ZUKUNFT DER BIODIVERSITÄTSPOLITIK Das Interesse an der Erhaltung der biologischen Vielfalt ist deswegen auch wirtschaftlicher Natur. Umwelt ist kein Luxus! Es zahlt sich ökonomisch aus, in Naturschutz zu investieren. Auch hier hat sich bei der Artenschutzkonferenz in Nagoya ein neuer Denkansatz herauskristallisiert: Umwelt wird als natürliches Kapital betrachtet, in das es sich lohnt zu investieren. Die Kosten des Verlusts der Artenvielfalt werden gegenwärtig auf 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Bis 2050 werden die Kosten auf hunderte Milliarden jährlich ansteigen, wie die globale Studie zur Ökonomie der Ökosysteme und der Biodiversität (TEEB) belegt, falls nicht gehandelt werden würde. Zu beachten ist hier aber nicht nur die biologische Ressourcen oft von Unternehmen genutzt werden. Von nun an müssen jene Länder finanziell abgegolten werden, wenn Firmen nach neuen Wirkstoffen in Pflanzen und dergleichen suchen. Der angenommene Strategieplan des Nagoya-Protokolls sieht insbesondere eine Ausweitung der Schutzgebiete sowohl zu Wasser als auch zu Land vor. Foto: Ch. Baumgartner Biodiversität und Klimawandel beeinflussen sich gegenseitig: je stärker der Klimawandel, umso mehr Arten sind bedroht; je ausgeglichener die Ökosysteme, umso eher wird der Klimawandel aufgehalten. Höhe der zur Verfügung gestellten Gelder, sondern auch deren Verwendung. Ohne einen ordentlichen rechtlichen Rahmen und ohne funktionierende Kontrollinstanzen könnten die Mittel versickern oder an der falschen Stelle ausgegeben werden. Die Artenschutzkonferenz hat außerdem eine der umstrittensten Fragen im Zusammenhang mit Biodiversität geklärt: das ABS-Protokoll (Access und Benefit Sharing), das bis zum Schluss auf der Agenda stand. Es schafft einen Vorteilsausgleich für Entwicklungsländer, deren In Nagoya hat sich eines klar abgezeichnet: es bildet sich weltweit ein Bewusstsein um die Notwendigkeit des Artenschutzes und des Erhalts der biologischen Vielfalt aus. Nun gilt es, die beschlossenen Maßnahmen umzusetzen, um die gesetzten Ziele auch zu erreichen und das Artensterben zu bekämpfen. ■ MEP Mag. Dr. Richard Seeber Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E: [email protected] www.richard-seeber.at EUropa-Info 12 Biodiversität und umweltschädliche Subventionen der EU Umweltschädliche Subventionen sind eine lange unterschätzte Ursache des weltweiten Biodiversitätsverlustes. In manchen Bereichen wie der Fischerei, der Landwirtschaft und selbst bei der Zerstörung der tropischen Regenwälder spielen direkte und indirekte Subventionen eine entscheidende Rolle. Ohne sie wäre vielfach die Zerstörung von Ökosystemen nicht wirtschaftlich. Von Florian Prange und Tim Besse Die Größenordnungen zeigen warum: das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) schätzt umweltschädliche Subventionen weltweit auf 0,5 bis 1,5 Billionen Dollar jährlich. Im Vergleich dazu liegen die offiziellen Ausgaben der OECD-Länder für die Entwicklungszusammenarbeit bei vergleichsweise bescheidenen 120 Milliarden Dollar. Dabei drängt die Zeit zu Handeln. Der vom Menschen verursachte Artenverlust ist heute tausendmal höher als die natürliche Rate. Die Ziele der UN sowie der Europäischen Union, den Verlust bis 2010 signifikant zu stoppen, wurden dramatisch verfehlt – nicht zuletzt auch deshalb weil die schiere Größenordnung umweltschädlicher Subventionen eine ganz eigene, zerstörerische Dynamik entfaltet. In der EU beeinflussen beispielsweise ökologisch schädliche Subventionen für den Verkehrssektor die biologische Vielfalt. So betragen laut Europäischer Umweltagentur die Subventionen für den Luftverkehr 27 bis 35 Milliarden Euro und für den Straßenverkehr sogar 125 Milliarden Euro. Besonders beim Straßenverkehr fließen fast 90 % dieser Zahlungen in den Ausbau der für die Biodiversität besonders schädlichen Infrastruktur. 