Vorkurs Mathematik 2013 - Mathematisches Seminar

Werbung
Vorkurs Mathematik
für Studierende der Fachrichtungen
Mathematik und Informatik
Wintersemester 2014/15
Alexander Ullmann
CAU Kiel (PerLe)
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
iv
Einleitung
1
1 Aussagen, Mengen und Quantoren
1.1 Aussagen und logische Verknüpfungen
1.2 Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Die Quantoren ∃ und ∀ . . . . . . . . .
1.4 Verneinung (Negation) von Aussagen .
.
.
.
.
3
3
5
7
8
Zahlenbereiche N, Z, Q, R
Bruchrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rechenregeln für reelle Zahlen und Ordnungsrelationen . . . . . . . . . . . . . . .
Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
12
15
16
2 Die
2.1
2.2
2.3
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
3 Beweistechniken und einige Beweise Teil I
4 Potenzrechnung, Logarithmen und Rechnen mit
4.1 Potenzen und Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Der Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Die Logarithmengesetze . . . . . . . . . .
4.3 Der Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Beträgen
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
.
.
.
.
5 Gleichungen und Ungleichungen
5.1 Gleichungen und Ungleichungen in einer Variablen . . . . . . .
5.2 Quadratische Gleichungen und Ungleichungen . . . . . . . . . .
5.2.1 Quadratische Gleichungen und Quadratische Ergänzung
5.2.2 Lösungsmengen quadratischer Ungleichungen . . . . . .
5.3 Wurzelgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Bruchungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Betragsungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6 ...in zwei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
iii
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
23
24
26
27
28
.
.
.
.
.
.
.
.
29
29
31
31
32
34
35
36
37
iv
INHALTSVERZEICHNIS
6 Funktionen
6.1 Definition und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Eigenschaften von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Die Umkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
41
47
48
7 Spezielle Funktionen
7.1 Die Potenzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Die Exponentialfunktion und die Logarithmusfunktion
7.3 Polynomfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.4 Allgemeine (affin-)lineare Funktionen . . . . . . . . . .
7.5 Stückweise lineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . .
7.6 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . .
7.6.1 Herleitung und Definition . . . . . . . . . . . .
7.6.2 Die Additionstheoreme . . . . . . . . . . . . . .
.
.
.
.
.
.
.
.
53
53
54
55
56
56
58
58
60
.
.
.
.
61
62
63
67
68
8 Die
8.1
8.2
8.3
8.4
komplexen Zahlen
Rechnen mit komplexen Zahlen . . . .
Die Gaußsche Zahlenebene . . . . . . .
Lösen quadratischer Gleichungen in C
Polardarstellung und Einheitswurzeln .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
9 Analytische Geometrie in Ebene und Raum
9.1 Der Vektorraum Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Die euklidische Ebene R2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2.1 Geraden in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2.2 Der Schnitt von Geraden in der Ebene und lineare Gleichungssysteme mit
zwei Unbekannten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2.3 Norm und Skalarprodukt in der euklidischen Ebene . . . . . . . . . . . . .
9.3 Der euklidische Raum R3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.3.1 Geraden und Ebenen im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
71
72
73
10 Beweistechniken und einige Beweise Teil II
10.1 Bearbeitung von Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
85
87
Index
89
75
78
79
79
Einleitung
1
Einleitung
Dieser Kurs soll wichtige Bereiche Ihres Schulwissens möglichst konsistent aufbereiten. Er richtet sich insbesondere an Studierende, die Unsicherheiten im Umgang mit dem mathematischen
Schulstoff haben, deren Mathematikunterricht länger zurückliegt oder deren mathematischer
Schulstoff nicht alle für das Studium notwendige Voraussetzungen umfasste. Der Vorkurs muss
sich auf das Notwendigste beschränken, soll Sie aber schon vertraut machen mit der präzisen
Darstellung mathematischer Sachverhalte, wie sie das Studium vermitteln und verlangen wird.
Die dargestellten Inhalte sind vielerorts, sei es frei erhältlich im Internet, oder auf dem Büchermarkt in guten Darstellungen zu finden. In diesen Kurs fließen aber die speziellen Erfahrungen
des Lehrbetriebes von Dozenten der ersten Semester Mathematik ein. Über Jahre konnten wir
gravierende Lücken vieler Studienanfänger im Umgang mit elementaren Rechentechniken und
Definitionen, wie Rechnen mit Beträgen oder den sicheren Umgang mit Ungleichungen beobachten. Wenn solche Lücken nicht aufgearbeitet werden, kann daran leicht das erfolgreiche Studium
scheitern. Auch beobachteten wir bei vielen Studienanfängern und -anfängerinnen große Hemmungen, sich eigenständig an das Lösen auch einfacherer Übungsaufgaben zu machen. Das ist
aber unumgänglich um mit dem Fortschreiten des Stoffes Schritt zu halten und nicht irgendwann
„abgehängt“ zu werden. Eine weitere Hürde für das Studium stellt für viele das Formulieren und
Aufschreiben eines vollständigen Beweises dar. Auch an diesen Aspekt des Mathematikstudiums
wollen wir Sie in diesem Vorkurs bereits heranführen. Dieser Vorkurs soll jedem Studienanfänger
und jeder Studienanfängerin die Chance bieten, im Studium von Anfang an alle Übungsangebote
optimal für sich nutzen zu können und damit die Grundlage für ein erfolgreiches Mathematikoder Informatikstudium an der CAU Kiel bieten.
Dieses Skript basiert auf einer überarbeiteten Version eines Vorkurses Mathematik, der seit 2009
am KIT in Karlsruhe gehalten wird und ursprünglich von Frau Dr. Johanna Dettweiler entworfen
wurde, und es wurden Elementee aus bereits am Mathematischen Seminar in Kiel gehaltenen
Vorkursen von Herrn Prof. Hermann König und Herrn Dr. Hauke Klein übernommen.
Kiel, im Herbst 2014
Alexander Ullmann
2
Einleitung
Kapitel 1
Aussagen, Mengen und Quantoren
1.1
Aussagen und logische Verknüpfungen
Wenn man sich über Mathematik verständigen will, ist es unumgänglich zu verstehen, was mathematische Aussagen sind und wie sie verknüpft werden können. Erst dann kann man verstehen,
was bspw. ein mathematischer Beweis ist. Daher fängt dieser Vorkurs mit mathematischen Aussagen an und behandelt in Kürze, wie daraus durch verschiedene Verknüpfungen neue Aussagen
entstehen.
Definition 1.1.1 ((Mathematische) Aussagen). Eine Aussage im mathematischen Sinne ist ein
sprachliches Gebilde, dessen Wahrheitsgehalt stets mit „wahr“ oder „falsch“ angegeben werden
kann.
Beispiele 1.1.2. (1) Folgendes sind mathematische Aussagen:
• Dienstag ist ein Wochentag.
• Dienstag ist Montag.
• 2 ist eine gerade Zahl.
• 2 = 1.
(2) Folgendes sind keine mathematische Aussagen:
• Mathematik macht Spaß.
• x2 + 2x + 1.
• x2 + 1 = 0. (Was ist x?).
• Diese Aussage ist falsch.
Ein zentraler Aspekt besteht nun darin, verschiedene Aussagen miteinander in Relation zu setzen.
Dazu verwenden wir die folgenden logischen Verknüpfungen von Aussagen A, B:
3
4
1. Aussagen, Mengen und Quantoren
Bezeichnung
1. Negation
2. Konjunktion (und)
3. Disjunktion (oder)
4. Implikation (Folgerung)
5. Äquivalenz (genau dann, wenn)
Symbol
Bedeutung der Verknüpfung
¬A
A∧B
A∨B
A⇒B
A⇔B
nicht A
A und B
A oder B
aus A folgt B
A und B sind äquivalent, d.h. es gilt
A ⇒ B und B ⇒ A
Sie werden definiert über Wahrheitstafeln (dabei steht „w“ für wahr und „f“ für falsch):
A
B
¬A
A∧B
A∨B
A⇒B
A⇔B
w
w
f
f
w
f
w
f
f
f
w
w
w
f
f
f
w
w
w
f
w
f
w
w
w
f
f
w
Aussagen, die durch logische Verknüpfung von anderen Aussagen entstehen, nennen wir gelegentlich auch zusammengesetzte Aussagen.
Definition 1.1.3 (Tautologische Äquivalenz). Zwei (ggf. zusammengesetzte) Aussagen A und B
heißen tautologisch äquivalent, wenn Sie dieselben Wahrheitstafeln besitzen. Wir schreiben in
diesem Fall A =||= B.
Zum Beispiel gelten (Nachweis über Wahrheitstafeln):
1. ¬(A ∨ B) =||= ¬A ∧ ¬B ,
2. (A ⇒ B) =||= (¬A ∨ B),
3. ¬(A ⇒ B) =||= (A ∧ ¬B),
4. (A ⇒ B) =||= (¬B ⇒ ¬A), aber A ⇒ B ist nicht tautologisch äquivalent zu B ⇒ A.
5. (A ⇐⇒ B) =||= A ⇒ B ∧ B ⇒ A
1.2. Mengen
5
Beispiele aus dem alltäglichen Sprachgebrauch (Achtung, hierbei handelt es sich streng genommen nicht um Aussagen in unserem Sinn):
Zu 2. Die Aussage „Wenn Du nicht aufräumst, dann bekommst Du Stubenarrest“ läßt sich auffassen als Implikation A ⇒ B mit den Aussagen A : Du räumst nicht auf und B : Du
bekommst Stubenarrest. In der Tat ist diese Aussage auch umgangssprachlich gleichwertig
mit „Du räumst auf, oder Du bekommst Du Stubenarrest“, also mit ¬A ∨ B.
Zu 3. Ebenso läßt sich die Aussage „Wenn Du aufräumst, dann bekommst Du 10 Euro“ als Implikation A ⇒ B auffassen, dieses mal mit den Aussagen A : Du räumst auf und B : Du
bekommst 10 Euro. Diese Aussage ist offenbar falsch genau dann, wenn sie eine „Lüge“ ist,
wenn der Angesprochene also aufräumt, aber keine 10 Euro bekommt, wenn also A wahr
und B falsch ist, bzw. wenn A ∧ ¬B gilt.
Zu 4. Die Aussage „Wenn es regnet, wird die Straße naß“ läßt sich als Implikation A ⇒ B auffassen
mit den Aussagen A : Es regnet und B : Die Straße wird naß. Wenn die Straße also nicht naß
wird, kann es nicht regnen, d.h. wir haben tautologische Äquivalenz zur Aussage ¬B ⇒ ¬A,
aber wenn die Straße (wie auch immer) naß wird, können wird daraus nicht folgern, daß
es auch regnet.
Man beachte:
• Das logische „oder“ ist nicht-ausschließend, also nicht zu verwechseln mit „entweder ... oder“.
• Ist A falsch, so ist die Implikation A ⇒ B stets wahr („ex falso quodlibet“)! Zum Beispiel
gilt 1 < 0 ⇒ 2 = 3.
• Die Negation einer Implikation ist eine „und“-Aussage, vgl. dazu auch Punkt 3. oben und
das zugehörige sprachliche Beispiel.
1.2
Mengen
„Naiver“ Mengenbegriff nach Cantor: Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter,
wohlunterschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Für
jedes Objekt muß eindeutig feststellbar sein, ob es zu der Menge gehört oder nicht. Die zu einer
Menge gehörenden Objekte heißen Elemente der Menge.
Mengen werden üblicherweise mit Großbuchstaben A, B, C, ... und ihre Elemente mit kleinen
Buchstaben a, b, c, ... bezeichnet. Wir schreiben
a ∈ A für „a ist Element von A“ und
a 6∈ A für „a ist nicht Element von A“.
Darstellung von Mengen. Elemente von Mengen werden durch geschweifte Klammern {...}
zusammengefaßt. Dies geschieht entweder durch die aufzählende Darstellung oder durch die beschreibende Darstellung:
6
1. Aussagen, Mengen und Quantoren
(1) Ein Beispiel zur aufzählende Darstellung von Mengen: Die Menge A der Buchstaben
des Namens „Paula“, mit Unterscheidung großer und kleiner Buchstaben, ist:
A := {P, a, u, l, a} = {P, a, u, l}
= {l, P, u, a}.
oder durch die Darstellung {x|x hat die Eigenschaft E}, wie zum Beispiel:
(2) Die beschreibende Darstellung von Mengen hat allgemein die Gestalt {x|x hat die Eigenschaft E},
wie zum Beispiel: B := {x|x ∈ A, x ist ein Großbuchstabe } = {P } oder
C := {x|x ist eine ungerade Zahl}.
(Dabei bedeutet X := Y „X sei definiert als Y “).
Ist für ein x aus einer Menge X die Eigenschaft E in Gestalt eines Ausdruckes E(x) gegeben,
so sind gleichbedeutend {x ∈ X| x hat die Eigenschaft E} sowie {x ∈ X| E(x) ist wahr},
oder meist kurz {x ∈ X| E(x)}. Die so definierte Menge ist dann eine Teilmenge von X
(s.u.).
Man beachte: Eine bedingte (also teilweise) aufzählende Darstellung von unendlichen Mengen
mit „Pünktchenschreibweise“ ist zwar oft intuitiv und auch anschaulicher, aber niemals exakt.
Definiert man zum Beispiel M := {1, 2, 4, 8, 16, . . .}, so suggeriert dies zwar M = {n ∈ N | n = 2k
für eine k ∈ N}, aber es könnte genauso gut sein
M = {1, 2, 4, 8, 16, 30, . . .} = {n ∈ N | n ist die Anzahl der Teiler von m! für ein m ∈ N},
oder
n∈N
(
M = {1, 2, 4, 8, 16, 31, . . .} =
)
n ist die maximale Anzahl von Gebieten, die man durch
geradliniges Verbinden von m Punkten auf einem Kreisrand .
aus einer Kreisscheibe ausschneidet für ein m ∈ N
Eine beeindruckende Übersicht über bekannte Zahlenreihen (der auch diese Beispiele entnommen
sind), finden Sie unter http://oeis.org/.
Definition 1.2.1 (Teil- und Obermengen). Es seien A und B Mengen.
(1) Die Menge A heißt Teilmenge der Menge B, wenn jedes Element a aus A auch Element
von B ist. Wir schreiben in diesem Fall A ⊆ B 1 . Ist A nicht Teilmenge von B, gibt es also
eine Element a ∈ A welches nicht Element von B ist, so schreiben wir A 6⊆ B.
(2) Ist A ⊆ B, so nennt man B auch Obermenge von A und notiert B ⊇ A.
(3) Gilt A ⊆ B und B ⊆ A, so sind die Mengen gleich und wir schreiben A = B.
1
Oft wird in diesem Fall auch die Notation A ⊂ B verwendet.
1.3. Die Quantoren ∃ und ∀
7
Beispiel 1.2.2. Definiere die Mengen A := {1, 2, 3}, B := {1, 2, 3, 4}, C := {1, 2, 3, 2, 1} und
D := {2, 4}. Dann gilt:
A ⊆ B, A ⊆ C, C ⊆ A, A = C und A 6⊆ D.
Definition 1.2.3 (Leere Menge). Die Menge ∅, die kein Element besitzt, wird als leere Menge
bezeichnet.
Achtung: Die leere Menge ∅ ist nicht zu verwechseln mit {∅} oder {0}; insbesondere ist {∅} =
6 ∅,
aber ∅ ⊆ {∅} und ∅ ∈ {∅} (Anschaulich: Ein Sack, in dem ein leerer Sack ist, ist selbst nicht
leer).
Definition 1.2.4 (Schnitt- und Vereinigungsmenge, relatives Komplement). Seien A, B Mengen.
Die Schnittmenge A ∩ B von A und B wird definiert als
A ∩ B := {x|x ∈ A und x ∈ B}.
Die Vereinigungsmenge A ∪ B von A und B wird definiert als
A ∪ B := {x|x ∈ A oder x ∈ B}.
Als relatives Komplement von B in A definiert man A \ B := {x ∈ A|x 6∈ B}.
Definition 1.2.5 (Das kartesiche Produkt von Mengen). Seien A, B Mengen. Dann heißt die
Menge aller geordneten Paare (a, b) von Elementen a ∈ A und b ∈ B
A × B := {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}
das sog. kartesische Produkt od. auch Kreuzprodukt von A und B.
Man beachte: Zwei geordnete Paare (a, b), (c, d) sind genau dann gleich, wenn a = c und b = d
gilt. Es gilt also zum Beispiel (1, 2) 6= (2, 1), aber hingegen {1, 2} = {2, 1}!
Beispiel 1.2.6. Definiere die Mengen A := {1, 2, 3} und B := {1, 3, 5}. Dann gilt
A ∩ B = {1, 3}, A ∪ B = {1, 2, 3, 5} ; und A\B = {2},
sowie
A × B = {(1, 1), (1, 3), (1, 5), (2, 1), (2, 3), (2, 5), (3, 1), (3, 3), (3, 5)}.
1.3
Die Quantoren ∃ und ∀
Die Quantoren ∃ und ∀ sind logische Symbole, die der abkürzenden Schreibweise in der Aussagenlogik dienen.
8
1. Aussagen, Mengen und Quantoren
Sei X eine Menge und E eine Eigenschaft, durch die für jedes x ∈ X eine Aussage E(x) gegeben
ist. Wir schreiben in diesem Fall auch E(·), wobei der Punkt als Platzhalter für ein einzusetzendes
Element steht. Dann bedeuten:
∃x ∈ X : E(x) :
„Es existiert ein x ∈ X so, daß E(x) wahr ist.“
(1.3.1)
bzw. „Es existiert ein x ∈ X mit der Eigenschaft E.“
∀x ∈ X : E(x) :
„Für alle x ∈ X gilt E(x).“
(1.3.2)
Beispiel 1.3.1. Sei X die Menge der Teilnehmer dieses Vorkurses und E(x) die Aussage: „x
trägt eine Brille.“
1. Dann bedeutet (1.3.1): „Mindestens ein Teilnehmer trägt eine Brille.“ In welchen Konstellationen ist diese Aussage wahr bzw. falsch?
2. (1.3.2) bedeutet: „Alle Teilnehmer tragen eine Brille.“
Diese Quantoren kann man auch iterativ verwenden: Seien X, Y Mengen, und sei E eine Eigenschaft auf X × Y . Da man in diesem Fall zwei (möglicherweise) verschiedene Argumente für die
Eigenschaft E hat, schreibt man hier auch E(·, ··).
Dann bedeutet bspw.
∃x ∈ X : (∀y ∈ Y : E(x, y)) :„Es existiert ein x ∈ X so, daß für alle
(1.3.3)
y ∈ Y die Aussage E(x, y) gilt.“
Beispiel 1.3.2. Sei X := Y := R. F(x, y) sei die Aussage x · y = 0. Dann bedeutet (1.3.3): „Es
existiert ein x ∈ R so, daß für alle y ∈ R x · y = 0 gilt.“
Ist diese Aussage wahr? Wenn ja, für welche x?
Beispiel 1.3.3 (Bedeutung der Reihenfolge der Quantoren). Die Reihenfolge der auftretenden
Quantoren ist für die Bedeutung der formulierten Aussage entscheidend. Die Aussagen ∀x ∃y :
E(x, y) und ∃y ∀x : E(x, y) haben eine unterschiedliche Bedeutung. So unterscheiden sich die
Aussagen „Alle Anwesenden haben einen Schuh, der paßt.“ und „Es gibt einen Schuh, der allen
Anwesenden paßt.“ oder auch die Aussagen ∀x ∈ R \ {0} ∃y ∈ R : x · y = 1 und ∃y ∈ R ∀x ∈
R \ {0} : x · y = 1.
1.4
Verneinung (Negation) von Aussagen
Oft gelingt es bei einfachen Aussagen, diese „nach Gefühl“ zu verneinen. Bei Aussagen, die
selbst wieder Verknüpfungen anderer Aussagen sind, wird das jedoch immer unzuverlässiger.
Es gibt aber eine ganz einfache Regel, wie das Negieren einer Aussage ganz „mechanisch“ zu
bewerkstelligen ist:
• Behalte die Reihenfolge bei!
• Vertausche ∃ und ∀ sowie ∨ und ∧.
1.4. Verneinung (Negation) von Aussagen
9
• Verneine alle auftretenden Aussagen.
Die folgende Zusammenstellung listet Negierungen typischer Aussagetypen auf. Seien dabei A, B
Aussagen, X, Y Mengen und E eine Eigenschaft.
