Begriff der Zufallsvariablen

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Zufallsvariablen und ihre
Verteilungen
Begriff der Zufallsvariablen
Verteilungen eindimensionaler
diskreter Zufallsvariablen
Verteilungen eindimensionaler stetiger
Zufallsvariablen
Verteilungen mehrdimensionaler
Zufallsvariablen
Prof. Kück / S. Winterfeldt
Lehrstuhl Statistik
1
Zufallsvariablen I
Bibliografie:
¾ Prof. Dr. Kück
Universität Rostock
Statistik, Vorlesungsskript, Abschnitt 5.1
¾ Bleymüller / Gehlert
Verlag Vahlen 2003
Statistische Formeln, Tabellen und Programme
¾ Bleymüller / Gehlert / Gülicher
Verlag Vahlen 2004
Statistik für Wirtschaftswissenschaftler
¾ Hartung
Oldenbourg Verlag 2002
Statistik
Prof. Kück / S. Winterfeldt
Lehrstuhl Statistik
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Zufallsvariablen I
1
Begriff der Zufallsvariablen
• Einführung
• Wahrscheinlichkeitsbegriffe
¾
¾
¾
¾
Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Subjektiver Wahrscheinlichkeitsbegriff
Axiomatischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
• Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
• Definition der Zufallsvariablen
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Zufallsvariablen I
Einführung
Es gibt zwei Prozesse unmittelbarer statistischer
Beschreibung eines Erkenntnisobjektes
Gesammeltes Datenmaterial entspricht
einer definierten Gesamtheit
Gesammeltes Datenmaterial entspricht einer
Teilmenge der Grundgesamtheit
einstufiger Prozess der Beschreibung:
zweistufiger Prozess der Beschreibung:
1.Auswertung der Datenmenge, welche
eine definierte Gesamtheit
operationalisiert, d.h. die Merkmale der
Objekte dieser Gesamtheit meßbar und
numerisch auswertbar macht
Stichprobe n = Gesamtheit N
1.Bildung und Auswertung der Teilmenge
(Berechnung der Maßzahlen/ Parameter)
2.stochastischer Schluss von der Teilmenge auf
die Grundgesamtheit (Schätzen der Maßzahlen/
Parameter)
Stichprobe n =Teilmenge d. Grundgesamtheit N
Parameter der Gesamtheit =
Parameter der Stichprobe
Parameter der Grundgesamtheit =
Parameter der Stichprobe
+ zufällige Abweichung
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Zufallsvariablen I
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Einführung
Grundgesamtheit
• endlich, real
• unendlich, fiktiv, hypothetisch
• Beispiel:
‰ Bevölkerungsstand der
Bundesrepublik Deutschland am
31.12.2000
‰ Erwerbstätige des Landes MV
per 30.06.2002
• Beispiel:
‰ Toleranzüberwachung bei
gedrehten Werkstücken an einem
beliebigen Produktionstag
‰ Kontrolle der Bremswirkung an
Kraftfahrzeugen
• sachlich, zeitlich und räumlich
abgegrenzt, in der Realität existent
• real nicht vorfindbare Einheiten
• Entsprechung: klassisches
Realmodell der Kugelurne, Würfel
• Entsprechung: klassisches
Realmodell der Kugelurne, Würfel
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Zufallsvariablen I
Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
• Definition der Wahrscheinlichkeit nach Laplace:
Zahl der günstigen Fälle
W(A) = ———————————————
Zahl der gleichmöglichen Fälle
• Anwendungsbereich des klassischen Wahrscheinlichkeitsbegriffs:
Zufallsexperimente, deren mögliches Ergebnis aus einer
endlichen Menge von Elementarereignissen
besteht,
– die einander ausschließen,
– die alle gleichmöglich sind,
– von denen genau eines eintritt.
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Zufallsvariablen I
3
Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Zwei Ereignisse werden immer genau dann als
gleichmöglich angesehen, wenn man keinen Grund hat
anzunehmen, dass eines der beiden eher eintreten werde als
das andere.
Man spricht auch von gleichwahrscheinlichen
Elementarereignissen.
Die Zahl der gleichmöglichen Fälle ist eindeutig bestimmbar,
man hat darüber a priori (von vornherein) gesicherte
Erkenntnis. Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff nach
Laplace wird deshalb auch mit dem Begriff der a-prioriWahrscheinlichkeit identifiziert.
