Diagnostik im Dialog

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Ausgabe 48 • 12/2015
Diagnostik im Dialog
der Roche Diagnostics Deutschland GmbH
Präeklampsie
Neue Erkenntnisse
Social Freezing
Wunsch nach optimierter
Familienplanung
Erstnachweis HIV-Infektion
Neue Empfehlungen zur
Rolle der PCR
Hämatoxylin-Eosin-Färbung
Qualitätssprung durch
Standardisierung
Editorial | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
wenn man im Themenumfeld „Big Data“ stöbert, liest man beispielsweise Sätze wie „Daten
sind das Öl des 21. Jahrhunderts“. Und man
stößt auf Schätzungen, wonach sich das medizinische Wissen alle vier Jahre verdoppelt. Raffinierte Technologien bringen grundsätzlich
immer mehr Licht ins Dunkel physiologischer
und krankhafter Abläufe – und generieren
dabei immer mehr Daten. Denken wir nur
an die heute noch wenig genutzten Potenziale
der „–omics“-Technologien, dann wird klar:
Die „Ölquelle“ für die Medizin ist noch voller
kostbarer Reserven, es lassen sich neue Therapieoptionen und gezieltere Diagnostik daraus
fördern. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite: „Big Data“ wird über die
Grundlagenforschung, die Medikamentenund Testentwicklung hinaus zunehmend
auch den Befundungsprozess beeinflussen,
weil immer mehr Einzeldaten kombiniert
werden können. Insofern stellt „Big Data“
medizinische Fachkräfte in der Diagnostik
und behandelnde Ärzte vor große Herausforderungen. Wie bleiben sie auf dem neuesten Stand, wenn die Nutzung der sprudelnden Erkenntnisse immer mehr Detailwissen
erfordert? Wie nutzen und verknüpfen sie
die Datenquellen zum Wohle ihres individuellen Patienten? Dies ist nur möglich, wenn
modernes Wissen für medizinische Entscheider aufbereitet und einfach zugänglich ist
und, wenn Ärzte elektronische „Experten“
nicht als Beschneidung ihrer Kompetenz sondern als unterstützenden Partner sehen.
Roche Diagnostics, mit dem Fokus „Patient“
im Leitbild, investiert auch in den Bereich
wissenschaftliche Grundlage ist das Wissensmodel der beiden renommierten Fachexperten Prof. Dr. med. Freimut Leidenberger und
Prof. Dr. med. Thomas Strowitzki. Die Aufbereitung der umfangreichen Erkenntnislage
erfolgt somit von Ärzten für Ärzte.
Dr. Thomas Schinecker
Geschäftsführer der
Roche Diagnostics Deutschland GmbH
der Datentranslation. Seit kurzem kooperieren wir beispielsweise exklusiv mit dem
Mainzer Software-Unternehmen Qonsilus
GmbH, einem Spezialisten für die Erstellung
und Anwendung komplexer Wissensmodelle.
Qonsilus macht wissenschaftliche Erkenntnisse im Alltag unmittelbar nutzbar.
Startpunkt der Kooperation zwischen Roche
und Qonsilus ist das Fachgebiet „Gynäkologische Endokrinologie“. Aufgrund komplexer
Hormonkonstellationen und diverser, voneinander abhängiger Regelkreise bedarf es zur
Diagnosefindung und der Ableitung therapeutischer Optionen eines Spezialwissens,
das nicht überall vorgehalten werden kann.
Der TÜV SÜD Product Service GmbH hat
die für die gynäkologische Endokrinologie
konzipierte Software „Qonsilus Lab“ jüngst
als Medizinprodukt zugelassen. Klinisch-
Qonsilus Lab unterstützt medizinische
Labore in ihrer Entscheidungskompetenz.
Das Programm liefert aus den zur Verfügung
gestellten Laborergebnissen und klinischen
Daten patientenindividuelle Vorschläge zu
Diagnosen, zu Therapieoptionen und weiteren in Frage kommenden Maßnahmen. Falls
gewünscht, lässt sich aus den generierten
Ergebnissen automatisch ein versandfertig
formulierter Befundbrief erstellen.
Das Labor kann sich auf diesem komplexen
Spezialgebiet als wertvoller Partner seiner
Einsender positionieren und gegebenenfalls
eine Alternative zum kostspieligen Konsiliardienst liefern.
Von einem solchermaßen gestalteten Befundservice können Labore, behandelnde Ärzte
und Patienten gleichermaßen profitieren.*
Wir planen daher, die Kooperation mit
Qonsilus in den folgenden Jahren auch um
andere diagnostisch vielschichtige Fachbereiche zu erweitern.
Ich möchte mich zum Ende des Jahres für
Ihr Interesse an unserer Zeitschrift bedanken
und wünsche Ihnen und Ihren Familien eine
besinnliche Weihnachtszeit und für 2016
Gesundheit, Freude und Erfolg!
Informationsanforderungen unter
*
[email protected]
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Inhalt
Medizin
4 Die PROGNOSIS-Studie
3 – 11
8 Konsens zum Nutzen des sFLT-1/PlGF-Quotienten
Neue Erkenntnisse
zur Präeklampsie
12 Social Freezing in Deutschland
Der Wunsch, die Familienplanung zu optimieren
16 Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion
Die Rolle der PCR
Medizin von Morgen
12 – 15
10 Therapieoption bei Präeklampsie?
Erste Ergebnisse rechtfertigen weitere Studien
Social Freezing
Labororganisation
21 HE-Färbung
Herausforderungen und Chancen
16 – 20
Produkte & Services
Aktuelle Stellungnahme zum
HIV-Erstnachweis
23 Die neue Welt der HE-Färbung
25 Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie
27 Spezialfall HbA1c
29 Neues von Roche in der Gerinnung
30 Produktnews
23 – 30
Produktneuheiten
Veranstaltungen & Kongresse
31 Ausgewählte Kongresse & Veranstaltungen
Januar bis April 2016
Impressum
Herausgeber
Roche Diagnostics Deutschland GmbH
Geschäftsführer Dr. Thomas Schinecker
Sandhofer Straße 116
68305 Mannheim
„Diagnostik im Dialog“ können Sie jederzeit über eine kurze Mitteilung per E-Mail abbestellen.
Es fallen selbstverständlich keine weiteren als die für Sie üblichen Online-Gebühren an. Nutzen
Sie dafür, ebenso wie für mögliche Rückfragen, gerne folgende E-Mail-Adresse:
[email protected]
V.i.S.d.P. (Chefredaktion)
Die dargestellten Informationen geben die subjektive Einschätzung der Autoren wieder. Die
Roche Diagnostics Deutschland GmbH übernimmt keine Gewähr für die Richtig­keit der darge­
stellten Informationen. Die Weitergabe der Daten in jedweder Form bedarf der schriftlichen
Zustimmung der Roche ­Diagnostics Deutschland GmbH.
Ute Reimann, Kommunikation
© 2015 Roche Diagnostics. Alle Rechte vorbehalten.
COAGUCHEK, COBAS, COBAS INTEGRA, ELECSYS, MODULAR, TINA-QUANT sind Marken von Roche.
Andere Marken sind Marken der jeweiligen Eigentümer.
3
Medizin | Die PROGNOSIS-Studie | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Die PROGNOSIS-Studie
fotolia/Tobilander
PD Dr. med. Stefan Verlohren, Klinik für Geburtsmedizin – Charité - Universitätsmedizin Berlin
Die Schwangerschaftserkrankung Präeklampsie, definiert als das Neuauftreten
von Hypertonie und Proteinurie nach 20
Schwangerschaftswochen, ist eine der Hauptursachen für mütterliche und kindliche Morbidität und Mortalität.1 Sie tritt in industrialisierten Ländern mit einer Häufigkeit von
etwa 2 % auf und trägt zu 16 % der mütterlichen Todesfälle in der Schwangerschaft bei.2
Die einzige kausale Therapie der Erkrankung
ist die Entbindung, was bei einem frühen
Erkrankungsbeginn zu Frühgeburtlichkeit
mit entsprechenden Folgen für das Kind
führt. Circa 15 % aller Frühgeburten sind mit
Präeklampsie assoziiert. Eine Prognose der
Präeklampsie auf Basis klinischer Symptome
ist unzureichend. Zwei Serummarker, die das
plazentare Verhältnis von angiogenen und
anti-angiogenen Faktoren repräsentieren,
scheinen diese Unzulänglichkeit überwinden
zu können. Die PROGNOSIS-Studie liefert
hierzu vielversprechende Erkenntnisse.
4
Schwierige Vorhersage
Mütterliche Komplikationen bei Präeklampsie wie exzessive Hypertonie, das HELLP-Syndrom oder Eklampsie lassen sich mit den bisherigen diagnostischen Mitteln ungenügend
vorhersagen. Es ist bekannt, dass die gängige
Definition der Präeklampsie eine geringe
Vorhersagegenauigkeit für das Auftreten von
Präeklampsie-assoziierten Komplikationen
hat.3 Auf der anderen Seite führt der gängige
Goldstandard der Präeklampsiediagnostik (Hypertonie und Proteinurie als einzige
diagnostische Kriterien) dazu, dass Frauen
häufig überdiagnostiziert werden, wenn sie
sich mit unklaren klinischen Symptomen für
Präeklampsie vorstellen. Folgen hiervon sind
oft unnötige stationäre Aufnahmen in teure
apparative Diagnostik mit negativen Folgen
für das Gesundheitssystem.
Die Pathogenese der Erkrankung ist noch
immer nicht endgültig geklärt. Jedoch
wurde durch die Entdeckung der Bedeutung angiogener und anti-angiogener Faktoren im Kontext Präeklampsie ein Meilenstein für die Diagnostik und Vorhersage der
Erkrankung erreicht. Die Arbeitsgruppe
um Ananth Karumanchi von der Harvard
Medical School in Boston, USA, hat gezeigt,
dass Patientinnen mit Präeklampsie stark
erhöhte Werte des anti-angiogenen Faktors
„soluble fms-like Tyrosinkinase 1“ (­sFlt-1)
sowie erniedrigte Werte des angiogenen
plazentaren Wachstumsfaktors (PlGF)
aufweisen. 4 Die plazentare Expression
sowie die Serumkonzentrationen dieser
Faktoren sind gegensätzlich verändert,
deren Quotient, die s­ Flt-1/PlGF-Ratio, bei
Präeklampsie erhöht (Abb.1) – und zwar
bevor entsprechende Symptome oder
klinische Zeichen messbar sind. In der
Folge entwickelte Roche Diagnostics mit
­Elecsys ­sFlt-1 und Elecsys PlGF die ersten
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Die PROGNOSIS-Studie | Medizin
voll automatisierten Serumtests für diese
Marker. In Fall-Kontroll-Studien ließ sich
eine Präeklampsie damit akkurat diagnostizieren. Es wurden Normbereiche für den
Einsatz in der In-vitro-Diagnostik erarbeitet.5,6 Bisher fehlte jedoch der Nachweis,
dass mit den Elecsys-Tests auch eine sichere
Vorhersage der Erkrankung möglich ist.
Studiendesign
Um die Indikation „Aid in Prediction
of Preeclampsia" zu prüfen, wurde die
­PROGNOSIS-Studie initiiert. PROGNOSIS
steht für “Prediction of short-term outcome
in pregnant women with suspected preeclampsia study”.7 Klinischer Endpunkt war
der Nachweis, dass
Oein niedriger sFlt-1/PlGF-Quotient das
Auftreten von Präeklampsie innerhalb
einer Woche ausschließt und umgekehrt.
Oein hoher sFlt-1/PlGF-Quotient das Auftreten von Präeklampsie innerhalb der
nächsten vier Wochen vorhersagt.
ONeuauftreten von Hypertonie ohne
Proteinurie.
OVerschlechterung einer vorbestehenden
Hypertonie.
ONeuauftreten von Proteinurie ohne
Hypertonie.
Oklinischen Zeichen wie Kopf- oder
Oberbauchschmerzen.
Oerniedrigten Thrombozyten.
Oerhöhten Flusswiderständen in der
Doppleruntersuchung der A. uterina.
Ausschlusskriterien waren Präeklampsie
(Hypertonie und Proteinurie), HELLP-Syndrom oder Eklampsie.
Mit Einverständnis der Studienteilnehmerinnen wurden deren klinische Daten
erhoben und Blut zur Bestimmung des
­s Flt-1/PlGF-Quotienten abgenommen.
Danach sollten sich die Patientinnen für
die nächsten fünf Wochen je einmal pro
Woche zur Wiederholung der Datener-
hebung und Blutabnahme vorstellen. War
es nach Abschluss dieser fünf Visiten nicht
zur Geburt gekommen, wurden bei Geburt
erneut die klinischen Daten erhoben. Sechs
Wochen postnatal wurde der Schwangerschaftsausgang dokumentiert. Die Messung
der sFlt-1/PlGF-Quotienten erfolgte nach
Abschluss der entsprechenden Studienphase.
Die Gesamtkohorte bestand aus zwei subsequenten Teilstudien, einer Machbarkeits- sowie einer Validierungsstudie. Nach
Einschluss der ersten 500 Frauen wurde
ein Trennwert-basiertes Prädiktionsmodell
errechnet und in der Validierungskohorte
mit 550 Patientinnen überprüft.
Ergebnisse
Von den letztlich 1050 in die Studie eingeschlossenen Patientinnen entwickelten 199
eine Präeklampsie. Das entspricht einer Prävalenz von 19 % in der Gesamtkohorte.
Als sekundäre klinische Endpunkte wurde
vor allem getestet, ob ein niedriger s­ Flt-1/
PlGF-Quotient das Auftreten von mütterlichen und/oder kindlichen Komplikationen
innerhalb einer Woche sicher ausschließt,
beziehungsweise ob ein hoher Quotient
deren Auftreten innerhalb von vier Wochen
vorhersagen kann.
PROGNOSIS war eine prospektive nichtinterventionelle internationale Multicenterstudie, durchgeführt von Dezember 2010 bis
Januar 2014 an insgesamt 31 Studienzentren
in 14 Ländern nach einem einheitlichen Studienprotokoll. Eingeschlossen waren Frauen
älter als 18 Jahre, die sich mit klinischem
Verdacht auf Präeklampsie im Zeitraum von
­24+0 bis 3­ 6+6 Schwangerschaftswochen in
einer der beteiligten Zentren vorstellten.
Das Einschlusskriterium „klinischer Verdacht einer Präeklampsie“ war zum Beispiel
erfüllt, bei
Abb. 1: Pathogenese der Präeklampsie (modifiziert nach 8)
AT1-AAs = agonistische AT(1) Rezeptor Autoantikörper; NK=natural killer; VEGF: Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor.
5
Medizin | Die PROGNOSIS-Studie | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
fotolia/drubig-photo
Mit den herkömmlichen
diagnostischen Kriterien
(z. B. Hypertonie, Proteinurie)
gelingt es nicht, eine Prognose
der Präeklampsie zu stellen.
In der Validierungsstudie ergaben sich folgende mediane s­ Flt-1/PlGF-Quotienten
O87,8 für Patientinnen, die innerhalb
einer Woche eine Präeklampsie
entwickelten
O59,4 für Patientinnen, die innerhalb von
vier Wochen an Präeklampsie erkrankten
O8,0 für Patientinnen, die innerhalb einer
Woche keine Präeklampsie entwickelten
O6,3 für Patientinnen, die auch in vier
Wochen keine Präeklampsie aufwiesen.
Der in der Machbarkeitsstudie errechnete
Trennwert für den ­sFlt-1/PlGF-Quotienten
lag unabhängig vom Gestationsalter bei 38.
Er wurde in der Validierungsstudie mit folgenden Resultaten überprüft:
ODer negative prädiktive Wert (NPV)
eines ­sFlt-1/PlGF-Quotienten ≤ 38 betrug
99,3 % (9 % Konfidenzintervall [KI], 97,9
bis 99,9). Das bedeutet: Eine Patientin,
die sich mit klinischem Verdacht auf Präeklampsie vorstellt, entwickelt bei einem
Quotienten von ≤ 38 mit einer 99,3 %igen
Wahrscheinlichkeit keine Präeklampsie,
Eklampsie oder HELLP-Syndrom in der
folgenden Woche.
6
ODer korrespondierende positive prädiktive Wert (PPV) betrug 36,7 % (95 % KI,
28,4 bis 45,7). Somit entwickelt eine
Patientin mit klinischem Verdacht auf
Präeklampsie mit einer 37,6 %igen
Wahrscheinlichkeit eine Präeklampsie,
Eklampsie oder HELLP-Syndrom in den
folgenden vier Wochen, wenn ihr s­ Flt-1/
PlGF-Quotient > 38 beträgt.
