42 einem Impulsphasenraum P. Dieser ist mit einer weiteren Struktur ausgestattet, der sogenannten symplektischen Struktur, die zum Beispiel über die Poisson– Klammer charakterisiert werden kann: {◦, ◦} : O(P) × O(P) −→ O(P). Auch diese Struktur wird von der Quantisierung respektiert, in folgendem Sinne: Vereinbarung VII.2 (Kanonische Quantisierung) Sei (P, H) ein Hamilton–System gegeben durch einen Phasenraum P ∼ = Q × Rn , n ∈ N für eine offene Menge Q ⊂ Rn , oder durch eine symplektische Mannigfaltigkeit P, zusammen mit einer Hamilton–Funktion H. Die geometrische Struktur von P liefert die Poissonklammer, {◦, ◦} : O(P) × O(P) −→ O(P), die O(P) zu einer Lie– Algebra macht. Zu einer kanonischen Quantisierung gehört die Quantisierungsvorschrift VII.1 und eine Auswahl A ⊂ O(P) von klassischen Observablen, die quantisiert werden sollen. Eine kanonische Quantisierung von (P, H, A) ist dann eine Abbildung ρ : A −→ O(Z) mit den folgenden Bedingungen: (1): Für alle B1 , B2 ∈ A mit {B1 , B2 } ∈ A gilt [ρ (B1 ) , ρ (B2 )] = iρ ({B1 , B2 }) . (120) (3): Mit Oq := ρ(BOrt ) und Op := ρ(BImp ) liefert (1), [Oqa , Opb ] = iδba , a, b ∈ {1, 2, 3} . (121) Bsp. VII.1 (Der 1–d harmonische Oszillator) Der Phasenraum ist P = R2 . Als Menge der zu quantisierenden Observablen wählen wir A = {q, p, H, idP }, wobei die Hamiltonfunktion durch H = (p2 + m2 ω 2 q 2 )/(2m) gegeben ist. Als Hilbert–Raum wird L2 (R) genommen. Durch ρ(q) := Oq , ρ(p) := Op , ρ(idP ) := idZ und ρ(H) := OH = (Op ◦ Op + m2 ω 2 Oq ◦ Oq )/(2m) ist dann eine kanonische Quantisierung gegeben, wobei OH folgendermaßen definiert ist: Der Definitionsbereich D(OH ) enthält den linearen Unterraum � � df D = ψ ∈ L2 (R) : dq |q|4 |ψ(q)|2 < ∞ , R � � ∃∆f ∈ L2 (R) : dq g∆f = dq (∆g)f , R R � ∀g ∈ E(R) : Träger(g) kompakt in R , (122) wobei E(R) die Menge der differenzierbaren Funktionen auf R bezeichne. Die Wirkung von OH auf D ist folgendermaßen definiert: Für |ψ� ∈ Z , ψ(q) ∈ D ist �q|OH |ψ� ≡ OH ψ(q) � � = −�2 ∆ + m2 ω 2 q 2 ψ(q) . Deibei ist ∆ := ∂ 2 /∂q 2 . a∈I (124) eine kanonische Quantisierung von A = {q a , pa , H, idP } liefern. Dabei ist ∆ der klassische Laplace–Operator. Bsp. VII.3 (Das freie nicht–relativistische Teilchen) Der Phasenraum ist P ∼ = R3 × R3 , die Hamilton– Funktion H(q, p) = p2 /2m. Die zu quantisierenden Observablen sind A = {q a , pa , H, idP }. Als Hilbert–Raum dient L2 (R3 ). Wie im vorherigen Beispiel wählen wir Oqa , OPa und OH := −�2 ∆/2m. Damit ist die kanonische Quantisierung spezifiziert. (119) (2): Ist die konstante Funktion idP ∈ A, so ist ρ (idP ) = idZ . Bsp. VII.2 (Der n–d harmonische Oszillator) Verläuft ganz analog zum 1 − −d harmonischen Oszillator, allerdings ist die Buchhaltung aufwendiger. Zunächst ist der Hilbert–Raum L2 (Rn ) , n ∈ N. Wir gehen hier nicht explizit auf die Definitionsbereiche der Operatoren ein, sondern notieren lediglich, daß die Festsetzungen Oqa ψ = q a ψ, OPa ψ = −i�∂ψ/∂q a , a ∈ I := {1, 2, 3} und � � � 1 OH ψ(q) = −�2 ∆ + m2 ω 2 Oqa ◦ Oqa ψ(q) 2m (123) Bsp. VII.4 (Kanonische Quantisierung in Algebraischer Manier) Wir diskutieren diese Konstruktion wieder am Beispiel des 1–d harmonischen Oszillators. Unter der Annahme, daß eine kanonische Quantisierung