Übungen zur Vorlesung ”Molekül- und Festkörperphysik” (WS 2015/16) Prof. Dr. Peter Michler und Dr. Simone L. Portalupi Übungblatt 04 Ausgabe am 11.11.2015 Besprechung am 17./19.11.2015 4.1 Potentialverläufe kovalenter und ionischer Bindungen im Vergleich (4 Punkte) Diskutieren Sie anhand der abgebildeten Potentialverläufe für das ionische N a+ Cl− - und das kovalente H2 -Molekül die wesentlichen Unterschiede im Hinblick auf die Form ihres Verlaufs für Kernabstände r ≥ r0 , r = r0 und r < r0 (mit r0 als Gleichgewichtsabstand der Bindungspartner). Abbildung 1: Gegenüberstellung der Potentialkurven für das (a) ionische N aCl-Molekül und (b) das kovalente H2 -Molekül. 4.2 Schrödingergleichung und das Variationsprinzip I (8 Punkte) Wie in der Vorlesung motiviert wurde, stellt neben der Störungstheorie das Variationsprinzip eine wichtige Methode zur approximativen Bestimmung von exakten Lösungen der Schrödinger-Gleichung Hψ = E · ψ , insbesondere für komplexe Vielteilchen-Systeme in der Molekülphysik dar, bei denen die Eigenfunktion ψ zum Eigenwert E des hermiteschen Hamilton-Operators H gesucht ist. Formal erhalten wir durch linkssseitige Multiplikation der o.g. Schrödinger-Gleichung mit ψ ∗ und anschließende Volumenintegration über alle Koordinaten der n Elektronen des Moleküls (dVi : Volumenelement der Integration über Elektron i) den Ausdruck R ∗ ψ Hψ dV1 . . . dVn , E= R ∗ ψ ψ dV1 . . . dVn der den Erwartungswert der Energie und somit den Eigenwert des Hamiltonoperators repräsentiert. Handelt es sich aber bei einer Funktion Φ nicht um die exakte Eigenfunktion der Schrödinger-Gleichung, so besagt das Variationsprinzip, daß der zuletzt genannte Ausdruck für den Energie-Erwartungswert einen höheren Wert E 0 als die gesuchte Energie des Zustandes liefert: E 0 (Φ) ≥ E(ψ). Durch Variation der Lösungsfunktion Φ kann aber der exakte Eigenzustand ψ von H approximiert werden, für den E 0 → E minimal wird. Aufgabe: Beweisen Sie die Aussage des Variationsprinzips der Quantenmechanik, wonach (wie oben beschrieben) für allgemeine Lösungsansätze Φ folgende Ungleichung gilt: R ∗ Φ HΦ dV1 . . . dVn R ≥ E0 . Φ∗ Φ dV1 . . . dVn Es gelte die Schrödinger-Gleichung des exakten Eigenzustands ψ0 Hψ0 = E0 · ψ0 mit E0 als tiefstem Eigenwert aller Eigenenergien von H. Der Ansatz Φ als Lösungsfunktion sei allgemein und somit nicht notwendigerweise Eigenfunktion von H, genüge aber denselben Randbedingungen des Problems. Hinweis: Entwickeln Sie den allgemeinen Lösungsansatz Φ nach dem Satz der exakten ortho-normalen Eigenlösungen {ψi } (= vollständige Basis des Zustandsraumes; i = 0, 1, . . . , ∞) der Schrödiger-Gleichung, und zeigen Sie, daß hiermit die o.g. Ungleichung erfüllt ist! 4.3 Variationsverfahren II: Grundzustand wasserstoff-ähnlicher Systeme (16 Punkte) Allgemein können wasserstoffähnliche Systeme im Modell beschrieben werden als gebundene Zustände einer positiven Ladung +Ze (Kern) mit Masse mK und einem einzelnen Außenelektron der Ladung −e mit Masse me . Wie in der Vorlesung diskutiert wurde, kann die Bewegung des gekoppelten Teilchensystems vereinfacht auch im Bild eines einzelnen Teilchens mit reduzierter Masse mr beschrieben werden. Der energetische Grundzustand eines solchen Moleküls kann nun durch Verwendung von geeigneten TestFunktionen ψ als Lösungsansatz der gesuchten Grundzustand-Wellenfunktion zur sukzessiven Approximation über das quantenmechanische Variationsverfahren (siehe vorige Aufgabe) verwendet werden. Die Güte der als Ansatz verwendeten TestFunktion im Vergleich zur tatsächlichen (in den meisten Fällen aber zunächst nicht bekannten) Grundzustandswellenfuktion spiegelt sich dabei in einer fortschreitenden Minimierung des Energie-Erwartungswertes wieder. Der tatsächliche Grundzustand ψ0 besitzt minimale Energie E0 . (a) Verwenden Sie als allgemeinen Ansatz einer normierbaren, kugelsymmetrischen Wellenfunktion für den Grundzustand den Ausdruck r 1 , ψ(r) = exp − C a und bestimmen Sie zunächst den Wert der Normierungskonstante C. Frage: Weshalb muß die Wellenfunktion notwendigerweise normierbar sein? (2 Punkte) (b) Bestimmen Sie für den normierten Ansatz aus (a) den Erwartungswert der kinetischen Energie hEkin i gemäß Z hEkin i = ψ T̂ ψ dV V ~2 − 2m r 2 mit T̂ = · ∇ als Operator der kinetischen Energie (mr : reduzierte Masse des Systems). Beachten Sie, daß für den Laplace-Operator in sphärischen Koordinaten gilt: 1 ∂ 1 ∂ ∂ 1 ∂2 2 2 ∂ r + 2 · sin ϑ + 2 2 · . ∇ = 2· r ∂r ∂r r sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ r sin ϑ ∂ϕ2 (6 Punkte) (c) Bestimmen Sie ebenfalls den Erwartungswert der potentiellen Energie mit Z hEpot i = ψ V̂ ψ dV V Ze2 − 4π 0 1 r mit V̂ (r) = · als Operator des Coulomb-Potentials für das betrachtete Einzel-Elektron (Außenelektron). (4 Punkte) (d) Wie lautet die Gesamtenergie hEges i, und für welchen Abstand a zwischen Kern und Außenelektron wird die Gesamtenergie minimal ? Vergleichen Sie den gesuchten Wert für a mit dem Bohrradius a0 für den Grundzustand n = 1 des Wasserstoffatoms (Z = 1). (4 Punkte)