1. ¬¬A := ¬(¬A) =||= A.
2. ¬(A ∧ B) = (¬A) ∨ (¬B).
3. ¬(A ∨ B) = (¬A) ∧ (¬B).
4. ¬(∀x ∈ X : E(x)) =||= (∃x ∈ X : ¬E(x)). Die Negation der Aussage „Alle Teilnehmer
waren pünktlich da“ ist die Aussage „Mindestens ein Teilnehmer war unpünktlich“.
5. ¬(∃x ∈ X : E(x)) =||= (∀x ∈ X : ¬E(x)). Die Negation der Aussage „Es gibt einen
Teilnehmer mit Brille“ ist „Alle Teilnehmer tragen keine Brille“, was natürlich eher als
„Kein Teilnehmer trägt eine Brille“ formuliert wird.
6. ¬ ∀x ∈ X : (∃y ∈ Y : E(x, y)) =||= ∃x ∈ X : (∀y ∈ Y : ¬E(x, y)) . Die Negation der
Aussage „Jeder Teilnehmer findet mindestens einen Satz des bisherigen Stoffes trivial“ ist
die Aussage „Es gibt einen Teilnehmer der alle bisherigen Sätze nicht-trivial findet“
7. ¬ ∃x ∈ X : (∀y ∈ Y : E(x, y)) =||= ∀x ∈ X : (∃y ∈ Y : ¬E(x, y)) . Die Negation der
Aussage „Es gibt einen Teilnehmer, der alle Anwesenden bereits kennt“ ist „Alle Teilnehmer
kennen mindestens einen der Anwesenden nicht“.
Beispiel 1.4.1. Seien X, Y Mengen und E eine Eigenschaft auf X × Y , welche für alle (x, y) ∈
X × Y eine Aussage E(x, y) definiert. Formulieren Sie mithilfe von Quantoren die Aussage „Zu
jedem x ∈ X findet man genau ein y ∈ Y so, daß E(x, y) gilt.“. Bilden Sie zudem die Negation
dieser Aussage.
10
1. Aussagen, Mengen und Quantoren
Kapitel 2
Die Zahlenbereiche N, Z, Q, R
Wir gehen an dieser Stelle davon aus, daß die grundlegenden Zahlenbereiche N, Z, Q, R bekannt
sind und werden daher nur unformal and die wesentlichen Eigenschaften erinnern. Im Rahmen
von fortführenden Vorlesungen werden Sie zumindest teilweise auch eine stringente Konstruktion
dieser Zahlenbereiche und Herleitung der charakterisierenden Eigenschaften kennenlernen.
Die natürlichen Zahlen N := {1, 2, 3, 4, . . .}: Es gibt eine kleinste natürliche Zahl, und jede
Zahl n hat einen Nachfolger n + 1; es gibt also keine größte natürliche Zahl. In N sind die Rechenoperationen + und · uneingeschränkt ausführbar, d.h. für a, b ∈ N gilt a + b, a · b ∈ N.
Die Frage, ob die Zahl 0 zu den natürlichen Zahlen gehört, ist nicht einheitlich geregelt, und
hängt von der in der jeweiligen Veranstaltung bzw. vom Autor verwendeten Konvention ab. In
den Grundvorlesungen wird aber meist die hier vorgestellte Variante gewählt, in der 0 keine natürlich Zahl ist, und man verwendet die zusätzliche Bezeichnung N0 := N ∪ {0} = {0, 1, 2, 3, . . .}.
Die ganzen Zahlen Z = {..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, ...}: In Z besitzt die Gleichung x + b = a
(a, b ∈ N, x unbekannt, a, b bekannt) in Z stets eine Lösung. Es gilt N ⊆ Z. In Z gibt es im
Gegensatz zu N keine kleinste Zahl. In Z sind die Rechenoperationen +, − und · uneingeschränkt
ausführbar.
n o
a
Die rationalen Zahlen Q = x x = für ein a ∈ Z und ein b ∈ N : Zwischen zwei ratiob
nalen Zahlen liegen stets noch (unendlich viele) andere rationale Zahlen. Es gilt Z ⊆ Q. In Q
sind die Rechenoperationen +, − und · sowie teilen durch Elemente q ∈ Q\{0} uneingeschränkt
ausführbar.
Die reellen Zahlen Es gibt keine Zahl q ∈ Q, für die gilt
q 2 = q · q = 2.
√
Also: „ 2 ist irrational “.
Beweis. Siehe Kapitel 3.
Jede rationale Zahl läßt sich als endliche oder periodische Dezimalzahl schreiben und umgekehrt
stellt jede endliche oder periodische Dezimalzahl eine rationale Zahl dar. In diesem Kontext soll
11
12
2. Die Zahlenbereiche N, Z, Q, R
es genügen, sich unter der Menge R der reellen Zahlen alle möglichen Dezimalzahlen vorzustellen,
also endliche, periodische und nicht endliche, nicht periodische Dezimalzahlen. Es gilt N ⊆ N0 ⊆
Z ⊆ Q ⊆ R.
Beispiele 2.0.2.
1. 1 ∈ N.
2. 1, 17 ∈ Q.
3.
4.
2.1
1
3
= 0.3333... ∈ Q besitzt eine nicht abbrechende, aber periodische Dezimalentwicklung.
√
2 = 1, 41421... ∈ R besitzt eine nicht abbrechende und nicht periodische Dezimalentwicklung. π = 3.14159... ∈ R besitzt eine nicht abbrechende und nicht periodische Dezimalentwicklung. Mit der Zahl π identifizieren wir die Länge eines Halbkreisbogens mit dem
Radius 1.
Bruchrechnung
Die Menge der rationalen Zahlen Q ist gleich der Menge aller sogenannten „Brüche“ der Gestalt
a
b mit a, b ∈ Z und b 6= 0. Dabei nennt man die Zahl a den Zähler und die Zahl b den Nenner des
Bruchs ab . Zwei Brüche ab , dc ∈ Q haben den gleichen Wert bzw. stelle die gleiche rationale Zahl
dar genau dann, wenn a · d = b · c ist, in diesem Fall gilt also ab = dc . Insbesondere ändert sich der
Wert der durch einen Bruch dargestellten rationalen Zahl nicht, wenn man Zähler und Nenner
des Bruchs mit derselben Zahl multipliziert (den Bruch erweitert) oder durch einen gemeinsamen
Teiler von Zähler und Nenner teilt (den Bruch kürzt). Zum Beispiel gilt
2
2·2
4
6
2
10
=
=
= , 2= =
5
2·5
10
15
1
5
und
28
2 · 14
2
=
= .
42
3 · 14
3
Wir möchten die Kürzungs- und Erweiterungsregel zur Übung auch allgemein formulieren und
beweisen:
Kürzungs- und Erweiterungsregel für rationale Zahlen. Es sei
und es sei n ∈ Z\{0}. Dann gilt
a
n·a
=
.
b
n·b
Beweis. Es gilt a · (n · b) = n · a · b = b · (n · a), also ist
a
b
∈ Q eine rationale Zahl,
(2.1.1)
a
b
=
n·a
n·b .
Den Übergang von links nach rechts in der Identität (2.1.1) nennt man Erweitern des Bruchs,
und den umgekehrten Übergang von rechts nach links Kürzen des Bruchs. Vor und nach konkreten Rechenoperationen mit Brüchen ist es üblich und zum Rechnen auch oft sinnvoll, die Brüche
zunächst zu kürzen, so daß Zähler und Nenner teilerfremd sind.
Beispiele 2.1.1. Seien a, b, p, q ∈ Z mit a + b, p, q 6= 0.
2.1. Bruchrechnung
13
(a)
1
a+b
a+b
=
=
,
2
2(a + b)
2a + 2b
(b)
a2 − b2
(a + b)(a − b)
=
= a − b,
a+b
a+b
(c)
8p · 3q
3q
24pq
=
= ,
2
8p
8p · p
p
(d)
p2 q + pq 2
pq(p + q)
=
= p + q.
pq
pq
Addition und Subtraktion von Brüchen
Brüche mit gleichem Nenner werden addiert/subtrahiert, indem man die Zähler addiert/subtrahiert:
Seien a, b, c ∈ Z mit b 6= 0, dann gilt
a c
a+c
a c
a−c
+ =
und
− =
.
(2.1.2)
b b
b
b b
b
Brüche mit nicht-notwendigerweise gleichen Nennern werden hingegen zunächst auf den Hauptnenner gebracht und anschließend gemäß (2.1.2) addiert/subtrahiert: Seien a, b, c, d ∈ Z mit
b, d 6= 0, dann gilt
a c
a·d c·b
ad + bc
+ =
+
=
.
b d
b·d d·b
bd
Eine entsprechende Rechnung läßt sich auch für die Subtraktion durchführen, und wir erhalten
allgemein die folgende Regel:
a c
ad + bc
+ =
b d
bd
und
a c
ad − bc
− =
.
b d
bd
(2.1.3)
Beispiele 2.1.2. Seien a, b, x ∈ Z mit a + b, a − b, x, 2x + 1 6= 0.
2 · 7 + 3·
19
2 3
= ,
(a) + =
5 7
5·7
35
5
8
5 · 21 − 8 · 28
105 − 224
−119
7 · 17
17
(b)
−
=
=
=
=−
=− ,
28 21
21 · 28
588
588
7 · 84
84
(c)
a
a
a(a + b) + a(a − b)
a2 + ab + (a2 − ab)
2a2
+
=
=
=
,
a−b a+b
(a − b)(a + b)
a2 − b2
a2 − b2
(d)
2x − 1
(2x)2 − (2x + 1)(2x − 1)
4x2 − (4x2 − 1)
1
2x
−
=
=
=
.
2x + 1
2x
2x(2x + 1)
2x(2x + 1)
2x(2x + 1)
In dem obigen Verfahren wurde der Hauptnenner stets durch Multiplikation der Nenner der zu
verknüpfenden Brüche erzeugt. Dies ist nicht unbedingt notwendig, es reicht, ein gemeinsames
Vielfaches der beiden Nenner zu bilden, welches im allgemeinen kleiner als das Produkt der
Nenner ist und somit zu einfacheren Rechnungen führt. In dem obigen Beispiel (b) lauten die
Nenner 28 = 4 · 7 und 21 = 3 · 7, man erhält daher ein gemeinsames Vielfaches als (3 · 4) · 7 =
12 · 7 = 84, denn es ist
3 · 28 = 3 · (4 · 7) = 84
und 4 · 21 = 4 · (3 · 7) = 84.
Dies führt zu der einfacheren Rechnung
5
8
3·5
4·8
15 32
15 − 32
17
−
=
−
=
−
=
=−
28 21
3 · 28 4 · 21
84 84
84
84
14
2. Die Zahlenbereiche N, Z, Q, R
Multiplikation von Brüchen
Seien a, b, c, d ∈ Z mit b, d 6= 0, dann wird das Produkt der Brüche
erklärt:
a c
a·c
· =
.
b d
b·d
a
b
und
c
d
folgendermaßen
(2.1.4)
Zwei Brüche werden also multipliziert, indem man jeweils Nenner und Zähler miteinander multipliziert.
Beispiele 2.1.3. Sei x ∈ Z mit x − 1, x + 1 6= 0.
(a)
1 5
1·5
5
· =
= ,
3 7
3·7
21
(c)
x−1
6
6(x − 1)
3
· 2
=
=
.
2
x −1
2(x − 1)(x + 1)
x+1
(b)
2 3
2·3
6
3
· =
=
= ,
5 4
5·4
20
10
Dabei vereinfachen sich die Rechnungen unter Umständen, wenn man bereits vorab Zähler und
Nenner „über Kreuz“ kürzt, wie zum Beispiel:
67
62·5
1 5
5
7 10
·
=
·
= · = .
8 21
6 2 · 4 3· 6 7
4 3
12
Division von Brüchen
Wir wollen nun zu einem gegebenen Bruch ab mit a, b ∈ Z\{0} das zugehörige multiplikativ inverse
Element ( ab )−1 bestimmen, also diejenige rationale Zahl r mit der Eigenschaft r · ab = ab · r = 1.
Nach der Regel zur Multiplikation von Brüchen gilt
a b
a·b
ab
· =
=
= 1,
b a
b·a
ab
also gilt
a −1
b
=
b
.
a
Mit den üblichen Notationen r−1 = 1 : r =
a, b, c, d ∈ Z mit b, c, d 6= 0:
a
a c
a c −1 a d
ad
: = cb = ·
.
= · =
b d
b
d
b c
bc
d
Man dividiert also durch einen Bruch
c
d
1
r
für r 6= 0 erhalten wir damit allgemein für
6= 0, indem man mit seinem Kehrbruch
d
c
multipliziert.
Beispiele 2.1.4. Seien a, b ∈ Z mit a 6= 0.
(a)
1 3
1 2
1 1
1
: = · = · = ,
6 2
6 3
3 3
9
(b)
ab a
ab 3
3 · ab
b
: =
· =
= .
6 3
6 a
6a
2
Wir formulieren abschließend alle Rechenregeln für Brüche in einer Übersicht.
2.2. Rechenregeln für reelle Zahlen und Ordnungsrelationen
Regeln der Bruchrechnung
Seien a, b, c, d ∈ Z mit b, d 6= 0.
Addition von Brüchen
a c
ad + bc
+ =
b d
bd
Subtraktion von Brüchen
a c
ad − bc
− =
b d
bd
Multiplikation von Brüchen
a·c
a c
· =
b d
b·d
a −1
Teilen durch einen Bruch
b
a c
: =
b d
Division von Brüchen
2.2
=
b
(falls a 6= 0)
a
a
b
c
d
a c −1 a d
ad
·
= · =
(falls c 6= 0)
b
d
b c
bc
=
Rechenregeln für reelle Zahlen und Ordnungsrelationen
Für das Rechnen mit den reellen Zahlen a, b, c ∈ R gelten folgende Rechenregeln:
Kommutativgesetz der
Assoziativgesetz der
Addition
Multiplikation
Addition
Multiplikation
Distributivgesetz
1. binomische Formel
2. binomische Formel
3. binomische Formel
Vorzeichenregeln
a+b=b+a
ab = ba
(a + b) + c = a + (b + c)
(ab)c = a(bc)
a(b + c) = ab + ac
(a + b)2 = a2 + 2ab + b2
(a − b)2 = a2 − 2ab + b2
(a + b)(a − b) = a2 − b2
−(−a) = a
−(a + b) = −a − b
−(a − b) = −a + b
Wir vereinbaren für x, y ∈ R:
x = y steht für „x ist gleich y“,
x < y steht für „x ist echt kleiner als y“,
x ≤ y steht für „x ist kleiner oder gleich y“,
x > y steht für „x ist echt größer als y“,
x ≥ y steht für „x ist größer oder gleich y“.
15
16
2. Die Zahlenbereiche N, Z, Q, R
Man beachte: Nach Definition gilt x < y ⇒ x ≤ y für alle x, y ∈ R, aber im allgemeinen gilt
x ≤ y 6⇒ x < y!
Die reellen Zahlen können auf der Zahlengeraden veranschaulicht werden. Jeder reellen Zahl
entspricht genau ein Punkt auf der Zahlengeraden und umgekehrt. Für zwei beliebige reelle
Zahlen x, y kann eindeutig entschieden werden, ob x < y, x = y oder x > y gilt. Auf der Menge
der reellen Zahlen ist also eine Ordnungsstruktur gegeben. Für diese gelten folgende
Regeln für das Rechnen mit Ungleichungen.
Seien a, b, c ∈ R. Dann gilt
Aus a < b und b < c folgt a < c.
Aus a < b und c > 0 folgt ac < bc
Aus a < b und c < 0 folgt ac > bc
Aus a < b folgt a + c < b + c
ab > 0 gilt genau dann, wenn (a > 0 und b > 0) oder (a < 0 und b < 0)
ab < 0 gilt genau dann, wenn (a > 0 und b < 0) oder (a < 0 und b > 0)
ab = 0 gilt genau dann, wenn (a = 0 oder b = 0)
Entsprechende Aussagen gelten auch für ≤ und ≥ anstelle von < bzw. >.
Beispiel 2.2.1. Lösen Sie die folgenden Ungleichungen und geben Sie die Lösungsmenge
L := {x ∈ R| Ungleichung bzw. Gleichung ist für x definiert und x erfüllt sie} an:
x − 2 > 2x − 1
2(x − 1) < 6(x + 35 )
2.3
Intervalle
Seien a, b ∈ R mit a ≤ b.
Definition 2.3.1 (Intervalle). Das offene Intervall (a, b) ist die Menge
(a, b) := {x ∈ R | a < x < b}.
Das abgeschlossene Intervall [a, b] ist die Menge
[a, b] := {x ∈ R | a ≤ x ≤ b}.
Die halboffenen Intervalle sind definiert als die Mengen
(a, b] := {x ∈ R | a < x ≤ b},
[a, b) := {x ∈ R | a ≤ x < b}
2.3. Intervalle
17
Ist speziell a = b, so gelten [a, a] = {a}, bzw. [a, a) = (a, a] = (a, a) = ∅. Als Intervallgrenzen
sind auch ±∞ zugelassen. Daraus ergeben sich fünf weitere unbeschränkte Intervalltypen:
(−∞, a) := {x ∈ R | x < a}
(a, ∞) := {x ∈ R | x > a}
(−∞, a] := {x ∈ R | x ≤ a}
[a, ∞) := {x ∈ R | x ≥ a}
(−∞, ∞) := R
Der Schnitt zweier Intervalle ist stets ein Intervall (evtl. die leere Menge). Die Vereinigung zweier
Intervalle kann ein Intervall sein, muß es aber nicht.
Beispiel 2.3.2.
(a) [3, 4] ∩ [1, ∞) = [3, 4].
(b) [−2, 0) ∩ (−1, 0] = (−1, 0).
(c) [4, 7] ∩ [8, 9) = ∅.
(d) [7, 8] ∩ [8, 9) = [8, 8] = {8}.
(e) [4, 5) ∪ (−3, 1] ist kein Intervall.
(f) [4, 5] ∪ (−3, 4) = (−3, 5].
18
2. Die Zahlenbereiche N, Z, Q, R
Kapitel 3
Beweistechniken und einige Beweise
Teil I
Mathematische Beweise
Kann eine Behauptung B allein durch logische Verknüpfungen aus einer gegebenen Voraussetzung
A, bereits bewiesenen Aussagen und geltenden Axiomen gefolgert werden, so gilt B als bewiesen.
Wir unterscheiden die folgenden Beweistechniken:
1. Der direkte Beweis. Man zeigt direkt die Implikation A ⇒ B. Dazu setzt man A voraus
und folgert die Gültigkeit von B. Übliche Formulierung: „Es gelte A. Zu zeigen: Es gilt B.
...“.
2. Beweis über Kontraposition. Man zeigt die tautologisch äquivalente Aussage ¬B ⇒ ¬A
direkt. Übliche Formulierung: „Es gelte ¬B. Zu zeigen: Es gilt ¬A. ...“.
3. Beweis durch Widerspruch. Man zeigt (A ∧ ¬B) ⇒ (C ∧ ¬C) für eine weitere Aussage
C. Übliche Formulierung: „Es gelte A. Annahme: Es gilt ¬B ... also gilt C ∧ ¬C. Dies ergibt
einen Widerspruch, also ist die Annahme falsch, und somit gilt B.“.
In der Praxis sind die zu beweisenden Aussagen nicht einfach Implikationen, sondern mittels
Junktoren und Quantoren zusammengesetzte Aussagen. Wir wollen kurz darauf eingehen, wie
man einfache Typen solcher zusammengesetzten Aussagen beweistechnisch behandelt. Sei dazu
X eine Menge und A(·) eine Eigenschaft auf X.
1. Zu beweisen ist eine Aussage vom Typ: ∀ x ∈ X : A(x). Übliches Beweisschema: „Sei
x ∈ X. Zu zeigen: Es gilt A(x). ...“.
Man leitet nun die Aussage A(x) her unter Verwendung der Information, daß x ∈ X ist.
2. Zu beweisen ist eine Aussage vom Typ: ∃ x ∈ X : A(x). Übliches Beweisschema: „Setze
x := .... Dann ist x ∈ X, und wir zeigen: Es gilt A(x). ...“.
Bei diesem Typ Beweis muß man in der Regel viel Vorarbeit leisten (z.B. Rechnungen,
Gleichungen lösen etc.), um den Kandidaten x zu finden, den man hier angibt. Dieser
19
20
3. Beweistechniken und einige Beweise Teil I
Herleitung wird im Beweis aber nicht mehr notiert, stattdessen wird nach Angabe das
Kandidaten x direkt nachgewiesen, daß die Aussage A(x) wahr ist.
Beweis von Mengengleicheiten. Oft sind Aussagen vom Typ A = B für Mengen A, B zu
zeigen. In diesem Fall ist die folgende Beweisstrategie auf Basis der Äquivalenz (A = B) ⇐⇒
(A ⊆ B) ∧ (B ⊆ A) üblich:
„⊆“: Sei x ∈ A. Zeige: x ∈ B.
„⊇“: Sei x ∈ B. Zeige: x ∈ A.
Wir zeigen nun einige einfache Beispiele für mathematische Beweise auf. Weitergehende und auch
komplexere Beispiele werden wir zum Ende des Vorkurses betrachten.
Beispiele
Beispiel 1
Beweisen Sie: Das Quadrat jeder geraden natürlichen Zahl ist gerade.
Wir werden diese Aussage zunächst weiter formalisieren. Setze
G := {n ∈ N | ∃ k ∈ N : n = 2k},
dann ist G die Menge der geraden Zahlen, und die zu beweisende Aussage lautet:
∀ n ∈ G : n2 ∈ G.
Beweis. Sei n ∈ G. Wähle ein k ∈ N mit n = 2k. Dann gilt
n2 = (2k)2 = 4k 2 = 2 · (2k 2 ).
Mit k 0 := 2k 2 ∈ N folgt n2 = 2k 0 , also ist n2 ∈ G nach Definition.
Beispiel 2
Beweisen Sie: Das Quadrat jeder ungeraden natürlichen Zahl n ist ungerade.
Diesen Beweis überlasse ich (erstmal) Ihnen. Machen Sie sich außerdem klar, daß mit Beispiel 2
auch die Kontraposition der Aussage bewiesen ist, welche lautet:
∀ n ∈ N : n2 ∈ G ⇒ n ∈ G.
Beispiel 3 Beweisen Sie: Die Darstellung einer rationalen Zahl r als gekürzter Bruch
deutig.
p
q
ist ein-
Wir führen hierzu nur einen informellen Beweis, da uns einige Grundlagen (z.B. aus der Teilbarkeitstheorie) noch nicht zur Verfügung stehen.
21
j
Beweis. Vorbemerkung: Nach Definition der rationalen Zahlen bezeichnen zwei Zahlen m
n , k,
m, j ∈ Z, n, k ∈ N, das gleiche Element r ∈ Q, falls m · k = j · n gilt. Bsp. 69 = 46 , da 6 · 6 = 4 · 9
gilt.
Zum Beweis: Sei r ∈ Q. Wir geben zwei Darstellungen von r als gekürzter Bruch vor, seien also
0
p, p0 ∈ Z und q, q 0 ∈ N mit ggT(p, q) = ggT(p0 , q 0 ) = 1 und r = pq = pq0 (ggT bezeichne den
größten gemeinsamen Teiler ). Wegen p q 0 = q p0 gilt q | p q 0 („q teilt p q 0 “), wegen ggT(q, p) = 1
muß zudem q | q 0 gelten. Analog zeigt man q 0 | q.
Aus q | q 0 und q 0 | q folgt nun aber q = q 0 und damit p = p0 . Damit ist die behauptete Eindeutigkeit
gezeigt.
Wir bemerken außerdem ohne Beweis, daß jede rationale Zahl r = pq auch eine Darstellung als
gekürzter Bruch besitzt. Es reicht dazu, aus p und q den größten gemeinsamen Teiler ggT(p, q)
zu kürzen.
Unter Verwendung von Beispiel 3 können wir uns nun dem folgenden bereits angekündigtem
Beispiel zuwenden.
√
Beispiel 4 Beweisen Sie: 2 ist irrational.
√
Diese Formulierung setzt bereits voraus, daß wir wissen, daß es ein Objekt 2 gibt, und wir
zeigen, daß es nicht in Q liegt. Beim axiomatischen Aufbau der Zahlenbereiche geht es aber