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Zufallsvariablen I
Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Beispiele:
Ereignis A: Würfeln einer „6“ mit einem Wurf
Zahl der gleichmöglichen Fälle: 6
Zahl der günstigen Fälle: 1
W (A) = 1/6 (=>Die Wahrscheinlichkeit, mit einem
Wurf eine „6“ zu würfeln, muss 1/6 betragen.)
analog: Die Wahrscheinlichkeit, bei gleicher Zahl roter
und weißer Kugeln aus einer Urne eine rote zu greifen,
muss ½ sein.
Bei weniger trivialen Aufgaben erfolgt die Berechnung
der Wahrscheinlichkeit mit Hilfe der Kombinatorik.
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Zufallsvariablen I
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Exkurs: Kombinatorik
Die Kombinatorik beschäftigt sich mit der
Berechnung der Anzahl der Anordnungen von n
Elementen, die aus N verschiedenen oder gehäuft
vorkommenden Elementen unter bestimmten
Bedingungen ausgewählt werden.
Wir unterscheiden:
• Permutationen (mit und ohne Wiederholung)
• Variationen n-ter Ordnung (mit und ohne
Wiederholung)
• Kombinationen n-ter Ordnung (mit und ohne
Wiederholung)
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Zufallsvariablen I
Exkurs: Kombinatorik
Eine Permutation ohne Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Anordnungen von insgesamt N
Elementen, die alle voneinander verschieden sind.
...liefert
N! = N•(N –1)•...•1 verschiedene Anordnungen.
Beispiel:
Aus den N=3 Buchstaben a, b und c lassen sich 3! = 3•2•1 = 6
verschiedene Wörter (Anordnungen) bilden, wobei jeder Buchstabe
in jedem Wort genau einmal vorkommt.
{ „abc“, „acb“, „bac“, „bca“, „cab“, „cba“ }
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Zufallsvariablen I
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Exkurs: Kombinatorik
Eine Permutation mit Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Anordnungen von insgesamt N
Elementen, wobei k verschiedene Elemente mit den
Häufigkeiten n1, ..., nk vorhanden sind. (N=n1+n2+...+nk)
...liefert
N! / ( n1! • n2! • ... • nk! )
verschiedene
Anordnungen.
Beispiel:
Aus den insgesamt N=5 Buchstaben a, a, a, b, b, wobei k=2
verschiedene Buchstaben mit den Häufigkeiten n1=3 und n2=2
vorkommen, lassen sich 5! / ( 3! • 2! ) = 120/(6•2) = 10
verschiedene fünfbuchstabige Wörter (Anordnungen) bilden.
{ aaabb, aabab, abaab, baaab, aabba, ababa, baaba, abbaa,
babaa, bbaaa }
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Zufallsvariablen I
Exkurs: Kombinatorik
Eine Variation n-ter Ordnung ohne Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Möglichkeiten, aus insgesamt N
verschiedenen Elementen n Elemente auszuwählen, wobei die
Reihenfolge der Auswahl berücksichtigt wird und jedes zur Auswahl
stehende Element Ni nur einmal benutzt werden darf, so dass n≤ N.
...liefert N! / (N – n)! = N•(N – 1)•...•(N – n + 1)
Anordnungs-Möglichkeiten.
Beispiel:
Bei einem Rennen mit 8 Pferden gibt es 8!/(8-3)! = 8!/5! = 8•7•6 =
336 Möglichkeiten, die ersten drei Plätze zu tippen.
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Zufallsvariablen I
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Exkurs: Kombinatorik
Eine Variation n-ter Ordnung mit Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Möglichkeiten, aus insgesamt N
verschiedenen Elementen n Elemente auszuwählen, wobei die
Reihenfolge der Auswahl berücksichtigt wird und jedes zur Auswahl
stehende Element Ni beliebig oft benutzt werden darf. (n>N erlaubt)
...liefert
Nn
Anordnungs-Möglichkeiten.
Beispiel:
An einem Zahlenschloss mit je 10 Ziffern auf 3 Ringen ergeben sich
103 = 1000 Varianten.