bereits gegeben ist, gelten folgende algebraische Relationen für die Observablen: [Oq , Op ] = i� , [Oq , OH , ] = i(�/m)Op , [OH , Op ] = i(m2 ω 2 /2)Oq . (125) In der Klassischen Mechanik haben wir den harmonischen Oszillator auch qualitativ untersucht. Da die Energie R+ � E = const. eine Bewegunsinvariante ist, gilt H(q(t), p(t)) = E ∀t ∈ R. Dies führt zum Konzept der 2 2 2 Energieniveauflächen, H −1 √(E) = {(q, p ∈ P : m ω q + 2 1 p = 2mE} = Sr mit r = 2mE. Eine übersicht über alle Bahnen zu einer festen Energie E > 0 erhalten wir, indem wir auf H −1 folgende Äquivalenzrelation einführen: Für a, b ∈ H −1 (E) sei a ∼ b, wenn es eine Bahn mit Energie E im Phasenraum P gibt, die a und b miteinander verbindet. Der Quotient BE := H −1 / ∼ ist dann der Bahnenraum zur Energie E und parametrisiert offenbar alle möglichen Bahnen des Systems mit Energie E. In dieser Situation lassen sich die Bahnen mit Hilfe der komplexen Struktur auf R2 besonders einfach beschreiben: Für (q, p) ∈ P schreiben wir z := mωq + ip ∈ C. Auf diese Weise ist R2 mit C identifiziert. Zeigen Sie, daß folgendes gilt: a ∼ b genau dann, wenn es φ ∈ R gibt mit a = exp (iφ)b. In der Mechanik haben wir an dieser Stelle an den komplex–projektiven Raum P0 (C) erinnert, nämlich P0 (C) := S1r / ∼ mit der Äquivalenzrelation a ∼ b, wenn es ein λ ∈ U (1) := {λ ∈ C : |λ| = 1} gibt mit a = λb. Als Resultat erhalten wir so: Der Bahnenraum BE für den (1 − d) harmonischen Oszillator zur Energie 43 E > 0 ist der komplex–projektive Raum P0 (C), und die Quotientenabbildung ϕ : H −1 (E) −→ BE = P0 (C) hat als Fasern ϕ−1 (x) gerade die Bahnen zur Energie E. Salopp gesprochen versucht die algebraische Methode, die Quantisierung auf obiger qualitativer Beschreibung aufzubauen, natürlich im Al√ Einklang mit (125). ∗ so, ρ(z) := (mωO + iO )/ 2m�ω =: a und ρ(z ) := q p √ (mωOq − iOp )/ 2m�ω =: a† auf dem noch zu bestimmenden Hilbert–Raum. Die Operatoren a und a† sind nicht selbstadjungiert. Es gilt OH = (a◦a† −1/2)�ω. Wir bemerken, daß E0 := �ω die Einheit einer Energie hat. Somit wird OH in Vielfachen von E0 gemessen (relativ zur Grundzustandsenergie). Der Operator On := a ◦ a† ist selbstadjungiert und dimensionslos. Die algebraischen Relationen (125) liefern: � � a, a† = 1 . (126) Offenbar ist OH = (On − 1/2)E0 , also M(OH ) = M(On ) − 1/2. Wir nsetzen voraus, daß es einen Eigenvektor |n� ∈ Z gibt mit On |n� = n|n� , n ∈ R. Offenbar ist dann OH |n� = (n − 1/2)�ω|n�. Wir definieren |n − 1� := a|n�. Der Bezeichner des neuen Zustandes ist schon sinnvoll, denn mit (126) ist: On |n − 1� = On a|n� = a(On − 1)|n� = (n − 1)|n − 1�. Genauso gilt mit der Definition |n + 1� := a† |n� und wegen (126): On |n + 1� = On a† |n� = (1 + On )a† |n� = a† (1 + On )|n� = (1 + n)|n + 1�. Außerdem ist für jedes Z � |ψ� = � 0 auch a† |ψ� = � 0, denn �a† |ψ��2 = † �ψ|On |ψ� = �ψ|a a|ψ� + �ψ|ψ� = �a|ψ��2 + �|ψ��2 > 0. Wir setzen |n−k� := (a)k |n� , k ∈ N, wobei (a)k die k– fache Komposition von a mit sich selbst bezeichne. Offenbar ist On |n−k� = (n−k)|n−k� und �a† |n−k��2 = �k − n|On |k−n� = (n−k)�n−k|n−k� = (n−k)�|n−k��2 ∀k ∈ N. Folglich ist (n − k) ≥ 0 oder �n − k|n − k� = 0 ∀k ∈ N. Daher gibt es ein N � k : |n − k� = � 0 und a|n − k� = 0. Für