Bezüglich des kumulierten Endpunktes
(Präeklampsie, HELLP, Eklampsie und/oder
kindliche bzw. mütterliche Komplikationen)
ließen sich in der Validierungskohorte zur
Ausschlusswahrscheinlichkeit folgende Aussagen treffen:
OB ei einem s­ Flt-1/PlGF Quotienten von
≤ 38 beträgt der NPV 98,5 % (95 % KI,
96,9 bis 99,5).
OEin ­sFlt-1/PlGF Quotient > 38 war mit
einem PPV von 65,5 % (95 % KI, 56,3
bis 74) für das Auftreten von Präeklampsie oder damit assoziierter mütterlicher
oder kindlicher Komplikationen assoziiert. Weiterhin korreliert ein solcher
Quotient mit einer kürzeren verbleibenden Schwangerschaftsdauer.
Bedeutung der Studie
Die Ergebnisse der PROGNOSIS-Studie
sind von hoher klinischer Relevanz. Es
zeigte sich, dass bei Schwangeren, die sich
mit klinischem Verdacht auf Präeklampsie
vorstellen, die Bestimmung des ­sFlt-1/PlGFQuotienten Klarheit bezüglich des tatsächlichen Auftretens der Erkrankung schafft.
Ein ­sFlt-1/PlGF-Quotient < 38 schließt mit
nahezu 100 %iger Wahrscheinlichkeit (NPV
99,3 %) die Entwicklung einer Präeklampsie
innerhalb der nächsten Woche aus. Dies ist
eine bahnbrechende Neuerung, denn mit
den herkömmlichen, in der Routine verfügbaren diagnostischen Mitteln gelingt es
aufgrund der Heterogenität des „Chamäleons der Schwangerschaftserkrankungen“
nicht, eine Prognose zu stellen. Die Folgen:
eine beträchtliche Beunruhigung der Frau,
die stationäre Aufnahme und damit die
Trennung von der Familie und häuslichen
Umgebung, sowie eine oft langwierige apparative Diagnostik (24-Stunden Sammelurin, 24-Stunden Blutdruckmessung etc).
Mithilfe des ­sFlt-1/PlGF-Quotienten ist es
nun möglich, diese Unzulänglichkeiten zu
vermeiden.
Wenn bei einer Patientin mit möglicherweise genau denselben Beschwerden ein
­sFlt-/PlGF-Quotient von > 38 vorliegt, dann
treten mit einer fast 65,5 %igen Wahrscheinlichkeit (PPV des kumulierten Endpunkts
47,5 %) eine Präeklampsie, ein HELLPSyndrom, eine Eklampsie und/oder damit
zusammenhängende mütterliche oder kindliche Komplikationen innerhalb der nächsten vier Wochen auf. Auch dieses Ergebnis
bedeutet einen maßgeblichen Durchbruch
für die Schwangerenversorgung. Schlimmer
als die unnötige Hospitalisierung der Patientin bei „falschem Alarm“ ist das Übersehen einer ­Präeklampsie mit eventuell folgender Schädigung von Mutter und Kind.
Die bisher zur Verfügung stehenden diagnostischen Mittel können nur circa jede
fünfte drohende P
­ räeklampsiekomplikation
korrekt vorhersagen (PPV des „Goldstandards“ 20 %).3 Mit der Bestimmung des
­sFlt-/PlGF-Quotienten gelingt dies nun in
zwei von drei Fällen. Dadurch kann eine
Frau rechtzeitig in eine intensivierte Überwachung überführt und – bei früh einsetzender P
­ räeklampsie – die Lungenreife des
Kindes induziert werden. Im ländlichen
fotolia/miamariam
Roche
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Die PROGNOSIS-Studie | Medizin
Laut PROGNOSIS-Studie
ermöglicht der Quotient
sFlt-1/PlGF bei
klinischem Verdacht auf
Präeklampsie eine akkurate
Vorhersage des Auftretens
der Erkrankung.
Bereich kann sich die Patientin rechtzeitig im nächstgelegenen Perinatalzentrum
vorstellen. Die intensivierte Überwachung
senkt insgesamt die maternale Mortalität, außerdem können die zur Verfügung
stehenden Ressourcen sinnvoll für die
Schwangeren eingesetzt werden, die den
größten Bedarf dafür haben.
Literatur
Die PROGNOSIS-Studie war keine Interventionsstudie. Daher müssen kommende
Untersuchungen in einem randomisierten,
verblindeten Design zeigen, dass der Einsatz des ­sFlt-/PlGF-Quotienten tatsächlich
zu einer reduzierten maternalen und/oder
kindlichen Morbidität und Mortalität führt.
Dagegen belegen die PROGNOSIS-Daten
klar, dass der ­sFlt-/PlGF-Quotient bei Patientinnen, die sich mit klinischem Verdacht
vorstellen, eine akkurate Vorhersage des
Auftretens der Erkrankung liefert. Insbesondere der Ausschluss der Erkrankung gelingt
nun mit hoher diagnostischer Sicherheit. Ein
daraus folgendes individualisiertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen hilft,
Komplikationen zu vermeiden und Kosten
zu senken.
Korrespondenzadresse
1015/018 – S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen. (2014);1–36.
Available from: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/
ll/015-018.html
2Khan KS et al: Lancet (2006); 367: 1066–1074
3Zhang J et al: Obstet Gynecol (2001); 97: 261–267
4Maynard SE et al: J Clin Invest (2003); 111: 649–658
5Verlohren S et al: Am J Obstet Gynecol (2010); 202: 161.
e1–161.e11
6Verlohren S et al: Hypertension (2014); 63: 346–352
7Hund M et al:BMC Pregnancy Childbirth 2014; 14: 324
8Wang et al: Physiol (2009); 24: 147–158
Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Verlohren
Oberarzt
Pränatale Diagnostik und Therapie
Klinik für Geburtsmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Charité Campus Mitte
Charitéplatz 1
10117 Berlin
[email protected]
http://geburtsmedizin.charite.de
7
Medizin | Konsens zum Nutzen des sFLT-1/PlGF-Quotienten | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Für Sie gelesen
Konsens zum Nutzen des sFLT-1/PlGF-Quotienten
fotolia/Africa Studio
Die sFlt-1/PlGF-Ratio
unterstützt eine bessere
Betreuung von
Schwangeren mit
Präeklampsierisiko.
Anfang 2014 hat die Deutsche Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe den Quotienten sFlt-1/PlGF* in die Leitlinien zur
Präeklampsiediagnostik integriert. Allerdings fehlen darin praxisnahe Empfehlungen
zur konkreten Handhabung dieses Parameters. Ein internationales Expertengremium
publizierte kürzlich ein Konsensuspapier
zum konkreten klinischen Gebrauch des
Quotienten und dem ergebnisabhängigen
Schwangerenmanagement. 1 Die Autoren
sind sich einig, dass die ­sFlt-1/PlGF-Ratio
wichtige Unterstützung für die bessere
Betreuung von Schwangeren mit Präeklampsierisiko bietet.
Regeln und Rahmen
Zum grundsätzlichen Umgang mit dem
sFlt-1/PlGF-Quotienten und dessen Interpretation formulieren die Autoren folgende
„Regeln“:
ODer Parameter ist nicht für ein generelles
Präeklampsie- (PE-) Screening evaluiert. Er sollte daher in der Population
8
eingesetzt werden, in der er den meisten
Nutzen verspricht, d. h. bei Frauen mit
hohem PE-Risiko.
ODie Ratio ersetzt keine anderen Technologien zum Monitoring von HochRisiko-Patientinnen.
ODer Wert liefert Informationen zur
PE-Entwicklung vor dem Einsetzen
offensichtlicher Zeichen und Symptome.
Maternale Komplikationen lassen sich
dadurch nicht komplett vermeiden, aber
Frauen mit hohem Risiko können früher
und enger, gegebenenfalls in spezialisierten Einrichtungen, überwacht werden.
ODie Entscheidung bezüglich einer Entbindung basiert nicht allein auf dem
sFlt-1/PlGF-Quotienten, sondern erfolgt
immer im Kontext mit anderen etablierten Techniken sowie klinischen Zeichen
und Symptomen.
ODie Cut-off-Angaben für den Quotienten in der Konsensuserklärung beziehen
sich ausschließlich auf die Tests Elecsys®
sFlt-1 und Elecsys® PlGF.
Folgende gestationsspezifische Cut-offs weisen stark auf eine PE hin (Diagnose):
> 85 bei Schwangerschaftsdauer < 34
Wochen (sog. „Early Onset PE“) und
> 110 bei Schwangerschaftsdauer ≥ 34
Wochen (sog. „Late Onset PE“)
Dagegen schließt ein Wert von < 38 unabhängig vom Gestationsalter die Entstehung
einer PE innerhalb einer Woche mit sehr
hoher Wahrscheinlichkeit aus (NPV 99,1 %).
Gestationsalter-spezifische Cut-offs bringen
hier keine Verbesserung.
Die Konsensuserklärung berücksichtigt
OSchwangere mit Zeichen und Symptomen einer PE.
Oasymptomatische Schwangere mit dem
Risiko für die Entwicklung einer PE.
Symptomatische Schwangere
Diese Population enthält Frauen mit Verdacht auf PE (nach den derzeit üblichen
klinischen Kriterien) und solche mit bestätigter PE. Bezogen auf den jeweiligen Cutoff müssen drei „Subgruppen“ berücksichtigt werden:
OsFlt-1/PlGF-Quotient < 38: Mehr als
80 % aller Fälle liegen in dieser Gruppe.
Diese Frauen entwickeln mit hoher
Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten Woche nach Ergebniserstellung keine
PE. Die sichere Ausschlussdiagnose ist
für die Beruhigung von Arzt und Patientin von großem Wert, das weitere Patientenmanagement liegt im Ermessen des
Klinikers. Solange kein neuer Verdacht
entsteht, sind weitere Messungen überflüssig.
OsFlt-1/PlGF-Quotient > 85 (Early
Onset PE) bzw. > 110 (Late Onset PE):
Diese Frauen haben sehr wahrscheinlich eine PE oder eine andere Form von
Plazenta-Dysfunktion entwickelt und
sollten gemäß der lokalen Gewohnheiten bzw. Leitlinien behandelt werden.
Zur Feststellung des Trends (moderates,
hohes oder sehr hohes Risiko zur Entwicklung einer Komplikation) sind zur
Darstellung der Dynamik des s­ Flt-1/
PlGF-Quotienten Wiederholungsmessungen nach 2–4 Tagen bzw. angepasst
an die klinische Situation sinnvoll. Die
weitere Behandlung in Abhängigkeit
vom Schweregrad der Symptomatik liegt
im ärztlichen Ermessen.
Ein extrem hoher Quotient von > 655
(Early Onset PE) bzw. > 201 (Late Onset
PE) ist eng mit der Notwendigkeit zur
Entbindung innerhalb der nächsten
48 Stunden assoziiert. Die Schwangeren
sollten daher in einem geeigneten klinischen Umfeld engmaschig überwacht
werden. Vor der 34. Schwangerschaftswoche sollte der behandelnde Arzt die
pränatale Gabe von Kortikoiden zur
Beschleunigung der fetalen Lungenreifung in Erwägung ziehen.
Bei relativ stabilen Wiederholungswerten des s­ Flt-1/PlGF-Quotienten kann
der Arzt darauf vertrauen, dass sich
der Zustand nicht schnell verschlimmert und eine Testwiederholung nach
2 Wochen erwägen. Allerdings ist eine
Prognose über diesen Zeitpunkt hinaus
noch nicht möglich.
fotolia/WavebreakMediaMicro
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Konsens zum Nutzen des sFLT-1/PlGF-Quotienten | Medizin
Bei sehr hohem
sFlt-1/PlGF-Quotienten
sollten die Schwangeren in
einem geeigneten klinischen
Umfeld engmaschig
überwacht werden.
OsFlt-1/PlGF-Quotient 38–85 (Early
Onset PE) bzw. 38–110 (Late Onset
PE): Diese Frauen haben zum Testzeitpunkt keine PE und die Mehrheit
in dieser Gruppe wird auch keine entwickeln. Allerdings besteht innerhalb
von 4 Wochen nach dem Testergebnis
ein diesbezügliches Risiko, vor allem
bei Schwangerschaften < 34. Woche.
Daher sind Testwiederholungen nach
1–2 Wochen sinnvoll. Bei Late Onset PE
sind optimale Wiederholungsintervalle
noch unklar, aber es sollte eine niedrigere Schwelle für eine Geburtseinleitung
erwogen werden.
OFrauen mit bestätigter PE (Blutdruck,
Proteinurie): Hier kann der Quotient
hilfreich sein, um die Schwere der
Erkrankung einzuschätzen.
schaftswoche. Ein normaler Wert schließt eine
PE für mindestens eine Woche aus, danach
können Wiederholungsmessungen angebracht
sein. Erkenntnisse über die sinnvollsten Zeitintervalle liegen noch nicht vor.
Asymptomatische Schwangere mit Risiko
* sFlt-1: soluble Fms-like tyrosine kinase 1
(hemmt das Gefäßwachstum der Plazenta)
PLGF: Placental growth factor (fördert das
Gefäßwachstum der Plazenta)
Diese Gruppe umfasst Frauen
Omit etablierten Risikofaktoren für eine PE.
Omit einem anderweitig postulierten PERisiko.
Obei denen ein Risiko als Ergebnis einer
Doppler-Untersuchung der uterinen Arterien festgestellt wurde (Hochrisikogruppe).
Bei Frauen mit etablierten Risikofaktoren
oder postuliertem Risiko ist eine intensivierte
Beobachtung, gegebenenfalls mit DopplerUntersuchung der uterinen Arterien, angezeigt. Im Hochrisikokollektiv liegt der optimale Zeitpunkt für die Bestimmung des ­sFlt-1/
PlGF-Quotienten in der 24. bis 26. Schwanger-
Abnormale Werte generieren die Verdachtsdiagnose PE bzw. PE-Risiko und erfordern ein
angepasstes Management der Schwangeren.
Fazit
Die auf einer umfangreichen Studienrecherche basierende Konsensuserklärung der klinischen Experten beschreibt das Potenzial
des s­ Flt-1/PlGF-Quotienten, sich als zusätzliches Hilfsmittel im Management der PE zu
etablieren – nicht zuletzt, weil mittlerweile
schnell und einfach durchzuführende automatisierte Tests verfügbar sind.
Literatur
1Stephan H et al: Implementation of the sFlt-1/PlGF ratio
for prediction and diagnosis of pre-eclampsia in singleton
pregnancy: implications for clinical practice. Ultrasound
Ostet Gynecol (2015); 45: 241–246
Dr. Monika Ostendorf
Marketing und
Produktmanagement
Serum Work Area
0621 759-1360
monika.ostendorf@
roche.com
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Medizin von Morgen | Therapieoption bei Präeklampsie? | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Für Sie gelesen
Therapieoption bei Präeklampsie?
Erste Ergebnisse rechtfertigen weitere Studien
fotolia/Subbotina Anna
Apherese mit Vorteilen
Derzeit gibt es keine kausale Therapie, die eine
Schwangerschaft mit schwerer präeklamptischer Symptomatik verlängern kann – so bleibt
oft nur die vorzeitige Entbindung. Im frühen
Schwangerschaftsstadium, in dem jeder Tag für
die Reifung des Fetus zählt, entstehen dem Kind
durch eine Präeklampsie besonders gravierende
Nachteile. Das zunehmende Verständnis der
Pathogenese und der ursächlichen Faktoren
für Präeklampsie (PE) eröffnen jedoch Ansätze
für potenzielle therapeutische Strategien. Eine
aktuell publizierte Pilotstudie zeigt ermutigende
Ergebnisse zur ­sFlt-1-Apherese* als potenziell sichere Therapieoption.1 Möglicherweise
lässt sich dadurch die Geburt um wichtige
Tage hinauszögern. Die ersten Erkenntnisse
rechtfertigen umfangreichere, randomisierte
Untersuchungen.
Zahlreiche Studienergebnisse verdichten
sich zur Erkenntnis, dass pathologisch hohe
Konzentrationen der anti-angiogenen Fmslike Tyrosine Kinase-1 (­sFlt-1) ursächlich zur
PE-Symptomatik beitragen (s. a. Abb. 1 auf
S. 5). Mögliche therapeutische Ansätze sind
daher, ­sFlt-1 zu antagonisieren, seine Produktion zu hemmen oder durch extrakorporale
Verfahren aus der Zirkulation zu entfernen.
10
Im Hinblick auf den Fetus ist es heikel,
therapeutische Wirkstoffe in die mütterliche
Zirkulation zu bringen. Auf Basis eigener
experimenteller Erfahrungen entschieden
sich die Autoren der hier vorgestellten Studie
daher, ­sFlt-1 mittels Apherese zu entfernen.