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Zufallsvariablen I
Exkurs: Kombinatorik
Eine Kombination n-ter Ordnung ohne Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Möglichkeiten, aus insgesamt N
verschiedenen Elementen n Elemente auszuwählen, wobei die
Auswahl-Reihenfolge unberücksichtigt bleibt und jedes zur Auswahl
stehende Element Ni nur einmal benutzt werden darf, so dass n≤ N.
...liefert
⎛N⎞
N!
⎜⎜ ⎟⎟ =
⎝ n ⎠ ( N − n )!•n!
Auswahl-Möglichkeiten.
Beispiel:
Es gibt
⎛ 32
⎜⎜
⎝ 2
⎞
32 !
⎟⎟ =
30 !• 2 !
⎠
= (32•31)/2 = 496 Möglichkeiten für die beiden
Karten im Skat.
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Zufallsvariablen I
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Exkurs: Kombinatorik
Eine Kombination n-ter Ordnung mit Wiederholung...
...bestimmt die Zahl der Möglichkeiten, aus insgesamt N
verschiedenen Elementen n Elemente auszuwählen, wobei die
Auswahl-Reihenfolge unberücksichtigt bleibt und jedes zur Auswahl
stehende Element Ni beliebig oft benutzt werden darf. (n>N erlaubt)
⎛ N + n − 1⎞ (N + n − 1)!
Anordnungs-Möglichkeiten.
⎟⎟ =
⎝ n ⎠ (N − 1)!•n!
...liefert ⎜⎜
Beispiel:
Beim 3maligen Werfen (n=3) einer Münze (N=2, W=Wappen,
⎛ 2 + 3 − 1⎞ (2 + 3 − 1)!
= 4 verschiedene Kombinationen von
⎟⎟ =
⎝ 3 ⎠ (2 − 1)!•3!
Z=Zahl) gibt es⎜⎜
Wappen und Zahl.
{ WWW, WWZ, WZZ, ZZZ }
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Zufallsvariablen I
Zusammenfassung: Kombinatorik
Permutation
Variation
ohne
Wiederholung
N!
N! / (N-n)!
mit
Wiederholung
N! / (n1!•...•nk!)
Nn
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Kombination
⎛ N ⎞
⎜⎜
⎟⎟
⎝ n ⎠
⎛ N + n − 1⎞
⎜⎜
⎟⎟
⎝ n ⎠
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Zufallsvariablen I
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Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Beispiel: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit drei Würfeln
bei einem Wurf genau 6 Augen zu erzielen?
Lösung:
Die Zahl aller gleichmöglichen Fälle ist eine Variation mit
Wiederholung. Es gibt also 6³ = 216 Fälle.
Bei drei Würfeln gibt es drei verschiedene Augenkombinationen, die in
der Augensumme 6 ergeben: 1,1,4; 1,2,3; 2,2,2. Es geht jeweils um N=3
Elemente, jedoch mit verschiedenen Häufigkeiten.
Zu 1,1,4: k=2 verschiedene Elemente mit den Häufigkeiten n1=2, n2=1
=> 3!(2!•1!) = 3 verschiedene Anordnungen (1,1,4; 1,4,1; 4,1,1).
Zu 1,2,3: N=3 verschiedene Elemente => 3! = 6 verschiedene
Anordnungen (1,2,3; 1,3,2; 2,1,3; 2,3,1; 3,1,2; 3,2,1).
Zu 2,2,2: Es gibt nur diese eine Anordnung.
Somit erhält man 3+6+1 = 10 günstige Fälle, die gesuchte
Wahrscheinlichkeit ist das Verhältnis 10/216 = 0,046.
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Zufallsvariablen I
Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Beispiel:
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln
bei einem Wurf mindestens 9 und höchstens 11 Augen
zu erzielen?
Lösung:
Die Zahl aller gleichmöglichen Fälle ist eine Variation mit
Wiederholung, es gibt also 6² = 36 Fälle.
Die Summe 9 erzielt man mit den Anordnungen 3,6; 6,3;
4,5; 5,4; die Summe 10 mit 4,6; 6,4; 5,5; die Summe 11 mit
5,6; 6,5.
Man erhält damit 4+3+2 = 9 günstige Fälle, die gesuchte
Wahrscheinlichkeit ist das Verhältnis 9/36 = 0,25.