gerade darum, ausgehend von der Menge Q zu beweisen, daß Q „unvollständig“ ist (vgl. Kapitel
1), und dies zur Motivation für die Konstruktion der reellen Zahlen zu nehmen. Man kennt also
√
zu diesem Zeitpunkt noch keine reellen Zahlen und insbesondere ist das Objekt 2 noch gar
nicht definiert. Wie in Kapitel 1 beschrieben, wählen wir stattdessen die Formulierung: „Es gibt
keine rationale Zahl, deren Quadrat 2 ist“. Dies formalisieren wir als:
∀ q ∈ Q : q 2 6= 2.
Beweis. Wir führen den Beweis durch Widerspruch, wir nehmen also an, es gibt ein q ∈ Q mit
q 2 = 2. Nach der Bemerkung im Anschluß an Beispiel 3 finden wir m, n ∈ N mit ggT(m, n) = 1
und q = m
n . Mit unserer Annahme folgt
2 = q2 =
m2
n2
(∗)
und damit 2n2 = m2 . Also ist m2 gerade, und nach Beispiel 2 (Kontraposition!) ist auch m eine
gerade Zahl, d.h. wir finden ein k ∈ N mit m = 2 · k. Damit folgt 2n2 = m2 = 4k 2 , also n2 = 2k 2 .
Also ist auch n2 und damit n eine gerade Zahl (Hier verwenden wir wieder die Kontraposition
von Beispiel 2).
Dies ist ein Widerspruch zur Annahme ggT(m, n) = 1. Also ist unsere Annahme falsch und somit
die Behauptung wahr.
Zum Abschluß des Kapitels bringen wir einen Beweis für die Unendlichkeit der Menge der Primzahlen, der in dieser Form auf Euklid zurückgeht. Dabei verwenden wir die Tatsache, daß jede
natürliche Zahl außer der Zahl 1 stets einen Primteiler besitzt.
22
3. Beweistechniken und einige Beweise Teil I
Beispiel 5 Beweisen Sie: Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis. Wir führen den Beweis durch Widerspruch, wir treffen also die
Annahme: Es gibt nur endlich viele Primzahlen.
Sei {p1 , . . . , pn } ⊆ N mit n ∈ N die Menge aller Primzahlen. Betrachte nun das Produkt all dieser
Primzahlen m := p1 · p2 · ... · pn und die Zahl q := m + 1 > 1.
Sei p ∈ N ein Primteiler von q. Dann ist p ∈ {pi |i = 1...n}, wähle also j ∈ {1, . . . , n} mit p = pj .
Dann teilt p sowohl m als auch m + 1 und damit auch die Differenz 1 = m + 1 − m, also ist
p = 1. Dies ist ein Widerspruch dazu, daß p eine Primzahl ist.
Also ist unsere Annahme falsch, und es gibt unendlich viele Primzahlen.
Kapitel 4
Potenzrechnung, Logarithmen und
Rechnen mit Beträgen
In den folgenden Kapiteln werden wir uns mit verschiedenen Rechenregeln und -methoden beschäftigen, die Ihnen auch in der Schule bereits begegnet sein sollten. Bitte beachten Sie in
Hinblick auf Ihr bald beginnendes Studium der Mathematik folgende Punkte:
1. Die mathematischen Begriffe werden hier nicht ganz exakt, aber dafür in einem Stil eingeführt, der Ihnen auch aus der Schule noch geläufig sein sollte. Tatsächlich ist es ohne
ausreichendes mathematisches Grundlagenwissen, wie Sie es in den ersten Wochen des
Studiums erlernen werden, zumeist gar nicht möglich, die hier verwendetetn Begriffe exakt
zu definieren. Beachten Sie aber, daß im Verlauf Ihres Studiums natürlich die in den jeweiligen Vorlesungen angegebenen Definitionen und Herleitungen relevant sind und nicht die
– zuweilen unexakten – Begriffsbildungen aus der Schule oder diesem Vorkurs.
2. Bei dem hier präsentierten Stoff handelt es sich im wesentlichen um Rechentechniken,
aber nicht um formale Beweise! Sie werden zu Beginn Ihres Studiums Aufgaben gestellt
bekommen, die einigen dieser Rechenaufgaben sehr ähnlich sehen, werden in dem Fall
aber aufgefordert, einen formalen Beweis zu erstellen, der – meist erheblich – von diesen
Rechentechniken abweicht. Dennoch sind ausreichende Rechenfähigkeiten unerläßlich, um
überhaupt auf Lösungen bzw. Aussagen zu kommen, die man anschließend auch beweisen
kann.
3. Wir verwenden keine Taschenrechner und – außer zu Übungs- und Anschauungszwecken –
keine Computer-Algebra-Systeme (CAS). Bedenken Sie, daß Taschenrechner aufgrund des
Problems endlichen Speichers so gut wie nie exakt rechnen können, da sie (fast) immer
runden müssen. CAS sind hier im Vorteil, aber natürlich ist es gerade ein Bestandteil des
Mathematik-Grundstudiums, die Theorie zu erlernen, die diesen Systemen zugrunde liegt
(Vgl.: Ein Kfz-Mechaniker ist gerade jemand, der ein Auto nicht nur fahren können soll,
sondern auch genau wissen, wie es funktioniert).
23
24
4. Potenzrechnung, Logarithmen und Rechnen mit Beträgen
4.1
Potenzen und Wurzeln
Definition 4.1.1 (Ganzzahlige Potenzen). Für Zahlen a ∈ R und m ∈ Z wird die m-te Potenz
von a definiert als
am := 1,
m
a
falls m = 0,
:= a
| · a ·{z. . . · a},
falls m > 0,
m−mal
am :=
1
a−m
falls m < 0, a 6= 0.
,
Die Zahl a heißt Basis, m heißt Exponent.
Für alle a, b ∈ R \ {0} und n, m ∈ Z gelten die folgenden Potenzgesetze:
(a) a0 = 1 und 00 = 1,
(c)
an
am
= an−m ,
(e)
an
bn
=
(b) an · am = an+m ,
(d) an · bn = (a · b)n ,
a n
,
b
(f) (am )n = am·n .
Definition 4.1.2 (Die q-te Wurzel). Für a ≥ 0 und q ∈ N ist die q-te Wurzel aus a diejenige
Zahl x ∈ R mit x ≥ 0, für die xq = a gilt.
1
Notation: a q oder
√
q
a.
√
Für ungerade q ∈ N läßt sich q a auch für a < 0 definieren: in diesem Fall ist x = die Lösung
√
√
√
der Gleichung xq = a, wir definieren daher q a := − q −a. (Z.B. ist x = −2 = − 3 8 die Lösung
√
von x3 = −8, also 3 −8 = −2.)
Beispiele 4.1.3.
(a)
(c)
(e)
√
10
1024 =
√
√64
4
=
p
√
3
q
64
4
125 =
√
10
210 =
=
√
p√
3
√ 10
2
= 2.
10
16 = 4.
125 =
√
√ √
√
√
(b) 6 = 4 9 = 4 · 9 = 36 = 6.
(d)
p
√
3
2
64 =
p
√
2
3
64 =
√
6
64 = 2.
5.
√
Man beachte, daß der Ausdruck 5 im letzten Beispiel bereits als Endergebnis angesehen wird,
da mit diesem Symbol eine wohldefinierte reelle Zahl bezeichnet wird. Falls zusätzlich (warum
√
auch immer) eine Dezimaldarstellung gewünscht wird, schreibt man z.B. · · · = 5 ≈ 2, 2361.
√
Achtung: die (zuweilen in der Schule verwendete) Notation 5 = 2, 2361 ist hingegen nicht
zulässig! Gleichheit im mathematischen Sinn ist die (abstrakte) Gleichheit zweier Objekte (vgl.
Kapitel 1) und kann nicht durch irgendwelche Konventionen (wie „Runden nach der vierten
Nachkommastelle“) relativiert werden. Selbst für einen Computer ist es unmöglich, eine exakte
√
√
Dezimaldarstellung der Zahl 5 anzugeben, da er nur endlichen Speicher besitzt, die Zahl 5
aber irrational ist.
4.1. Potenzen und Wurzeln
25
Definition 4.1.4 (Potenzen mit rationalem Exponenten). Für a ∈ R, a > 0 und r ∈ Q mit r = pq ,
p ∈ Z, q ∈ N definieren wir die (gebrochene) Potenz ar durch
1 p
p
ar := a q := a q .
Exkurs: Um die Definition von ar mathematisch sauber zu rechtfertigen, muß man noch zeigen,
daß die Potenz ar wohldefiniert ist, also unabhängig von der konkreten Darstellung der rationalen
Zahl r als Bruch pq : man kann dieselbe Zahl r auf verschiedene Arten als Bruch schreiben, zum
Beispiel ist 39 = 26 = 13 , und es ist zu zeigen, daß durch die a priori verschiedenen Ausdrücke
1 3 1 2 1
1 p
a q , in diesem Beispiel a 9 , a 6 , a 3 , jedesmal dieselbe Zahl definiert wird. Formal ist also
p
q
m
n
mit p, m ∈ Z und q, n ∈ N, liegen also zwei - möglicherweise verschiedene
1 p 1 m
= a n . Wir geben kurz an, wie
- Darstellungen der Zahl r ∈ Q vor, so ist (dennoch) a q
zu zeigen: ist r =
=
man dies einsehen kann: Es sei r ∈ Q und seien p, m ∈ Z und q, n ∈ N mit r = pq = m
n , also
np = qm. Unter Verwendung der bereits bekannten Rechenregeln für Potenzen und Wurzeln
(aber nicht durch „Vorgriff“ auf Rechenregeln für allgemeine Potenzen!) erhalten wir:
q
q
q
q
√
n
m
1
1
1
1
1
n
n
n
n
p
p
np
qm
q
q
q
q
(a )
= (a ) = (a ) =
(a q )q
= n am
(a ) =
q
q
q
m
n
1
1
1
1
n
n
n
n
mn
n
n
= (a ) =
=
(a )
(a n )m = (a n )m .
Auch für rationale Exponenten gelten die obigen Potenzgesetze: Für alle a, b ∈ (0, ∞) und
r, s ∈ Q gilt:
(a) a0 = 1 und 00 = 1,
(c)
ar
as
= ar−s ,
(e)
ar
br
=
(b) ar · as = ar+s ,
(d) ar · br = (a · b)r ,
a r
b ,
(f) (ar )s = ar·s .
Dies läßt sich auf die Definition von Wurzeln sowie die bereits formulierten Potenzgesetze für
ganzzahlige Exponenten zurückführen, was wir hier nicht beweisen wollen. Der Anschauung halber formulieren wir hier einige Gesetze noch mit der Wurzelschreibweise: Seien a ≥ 0 und n, k ∈ N
und m ∈ Z. Dann gelten die sogenannten Wurzelgesetze
√
√
√
√
√
√ √
(a) n am = ( n a)m und n an = ( n a)n = a,
(b) n a · n b = n ab,
(c)
(e)
√
na
√
n
b
√
n
=
a·
p
n a
√
k
b,
(d)
√
a=
nk
p
√
n
k
a=
√
nk
a=
p
√
k
n
a,
ak+n .
Achtung: Wir haben für a > 0 den Ausdruck ax nur für rationales x definiert. Im Rahmen
der Vorlesung Analysis 1 werden Sie sehen, wie man die Definition auch auf beliebige x ∈ R
ausdehnen kann.
26
4. Potenzrechnung, Logarithmen und Rechnen mit Beträgen
Beispiel 4.1.5. Rationalmachen des Nenners Treten Brüche mit irrationalen Nennern
m
m
a n , a > 0, n, m ∈ N, m < n auf, so erweitert man den Bruch mit a1− n .
√
n
am =
Zum Beispiel ist
√
3
1
22/3
1
4
√
·
=
=
.
3
1/3
2/3
2
2
2
2
√
√
√
√
Ist der Nenner der Gestalt a ± b mit a 6= b, so wird der Bruch mit a ∓ b erweitert, Beispiel:
√
√
√
√
√
1
1
2− 3
2− 3 √
√
√ =√
√ ·√
√ =
= 3 − 2.
2−3
2+ 3
2+ 3
2− 3
4.2
Der Logarithmus
Definition 4.2.1 (Der Logarithmus). Es seien a, b ∈ R mit a, b > 0 und b 6= 1. Unter dem
Logarithmus von a zur Basis b
c = logb (a),
a > 0,
b > 0,
b 6= 1
versteht man diejenige reelle Zahl c ∈ R mit der Eigenschaft bc = a. Notation: c = logb (a). .
Die Identität c = logb (a) ist also äquivalent zur Gleichung bc = a.
Achtung: Es handelt sich hierbei um die übliche Definition für Logarithmen, die Ihnen auch aus
der Schule geläufig sein sollte. Diese ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch:
• Wie oben bereits erwähnt, haben wir den Ausdruck bc für irrationales c ∈ R\Q noch
gar nicht definiert! Wir werden dies jedoch zunächst stillschweigend hinnehmen, in unseren
konkreten Rechenbeispielen werden wir nur Ausdrücke bc mit rationalem c behandeln, bzw.
es ist stets sichergestellt, daß die aufretenden Logarithmen rational sind.
• Zudem muß sichergestellt werden, daß für alle a, b ∈ R mit a, b > 0 und b 6= 1 tatsächlich
genau eine Lösung x ∈ R der Gleichung bx = a exisitiert. Dies wird ebenfalls im Rahmen
der Vorlesung Analysis I geklärt werden.
Beispiele 4.2.2.
(a) 2x = 16 ⇔ x = 4,
(b) 3x =
1
9
(c) logx (36) = 2 ⇔ x = 6,
(d) logx
1
64
(e) log5 (125) = x ⇔ x = 3,
(f) log 1
1
16
(g) log3 (x) = 5 ⇔ x = 243,
(h) log2 (x) = −5 ⇔ x =
2
⇔ x = −2,
= −6 ⇔ x = 2,
= x ⇔ x = 4,
1
32 .
4.2. Der Logarithmus
27
Eine besondere Rolle spielt die sog. Eulersche Zahl e. Eine exakte Definition für e wollen und
können wir zu diesem Zeitpunkt nicht geben, es sei nur daran erinnert, daß ungefähr gilt e ≈
2, 71828... (eine exakte Definition der Zahl e erfolgt in der Vorlesung Analysis 1). Für a > 0
notieren wir
ln(a) := log(a) := loge (a).
für den natürlichen Logarithmus. Wegen seiner herausragenden Rolle wird in der Mathematik
der natürliche Logarithmus oft einfach als der Logarithmus bezeichnet.
Es gilt insbesondere
a = blogb a und ac = ec ln a für alle a, b > 0, b 6= 1, c ∈ Q,
und es gilt immer
logb 1 = 0,
4.2.1
logb b = 1 für alle b > 0, b 6= 1.
Die Logarithmengesetze
Es seien x, y, b > 0 mit b 6= 1 und z ∈ R. Dann gelten die folgenden Logarithmengesetze:
(a) logb (x · y) = logb (x) + logb (y),
x
(b) logb
= logb (x) − logb (y),
y
(c) logb (xz ) = z · logb (x).
Für spezielle Werte von x, y, z erhält man weitere Regeln, zum Beispiel erhält man mit x = 1 aus
(b) die Regel logb (1/y) = − logb (y), und ein Spezialfall von (c) für Wurzeln lautet zum Beispiel
√ 1
logb n x = · logb (x) für alle n ∈ N.
n
Die Logarithmen einer Zahl bezüglich verschiedener Basen lassen sich ineinander umrechnen:
Seien a, b, d > 0 mit b, d 6= 0. Dann gilt
logb (a) = logb dlogd a = (logd (a))(logb (d))
also gilt die folgende Umrechenformel:
logd a =
logb a
,
logb d
für alle a, b, d > 0 mit b, d 6= 0.
Beispiele 4.2.3. Beispiele zu den Logarithmengesetzen: Man vereinfache die folgenden Ausdrücke!
1.
2.
3.
log(32) + log(4) + log(18) + log(81)
√
2 a + ba3 b2
log √
3
c(a + c)2
log(a + b) + 2 log(a − b) −
1
log(a2 − b2 )
2
28
4.3
4. Potenzrechnung, Logarithmen und Rechnen mit Beträgen
Der Betrag
Definition 4.3.1 (Der (reelle) Betrag). Es sei a ∈ R. Dann wird der Betrag |a| von a definiert
als
(
a
für a ≥ 0,
|a| :=
.
−a für a < 0
Beispiel 4.3.2. | − 3| = −(−3) = 3, da − 3 < 0;
|3| = 3, da 3 > 0;
|0| = 0.
Man kann sich also den Betrag |a| als den (nicht-negativen) Abstand der Zahl a zur 0 auf der Zahlengerade vorstellen. Allgemeiner definieren wie den Abstand zweier beliebiger Zahlen a, b ∈ R
als Betrag der Differenz |a − b|.
Es seien a, b ∈ R, dann gelten die folgenden Rechenregeln
(a) |a| ≥ 0, und |a| = 0 genau dann, wenn
a = 0,
(b) |a · b| = |a| · |b|,
(c) |a + b| ≤ |a| + |b| („Dreiecksungleichung“), (d) |a| =
√
a2 .
Beispiel 4.3.3. Geben Sie alle a ∈ R an, für die folgenden Aussagen zutreffen:
(a) a2 = 4,
(b) a2 > 3
Beispiel 4.3.4. Schreiben Sie die folgenden Mengen als Vereinigung von Intervallen und skizzieren Sie diese.
(a) A := {x ∈ R | 1 < |x| ≤ 2},
(b) B := {x ∈ R | |x − 2| < 5}
Beispiel 4.3.5. Auflösen von Betragsungleichungen Sei ε > 0. Geben Sie die Menge aller x ∈ R
als Intervall an, für die folgenden Ungleichungen erfüllt sind.
(a) |x| ≤ ε,
(b) |x − 2| < ε.
Kapitel 5
Gleichungen und Ungleichungen
In diesem Abschnitt sollen aus der Schule bekannte Techniken zum Lösen bestimmter Gleichungen und Ungleichungen wiederholt werden.
5.1
Gleichungen und Ungleichungen in einer Variablen
Allgmein gesprochen handelt es sich bei der Aufgabe "Lösung einer Gleichung in einer Unbekannten" darum, einen vorgegebenen Term, in dem eine unbekannte Variable auftaucht (die wir
meistens mit x bezeichnen) so gemäß bekannter zulässiger Regeln äquivalent umzuformen, daß
man die Menge aller möglichen v, die die durch diesen Term definierte Identität erfüllen, ablesen
kann. Wir wollen uns zunächst mit dieser – mathematisch nicht exakten – Beschreibung zufrieden
geben, und betrachten ein konkretes
Beispiel. Bestimme die Menge aller x ∈ R\{−1}, die die Gleichung
x
=2
(5.1.1)
x+1
erfüllen. Man nennt den vorgegebenen Bereich D := R\{−1} auch die Definitionsmenge der
Gleichung (5.1.1), und die gesuchte Menge L := {x ∈ D | x erfüllt (5.1.1)} die Lösungsmenge
(siehe auch Beispiel 2.2.1.1) der Gleichung (5.1.1).
Zum Lösen einer Gleichung ist es fundamental, daß der Defintionsbereich D explizit angegeben
wird, damit man weiß, in welchem Zahlenbereich eine Lösung gesucht wird! Zum Beispiel hat
die Gleichung (x2 − 2)(x2 − 1) = 0 genau eine Lösung im Fall D = N, genau zwei Lösungen im
Fall D = Q und genau vier Lösungen im Fall D = R (nämlich jeweils welche?). Oft wird jedoch
durch den Namen der Variablen bereits suggeriert, in welchem Zahlenbereich gerechnet wird:
mit x wird üblicherweise eine reelle Variable bezeichnet, mit n eine Variable aus den natürlichen
Zahlen und mit z eine Variable aus den komplexen Zahlen, und es wird dem Leser als Aufgabe
überlassen, einen „maximalen“ Definitionsbereich zu ermitteln, für den die Gleichung noch sinnvoll definiert ist. Wird werden hier jedoch in der Regel den jeweiligen Definitionsbereich angeben.
Wir kommen nun zur konkreten Lösung der Gleichung (5.1.1). Dazu sei x ∈ R\{−1}, dann gilt:
x
= 2 ⇔ x = 2 · (x + 1) ⇔ x = 2x + 2 ⇔ 0 = x + 2 ⇔ x = −2,
x+1
29
30
5. Gleichungen und Ungleichungen
und da in jedem Schritt tatsächlich Äquivalenzumformungen vorgenommen wurden, folgt damit
L = {−2}.
Wir nehmen eine analoge Begriffsbildung für Ungleichungen vor, welche wir wieder an einem
Beispiel erläutern wollen:
Beispiel. Bestimme die Menge aller x ∈ R\{−1}, die die Ungleichung
x
<2
x+1
(5.1.2)
erfüllen. Auch in diesem Fall bezeichnet D := R\{−1} die Definitionsmenge und L := {x ∈
D | x erfüllt (5.1.2)} die Lösungsmenge der Ungleichung (5.1.2).
Man geht nun nun analog zum Lösen eine Gleichung vor, indem man versucht, durch Äquivalenzumformungen die gegebene Ungleichung so umzuformen, daß man die Lösungsmenge ablesen
kann. Hierzu muß man nun aber die Regeln für das Rechnen mit Ungleichungen beachten. In
einem ersten Schritt wollen wir wieder die gegebene Ungleichung mit dem Term x+1 multiplizieren, müssen hierbei jedoch das Vorzeichen beachten! Daher nehmen wir eine Fallunterscheidung
vor (dies wird uns auch in späteren Beispielen zum Lösen von Ungleichungen öfter begegnen):
Es sei x ∈ R\{−1}.
Fall 1: x + 1 > 0, also x > −1. In diesem Fall gilt
x
< 2 ⇔ x < 2 · (x + 1) ⇔ x < 2x + 2 ⇔ 0 < x + 2 ⇔ x > −2.
x+1
Da wir x > −1 vorausgesetzt haben, gilt insbesondere auch x > −2, also ist die Ungleichung
x
x+1 < 2 für alle x ∈ (−1, +∞) erfüllt, es gilt also L ∩ (−1, +∞) = (−1, +∞).
Fall 2: x + 1 < 0, also x < −1. In diesem Fall gilt
x
< 2 ⇔ x > 2 · (x + 1) ⇔ x > 2x + 2 ⇔ 0 > x + 2 ⇔ x < −2.
x+1
Dies zeigt L ∩ (−∞, −1) = (−∞, −2).
Die gesamte Lösungsmenge ist also L = (−∞, −2) ∪ (−1, +∞) = R\[−2, −1].
Neben dem rechnerischen Weg läßt sich die Lösung in beiden Fällen auch graphisch veranschaulichen - man beachte aber, daß eine Skizze zwar hilfreich sein kann, aber in der Regel niemals
eine konkrete Recnung ersetzt!
5.2. Quadratische Gleichungen und Ungleichungen