Von Vorteil ist die stark positive Ladung des
Proteins, da komplementäre, negativ geladene
Apherese-Säulen bereits bei verschiedenen klinischen Fragestellungen und bei Schwangeren
erprobt sind. Außerdem lässt sich mit diesem
Verfahren selektiv zirkulierendes sFlt-1 eliminieren, plazentares s­ Flt-1 könnte womöglich
für eine gesunde Plazenta notwendig sein.
Mit der plasmaspezifischen DextransulfatSäule (PSDS) kam zudem eine besonders
schonende Methode zum Einsatz, die in
einem ersten Schritt Plasma vom Vollblut trennt und so während der Apherese
potenzielle Interferenzen mit Blutzellen und
Gerinnungsfaktoren vermeidet.
Proof of Concept
Die zitierte Studie ist eine einarmige Pilotstudie unter Mitwirkung von zwei spezialisierten Zentren an den Universitätskliniken
Köln und Leipzig. Primärer Endpunkt war
die Reduktion der sFlt-1-Konzentration im
maternalen Blut, gemessen unmittelbar vor
und nach PSDS-Apherese. Basierend auf
methodischen Erfahrungen war diese Studie als Machbarkeitsuntersuchung (Proof of
concept) für weitere, umfangreichere, randomisierte Studien konzipiert.
Kollektive
Die Therapiegruppe umfasste 11 Patientinnen mit sehr früher, schwerer PE-Symptomatik in der 25. bis 30. Schwangerschaftswoche. Die PE-Definition basierte auf den
Kriterien:
OHypertonie: Systolischer Blutdruck
≥ 140 mm Hg oder diastolischer Blutdruck ≥ 90 mm Hg
OProteinurie: Protein/Kreatinin (P/C)Ratio ≥ 0,30 g/g Kreatinin
OsFlt-1/PlGF-Quotient > 85, gemessen
mit den Tests Elecsys® sFlt-1 und
Elecsys® PlGF **.
6 von 11 Frauen erhielten eine einmalige
­Apheresebehandlung, 4 Patientinnen zwei
und eine Schwangere drei Zyklen.
Als parallele, über diverse Kriterien – insbesonders hinsichtlich des Gestationsalters bei
Geburt – vergleichbare Kontrollen dienten
O22 Frauen mit frühzeitiger PE (­sFlt-1/
PlGF-Quotient > 85) ohne Apherese.
O22 Schwangere mit nicht-PE-bedingter
Frühgeburt.
Somit ließen sich die Outcomes der Kinder
in der behandelten versus der unbehandelten
Gruppen vergleichen und feststellen, ob sich
die Apherese negativ auf die fetalen beziehungsweise neonatalen Parameter auswirkt.
Ergebnisse
OIn jedem der insgesamt 17 Apheresezyklen sank die Plasmakonzentration
von ­sFlt-1 ab – im Mittel um 18 %
(7–28 %), gemessen innerhalb von 4 h
nach Apherese.
ODie Apherese verringerte die Proteinurie: 13 von 17 Zyklen waren im Schnitt
mit einer Abnahme der P/C-Ratio von
44 % (0–88 %) verbunden.
ODer maternale Blutdruck fiel innerhalb
von 30 Minuten nach Apheresebeginn
um 10–20 mm Hg. Er konnte mit
Kochsalzinfusionen beziehungsweise
verlangsamter Flussrate unmittelbar
korrigiert werden und hatte keine Aus-
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Therapieoption bei Präeklampsie? | Medizin von Morgen
wirkungen auf die fetale Herztätigkeit
(Kardiotokographie).
OBei keiner Frau musste die Behandlung
abgebrochen werden.
OBei den einmal behandelten Frauen
(n=6) hielt die Schwangerschaft bezogen
auf den Aufnahmezeitpunkt im Schnitt 8
(2–11) weitere Tage an (Abb. 1).
OBei den fünf Patientinnen mit mehrfacher Apherese betrug die Schwangerschaftsdauer im Mittel 15 (11–21) weitere Tage (Abb. 1).
ODemgegenüber kam es in der PE-Kontrollgruppe (n=22) durchschnittlich 3
(0–14) Tage nach Aufnahme zur Geburt
(Abb. 1).
ONeugeborene der Indexgruppe (12 Kinder in 11 Schwangerschaften) brauchten
nur 2 (1–7) Tage Sauerstoffunterstützung
gegenüber 11 (1–58) Tagen in der PEKontrollgruppe (p < 0,05).
OAndere neonatale Parameter und die
Aufenthaltsdauer auf der neonatalen
Intensivstation bzw. im Krankenhaus
zeigten keine Unterschiede.
OWeder in der Indexgruppe noch bei den
zwei Kontrollkollektiven traten neonatale Todesfälle oder Komplikationen auf.
Bewertung
Die Patientinnen der Therapiegruppe
wurden bei jeder Behandlung engmaschig
überwacht. Gleiches galt für diverse fetale
Parameter und das kurzfristige neonatale
Outcome. Weder bei den Müttern noch bei
den Kindern traten Komplikationen auf.
Diese Ergebnisse dürften zum Teil auf die
kleinen Studiengruppen zurückzuführen
sein, zeigen aber nach Ansicht der Autoren
auch, dass die therapeutische Apherese mit
einer PSDS-Säule gut toleriert wird und
somit weiter untersucht werden sollte.
Der vorübergehende Blutdruckabfall um
10–20 mm Hg erwies sich als unkritisch,
da er leicht korrigierbar war. Ein schneller
Blutdruckabfall sollte vermieden werden,
weil sich die uteroplacentare Perfusion an
die hypertensive Situation angepasst und
dann ein erhöhter Perfusionsdruck für die
fetale Versorgung notwendig ist. Allerdings
könnte der vorsichtige Einsatz antihypertensiver Wirkstoffe (oder der Apherese) die
Latenzperiode für Frauen mit schwerer PE
verlängern, da unkontrollierter Hochdruck
selbst eine potenzielle Indikation für vorzeitige Entbindung darstellt.
Apharese
Kontrollen
2000
1750
Die Apherese zeigte keinen Einfluss auf die
fetale Zirkulation, diverse Neugeborenenparameter blieben den Kontrollgruppen
vergleichbar. Allerdings: Die Kinder der
behandelten Frauen benötigten signifikant
kürzer Sauerstoffunterstützung. Auch das
ist von der Theorie her erklärbar, da „PEToxine“, insbesondere ­sFlt-1, in direkten
Zusammenhang mit der Ethiologie von
Atemnotsyndrom und Bronchopulmonaler Dysplasie bei Frühgeborenen gebracht
werden.
Fazit
Die zitierte Machbarkeitsstudie hat trotz
ihres Pilotcharakters vielversprechende
Ansätze mit großer klinischer Relevanz
geliefert. Die Autoren plädieren daher
für die gründliche Weiterverfolgung der
diversen aufgeworfenen Fragestellungen
im Rahmen größerer, randomisierter klinischer Studien. Es bleibt somit zu hoffen,
dass kommende Studien die Vorteile der
Apherese bestätigen, damit erstmals ein
therapeutische Lichtblick bei schwerer, früh
einsetzender PE besteht.
* Apherese: Behandlungsmethode, bei der
über extrakorporale Systeme bestimmte
Bestandteile aus dem Vollblut oder dem Plasma entfernt werden.
** S. a. Beitrag „Konsens zum Nutzen des
sFLT-1/PlGF Quotienten“ in diesem Heft
1500
sFlt-1/PlGF Ratio
Die PSDS-Therapie erwies sich in der Pilotstudie auch als eine (vom Blutdruckabfall
unabhängige) Möglichkeit, die Proteinurie
zu senken und die Schwangerschaft vielleicht durch eine verbesserte glomeruläre
Hämodynamik zu verlängern. Aktuelle
Annahmen zur Proteinurie bei PE gehen
von einer glomerulären Endotheliose aus.
1250
1000
750
Literatur
1Thadhani R et al: „Removal of Soluble Fms-like Tyrosine
Kinase-1 by Dextran Sulfate Apheresis in Preeclampsia”. J
Am Soc Nephrol (2015); 27: 1–6
500
250
0
0
1 2
3
4
5 6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Schwangerschaftsdauer (Tage nach Aufnahme)
Abb. 1: Vergleich der Schwangerschaftsdauer nach Aufnahme zwischen behandelten (PSDSApherese, n=11) und unbehandelten (n=22) Schwangeren mit früh einsetzender, ähnlich
schwerer (­s Flt-1/PlGF > 85) Präeklampsie (mod. aus 1).
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11
Medizin | Social Freezing in Deutschland | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Social Freezing in Deutschland
Der Wunsch, die Familienplanung zu optimieren
fotolia/contrastwerkstatt
Dr. med. Tim Cordes, MVZ Kinderwunschzentrum Altonaer Straße, Gynaekologicum Hamburg
Der Wunsch nach eigenen Kindern ist bei
den meisten Menschen essenziell – er tritt
allerdings immer später auf. So stieg auch
das Durchschnittsalter von Paaren, die in der
Kinderwunschsprechstunde Rat suchen, in den
letzten Jahren stetig an. Zum Zeitpunkt der ersten Behandlung waren Frauen im Jahr 1997
durchschnittlich etwa 32,5 Jahre, heute sind sie
35,2 Jahre alt. Bei Männern stieg das Alter von
gut 35 auf 38,6 Jahre. Umgekehrt hat sich der
Zeitraum vom unerfüllten Kinderwunsch bis
zur ersten Behandlung um über zwei Jahre verkürzt – von 5,7 (1997) auf weniger als 3,7 Jahre
(2013).1 Das bedeutet: Paare wollen sich immer
später aus beruflichen oder privaten Gründen,
dann aber immer kurzfristiger ihren Kinderwunsch erfüllen. Allerdings setzt die Natur
klare Grenzen. Vor diesem Hintergrund wird
das Social Freezing als Möglichkeit der Fertilitätsbewahrung zunehmend interessant. Die
Beratung dazu gehört mittlerweile zur Routine
in der Kinderwunschsprechstunde. Hier müssen die Ratsuchenden nicht nur zu den Chan12
cen einer Kryokonservierung, sondern gleichermaßen über die Risiken, die Kosten und
die Alternativen adäquat aufgeklärt werden.
Letztlich kann das Social Freezing nur eine
Option sein. Primäres Ziel bleibt, dem Paar
zu raten, sich den Kinderwunsch zeitnah im
optimalen Zeitfenster der natürlichen Fertilität
zu erfüllen.
Die Tatsache, dass Paare immer später,
dann aber immer kurzfristiger ihren Kinderwunsch erfüllen wollen, offenbart die
unzureichenden Kenntnisse in der Bevölkerung über das Absinken der Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate ab dem
30. Lebensjahr der Frau. Demgegenüber
sind Paare heute über die Fekundität und
– bei Kinderwunsch – über die Therapiemöglichkeiten gut informiert. Es ist deshalb mehr Aufklärung notwendig, um das
Bewusstsein für den optimalen Zeitpunkt
der Familiengründung aus der sozialen
Situation der Frau einerseits und den biolo-
gischen Rahmenbedingungen andererseits
zu schaffen (DIR* Jahrbuch 2014 – Information vor Veröffentlichung).
Später Kinderwunsch
Von den 20 bis 29-Jährigen sind in Deutschland circa 72 % der Frauen und 80 % der
Männer kinderlos, in der Gruppe der 30 bis
39-Jährigen 28 % der Frauen und 47 % der
Männer. Dahinter steht oftmals eine bewusste
Entscheidung und Lebensplanung. In einer
aktuellen Studie des BMFSFJ*2 gaben 30 %
der weiblichen und 24 % der männlichen
Befragten an, zum aktuellen Zeitpunkt kein
Kind zu wünschen, sich in einigen Jahren
aber den Kinderwunsch erfüllen zu wollen.
Für die Mehrheit der jungen Erwachsenen –
ausdrücklich auch für die gut ausgebildeten
– gehört ein Kind zum Lebensglück hinzu.
Erst jedoch sollten die persönlichen, sozialen, beruflichen und finanziellen Teilziele
erreicht und der/die für die Familienplanung
passende Partner/Partnerin gefunden sein.
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Social Freezing in Deutschland | Medizin
Vor diesem Hintergrund kommt in der täglichen Praxis eines Kinderwunschzentrums
nicht selten der Beratungswunsch über die
Abschätzung der Fertilitätsreserve der Frau
auf. Die Hormone FSH, Östradiol und AntiMüller-Hormon (AMH) werden oftmals von
ärztlicher Seite als Marker des sogenannten
„FertiChecks“ beworben. Deren Messung
in der frühen Follikelphase, kombiniert
mit der sonografischen Beurteilung der
­antralen Follikelzahl soll Aufschluss geben,
wie lange eine Frau fertil sein könnte. Niedrige AMH-Werte korrelieren zwar mit der
Follikelzahl, können aber weder eine Aussage über die Dauer der fertilen Phase noch
über den Beginn der Wechseljahre machen.
Der ­„FertiCheck“ ist dementsprechend zur
langfristigen Familienplanung ungeeignet.
Fertilitätserhalt: Gründe
Das sogenannte „Social Freezing“ ist eine
Möglichkeit für die Frau, sich hinsichtlich Fertilität den aktuellen biologischen
Zeitpunkt zu bewahren, um sich später,
in anderer privater oder beruflicher Situation, den Kinderwunsch zu erfüllen. Nicht
zuletzt seit der Debatte in unseren Medien
über das Social Freezing in den USA und
das Angebot einzelner Firmen dort, ihren
Arbeitnehmerinnen eine diesbezügliche
finanzielle Unterstützung als Teil der allgemeinen Krankenversicherung anzubieten,
ist die Beratungsnachfrage auch bei uns
gestiegen.
Der Gedanke, die eigenen Eizellen zum
Fertilitätserhalt einzufrieren, ist in der
Reproduktionsmedizin, insbesondere im
angloamerikanischen Bereich, nicht neu.
In Deutschland ist diese Möglichkeit im
Sinne der Fertilitätsprotektion vor einer
Chemotherapie bei Frauen im reproduktiven Alter und mit latentem Kinderwunsch
Teil der Aufklärung. Durch immer besser
werdende Diagnostik und onkologische
Therapiestrategien ist das Gesamtüberleben (Overall Survival) für junge Patientinnen nach einer Krebserkrankung deutlich
gestiegen. Deshalb ist der Gedanke, eine
Therapie zum Fertilitätserhalt vor Radiooder Chemotherapie in Verbindung mit
Kinderwunschzentren durchzuführen,
Routine in der heutigen Onkologie.
Kryokonservierung: Technik & Erfahrung
Fertilitätserhalt und Social Freezing beruhen auf der Technik der Kryokonservierung von unfertilisierten Eizellen. Da die
Schwangerschaftsraten in erster Linie altersabhängig sind, sollte dieses Verfahren nach
den Empfehlungen von ­FertiPROTEKT vor
dem 35. Lebensjahr erfolgen3 (s. Kasten). Es
ist davon auszugehen, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Konzeption auf den späteren Zeitpunkt des Kinderwunsches übertragen lässt. Grund dafür sind geringere
Aneuploidie- und Abortraten und damit
erhöhte Implantations- und Lebendgeburtenraten. Relevant ist jedoch nicht nur
das Alter der Eizellen, sondern später, bei
der Verwirklichung des Kinderwunsches,
auch das Alter der Frau. Die ältere gravide
Patientin hat ein deutlich erhöhtes Risiko
für Begleiterkrankungen und Schwangerschaftskomplikationen auf die im Folgenden
noch eingegangen wird.
Die Ergebnisse der Kryokonservierung
haben sich in den letzten Jahren deutlich
verbessert. Beispielsweise hat sich die Technologie von der „Slow-freezing“-Methode
hin zur Vitrifikation, dem ultraschnellen
Einfrieren, verschoben. Es ist davon auszugehen, dass dadurch die zeitliche Alterung
der Eizellen angehalten wird. Heute ist die
Kryokonservierung in der humanen Reproduktionsmedizin bei unbefruchteten sowie
bei sich im Befruchtungsvorgang befindlichen Eizellen (Vorkern- oder PN- Stadien)
Standard. Hierbei können die kumulativen
Erfolgsraten der einzelnen Behandlungszyklen deutlich gesteigert werden.