diesen Zustand ist n − k − 1 = 0 � n = k + 1 ∈ N, also n ∈ N. Mit all diesen Informationen können wir nun tatsächlich explizit einen geeigneten Hilbert–Raum mit den Operatoren Oq , Op , OH konstruieren. Sei |z� ein Zustand mit Wellenfunktion Z(n) := �n|z� und �∞ 2 < ∞. Dann können wir so vorgehen: n=1 |Z(n)| Es sei H = �2 der Hilbert–Raum der komplexen, quadratsummierbaren Folgen, �2 := {(Z(n))n∈N : Z(n) ∈ �∞ C , n=1 |Z(n)|2 < ∞} mit dem Skalarprodukt �z|w� := �∞ n=1 Z(n)W (n) und den Einheitsvektoren {en }n∈N = (0, . . . , 1, . . . , 0), wobei die Eins an der Position n ∈ N der Folge steht. Wir finden a† en = √ n en+1 , √ a en = n − 1 en−1 , n ∈ N/{0, 1} , a e1 = 0 . (127) Und weiter folgt für alle |z� mit: ∀n ∈ N ist Z(n) ∈ �2 : On e n = n e n � OH en = (n − 1/2)E0 en , �n|OH |z� ≡ OH Z(n) = (n − 1/2)E0 Z(n) . (128) Geeignete Fortsetzungen von Oq , Op , OH sind dann selbstadjungierte Operatoren auf H, also Observablen, die den gewünschen Kommutator–Beziehungen (125) genügen. Der Zusammenhang zu den Zuständen � |n� , n ∈ N/{0} ist schnell hergestellt: en ↔ |n� := |n�/ �n|n�. In der Tat ist dann, a† |n� = N(+) |n + 1� , N(+) ∈ C. Wegen der √ Definition |n + 1� = a† |n� folgt N(+) = n. Genauso √ sehen wir ein, daß a|n� = n − 1|n − 1�. Die algebraische Behandlung des harmonischen Oszillators in der Quantenmechanik heisst auch Besetzungszahldarstellung des harmonischen Oszillators. Der Name stammt von folgender Überlegung: Aufgrund der Wirkung von a und a† liegt es nahe, diese als Vernichtungs– und Erzeugungsoperatoren zu bezeichnen. Was in dieser Sprache etws irreführend vernichtet und erzeugt wird sind Anregungen des Oszillators relativ zu seinem Grundzustand mit der Energie −E0 /2 �= 0. Da diese Anregungen immer in natürlichen Portionen kommen, die wir mit n ∈ M(On ) = N parametrisiert haben, scheint diese Sprache sinvoll zu sein. Allerdings ist es wichtig zu betonen, daß eine solche Anregung mittels Operation von a und a† nicht wirklich vernichtet oder erzeugt werden kann, denn diese Operatoren sind ja nicht selbstadjungiert und folglich kann ihre Wirkung auf einen Zustand keinen physikalischen Prozess beschreiben. Vielmehr erlaubt uns On zu zählen, wieviel Anregunsenergie in Portionen E0 relativ zur Grundzustandsenergie E0 /2 in diesem System steckt. Wir notieren auch, daß der Grundzustand nicht zu einem Teilchen mit verschwindender Energie korrespondiert! Eine analoge Konstruktion funktioniert sogar für ein System von unendlich vielen harmonischen Oszillatoren, was zur üblichen Interpretation der Quantentheorie von Feldern führt. Bemerkenswert an dem 1-d Fall ist einerseits, daß es nicht möglich ist, die so einfach strukturierte Menge A = {q, p, H, idP } von klassischen Observablen auf dem Phasenraum P = R2 unter Vewendung eines endlich–dimensionalen Hilbert–Raumes zu quantisieren. Andererseits ist in der Besetzungszahldarstellung die Konstruktion des wichtigsten Operators, OH , der ja die Dynamik es quantenmechanischen Systems als selbstadjungierter Generator der unitären Darstellung von Zeittranslationen auf dem entsprechenden Hilbert–Raum hervorbringt, von vornherein als in seine Eigenräume zerlegt gegeben. 