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Zufallsvariablen I
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Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Beispiel:
Eine Gruppe von neun Schülern wird in zwei Sportstunden per
Losentscheid in eine vierköpfige rote Mannschaft, eine vierköpfige gelbe Mannschaft und einen Schiedsrichter aufgeteilt. Wie
groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass in der zweiten Sportstunde
a)
dieselbe rote Mannschaft
b) dieselbe rote und dieselbe gelbe Mannschaft
wie in der ersten Sportstunde aufgestellt wird?
Lösung:
a) Die Zahl der gleichmöglichen Fälle ist eine Kombination ohne
⎛ 9 ⎞
Wiederholung mit ⎜⎜⎝ 4 ⎟⎟⎠ = 126 Möglichkeiten. Da nur ein Fall günstig
ist, ergibt sich als Wahrscheinlichkeit: 1/126 = 0,007937.
⎛ 5 ⎞
b) Für jede feststehende rote Mannschaft gibt es ⎜⎜⎝ 4 ⎟⎟⎠ = 5 Möglichkeiten,
aus den verbleibenden 5 Schülern eine gelbe Mannschaft
zusammenzustellen. Damit erhöht sich die Zahl der gleichmöglichen
Fälle auf 126·5 = 630. Die Wahrscheinlichkeit ist: 1/630 = 0,001587.
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Zufallsvariablen I
Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Definition der Wahrscheinlichkeit nach Richard von
Mises:
W(A) = lim fn(A) = lim (hn(A)/n)
n→∞
n→∞
Wobei:
• fn(A) := relative Häufigkeit des Ereignisses A bei n Versuchen
• hn(A) := absolute Häufigkeit des Ereignisses A bei n Versuchen
Die Wahrscheinlichkeit W(A) des Ereignisses A ist
als Grenzwert der relativen Häufigkeit des
Auftretens von A definiert.
Die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit erfolgt
durch die Beobachtung wiederholter Versuche.
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Zufallsvariablen I
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Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Anwendungsbereich des statistischen
Wahrscheinlichkeitsbegriffs:
Zufallsexperimente, die aus einer langen Folge
voneinander unabhängiger Versuche bestehen.
• Beispiel: Ereignis A = Würfeln einer sechs mit einem Würfel
• klassischer W.-Begriff: W(A) wird im Vorab (a priori) aus der
vorhandenen Kenntnis der Gestalt des Würfels bestimmt
• statistischer W.-Begriff: W(A) wird aus einer genügend langen
Wurfserie und somit im Nachhinein (a posteriori) bestimmt
Anmerkung: Da eine Wurfserie mit n=∞ Versuchen in der Praxis nicht
möglich ist, kann W(A) nur mit einer Sicherheit <100% bestimmt werden.
(Auf den Zusammenhang zwischen Länge der Versuchsreihe
[=>Stichprobengröße] und Sicherheit der Aussage [=>Konfidenzintervalle]
gehen wir im Abschnitt 7 genauer ein.)
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Zufallsvariablen I
Subjektiver Wahrscheinlichkeitsbegriff
In vielen Fällen, insbesondere bei Entscheidungen im
Wirtschaftsleben, lassen sich die Wahrscheinlichkeiten weder unter
der Verwendung des klassischen, noch unter Verwendung des
statistischen Wahrscheinlichkeitsbegriffs objektiv bestimmen.
Entwicklung des Begriffs der subjektiven
Wahrscheinlichkeit durch Leonard J. Savage
Subjektive Wahrscheinlichkeiten sind „Glaubensannahmen“, die
zwar subjektiv, aber möglichst vernünftig getroffen werden. Sie sind
mit Wettchancen vergleichbar.
Beispiel: Ein Arbeitssuchender stuft die Wahrscheinlichkeit, dass
seine Bewerbung bei einer bestimmten Firma zu einer Einstellung
führt, subjektiv mit 60% ein.
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Zufallsvariablen I
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Subjektiver Wahrscheinlichkeitsbegriff
Anwendungsbereich:
Subjektive Wahrscheinlichkeiten gehen häufig in
Entscheidungsmodelle bei Unsicherheit ein. Das
Ergebnis der Modellrechnung hängt von den
eingegebenen Wahrscheinlichkeiten ab.
