Spiel, Satz und Sieg! Italian Boy with Racket. Master Painting (Cremona, 1570) Stochastische Untersuchungen zum Tennisspiel mit Derive Benno Grabinger, Neustadt/Weinstraße, www.bennograbinger.de Inhalt • • • • Warum gerade Tennis? Historische Bemerkungen Konkrete Daten Ein Tennisspiel (Modellierung, Simulation, Theorie) • Ein Match • Folgerungen 2 Warum gerade Tennis? Tennis ist, „wenn schon zur Leibesübung nützlich, ganz hervorragend fähig und auch würdig, den Geist zu fesseln und das Nachdenken anzuregen.“ aus dem Brief an einen Freund über das Ballspiel Jeu de Paume Jakob Bernoulli 1654-1705 3 Warum gerade Tennis? • Weil es mir Spaß macht. • Weil viele Schüler diesen Sport betreiben. • Weil viele Schüler Tennis im Fernsehen betrachten. • Weil ein Algebrasystem zur Analyse unverzichtbar ist. 4 Historische Bemerkungen • Jeu de Paume ist der Vorgänger von Tennis, Badminton und Squash • seit dem 13. Jahrhundert • ursprünglich im Freien • vom 14. Jahrhundert an in Ballhäusern Italienisches Gemälde (Anonymus, 1570/80). 5 Historische Bemerkungen Ballhaus in Tübingen (1610) • Jakob Bernoulli: Bei Glücksspielen kann man Gewinnhoffnungen aus den günstigen und ungünstigen Fällen berechnen. Aber auch bei Spielen welche von dem Verstand und der Gewandtheit der Spieler abhängen kann man Gewinnhoffnungen berechnen. 6 Historische Bemerkungen •Ich sehe z.B. 2 Personen Ball spielen und beobachte sie lange Zeit; dabei nehme ich wahr, dass der eine Spieler 200 Schläge gewinnt, während der andere nur 100 gewinnt und urteile infolgedessen, dass der erste doppelt so gut wie der andere spielt. (Bernoulli) Students of Leyden University playing tennis (1610). 7 Konkrete Daten (300 Jahre nach Bernoulli) Alle Begegnungen von Agassi gegen Sampras 8 Andre Agassi 9 Pete Sampras 10 Konkrete Daten Agassi gegen Sampras 11 Konkrete Daten Gewonnene Spiele von 1989 bis 2003 Agassi: 428 Sampras: 447 (ohne Tiebreaks) 12 Konkrete Daten Schätzwert: P(S gewinnt ein Spiel gegen A) =447/875 = 0,51 = 51% 13 Ein Tennisspiel: Modellierung • Spieler A gewinnt einen Ballwechsel mit der Wahrscheinlichkeit p, Spieler B mit q=1-p. • p ist konstant, d.h. unabhängig vom Zeitpunkt im Match und unabhängig vom Aufschlag. 14 Grenzen der Modellierung • Spitzenspieler sind relativ konstant • Hobbyspieler hängen dagegen von vielen Einflüssen ab: • • • • • • • • • Kondition Tagesform Hustende Zuschauer Bellende Hunde Schreiende Kinder Unfairer Gegner Blendende Sonne Zustand des Platzes Wettkampfsituation 15 Ein Tennisspiel 16 Ein Tennisspiel: Simulation • Mit welcher Wahrscheinlichkeit p gewinnt Sampras einen Ballwechsel wenn er ein Spiel mit 51% gewinnt? • Abschätzung durch Simulation 17 Ein Tennisspiel: Theorie 1. Pfadregel Die Wahrscheinlichkeit eines Pfades ist gleich dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten längs dieses Pfades. Beispiel Aufschlag beim Tennis E : Erfolg F: Fehler DF: Doppelfehler 18 Ein Tennisspiel: Theorie 2. Pfadregel Man erhält die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, das sich aus verschiedenen Pfaden zusammensetzt, indem man die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Pfade addiert. 