44 VIII. ELEMENTARE ANWENDUNGEN In diesem Kapitel betrachten wir einfache Systeme, die immer durch ein einzelnes Teilchen in einem von außen vorgegebenen klassischen Potentialfeld gegeben sind, und die wir quantenmechanisch beschreiben wollen. Dazu bedarf es ab und an einer ausführlicheren Vorbereitung, in der wir unsere algebraischen Einsichten um analytische Resultate aufstocken, etwa beim harmonischen Oszillator oder beim quantenmechanischen Drehimpuls. A. Harmonischer Oszillator in einer Dimension Bei der algebraischen Behandlung des harmonischen Oszillators in der Quantenmechanik haben wir uns ausschließlich für kinematische Informationen interessiert, die rein algebraisch abgerufen werden konnten. Die explizite Berechnung von Wellenfunktionen war hierfür nicht erforderlich, beschäftigt uns aber im Folgenden. Eine zentrale Rolle bei der algebraischen Behandlung kam den Erzeugungs– und Vernichtungsoperatoren zu, a† und a, die eine Besetzungszahldarstellung |n� , n ∈ M(On := aa† ) des Oszillators erlaubten. Gewissermaßen interessieren wir uns für die Anzahl der elementaren Anregungen im Oszillator relativ zum nicht–trivialen Grundzustand, wobei jede Anregung die gleiche Energie E0 = �ω trägt. Die Gesamtenergie des harmonischen Oszillators ergibt sich wegen der Additivität der Energie einfach aus der Anzahl der Anregungen mit Energie E0 zuzüglich der Grundzustandsenergie E0 /2. Die Besetzungszahldarstellung ist salopp geschrieben ein Anregungsportrait des Oszillators. Um ein wenig gelenkiger mit den algebraischen Relationen zu werden, nutzen wir sogleich die zentrale Relation [a, a† ] = 1 und redefinieren damit den Besetzungszahl– Operator On . Es gilt ja: On = 1 + a† a. Dies zeigt, daß auch N := a† a als Besetzungszahl–Operator fungieren darf. Damit gilt OH = (N + 1/2)E0 . Beim Übergang von On nach N wird also lediglich die Grundzustandsenergie verschoben, und zwar wird sie um E0 erhöht. Mathematisch haben wir hier sicher alles richtig gemacht, aber verzerrt diese Energieverschiebung nicht unser physikalisches Verständnis? Dies wäre sicherlich der Fall, wenn die Energiemessung absolut wäre. Ist sie aber nicht, wir messen in der Physik immer relative Energien, also Energiedifferenzen! Die algebraischen nützlichen Relationen sind jetzt: � � � � a, a† = 1 , [N, a] = −a , N, a† = a† . (129) Mit der Wahl von ON als Besetzungszahl ändert sich auch die Normierung der entsprechenden Zustände. Wir finden: √ a|0� = 0 , a|n� = n|n − 1� , N � n ≥ 1 , (130) √ a† |n� = n + 1|n + 1� , (131) was konsistent mit (127) ist, wenn wir bedenken, daß jetzt n ∈ M(N ) ist. Wir wollen nun die Energie–Eigenfunktionen im Ortsraum berechnen. Wie gehen wir geschickt vor? Geleitet von unseren algebraischen Einsichten fragen wir zunächst nach der Wellenfunktion des Grundzustandes |0�. Dieser war definiert als der Besetzungszahl–Zustand für den a|0� = 0 gilt, also von dem aus der Oszillator nicht weiter abgeregt werden kann. Um eine Differentialgleichung für die Grundzustandswellenfunktion zu erhalten, bietet es sich nun an, diese Definition in den Ortsraum zu bringen. Sei x ∈ M(Oq ). Dann gilt � � �x|a|0� = x + x02 ∂x �x|0� = 0 , (132) � wobei wir x0 := �/mω eingeführt haben. Bemerken Sie, daß [x0 ] = L, also setzt x0 eine durch die Kreisfrequenz