Delphi-Methode:
Durch eine (in der Regel mehrfache) Befragung einer
Gruppe von Experten wird versucht, die subjektiven
Wahrscheinlichkeiten, die in das Modell eingehen, zu
objektivieren, um so die Treffsicherheit des Ergebnisses
der Modellrechnung zu erhöhen.
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Zufallsvariablen I
Axiomatischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
Die auf A.N. Kolmogoroff zurückgehende axiomatische Definition der Wahrscheinlichkeit will
nicht das Wesen der Wahrscheinlichkeit erklären,
sondern beschreibt die mathematischen
Eigenschaften der Wahrscheinlichkeit mit Hilfe von
drei Axiomen:
1. Axiom:
Die Wahrscheinlichkeit W(A) des Ereignisses A eines
Zufallsexperiments ist eine eindeutig bestimmte reelle
Zahl, die der Bedingung 0 ≤ W(A) ≤ 1 genügt.
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Zufallsvariablen I
12
Axiomatischer Wahrscheinlichkeitsbegriff
2. Axiom:
Bezeichnet man das „sichere Ereignis“, das immer
eintritt, mit S, dann ist W(S) = 1.
3. Axiom:
Schließen sich zwei Ereignisse eines Zufallsexperiments gegenseitig aus, so gilt:
W(A∪B) = W(A) + W(B)
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Zufallsvariablen I
Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Additionssatz
Seien A und B Zufallsereignisse, die sich gegenseitig
ausschließen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass
entweder A oder B eintritt, gleich der Summe der
Wahrscheinlichkeiten beider Ereignisse (=> 3. Axiom
von Kolmogoroff):
W(A∪B) = W(A) + W(B)
Schließen A und B einander nicht aus, dann ist die
Summe der Wahrscheinlichkeiten von A und B um die
Wahrscheinlichkeit des gemeinsamen Eintretens zu
reduzieren:
W(A∪B) = W(A) + W(B) - W(A∩B)
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Zufallsvariablen I
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Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Beispiel:
In der Demographie spielt die Berechnung von Sterbe- und
Überlebenswahrscheinlichkeiten eine wichtige Rolle. Sei Q das
Ereignis, dass eine Person im Altersintervall [x, x+n) stirbt, und P
das Ereignis, dass eine Person das Altersintervall [x, x+n) überlebt,
dann definiert man
• W(Q)=nqx als Sterbewahrscheinlichkeit und
• W(P)=npx als Überlebenswahrscheinlichkeit in [x, x+n).
Da man entweder überlebt oder stirbt, bildet die Vereinigung von Q
und P das „sichere Ereignis“: Q∪P=S.
Nach dem 2. Axiom von Kolmogoroff gilt: W(Q∪P)=W(S)=1.
Da man nicht zugleich überleben und sterben kann, schließen Q
und P einander aus (Q∩P=ø und W(Q∩P)=0), und die vereinfachte Form des Additionssatzes findet Verwendung: W(Q)+W(P)=1.
Wir gelangen zu:
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nq x
+ np x = 1
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Zufallsvariablen I
Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Bedingte Wahrscheinlichkeit
Oft hängt die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines
bestimmten Ereignisses B vom Eintreten eines anderen
Ereignisses A ab. Die Wahrscheinlichkeit für B unter der
Voraussetzung, dass ein anderes Ereignis A vorher
eingetreten ist bzw. gleichzeitig mit B eintritt, bezeichnet
man als bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses
B unter der Bedingung A => W(B|A).
W(B | A) = WW(A(A∩)B)
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Zufallsvariablen I
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Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Multiplikationssatz
Durch Umstellen der Definition für die bedingte
Wahrscheinlichkeit gelangen wir zur allgemeinen Form des
Multiplikationssatzes:
W(A∩B) = W(A) • W(B|A)
Hat das Eintreten des Ereignisses A keinen Einfluss auf die
Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Ereignisses B, dann
bezeichnen wir die Ereignisse A und B als stochastisch
unverbunden. Es gilt: W(B|A) = W(B|Ā) = W(B). In einem
solchen Fall vereinfacht sich der Multiplikationssatz zu der
Formel:
W(A∩B) = W(A) • W(B)
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Zufallsvariablen I
Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Beispiel: Gemäß der abgekürzten deutschen Sterbetafel 1996/98 sterben
Männer mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,08469 im Alter 80 und mit
einer Wahrscheinlichkeit von 0,09675 im Alter 81. Gesucht ist die
Wahrscheinlichkeit 2q80, im Altersintervall [80,82) zu sterben.