Die Konservierung von unfertilisierten
Eizellen wird auch routinemäßig in der Kinderwunschtherapie bei Eizellspenden eingesetzt. Bis heute sind weltweit wohl mehrere 1000 Kinder auf diese Weise zur Welt
gekommen. Die Therapie erfolgt in Analogie
zur konventionellen Kinderwunschtherapie
durch eine kontrollierte ovarielle Stimulation. Dabei wird in Abhängigkeit des Alters,
Das Netzwerk FertiPROTEKT hat sich seit
seiner Gründung im Jahre 2006 der Erfassung fertilitätserhaltender Maßnahmen
sowie der kontinuierlichen wissenschaftlichen Auswertung und Verbesserung der
Behandlungsstrategien verschrieben. Alle
am Netzwerk beteiligten Zentren melden
ihre Daten über die Beratung und Behandlung der Patientinnen. Die Daten werden
zentral registriert, ausgewertet und bilden
die Basis für die Erarbeitung wissenschaftlicher Standards (http://www.fertiprotekt.de/).
Auszug aus der Stellungnahme zum
Social Freezing
1.Die zum Zeitpunkt der Kryokonservierung volljährige Patientin muss individuell beraten und über die höheren
Erfolgsaussichten im Alter < 35 Jahren
informiert werden.
2.Die individuellen Voraussetzungen der
Patientin (zum Beispiel aufgrund ihres
AMH-Wertes) sollten in einem oder
mehreren Stimulation-/ Punktionszyklen
die Möglichkeit der Gewinnung von insgesamt mindestens zehn, besser mehr als
15 Eizellen erwarten lassen.
3.Zur Stimulation sollte ein Protokoll mit
geringem Überstimulationsrisiko angewendet werden, z. B. mit GnRH-Agonisten-Gabe zur Ovulationsinduktion.
4.Es muss ein etabliertes und speziell
zu Kryokonservierung von Oozyten
geeignetes Einfrierverfahren verwendet
werden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand führt die Vitrifikation zu besseren
Erfolgsraten als das Slow Freezing.
5.Voraussetzungen für die Durchführung
der Vitrifikation sind eine ausreichende
Erfahrung mit dieser Technik und das
Wissen um die Besonderheiten bei der
Vitrifikation von unbefruchteten Eizellen. Bei der Anwendung der langsamen
Konservierung müssen entsprechend
geeignete Einfrierlösungen für Oozyten
sowie adaptierte Einfrierprotokolle verwendet werden.
6.Die Patientin muss über die im Alter
zunehmenden Schwangerschaftsrisiken
aufgeklärt werden. Ein Transfer ab dem
50. Lebensjahr ist zu vermeiden. Die
Schwangerschaftsbetreuung ist dem
individuellen Risiko anzupassen.
7.Eine Kryokonservierung bei nicht-medizinischer Indikation muss dokumentiert
werden.
13
fotolia/kasto
fotolia/goodluz
Medizin | Social Freezing in Deutschland | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
des Gewichtes und der ovariellen Reserve
der Spenderin eine Auswahl der Dosis und
des Stimulationsprotokolls vorgenommen.
Für die Abschätzung und Auswahl des Protokolls ist die Bestimmung des Anti-Müller-Hormons (AMH) maßgeblich. Nach
Stimulation werden die Eizellen durch eine
transvaginale Follikelpunktion entnommen,
ultraschnell auf ­–196 °C abgekühlt (Vitrifikation) und in flüssigen Stickstoff eingelagert.
Die Wahl der Einfriermethode hat großen
Anteil am Behandlungsergebnis. Über die
Jahre konnte die Technik der Vitrifikation
verbessert werden. Mittlerweile ist sie mit
Überlebensraten der Eizellen von etwa
80–95 %4,5 dem Slow Freezing überlegen.6,7
Die sich daraus ergebende Implantationsrate
pro aufgetauter Eizelle liegt rechnerisch bei
7,7 % (95 % CI 5,3–11) gegenüber 7 % (95 %
CI 4,3–11,2) beim langsamen Einfrieren.8
Andere Studien zeigten Implantationsraten aufgetauter Eizellen nach Vitrifikation
von bis zu 12,9 %.11 Die Dauer der Eizelllagerung scheint laut bisherigen Daten keine
Rolle beim Behandlungserfolg zu spielen,
entscheidend ist hauptsächlich der Einfrierbzw. Auftauprozess.9,10
Die Vitrifikation scheint altersabhängig
einen unterschiedlichen Einfluss auf die
Konfiguration der Spindeln und die Anordnung der Chromosomen zu haben. Im
Gegensatz zu jungen Frauen (Median 25,1
14
Jahre) war bei höherem Medianalter (38,5
Jahre) nur noch rund ein Drittel der Eizellen (32,6 %) unauffällig.11,12 Dagegen zeigte
sich kein signifikanter Einfluss drei Stunden
nach Auftauen und Kultivieren der Eizellen.
Somit sind das Alter der Frau bei der Konservierung der Eizellen und der Zeitpunkt
der Therapie entscheidend für den Erfolg
der In-vitro-Fertilisation (IVF).
Das Risiko für Fehlbildungen nach Kryokonservierung unbefruchteter Eizellen und
Embryonen ist laut aktueller Studienlage
nicht höher als das nach spontaner Konzeption. Das zeigten Studie an 282 Kindern,
die nach Slow Freezing, bzw. 285 Kindern,
die nach Vitrifikation auf die Welt kamen.
Es ließ sich bisher kein erhöhtes Risiko für
Fehlbildungen dieser Kinder im weiteren
Follow-Up feststellen.13,18
Selbstzahlerleistung
Die fertilitätsprotektive Kryokonservierung ist in Deutschland keine Leistung der
gesetzlichen Krankenkassen. Aufgrund der
nicht medizinischen Indikation (gilt auch
für Krebspatientinnen) ist eine Abrechnung der Behandlung (Eizellentnahme und
Implantation) nur als Selbstzahlerleistung
über die GOÄ abzurechnen.
Andere Länder bewerten die Frage der
„medizinischen Indikation“ anders:
OIsrael beispielsweise betrachtet die Kryokonservierung bei jungen Frauen als
Für die Mehrheit der jungen
Erwachsenen – ausdrücklich
auch für die gut ausgebildeten –
gehört ein Kind zum Lebensglück
dazu.
„präventive Medizin“, um Eizellspenden
im höheren Alter und späte Kinderwunschbehandlungen zu vermeiden.
ODie ESHRE (European Society of
Human Reproduction and Embryology)
befürwortet unter gewissen Voraussetzungen und unter Einbeziehung der
individuellen Chancen und Risiken der
Patientin die Durchführung der Kryokonservierung. Eine wissenschaftliche
Auswertung der Ergebnisse sollte – wie
es in Deutschland geschieht – durchgeführt werden.7
Studien zur Kosteneffektivität der Fertilitätsprotektion liefern teilweise widersprüchliche
Ergebnisse.14,15
Beratung
Das durchschnittliche Alter der Frauen,
die eine Beratung zum Social Freezing in
Anspruch nehmen, ist laut einer Statistik von
FertiPROTEKT älter als 38 Jahre. Die Aufklärung
darf nicht nur die aktuellen Maßnahmen des
Social Freezing, sondern muss auch Folgen
und Risiken – insbesondere das Alter – für
den möglichen (späteren) Zeitpunkt des
Embryotransfers aufzeigen. Nicht zuletzt
durch Berichte in der Presse über Geburten
jenseits des 50. Lebensjahrs (in erster Linie
durch Eizellspende entstanden) wird deutlich, wie sehr diese Situation „normalisiert"
wird. Es ist allerdings nachgewiesen, dass das
Risiko für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht, Gestationsdiabetes und arterieller
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Social Freezing in Deutschland | Medizin
Hypertonus bei der älteren Schwangeren
erhöht ist.16,18 Die Aufklärung zum Fertilitätserhalt muss daher immer sehr kritisch alle
Aspekte beinhalten. Die Empfehlungen von
FertiPROTEKT beinhalten, den Transfer nur
bis zum durchschnittlichen Alter der natürlichen Menopause, also bis spätestens zum 50.
Lebensjahr durchzuführen (s. Kasten S. 13).
Insgesamt ist das Social Freezing eine Möglichkeit für die Frau, ihre Fertilität zu erhalten, das Risiko für spätere Fehlgeburten
zu reduzieren und die Wahrscheinlichkeit
für eine Schwangerschaft um etwa eine
Lebensdekade nach hinten zu verschieben.
Dennoch – Kryokonservierung und Eizelltransfer sind experimentelle Verfahren,
welche eine zukünftige Schwangerschaft
beziehungsweise Geburt nicht garantieren
können.14,15 Im Gespräch müssen falsche
Erwartungen ausgeräumt werden. Gynäkologen und Reproduktionsmediziner sollten
Ratsuchende ermutigen, den Kinderwunsch
in der optimalen fertilen Phase selbst zu verwirklichen.
Die Beratung sollte insgesamt den Empfehlungen des Netzwerkes FertiPROTEKT folgen (s. Kasten S. 13), um eine Qualitätssicherung zu gewährleisten und wissenschaftliche
Auswertungen zu ermöglichen.
* D
IR: Deutsches IVF-Register
** B
MFSFJ: Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend
fotolia/vector/ AngelaStolle
Ab dem 30. Lebensjahr der
Frau sinken Schwangerschaftsund Lebendgeburtenrate.
Schwangerschaftskomplikationen
werden häufiger.
Literatur
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2http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Kinderlose-Frauen-und-M_C3_A4nnerUngewollte-oder-gewollte-Kinderlosigkeit-im-Lebenslaufund-Nutzung-von-Unterst_C3_BCtzungsangeboten-Studi
e,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf
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17López Teijón M et al: Reprod Biomed Online (2006); 13:
821–822
18Simchen MJ et al: Obstet Gynecol (2006);108: 1084–1088
Korrespondenzadresse
Dr. med. Tim Cordes
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Praxispartner
MVZ Kinderwunschzentrum Altonaer Straße
Gynaekologicum Hamburg GbR
Altonaer Str. 59
20357 Hamburg
[email protected]
http://www.ivf-hamburg.de/
K I ND E R W U NSCH Z E NTR U M
ALTO NAE R STR ASSE
PRAXIS FÜR GYN. ENDOKRINOLOGIE
UND REPRODUKTIONSMEDIZIN
Das Gynäkologicum Hamburg ist ein
Praxisverbund der vielfältige Leistungen
aus dem Bereich der Gynäkologie anbietet. Über 40 Fachärzte arbeiten rund um
die Gynäkologie, Pränatalmedizin und
Reproduktionsmedizin.
Das Kinderwunschzentrum ist in diesen
Praxisverbund eingebettet. Es widmet
sich seit über 20 Jahren der Diagnostik
und Therapie des unerfüllten Kinderwunsches sowie von Hormonstörungen.
Außerdem ist die Praxis Mitglied im
Netzwerk FertiPROTEKT, welches sich
der Beratung und Therapie von Patienten mit unerfülltem Kinderwunsch bei
Krebserkrankung vor einer Chemotherapie verschrieben hat.
Dr. med. Tim Cordes ist seit Anfang
2013 als Praxispartner im Kinderwunschzentrum tätig. Er war zuvor langjährig am Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Lübeck, zuletzt
als Oberarzt der Frauenheilkunde und
Geburtshilfe sowie der Endokrinologie
und Reproduktionsmedizin tätig.
15
Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion
Die Rolle der PCR
Prof. Dr. Holger F. Rabenau, Institut für Med. Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt und Prof. Dr.
Heinz Zeichhardt, Institut für Virologie, Campus Benjamin Franklin, Charité – Universitätsmedizin Berlin
fotolia/JPC-PROD
Eine aktuelle Stellungnahme berücksichtigt die
Weiterentwicklung der
diagnostischen Tests in
den letzten Dekaden und
stärkt deutlich die Rolle
der PCR.
Oft schon wurde die Frage gestellt, warum die
labordiagnostische Erstdiagnose einer HIVInfektion nicht direkt mittels PCR (allgemein:
NAT*) erfolgen und diese als vollwertiger
Ersatz oder Alternative zu serologischen HIVScreeningtesten fungieren könne. Dafür gibt es
zahlreiche Gründe: Beispielsweise kontrollieren
Patienten in selten Fällen ihre HIV-Infektion
so gut, dass die Viruslast auch ohne antiretrovirale Therapie (ART) negativ oder sehr niedrig
sein kann (sogenannte „Elite-Controller“). Sie
würden fälschlicherweise als HIV-negativ diagnostiziert.1 Des Weiteren erkennen die meisten auf dem Markt befindlichen NAT-Systeme
keine HIV-2-Infektionen und bei seltenen HIV1-Subtypen ist die Erfassungseffizienz gegebenenfalls reduziert. Auch in diesen Fällen würde
eine bestehende HIV-Infektion nicht erkannt.
Trotzdem kann die PCR auch im Rahmen der
HIV-Erstdiagnostik wichtige Beiträge liefern.
Ein neuer Testalgorithmus, kürzlich publiziert
in einer Stellungnahme von verschiedenen
medizinischen Fachgesellschaften, hat diese
Erkenntnis aufgegriffen und die Rolle der PCR
deutlich gestärkt.2
16
Prinzipiell erfassen die klassischen serologischen HIV-Screeningteste und die HIVPCR zwei gänzlich unterschiedliche Analyte: Die HIV-Screeningteste weisen die
durch das Immunsystem der Infizierten
produzierten HIV-spezifischen Antikörper
(Anti-HIV-1 bzw. Anti-HIV-2; bei Testsystemen der 4. Generation zusätzlich das
HIV-p24-Antigen) nach, in der HIV-PCR
wird das virale RNA-Genom bestimmt. Bislang kamen die PCR-Methoden nur für das
Therapiemonitoring sowie für speziellere
Fragestellungen (HIV-Mutter-Kind-Transmission, Forensik) zum Einsatz.
Der neue Algorithmus
Im Juli 2015 haben verschiedene medizinische Fachgesellschaften eine aktualisierte
Stellungnahme zum labordiagnostischen
HIV-Erstnachweis publiziert.2 Darin aufgenommen ist ein neuer Testalgorithmus, der
die Weiterentwicklung der diagnostischen
Teste in den letzten zweieinhalb Dekaden
sowie das Potenzial der PCR berücksichtigt
(Abb. 1).
Eckpunkte der Stellungnahme:
OZum HIV-Screening sind weiterhin die
HIV-Antikörper zu bestimmen.
ODie komplette HIV-Diagnostik kann
bereits aus der primär gewonnenen
Probe (Serum oder Plasma) durchgeführt werden.
OB ei Reaktivität im Screeningtest sind ein
Antikörper-basierter Bestätigungstest
und/oder ein NAT-basierter Nachweis
der HIV-1-Infektion durchzuführen.
ODer Patient ist bereits auf Basis des
ersten bestätigt positiven HIV-Infektionsnachweises zu informieren (mit dem
Hinweis, dass zum Ausschluss einer
Probenverwechslung oder Probenkontamination eine Zweitprobe untersucht
werden sollte).
OMit dem ersten bestätigt positiven HIVInfektionsnachweis hat die Meldung an das
Robert-Koch-Institut (RKI) im Rahmen der
nicht-namentlichen Meldepflicht (IfSG §7,
Absatz 3) zu erfolgen – unabhängig davon,
ob die Infektion mittels Antikörper-basiertem Test oder NAT bestätigt wurde.
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Medizin
Der Algorithmus unterstützt das Anliegen,
die HIV-Infektion möglichst früh nach dem
Transmissionsereignis sicher nachzuweisen
und den Infizierten zeitnah einer Therapie
bzw. medizinischen Versorgung zuzuführen.
Um dies zu gewährleisten, sollten beim serologischen Screening nur Teste der 4. Generation zum Einsatz kommen. Sie erfassen
gleichzeitig HIV-1- und HIV-2-spezifische
Antikörper sowie HIV-p24-Antigen. Verglichen mit den Vorgängertesten (3. Generationsteste: nur Nachweis HIV-1- und HIV2-spezifischer Antikörper) verkürzt sich das
diagnostische Fenster durchschnittlich um
4 bis 7 Tage, bis hin zu 14 Tagen.3 Im Verlauf
der Entwicklung der verschiedenen Genera-
tionen von Screeningtesten konnte das diagnostische Fenster von 8–10 Wochen (Teste
der 1. Generation) auf ca. 2,5–3 Wochen
(Test der 4. Generation) verkürzt werden.
Als Konsequenz dieser Testoptimierungen
haben verschiedene Organisationen2,5 definiert, dass ein negativer HIV-Test bereits
6 Wochen nach einer potenziellen HIVExposition eine Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt. Zu beachten ist:
Diese Aussage gilt nur bei Verwendung von
klassischen Screeningtesten der 4. Generation (EIA und verwandte Testformate). Das
diagnostische Fenster bleibt bei Verwendung
von 3. Generationstesten oder von Schnell-
testen – selbst solchen mit zusätzlichem HIVp24-Antigen-Nachweis – bei 12 Wochen.
