Übungsblatt 4 Quantenmechanik (WS 2016/17)

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Übungsblatt 4
Quantenmechanik (WS 2016/17)
Abgabe: Dienstag, den 15. November 2016 vor Beginn der Vorlesung
Auf diesem Übungsblatt wollen wir ein weiteres eindimensionales Problem mit diskretem Spektrum kennenlernen. Daneben wollen wir das Bohrsche Atommodell (hoentlich) rekapitulieren und die Dynamik
eines Teilchens in einem zeitabhängigen Kasten diskutieren.
Aufgabe 1: Freies Teilchen auf einem Ring
(10+5+5+5 Punkte)
Betrachte ein Teilchen auf einem Ring mit Umfang a. Der Ring ist eindimensional, so dass wir den Ort
auf dem Ring mit 0 ≤ x < a parametrisieren können, wobei die Punkte x = 0 und x = a identiziert
werden. Die Wellenfunktion erfüllt also die periodischen Randbedingung
ψ(0) = ψ(a)
(1)
ψ(x) = ψ(x + a).
(2)
oder allgemeiner
Das Potential verschwindet auf dem gesamten Ring, V (x) = 0, so dass die Schrödinger-Gleichung die Form
−
~2 d2 ψ(x)
= Eψ(x)
2m dx2
(3)
annimmt.
(a) Bestimmen Sie Spektrum und Eigenfunktionen. Sie können wieder E = ~2 k2 /2m schreiben und
die Analogie mit der Dierentialgleichung für einen klassischen harmonischen Oszillator ausnutzen. In
vorliegenden Fall sollten Sie auf die komplexe Form der Lösung zurückgreifen. Normieren Sie die Wellenfunktionen.
(b) Zeigen Sie, dass die Wellenfunktionen orthonormal sind.
(c) Zeigen Sie, dass die Vollständigkeitsrelation
X
ψn (x)ψn∗ (x0 ) = δ(x − x0 )
(4)
n
gleichbedeutend mit der Existenz der Fourier-Reihe für periodische Funktionen ist.
(d) Hat das freie Teilchen auf dem Ring eine Nullpunktsenergie? Hängt der Niveauabstand in der üblichen
Weise mit der Periode für geschlossene klassische Bahnen zusammen?
Aufgabe 2: Bohrsches Atommodell
(10+10+5 Punkte)
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Quantenmechanik war das Bohrsche Atomodell (Niels Bohr 1913).
Bohr baute auf der Rutherfordschen Erkenntnis auf, dass das Atom aus einem sehr kleinen Atomkern, in
dem die positive Ladung konzentriert ist, und einer Atomhülle mit den viel leichteren Elektronen besteht.
Bohr nahm an, dass die Elektronen den Atomkern auf Kreibahnen umrunden. Gemäÿ der klassischen
Elektrodynamik sollten die Elektronen elektromagnetische Wellen abstrahlen, da sie eine beschleunigte
Bewegung ausführen. Bohr nahm nun an, dass dieses Gesetz der klassischen Elektrodynamik auÿer Kraft
gesetzt wird und dass sich die Elektronen nur auf Bahnen mit quantisiertem Drehimpuls bewegen können,
L = mvr = n~
n = 1, 2, 3 . . .
1
(5)
Indem er die Elektronenbahnen mithilfe der klassischen Mechanik beschrieb, leitete Bohr aus dieser Annahme die erlaubten Energiewerte des Wasserstoatoms
En = −
1
e2
8π0 a0 n2
(6)
4π0 ~2
me2
(7)
an. Hierbei haben wir den Bohrschen Radius
a0 =
deniert.
Indem Bohr nun annahm, dass die Elektronen ihre Energie nur sprunghaft zwischen diesen Energieniveaus
ändern, konnte er die bereits bekannten Spektrallinien des Wasserstoatomoms (Rydberg-Serie) erklären.
Die Energiedierenz der Niveaus hängt dabei mit der Frequenz f des abgestrahlten bzw. absorbierten
Lichts über
(8)
hf = En1 − En2
zusammen.