Lösung:
Überlebenswahrscheinlichkeiten:
1p80 = 1–1q80 = 1–0,08469 = 0,91531
1p81 = 1–1q81 = 1–0,09675 = 0,90325
Die Ereignisse „Überleben des Alters 80“ und „Überleben des Alters 81“ sind
stochastisch unverbunden, ihr gemeinsames Eintreten führt zum
„Überleben des Intervalls [80,82)“, dessen Wahrscheinlichkeit 2p80 ist:
(Multiplikationssatz)
2p80 = 1p80 · 1p81
2p80 = 0,91531·0,90325 = 0,82675
2q80 = 1 – 2p80 = 1 – 0,82675 = 0,17325
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Zufallsvariablen I
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Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Totale Wahrscheinlichkeit
Es seien Ai (mit i=1, ..., n) einander ausschließende
Ereignisse, deren Vereinigung das sichere Ereignis (S)
darstellt. B sei ein Zufallsereignis, dessen bedingte
Wahrscheinlichkeiten bezüglich der Ai bekannt sind.
Die totale Wahrscheinlichkeit ist dann die Beziehung:
n
W (B ) = ∑ W (B | A i ) • W ( A i )
i =1
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Zufallsvariablen I
Rechenoperationen mit Wahrscheinlichkeiten
Formel von Bayes
Es gilt:
W(Ai|B)=W(Ai∩B)/W(B)
(=> bedingte Wk)
Ferner gilt:
W(Ai∩B)=W(Ai)•W(B|Ai)
(=>Multiplikationssatz)
W(B)=Σ(W(B|Ai)•W(Ai))
(=> totale Wk)
Durch Einsetzen der beiden unteren Gleichungen in die
obere Gleichung gelangen wir zur Formel von Bayes:
W (A i | B) =
W (B | A i ) • W ( A i )
n
∑ ( W (B | A
i =1
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i
) • W ( A i ))
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Zufallsvariablen I
16
Interpretation von Wahrscheinlichkeiten
„Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt morgen 30%“
Psychologen untersuchten weltweit (idw-online.de vom 12.09.03), welche Vorstellungen mit
dieser Aussage verbunden sind. Vorgegebene Vorstellungen waren:
1.
Morgen regnet es auf 30% der Fläche
2.
Morgen regnet es 30% der Zeit
3.
Es wird an 30% der Tage regnen, welche die gleiche Wetterlage wie der morgige haben.
Während die New Yorker mehrheitlich auf die 3. Option tippten, kam gerade diese
Interpretation den europäischen Befragten besonders unsinnig vor. Sie favorisierten
eher die zweite Möglichkeit, also die Zeit, die es regnen würde. Das wirkliche Ausmaß
der Unklarheit kam durch eigene Erläuterungen ans Tageslicht: Einige Teilnehmer in
New York und in Berlin interpretierten die Regenwahrscheinlichkeit als eine Art
Abstimmungsergebnis unter den Wetterexperten; sie erklärten, dass von zehn
Meteorologen drei davon überzeugt seien, dass es morgen regnen wird!
Die Mehrdeutigkeit der Aussage blieb unerkannt. Aber der Wahrscheinlichkeitsaussage oben
fehlt die Angabe, worauf sie sich bezieht, ob auf die Fläche, die Zeit oder eben die Tage
mit identischer Wetterlage. Die Zahl allein kann fehlinterpretiert werden, wenn die
Kategorien der Statistik das Messkonzept nicht eindeutig belegen.
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Zufallsvariablen I
Interpretation von Wahrscheinlichkeiten
Um sich ein Bild der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses zu machen, befragt die
Frauenbeauftragte der Universität das gesamte weibliche wissenschaftliche Personal.
Die 80 Frauen werden danach befragt, ob sie eine Vollzeitbeschäftigung haben und ob
sie ihre Promotion abgeschlossen haben. (V/p:20, V/np:15, T/p:10, T/np:35)
Die Befragungsergebnisse können in einem Venn-Diagramm dargestellt werden.
Beantworten Sie dazu folgende Fragen:
Bezeichnen Sie die Ereignisse!