Letzteres ist der Tatsache geschuldet, dass
die Schnellteste in der Regel etwas weniger
sensitiv sind als EIA-basierte Assays.
Prinzipiell ist bei der Anamneseerhebung zu
berücksichtigen, dass es statistisch
Oca. 16–18 Tage bis zum ersten HIVp24-Antigen-Nachweis und
Oca. 22 Tage bis zum ersten Nachweis
HIV-spezifischer Antikörper dauert.3,6–8
Eine frische Infektion lässt sich am frühesten
durch Direktnachweis der Virus-RNA erfassen. Durchschnittlich dauert es ca. 11 Tage
Screening mit Enzym-Immuno-Assay oder ähnlichem Testprinzip
Anti-HIV-1, Anti-HIV-2, p24-Antigen
Bevorzugt: Teste der 4. Generation
reaktiv
grenzwertig
negativ
Nachweis der
Infektion
NAT
Immunologische
Bestätigung
Immunoblot
Bei begründetem
Verdacht auf kürzlich**
erworbene Infektion
Anti-HIV-1 pos.
Anti-HIV-2 neg.
In Erstmaterial:
HIV-1-Infektion
bestätigt*
HIV-1-NAT pos.
(≥ 1000 Kopien/mL)
In Erstmaterial:
HIV-1-Infektion
nachgewiesen*
Anti-HIV-1 neg.
Anti-HIV-2 pos.
In Erstmaterial:
HIV-2-Infektion
bestätigt*
HIV-2-NAT pos.
(qualitativ)
In Erstmaterial:
HIV-2-Infektion
nachgewiesen*
HIV-1-NAT pos.
(< 1000 Kopien/mL)
oder
HIV-2-NAT fragl.
(qualitativ)
In Erstmaterial:
HIV-1-Infektion
bzw.
HIV-2-Infektion
nicht sicher
nachgewiesen
HIV-1-NAT neg.
oder
HIV-2-NAT neg.
(qualitativ)
In Erstmaterial:
HIV-1-Infektion
bzw.
HIV-2-Infektion
nicht nachgewiesen
Anti-HIV-1 fragl.
Anti-HIV-2 neg.
oder
Anti-HIV-1 neg.
Anti-HIV-2 fragl.
Anti-HIV-1 neg.
Anti-HIV-2 neg.
In Erstmaterial:
HIV-1-Infektion
bzw.
HIV-2-Infektion
nicht bestätigt
Kein weiterer
Handlungsbedarf
Bei Anwendung von NAT ohne vorherige
Testung im Immunoblot:
Erstmaterial im Immunoblot testen
Bei bereits durchgeführter Testung im
Immunoblot:
Verlaufskontrolle nach 1–3 Wochen
(Screening und immunologische
Bestätigung)***
Abb. 1: Algorithmus zum virusdiagnostischen Erstnachweis einer HIV-1- oder HIV-2-Infektion (aus 2)
* Im Befundtext ist zu vermerken, dass die nachgewiesene HIV-Infektion zum Ausschluss einer Probenverwechslung durch eine unabhängig entnommene
Probe (EDTA-Blut/Plasma) bestätigt werden soll.
** Hinweis auf das diagnostische Fenster (< 6 Wochen bei Verwendung von 4. Gen. Screeningtesten)
*** Der Hinweis auf eine Verlaufskontrolle kann entfallen, wenn bei (schwach) reaktivem oder grenzwertigem Screeningtest zusätzlich ein negativer
HIV-1-/-2-Immunoblot und eine negative HIV-1-/-2-NAT vorliegen. Bei dieser Konstellation ist der Screeningtest als „unspezifisch reaktiv“ zu werten.
17
Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
zwischen Infektionszeitpunkt und erstem
(positiven) HIV-NAT-Nachweis (Abb. 2).
Screeningergebnis zwingend in einem weiteren Testsystem zu überprüfen ist.
HIV-Screeningteste: Aussagekraft
Umgekehrt gibt der negative prädiktive Wert
(NPW) die Wahrscheinlichkeit an, mit der
ein Patient bei negativem HIV-Resultat
tatsächlich nicht infiziert ist. Der NPW in
Deutschland beträgt bei den oben genannten Testspezifikationen 99,999999 % – ein
falsch-negatives Ergebnis ist also extrem
unwahrscheinlich.
Die auf dem deutschen Markt befindlichen
Screeningteste liefern im Regelfall schnell
und zuverlässig ein Ergebnis. Allerdings
weist kein Assay gleichzeitig eine 100 %ige
Sensitivität und Spezifität auf. Verschiedene
Faktoren können die Teste beeinflussen und
inkorrekte Ergebnisse erzeugen.9 Da die
Teste auf besonders hohe Sensitivität eingestellt sind, können falsch-reaktive Ergebnisse vorkommen.
Neben diesen statistischen Überlegungen
können auch andere Faktoren dafür verantwortlich sein, dass ein HIV-Screeningtest
eine Infektion (noch) nicht anzeigt, zum
Beispiel:
OEs liegt eine erst kürzlich erworbene
Infektion vor, bei der noch nicht ausreichend virusspezifische Antikörper bzw.
p24-Antigen vorhanden sind (diagnostisches Fenster, s.o.).
OEine frühe ART oder PostexpositionProphylaxe (PEP) kann sowohl die
Virusreplikation als auch die Antikörperbildung verzögern bzw. unterdrücken. Dies führt gegebenenfalls dazu,
dass (i) der Screeningtest trotz Infektion
(noch) negativ oder schwach reaktiv
und (ii) der Antikörper-basierte Bestätigungstest noch negativ ist oder unspezifische bzw. nicht infektionsbeweisende
Banden aufweist. Daher empfehlen
Die Wahrscheinlichkeit falsch-reaktiver
Resultate hängt u. a. von der Erreger-Prävalenz in der Population ab und wird durch
den positiven prädiktiven Wert (PPW) definiert. Dieser erlaubt eine quantitative Aussage, mit welcher „Sicherheit“ ein Patient
bei reaktivem Ergebnis tatsächlich mit HIV
infiziert ist. In Deutschland ist die HIV-Prävalenz mit 0,05–0,1 % niedrig. Das bedeutet:
Selbst bei Screeningtesten mit einer Sensitivität und Spezifität von jeweils 99,99 %
könnte rein rechnerisch jedes 6. Ergebnis
falsch reaktiv sein. Demgegenüber wäre in
einem Hoch-Prävalenzgebiet, z. B. Südafrika
mit einer HIV-Durchseuchung von 25 %,
bei gleichen Testspezifikationen nur jedes
3333-igste Ergebnis falsch-reaktiv. Das Beispiel verdeutlicht, warum jedes HIV-reaktive
HIV-RNA (NAT)
seit ca. 1992; kommerzielle PCR-Tests
HIV-p24-Antigen
HIV-Kombitest (4. Generation EIA)
seit ca. 1997; Ag- u. IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekombinante Proteine
HIV-Test (3. Generation EIA)
seit ca. 1991; IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag
HIV-Test (2. Generation EIA)
seit ca. 1987; IgG-Nachw. – synth. Pept. o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag
HIV-Test (1. Generation EIA)
seit ca. 1985; IgG-Nachweis – Nativ-Ag, Virus-Lysat
0
10
20
30
40
50
60
70
Tage nach Exposition
Abb. 2: Diagnostische HIV-Fensterphasen in Abhängigkeit der verwendeten Laborparameter
und Generationen der Screeningtests (EIA und verwandte Testformate) (aus 4).
18
deutsche Fachgesellschaften bei entsprechendem Verdacht in der Anamnese die
Durchführung einer HIV-NAT.2
OB ei Patienten mit Immunsuppression
oder Immundefekt kann die Antikörperbildung ebenfalls verzögert sein, was
wiederum für den bevorzugten Einsatz
der HIV-NAT spricht.
ODes Weiteren gilt in der „Sondersituation“, dass ein Patient eine mögliche
Exposition vor 1–3 Wochen angibt und/
oder die Symptomatik eines akuten
retroviralen Syndroms aufweist (Fieber,
Hautausschlag, Aphten, Lymphadenopathie, u. a.), dass die Diagnose einer
HIV-Infektion sowie die Entscheidung zur ART zunächst ausschließlich
auf dem positiven NAT-Nachweis
basieren kann (Viruslast in der Regel
> 100 000 Kopien/mL). Eine Verlaufskontrolle und nachträgliche serologische
Bestätigung sind dennoch durchzuführen.
HIV-Screeningteste: Ergebnisbewertung
Ist das Ergebnis des HIV-Screeningtestes
reaktiv oder grenzwertig, sind weitere
Untersuchungen erforderlich.
Bei Verwendung von 4. Generationstesten
lässt sich in der Regel nicht unterscheiden,
ob die Reaktivität auf dem Nachweis HIVspezifischer Antikörper oder – im Fall einer
erst kürzlich erworbenen Infektion – auf
der isolierten Detektion des HIV-p24 Antigens beruht oder unspezifisch ist. Zudem
ist die Differenzierung von ­HIV-1- und
­HIV-2-spezifischen Antikörpern (meist)
nicht möglich. Dies ist bei der folgenden
Stufendiagnostik zu berücksichtigen. Zwei
Verfahren sind gleichermaßen geeignet
(Abb. 1):
OAntikörper-basierte Teste (z. B. Immunoblot), welche die im Screening nachgewiesenen Antikörper auf ihre Spezifität für Anti-HIV-1 oder Anti-HIV-2
überprüfen. Bei eindeutig positivem
Resultat ist die HIV-Infektion mit dem
entsprechenden Typ gesichert.
OSensitive NAT-Verfahren, die eine
HIV-Infektion durch den direkten
Virus(nukleinsäure)nachweis verifizieren. Diese Methode bietet sich zudem
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Medizin
fotolia/Gajus
Der Patient ist bereits
auf Basis des ersten
bestätigt-positiven HIVInfektionsnachweises zu
informieren.
bei unklarer Ergebniskonstellation der
Antikörper-basierten Assays oder bei
Verdacht auf akutes retrovirales Syndrom oder erst kürzlich erworbener
Infektion an.
HIV-NAT als Alternative in der HIVBestätigungsdiagnostik
Wie oben beschrieben, kann alternativ zum
HIV-Antikörper-Bestätigungstest der Infektionsnachweis auch durch eine HIV-NAT
erfolgen. Dabei sind folgende Punkte zu
beachten:
ODie meisten kommerziellen Tests sind
bislang nur für das Therapiemonitoring
zugelassen.
OFast alle Hersteller verweisen auf EDTAPlasma als Probenmaterial, da die Verwendung von Serum gegebenenfalls zu einer
leichten Unterquantifizierung und damit
eventuell zur Verschiebung der Nachweisgrenze der NAT führen kann. Andererseits
ist Serum meist das Untersuchungsmaterial für ein HIV-Screening. Um Zeitverzögerungen durch Anforderung einer Zweit(EDTA-Blut-) Probe zu vermeiden, weisen
DVV** und GfV*** ausdrücklich auf die
Möglichkeit hin, für die HIV-NAT auch
Serum einzusetzen.2 Beide Anwendungen
der NAT-Verfahren (HIV-Erstnachweis
und Serum statt Plasma) gelten derzeit als
„Off-label Use“ und sind im Befund zu
kommentieren.
ODie meisten kommerziellen quantitativen Teste erfassen derzeit nur
HIV-1-RNA der Gruppe M (z. T. auch
Gruppe O), nur wenige Teste erkennen
HIV-2-RNA.
Die HIV-NAT hat sich heute zudem für
folgende Fragestellungen als unentbehrlich
etabliert:2
OAbklärung einer Virusübertragung auf
Kinder von HIV-seropositiven Müttern.
Der HIV-1-Antikörpertest ist hier nicht
aussagekräftig, da mütterliche IgG-Antikörper erst ab der 30. Schwangerschaftswoche das Kind transplazentar erreichen
und beim Kind bis zu 2 Jahren persistieren können. Allerdings kann bei Neugeborenen, die kurz vor oder während der
Geburt infiziert wurden, die Viruslast
unter der Nachweisgrenze liegen. Die
HIV-NAT ist daher bis zu einem Lebensalter von 3 Monaten nicht ausreichend
verlässlich (falsch negativ).10,11
OAbklärung dauerhaft serologisch unklarer
Fälle, bei denen die HIV-AntikörperBestimmungen im Screeningtest bei mehreren Blutabnahmen stets reaktiv oder
grenzwertig sind und die Bestätigung im
Antikörper-basierten Bestätigungstest
(z. B. Immunoblot) fraglich bleibt
Ergebnis
Kriterien
Viruslast
≥ 1000 Kopien/mL*
Das Ergebnis der HIV-1-NAT gilt als (eindeutig) positiv, wenn die Viruslast
≥ 1000 Kopien/mL ist.
In diesem Fall ist eine HIV-Infektion gesichert; beim Erstnachweis soll der
Patient informiert werden. Zum Ausschluss einer Probenverwechslung ist eine
Zweitprobe zu untersuchen.
Viruslast
< 1000 Kopien/mL*
Ein Antikörper-basierter Bestätigungstest ist einzusetzen. Ist dessen Ergebnis
ebenfalls nicht eindeutig positiv, ist eine Kontrolleinsendung notwendig. Bei
Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte parallel zum entsprechenden Immunoblot
eine HIV-2-NAT erfolgen.
Virale Nukleinsäure
nicht nachweisbar
Keine HIV-1-Viruslast nachweisbar, was eine HIV-2-Infektion nicht ausschließt.
Daher ist ein Antikörper-basierter Bestätigungstest durchzuführen. Bei serologischem Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte eine HIV-2-NAT erfolgen.
* Falls ein qualitativer HIV-NAT eingesetzt und ein positives Ergebnis erhalten wird, ist zusätzlich ein quantitativer HIV-NAT durchzuführen.
Tab. 1: Kriterien zur Interpretation von HIV-NAT-Ergebnissen im Rahmen einer HIVErst(bestätigungs)diagnostik (aus 9).
19
Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
OQuantitative Bestimmung der HIV-Last
(Therapie-Monitoring) und der HIVEmpfindlichkeit gegen ART (genotypische Resistenzbestimmung)
OHIV-Übertragungen durch Nadelstichverletzung
OKausalität von Übertragungswegen
(Forensik)
OTestung von Blutspenden zur Erhöhung
der Transfusionssicherheit.
HIV-NAT: Zuverlässigkeit der Ergebnisse
Wie zuverlässig sind HIV-PCR-Ergebnisse
im Rahmen der HIV-Erstdiagnose, und
warum nennt der neue Algorithmus einen
Wert von mindestens 1000 Kopien/mL als
Entscheidungsgrenze in diesem Kontext?
Odie sehr selten vorkommende HIVInfektion ohne messbare Antikörperbildung12,13
Odie Probe eines „Elite-Controllers“.1
Bei Verdacht auf eine HIV-2-Infektion sollte
parallel zum entsprechenden Immunoblot
eine HIV-2-NAT erfolgen.
Generell gilt: Bei unklaren Ergebnissen von
Screening- und Bestätigungstesten ist eine
Verlaufskontrolle nach 1–3 Wochen angezeigt. Darüber hinaus lautet die Empfehlung,
sich bei „unklaren“ Konstellationen an ein
entsprechend kompetentes Zentrum (z. B.
NRZ für Retroviren) zu wenden.
Fazit
Bei frisch oder nicht medikamentös therapierten chronisch HIV-Infizierten ist eine
Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL sehr wahrscheinlich, daher ist die PCR eine valide Methode
im Rahmen der HIV-Erstdiagnostik.14,15 Ein
(seltenes) Ergebnis – wie eine HIV-Viruslast
von < 1000 Kopien/mL bei der Erstdiagnose –
ist mit besonderer Vorsicht zu interpretieren
und durch zusätzliche Teste bzw. Verlaufskontrollen mittels Antikörper-basiertem
Bestätigungstest zu verifizieren (Tab. 1). Ist
dessen Ergebnis ebenfalls nicht eindeutig, ist
eine Kontrolleinsendung notwendig.
Die Entscheidungsgrenze von mindestens 1000 Kopien/mL wurde u. a. deshalb
gewählt, um unabhängig von den Nachweisgrenzen der Testsysteme verschiedener Hersteller zu sein und dem möglichen
Abbau von HIV während des Probentransportes und der Probenlagerung Rechnung
zu tragen. Zudem wurden vereinzelt falschreaktive HIV-PCR-Ergebnisse (meist mit
Viruslasten < 50 Kopien/mL) beschrieben.