und die Masse des Oszillators gegebene charakteristische Längenskala. Es ist leicht zu sehen, daß für ein Teilchen im Grundzustand x0 gerade der klassische Umkehrpunkt der Bewegung ist. Die Gleichung (132) ist rasch gelöst, Z0 (x) := �x|a|0� ∝ exp [−(x/x0 )2 /2]. Mit der korrekten Normierung finden wir explizit: � � �2 � 1 1 x Z0 (x) = �√ exp − . (133) 2 x0 πx0 Die Grundzustandswellenfunktion Z0 (x) ist modulo einer multiplikativen Konstante die eindeutige Lösung von (132), es liegt also keine Entartung des Grundzustandes vor. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik ist die Energie des Grundzustandes von Null verschieden und der Oszillator braucht sich nicht an der Stelle des Potentialminimums befinden, was durch die endliche räumliche Ausdehnung der zugehörgen Wellenfunktion Z0 (x) zum Ausdruck gibt, die ja wiederum durch x0 charakterisiert ist. Es ist instruktiv, sich die Erwartungswerte für die kinetische und potentielle Energie des harmonischen Oszillators im Grundzustand zu beschaffen. Wir benötigen also E(Op � ◦ Op , |0�) und E(Oq ◦ Oq , |0�). Zunächst einmal ist Op = i mE0 /2(a† − a) und daher � † � 0 Op ◦ Op = − mE a ◦ a† + a ◦ a − a† ◦ a − a ◦ a† . 2 Wenn wir den Erwartungswert von Op ◦ Op bezüglich des Grundzustandes bilden, dann tragen nur die letzten beiden Summanden bei. Daher finden wir E(Op ◦ Op , |0�) = mE0 /2. Genauso finden wir, daß E(Oq ◦ Oq , |0�) = x02 /2 ist. Der Erwartungswert der kinetischen Energie OT := Op ◦ Op /2m im Grundzustand des harmonischen Oszillators ist somit E(OT , |0�) = E0 /4. Im Grundzustand erwarten wir außerdem für die potentielle Energie OV := mω 2 Oq ◦ Oq /2 des harmonischen Oszillators ebenfalls E(OV , |0�) = E0 /4. Mit anderen Worten: E(OT , |0�) = E(OV , |0�) = E(OH , |0�)/2. Weiterhin ist E(Op , |0�) = 0 und E(OV , |0�) = 0. Folglich gilt: Streu|0� (q) · Streu|0� (p) = �/2 . (134) 45 Damit ist die Unschärferelation zwischen dem quantenmechanischen Ort und Impuls im Grundzustand des harmonischen Oszillators saturiert, das heißt, der minimal mögliche Wert für die Unschärfe wird angenommen. Für beliebige Anregungszustände des harmonischen Oszillators finden folgenden konstruktiven Ausdruck zur Berechnung der zugehörigen Wellenfunktionen im Orts√ raum: Es sei Nn := 1/ 2n n!. Dann gilt � �n Zn (x) ≡ �x|n� = Nn x−n x − x02 ∂x Z0 (x) . (135) 0 Für diese Wellenfunktionen des angeregten harmonischen Oszillators ist die prinzipielle Unschärfe in Ort und Impuls größer als im Grundzustand. Es ist Streu|0� (q) · Streu|0� (p) = (n + 1/2)� . (136) Die Energie–Eigenzustände des harmonischen Oszillators sind natürlich stationär. Folglich oszillieren auch nicht die Erwartungswerte E(q, |n�) , E(p, |n�), sie verschwinden sogar unbhängig vom Anregungszustand. Wir können aber umgekehrt fragen, ob es Linearkombinationen von Energie–Eigenzuständen gibt, die den klassischen harmonischen Oszillator möglichst treu imitieren? Die Antwort hierauf ist ja und führt auf das Konzept der kohärenten Zustände, welches leider jenseits dieser Einführung liegt. B. Bahndrehimpuls und Kugelflächenfunktionen Kanonische Quantisierung der kinetischen Energie eines Teilchens liefert nach Beispiel VII.3 den selbstadjungierten Operator T := Op ◦ Op /2m = −�2 ∆/2m auf dem Hilbert–Raum L2 (Rd ). Der Laplace–Operator ∆ kann folgendermaßen zerlegt werden: ∆ = ∆r + ∆Ω /r2 , df ∆r = ∂2 d−1 ∂ + , ∂r2 r ∂r �2 d � 1 � ∂ ∂ xj k − xk j , 2 ∂x ∂x j,k=1 �2 � � ∂ ∂ . = xj k − xk j ∂x ∂x df ∆Ω = Der Vektor xab beschreibt eine Tangente an die Kugel K(0, |x|) mit Mittelpunkt 0 und Radius |x| im Punkt x, die parallel zur (xa , xb )–Ebene verläuft. ∆Ω ist also gewissermaßen ein Differentialausdruck auf der Sphäre, den wir insbesondere auch auf der Einheitssphäre S d−1 := {y ∈ Rd : |y| = 1} ⊂ Rd untersuchen können. Für f ∈ C 2 (S d−1 ) können wir den sogenannten Laplace–Beltrami –Differentialausdruck Bf folgendermaßen erklären: (Bf )(ω) := ∆Ω f (x/|x|)|x=ω , ω ∈ S d−1 . Mit anderen Worten, wir setzen erst f radial konstant fort, wenden dann den Differentialausdruck ∆Ω an, und schränken anschließend wieder auf S d−1 ein. Damit ist auch klar, warum Kugelflächenfunktionen eine wichtige Rolle spielen — wie wir weiter unten sehen werden, bilden sie eine ONB von Eigenfunktionen zu B, denn Kugelflächenfunktionen erhalten wir durch Einschränkung harmonischer Polynome in Rd auf die Einheitssphäre S d−1 . Zur Notation: Ein Multi–Index der Dimension d ∈ N ist ein d–Tupel α = (α1 , . . . , αd ) ∈ Nd . Für einen Multiindex α definieren wir: |α| := (137) Hierbei bezeichnet r den euklidischen Abstand vom Koordinatenursprung, und Ω soll an den Raumwinkel erinnern. Letztere Bezeichnung ist sinnvoll, weil ∆Ω ein von r unabhängiger Differentialausdruck ist, und insbesondere in Kugelkoordinaten lediglich vom Azimuth– und Polarwinkel abhängt. Dabei sind die Richtungsableitungen ∇ab ≡ xab · ∇ , a, b ∈ {1, . . . , d}, wobei die Vektoren xab := (0, . . . , 0, −xb , 0, . . . , xa , 0 . . . , 0) , (xab )a = −xb , (xjk )b = xa , a, b ∈ {1, . . . , d}, bis auf den Faktor −i� gerade die Komponenten des Bahndrehimpulses, üblicherweise folgendermaßen bezeichnet: La = −i�∇bc . Tatsächlich gilt [La , Lb ] = iεabc �Lc . a=1 αa , xα := d � a=1 (xa )αa , x ∈ Rd . (138) Für ein beliebiges Polynom P vom Grad k ∈ N in d Variablen schreiben wir also � P(x) = c α xα . (139) |α|≤k Es genügt hier homogene harmonische Polynome zu betrachten: Lemma VIII.1 Sei P ein harmonisches Polynom vom Grad k in d Variablen. Dann läßt sich P in der Form �k P = q=0 Pq schreiben mit homogenen harmonischen Polynomen vom Grad q. � Beweis VIII.1 Wir wählen Pq = |α|≤q cα xα als homogene Polynome vom Grad q. Dann gilt offenbar P(x) = 1≤j<k≤d d � k � q=0 Pq (x) , und 0 = ∆P(x) = k � ∆Pq (x) . q=0 Für jedes q ∈ {0, . . . , k} ist ∆Pq (x) entweder ein homogenes Polynom vom Grad q − 2, oder ∆Pq = 0, wobei letzteres insbesondere für q < 2 gilt. Also muß auch ∆Pq = 0 , ∀q ∈ {1, . . . , k} gelten. ∗–< [{; 0) Für niedrige Grade können die harmonischen Polynome explizit angegeben werden: Jedes Polynom von Grad 0 und 1 ist harmonisch. Linear unabhängige Systeme harmonischer Polynome sind zum Beispiel: P0 (x) = 1(1 Funktion),P1 (x) = xa , a ∈ {1, . . . , m}(m Funktionen), P2 (x) = xa xb , 1 ≤ a < b ≤ d und (x1 )2 − (xj )2 , j ∈ {2, . . . , d}. Für diesen Grad haben wir 0 Funktionen für d = 1, 2 Funktionen für d = 2, 5 Funktionen für d = 3, und allgemein: (d+2)(d−1)/2–Funktionen. Weiter unten