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Frau eine
Vollzeitbeschäftigung hat?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Frau eine
Vollzeitbeschäftigung hat und ihre Promotion abgeschlossen hat?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine aus dem vollzeitbeschäftigtem Personal
zufällig ausgewählte Frau ihre Promotion abgeschlossen hat?
Sind beide Ereignisse unabhängig?
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34
Zufallsvariablen I
17
Definition der Zufallsvariablen
Wir definieren schrittweise:
1)
Ein Zufallsvorgang (zufälliger Vorgang) wird dadurch
charakterisiert, dass sein Ergebnis (Ausgang) nicht zwingend festliegt
und demnach auch nicht mit Sicherheit vorhersehbar ist.
2)
Das Ergebnis eines Zufallsvorgangs wird als zufälliges Ereignis
bezeichnet. Alle möglichen Ereignisse, die im Ergebnis eines
Zufallsvorgangs auftreten können, heißen Elementarereignisse.
Sie schließen einander aus; ihre Menge bildet eine Ereignismenge
oder einen Ereignisraum. Der Ereignisraum ist endlich, wenn er
endlich viele Elementarereignisse umfasst, andernfalls ist er
unendlich. Unter dem Begriff „Ereignis“ versteht man im
allgemeinen eine beliebige Teilmenge des Ereignisraums, d.h., das
Ereignis setzt sich aus einem oder mehreren Elementarereignissen
zusammen.
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35
Zufallsvariablen I
Definition der Zufallsvariablen
Die Beziehungen zwischen zufälligen Ereignissen
werden wie folgt zum Ausdruck gebracht:
A=B
A⊂B
A∩B=C
A∩B=∅
A∪B=C
A= B
A und B sind identische Ereignisse.
A ist eine Teilmenge von B.
C ist das Ereignis, dass A und B zugleich (gemeinsam)
eintreten. C heißt Schnittmenge von A und B.
A und B sind disjunkte Ereignisse, sie treten nicht
gemeinsam ein. Wenn A eintritt, tritt B nicht ein.
Die Schnittmenge C ist leer, C=∅.
C ist das Ereignis, dass mindestens eines der beiden
Ereignisse A und B eintritt.
A oder B oder beide treten ein.
A ist identisch mit dem Nichteintreten von B.
A und B sind komplementäre Ereignisse.
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Zufallsvariablen I
18
Definition der Zufallsvariablen
3)
Als Zufallsvariable wird eine Veränderliche X bezeichnet, die
bestimmte reelle Werte mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten W
annimmt. Diese Definition der Zufallsvariablen schließt zwei Dinge
ein:
• das Auftreten von Häufigkeiten statistischer Einheiten mit
bestimmten Merkmalsausprägungen,
• das Auftreten von bestimmten Merkmalsausprägungen
(Werten) an den Einheiten.
Zufallsvariablen bilden den Ereignisraum eines Zufallsvorgangs ab.
Dieser bestimmt den Definitionsbereich der Zufallsvariablen. Der
Wertebereich der Zufallsvariablen ist die Menge der reellen Zahlen,
die bei den möglichen Realisationen vorkommen können. Das gilt
auch bei qualitativen Merkmalen, wie der Farbe einer gezogenen
Kugel. – Die Zufallsvariable ist ein theoretisches Konstrukt, zu
dessen realer Bestimmung immer alle möglichen Realisationen mit
ihren Wahrscheinlichkeiten des Auftretens und den möglichen
Ausprägungen und Wahrscheinlichkeiten gehören.
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Zufallsvariablen I
Definition der Zufallsvariablen
Beispiel:
•
Zufälliger Vorgang: Das Werfen zweier
unterscheidbarer Münzen mit Wappen (W) und Zahl (Z).
•
Zufallsvariable X: Anzahl der obenliegenden Wappen.
•
Definitionsbereich der Zufallsvariablen (zufällige
Ereignisse): {WW, WZ, ZW, ZZ}.
•
Wertebereich der Zufallsvariablen: die reellen
Zahlen.
•
mögliche Realisationen der Zufallsvariablen:
0, 1, 2.
Anmerkung: Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die
Rechenregeln einer Kardinalskala auf solche Zahlen
angewendet werden.
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Lehrstuhl Statistik
38
Zufallsvariablen I
19
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