Andere Ursachen für (falsch) schwachpositive oder (falsch) niedrige HIV-NATKonzentrationen bei der HIV-Erstdiagnose
könnten sein:
Oeine Kontamination der Probe
Odie Unterquantifizierung seltener HIVVarianten
Odie Einnahme antiretroviraler Medikamente (z. B. im Rahmen einer PEP)
20
DVV und GfV haben die Rolle der NAT
zum labordiagnostischen Erstnachweis
einer HIV-Infektion in ihrer aktuellen Stellungnahme deutlich gestärkt. Zwar ersetzt
die PCR nach wie vor nicht den regulären
Antikörper-/Antigen-basierten Screeningtest, gilt nunmehr aber auch außerhalb der
etablierten Indikationen (Therapiemonitoring, Abklärung einer HIV-Mutter-KindTransmission, forensische Fragestellungen)
im Rahmen des HIV-Erstnachweises als
gleichwertige bzw. alternative diagnostische
Bestätigungsmethode – derzeit noch als
„Off-label Use“. Dementsprechend dienen
positive Ergebnisse in der HIV-NAT ebenfalls als Grundlage für die Meldung an das
RKI im Rahmen der nicht-namentlichen
Meldepflicht (IfSG §7, Absatz 3).
Es bleibt zu hoffen, dass die Testhersteller
möglichst bald Serum als Untersuchungsmaterial sowie die PCR zum HIV-Erstnachweis
offiziell zulassen. Auch ist die Abrechenbarkeit der HIV-PCR im Rahmen des HIV-Erstnachweises noch zu klären.
* NAT: Nukleinsäureamplifikationstestung
** DVV: Deutsche Vereinigung zur
Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V.
*** GfV: Gesellschaft für Virologie e.V.
Literatur
1Genovese L et al: Front Immunol (2013); 4: 86; doi
10.3389/fimmun.2013.00086.eCollection2013
2Rabenau HF et al.: Stellungnahme der Gemeinsamen
Diagnostikkommission der Deutschen Vereinigung
zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. und der
Gesellschaft für Virologie e.V. unter Beteiligung der
Deutschen AIDS Gesellschaft e.V., der Deutschen
Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der
Versorgung HIV-Infizierter e. V. und des NRZ für
Retroviren: Nachweis einer Infektion mit Humanem
Immundefizienzvirus (HIV): Serologisches Screening
mit nachfolgender Bestätigungsdiagnostik durch
Antikörper basierte Testsysteme und/oder mittels
HIV-Nukleinsäure-Nachweis“. Bundesgesundheitsblatt (2015); 58: 877-886
3Ly TD et al: Eur J Clin Microbiol Infect Dis. (2001); 20(2):
104–110
4Rabenau HF: Retroviren Bulletin 1.2015: 2–6. http://www.
kgu.de/fileadmin/redakteure/institute/hygiene/virologie/
pdf/retroviren_bulletin_ausgabe_1-2015.pdf
5dagnä Laborleitfaden HIV, 2014. http://www.dagnae.de/
wp-content/uploads/2014/10/Laborleitfaden_final_Korrektur_16092014.pdf
6Chudy M et al: Transfus Med Hemother (2014); 41: 45–51
7Kahn JO, Walker BD: N Engl J Med. (1998); 339(1): 33–39
8Ly TD et al: J Clin Virol. (2012); 55(2): 121–127
9Li YC et al: Chin Med Sci J. (2014) Jun; 29(2): 103–106
10Butler KM et al: Pediatr Infect Dis J (2015); 34: e48–e51
11Okomo U et al: BMC Pediatr (2012); 12: 95.
Doi10.1186/1471-2431-12-95
12Michael NL et al: J Infect Dis (1997); 175: 1352–1359
13Chin BS et al: J Clin Microbiol (2007); 45: 1659–1662
14BAG Bulletin, 18.11.2013: 6–14. http://www. bag.admin.ch/
hiv_aids/12472/12474/index. html?lang=de
15Gökengin D et al: Int J STD AIDS (2014); 25: 695–704
Korrespondenzadressen
Prof. Dr. Holger F. Rabenau
Institut für Medizinische Virologie
Universitätsklinikum Frankfurt
- Nationales Referenzzentrum für Retroviren Paul-Ehrlich-Str. 40
60596 Frankfurt
[email protected]
und
Prof. Dr.
Holger F. Rabenau
Prof. Dr.
Heinz Zeichhardt
Prof. Dr. Heinz Zeichhardt
Institut für Virologie
Campus Benjamin Franklin
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Hindenburgdamm 27
12203 Berlin
[email protected]
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | HE-Färbung | Labororganisation
HE-Färbung
Herausforderungen und Chancen
Johanna Wezgowiec, Institut für Pathologie, Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg
Präanalytik und Ergebnisqualität
Roche
Jede analytische Methode ist immer nur so
gut wie das eingesetzte Material. Daher wird
auch die Qualität der HE-Färbung maßgeblich vom kompletten Prozess der Präanalytik beeinflusst. Etliche „Fallstricke“ sind zu
vermeiden, um die bestmögliche Ergebnisqualität zu erreichen.
Jede Gewebeprobe durchläuft im histologischen Labor eine Hämatoxylin-Eosin-(HE-)
Färbung. Angewandt seit 1865, avancierte sie
im Laufe der Jahre zur Standardübersichtsfärbung, um Gewebestrukturen zu visualisieren.
Und tatsächlich liefert die HE-Färbung in den
meisten Fällen bereits eine finale Diagnose.
Trotz der vielfachen Routineanwendung in
jeder Pathologie gibt es immer noch vermeidbare „Fallstricke“ mit negativen Auswirkungen auf die Ergebnisqualität. Neuralgische
Punkte dazu sind im Folgenden ausgeführt.
Die kompetente Durchführung der präanalytischen Schritte sowie vollautomatisierte
Färbeprozesse können jedoch das diagnostische Potenzial dieser klinisch hochrelevanten
Methode weiter ausreizen.
Hauptbestandteile der Methode sind die
Farbstoffe Hämatoxylin und Eosin. Hämatoxylin, ein Naturprodukt, färbt negativ
geladene Strukturen blau, wodurch die Zellkerne lichtmikroskopisch sichtbar werden.
Der synthetische Farbstoff Eosin hingegen
markiert alle basischen Strukturen rötlich
das sind vor allem zytoplasmatische Komponenten (Abb. 1–3). Die unterschiedliche
Darstellung der Zellmorphologie ermöglicht
die finale Diagnose bei benignem Gewebe
(ca. 80 % aller Fälle), bei malignem Befund
dient sie – im Sinne einer Stufendiagnostik –
als Ausgangsfärbung für immunhistochemische und molekularbiologische Verfahren.
Mehrstufige Präanalytik
Vor der eigentlichen Färbung durchlaufen
Gewebeproben einen mehrstufigen präanalytischen Prozess.
OFixierung des Gewebes mittels 4 % neutral
gepuffertem Formaldehyd (entspricht 10 %
Formalin). Das verhindert biologische Reaktionen (z. B. Autolyse) und stellt sicher, dass
die Gewebestruktur im Entnahmezustand
konserviert wird. Dieser erste präanalytische
Schritt erfolgt durch den behandelnden
Arzt, der dem Patienten die Gewebeprobe
entnimmt. Die weiteren Arbeitsschritte laufen im histologischen Labor.
ONach dem fachärztlichen Gewebezuschnitt dienen zusätzliche Fixierungsund Entwässerungsschritte dazu, die
Zellmorphologie weiter zu konservieren
und die Probe für die nachfolgenden
Schritte vorzubereiten.
ODie Einbettung in das wachsartige Paraffin überführt das Gewebe in eine solide
und starre Form.
OAus dem Paraffinblock werden dünne
Schnittpräparate (2–4 µm) hergestellt
und auf Objektträger aufgebracht. In
diesem Format durchläuft die Gewebeprobe dann die analytische Phase.
Nach der fachgerechten Entnahme des
Gewebes sollten mechanische Schädigungen
(Quetschungen) der Gewebeprobe vermieden werden. Anschließend ist die direkte
Überführung in das Fixierungsmedium (4 %
neutral gepuffertes Formaldehyd) innerhalb
von 30 Minuten essenziell. Dauert es länger,
können Prozesse wie Autolyse, Fäulnis und
Verwesung das Gewebe unwiderruflich
schädigen und die Diagnostik erschweren
beziehungsweise sogar unmöglich machen.
Der Einsatz von 4 % gepufferten Formaldehyd sollte heute eigentlich Standard sein.
Jedoch kommt aus Kostengründen immer
noch nicht gepuffertes Formaldehyd zum
Einsatz. Diese „Einsparung“ von wenigen
Cents pro Liter geht auf Kosten der Diagnosesicherheit. Die fehlende Pufferung fördert
eine lichtinduzierte Oxidation des Formaldehyds, wodurch aggressive Ameisensäure entsteht. Diese schädigt irreversibel Gewebestrukturen und verschlechtert die Morphologie.
Auch die Systeme, die eine vollautomatische
Nachfixierung und Entwässerung nach dem
Zuschnitt durchführen, sollten nur mit neutral gepuffertem Formaldehyd und anderen
hochwertigen Einsatzstoffen (Alkohole, Intermedium, Paraffin) betrieben und in regelmäßigen, dem Probenaufkommen angepassten
Abständen erneuert werden. Auf diese Weise
lässt sich eine weitgehend gleichbleibende
und standardisierte Fixierung erreichen.
Besonderen Einfluss auf die Eindeutigkeit der HE-Färbung hat die Schnittdicke.
Kernreiches Gewebe wie das lymphatische
21
Labororganisation | HE-Färbung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Roche
Roche
Roche
Beispiele für HE-gefärbte Gewebeschnitte
Abb. 1: Normales Lungengewebe (20x):
Alveolen, Alveolarmakrophagen und ein
Bronchus-Ast mit Flimmerepithel.
Abb. 2: Hodgkin Lymphom: Doppelkernige
Hodgkin-Blasten und Lymphozyten.
Abb. 3: Mammakarzinom (10x): Invasives,
Nicht-kleinzelliges Karzinom (Adenkarzinom) mit
wenigen Drüsenläppchen.
Gewebe erfordert dünne Schnitte (z. B.
2 µm), um sicher zu stellen, dass nur eine
Zellschicht dargestellt wird. Bei zu hoher
Schnittdicke überlagern sich die diagnostisch relevanten Zellkerne und erschweren
so eine eindeutige Diagnose. Kernarmes
fettreiches Gewebe dagegen sollte dicker
geschnitten werden (z. B. 4 µm), damit ausreichend diagnostisch relevante Strukturen
vorhanden sind.
liefern, die nur von der Probebeschaffenheit abhängen, ist dies bei den sogenannten „Dip-&-Dunk-Automaten“ nicht der
Fall. Hier werden mehrere Objektträger
gemeinsam durch Küvetten mit Färbelösungen geführt, die Farbe ist im Überschuss
vorhanden. Die Methode birgt folgenden
Nachteil: Der Verbrauch an Färbelösungen
pro Objektträger ist nicht standardisiert. Es
lässt sich nur schwer nachhalten, wie viele
Objektträger mit welcher Gewebeart in
einer bestimmten Zeit durch die Lösungen
geführt wurden. Unabhängig von der jeweiligen Gewebeprobe verändert sich über die
Zeit die Farbintensität der Schnitte – auch
bei regelmäßigem Wechsel der verwendeten Reagenzien. Die Färbeergebnisse in solchen System können daher tagesabhängige
Schwankungen aufweisen und sind nicht
immer vergleichbar. Auch gebrauchsfertige
Reagenzien können eine Verwässerung, also
Konzentrationsänderungen der Färbelösungen, nicht kompensieren.
zu bewirken. Vollautomatische Färbesysteme „erzwingen“ quasi die weitgehende
Standardisierung der Präanalytik – eine
große Chance sowohl für mehr Patientensicherheit, als auch, um die stets steigenden
Qualitätsanforderungen in der Pathologie
zu erfüllen. Mögliche Fehler in der Präanalytik werden transparenter, sie können
behoben oder zumindest dokumentiert
werden. Besonders auch auf nachgeschaltete
sensitivere Untersuchungen wie Immunhistochemie und Molekularpathologie kann
dies einen positiven Einfluss haben, denn
optimale Präanalytik und standardisierte
HE-Färbung bilden die Grundlage auch für
eine hohe Ergebnisqualität dieser Methoden.
Korrespondenzadresse
Last but not least können auch die eingesetzten Reagenzien die HE-Färbung massiv
negativ beeinflussen. Für gleichbleibende
Färbungen empfehlen sich gebrauchsfertige
Reagenzien, um Fehler beim Lösungsansatz
per se auszuschließen.
Ein weiteres, wenn auch geringeres Risiko
bei Verwendung von „Dip-&-Dunk-Systemen“ ist die Gewebeverschleppung. Unter
Umständen können sich Gewebebestandteile auf einem Objektträger lösen und an
einem Objektträger, mit der Probe eines
anderen Patienten wieder anhaften. Handelt
es sich dabei um Tumorzellen oder Tumorbestandteile, führt dies unter Umständen zu
einer falsch positiven Tumordiagnose.
Färbetechnologie und Ergebnisqualität
Chancen
Während vollautomatisierte, standardisierte
HE-Färber wie oben beschrieben aus sachgemäß fixiertem und gleichmäßig geschnittenem Gewebe reproduzierbare Ergebnisse
Die vollautomatisierte Abarbeitung des kompletten HE-Färbeprozesses mit gebrauchsfertigen Reagenzien hat das Potenzial, einen
Qualitätssprung in der Gewebediagnostik
Bei vollautomatisierten HE-Färbern ist der
Färbeprozess – im Vergleich zu Systemen
früherer Generation – erstmals komplett
standardisiert. Sie arbeiten mit festgelegten
Volumina und verwenden für jeden Objektträger frische Färbelösungen. Dies hat nicht
zuletzt den Vorteil, dass auch Fehler in den
vorausgehenden, präanalytischen Schritten eher auffallen und dem gleichmäßigen
Schneiden einer Gewebeart eine besonders
wichtige Rolle für das Ergebnis zukommt.
Unregelmäßige Schnitte resultieren in einer
deutlich unterschiedlichen Intensität der
Färbung, weil mehr oder weniger Zellmaterial mit jeweils der gleichen Reagenzienmenge behandelt wird.
22
Literatur
1Platt E et al: Arch Pathol Lab Med (2009); 133: 973–978
Allgemeine Quellen
•Lang G: Histotechnik (2006), Springer – Wien – New York
•Mulisch M, Welsch U (Hrsg.): Romeis – Mikroskopische
Technik (2010), Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg
Johanna Wezgowiec
Leitende Medizinisch-Technische Assistentin
Institut für Pathologie
Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu
Duisburg
Heerstr. 219
47053 Duisburg
[email protected]
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Die neue Welt der HE-Färbung | Produkte & Services
Die neue Welt der HE-Färbung
Roche
Pathologen können aufgrund ihrer Erfahrung
Artefakte meist erkennen, jedoch müssen sie
häufig zusätzliche Zeit
investieren, um ein suboptimal aufbereitetes
Präparat zu beurteilen.
Jede Diagnose durch einen Pathologen
nimmt mit einer Hämatoxylin-Eosin- (HE-)
Färbung ihren Anfang. Ein großes Maß an
Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit
sollte daher verpflichtend sein – doch die
Realität sieht häufig anders aus*. Mit der
Einführung des vollautomatischen HE-Färbesystems ­VENTANA HE 600 lassen sich
standardisierte Sicherheit und leichteres
Arbeiten problemlos realisieren.
In der HE-Färbung gibt es, anders als in
verwandten Bereichen wie der Immunhistochemie, in Bezug auf Automatisierung,
Standardisierung und Patientensicherheit
seit Jahren kaum Neuentwicklungen zu verzeichnen. So bergen Färbebäder, wie sie herkömmliche HE-Automaten verwenden, bis
heute ernstzunehmende Risiken hinsichtlich
Reagenzien- und Gewebeverschleppungen,
die sich auf die Eindeutigkeit einer Diagnose
auswirken können.1,2 Auch wenn der Pathologe aufgrund seiner klinischen Erfahrung
Artefakte in den meisten Fällen erkennt und
herausfiltert, muss er doch häufig zusätzli-
che Zeit investieren, um ein suboptimal aufbereitetes Präparat zu beurteilen.
Die HE-Färbung ist ein anspruchsvoller und
fehleranfälliger Arbeitschritt*. Vor diesem
Hintergrund sollte ein standardisiertes und
vollautomatisiertes Färbesystem eigentlich
ein Muss sein. Hinzu kommt, dass die HEFärbung in der Regel keiner externen Qualitätskontrolle unterliegt und im Rahmen der
wissenschaftlichen Diskussion allenfalls eine
Randnotiz darstellt.