19 P(A gewinnt das Spiel) Weg nach SA über: Wahrschein -lichkeit: 40:0 p4 40:15 4 4p q 40:30 Einstand 5 4 2 p q 2 6 3 3 p q w 3 20 P(von E nach SA) w=pp+pqw+qpw w = p2 / (1 – 2pq) 21 Ein Tennisspiel: Zusammenfassung Weg über: 40:0 Wahrschein- 4 p lichkeit: 40:15 4 p 4q 40:30 Einstand 5 4 2 p q 2 6 3 3 p2 p q 1 − 2pq 3 22 Ein Tennisspiel Gewinnwahrscheinlichkeit 23 Ein Match Wahrscheinlichkeit p, dass Sampras einen Ballwechsel gegen Agassi gewinnt: Datei 24 Ein Tie-break 25 Ein Match Wahrscheinlichkeit ein Tie-break zu gewinnen 26 Ein Match Ein einzelner Satz 27 Ein Match Wahrscheinlichkeit einen Satz zu gewinnen 28 Ein Zweisatz-Match 29 Ein Match Gewinnwahrscheinlichkeit 30 31 Wahrscheinlichkeit für Sampras ein Zweisatz-Match gegen Agassi zu gewinnen Datei 32 Vergleich mit der Praxis Die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg von Sampras über Agassi in 2 Sätzen ist: 0,54 Von 1989 bis 2003 fanden 15 Zweisatzbegegnungen statt, von denen Sampras 8 gewann: 8/15 = 0,53 33 Begegnungen über 3 Gewinnsätze • Die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg von Sampras über Agassi bei 3 Gewinnsätzen ist 0,55 • Von 1989 bis 2003 fanden 18 Begegnungen über 3 Gewinnsätze statt, von denen Sampras 11 gewann: 11/18 = 0,61 34 Folgerungen p als Variable • In welcher Weise hängen die Wahrscheinlichkeiten für den Gewinn von Spiel, Tie-Break, Satz und Match von der Wahrscheinlichkeit p ab? 35 Spiel-, Tie-Break-, Satz-, ZweisatzGewinn als Funktion von p Datei 36 Folgerung Wer nur ein klein wenig besser als sein Gegner ist, der erhält durch die Form der Tennisspielregeln einen riesigen Vorteil geschenkt 37 Matthäus, Kap.13 Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe, wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat. (Vers 12) 38 Übersicht 39 Zufallszahlengenerator definiert durch • eine endliche Zustandsmenge S • eine Funktion f:S→S • einen Anfangszustand so (seed genannt). Die Zufallszahlen werden durch die Iteration si = f(si-1 ), i=1,2,3,... erzeugt. 40 GLV- Zufallszahlen auf [0,1] der Zustand si wird durch eine Funktion g:S→]0;1[ auf eine Zahl zwischen 0 und 1 abgebildet 41 Linearer Kongruenzgenerator LKG f(s) = (a s + c) mod m, 0 < a,c < m S={0,1,2,...,m-1} g(s) = s / m 42 Beispiele s0 = a = c = 7 ; m = 10 f(s) = (7 s + 7) mod 10 ergibt 7, 6, 9, 0, 7, 6, 9, 0, ... f(s)= ( s + 3 ) mod 10 mit s0=0, liefert 0, 3, 6, 9, 2, 5, 8, 1, 4, 7, 0, 3 (max. Periode) 43 Maximale Periodenlänge des LKG hinreichend und notwendig sind: • c und m sind teilerfremd. • a-1 ist Vielfaches von p, für jeden Primfaktor p von m. • a-1 ist Vielfaches von 4, falls m ein Vielfaches von 4 ist. 44 Derive Generator f(s) = (2654435721 s +1) mod 232 Derive Datei 45 Schlusswort • Eine mathematische Aufgabe kann manchmal genauso unterhaltsam sein wie ein Kreuzworträtsel und angespannte geistige Arbeit kann eine ebenso wünschenswerte Übung sein wie ein schnelles Tennisspiel. (Polya) 46