31
Bild 5.A
5.2
Quadratische Gleichungen und Ungleichungen
5.2.1
Quadratische Gleichungen und Quadratische Ergänzung
Es seien p, q ∈ R. Unter einer quadratischen Gleichung verstehen wir eine Gleichung der Gestalt
x2 + px + q = 0,
D = R.
(5.2.3)
Allgemeiner wird auch eine Gleichung der Gestalt ax2 + bx + c = 0, D = R mit a, b, c ∈ R und
a 6= 0 als quadratische Gleichung bezeichnet – diese läßt sich jedoch durch Teilen durch a in die
Gestalt (5.2.3) (mit p = b/a und q = c/a) überführen.
Die Lösungsmenge L von (5.2.3) läßt sich allgemein mithilfe der sogenannten Methode des Quadratischen Ergänzens bestimmen: Zunächst werden die Terme in x2 und x durch eine binomische
Formel ausgedrückt, und anschließend ein Korrekturterm eingeführt, um den „x-freien Teil“ des
binomischen Terms zu neutralisieren:
p 2 p2
p 2 p2
p
x2 + px + q = x2 + 2 · · x +
−
+q = x+
−
−q .
(5.2.4)
2
2
4
2
4
Somit gilt
p 2 p2
x∈L⇔ x+
=
− q.
2
4
Dies stellt eine andere Schreibweise der sogenannten
p-q-Formelqzur Lösung quadratischer Glei p q p2
p2
p
p2
chungen dar: Ist 4 − q ≥ 0, so ist L = − 2 +
4 − q, − 2 −
4 −q .
32
5. Gleichungen und Ungleichungen
Wir betrachten dazu zunächst ein einfaches Zahlenbeispiel:
Beispiel 5.2.1. Bestimmen Sie die Lösungsmenge der Gleichung x2 − x − 6 = 0, D = R.
Quadratisches Ergänzen liefert formal
1
1
1
25
x2 − x − 6 = (x − )2 − ( )2 − 6 = (x − )2 − ,
2
2
2
4
also gilt für alle x ∈ R
r
1 2 25
1
25
x − x − 6 = 0 ⇐⇒ (x − ) =
⇐⇒ x − = ±
2
4
2
4
1 5
⇐⇒ x = ± ⇐⇒ x = −2 ∨ x = 3.
2 2
Die Lösungsmenge der gegebenen quadratischen Gleichung ist also L = {−2, 3}.
2
Wir kehren zu dem allgemeinen Fall zurück: Offenbar gibt es genau drei mögliche Fälle für die
Gestalt der Lösungsmenge der quadratischen Gleichung (5.2.3):
p2
4
−q >0
(5.2.3) besitzt genau zwei Lösungen, L =
Fall 2:
p2
4
−q =0
(5.2.3) besitzt genau ein Lösung, L =
Fall 3:
p2
4
−q <0
(5.2.3) besitzt keine Lösungen, L = ∅.
Fall 1:
−
p
− +
2
r
p2
p
− q, − −
4
2
r
p
,
2
Dies läßt sich auch den den folgenden Schaubildern veranschaulichen, in denen jeweils die zur
Gleichung (5.2.3) in den drei verschiedenen Fällen skizziert ist.
Bild 1
5.2.2
Bild 2
Lösungsmengen quadratischer Ungleichungen
Quadratische Ungleichungen können stets auf die Form
≥
>
x2 + px + q ≤ 0, bzw. x2 + px + q < 0
Bild 3
p2
−q ,
4
5.2. Quadratische Gleichungen und Ungleichungen
33
mit p, q ∈ R gebracht werden.
Die Überlegungen aus dem vorangehenden Abschnitt zeigen, daß die Lösungsmenge L entweder
leer, ein Intervall, oder die Vereinigung zweier disjunkter Intervalle ist, und auch in diesem Fall
läßt sich die Lösungemenge mithilfe der oben ausgeführten Technik des quadratischen Ergänzens
bestimmen.
Beispiele 5.2.2.
(1) Zeigen Sie, daß für alle x ∈ R die Ungleichung x2 − 2x + 3 > 0 erfüllt ist.
Lösung: Für alle x ∈ R gilt
x2 − 2x + 3 = (x − 1)2 − 1 + 3 = (x − 1)2 + 2 ≥ 2 > 0,
und damit haben wir die Behauptung bewiesen.
(2) Bestimmen Sie die Lösungsmenge der Ungleichung x2 − x − 6 > 0.
Lösung: 1.Weg: über die Faktorisierung.
Aus 5.2.1 kennen wir die beiden Nullstellen x1 = −2 und x2 = 3 von x2 − x − 6. Also gilt für
alle x ∈ R die Identität
x2 − x − 6 = (x + 2)(x − 3) .
Bekanntlich ist dieses Produkt genau dann größer Null, wenn (x + 2 > 0 und x − 3 > 0) oder
(x + 2 < 0 und x − 3 < 0) erfüllt ist.
Für alle x ∈ R gilt
x+2>0 ∧ x−3>0
⇔
x > −2 ∧ x > 3
⇔ x ∈ (3, ∞)
und
x+2<0 ∧ x−3<0
⇔
x < −2 ∧ x < 3
⇔ x ∈ (−∞, −2) .
Die Lösungsmenge ist also die Menge L = (−∞, −2) ∪ (3, ∞).
2.Weg: über die Anschauung.
Wie in Bild 1 dargestellt, ist das Schaubild von x2 − x − 6 eine nach oben geöffnete Parabel,
welche die x-Achse in den Punkten −2 und 3 schneidet. Gesucht ist nun die Menge aller x ∈ R an
welchen die Parabel (echt) oberhalb der x-Achse liegt. Das entspricht in Bild 1 der gestrichelten
Menge. Man sieht also L = (−∞, −2) ∪ (3, ∞).
34
5.3
5. Gleichungen und Ungleichungen
Wurzelgleichungen
Eine allgemeingültige Definition einer Wurzelgleichung wollen wir hier nicht geben. Stattdessen
zeigen wir das allgemeine Vorgehen bei solchen Gleichungen anhand zweier Beispiele auf. Dabei
ist besonders auf den Definitionsbereich zu achten, der hier im allgemeinen nicht mehr ganz R
ist. Vorsicht ist auch bei den folgenden Umformungen geboten, denn es handelt sich nun nicht
mehr unbedingt um Äquivalenzumformungen.
Das grundsätzliche Vorgehen läßt in den folgenden Beispielen besteht in wiederholtem Auflösen
der Gleichungen nach einer Wurzel und anschließendem Potenzieren. Das führt schließlich auf
eine rationale Gleichung in x, d.h. einer Gleichung in der nur noch ganzzahlige Exponenten von
x auftauchen.
Achtung: Nicht alle Lösungen der resultierenden rationalen Gleichung sind Lösungen der Wurzelgleichung. Dies liegt daran, daß das Quadrieren von Gleichungen im allgemeinen keine Äquivalenzumformung ist. Jedoch kann es außer den Lösungen der rationalen Gleichung keine weiteren
geben. Durch Einsetzen dieser Lösungen in die Ursprungsgleichung erhält man die Lösungsmenge.
Beispiele 5.3.1. Bestimmen Sie jeweils einen geeigneten Definitionsbereich sowie die Lösungsmenge der folgenden Ungleichungen
√
(1) 7 + 3 2x + 4 = 16,
√
√
√
(2) x − x − 1 = 2x − 1.
(1) Wir wählen D = [−2, ∞), so daß der Ausdruck unter der Wurzel stets nicht-negativ ist. Für
x ∈ D gilt dann
√
7 + 3 2x + 4 = 16 (∗)
√
⇔
3 2x + 4 = 9
√
⇔
2x + 4 = 3
⇒
2x + 4 = 9
⇔
x = 52
Einsetzen von x = 52 zeigt: x = 52 löst (∗). Damit ist L = 52 .
(2) Wir wählen D = [0, ∞) ∩ [1, ∞) ∩ [ 21 , ∞) = [1, ∞), so daß alle Ausdrücke unter den Wurzel
stets nicht-negativ sind. Für x ∈ D gilt dann
√
√
√
x − x − 1 = 2x − 1 (∗∗)
√
√
⇒
( x − x − 1)2 = 2x − 1
√ √
⇔ x − 2 x x − 1 + (x − 1) = 2x − 1
p
⇔
2 x(x − 1) = 0
⇔
(x = 1) ∨ (x = 0)
Jedoch ist 0 ∈
/ D, also entfällt diese Lösung für die ursprüngliche Gleichung (tatsächlich haben
wir diese zusätzliche Lösung durch das Quadrieren im ersten Schritt dazugewonnen). Die Probe
für x = 1 ∈ D hingegen liefert
√
√
√
1− 1−1=1= 2·1−1
5.4. Bruchungleichungen
35
Also ist L = {1}.
5.4
Bruchungleichungen
Auch in diesem Abschnitt verzichten wir auf eine allgemeine Definition und lassen das Beispiel
für sich sprechen. Zu beachten ist dabei, daß das Multiplizieren mit dem Nenner zu Fallunterscheidungen führt, abhängig vom Vorzeichen des Nenners.
Gesucht sei die Lösungsmenge L folgender Ungleichung:
2x + 1
<1
x−3
(5.4.5)
mit D = R\{3}. Sei nun x ∈ D. Wir wollen die Ungleichung mit dem Nenner x − 3 multiplizieren,
müssen dabei aber das Vorzeichen beachten, da sich ggf. das Ungleichheitszeichen umdreht. Wir
unterscheiden daher die folgenden Fälle:
Fall 1: x − 3 > 0, also x > 3: Dann gilt
2x+1
x−3
< 1
⇔ 2x + 1 < x − 3
⇔
x < −4
Bezeichnen wir die Lösungsmenge in diesem Fall mit L1 , so gilt L1 = (3, ∞)∩(−∞, −4) = ∅.
Fall 2: x − 3 < 0, also x < 3: Dann gilt
2x+1
x−3
< 1
⇔ 2x + 1 > x − 3
⇔
x > −4
Für die Lösungsmenge dieses Falles gilt L2 = (−∞, 3) ∩ (−4, ∞) = (−4, 3)
Für die Gesamtlösungsmenge L gilt nun L = L1 ∪ L2 = (−4, 3).
36
5. Gleichungen und Ungleichungen
Bild 5.B
5.5
Betragsungleichungen
Mit der gleichen Technik wie im vorherigen Abschnitt (Fallunterscheidungen) lassen sich auch
Ungleichungen, in denen Beträge vorkommen, bearbeiten. Wir betrachten als Beispiel die folgende Ungleichung:
|2x + 1|
≤ 1,
x−3
D = R\{3}.
(∗)
Sei x ∈ D. Analog wie im vorherigen Beispiel nehmen wir zum Durchmulitplizieren mit dem
Nenner zunächst die Fallunterscheidung x > 3 oder x < 3 vor.
Fall 1: x > 3. Dann gilt
(∗)
⇔ |2x + 1| ≤ x − 3
⇔ 2x + 1
≤ x−3
⇔ x
≤ −4
Analog zu 5.4 Fall 1 ist hier L1 = ∅.
Fall 2: x < 3. Dann gilt zunächst wieder
⇔ |2x + 1|
(∗)
≥ x−3
(∗∗)
Um den Betrag |2x + 1| aufzulösen, nehmen wir eine erneute Fallunterscheidung vor: Es
gilt 2x + 1 ≥ 0 ⇔ x ≥ − 21 .
5.6. ...in zwei Variablen
37
Fall 2a: x ≥ −1/2, insgesamt ist in diesem Fall also x ∈ (−∞, 3) ∩ [−1/2, ∞) = [−1/2, 3). Es
gilt 2x + 1 ≥ 0, und damit
⇔ 2x + 1
⇔ x
(∗∗)
≥ x−3
≥ −4
Also ist L2a := [−1/2, 3) ∩ [−4, ∞) = [−1/2, 3).
Fall 2b: x < −1/2. Insgesamt ist in diesem Fall also x ∈ (−∞, 3)∩(−∞, −1/2) = (−∞, −1/2).
Es gilt 2x + 1 < 0, und damit
⇔ −(2x + 1)
⇔ −3x
⇔ x
(∗∗)
≥ x−3
≥ −2
≤ 2/3
Also ist L2b := (−∞, −1/2) ∩ (−∞, 2/3) = (−∞, −1/2).
Insgesamt ist L = L1 ∪ L2a ∪ L2b = (−∞, 3).
Anmerkung: Die hier verwendetet Methode, sukzessive Fall Unterscheidungen vorzunehmen,
um die Uugleichung mit Termen in x durchzumultiplizieren bzw. Beträge aufzulösen, funktioniert
zwar immer, führt aber unter Umständen auf viele verästelte Fallunterscheidungen. Oft lassen
sich diese durch vorheriges "scharfes Hinsehen" vermeiden, wie auch in diesem Beispiel in Fall 2
(x ∈ (−∞, 3)): Wegen x < 3 gilt stets |2x + 1| ≥ 0 > x − 3, und wegen (∗) ⇔ |2x + 1| ≥ x − 3 ist
daher in diesem Fall die Ungleichung (∗) stets erfüllt, also ist die Lösungsmenge im Fall 2 gleich
L2 = (−∞, 3).
5.6
Gleichungen und Ungleichungen in zwei Variablen
Wir erinnern an die Definition des kartesische Produkts: Seien A, B Mengen, dann ist
A × B = {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}.
Die euklidische Ebene. Wir betrachten nun speziell den Fall A = B = R. Das kartesische
Produkt R2 := R × R ist die Menge aller geordneten Paare (x, y) von Elementen x, y ∈ R. Wir
können uns R2 durch ein Koordinatensystem in der Ebene veranschaulichen. Mit dieser Interpretation bezeichnet man R2 auch als die euklidische Ebene.
Das kartesische Produkt zweier Intervalle. Seien nun A, B ⊆ R Intervalle. Dann ist das
kartesische Produkt A × B eine Teilmenge von R2 und läßt sich folgendermaßen darstellen:
38
5. Gleichungen und Ungleichungen
Das kartesische Produkt A × B der Intervalle A = [1, 4] und
B = [1, 2] im Koordinatensystem.
Achtung: Nicht jede Teilmenge von R2 läßt sich als kartesische Produkte darstellen!
Beispiele 5.6.1. Teilmengen des R2 als Lösungsmengen von (Un-)Gleichungen in zwei Variablen.
1. S := {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 ≤ 1}
2. K := {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = 1}
3. R := {(x, y) ∈ R2 | |x| + |y| ≤ 1}
4. T := {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ y ≤ 1, x2 − y 2 > 0}
5.6. ...in zwei Variablen
39
Beispiel 5.6.2 (Vertauschen von x und y). Vergleichen Sie die beiden Mengen
A := {(x, y) ∈ R2 | (y − 1)2 + x2 ≤ 1, x ≥ 0}
und
B := {(x, y) ∈ R2 | (y, x) ∈ A} = {(x, y) ∈ R2 | (x − 1)2 + y 2 ≤ 1, y ≥ 0}
B entsteht durch Spiegelung von A
an der Achse x = y.
Beispiel 5.6.3. Ermitteln Sie die Lösungsmenge L in R2 , deren Elemente die folgende Ungleichung erfüllen
2x − |y − 1| < 1.
Mit anderen Worten, es soll die folgende Menge konkret bestimmt werden:
L := {(x, y) ∈ R2 | 2x − |y − 1| < 1}.
Sei (x, y) ∈ R2 . Zum Lösen der Ungleichung 2x − |y − 1| < 1 lösen wir wie bereits zuvor die
Betragsstriche durch eine Fallunterscheidung auf und lösen dann die Ungleichungen nach y auf:
Fall 1: y ≥ 1, d.h. |y − 1| = y − 1. Dann gilt:
2x − |y − 1| < 1
⇔ 2x − (y − 1) < 1
⇔
−y < −2x
⇔
y > 2x.
40
5. Gleichungen und Ungleichungen
Also ist L1 := {(x, y)|y ≥ 1, y > 2x} Teilmenge von L.
Fall 2: y < 1, d.h. |y − 1| = 1 − y. Dann gilt:
2x − |y − 1| < 1
⇔ 2x − (1 − y) < 1
⇔ y < 2 − 2x.
Insgesamt ist also L = L1 ∪ L2 mit L2 := {(x, y)|y < 1, y < 2 − 2x}.
Skizzieren Sie die Lösungsmenge!
Bemerkung: Bei diesem Beispiel könnte man auch obige Überlegung über das „Vertauschen“ von
x und y anwenden:
Es gilt (nachrechnen): 2x − |y − 1| < 1 ⇔ x < 12 + 12 |y − 1|. Vertauschen wir hier x und y, so
erhalten wir y < 12 + 12 |x − 1|. Die zugehörige Lösungsmenge lässt sich dann folgendermaßen
skizzieren.
Spiegeln an der Geraden x = y liefert dann die Skizze der ursprünglich gesuchten Menge.
Kapitel 6
Funktionen
6.1
Definition und Grundlagen
Definition 6.1.1. Seien X, Y Mengen. Eine Vorschrift f , die jedem Element x ∈ X genau
ein Element y ∈ Y zuordnet, heißt Funktion oder auch Abbildung von X nach Y . Wir setzen in diesem Fall f (x) := y. X bezeichnen wir als Definitionsbereich und schreiben hierfür
Def(f ) := Df := X. Weiter bezeichnen wir Y als Werte- oder auch Zielbereich von f . Schreibweise: f : X → Y, x 7→ f (x).
Ist f : X → Y eine Funktion, so heißt Bild(f ) := {y ∈ Y | ∃ x ∈ X : y = f (x)} das Bild oder
auch die Wertemenge oder Bildmenge von f . Man beachte: die Wertemenge einer Funktion, also
die Menge der tatsächlich angenommenen Werte, ist eine – im allgemeinen echte – Teilmenge des
Wertebereichs von f . Zum Beispiel für die Funktion f : R → R, x 7→ x2 ist Bild(f ) = [0, ∞).
Anmerkung: Eine Funktion hat also stets drei „Bestandteile“, neben der eigentlichen Zuordnungsvorschrift x 7→ f (x) nämlich auch Definitions- und Wertebereich. So haben zum Beispiel
die Funktionen
f : R → R, x 7→ x2 ,
g : [0, ∞) → [0, ∞), x 7→ x2
zwar dieselbe Zuordnungsvorschrift x 7→ x2 , aber verschiedene Definitions- und Wertebereiche.
Dies ist zum Beispiel wichtig bei der Frage, ob eine Funktion eine Umkehrfunktion besitzt (dies
ist für g der Fall, aber nicht für f ) - diese Frage werden wir allgemein später im Abschnitt 6.3
behandeln.
Achtung: Wir unterscheiden die Funktion f von ihren Funktionswerten f (x). Insbesondere ist
„f (x)“ keine zulässige Schreibweise für die ganze Funktion f , sondern nur die Bezeichnung des
einen Funktionswertes f (x) für ein festes x ∈ X.
Definition 6.1.2 (Der Graph einer Funktion). Für eine Funktion f : X → Y heißt die Menge
Gf := {(x, y) ∈ X × Y | y = f (x)} der Graph der Funktion f . Gilt X, Y ⊂ R, so ist der Graph Gf
eine Teilmenge des R2 , und die Funktion f läßt sich gut durch ihren Graphen veranschaulichen:
41
42
6. Funktionen
Bild 6.A Graph einer Funktion als Teilmenge des R2
Anmerkung: Der oben beschriebene Funktionenbegriff sollte Ihnen von der Schule geläufig sein
und stellt zudem eine anschauliche und zum Arbeiten auch praktische Begriffsbildung dar. Dennoch ist diese Definition mathematisch noch nicht exakt (was für ein mathematische Objekt ist
eine „Zuordnungsvorschrift“?) - die Beschreibung über den Graphen stellt hingegen eine Möglichkeit dar, Funktionen sehr abstrakt, aber dafür konkret als bestimmte Typen von Mengen zu
definieren. Ohne dies weiter zu vertiefen, soll diese Variante der Definition hier genannt werden:
Definition einer Funktion als Menge. Seien X, Y Mengen. Ein Funktion f von X nach Y
ist eine Teilmenge f ⊆ X × Y so, daß es zu jedem x ∈ X genau ein y ∈ Y gibt mit (x, y) ∈ f .
Wir schreiben in diesem Fall f : X → Y , und für (x, y) ∈ f schreiben wir y = f (x).
Definition 6.1.3 (Hintereinanderausführung von Funktionen). Seien X, Y, Df , Dg Mengen und
f : Df → Y und g : Dg → X beliebige Funktionen. Dann wird die Verkettung von f mit g
definiert als
f ◦ g : Df ◦g → Y,
x 7→ f (g(x))
mit Df ◦g := {x ∈ Dg | g(x) ∈ Df }. Man bezeichnet f ◦ g als die die Hintereinanderausführung
oder auch Verkettung von g und f oder sagt kurz f nach g oder f „Kringel“ g.
√
Beispiel 6.1.4. Seien f : R → R, x 7→ 4 − x2 und g : [0, ∞) → R, x 7→ x. Bestimmen Sie die
Funktionen f ◦ g und g ◦ f mit ihren Definitionsbereichen.
√
Es gilt Df ◦g = {x ≥ 0 | x ∈ R} = [0, ∞), und für alle x ∈ [0, ∞) gilt
√
√
(f ◦ g)(x) = f (g(x)) = f ( x) = 4 − ( x)2 = 4 − x.
Umgekehrt ist Dg◦f = {x ∈ R | 4 − x2 ≥ 0} = [−2, 2], und für alle x ∈ [−2, 2] gilt
p
(g ◦ f )(x) = g(f (x)) = g(4 − x2 ) = 4 − x2 .
6.1. Definition und Grundlagen
43
Definitionsbereich/Wertemenge reeller Funktionen
Im Folgenden sei stets D ⊂ R und f : D → R eine Funktion. Eine solche Funktion nennt
man auch reellwertige (reelle) Funktion. Wir verwenden in dieser Situation auch die Bezeichnung
Wf := Bild(f ) = {y ∈ R| ∃ x ∈ D : f (x) = y} für die Wertemenge von f .
Oft werden reelle Funktionen - im Gegensatz zur obigen Definition - etwas lax nur durch ihre
Abbildungsvorschrift vorgegeben, und auf eine konkrete Angabe des Definitionsbereiches wird
verzichtet. In diesem Fall bezeichnen wir mit Df den maximalen Definitionsbereich von f , dies ist
die größte Teilmenge von R, auf der die Abbildungsvorschrift x 7→ f (x) noch „sinnvoll“ definiert
ist. Weiter heißt in diesem Fall Wf := {y ∈ R | ∃ x ∈ Df : f (x) = y} die maximale Wertemenge
von f .
Mit dem oben eingeführten Begriff der Verkettung von Funktionen läßt sich mathematisch sauber (wenn auch noch nicht ganz exakt) formulieren, was mit dem „maximalen Definitionsbereich“ einer Zuordnungsvorschrift gemeint ist: Die von uns notierten Zuordnungsvorschriften
sind Terme, die die Verkettung bestimmter elementarer Funktionen darstellen, deren Defini√
√
tionsbereich bekannt ist - wie z.B. der elementaren Funktionen · : [0, ∞) → R, x 7→ x,
log : (0, ∞) → R, x 7→ log(x), oder der Inversionsabbildung R\{0} → R, x 7→ x1 . Der maximalen
Definitionsbereich einer Zuordnungsvorschrift, die sich als Verkettung solcher elementare Funktionen darstellen läßt, ist schlicht der Definitionsbereich dieser Verkettung gemäß der obigen
Definition.
Beispiele 6.1.5.
1. Die Funktion f sei durch die Zuordnungsvorschrift
x 7→ log(−x2 + x + 2)