Standardisierung und Reproduzierbarkeit
Der neue vollautomatische HE-Färbeautomat ­VENTANA HE 600 von Roche Diagnostics bereitet dem Trend der Innovationsträgheit ein Ende und leitet einen Paradigmenwechsel in der HE-Färbung ein.
Die vollautomatische, individuelle Objektträgerfärbung des Systems ermöglicht eine
gleichbleibend hohe Färbequalität. Dadurch
gibt es im Gegensatz zu den gängigen Eintauchfärbern beim ­V ENTANA HE 600
System keine artefaktanfälligen Färbebäder
für die Gewebeproben. Vielmehr greift der
vollautomatisierte Färbeansatz für jeden
Objektträger auf frische und gebrauchsfertige Reagenzien zu. Das Risiko für Gewebeund Reagenzienverschleppung ist minimal.
Dies belegt eine Studie zur Qualitätssicherung am Pathologischen Institut der UPMC
(University of Pittsburgh Medical Center).
Bei der Anfärbung von Knochenmarkbiopsien (n=119) gab es bei individueller Objektträgerfärbung keine Artefaktentwicklung, während bei klassischen
Automaten mit Färbebädern 37 Fälle registiert wurden.3
Das Prinzip der individuellen Objekträgerfärbung in Verbindung mit gebrauchsfertigen
Reagenzien wie beim ­VENTANA HE 600
System verbessert somit nachweislich die
diagnostische Sicherheit für Patienten und
Pathologen.
Da immer die gleichen Färbebedingungen
gelten, sind die Resultate stets von gleich23
Produkte & Services | Die neue Welt der HE-Färbung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Roche
Roche
Das System
­VENTANA HE 600 leistet
durch die vollautomatische,
individuelle Objektträgerfärbung
einen wesentlichen Beitrag zur
qualitätsgesicherten Diagnostik
in der Pathologie.
bleibend hoher Qualität – unabhängig von
äußeren Einflüssen wie Raumtemperatur
oder Zeitpunkt der Färbung. Diese gute
Reproduzierbarkeit ist eine zentrale Konsequenz des standardisierten Prozesses mit
dem ­VENTANA HE 600 System. Sie leistet
einen wesentlichen Beitrag zur qualitätsgesicherten Diagnostik in der Pathologie.
Gewebeoptimierte Protokolle
Über die standardisierte Färbung hinaus wurde bei der Systemkonzeption auf
größtmögliche Flexibilität durch weitreichende Anpassungsmöglichkeiten der Färbeprotokolle besonderer Wert gelegt. Jedes
Objektträgertablett kann dank der individuell gefärbten Slides ein eigenes gewebeoptimiertes Protokoll erhalten. Das bietet
eine bisher unerreichte Protokollflexibilität
zur Erzielung exzellenter Resultate. Egal ob
Resektat oder Stanze – für jeden Gewebetyp
kann der Anwender das am beste geeignete
Protokoll festlegen und so die Färbequalität
weiter steigern.
Benutzerfreundlich und sicher
Die Benutzerfreundlichkeit des neuen Gerätes ermöglicht bei minimalem Arbeitsaufwand einen optimierten Workflow. Alle
zentralen Arbeitsschritte wie Anbacken,
Entparaffinieren, Färben, Eindecken und
24
Trocknen der Probe erledigt das System
vollautomatisch. Darüber hinaus gehören
zum Beispiel auch das Ansetzen und Filtern von Reagenzien der Vergangenheit an
– die Reagenzien sind gebrauchsfertig. Eine
weitere Arbeitserleichterung: Der Färbeautomat reinigt sich am Ende des Arbeitstages quasi von selbst, das aufwändige Säubern des Färbers und der Reagenzienbehälter entfällt. Der Zeitgewinn reduziert das
Stresslevel und schafft Raum für den Fokus
auf andere, wesentlichere Tätigkeiten.
Zwei Pluspunkte des ­VENTANA HE 600
Systems verbessern die Arbeitssicherheit
und das Wohbefinden der Mitarbeitenden:
Zum einen arbeitet es sowohl ohne Alkohol
als auch ohne das potenziell gesundheitsgefährdende Xylol, das im direkten Umgang
besonders unangenehm ist. Zum anderen
bietet das System dank der gebrauchsfertigen Reagenzien die Möglichkeit – sofern alle
Voraussetzungen am Standort dafür erfüllt
sind – Abfall anstelle über Abfallbehälter
direkt über den Anschluss an die Kanalisation abzuleiten. Der Reagenzienkontakt ist
somit minimal.
Das ­VENTANA HE 600 Färbesystem ist seit
November 2015 verfügbar. Es eignet sich
für alle Pathologien mit dem Wunsch nach
vollautomatisierter und standardisierter HEFärbung bei minimalem Arbeitsaufwand.
Über die Workflow-Managementlösung
VENTANA VANTAGE lässt sich das System
zudem nahtlos in das bestehende VENTANAPortfolio von Roche integrieren. Auf diese
Weise können Anwender die Proben durchgängig verfolgen und das Qualitätsmanagement automatisieren.
*s. a. Artikel „HE-Färbung – Herausforderungen und Chancen“ in diesem Heft.
Literatur
1Platt E et al.: Arch Pathol Lab Med (2009); 133:973–978
2Gephardt GN, Zarbo R J.: Arch Pathol Lab Med (1996);
120:1009–1014
3Manriquez G et al.: Bone Marrow (BM) Biopsy H&E Staining (2009) (data on file)
Dr. Matthias
Mayer-Vorfelder
Produktmanagement
Tissue Diagnostics
0621 759-3302
[email protected]
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie | Produkte & Services
Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie
fotolia/Аrtranq
Die HTLV-Infektion
über die Muttermilch
spielt eine erhebliche
Rolle. Die Übertragungswahrscheinlichkeit kann
mehr als 20 % betragen.
Die Humanen T-lymphotropen Viren (HTLV)
I/II mit circa 20 Millionen Infizierten weltweit gelten als sehr „alte“, bereits seit tausenden von Jahren zirkulierende Erreger. 1,2
Vor allem HTLV-I kann verschiedene, teils
schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Der
neue Test Elecsys® HTLV-I / II hilft bei verschiedenen klinischen Fragestellungen, ein
Übertragungsrisiko zu erkennen bzw. Virusassoziierte Erkrankungen zu diagnostizieren.
Die engverwandten HTLV vom Typ I und II
gehören wie auch HIV zur Familie der Retroviren. So sind einige Parallelen zwischen
diesen Viren erkennbar. Der Ursprung der
­HTLV-I/II wird bei Primaten vermutet, da
nachweislich große Homologien im Genom
der Humanen und der Simianen T-lymphotropen Viren bestehen.
Primäres Ziel der H
­ TLV-I/II sind CD4+
T-Zellen (­HTLV-I) bzw. CD8+ T-Zellen
(­HTLV-II). Beide Virustypen treten in weiteren Subtypen auf. Derzeit gibt es keine
Hinweise darauf, dass sich der Subtyp bei
­HTLV-I auf das pathogene Potenzial des
Erregers auswirkt. Die Subtypen bei ­HTLV-II
weisen eine regionale Verteilung auf.
vor allem Japan, Westafrika, Mittel- und
Südamerika sowie in Europa Rumänien
und Portugal auf .5,6 Die exakten Zahlen für
Deutschland sind bislang nicht bekannt –
Schätzungen des Robert Koch Instituts aus
dem Jahr 2015 ergeben circa 6000 Infizierte.3
Übertragungswege
Die Transmission des Virus erfolgt4-6
Odurch hetero- oder homosexuelle Kontakte.
Oparenteral (Bluttransfusion, verunreinigte Spritzen).
Ointrauterin von der Mutter auf das Kind.
Opostnatal über die Muttermilch.
Besonders die Infektion über die Muttermilch spielt weltweit eine erhebliche Rolle.
In Abhängigkeit von der Viruslast, der
Übereinstimmung mit dem HLA-Typ zwischen Mutter und Kind sowie der Dauer des
Stillens kann die Übertragungswahrscheinlichkeit mehr als 20 % betragen. Als weitere
relevante Übertragungswege in Europa gelten die Bevölkerungsmigration aus endemischen Gebieten (­HTLV-I) und der intravenöse Drogenkonsum (­HTLV-II).
Klinik
Weltweit sind etwa 20 Millionen Menschen infiziert. Hohe Prävalenzen weisen
Klinisch bedeutsam ist vor allem H
­ TLV-I.1,5
Es ist direkt assoziiert mit der
Olebensbedrohlichen adulten T-ZellLeukämie (ATLL) sowie
Oder lebensbeeinträchtigenden Tropischen
Spastischen Paraparese (TSP), auch als
HTLV-I-assoziierte Myelopathie (HAM)
bezeichnet.
ATLL ist ein hoch-aggressives, peripheres
T-Zell-Malignom mit schlechter Prognose,
welches sich innerhalb von 20–40 Jahren bei bis zu 5 % der ­HTLV-I Infizierten
entwickelt. Menschen, die sich bereits im
Kindesalter infizieren, tragen vermutlich
ein höheres ATLL-Risiko. Die ATLL stellt
sich in vier unterschiedlichen Krankheitsformen dar, der sogenannten akuten, der
chronischen und der schwelenden Form
sowie dem Lymphomtyp. Klinisch lassen
sich die akute ATLL und der Lymphomtyp als aggressiv klassifizieren, die anderen
Formen als indolent. Entsprechend variiert
die mittlere Überlebensrate. Sie liegt bei der
akuten ATLL zwischen 4 bis 6 Monaten, bei
der schwelenden Form dagegen zwischen
34 Monaten bis über 5 Jahren. Die aggressiven Formen der ATLL sind häufig resistent
gegenüber einer Chemotherapie bzw. zeigen
häufig Rezidive. Auch die indolenten ATLLs
haben eine schlechte Prognose, unabhängig
davon, ob sie chemotherapeutisch oder eher
abwartend behandelt werden.
25
Produkte & Services | Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
fotolia/Sandor Kacso
Bei der (seltenen)
­HTLV-I-assoziierten
Myelopathie sind
10 Jahre nach der
Infektion etwa 50 %
der Patienten auf den
Rollstuhl angewiesen.
HAM/TSP ist eine chronische, neuroinflammatorische Erkrankung, die etwa
30 Jahre nach initialer Infektion bei bis
Vorteile des Elecsys® HTLV-I/II Tests
(Packungsbeilage, 2015)
Effizient in der Durchführung
OGeringes Probenvolumen (30 μL)
OSchnelle Ergebnisse: Testdauer 18
Minuten
OWenige Wiederholungsmessungen
durch hohe Spezifität
OVollautomatische Durchführung auf
allen immunologischen Systemen
von Roche Diagnostics.
Sichere Ergebnisse
O100 % klinische Sensitivität (gemessen an 1149 Proben) durch das spezifische Design des p24-Antigens
OFrühzeitiger Nachweis der Infektion
durch hohe Serokonversionssensitivität
OFrei von Kreuzreaktivitäten durch
Anti-Interferenz-Lösung: Analytische
Spezifität 100 % (gemessen an 222
potenziell kreuzreaktiven Proben)
OKeine Grauzone: Eindeutige Differenzierung von positiven und negativen Ergebnissen
OKlinische Spezifität 99,95 % (gemessen bei 11 575 Blutspendern)
bzw. 99,83 % (gemessen an 2399
Routineproben, inklusive Proben
Schwangerer).
26
zu 3 % der HTLV-Infizierten ausbricht.
Aufgrund der geringen H
­ TLV-I-Prävalenz
ist diese Erkrankung in Europa selten.
Die Immunpathogenese der ­
HAM/TSP
ist bislang nicht eindeutig geklärt, jedoch
handelt es sich um eine langsam fortschreitende, spastische, beidseitige Lähmung,
die mit Blasen- und Darmfunktionsstörungen einhergeht. Der Krankheitsverlauf
ähnelt häufig dem neurodegenerativer und
autoimmuner Erkrankungen. Innerhalb
von 10 Jahren sind die meisten Patienten
nicht mehr in der Lage, ohne Hilfe zu laufen. Etwa die Hälfte ist auf den Rollstuhl
angewiesen.7
Weitere klinische Auswirkungen präsentieren sich als HTLV-assoziierte Uveitis und
anderer Manifestationen an den Augen
sowie als HTLV-assoziierte infektiöse Dermatitis.
HTLV-II wird mit milden neurologischen
Erkrankungen und chronischen pulmonalen Infektionen in Verbindung gebracht.8
Die Evidenz in der Krankheitspathologie ist
jedoch deutlich geringer als bei H
­ TLV-I.
Der Assay eignet sich
Ozum Spender-Screening, um ein Transfusionsrisiko zu erkennen.
Ofür das Pränatal-Screening, um das Kind
vor einer HTLV-Übertragung durch die
Mutter zu schützen.
Oim Rahmen der Diagnostik HTLV-assoziierter Erkrankungen wie ATLL, HAM/
TSP, chronisch infektiöse Dermatitis, Bronchiektasen und Uveitis.
Mit dem ­Elecsys® ­HTLV-I/II Test erweitert
sich das auf den Roche Systemen konsolidierbare infektionsserologische Portfolio auf
26 Parameter. Weitere Informationen zur
Infektionsserologie von Roche sind unter
www.goldrichtig-jetzt.de zu finden.
Literatur
1Gessain A, Mahieux R: Rev Neurol (2012); 168: 257–269
2Proietti FA et al: Oncogene (2005); 24: 6058–6068
3www.rki.de (Epidemiologischer Bulletin 2015; Stichwort
HTLV)
4Szczypinska EM et al: Medscape (2014); http://emedicine.
medscape.com/article/219285 [accessed April 2015]
5Gonçalves DU et al: Clin Microbiol Rev (2010); 23: 577–
589
6Roucoux DF, Murphy EL: AIDS Rev (2004); 6: 144–154
7http://www.springermedizin.de/htlv-1-assoziierte-myelopathietropische-spastische-paraparese/3180040.html
8Edward L. Murphy EL et al: Emerging Infectious Diseases (2004); 10(1); http://www.medscape.com/viewarticle/466487
Der neue Elecsys® HTLV-I/II Test
Elecsys® HTLV-I/II (s. Kasten) ist ein vollautomatisierter Immunoassay der 3. Generation mit rekombinant hergestellten Antigenen p24 und gp21. Das gewährleistet einen
frühen Virus-Nachweis und optimierte
Spezifität.
Dr. Corinna
Fleckenstein
Produktmanagement
Serum Work Area
0621 759-3640
corinna.fleckenstein@
roche.com
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Spezialfall HbA1c | Produkte & Services
fotolia/Ljupco Smokovski
Spezialfall HbA1c
Wie viele andere Parameter in der Klinischen
Chemie ist ­HbA1c ein täglich durchgeführter Routine-Parameter. Dennoch nimmt der
Test mit der Bestimmung aus Vollblut eine
Sonderstellung ein. Große Labore, die viele
hundert – manchmal gar viele tausend –
HbA1c-Anforderungen Tag für Tag bearbeiten, setzen daher auf die separate Abbarbeitung an dedizierten Automationslösungen,
die das Probenaufkommen effizient und mit
hoher Qualität bewerkstelligen.
Seit 2005 ist das System COBAS INTEGRA®
800 CTS ein sicherer, zuverlässiger und effizienter Partner beim ­HbA1c-Workflow im
großen Labor. Aufbauend auf dieser jahrelangen Erfahrung bringt Roche Diagnostics
mit dem cobas c 513 analyzer ein System
auf den Markt, das neue Maßstäbe in der
­HbA1c-Testung setzt.
Mit einem Probendurchsatz von 400 Vollblutproben pro Stunde ist cobas c 513 der
derzeit durchsatzstärkste ­HbA1c-Analyzer
auf dem Markt. Die Pipettierung aus
geschlossenen Probenröhrchen ist hocheffizient und schützt die Anwender vor infektiösem Material. cobas c 513 analyzer lohnt
sich für Labore mit einem Aufkommen von
mindestens 500 H
­ bA1c-Proben pro Tag und
bietet Spielraum für eventuelle Expansionspläne, z. B. im Rahmen von Konsolidierungen oder Insourcing-Projekten.
Neues Familienmitglied
Der cobas c 513 analyzer ist das neueste
Mitglied des Roche-Familienkonzepts cobas
modular platform. Die Vorteile liegen auf
der Hand: Gemeinsamkeiten mit den modularen Systemen cobas® 4000/6000/8000 in
der Bedienung (bekannte Bedienoberfläche)
und der Handhabung (z. B. Probenbe- und
Probenentladung). Somit sind Labormitarbeitende, die cobas Systeme bereits kennen,
schnell auch mit dem H
­ BA1c-Analyzer vertraut.
