschülern bevölkert. Das Campusmodell verbindet Lernen und Freizeit. Diese Symbiose spiegelt sich in der Architektur und in der Infrastruktur ebenfalls wider: hell, freundlich und ohne jede Spur des gewohnten Büffelflairs. Der 8.000 Quadratmeter große Garten steht den Volksschülern und Kindergartenkindern zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung. Abends darf ein Fußballverein die Anlage nutzen. Ausgezeichnetes Gebäude Inmitten des neuen Stadtteils auf dem ehemaligen Nordbahnhofgelände wurden nach den Plänen der Architekten Kauf- foto: zvg mann und Wanas auf einer Fläche von etwa 14.000 Quadratmetern eine Volksschule mit 17 Klassen, ein Kindergarten mit elf Gruppen sowie einer zentralen Verpflegungseinrichtung im Niedrigenergiestandard gebaut. Das Gebäude wurde mit dem Nachhaltigkeitszertifikat des DGNB/ ÖGNI ausgezeichnet. Wirtschaftlichkeitsprognose legte die Basis für die Erstellung des auf die Anforderungen zugeschnittenen PPP-Modells. Gleichzeitig wurde auf die ausgewogene Risikoverteilung zwischen Öffentlich und Privat geachtet“, erklärt Arnold Vielgut, Projektleiter Vasko+Partner. Das PPP-Modell sah vor, dass ein privater Vertragspartner die Bildungseinrichtung nach den Vorgaben Freundlich und offen der Stadt Wien errichtet, fi ­ nanziert, be„Ja, die Architektur funktioniert“, zeigt treibt und instand hält. Für das Projekt sich Rudolf Leber, Projektleiter Stabsstelle wurde ein Architekturwettbewerb durchCampus, Stadt Wien, MA 56, begeistert, geführt, den das Büro Kaufmann Wanas „das Gebäude wird gut angenommen.” ZT GmbH gewann. Die Entwürfe waren Gravierend anders als an anderen Schulen die Vorgabe für die EU-weite PPP-Ausläuft am Campus das Management. Die schreibung. Das Konsortium Porr und Führung des Kampus – Direktorin, Kin- Bank Austria Real Invest GmbH erhieldergartenleiterin und Adminis­ tration – ten den Zuschlag für den „Privaten“. Die ­arbeiten kooperativ und kollegial mitein- FMA, eine Tochter der Porr, ist für den ander. Auch ganz anders als bis dato üblich Betrieb und den Erhalt verantwortlich. liefen Planung, Errichtung wie auch Be- Die Stadt Wien zahlt an den Privaten ein trieb und Erhaltung. Der Campus wurde fix vereinbartes Pauschalmietentgelt sowie als PPP-Modell konzipiert. Vasko+Partner Facility-Managemententgelt – im FM-Verfungierte als Projektberater, Projektsteue- trag wurden die Betriebs- und Erhaltungsrung und -abwicklung. „Eine umfassende­ leistungen penibel festgehalten. 063