gegeben. Geben Sie den maximalen Definitionsbereich Df und die Wertemenge Wf an,
indem Sie f in geeigneter Weise als Verkettung zweier Funktionen schreiben.
Lösung: Die Funktion f ist in der Form f = u ◦ v mit den (elementaren) Funktionen
u = log : (0, ∞) → R, x 7→ log(x) und v : R → R, x 7→ −x2 + x + 2. Dann ist
Df = Du◦v = {x ∈ R | x ∈ Dlog } = {x ∈ R | − x2 + x + 2 > 0}.
Durch scharfes Hinsehen erhalten wir die zwei Nullstellen −1 und 2 der quadratischen
Gleichung x2 − x − 2 = 0 (Normalform). Wir verfahren wie in Abschnitt 5.2.2 dargestellt.
Für alle x ∈ R gilt
−x2 + x + 2 > 0 ⇔ x2 − x − 2 < 0 ⇔ (x + 1)(x − 2) < 0 ⇔ x ∈ (−1, 2).
Also ist Df = (−1, 2). Wir bestimmen nun die Wertemenge: Nach Definition gilt
Wf = {log(y) | y = v(x) für ein x ∈ Df }.
44
6. Funktionen
Wir bestimmen daher zunächst die Wertemenge von v: Mit quadratischer Ergänzung erhalten wir
v(x) = −x2 + x + 2 = −(x2 − x − 2) = − (x − 1/2)2 − 1/4 − 2 = 9/4 − (x − 1/2)2
für alle x ∈ R, und hieraus lesen wir ab: Wv = {v(x) | x ∈ Df } = (0, 94 ]. Damit folgt
Wf = {log(y) | y ∈ Wv } = {log(y) | y ∈ (0, 9/4]} = (−∞, log(9/4)].
(Für das letzte „=“ verweisen wir – zunächst – auf die Anschauung, tatsächlich gehen hier
Argumente wie Monotonie und Stetigkeit der Funktion log ein.)
r
1
2. Die Funktion f sei durch die Abbildungsvorschrift x 7→ 1 + gegeben. Bestimmen Sie
x
den maximalen Definitionsbereich Df und die maximale Wertemenge Wf .
r
1
Der Ausdruck 1 + ist sinnvoll definiert, falls x 6= 0 und 1 + x1 ≥ 0 ist. Die zweite
x
Ungleichung ist auf jeden Fall erfüllt für x > 0; Ist hingegen x < 0, so gilt
1+
1
≥ 0 ⇔ x + 1 ≤ 0 ⇔ x ≤ −1.
x
Damit folgt Df = (−∞, −1] ∪ (0, ∞).
Zur Bestimmung der Wertemenge stellen wir zunächst fest, daß Wf ⊆ [0, ∞) ist, da Wurzeln immer
/ Wf , denn wäre f (x) = 1 für ein x ∈ Df ,
q nicht-negativ sind. Außerdem ist 1 ∈
1+
so wäre
1
x
= 1, also auch 1 +
1
x
= 1 und damit
1
x
= 0, was aber nicht möglich ist.
Sei nun umgekehrt y ∈ [0, ∞), y 6= 1. Dann gilt für alle x ∈ Df :
r
1+
1
x
1
= y 2 ⇔ x + 1 = xy 2 ⇔ x − xy 2 = −1
x
1
⇔ x(1 − y 2 ) = −1 ⇔ x = 2
y −1
=
y ⇔1+
(beachte, daß y 2 6= 1, also y 2 − 1 6= 0 ist). Wenn wir zeigen können, daß x := y21−1 ∈ Df
ist, so haben wir gezeigt, daß y = f (x) ∈ Wf ist und damit insgesamt Wf = [0, ∞)\{1}.
Dazu machen wir eine Fallunterscheidung:
Fall 1: y > 1. Dann ist y 2 − 1 > 0, also auch x =
1
y 2 −1
> 0 und damit x ∈ Df .
Fall 2: y < 1, also auch 0 ≤ y 2 < 1. Dann ist −1 ≤ y 2 − 1 < 0, und hieraus folgt
−1 ≥ y21−1 (machen Sie sich dies anhand der Rechenregeln für Ungleichungen klar!). Also
ist x = y21−1 ≤ −1 und damit auch in diesem Fall x ∈ Df .
6.1. Definition und Grundlagen
45
3. Geben Sie den Definitionsbereich der durch die Zuordnungsvorschrift
p
x 7→ − 4 − (x − 1)2
definierten Funktion f an, und skizzieren Sie den Graphen der Funktion.
Lösung: Es gilt Df = {x ∈ R | 4 − (x − 1)2 ≥ 0}. Dazu berechnen wir:
4 − (x − 1)2
⇔
|x − 1|
⇔ −2 ≤ x − 1
⇔
−1 ≤ x
≥
≤
≤
≤
0
2
2
3
für alle x ∈ R, also ist Df = [−1, 3].
Einschub: Die Kreisgleichung In Abschnitt 5.6.1 haben wir die Kreisgleichung für den Einheitskreis, d.h. für den Kreis um Null mit Radius r = 1 kennengelernt: x2 + y 2 = 1. Seien x0 , y0 ∈ R,
r > 0. Dann lautet die allgemeine Kreisgleichung
(x − x0 )2 + (y − y0 )2 = r2 ,
x, y, ∈ R
Die Lösungsmenge dieser Gleichung, also die Menge
K := {(x, y) ∈ R2 | (x − x0 )2 + (y − y0 )2 = r2 } ⊆ R2
beschreibt (im R2 ) einen Kreis um (x0 , y0 ) mit Radius r. Durch Umformung sieht man, daß der
Kreis sich aus den Graphen der Funktionen
f1 : [x0 − r, x0 + r] → R, x 7→
p
r2 − (x − x0 )2 + y0
(oberer Halbkreis)
und
p
f2 : [x0 − r, x0 + r] → R, x 7→ − r2 − (x − x0 )2 + y0
(unterer Halbkreis)
zusammensetzt. Mit den obigen Überlegungen erkennt man, daß der resultierende Kreis aus
einer Verschiebung um x0 „nach rechts“ und y0 „nach oben“ aus dem Kreis um Null mit Radius
r hervorgegangen ist.
Zurück zur Aufgabenstellung: Das gegebene f stellt einen unteren Halbkreis um
(1, 0) mit Radius r = 2 dar:
Bild 6.B
46
6. Funktionen
Als weitere Anwendung der obigen Definition wollen wir uns verschiedenen Manipulationen von
Graphen widmen, wie Verschieben, Spiegeln, Strecken oder Stauchen. Dieses wird durch besonders einfache Verkettungen bewirkt, auch wenn diese der Einfachheit halber nicht mehr explizit
aufgeschrieben werden. Die Betrachtung dieser Verkettungen erlaubt einem häufig, auf einfache
Weise den Graphen der resultierenden Funktion f zu zeichnen oder Definitions- und Bildmenge
zu bestimmen.
Beispiel 6.1.6. Definiere h : R → R, x 7→ −x2 + x + 2.
Es gilt h(x) = −x2 + x + 2 = −(x2 − x − 2) = − (x − 1/2)2 − 1/4 − 2 = − (x − 1/2)2 − 9/4
für alle x ∈ R.
Der Graph von h entsteht nun aus dem Graphen der Funktion g : R → R, x 7→ x2 durch
Verschieben um 1/2 nach rechts, Verschieben um −9/4 nach unten und Spiegelung an der xAchse. Genauer gilt h = f2 ◦ g ◦ f1 mit den Funktionen f1 : R → R, x 7→ x − 1/2 und f2 : R →
R, y 7→ −(y − 9/4).
Daraus ist ersichtlich, daß Df = R und Wf = (−∞, 9/4] gilt.
Wir betrachten nun eine allgemeinere Situation: Die Funktion f (anstelle von h) sei durch
f (x) = ±c · g ± b(·x + a) + d, a, b, c, d ∈ R, b, c > 0
gegeben, wobei g eine elementare Funktion mit Dg = R ist. Ist Dg 6= R, so müssen die Definitionsbereiche der kombinierten Funktionen entsprechen angepaßt werden, worauf wir hier wegen
der Übersichtlichkeit aber nicht eingehen.
Im Folgenden werden wir alle Schritte anhand g(x) = x3 illustrieren.
3
Bild 6.C g(x)
=x
In Bezug auf den Graphen von f (x) = ±c · g ± b(·x + a) + d bewirkt
a eine Verschiebung des Graphen von g um −a entlang der x-Achse (s. Bild 4.M);
b eine 1/b-fache Streckung in Richtung der x-Achse (für b > 1 wird der Graph also gestaucht)
(s. Bild 4.N);
− vor b eine Spiegelung an der Achse x = −a (s. Bild 4.O);
6.2. Eigenschaften von Funktionen
Bild 6.D g(x − 1) = (x − 1)3
47
Bild 6.E g(1/2(x − 1))
Bild 6.F g(−1/2(x − 1))
c eine c-fache Streckung in Richtung der y-Achse (s. Bild 4.P);
− vor c eine Spiegelung an der x-Achse (s. Bild 4.Q);
d eine Verschiebung des Graphen um d in Richtung der y-Achse (s. Bild 4.R).
Bild 6.G 3 · g(−1/2(x − 1))
6.2
Bild 6.H −3 · g(−1/2(x − 1))
Bild 6.I 3 · g(−1/2(x − 1)) + 1
Eigenschaften von Funktionen
Definition 6.2.1 (Monotonie von Funktionen). Eine Funktion f : D → R, x 7→ f (x) heißt auf D
monoton wachsend (fallend), falls für alle x1 , x2 ∈ D mit x1 < x2 gilt
f (x1 ) ≤ f (x2 ) ( bzw. f (x1 ) ≥ f (x2 )) .
Entfallen die Gleichheitszeichen, so spricht man von strenger Monotonie.
Beispiele 6.2.2.
1. Die Funktion f : [0, ∞) → R, x 7→ x2 ist streng monoton wachsend.:
Beweis. Seien x1 , x2 ∈ [0, ∞) mit x1 < x2 . Dann gilt x2 − x1 > 0 und x2 > x1 ≥ 0, also
auch x2 + x1 ≥ x2 > 0 und damit
f (x2 ) − f (x1 ) = x22 − x21 = (x2 − x1 )(x2 + x1 ) > 0,
also f (x1 ) < f (x2 ).
48
6. Funktionen
2. Die Funktion f : R → R, x 7→ x2 ist weder monoton wachsend noch monoton fallend.
Beweis. Es ist −1 < 0 und f (−1) = 1 > 0 = f (0), also ist f nicht monoton wachsend, und
es ist 0 < 1, aber f (0) = 0 < f (1), also ist f auch nicht monoton fallend.
3. Die Wurzelfunktion
√
· : [0, ∞) → R, x 7→
√
x ist streng monoton wachsend.
Beweis. Seien x1 , x2 ∈ [0, ∞) mit x1 < x2 . Dann gilt x2 − x1 > 0 und x2 > x1 ≥ 0, also
√
√
√
auch x2 + x1 ≥ x2 > 0 und damit
f (x2 ) − f (x1 ) =
√
x2 −
√
√
√
√
√
( x2 − x1 )( x2 + x1 )
x2 − x1
=√
x1 =
√
√
√ > 0,
x2 + x1
x2 + x1
also f (x1 ) < f (x2 ).
Definition 6.2.3 (gerade und ungerade Funktionen). Eine Funktion f : R → R, x 7→ f (x) heißt
gerade oder symmetrisch, bzw. ungerade oder antisymmetrisch, wenn gilt
f (−x) = f (x), bzw. f (−x) = −f (x) für alle x ∈ R.
Bild 6.J monoton
wachsende Funktion
6.3
Bild 6.K gerade Funktion
Bild 6.L ungerade Funktion
Die Umkehrfunktion
Dieser Abschnitt ist der Berechnung von Umkehrfunktionen gewidmet. Dabei ist zu beachten,
daß im allgemeinen nicht jede Funktion überhaupt eine Umkehrfunktion besitzt!
Im folgenden sei f : R ⊇ D → R eine reelle Funktion und W = {y ∈ R | ∃ x ∈ D : f (x) = y}
die Wertmenge von f , also die Menge derjenigen reellen Zahlen, die als Funktionswert von f
angenommen werden. Existiert zu jedem y ∈ W genau ein x ∈ D mit y = f (x), so nennt man die
Funktion injektiv. Nach den Ausführungen zum Quantor „Es existiert genau ein ...“ im Rahmen
von Beispiel 1.8.1 (vgl. zweite Vorlesung) ist die Funktion genau dann injektiv, wenn folgendes
gilt:
∀ x1 , x2 ∈ D : f (x1 ) = f (x2 ) ⇒ x1 = x2 .
6.3. Die Umkehrfunktion
49
Ist f injektiv, so heißt die Funktion
f −1 : W → D, y 7→ x, wobei x ∈ D die eindeutige Zahl mit f (x) = y ist,
die Umkehrfunktion von f .
Es gilt also für alle x ∈ D und y ∈ W:
f −1 (f (x)) = x und f (f −1 (y)) = y.
Man kann sich überlegen (wir werden dies in den untenstehenden Beispiele auch tun), daß die
Graphen von f und f −1 symmetrisch zur Geraden y = x liegen, man erhält den Graphen der
Umkehrfunktion f −1 also durch Spiegeln des Graphen von f an der Hauptdiagonalen.
Beispiele 6.3.1. (1) Streng monotone Funktionen sind immer injektiv und besitzen somit
auch immer eine Umkehrfunktionen.
(2) Die Funktion f : [0, ∞) → R, x 7→ x2 ist streng monoton wachsend, vgl. Beispiel 6.2.2
√
(1), also insbesondere injektiv, Ihre Umkehrfunktion ist die Wurzelfunktion · : [0, ∞) →
√
R, x 7→ x.
(3) Die Funktion f : R → R, x 7→ x2 ist nicht injektiv, denn es gilt f (1) = 1 = (−1)2 = f (−1),
aber 1 6= −1, bzw. mit anderen Worten: y := 1 liegt im Wertebereich von f aber besitzt
zwei verschiedene Urbilder.
Wir kommen nun zu etwas aufwendigeren Beispielen, bei denen insbesondere die Umkehrfunktion
zu berechnen ist.
Beispiele 6.3.2.
1. Zeigen Sie, daß die Funktion f : R\{−1} → R, x 7→ x−1
x+1 injektiv ist.
Geben Sie die Umkehrfunktion von f an und zeichnen Sie deren Graphen.
Lösung: Wie auf der Skizze zu sehen ist die Funktion f injektiv und somit invertierbar,
wir geben aber zusätzlich noch einen formalen Beweis: Seien dazu x1 , x2 ∈ R\{−1} mit
f (x1 ) = f (x2 ). Dann gilt
x1 − 1
x2 − 1
= f (x1 ) = f (x2 ) =
,
x1 + 1
x2 + 1
und damit folgt (x1 − 1)(x2 + 1) = (x2 − 1)(x1 + 1), also
x1 x2 − x2 + x1 − 1 = (x1 − 1)(x2 + 1) = (x2 − 1)(x1 + 1) = x2 x1 − x1 + x2 − 1,
und hieraus folgt schließlich −x2 + x1 = −x1 + x2 , also 2x1 = 2x2 und damit x1 = x2 , was
zu zeigen war.
x−1
Zur Bestimmung der Umkehrfunktion müssen wir nun formal die Gleichung y = x+1
nach
x−1
y auflösen. Sei dazu x ∈ R\{−1} und y = x+1 . Dann ist auch y 6= 1, denn es kann nicht
50
6. Funktionen
x − 1 = x + 1 sein. Damit können wir die folgenden Umformungen vornehmen:
⇔
⇔
y6=1
⇔
y = x−1
x+1
(x + 1)y = x − 1
x(y − 1) = −1 − y
y+1
x = − y−1
Dies zeigt, daß es zu jedem y ∈ R\{1} genau ein x ∈ R\{−1} gibt mit f (x)= y, also
ist insbesondere Bild(f ) = R\{1}, und dieses x ist gegeben als x = − y+1
y−1 . Um die
Umkehrfunktion f −1 zu notieren, muß man sich klarmachen, daß das obige y die Variable
sein soll und man daher in der letzten Gleichung x und y vertauschen muß. Wir erhalten
also als Umkehrfunktion:
f
−1
: R\{1} → R\{−1}, x 7→ −
Bild 6.M Graph der Funktion f
x+1
x−1
.
Bild 6.N Graph der Funktion f −1
2. Sei a > 0. Geben Sie den maximalen Definitionsbereich Df und die zugehörige Wertemenge
Wf von der durch die folgende Abbildungsvorschrift definierte reellen Funktion f an:
x 7→
1
√ .
a+ x
Zeigen Sie ferner, daß f injektiv ist und bestimmen Sie die Umkehrfunktion f −1 .
Lösung: Es gilt Df = [0, ∞). Für jedes x ≥ 0 gilt zudem
0<
1
1
1
√ ≤
√ = ,
a
a+ x
a+ 0
6.3. Die Umkehrfunktion
51
also ist Wf ⊆ (0, 1/a]. Sei nun x ≥ 0, dann gilt:
y =
√
a+ x =
√
x =
⇔
⇔
√
x≥0bzw. y≤ a1
⇔
x =
1√
a+ x
1
y
1
y −a
1
y
2
−a
Dies zeigt, daß Wf = (0, 1/a] ist (ist y ∈ (0, 1/a], so ist y = f (x) für x =
und es ergibt sich die Umkehrfunktion
f
−1
: (0, 1/a] → [0, ∞), x 7→
1
−a
x
2
.
1
y
2
− a ∈ Df ),
52
6. Funktionen
Kapitel 7
Spezielle Funktionen
In diesem Kapitel wird eine Reihe von elementaren Funktionen mit ihren Graphen und elementaren Eigenschaften angegeben.
7.1
Die Potenzfunktion
Im Folgenden verwenden wir die Notationen R>0 := (0, ∞), R<0 := (−∞, 0) und R≥0 := [0, ∞).
Man nennt R>0 die positiven Zahlen, R<0 die negativen Zahlen und R≥0 die nicht-negativen
Zahlen.
Eine Funktion f : Df → R, für die es ein r ∈ Q gibt mit
f (x) = xr
für alle x ∈ Df ,
heißt Potenzfunktion. Dabei unterscheiden wir die folgenden Fälle:
1. r = 0. f ist eine konstante Funktion mit (maximalem) Definitionsbereich Df = R.
2. r = 1. f ist eine lineare Funktion (siehe auch Abschnitt 7.4), Df = R.
3. r ∈ N, r ≥ 2. Df = R.
4. r ∈ Z, r ≤ −1. Df = R \ {0}
5. r 6∈ N, r > 0. Df = R≥0 .
6. r 6∈ Z, r < 0. Df = R>0
53
54
7. Spezielle Funktionen
Bild 7.A
Bild 7.B
Beispiel 7.1.1. Es sei n ∈ N, n ≥ 2. Dann ist die Funktion f : [0, ∞) → R, x 7→ xn injektiv
(denn f ist streng monoton wachsen), und die Umkehrfunktion f −1 ist gegeben durch
f −1 (x) =
√
n
1
x = x n für alle x ∈ Df −1 = [0, ∞).
Der Graph der Umkehrfunktion f −1 entsteht durch Spiegelung des Graphen von f an der Achse
x = y, wie man in Bild 4.E sehen kann.
Allgemeiner gilt: Jede Potenzfunktion f : Df → R, x 7→ xr mit r ∈ Q\{0} ist injektiv und besitzt
eine Umkehrfunktion, die selbst wieder eine Potenzfunktion ist, nämlich
1
f −1 : Wf → R, x 7→ x r .
7.2
Die Exponentialfunktion und die Logarithmusfunktion
Sei a > 0, a 6= 1. Die Funktion
f : R → R, x 7→ ax = ex log(a)
nennt man Exponentialfunktion mit Basis a. Im Fall a = e heißt f einfach die Exponentialfunktion.
Man beachte: Nach dem Kommentaren in Abschnitt 2.1.3 haben wir ax für x ∈ R\Q noch gar
nicht definiert. Dies wird aber im Rahmen der Vorlesung Analysis 1 nachgeholt.
Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion zur Basis a ist die Logarithmusfunktion
loga : R>0 → R, x 7→ loga (x)
7.3. Polynomfunktionen
55
Bild 7.C
7.3
Polynomfunktionen
Als Polynomfunktionen bezeichnen wir bestimmte Summen von Potenzfunktionen.
Ein Funktion p : R → R gegeben durch
p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + ... + an xn ,
für alle x ∈ R mit a0 , a1 , ..., an ∈ R, n ∈ N0 ,
nennen wir eine Polynomfunktion. Ist an 6= 0, so ist p eine Polynomfunktion n-ten Grades und
n heißt der Grad von p.
Eine Polynomfunktion n-ten Grades hat höchstens n Nullstellen.
Bild 7.D Graph einer Polynomfkt. fünften Grades
56
7. Spezielle Funktionen
7.4
Allgemeine (affin-)lineare Funktionen
Definition 7.4.1 (Lineare Funktion). Eine Funktion f : R → R heißt linear, wenn für alle
x, y, c ∈ R gilt
f (x + y) = f (x) + f (y)
und f (cx) = c f (x).
Wie man leicht einsieht, ist für jedes b ∈ R die Funktion fb : R → R, x 7→ b · x linear im Sinne
dieser Definition. Tatsächlich sind dies auch schon alle lineare Funktionen, es gilt also:
Ist f : R → R linear, so gibt es ein b ∈ R mit f = fb .
Wir wollen dieses Aussage beweisen. Dafür überlegen wir vorab: Wenn es ein solches b gibt, so
muß insbesondere f (1) = fb (1) = b · 1 = b sein. Wir nehmen dies nun umgekehrt also Motivation,
b = f (1) zu wählen, was auch zum gewünschten Ziel führt – dies zeigt der folgende
Beweis. Sei f : R → R linear. Definiere b := f (1). Wir zeigen, daß dann f = fb ist. Sei dazu
x ∈ R beliebig, dann gilt
f (x) = f (x · 1)
f linear
=
x · f (1) = b · x = fb (x).
Also ist f = fb .
Insbesondere gilt für lineare Funktionen f immer f (0) = 0.
Allgemeiner betrachtet man auch verschobene lineare Funktionen: Die Funktion
f : R → R, x 7→ a + bx
mit a, b ∈ R,
nennt man allgemeine lineare Funktion bzw. genauer allgemeine affin-lineare Funktion.1 Die
Funktion f ist eine Polynomfunktion ersten Grades.
Beispiel 7.4.2. Skizzieren Sie den Graphen solch einer Funktion im Falle
1. a = 0, b = 2
2. a = 1, b = 0
3. a = −1, b = −0.5
7.5
Stückweise lineare Funktionen
Wir bringen nun ein Beispiel einer immer noch einfachen Funktion, die aber nicht zu den elementaren Funktionen gehört. Dennoch läßt sie sich durch Fallunterscheidungen aus elementaren
(nämlich affin-linearen) Funktionen zusammensetzen.
1
Wir bereiten hier bereits die Begriffsbildung vor, die Sie in der Vorlesung Lineare Algebra 1 kennenlernen
werden, dort ist die Bezeichnung lineare Funktion für den Fall a = 0 reserviert. Der Zusatz „affin“ steht für den
möglichen Fall a 6= 0.
7.5. Stückweise lineare Funktionen
57
Beispiel 7.5.1. Schreiben Sie die Funktion f : R → R, x 7→ 2 − |1 − x| − |x + 2| ohne Beträge,
indem Sie sie auf geeigneten Intervallen als affin-lineare Funktionen schreiben. Skizzieren Sie
ihren Graphen.
Lösung: Zunächst ermitteln wir die kritischen Punkte, in denen die Terme innerhalb der Betragsstriche das Vorzeichen wechseln. Das sind die Punkte 1 und −2.
Das führt uns auf die drei Teilintervalle von R: (−∞, −2), [−2, 1) und [1, ∞) auf denen eine
einheitliche Darstellung ohne Beträge möglich ist.
Sei x ∈ (−∞, −2): Hier gilt
f (x) = 2 − |1 − x| − |x + 2| = 2 − (1 − x) + (x + 2) = 3 + 2x
Sei x ∈ [−2, 1): Hier gilt:
Sei x ∈ [1, ∞): Hier gilt
f (x) = 2 − (1 − x) − (x + 2) = −1.
f (x) = 2 + (1 − x) − (x + 2) = −2x + 1
Insgesamt ist