Klein, schnell, sicher, selbstständig
Verantwortlich für den hohen Durchsatz von 400 Vollblutproben pro Stunde
ist die schnelle Taktzeit des Systems: Alle
7,2 Sekunden wird ein Ergebnis erstellt. Das
bietet einen enormen Zeitvorteil gegenüber
sequenziell arbeitenden ­HbA1c-Methoden.
In Kombination mit seiner sehr geringen
Stellfläche von nur 2,4 m² ist der cobas c 513
analyzer eine hocheffiziente Laborlösung
für die Bewältigung anspruchsvoller ­HbA1c
Workloads.
Das Cap-Piercing ist ein wesentlicher Faktor
für die Anwender- und Arbeitsplatzsicherheit. Die geschlossenen Probenröhrchen
werden auf 5er-Racks geladen, über den
Probeneingang dem System zugeführt und
nach der vollautomatischen Analyse wieder
ausgeschleust. Sie können auf dem System
„gesammelt“ und mit Hilfe eines Trays zeitgleich aus dem Analyzer entnommen werden. Der Bediener profitiert von der geringen Personalbindung.
Neuer Analyzer, bewährter Test
cobas c 513 analyzer arbeitet mit dem
bewährten Assay ­Tina-quant® ­H bA1c
Gen. 3. zur quantitativen Bestimmung von
Hämoglobin A1c. Er dient im Rahmen des
Diabetesmanagements
Oder Diagnose.
Oder Verlaufskontrolle.
Oder Identifikation von Personen mit
Diabetesrisiko.
Der turbidimetrische Test ist gegen die
IFCC-Referenzmethode standardisiert und
NGSP*- / IFCC**-zertifiziert. Der hochspezifische Antikörper im Reagenz erkennt die
letzten vier Aminosäuren am N-Terminus
der β-Kette des glykierten Hämoglobins,
wodurch der Test störungsfrei gegenüber
den häufigsten genetisch bedingten Hämoglobinvarianten (z. B. HbS, HbC, HbE) ist.
Auch chemisch verändertes Hämoglobin, wie
zum Beispiel carbamyliertes oder acetyliertes
Hämoglobin, beeinflusst den Test nicht.
MCE
Im Rahmen einer umfangreichen Multi
Center Evaluation (MCE) wurde das System auf seine Marktreife und hinsichtlich
27
Produkte & Services | Spezialfall HbA1c | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Große Labore setzen
auf dedizierte HbA1cAutomationslösungen,
die großes Probenaufkommen effizient und
mit hoher Qualität
bewerkstelligen.
Roche
cobas c 513 Analyzer
vielerlei Fragestellungen überprüft. Die parallele Evaluierung im IFCC-Referenzlabor
in Zwolle (Niederlande), einem Krankenhauslabor in Spanien und einem Privatlabor in Deutschland konnte verschiedenste Gegebenheiten bezüglich der Systemumgebung abdecken. Wichtige Kriterien
waren die Bewertung der Wiederholpräzision und Laborpräzision (Tag-/Tag-Präzision), genau wie die Vergleichbarkeit mit
COBAS ­INTEGRA® 800 CTS.
Alle Standorte erzielten hervorragende
Ergebnisse:
Probe
Vollblut
ODie Wiederholpräzision erzielte Variationskoeffizienten von 0,5–0,7 % (Tab. 1).
ODie Tag-/Tag-Präzision lag bei 0,6–1,1 %
(Tab. 2).
OIm Methodenvergleich mit dem Vorgängermodell COBAS INTEGRA® 800 CTS
System ergaben sich sehr gut übereinstimmende Werte (Korrelationskoeffizient nach Pearson: 0,997; lineare Regression y = -0,179+1,02).
Auch im „Practicability Assessment“, bei dem
Erprober die Benutzerfreundlichkeit und die
Handhabung von Systemen bewerten, überProbe
Mittelwert
(% NGSP)
SD
VK
(%)
Preci
Control N
5,49
0,04
0,7
Preci
Control P
10,6
0,1
Probe 1
4,55
Probe 2
SD
VK
(%)
Preci
Control N
5,49
0,05
0,8
0,6
Preci
Control P
10,8
0,1
0,9
0,03
0,7
Probe 1
4,62
0,05
1,1
6,30
0,03
0,5
Probe 2
6,30
0,04
0,6
Probe 3
7,03
0,04
0,6
Probe 3
7,02
0,06
0,8
Probe 4
8,20
0,04
0,5
Probe 4
8,20
0,06
0,7
Probe 5
10,5
0,1
0,5
Probe 5
10,5
0,1
0,6
28
Damit steht fest: cobas c 513 Analyzer ist
bereit für die Routine und ist seit Oktober
2015 im deutschen Markt verfügbar.
*
N GSP: National Glycohemoglobin Standardization Program
**I FCC: International Federation of Clinical
Chemistry
Quelle
Tina-quant Hemoglobin A1cDx Gen. 3 (Packungsbeilage),
Roche Diagnostics GmbH, 2015
Vollblut
Mittelwert
(% NGSP)
Tab. 1: Wiederholungspräzision von
­T ina-quant ® HbA1c Gen. 3.-Test am
cobas c 513 analyzer.1
Wiederholungsmessungen je Probe: n=21
traf der cobas c 513 Analyzer die Erwartungen in allen abgefragten Kategorien.
Tab. 2: Labor- (Tag-/Tag-) Präzision von
­T ina-quant ® HbA1c Gen. 3.-Test am
cobas c 513 analyzer.1 Gemessen wurde über
21 Tage an drei Systemen und mit drei Reagenzchargen. n Messungen gesamt= 756.
Stefan Ruh
Produktmanagement
Klinische Chemie
0621 759-3472
stefan.ruh@
roche.com
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Neues von Roche in der Gerinnung | Produkte & Services
Neues von Roche in der Gerinnung
von Hitachi 5er-Racks. In den bisherigen
Einsätzen erreichte das System einen mittleren Durchsatz von 100 Tests pro Stunde
im Mischbetrieb.
fotolia/Stefan Schurr
Die beschriebenen Funktionalitäten machen
cobas t 411 zu einer passenden Lösung für
kleine bis mittlere Laboratorien. Roche bietet das System für Labore mit bis zu 120
Gerinnungsproben pro Tag an.
cobas t 411 System
Roche startete vor Kurzem mit einem eigenen Portfolio für die Gerinnungsdiagnostik
in den Markt. Den Anfang machte das System cobas t 411.
cobas t 411 ist ein System für das kleine
bis mittlere Laboratorium mit Routinediagnostik. Die Systemreagenzien decken alle
wesentlichen Routineparameter ab:
OPT
OaPTT
OFibrinogen
OAntithrombin
OAnti Xa
OThrombinzeit
OD-Dimer.
Welche Anforderungen aus den kleinen und
mittleren Laboren prägten die Entwicklung
des cobas t 411 Systems? Anwender möchten an einem Laborgerät nur wenig Kapazität
einsetzen: Es soll schnell gehen, einfach sein
und das Gerät soll ausfallsicher arbeiten.
Dies alles zu einem attraktiven Preis.
Der cobas t 411 Analyzer benötigt nur
wenig Interaktion. In der Regel bestückt der
Anwender das System einmal pro Tag mit
Reagenzien und Verbrauchsmaterialien und
kann damit die gesamte Routine abarbeiten.
Ein fest installierter Barcodescanner erkennt
die Reagenzien, Kontrollen und Kalibratoren, was die Beladung sehr vereinfacht.
Im Probeneingang haben bis zu 100 Proben
in 5er-Hitachi-Racks Platz, die kontinuierliche Probenzufuhr ist jederzeit möglich.
Die Schnellwahltaste im Frontbereich
macht den Bearbeitungsstart der Proben
blitzschnell und kinderleicht, denn eine
Interaktion des Anwenders mit der Software ist nicht notwendig.
Auch das Einschleusen von Eilproben läuft
über diesen simplen Weg. Das Rack mit der
Eilprobe wird vor alle anderen Racks in den
Einzugsbereich mit dem Barcodescanner
gestellt und dem Gerät mit der Schnellwahltaste „Eilprobe“ signalisiert, dass diese
Probe bevorzugt zu bearbeiten ist. Den Rest
erledigt das Gerät automatisch.
Das cobas t 411 System verfügt für alle gängigen Röhrchentypen über Cap-Piercing –
eine weitere wichtige Funktion für bequemes und sicheres Probenhandling. Das
Aufschrauben der Probengefäße entfällt und
das Kontaminationsrisiko mit Probenmaterial geht gegen Null.
In den Evaluierungen hat sich cobas t 411
als sehr zuverlässig und robust erwiesen.
Basis dafür ist die Kombination bewährter Konzepte des Systems Coasys® Plus C
(z. B. Küvettenriegel, Messmodul) und die
Entwicklung neuer Funktionen mit Fokus
auf die Stabilität, etwa die Verwendung
Das cobas t 411 System steht ab sofort zur
Verfügung.
Warum ein eigenes Gerinnungsportfolio von Roche nach vielen Jahren der
erfolgreichen Zusammenarbeit mit Diagnostica Stago?
Die Gerinnung gehört für Roche Diagnostics zu den wichtigsten Investitionsbereichen der nächsten Jahre. Wir
verstehen uns als Anbieter sowie als
Entwickler und Gestalter kompatibler
Gesamtlösungen, die sich bei verändernden Rahmenbedingungen den
neuen Anforderungen flexibel anpassen können. Dafür wollen und müssen
wir uns von Beginn an konzeptionell in
die Planung von System- und Reagenzlösungen einbringen. Roche sieht die
Gerinnungsdiagnostik als unverzichtbaren Bestandteil von Gesamtlösungen
im Labor und investiert daher in sein
eigenes Gerinnungsportfolio.
Steffen Bonkass
Marketing und
Produktmanagement
Gerinnung
0621 759-9727
steffen.bonkass@
roche.com
29
Produkte & Services | Produktnews | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015
Produktnews
Produktlinie
Prä- und
Postanalytik
Produkt
Geräte
Anwendungszweck / Produktverbesserung
N / V* Einführung
cobas® 8100 SCM
cobas® 8100
Sample-Check-Module zur Überprüfung der Probenqualität
hinsichtlich Hämolyse, Ikterus, Lipämie sowie Füllstand
N
Jan 16
Software-Update für postanalytische Einheiten
cobas p 501/701
Erhöhter Durchsatz
V
Jan 16
cobas® connection
module (CCM)
STA®-R Evo
STA®-R Max
Anbindung der STA-Gerinnungssysteme an das
automatisierte Transportsystem ccm
N
Jan 16
Dedizierter HbA1c-Analyzer
N
verfügbar
Nachweis von Acetaminophen (Paracetamol). Geringe
Störanfälligkeit gegen endogene Interferenzen
V
verfügbar
Bestimmung des jeweiligen Medikamentenspiegels im
Rahmen einer immunsuppressiven Therapie nach
Organtransplantation
N
Jan 16
cobas c 513 Analyzer
Klinische
Chemie
ACETA, Gen 2
cobas® modular platform
COBAS INTEGRA® 400 plus
Elecsys® Sirolimus
Elecsys® Everolimus
Immunologie
Gerinnung
Molekulare
Diagnostik
Gewebediagnostik
cobas® modular platform:
cobas e 411/cobas e 601
MODULAR® <E170>
Elecsys® 2010
Nachweis von Antikörpern gegen HTLV I und HTLV II
(Humane T-lymphotrope Viren), z. B. bei unklarer Myelopathie N
der Beine, Leukämie oder Untersuchung von Blutprodukten
verfügbar
Elecsys® SCC
Bestimmung von SCC (Squamous Cell Carcinoma Antigen),
das bei Tumoren der Lunge, des Ösophagus, der Cervix,
Vulva oder Haut erhöht sein kann
N
Jan 16
cobas t 411 System
Gerinnungsanalyzer für die Routineanalytik in kleinen bis
mittleren Laboren
N
Q1/2016
Elecsys® HTLV I/II
PT Screen
aPTT low sensitivity
aPTT med sensitivity
D-Dimer
aPTT high sensitivity
Fibrinogen
Antithrombin
TZ
cobas t 411
Testportfolio für cobas t 411
N
Q1-2/2016
cobas® 4800
cobas® 4800
cobas® 4800
cobas® 4800
HIV
HBV
HCV
HCV GT
cobas® 4800
NAT-Tests für IVD/Virologie bei mittlerem und kleinem
Probenaufkommen
N
verfügbar
cobas® EGFR Test V.2
cobas z 480
Nachweis der klinisch relevanten, aktivierenden EGFRMutationen auch aus Plasma. Test unterstützt die geeigneten
Therapiewahl (Thyrokinase-Inhibitoren) beim Nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom
V
verfügbar
VENTANA HE 600 System
Vollautomatisches Färbesystem zur Durchführung der
HE-Färbung im pathologischen Labor
N
verfügbar
CoaguChek® Pro II Gerät
Gerinnungsanalyzer zur Kontrolle der Therapie mit oralen
Antikoagulantien sowie mit unfraktioniertem Heparin (UFH)
am Point-of-Care
N
Q1/2016
Bestimmung der APTT zum Monitoring einer Therapie
mit UFH
N
Q1/2016
Point-of-Care
Testing
CoaguChek® APTT
Teststreifen
CoaguChek® Pro II Gerät
* N = Neueinführung / V = Produktverbesserung, -erweiterung
30
Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Veranstaltungen & Kongresse
Veranstaltungen & Kongresse Januar bis April 2016
Veranstaltungen von / mit Roche Diagnostics
Datum
Ort
Expertentraining Workshop VENTANA HER2 / Chr 17 DISH Cocktail
1.–3. März
Mannheim
15th Bergmeyer Conference
6.–11. März
Greinach
Basistraining BenchMark ULTRA
14.–16. März
Mannheim
Expertentraining IHC Protokolletablierung und -optimierung
11.–14. April
Mannheim
Veranstaltungen verschiedener Organisationen
Datum
Ort
DELAB - Fachtagung für Ärzte im Medizinischen Labor
(www.delab.de/)
4.–5. März
Mainz
Deutsches Institut zur Weiterbildung für Technologen/-innen und
Analytiker/-innen in der Medizin e.V. (http://diw-mta.de/)
Vertiefungsseminar "Implementierung"
21.–23.März
Berlin
Ausgewählte Kongresse & Messen
Datum
Ort
Bamberger Morphologietage
29.–31. Januar
Bamberg

10. Intensivkurs Pränatal- und Geburtsmedizin
1.–3. Februar
Aachen

59. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und
Hämostaseforschung
17.–20. Februar
Münster

Jahrestagung der Interdisziplinären Gruppe für Labormedizin &
Durchflusszytometrie e.V. (IGLD)
25.–27. Februar
Hamburg

FOKO Fortbildungskongress 2016
3.–5. März
Düsseldorf

Münchner AIDS- und Hepatitistage
11.–13. März
München
82. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
30. März – 2. April Mannheim
Jahrestagung der Gesellschaft für Virologie
6.–9. April
Münster
122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere
Medizin e.V.
9.–12. April
Mannheim
37. Morphologie-Histologietage im Rahmen der Deutschen
Pathologietage
11.–12. April
Berlin
Ute Reimann
Kommunikation
0621 759-4078
ute.reimann
@roche.com
Roche
Ausstellungsstand
Roche
Satellitensymposium
Diverse Workshops
(Anmeldung erforderlich)


Lunchsymposium, 10. April:
"Herzinsuffizienz abschätzen
oder abklären?"
Unseren ausführlichen Kongress­k alender finden Sie unter: www.roche.de/diagnostics
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AMI-Ausschluss nach einer Stunde möglich!
Die neuen Europäischen Leitlinien für die Diagnose von
NSTEMI empfehlen den 1-Stunden-Algorithmus für die
Diagnose eines akuten Myokardinfarkts (AMI).
Wenn jede
Minute zählt.
Verdacht auf NSTEMI
0 h < A ng/l
oder
0 h < B ng/l
und
Δ0–1 h < C ng/l
Ausschluss
hs-cTnT (Elecsys ®)
hs-cTnl (Architect)
hs-cTnl (Dimension Vista®)
Andere
0 h ≥ D ng/l
oder
Δ0–1 h ≥ E ng/l
Observations-Zone
Einschluss
A
B
C
D
E
5
12
3
52
5
2
5
2
52
6
0,5
5
2
107
19
Die Leitlinie empfiehlt die Verkürzung des Testintervalls bei der Diagnose eines NSTEMI
von 3 auf 1 Stunde mit hochsensitivem Troponin, sofern ein validierter 0 h/3 h-Algorithmus
etabliert ist. Der aktuelle 0 h/3 h-Algorithmus bleibt weiterhin bestehen.
European Heart Journal (2015); 36(36): 2405–2407
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