(a) Bestimmen Sie die Radien rn der erlaubten Elektronenbahnen und die zugehörigen Geschwindigkeiten
vn . Zeigen Sie, dass der kleinste Radius (n = 1) gerade dem Bohrschen Radius entspricht (Zahlenwert?).
Berechnen Sie auch das Verhältnis von v1 und Lichtgeschwindigkeit. Geben Sie einen Zahlenwert an.
Ist es plausibel, relativistische Korrekturen zu vernachlässigen? Geben Sie an, wie Ihr Ergebnis mit der
sogenannten Feinstrukturkonstanten zusammenhängt.
(b) Bestimmen Sie nun die erlaubten Energiewerte En und zeigen Sie, dass Sie die oben angegebene Formel
erhalten. Geben Sie Zahlenwerte für die Ionisierungsenergie sowie für die kleinste Frequenz an, bei der
das Wasserstoatom im Grundzustand Licht absorbiert.
(c) Berechnen Sie die Umaufzeiten Tn in der n-ten Elektronenbahn und zeigen Sie, dass im Limes groÿer
n
En+1 − En '
h
.
Tn
(9)
Aufbauend auf den Bohrschen Vorstellungen wurde die sogenannte alte Quantenmechanik
entwickelt. Sommerfeld hat zunächst die Bohrschen Rechnungen erweitert und Ellipsenbahnen sowie
relativistische Korrekturen berücksichtigt. Ebenso hat er eine allgemeine Regel angegeben, wie man
mehrdimensionale Systeme quantisieren kann. Anschlieÿend hat Schwarzschild den Zusammenhang mit der
Hamilton-Jacobi-Methode der klassischen Mechanik hergestellt. In dieser Methode werden mechanische
Systeme eektiv wie ein System unabhängiger Pendel behandelt. Die klassische Hamilton-Funktion hängt
nur von den Wirkungsvariablen ab und ist von den kanonisch konjugierten Winkelvariablen unabhängig.
Quantisiert man nun die Wirkungsvariablen in Vielfachen von ~, so erhält man die quantenmechanisch
erlaubten Energiewerte.
Einstein hat schon 1917 darauf hingewiesen, dass diese Art der Quantisierung nur für Systeme funktioniert,
die klassisch integrabel sind, nicht aber für chaotische Systeme. Eine analoge semiklassische Theorie für
Systeme, die klassisch chaotisch sind, wurde eigentlich erst seit den 1980er Jahren ausgehend von der
Quantenmechanik entwickelt und intensiv untersucht.
Bemerkung:
Aufgabe 3: Teilchen im Kasten
(10+10+5 Punkte)
Ein Teilchen im Kasten der Ausdehnung a bendet sich im Grundzustand. Nun wird zum Zeitpunkt
t = 0 die Gröÿe des Kastens auf 2a verdoppelt. Wir wollen nun die anschlieÿende Dynamik des Teilchens
beschreiben. (Eine solche instantane Änderung des Potentials wird aktuell viel für Vielteilchensysteme
unter dem Stichwort quantum quench untersucht. Auÿerdem tritt dies z.B. in Molekülen auf. Aufgrund
der Tatsache, dass die Elektronen viel leichter und schneller sind als die Kerne, ändert sich das eektive
2
Potential, in dem sich die Kerne bewegen, praktisch instantan, wenn das Molekül ionisiert oder elektronisch
angeregt wird.)
(a) Zeigen Sie, dass die Wellenfunktion zum Zeitpunkt t = 0 stetig ist. Integrieren Sie hierfür die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung über ein innitesimales Intervall um t = 0 und schlieÿen Sie hieraus, dass
die Dierenz der Wellenfunktionen unmittelbar vor und nach der Änderung des Potentials verschwindet.
(b) Entwickeln Sie die ursprüngliche Wellenfunktion in den Eigenzuständen des doppelt so groÿen Kastens.
Wie groÿ ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen unmittelbar nach dem Quench im n-ten Eigenzustand
des verdoppelten Kastens zu nden?
(c) Geben Sie die Wellenfunktion des Teilchens für alle Zeiten t > 0 als Summe über die Eigenfunktionen
des verdoppelten Kastens an.
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