3 + 2x x < −2
f (x) = −1
−2 ≤ x < 1


1 − 2x x ≥ 1
Bild 7.E Graph der Funktion f
58
7. Spezielle Funktionen
7.6
Trigonometrische Funktionen
7.6.1
Herleitung und Definition
Für ein rechtwinkliges Dreieck gelten die Definitionen
sin α := Gegenkathete/Hypotenuse,
cos α := Ankathete/Hypotenuse,
tan α := Gegenkathete/Ankathete.
Diese Definition ist nur für α < 90◦ möglich.
Bild 7.F
Die sog. Trigonometrischen Funktionen sin und cos erweitern diese Darstellung auf den Definitionsbereich R. Dies soll aus der Anschauung des Einheitskreises hergeleitet werden.
Bild 7.G
Umrechnung von Grad- und Bogenmaß
Der Umfang des Einheitskreises ist 2π. Daraus leitet sich das Bogenmaß ab, das im Folgenden statt des Gradmaßes verwendet wird. Es gilt 180◦ =π,
b zwischen dem Gradmaß a und dem
Bogenmaß b bestehen also die Beziehungen
a◦ =
180
b
π
und b =
π ◦
a .
180
Dabei wird das Bogenmaß als eine reelle Zahl interpretiert, man hat also keine Maßeinheit für b.
7.6. Trigonometrische Funktionen
59
Über die Anschauung am Einheitskreis können wir die Definition von Sinus und Cosinus auf
beliebige reelle Zahlen aussdehnen, wobei wir diese als Winkel gemessen im Bogenmaß auffassen.
So erhalten wir die Funktionen sin : R → R, x 7→ sin(x) und cos : R → R, x 7→ cos(x), und wir
können folgendes ablesen: Die Wertemengen Wsin und Wcos sind jeweils das Intervall [−1, 1].
Schaubild des Sinus und Cosinus.
Bild 7.H
Schaubild des Tangens und Cotangens.
Der Tangens
tan(x) :=
sin(x)
cos(x)
ist definiert auf
R \ {x | cos(x) = 0}
= R \ {kπ + π2 |k ∈ Z}.
Der Cotangens
cot(x) :=
cos(x)
sin(x)
ist definiert auf
R \ {x | sin(x) = 0}
= R \ {kπ | k ∈ Z}.
Bild 7.I
Die Funktionen sin und cos, bzw. tan und cot sind periodisch mit den Perioden 2π bzw. π, das
heißt, für alle x ∈ R und k ∈ Z gilt
sin(x) = sin(x + 2kπ),
cos x = cos(x + 2kπ),
tan(x) = tan(x + kπ),
cot x = cot(x + kπ).
60
7. Spezielle Funktionen
7.6.2
Die Additionstheoreme
Seien x, y ∈ R. Dann gilt:
1. sin2 (x) + cos2 (x) = 1, mit der Schreibweise sin2 (x) := (sin(x))2 ,
2. sin(x ± y) = sin(x) cos(y) ± cos(x) sin(y),
3. cos(x ± y) = cos(x) cos(y) ∓ sin(x) sin(y).
Die Additionstheoreme lassen sich geometrisch am Einheitskreis herleiten. Außerdem werden sie
im Rahmen der Analysis-Vorlesung mit analytischen Methoden bewiesen, denen aber insbesondere eine formale Definition der Funktionen sin, cos zugrunde liegen.
Setzt man bei 2. und 3. den Spezialfall x = y ein, so erhält man
sin(2x) = 2 sin(x) cos(x)
und cos(2x) = cos2 (x) − sin2 (x)
für alle x ∈ R.
Beispiel 7.6.1. Sei x ∈ R, dann folgt mit den Additionstheoremen:
cos(2x) = cos2 (x) − sin2 (x) = cos2 (x) − 1 − cos2 (x) = 2 cos2 (x) − 1,
1
bzw. cos2 (x) = (cos(2x) + 1).
2
Neben der bereits formulierten 2π-Periodizität kann man noch weitere Symmetrien von sin und
cos aus der Definition am Einheitskreis ablesen, etwa:
∀ x ∈ R : sin(x + π) = − sin(x)
und cos(x + π) = − cos(x).
Beispiel 7.6.2. Machen Sie sich anschaulich klar, daß für alle x ∈ R gilt
π
π
sin x +
= cos(x) und cos x +
= − sin(x),
2
2
und beweisen Sie dies mit den Additionstheoremen.
Spezielle Werte von Sinus, Cosinus und Tangens.
a) Leiten Sie folgende spezielle Funktionswerte am Einheitskreis her.
x in
◦
x im Bogenmaß
sin x
cos x
tan x
0◦
30◦
45◦
b) Mithilfe der Ergebnisse aus a) und den Additionstheoremen berechnen Sie sin(π/8) und
cos(π/8).
Kapitel 8
Die komplexen Zahlen
Einigen von Ihnen sollten die komplexen Zahlen bereits aus der Schule vertraut sein. Aber auch
sonst ist in der Regel allgemein bekannt, daß eine Grundidee der komplexen Zahlen darin liegt,
√
aus negativen Zahlen eine Wurzel ziehen zu können. Insbesondere wird die Zahl i = −1 eingeführt (wobei diese Notation problematisch ist – dazu später mehr). In Anbetracht der „Alltagserfahrung“ bzw. des üblichen Umgangs mit den bekannten Zahlenbereichen N, Z, Q, R könnte dies
als eine unnatürliche und eher künstliche Konstruktion erscheinen. Tatsächlich aber sind ausgehend von den natürlichen Zahlen (die auch erst nach langen Zeiten rein geometrischer Mathematik formalisiert wurden) auch die anderen bekannten Zahlenbereiche ähnlich entstanden aus der
Unzulänglichkeit, in dem gegebenem Zahlenbereich gewisse „natürliche“ mathematische Probleme
lösen oder auch nur behandeln zu können. So erscheinen die natürlichen Zahlen N = {1, 2, 3, . . .}
nicht nur dem Namen nach „natürlich“, schließlich entsprechen sie unserer Alltagserfahrung des
Zählens. Nun sind aber in N Gleichungen der Gestalt n + x = m für gegebene m, n ∈ N im
allgemeinen nicht lösbar – dies führt auf die Einführung der ganzen Zahlen Z. Und auch, wenn
sich eine negative Zahl zunächst nicht aus der Alltags-Anschauung erklären läßt (was ist −1
Apfel?), so läßt sich doch die Operation mit einer negativen Zahl (einen Apfel von gegebenen
wegnehmen) erklären. Ähnlich sind die rationalen Zahlen entstanden aus der Unfähigkeit, in dem
Bereich der ganzen Zahl zu teilen – und auch hier finden sich sehr anschauliche Alltagsbeispiele
(Uhr, Kuchen). Schließlich hat man in den rationalen Zahlen auch „Lücken“ entdeckt: In einem
Quadrat mit der Seitenlänge 1 hat die Hauptdiagonale – deren Konstruktion geometrisch trivial
ist – nach dem Satz von Pythagoras die Länge x mit der Eigenschaft x2 = 12 + 12 = 2. Damit
kann x aber keine rationale Zahl sein (dies haben wir bereits bewiesen). Ausgehend von dieser
Problematik wurden die rationalen Zahlen „vervollständigt“ zu der Menge der reellen Zahlen R.
Ein anscheinend natürliches Problem hat nun auf die Erfindung der komplexen Zahlen geführt: Im
16. Jahrhundert stellte sich der Mathematiker Geronimo Cardano (1501-1576) die Aufgabe,
eine Strecke der Länge 10 so in zwei Stücke zu zerlegen, daß das aus ihnen gebildete Rechteck
die Fläche 40 hat. Dies führt auf die quadratische Gleichung x(10 − x) = 40, und quadratische
Ergänzung zeigt, daß diese Gleichung keine reellen Lösungen besitzt:
x2 − 10x + 40 = (x − 5)2 − 25 + 40 = (x − 5)2 + 15 ≥ 15 > 0.
61
62
8. Die komplexen Zahlen
Cardano rechnete dennoch weiter und erhält als Lösungen die Ausdrücke
√
√
x1 = 5 + −15 und x2 = 5 − −15.
Und auch wenn diese Ausdrücke zunächst gar nicht definiert sind, wenn man „naiv“ mit ihnen
rechnet, liefern sie genau das Gewünschte, nämlich
√
√
x1 + x2 = 5 + −15 + 5 − −15 = 10,
√
√
√
2
und x1 · x2 = 5 + −15 · 5 − −15 = 52 −
−15 = 25 − (−15) = 40.
Im Laufe der Zeit stellte man nun fest, daß das formale Rechnen mit Wurzeln aus negativen
Zahlen viele fruchtbare Erkenntnisse liefert, unter anderem allgemeine Lösungsformeln zur Bestimmung der Nullstellen von Polynomen 3. und 4. Grades. Ebenso ließen sich Probleme, die
sowohl in Formulierung als auch Lösung eigentlich rein reeller Natur sind, durch den Umweg mit
dem Rechnen mit nicht-reellen Wurzeln aus negativen Zahlen erst vollständig lösen.
8.1
Rechnen mit komplexen Zahlen
√
√
√
Ausgehend von der Idee −a = −1 · a für a > 0 reicht es, die Wurzel aus der Zahl −1 ziehen
zu können. Wir definieren daher die sogenannte imaginäre Einheit i mit der Eigenschaft
i2 = −1.
Eine allgemeine komplexe Zahl ist nun eine Zahl der Gestalt z = a + ib, zusammengesetzt aus
reellen Zahlen a, b ∈ R und der imaginären Einheit i, und wir setzen
C := {a + ib | a, b ∈ R}.
Man nennt C die Menge oder auch den Körper der komplexen Zahlen. Um einen sinnvollen Umgang mit dieser neuen Art Zahlen möglich zu machen, sollten die elementare Rechenoperationen
Addition und Multiplikation, sowie die zugehörigen inversen Operationen Subtraktion und Division, sinnvoll erklärt werden können. Man rechnet dazu formal mit komplexen Zahlen unter
Verwendung der bekannten Rechenregeln für reelle Zahlen sowie der axiomatisch geforderten
Identität i2 = −1, so gilt zum Beispiel:
(2 + i) · (3 − 2i) = 6 + 3i − 4i − 2i2 = 6 − i + 2 = 8 − i.
Allgemein erhalten wir für komplexe Zahlen a + ib und c + id:
(a + ib) + (c + id) = a + ib + c + id = (a + c) + i(b + d),
(a + ib) · (c + id) = ac + a · (id) + ibc + (ib)(id) = ac + i ad + i bc + i2 · bd
= ac − bd + i(ad + bc).
Ähnliche Rechnungen können wir auch für die inversen Operationen Subtraktion und Division
durchführen, wobei man sich im zweiten Fall eines Tricks bedient. Seien a + ib, c + id ∈ C, dann
gilt:
(a + ib) − (c + id) = a + ib − c − id = (a − c) + i(b − d),
8.2. Die Gaußsche Zahlenebene
(a + ib) : (c + id) =
=
63
a + ib c − id
(a + ib)(c − id)
(ac + bd) + i(bc − ad)
·
=
=
2
2
c + id c − id
c − (id)
c2 + d2
ac + bd
bc − ad
+i 2
.
2
2
c +d
c + d2
Dies zeigt, daß der Zahlenbereich C gegenüber den Rechenoperationen Multiplikation und Addition und den zugehörigen inversen Operationen Subtraktion und Division abgeschlossen ist,
es entstehen also durch Verknüpfung von komplexen Zahlen keine komplizierteren Ausdrücke,
sondern immer nur wieder Ausdrücke der Gestalt a + ib.
Definition 8.1.1 (Real- und Imaginärteil einer komplexen Zahl). Zu einer gegebenen reellen Zahl
z = a + ib nennt man a den Realteil und b den Imaginärteil von z und schreibt hierfür a = Re(z)
und b = Im(z).
Um diese Definition zu rechtfertigen, müssen wir noch zeigen, daß der Real- und Imaginärteil
einer komplexen Zahl wohldefiniert sind, daß also durch z 7→ Re(z) und z 7→ Im(z) Funktionen
definiert werden.1 Seien dazu a, b, c, d ∈ R mit z = a + ib und z = c + id, dann ist zu zeigen, daß
a = c und b = d ist. Wir folgern
a + ib = z = c + id, also a − c = i(d − b),
und Quadrieren liefert (a − c)2 = −(d − b)2 ,
also folgt
(a − c)2 + (d − b)2 = 0.
Wegen (a − c)2 ≥ 0 und (d − b)2 ≥ 0 folgt hieraus aber schon (a − c)2 = 0 und (d − b)2 = 0 und
damit wie behauptet a = c und b = d.
√
√
√
√
√
Beispiele 8.1.2.
1. (1 + i 2) · (1 − i 2) = 1 + i 2 − i 2 − (i 2)2 = 1 + 2 = 3,
2.
1−i
1−i
1−i
1 1
1
=
=
=
= − i,
1+i
(1 + i)(1 − i)
1+i−i+1
2
2 2
3.
3+i
(3 + i)(1 + 2i)
3 + i + 6i − 2
1 + 7i
1 7
=
=
=
= + i.
1 − 2i
(1 − 2i)(1 + 2i)
1 − 2i − 2i + 4
5
5 5
8.2
Die Gaußsche Zahlenebene
Wie oben gezeigt wurde, läßt sich jede komplexe Zahl z ∈ C eindeutig identifizieren mit dem
reellen Zahlenpaar (Re(z), Im(z)) ∈ R2 . Formal läßt sich dies so ausdrücken: Die Abbildung
F : C → R2 , z 7→ (Re(z), Im(z)) ist injektiv mit Umkehrabbildung F −1 : R2 → C, (x, y) 7→ x+iy.
Wir erhalten so eine geometrische Anschauung für komplexen Zahlen als Zahlenpaarer in einem
zweidimensionalen Koordinatensystem, der sogenannten Gaußschen Zahlenebene, wobei der Realteil einer komplexen Zahl auf der „x-Achse“ und der Imaginärteil auf der „y-Achse“ abgetragen
1
Vgl. mit Aufgabe 5.1 c): So sind zum Beispiel Zähler und Nenner einer rationalen Zahl r ∈ Q nicht wohldefiniert, da sie von der konkreten Darstellung der Zahl r als Bruch ab abhängen.
64
8. Die komplexen Zahlen
werden. Im Beispiel unten (Bild 8.A) ist konkret die komplexe Zahl z = 4 + 3i eingezeichnet.
Bild 8.A
Bild 8.B
Die Rechenoperationen für komplexe Zahlen (Addition, Multiplikation) lassen sich ebenfalls
geometrisch interpretieren. Die Addition komplexer Zahlen ist die Vektoraddition im Parallelogramm, wie sie ihnen vielleicht noch aus der Vektorrechnung bekannt ist (vgl. Bild 8.B). Auch
die Multiplikation komplexer Zahlen hat eine geometrische Interpretation, bevor wir zu dieser
kommen, führen wir noch einige neue Bezeichnungen ein.
Definition 8.2.1 (Betrag und die Konjugierte einer komplexen Zahl). Es sei z ∈ C und a :=
√
Re(z), b := Im(z), also z = a + ib. Dann nennt man |z| := a2 + b2 den Betrag von z und
z := a − ib die (komplex-)konjugierte Zahl zu z.
Anschaulich ist |z| die Länge von z, bzw. der Abstand von z zum Ursprung 0 in der Gaußschen
Zahlenebene, und die Komplex-Konjugation von z entspricht einer Spiegelung an der reellen
Achse. Für jede komplexe Zahl z ∈ C gilt offenbar nach Definition | Re(z)| ≤ |z|, | Im(z)| ≤ |z|
sowie |z| = |z| und z = z. Wir formulieren noch weitere Rechenregeln.
Für alle komplexen Zahlen z, w ∈ C gilt:
1. |z| ≥ 0, und |z| = 0 ⇔ z = 0,
2. |w · z| = |w| · |z|,
3. |w + z| ≤ |w| + |z| (Dreiecksungleichung),
4. z · w = z · w und z + w = z + w,
5. Re(z) = 21 (z + z) und Im(z) =
6. |z|2 = z · z.
1
2i (z
− z),
8.2. Die Gaußsche Zahlenebene
65
Die meisten dieser Regeln ergeben sich unmittelbar aus den Definitionen, sobald man alle entsprechenden Terme ausrechnet. Wir wollen daher an dieser Stelle nur einige dieser Regeln beweisen.
Seien dazu z = a + ib, w = c + id ∈ C.
Zu 1. |z| ≥ 0 folgt aus der Definition als Wurzel, und es gilt
|z| = 0 ⇐⇒ |z|2 = 0 ⇐⇒ a2 + b2 = 0 ⇐⇒ a = b = 0 ⇐⇒ z = 0.
Zu 5. Dies folgt aus der Definition von z.
Zu 6. Es gilt z · z = (a + ib)(a − ib) = a2 − (ib)2 = a2 + b2 = |z|2 .
Zu 3. Mithilfe von 2. und 4.-6. sowie der Definition von Betrag und komplex-konjugierter Zahl
beweisen wir nun die Dreiecksungleichung. Es gilt
|z + w|2
=
4.,6.
4.
(z + w)(z + w) = (z + w)(z + w) = zz + wz + zw + ww
5.,6.
=
|z 2 | + wz + wz + |w|2 = |z 2 | + 2 Re(wz) + |w|2 ≤ |z 2 | + 2|wz| + |w|2
2.
|z 2 | + 2|w| |z| + |w|2 = |z 2 | + 2|w| |z| + |w|2 = (|z| + |w|)2 ,
=
und durch Wurzelziehen folgt die Dreiecksungleichung.
Wie die letzte Rechnung zeigt, kann man durch die Verwendung von Beträgen und komplexkonjgierten Zahlen Rechnungen einfacher und übersichtlicher gestalten, als wenn man konkret
mit Real und Imaginärteil rechnet. So erhält man zum Beispiel auch eine einfachere Darstellung
der multiplikativ Inversen einer komplexen Zahl z 6= 0: Nach 6. gilt z · z = |z|2 , also folgt
z
1
= 2.
z
|z|
Wir kehren damit zurück zur geometrischen Interpretation der komplexen Multiplikation. Dazu
betrachten wir zunächst zwei Spezialfälle:
1. Das Multiplizieren mit einer positiven Zahl. Es sei r > 0 eine positive (und damit
insbesondere reelle) Zahl und z = a + ib ∈ C. Dann ist r · z = ra + i(rb), es werden also sowohl
Real- als auch Imaginärteil von z um den selben Faktor r gestreckt (im Fall r ≥ 1) bzw. gestaucht
(im Fall r < 1). Die Zahl r · z hat also in der Gaußschen Zahlenebene dieselbe Richtung wie z,
allerdings die Länge |rz| = r · |z|.
2. Das Multiplizieren mit einer komplexen Zahl vom Betrag 1. Sei nun w ∈ C mit
|w| = 1. Dann liegt w in der Gaußschen Zahlenebene auf dem Einheitskris, nach dem vorherigen
Abschnitt läßt sich daher w schreiben also w = cos(ϕ) + i sin(ϕ) mit einem ϕ ∈ [0, 2π). Sei weiter
z ∈ C\{0}, dann ist |wz| = |w| |z| = |z|, somit hat wz dieselbe Länge wie z, liegt also auf dem
selben Kreis um den Ursprung wie die Zahl z. Folglich handelt es sich bei der Multiplikation mit
w um eine Drehung. Dies können wir noch präzisieren: Setze r := |z| > 0 und z0 := zr , dann
gilt z = r · z0 und |z0 | = 1. Also finden wir ein ψ ∈ [0, 2π) mit z0 = cos(ψ) + i sin(ψ). Mit den
Additionstheoremen folgt nun
w · z = r · (cos(ϕ) + i sin(ϕ)) · (cos(ψ) + i sin(ψ))
66
8. Die komplexen Zahlen
= r · [cos(ϕ) cos(ψ) − sin(ϕ) sin(ψ)] + i [cos(ϕ) sin(ψ) + sin(ϕ) cos(ψ)]
= r (cos(ϕ + ψ) + i sin(ϕ + ψ)).
Insgesamt erhalten wir: Sind w, z ∈ C, so findet man Winkel ϕ, ψ ∈ [0, 2π) mit z = |z|(cos(ϕ) +
i sin(ϕ)) und w = |w|(cos(ψ) + i sin(ψ)), und es gilt
z · w = |z||w| (cos(ϕ + ψ) + i sin(ϕ + ψ)),
das heißt, die Beträge werden multipliziert und die Winkel addiert.
Bild 8.C
Eine formale Definition der komplexen Zahlen
Bisher haben wir die imaginäre Einheit i als formales Objekt behandelt, und erklärt, wie man mit
diesem rechnen kann. Tatsächlich bietet die Anschauung von C als Gaußsche Zahlenebene (und
damit mengenmäßig als R2 ) auch eine Möglichkiet, die komplexen Zahlen exakt zu definieren.
Dies wird in den Grundvorlesungen ausführlich gemacht werden, und es soll hier nur kurz die
Idee genannt werden: Man definiert C := R2 , und motiviert durch die bereits hergeleiteten
Rechenregeln sowie der gewünschten Interpretation des Paares (a, b) mit der komplexen Zahl
a + ib definiert man anschließend die Verknüpfungen
(a, b) + (c, d) := (a + c, b + d)
(a, b) · (c, d) := (ac − bd, ad + bc)
8.3. Lösen quadratischer Gleichungen in C
67
für alle (a, b), (c, d) ∈ R2 . Nun wird die reelle Achse mit der x-Achse identifiziert, also jedes
a ∈ R mit dem Paar (a, 0), und wir definieren i := (0, 1). Dann folgt in der Tat mit der oben
definierten Multiplikation i2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0), mit der vorherigen Identifikation von R
mit der x-Achse in R2 also i2 = −1, und für alle a, b ∈ R gilt (a, b) = a · (1, 0) + b · (0, 1) = a + ib.
8.3
Lösen quadratischer Gleichungen in C
Wir kommen nun zu dem eingangs gestellten Problem zurück, nämlich dem Lösen quadratischer
Gleichungen in C. Dabei lasse wir auch komplexe Koeffizienten zu, es seien also p, q ∈ C, und
wir suchen alle komplexen Lösungen z der Gleichung
z 2 + pz + q = 0.
(∗)
Dafür beweisen wir zunächst:
(1) Jede komplexe Zahl besitzt eine Wurzel, das heißt, zu jedem z ∈ C existiert ein w ∈ C mit
w2 = z.
Beweis. Sei z ∈ C.
√
Fall 1: z ∈ (−∞, 0]. Dann ist −z ∈ [0, ∞), setze also w := i −z, dann folgt w2 = i2 · (−z) = z.
p z + |z|
Fall 2: z ∈
/ (−∞, 0]. Dann ist z + |z| =
6 0. Definiere w := |z|
, dann folgt:
|z + |z||
(z + |z|)2
z 2 + 2z|z| + |z|2
z 2 + 2z|z| + zz
=
|z|
·
=
|z|
·
|z + |z||2
(z + |z|) · (z + |z|)
|z|2 + z|z| + z|z| + |z|2
z(z + 2|z| + z)
= z.
= |z| ·
|z| (2|z| + (z + z))
w2 = |z| ·
Anmerkungen. (i) Die Aussage (1) läßt sich verschärfen zu: Jedes z ∈ C\{0} besitzt genau zwei
Wurzeln.. Ist nämlich w ∈ C eine Wurzel von z, so gilt auch (−w)2 = w2 = z, und wegen z 6= 0
ist auch w 6= 0, also w 6= −w. Dies sind aber auch bereits alle Wurzeln von z: Ist nämlich u ∈ C
mit u2 = z, so folgt u2 = z = w2 , also
0 = u2 − w2 = (u − w) · (u + w),
also u − w = 0 oder u + w = 0,
und damit u ∈ {−w, w}.
(ii) Wir verwenden für komplexe Zahlen die Redewendung „w ist eine Wurzel von z“, aber nicht,
√
w ist die Wurzel aus z. Insbesondere verwenden wir für z ∈ C\[0, +∞) nicht das Symbol „ z“.
Wie in (i) gezeigt, besitzt jedes komplexe Zahl 6= 0 genau zwei Wurzeln, und es wäre nicht klar,
√
welche davon mit dem Symbol „ z“ bezeichnet wird. Diese Situation ist im Reellen anders, dort
besitzt zwar auch jede Zahl x > 0 genau zwei Wurzeln (nämlich eine positive und eine negative),
68
8. Die komplexen Zahlen
per Definition ist aber
√
x stets die positive Wurzel aus x.
√
Ein weiteres Problem in der Bezeichnung z liegt darin, daß aus dem Reellen bekannte Wurzelgesetze ihre Gültigkeit verlieren würden! Aus diesem Grund wird in der Mathematik – wie
√
eingangs erwähnt – auch nicht die Notation i = −1 verwendet. Diese Bezeichnung könnte zum
Beispiel zu dem folgenden Irrschluß führen:
p
√
√
√
−1 = i2 = −1 · −1 = (−1) · (−1) = 1 = 1
(Wo liegt der Fehler?)
Wir kommen nun allgemeiner zum Lösen der quadratischen Gleichung (∗) mittels quadratischer
Ergänzung. Für alle z ∈ C gilt
p 2 p2
p 2 p2
z 2 + pz + q = 0 ⇐⇒
z+
−
− q = 0 ⇐⇒ z +
=
− q.
2
4
2
4
Damit folgt:
(2) Sei w ∈ C eine Wurzel aus
p2
4
− q, dann lautet die Lösungsmenge der Gleichung (∗)
n p
o
p
L := {z ∈ C | z 2 + pz + q = 0} = − + w, − − w .
2
2
Beispiele 8.3.1. Bestimmen Sie die (komplexen) Lösungsmengen der folgenden quadratischen
Gleichungen.
(a) z 2 − 6z + 13 = 0,
(b) 2(1 + i)z 2 + 4z + 3(i − 1) = 0.
Beispiel 8.3.2. Bestimmen Sie die (komplexe) Lösungsmenge der Gleichung z 3 + z 2 − z + 2 = 0.
Wir haben gezeigt, daß im Komplexen (im Gegensatz zum reellen Fall) jedes Polynom 2. Grades
eine Nullstelle besitzt. Allgemeiner gilt der
Fundamentalsatz der Algebra. Jedes nicht-konstante komplexe Polynom besitzt eine komplexe Nullstelle.
Dies ist eines der zentralen Ergebnisse über komplexe Zahlen und war gleichzeitig einer der
Hauptgründe zu ihrer Einführung. Es gibt sehr viele Beweise für diesen Satz, üblicherweise wird
er mit analytischen Methoden bewiesen. Ein besonders einfacher Beweis beruht auf Methoden
der Funktionentheorie, in welcher komplexe Funktionen studiert werden, und wird üblicherweise
in der Vorlesung Analysis IV vorgestellt.
8.4
Polardarstellung und Einheitswurzeln
Bei der Veranschaulichung der komplexen Multiplikation haben wir bereits den folgenden Umstand verwendet: Zu jeder komplexen Zahl z ∈ C\{0} gibt es ein r > 0 (nämlich r := |z|) und
ein eindeutig bestimmtes ϕ ∈ [0, 2π) mit
z = r (cos(ϕ) + i sin(ϕ)).
Man nennt dies die Darstellung von z in Polarkoordinaten. Mithilfe dieser Darstellung lassen sich
die sogenannten n-ten Einheitswurzeln gemäß der folgenden Definition sehr einfach bestimmen.
8.4. Polardarstellung und Einheitswurzeln
69
Definition 8.4.1 (n-te Einheitswurzeln). Es sei n ∈ N. Dann heißt jedes komplexe Zahl z ∈ C
mit z n = 1 eine n-te Einheitswurzel.
Die n-ten Einheitswurzeln sind also genau die komplexen Lösungen der Gleichung z n − 1 = 0. Da
ein Polynom n-ten Grades höchstens n Nullstellen besitzt, gibt es also auch höchstens n solcher
Einheitswurzeln.
Sei n ∈ N fest, dann erfüllt jede n-te Einheitswurzel z insbesondere 1 = |z n | = |z|n , also |z| = 1,
und ist somit von der Gestalt
für ein ϕ ∈ [0, 2π).
z = cos(ϕ) + i sin(ϕ)
Wir haben oben bereits mithilfe der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus gezeigt
z 2 = cos(ϕ) + i sin(ϕ)
2
= cos(2ϕ) + i sin(2ϕ).
Ein weiteres Anwenden der Additionstheoreme liefert
z 3 = z 2 ·z = cos(2ϕ)+i sin(2ϕ) · cos(ϕ)+i sin(ϕ) = cos(2ϕ+ϕ)+i sin(2ϕ+ϕ) = cos(3ϕ)+i sin(3ϕ).
Induktiv folgt allgemein
z n = cos(nϕ) + i sin(nϕ).
Somit ist z n = 1 genau dann, wenn cos(nϕ) = 1 und sin(nϕ) = 0 ist, und dies ist genau dann
der Fall, wenn nϕ ein ganzzahliges Vielfaches von 2π ist, wenn also ϕ = 2πk
n ist für ein k ∈ Z.
Damit erhalten wir alle n-ten Einheitswurzeln als
n
2πk 2πk o
k = 0, 1, . . . , n − 1 .
{z ∈ C | z n = 1} = cos
+ i sin
n
n
70
8. Die komplexen Zahlen
Kapitel 9
Analytische Geometrie in Ebene und
Raum
In diesem Abschnitt wollen wir einige grundlegende Zusammenhänge zur Vektorrechnung im
zwei- und dreidimensionalen wiederholen und dabei die Begriffsbildung vorbereiten, die in der
Linearen Algebra eingeführt wird. Wir wollen dabei zunächst im anschaulichen Bereich von Ebene
und Raum rechnen – der gemeinsame Rahmen für beides ist jedoch das Rechnen im allgemeinen
Vektorraum Rn , daher werden wir diesen allgemeineren Fall zuerst behandeln.
9.1
Der Vektorraum Rn
Es sei n ∈ N. Wir definieren den reellen Standardraum
Rn := R
· · × R} = {x = (x1 , . . . , xn ) | x1 , . . . , xn ∈ R}
| × ·{z
n−mal
als die Menge aller geoordneten reellen n-Tupel. Dabei heißen die Zahlen xj die Komponenten
des n-Tupels x ∈ Rn . In Hinblick darauf, daß wir die Elemente von Rn als Vektoren verstehen,
verwenden wir für x ∈ Rn auch die Notation als Spaltenvektor, also
 