04/10 Lebensräume werden zerstört und auseinander gerissen. Diese Entwicklung wird auch durch die Entfernungs- bzw. Pendlerpauschalen in Deutschland, Österreich und Schweden beschleunigt, die sich insgesamt auf knapp 5 Milliarden Euro summieren. Zusätzlicher Verkehr wird verursacht und das Wohnen auf der Grünen Wiese gefördert. Die Folge: der Flächenverbrauch steigt und die Zersiedelung des Umlandes wird künstlich vorangetrieben. Ebenso gravierend wie im Verkehrssektor sind Fehlanreize im Agrarsektor. ZUKUNFT DER BIODIVERSITÄTSPOLITIK Knapp zwei Drittel hiervon stammen aus Brasilien und Argentinien und tragen dort zur Zerstörung des Regenwalds und dem Verlust seiner einmaligen Biodiversität bei. Ähnliche europäische Subventionen, die direkte Anreizwirkungen für einen zerstörerischen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen entfalten – etwa Auch weiterhin spielt der Nachhaltigkeitsgedanke in den Haushaltsposten der EU nur eine untergeordnete Rolle. Zahlen über das tatsächliche Volumen solcher Förderungen existieren jedoch nicht; sie machen aber mit Sicherheit einen erheblichen Teil des Gesamthaushalts der EU aus. Die Handlungsspielräume der EU für Zukunftsinvestitionen werden so maßgeblich eingeengt. Zum Beispiel sollen nach einem Ziel der Lissabon-Strategie der EU 3% des BIP der Mitgliedsstaaten für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden. Ein Kraftakt, der nur durch sinnvolle Verwendung der knappen Haushaltsmittel und durch das setzten der richtigen Anreize zu stemmen ist. Ein Subventionsabbau würde zudem die Armutsbekämpfung beflügeln, da gerade Exporterstattungen, beispielsweise für den Export von Fleisch oder Milchprodukten, den Aufbau lokaler Produktion in Entwicklungsländern stören. Viele Subventionen des Nordens, wie die Agrarsubventionspolitik der EU, verstärken Armut im Süden und tragen zu der Ausbeutung der Umwelt und Biodiversität in Entwicklungsländern bei. Das konsequente Abschmelzen von ökologisch negativen Subventionen bedeutet damit zunächst den Abbau von falschen Anreizen, die den Verlust der Biodiversität beschleunigen, es schafft aber auch darüber hinaus Spielräume für Investitionen in die Zukunft und unterstützt die Bekämpfung der Armut. Konsequentes Handeln im Abbau umweltschädlicher Subventionen erzielt daher sozial, ökonomisch wie ökologisch eine hohe Rendite. ■ Florian Prange Mathematiker und Vorstandsmitglied Tim Besser, M.Sc. wissenschaftlicher Mitarbeiter Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS) D-13357 Berlin E: [email protected] www.foes.de The EU Example of the Way forward to Business and Biodiversity The term „sustainability“ has been increasingly used and discussed since the mid 1970’s referring to companies’ influence in three main areas: environment, society and economic impact. Since the term environment is broad and has been mostly identified with climate change, many companies and individuals hardly ever considered biodiversity loss as a threat. By Shulamit Alony However, in the past few years, biodiversity has been high on the agenda of governments, international agencies, civil society organizations and other stakeholders and increasingly appeared as a major challenge not only for conservation NGOs, but for businesses alike. Biodiversity is the foundation for economic, social and cultural development. 04/10 Continued biodiversity loss will irreversibly compromise the natural resources that societies and businesses depend upon but often taken for granted. Involving business in the preservation and sustainable use of biodiversity and fair sharing of the benefits has become an 13 EUropa-Info In der EU fließen ungefähr 40 % des gesamten EU-Haushalts – mehr als 45 Milliarden Euro – in die europäische Landwirtschaft. Das Gros der Mittel wird für pauschale Direktzahlungen ausgegeben, von denen 30% an nur 1,5% der Betriebe gehen. Dabei handelt es sich in der Regel um große Agro-Konzerne, wie zum Beispiel die Südzucker AG, Kraft Food oder Nestlé, die große Mengen unter intensiver Bewirtschaftung produzieren. Besonders an landwirtschaftliche Flächen angepasste Arten werden durch eine solche Intensivkultur bedroht. Darüber hinaus werden negativen ökologischen Folgen der EU-Agrarpolitik in Drittländer verlagert. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Sojaanbau in Brasilien. Die für die Fleischproduktion in der EU benötigten eiweißhaltigen Futtermittel werden zu 78% importiert. im Fischerei- oder im Energiesektor –, ließen sich noch beliebig weiter aufführen. Foto: M. Premm So schätzt die OECD, dass mehr als zwei Drittel der weltweiten gezahlten Agrarsubventionen als ökologisch schädlich zu bewerten sind.