x1
 .. 
x =  . .
xn
Die elementaren Rechenoperationen mit Vektoren sind nun die Vektoraddition (bzw. -subtraktion)
und die skalare Multiplikation (welche nicht mit dem „Skalarprodukt“ zu verwechseln ist): Seien
x, y ∈ Rn und λ ∈ R, dann definieren wir
x ± y := (x1 ± y1 , . . . , xn ± yn ) ∈ Rn ,
und λ · x := (λx1 , . . . , λxn ) ∈ Rn .
Diese Operationen sind uns im zweidimensionalen bereits bei der Veranschaulichung der komplexen Addition und Multiplikation mit reellen Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene begegnet.
Man beachte, daß x + y und λ · x per Definition wieder Vektoren sind.
71
72
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
Die Fälle n = 1, 2, 3 entsprechen unserer geometrischen Anschauung: R1 ist die Zahlengerade, R2
die (euklidische) Ebene, und R3 der (euklidische) Raum. Für R4 oder allgemeiner Rn mit n > 3
haben wir keine entsprechende geometrische Anschauung mehr. Trotzdem handelt es sich um
natürliche Rechengrößen: Hat man zum Beispiel ein Portfolio aus n Wertpapieren, und von dem
Wertpapier j den Bestand xj , so stellt der Vektor x = (x1 , . . . , xn ) eine kompakte Darstellung
des gesamten Portfolios dar. Hat das j-te Wertpapier den Wert aj , so ergibt sich der Gesamtwert
des Portfolios zu
b = a1 x1 + · · · + an xn =
n
X
aj xj .
j=1
Es handelt sich hierbei um einen einfachen Fall einer sogenannten linearen Gleichung, wie man
sie in der linearen Algebra studiert. Die hier vollzogene Rechenoperation bezeichnet man auch als
(Standard-)Skalarprodukt des Vektors a = (a1 , . . . , an ) mit dem Vektor x gemäß der folgenden
Definition 9.1.1 ((Standard-)Skalarprodukt von Vektoren im Rn ). Für alle x, y ∈ Rn heißt
hx, yi := x1 y1 + · · · + xn yn =
n
X
x j yj ∈ R
j=1
das (Standard-)Skalarprodukt von x mit y.
Es sind ebenfalls die Notationen x • y oder sogar x · y anstelle von hx, yi verbreitet – diese bergen jedoch die Gefahr, daß man das Skalarprodukt mit der skalaren Multiplikation verwechselt,
zumal es in der Mathematik nicht üblich ist, Vektoren durch einen aufgesetzten Pfeil (also ~x
anstelle von x) noch zusätzlich als solche zu kennzeichnen. Wir sprechen daher nochmals die
folgende Warnung aus.
Warnung: Das Skalarprodukt wird mit zwei Vektoren gebildet und liefert eine reelle Zahl als
Wert, im Gegensatz zur skalaren Multiplikation, welche eine Zahl mit einem Vektor verknüpft
und wieder einen Vektor als Ergebnis hat!
Wir führen noch eine weitere Bezeichnung ein, die wir im nächsten Abschnitt auch nachträglich
geometrisch motivieren werden.
Definition 9.1.2 (Euklidische Norm im Rn ). Es sei x ∈ R. Dann heißt die Zahl
kxk :=
n
X
1/2
p
hx, xi =
x2j
j=1
die euklidische Norm oder auch die Länge des Vektors x
9.2
Die euklidische Ebene R2
Wir kommen nun zurück zu den konkreten geometrischen Anschauungen zu den genannten Begriffen. Dabei können wir auf den vorherigen Abschnitt zurückgreifen, in dem wir den R2 bereits
9.2. Die euklidische Ebene R2
73
als Visualisierung für die komplexen Zahlen untersucht haben. Insbesondere sind uns die Vektoraddition sowie die skalare Multiplikation bereits bekannt, und die euklidische Norm entspricht
gerade dem komplexen Betrag und somit tatsächlich der Länge eines Vektors. Bevor wir auch eine anschauliche Interpretation des Skalarprodukts im R2 vorstellen, beschäftigen wir uns jedoch
mit den elementaren vektoriellen Objekten im R2 , den Geraden.
9.2.1
Geraden in der Ebene
Wir wollen die anschauliche Vorstellung einer Gerade im Raum formalisieren. Dazu gibt es zwei
kanonische Ansätze:
(1) Die Beschreibung einer Gerade in parametrischer Darstellung mithilfe von (Aufpunkt- und
Richtungs-)Vektoren.
(2) Die Beschreibung einer Gerade als Lösungsmenge einer linearen Gleichung.
(1) Geraden in Parameter-Darstellung. Seien v, v 0 ∈ R2 mit v 6= v 0 . Dann gibt es genau eine
Gerade G ⊆ R2 , die die beiden Punkte v und v 0 enthält, und diese können wir folgendermaßen
beschreiben: Ausgehend von v erstreckt sich die Gerade in Richtung des Vektors w := v 0 − v,
und wir erhalten
G = {x ∈ R2 | ∃ λ ∈ R : x = v + λw} =: v + Rw.
(Dabei ist v + Rw zunächst einfach eine kompakte Notation für die angegebene Menge).
Beispiel 9.2.1. Es seien v := (−1, −1) und v 0 := (1, 3). Setze w := v 0 − v = (2, 4), dann ist die
Gerade G, die durch v und v 0 verläuft, gegeben durch
G = v + Rw = {x ∈ R2 | ∃ λ ∈ R : x = (−1, −1) + λ(2, 4)}.
Bild 9.A
74
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
In dieser Beschreibung läßt sich sehr gut die Lage der Gerade G in der Ebene ablesen, bzw. die
Gerade G zeichnen, es ist jedoch schwieriger, für einem gegebene Punkt x ∈ R2 rechnerisch festzustellen, ob x ∈ G ist. Dazu ist eine andere Darstellung von G besser geeignet, die wir zunächst
konkret für dieses Beispiel herleiten wollen. Sei dazu x = (x1 , x2 ) ∈ R2 .
Ist x ∈ G, so gibt es ein λ ∈ R mit x1 = −1 + 2λ und x2 = −1 + 4λ, und dann gilt
x2 − 2x1 = (−1 + 4λ) − (−2 + 4λ) = 1.
Erfüllt umgekehrt x = (x1 , x2 ) die Gleichung x2 − 2x1 = 1, und setzt man λ :=
x1 = −1 + 2λ (nach Setzung von λ), sowie
x1 +1
2
∈ R, so gilt
−1 + 4λ = −1 + 2x1 + 2 = 1 + 2x1 = 1 + (x2 − 1) = x2 ,
also ist x ∈ G. Damit haben wir in diesem Beispiel gezeigt, daß gilt
G = {(x1 , x2 ) ∈ R2 | x2 − 2x1 = 1},
das heißt, G ist die Lösungsmenge der linearen Gleichung x2 − 2x1 = 1, was die zweite Möglichkeit darstellt, eine Gerade im R2 zu beschreiben.
(2) Geraden als Lösungsmengen linearer Gleichungen. Seien a1 , a2 , b ∈ R fest und
L := {(x1 , x2 ) ∈ R2 | a1 x1 + a2 x2 = b}.
Dann beschreibt L als Teilmenge von R2 eine Gerade.
Wir haben in dem obigen Beispiel bereits gesehen, wie man aus einer Parameter-Darstellung einer
Geraden G eine zugehörige lineare Gleichung gewinnen kann so, daß G die Lösungsmenge dieser
Gleichung ist. Dies ist auch allgemein stets möglich, was wir an dieser Stelle aber nicht beweisen
wollen (dies wird in allgemeinerem Rahmen in der Vorlesung Lineare Algebra I bewiesen werden).
Stattdessen zeigen wir – auch wieder nur exemplarisch – wie man umgekehrt die Lösungsmenge
einer linearen Gleichung in Parameter-Darstellung bringen kann.
Beispiel 9.2.2. Setze L := {(x1 , x2 ) ∈ R2 | x1 +3x2 = 6}. Wir wollen L in Parameter-Darstellung
bringen, also Vektoren v, w ∈ R2 so bestimmen, daß gilt
L = {x ∈ R2 | ∃ λ ∈ R : x = v + λw}.
Dafür bestimmen wir zunächst konkret zwei Punkte v, v 0 ∈ L, etwa v = (0, 2) und v 0 (6, 0) (allgemein gibt man einen der Werte x1 , x2 vor und bestimmt den anderen mithilfe der vorgegebenen
linearen Gleichung), und setzen w := v 0 − v = (6, −2) sowie
G := v + Rw = {x ∈ R2 | ∃ λ ∈ R : x = (0, 2) + λ(6, −2)}.
Wir behaupten nun, daß L = G ist.
9.2. Die euklidische Ebene R2
75
Beweis. Sei x = (x1 , x2 ) ∈ R2 .
„⊆“: Es gelte x ∈ L, dann gilt x1 + 3x2 = 6, also x1 = 6 − 3x2 . Setze λ :=
Definition x1 = 6λ, und weiter gilt
x1
6
∈ R, dann gilt nach
1
1
2 − 2λ = 2 − x1 = 2 − (6 − 3x2 ) = 2 − (2 − 3x2 ) = x2 .
3
3
Also ist x = (x1 , x2 ) = (6λ, 2 − 2λ) = (0, 2) + λ(6, −2) ∈ G.
„⊇“: Es gelte x ∈ G. Dann finden wir ein λ ∈ R mit
x = (0, 2) + λ(6, −2) = (0, 2) + (6λ, −2λ) = (0 + 6λ, 2 − 2λ) = (6λ, 2 − 2λ),
also x1 = 6λ und x2 = 2 − 2λ. Es folgt
x1 + 3x2 = 6λ + 3(2 − 2λ) = 6,
also ist x ∈ L.
9.2.2
Der Schnitt von Geraden in der Ebene und lineare Gleichungssysteme
mit zwei Unbekannten
In diesem Abschnitt geht es um die Fragestellung, wie man die Schnittmenge von zwei (oder
auch mehr) Geraden in der Ebene bestimmen kann. Wir werden sehen, daß dies auf das Lösen
von linearen Gleichungssystemen mit zwei Unbekannten führt. Auch wenn diese sich im Fall
n = 2 noch vergleichsweise einfach mit verschiedenen Ad-hoc-Methoden lösen lassen, wollen wir
bereits zeigen, wie man solche Gleichungssysteme systematisch behandeln kann, um so bereits
die Methoden für den mehr-dimensionalen Fall vorzubereiten.
Wir beginnen mit einem konkreten Beispiel: Die Geraden G1 , G2 ⊆ R2 seien als Lösungsmengen
linearer Gleichungen gegeben als
(x1 , x2 ) ∈ R2 | x1 + 4x2 = 8 ,
= (x1 , x2 ) ∈ R2 | x1 − x2 = 3 .
G1 =
G2
Wie die folgende Graphik zeigt, schneiden sich G1 und G2 in genau einem Punkt, den wir rechnerisch bestimmen wollen.
76
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
Bild 9.B
Sei also x = (x1 , x2 ) ∈ R2 , dann gilt x ∈ G1 ∩ G2 genau dann, wenn gilt
x1 + 4x2 = 8,
x1 − x2 = 3.
Wir haben also ein lineares Gleichungssystem (lineares GLS) in zwei Unbekannten zu lösen. In
Hinblick darauf, daß wir bereits vorbereiten wollen, wie man auch höher-dimensionale lineare
Gleichungssysteme effizient lösen kann, werden wir dazu das Gleichungssystem nur mit Umformungen vom folgenden Typ vereinfachen:
(G1) Vertauschen von Gleichungen,
(G2) Multiplizieren einer Gleichung mit einer festen Zahl ungleich 0,
(G3) Addition des Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen Gleichung.
(Es handelt sich hierbei um die zulässigen Umformungen, mit deren Hilfe der Gauß-Algorithmus
zur Lösung linearer GLS formuliert und umgesetzt wird.) Wie man leicht sieht, überführt jede
dieser Operationen das vorgegebene lineare GLS in ein äquivalentes System, das heißt, die Lösungsmenge bleibt gleich. Damit kehren wir zu unserem expliziten Beispiel zurück.
9.2. Die euklidische Ebene R2
77
Wir ziehen also die erste Gleichung von der zweiten ab und erhalten so das äquivalente GLS
x1 + 4x2 = 8,
− 5x2 = −5.
Wir teilen nun die zweite Gleichung durch −5 und ziehen anschließend von der ersten Gleichung
das vier-fache der so entstanden neuen zweiten Gleichung ab und erhalten damit schließlich die
zum ursprünglichen GLS äquivalenten Gleichungen
x1
x2
= 4,
= 1.
Also ist G1 ∩ G2 = {(4, 1)}, das heißt in Worten: Die Gerade G1 und G2 schneiden sich im Punkt
(4, 1).
Wie wir in diesem Beispiel gesehen haben, führt das Bestimmen der Schnittmenge von Geraden
auf das Lösen eines linearen Gleichungssystems. Aus der geometrischen Anschauung ist klar, daß
es für zwei Geraden in der Ebene genau drei Möglichkeiten gibt:
(i) Die Geraden schneiden sich in genau einem Punkt, das heißt, das zugehörige lineare GLS
ist eindeutig lösbar,
(ii) Die Geraden schneiden sich nicht (sind also parallel, aber nicht deckungsgleich), das heißt,
das zugehörige lineare GLS besitzt keine Lösung,
(iii) Die Geraden sind deckungsgleich, das heißt, das zugehörige lineare GLS besitzt unendlich
viele Lösungen.
Im Eingangsbeispiel lag der Fall (i) vor, und wir bringen zum Abschluß dieses Abschnitts ein
Beispiel für die Fälle (ii) und (iii): Für b ∈ R definiere die Geraden
G := (x1 , x2 ) ∈ R2 | x1 − x2 = 1 ,
Gb := (x1 , x2 ) ∈ R2 | 2x1 − 2x2 = b .
Für x = (x1 , x2 ) ∈ R2 gilt dann x ∈ G ∩ Gb genau dann, wenn x das folgende lineare GLS erfüllt:
x1 − x2 = 1,
2x1 − 2x2 = b.
Zieht man von der zweiten Gleichung das zwei-fache der ersten Gleichung ab, so erhält man das
äquivalente GSL
x1 − x2 = 1,
0 = b − 2.
Im Fall b 6= 2 gibt es folglich keine Lösungen (es liegt Fall (ii) vor), und im Fall b = 2 gibt
es unendlich viele Lösungen, nämlich gerade die Menge aller x ∈ G (es liegt Fall (iii) vor, die
Geraden G und Gb sind in diesem Fall gleich).
78
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
9.2.3
Norm und Skalarprodukt in der euklidischen Ebene
Als weitere Strukturelemente neben Vektoraddition und skalarer Multiplikation haben wir die
allgemein Norm eines Vektors und das Skalarprodukt zweier Vektoren eingeführt. Im Spezialfall
n = 2 sehe diese folgendermaßen aus: Seien x = (x1 , x2 ), y = (y1 , y2 ) ∈ R2 , dann ist
q
k(x1 , x2 )k = x21 + x22 , und hx, yi = x1 y1 + x2 y2 .
Die Norm kxk haben wir bereits an anderen Stellen (etwa in Beispiel 5.6.1 oder im Abschnitt
8.2) als die (euklidische) Länge des Vektors x erkannt. Sie hat die folgenden Eigenschaften (die
aus den entsprechenden Eigenschaften des komplexen Betrags folgen):
(N1) Für alle x ∈ R2 gilt kxk ≥ 0, und es gilt kxk = 0 ⇐⇒ x = 0.
(N2) Für alle x ∈ R2 und λ ∈ R gilt kλ · xk = |λ| · kxk.
(N3) Für alle x, y ∈ R2 gilt kx + yk ≤ kxk + kyk.
Wir wollen im folgenden auch eine geometrische Interpretation des Skalarprodukts herleiten.
Dafür stellen wir zunächst fest, daß die folgenden allgemeinen Rechenregeln gelten, welche man
(auch für den allgemeinen Fall n ∈ N) leicht durch direktes Nachrechnen verifiziert:
(S1) Für alle x, y, z ∈ R2 und λ ∈ R gilt
hλx + y, zi = λhx, zi + hy, zi
und hx, λy + zi = λhx, yi + hx, zi.
(S2) Für alle x, y ∈ R2 gilt hx, yi = hy, xi.
(S3) Für alle x ∈ R2 \{0} gilt hx, xi > 0.
Seien nun x, y ∈ R2 . Ist x = 0 oder y = 0, so ist auch hx, yi = 0, wir wollen diesen weniger
interessanten Fall daher ausschließen und nehmen an, daß x 6= 0 und y 6= 0 ist. Dann schließen
x, y einen (nicht-stumpfen) Winkel ein, der zwischen 0 und π liegt - diesen bezeichnen wir als
den (unorientierten) Winkel zwischen x und y und notieren ](x, y). Damit läßt sich die folgende
alternative Darstellung für das Skalarprodukt von x mit y herleiten:
hx, yi = kxk · kyk · cos(](x, y)).
(∗)
Bevor wir (∗) beweisen, wollen wir einige Schlußfolgerungen ziehen:
(a) Es gilt stets |hx, yi| ≤ kxk kyk.
(b) Dabei gilt |hx, yi| = kxk kyk genau dann, wenn | cos(](x, y))| = 1, also ](x, y) = 0 oder
](x, y) = π ist. Anschaulich bedeutet dies, daß x und y entweder in die selbe oder in die
entgegengesetzte Richtung zeigen.
(c) Es gilt hx, yi = 0 genau dann, wenn cos(](x, y)) = 0 ist, und dies ist genau dann der Fall,
wenn ](x, y) = π2 ist, wenn also x und y senkrecht aufeinander stehen.
9.3. Der euklidische Raum R3
79
(d) Ist x ein Einheitsvektor, das heißt, gilt kxk = 1, so ist hx, yi = kyk · cos(](x, y)), also
hx, yi · x = kyk cos(](x, y)) · x, und dies ist gerade die Projektion von y auf die durch x
(und 0) aufgespannte Gerade.
1
1
Beweis von (∗). Definiere x0 := kxk
· x und y0 := kyk
· y. Mit der Rechenregel (N2) für die
1
Norm folgt kx0 k = kxk · kxk = 1 und analog auch ky0 k = 1. Also liegen x0 und y0 auf dem
Einheitskreis, und wir finden ϕ, ψ ∈ [0, 2π) mit x0 = (cos(ϕ), sin(ϕ)) und y0 = (cos(ψ), sin(ψ)).
Es gilt cos(−ϕ) = cos(ϕ) und sin(−ϕ) = − sin(ϕ), mit dem Additionstheorem für den Cosinus
folgt daher
hx0 , y0 i = cos(ϕ) cos(ψ)+sin(ϕ) sin(ψ) = cos(−ϕ) cos(ψ)−sin(−ϕ) sin(ψ) = cos(ψ−ϕ) = cos(|ψ−ϕ|).
Anschaulich erkennt man, daß ](x, y) = |ψ − ϕ| oder ](x, y) = 2π − |ψ − ϕ| ist, und in beiden
Fällen folgt somit
hx0 , y0 i = cos(](x, y)),
also
(S1)
hx, yi = hkxk x0 , kyk y0 i = kxk · kyk · hx0 , y0 i = kxk · kyk · cos(](x, y)).
Der euklidische Raum R3
9.3
In diesem Abschnitt wollen wir uns mit der Darstellung sowie dem Schnitt von Geraden und
Ebenen im Raum R3 beschäftigen. Dabei folgen wir prinzipiell der Darstellung aus Abschnitt 9.2
und werden eher exemplarisch als strukturell vorgehen. Eine erschöpfende Theorie aller in diesem
Kapitel genannten Themen werden Sie im Rahmen der Vorlesung Lineare Algebra kennenlernen.
9.3.1
Geraden und Ebenen im Raum
Ähnlich wie im zweidimensionalen kann man Geraden und Ebenen im Raum wiederum in Parametergestalt oder als Lösungsmengen von linearen Gleichungen (Ebenen) bzw. Gleichungssystemen (Geraden) darstellen.
(1) Geraden und Ebenen in Parameter-Darstellung. Wie im vorherigen Fall verläuft
durch zwei Punkte v, v 0 ∈ R3 mit v 6= v 0 genau eine Gerade G, und eine zugehörige ParameterDarstellung gewinnt man mit w := v 0 − v wiederum als G = v + Rw. Desweiteren gibt es im
Raum die Möglichkeit, drei Punkte v, v 0 , v 00 auszuwählen so, daß v, v 0 , v 00 nicht auf einer Geraden
liegen. In diesem Fall spannen die Punkte v, v 0 , v 00 eine Ebene auf, welche sich mit den Vektoren
w := v 0 − v, u := v 00 − v darstellen läßt als
E = {x ∈ R3 | ∃ λ, µ ∈ R : x = v + λw + µu} =: v + Rw + Ru.
80
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
(2) Geraden und Ebenen als Lösungsmengen von linearen Gleichungssystemen. Wie
im vorherigen Fall lassen sich Geraden und Ebenen im R3 auch als Lösungsmengen von linearen
Gleichungssystemen beschreiben. Sind a1 , a2 , a3 , b ∈ R fest, so beschreibt die Lösungsmenge
L = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | a1 x1 + a2 x2 + a3 x3 = b}
eine Ebene im Raum. Für die Beschreibung von Geraden im R3 benötigt man hingegen ein Gleichungssystem aus (mindestens) zwei lineare Gleichungen. Geometrisch bedeutet dies, daß man
eine Gerade im Raum als Schnitt zweier Ebenen darstellt.
Bild 9.C
Beispiele 9.3.1. (1) Definiere die Ebene E1 := {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | x1 + x2 − 2x3 = 2}. Wir
wollen E in Parametergestalt bringen, dazu wählen wir drei Punkte aus E1 , die nicht auf einer
gemeinsamen Geraden liegen, etwa (2, 0, 0), (0, 2, 0), (0, 0, −1), und setzen v := (2, 0, 0), w :=
(0, 2, 0) − v = (−2, 2, 0) und u := (0, 0, −1) − v = (−2, 0, −1), dann läßt sich E1 auch schreiben
als
E1 = v + Rw + Ru = (2, 0, 0) + R(−2, 2, 0) + R(−2, 0, −1).
(Den formalen rechnerischen Beweis sparen wir an dieser Stelle aus, er läßt sich aber analog wie
im zweidimensionalen führen.)
9.3. Der euklidische Raum R3
81
(2) Definiere die zweite Ebene E2 := {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | 2x1 + x2 − 4x3 = −2}. Dann ist E2
nicht parallel zu E1 (das könnte man vorab zeigen, was wir hier aber nicht machen, da es aus
unserer Rechnung folgen wird), folglich ist die Schnittmenge E1 ∩ E2 eine Gerade, die wir im
folgenden bestimmen wollen (das heißt, in Parameter-Gestalt angeben). Dazu haben wir das
folgende lineare Gleichungssystem zu lösen:
x1 + x2 − 2x3 =
2
.
2x1 + x2 − 4x3 = −2
Dafür führen wir wieder den bereits im zweidimensionalen verwendeten Gauß-Algorithmus durch:
Zunächst ziehen wir von der zweiten Gleichung des doppelte der ersten ab und erhalten
x1 + x2 − 2x3 =
2
.
− x2
= −6
Im nächsten Schritt multiplizieren wir zunächst die zweite Gleichung mit −1 und ziehen sie
anschließend von der 1. Gleichung ab und erhalten
x1
x2
− 2x3 = −4
.
=
6
Wir führen nun den Parameter λ := x3 ein und können die allgemeine Lösung ablesen als
x1 = −4 + 2λ und x2 = 6, beziehungsweise in vektorieller Schreibweise
  
      
 
x1
−4 + 2λ
−4
2λ
−4
2
  
      
 
=
=
+
=
+λ
·
x
6
+
0
·
λ
6
0
6
 2 
      
0 .
x3
0+λ
0
λ
0
1
| {z }
| {z }
v 0 :=
w0 :=
Damit ist ist die Schnittgerade der Ebenen E1 und E2 gegeben als E1 ∩ E2 = v 0 + Rw0 .
(3) Definiere die Gerade
 
 
2
1
 
 
G :=  0  + R 1 .
−1
0
Wir wollen den Schnittpunkt von G mit E1 bestimmen, wobei wir die Parameter-Darstellung
von E1 verwenden. Dazu läßt sich vorab überlegen, daß überhaupt G ∩ E1 6= ∅, also nicht G
parallel zu E1 ist – wir werden jedoch stattdessen wieder direkt mit der Rechnung starten. Sei
dazu x ∈ R3 , dann gilt x ∈ G ∩ E1 genau dann, wenn einerseits ein λ ∈ R existiert mit
   
 
x1
2
1
   
 
x = x2  =  0  + λ · 1 ,
x3
−1
0
82
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
und andererseits t, s ∈ R existieren mit
   
 
 
x1
2
−2
−2
 
 
   
x = x2  = 0 + t ·  2  + s ·  0  .
x3
0
0
−1
Insgesamt muß also gelten
 
   
 
 
2
1
2
−2
−2
 
   
 
 
 0  + λ · 1 = 0 + t ·  2  + s ·  0  ,
−1
0
0
0
−1
beziehungsweise
 
 
   
1
2
2
0
 
 
   
λ · 1 + t · −2 + s · 0 = 0 .
0
0
1
1
Wir erhalten so ein lineares Gleichungssystem für die Unbekannten λ, t, s:
λ + 2t + 2s = 0
λ − 2t
= 0 .
t = 1
Wir führen wieder den Gauß-Algorithmus durch: Zunächst wird von der zweiten Gleichung die
erste subtrahiert, und anschließend die neue 2. Gleichung durch −4 geteilt, dies ergibt
λ + 2t +
t +
2s = 0
1
.
2s = 0
s = 1
Einsetzen von s = 1 in die zweite Gleichung liefert t = − 21 s = − 12 , und Einsetzen von t und
s in die erste Gleichung liefert λ = −2t − 2s = −1. Dies zeigt zunächst, daß eine Lösung
existiert, also G ∩ E1 6= ∅ ist, und wir können den Schnittpunkt x berechnen, indem wir entweder
λ = −1 als Parameter in die Geradengleichung für G oder t = − 21 , s = 1 als Parameter in die
Geradengleichung für E1 einsetzen:
   
 
1
2
1
 
   
x =  0  + (−1) · 1 = −1 .
−1
−1
0
Anmerkung. Ein alternativer Lösungsweg besteht darin, statt der Parameter-Darstellung von E1
zu verwenden, daß E1 genau die Lösungsmenge der linearen Gleichung
x1 + x2 − 2x3 = 2
9.3. Der euklidische Raum R3
83
ist. Ist nämlich x ∈ R3 , so gilt (wie bereits oben verwendet) x ∈ G genau dann, wenn ein λ ∈ R
existiert mit
   
  

x1
2
1
2+λ
   
  

x = x2  =  0  + λ · 1 =  λ  ,
x3
−1
0
−1
und folglich gilt zusätzlich x ∈ E1 genau dann, wenn x1 + x2 − 2x3 = 2 ist, wenn also gilt
2 = (2 + λ) + λ − 2 · (−1) = 4 + 2λ,
also λ = −1,
was mit unserer bereits hergeleiteten Lösung übereinstimmt.
84
9. Analytische Geometrie in Ebene und Raum
Kapitel 10
Beweistechniken und einige Beweise
Teil II
Dieser Abschnitt knüpft an Kapitel 3 an, in dem wir bereits Grundlegendes zu Beweistechniken
kennengelernt haben. Abschließend soll nun aufgezeigt werden, wie man konkret an mathematische Probleme, wie sie wöchentlich auf den Übungsblättern zu bearbeiten sind, herangeht.
10.1
Bearbeitung von Übungsaufgaben
Die grundsätzliche Herangehensweise zur Bearbeitung einer Aufgabe läßt sich grob in drei Phasen
aufteilen:
(1) Man stellt als erstes sicher, daß man alle Objekte und Bezeichnungen, die in der Aufgabe
vorkommen, kennt! Hierzu muß man in der Regel Definitionen im Vorlesungsmitschrieb
nachschlagen!
(2) Es folgt die Bearbeitungsphase. In dieser kreativen Phase sammelt man Ideen zusammen,
mit deren Hilfe man später schließlich die Aufgabe lösen und den Beweis erstellen kann. In
dieser Phase wird man viel ausprobieren, ggf. auch viele falsche Wege einschlagen – davon
darf man sich aber nicht entmutigen lassen. Zudem darf man in dieser Phase nach eigenem Gutdünken "schlampen", schließlich handelt es sich hier um die eigenen Überlegungen.
Wichtig: Diese Phase ist nicht zu verwechseln mit dem eigentlichen Erstellen des formalen
Beweises und damit der eigentlichen Lösung der Aufgabe.
(3) Abschließend wird ein formaler Beweis in Reinschrift erstellt, und dieser wird als Aufgabenbearbeitung abgegeben. Diese Phase darf keinenfalls unterschätzt werden und nimmt
unter Umständen noch mal eine Menge Zeit in Anspruch!
Zentral für die Aufgabenbearbeitung ist also neben dem Finden der eigentlichen Idee auch der
abschließende korrekte Aufschrieb eines formalen Beweises. Daher folgen noch einige Hinweise,
wie man dies bewerkstelligen kann.
85
86
10. Beweistechniken und einige Beweise Teil II
Formulieren eines Beweises und Aufschreiben von Lösungen.
Die Lösung einer Aufgabe besteht in der Regel aus dem Formulieren einer wahren Aussage gemäß
der Aufgabenstellung sowie einem formalen Beweis dieser Aussage.
Ausnahme: Einige Aufgaben fordern Sie dazu auf, ein bestimmtes (Rechen-)Schema bzw. einen
bestimmten Algorithmus durchzuführen, oder zum Beispiel eine Skizze zu erstellen.
Wichtig: Die abgegebene Lösung muß vollständig ohne das Übungsblatt verständlich sein.
Das übliche Schema eine Lösung sieht wie folgt aus:
[Voraussetzung: · · · ] (optional)
Behauptung: · · ·
Beweis: · · ·
Formulierung einer wahren Ausssage
Lautet die Aufgabe zum Beispiel „Für welche x ∈ R gilt A(x)?“, so lautet die zu beweisende
Aussage
{x ∈ R | A(x)} = {· · · }.
Eine mögliche Formulierung wäre zum Beispiel:
Voraussetzung: Sei x ∈ R.
Behauptung: A(x) ⇐⇒ . . .
Beweis:
„⇒“: · · ·
„⇐“: · · ·
Lautet die Aufgabe zum Beispiel „Prüfen Sie, ob für alle x ∈ R die Aussage A(x) gilt!“ bzw.
„Gilt für alle x ∈ R die Aussage A(x)?“, so formulieren Sie entweder
Behauptung: ∀ x ∈ R : A(x)
falls die Aussage wahr ist, oder
Behauptung: ∃ x ∈ R : ¬A(x)
falls die Aussage falsch ist - je nachdem, was gilt.
Formulierung eines Beweises.
Hierbei geht es nicht darum, alles zu notieren, was man sich überlegt hat, sondern einen logisch
schlüssigen Beweis zu führen. Ein solcher unterscheidet sich in der Regel erheblich von den Vorüberlegungen und Rechnungen, die man zum Auffinden des Beweises angestellt hat. Insbesondere
10.2. Beispiele
87
unterscheidet sich oft die logisch korrekte Reihenfolge der Argumente von der Reihenfolge der
Ideenfindung.
Der Beweis ist ein Text in deutscher Sprache! Formulieren Sie nicht nur Satzfetzen, sondern
grammatikalisch korrekte, vollständige Sätze. Dabei können mathematische Objekte im Satz
eben auch als Objekte (im grammatikalischen Sinn) verwendet werden, zum Beispiel:
„Die Menge M ist leer.“
„Für alle x ∈ N gilt x ≤ 2.“
Hingegen dürfen Quantoren und logische Junktoren nur in abgesetzten Formeln eingesetzt werden, wobei der korrekte Umgang mit diesen Symbolen zu beachten ist. Zudem dürfen mathematische Symbole nicht als Abkürzung für deren sprachlichen Gebrauch verwendet werden. NICHT
erlaubt sind zum Beispiel:
„Die Menge M ist = ∅.“
„Es ist N ⊆ R so, daß ∀x aus N gilt x ≤ 2.“
„Die Menge M ist leer +x ≤ 2 ∀x ∈ N .“
Erlaubt hingegen sind zum Beispiel folgende Formulierungen:
„Es gilt: M = ∅.“
„∀ x ∈ N : x ≤ 2.“
„Es gilt: M = ∅, und zusätzlich:
∀ x ∈ N : x ≤ 2.ı
Zudem dürfen (Un-)Gleichungen nicht kommentarlos aneinandergereiht werden, sondern müssen
ebenfalls nach den obigen Regeln behandelt werden.
Wichtig: Verwenden Sie den logischen Junktor „⇒“ nur dort, wo er auch hingehört, nämlich in
eine abgesetzte logische Aussage vom Typ: A ⇒ B.
Beachten Sie schließlich, daß der Beweis so zu notieren ist, daß der Leser ihn ohne zusätzliche
mündliche Erläuterungen nachvollziehen kann.
10.2
Beispiele
Wir wollen zunächst an die bereits in Kapitel 3 eingeführten grundsätzlichen Beweisstrategien
erinnern, wobei wir dafür zunächst keine konkreten Aussagen verwenden, um so den Blick vollständig auf die eigentliche Beweisstruktur konzentrieren zu können.
88
10. Beweistechniken und einige Beweise Teil II
Aufgabe 1. Es seien A, B, C mathematische Aussagen. Zeigen Sie (ohne das Aufstellen einer
Wahrheitstafel), daß gilt:
(A ⇒ C) ∧ (B ⇒ C) ⇒ (A ∨ B) ⇒ C .
Wir formulieren nun eine mögliche Lösung:
Voraussetzung: Es seien A, B, C mathematische Aussagen.
Behauptung: Es gilt: (A ⇒ C) ∧ (B ⇒ C) ⇒ (A ∨ B) ⇒ C .
Beweis. Es gelte A ⇒ C und B ⇒ C.
Zu zeigen: A ∨ B ⇒ C.
Es gelte also A ∨ B, dann ist zu zeigen, daß auch C gilt.
Fall 1: Es gilt A. Da nach Voraussetzung gilt A ⇒ C, folgt damit C.
Fall 2: Es gilt B. Da nach Voraussetzung gilt B ⇒ C, folgt auch in diesem Fall C.
In beiden Fällen gilt also C, und damit ist die Behauptung bewiesen.
Zum Abschluß üben wir das Vorgehen zum Bearbeiten von Aufgaben sowie zum Erschließen
neuer mathematischer Begriffe an konkreten mathematischen Objekten. Dazu behandeln wir
exemplarisch Aufgaben rund um den bereits bekannten Funktionsbegriff. Das eigentliche mathematische Handwerk zu den folgenden Aufgaben und Begriffen wird in der letzten Vorlesung
vorgeführt.
Aufgabe 2. Es seien X, Y, Z nicht-leere Mengen und f : X → Y und g : Y → Z Funktionen.
Zeigen Sie:
f, g injektiv ⇒ g ◦ f injektiv .
Wir führen nun neue Begriffe ein, mit denen wir im Anschluß weitere Aufgaben formulieren.
Definition 10.2.1 (Bild und Urbild unter Funktionen). Es seien X, Y Mengen und f : X → Y
eine Funktion, sowie A ⊆ X und B ⊆ Y . Dann heißt
f (A) := {y ∈ Y | ∃ x ∈ A : y = f (x)}
das Bild von A unter f , und die Menge
f −1 (B) := {x ∈ X | f (x) ∈ B}
das Urbild von B unter f .
10.2. Beispiele
89
Hinweis: Sie sollten an dieser Stelle innehalten und versuchen, diese Begriffsbildung zu verstehen. Dazu sollte man einerseits genau studieren, was die formale Definition genau aussagt, und
zum anderen durch Beispiele veranschaulichen. Werden keine Beispiele ind er Vorlesung gebracht,
so sollte man auf jeden Fall eigene Beispiele überlegen, an denen man sich die neuen Begriffe
veranschaulicht!
Aufgabe 3. Es seien X, Y Mengen und f : X → Y eine Funktion, sowie A, B ⊆ X und
C, D ⊆ Y . Zeigen Sie:
a) f (A ∪ B) = f (A) ∪ f (B).
b) f (A ∩ B) ⊆ f (A) ∩ f (B), wobei die Inklusion im allgemeinen echt ist.
c) f −1 (C ∩ D) = f −1 (C) ∩ f −1 (D).
d) f (f −1 (C)) ⊆ C.
Wir führen nun weitere Begriffe ein.
Definition 10.2.2. Es seien X, Y Mengen und f : X → Y eine Funktion. Dann heißt f surjektiv
wenn f (X) = Y ist.
Bemerkung. Da stets f (X) ⊆ Y ist, ist f genau dann surjektiv, wenn Y ⊆ f (X) ist, wenn also
gilt:
∀ y ∈ Y ∃x ∈ X : y = f (x).
Hinweis: Wie bereits nach Definition 10.2.1 vermerkt, sollte man sich nun selbst, ggf. durch
Hinzuziehen von Beispielen, klar machen, was dieser Begriff bedeutet.
Aufgabe 4. Es seien X, Y, Z nicht-leere Mengen und f : X → Y und g : Y → Z Funktionen.
Zeigen Sie:
f, g surjektiv ⇒ g ◦ f surjektiv.
Index
<, 15
=, 15
>, 15
A \ B, 7
C, 62
D, 43
L, 16
⇔, 4
N, 11
Q, 11
R2 , 37
Rn , 71
R>0 , R>0 , R≥0 , 53
⇒, 4
W, 43
Z, 11
∅, 7
≥, 15
∈, 5
≤, 15
logb a, 26
¬, 4
⊇, 6
π, 12
⊆, 6
∨, 4
∧, 4
f ◦ g, 42
Df , 43
Wf , 43
Abbildung, 41
Additionstheoreme, 60
allgemeine lineare Funktion, 56
Aussage, 3
Basis, 24, 26
Betrag, 28
Betragsungleichungen, 36
Beweistechniken, 19
Bild, 41
Bildmenge, 41
binomische Formeln, 15
Bogenlänge des Einheitskreises, 12, 58
Bogenmaß., 58
Bruchrechnung, 12, 20
Bruchungleichungen, 35
Cosinus, 59
Cotangens, 59
Definitionsbereich, 41
Definitionsmenge, 29, 30
Eigenschaft, 6, 8
Einheitskreis, 45, 58
Einheitswurzeln, 68
Element einer Menge, 5
elementare Funktionen, 53
euklidische Ebene, 37
euklidische Norm, 72
Exponent, 24
Exponentialfunktion, 54
Fallunterscheidungen, 35
Fundamentalsatz der Algebra, 68
Funktion, 41
gerade, 48
symmetrische, 48
trigonometrische Funktion, 58
ungerade, 48
Funktionen
90
INDEX
elementare, 53
ganze Zahlen, 11
Gaußsche Zahlenebene, 63
gerade Funktion, 48
Gradmaß, 58
Graph einer Funktion, 41
Hintereinanderausführung von Funktionen, 42
imaginäre Einheit, 62
injektiv, 48
Intervall, 16
abgeschlossenes, 16
offenes, 16
kartesisches Produkt, 7, 37
Komplexe Zahl, 62
Betrag einer, 64
Imaginärteil einer, 63
konjugierte, 64
Polardarstellung, 68
Realteil einer, 63
Kreisgleichung, 45
Kreuzprodukt, 7
Lösungsmenge, 16
leere Menge, 7
Logarithmengesetze, 27
Logarithmus, 26
Basis, 26
Logarithmusfunktion, 54
logische Verknüpfungen, 3
maximale Wertemenge, 43
maximaler Definitionsbereich, 43
Menge, 5
monoton, 47
fallend, 47
wachsend, 47
natürliche Zahlen, 11
Negation, 8
negative Zahlen, 53
nicht-negative Zahlen, 53
91
Obermenge, 6
Parabel, 33
Polarkoordinaten, 68
Polynom, 55
n-ten Grades, 55
positive Zahlen, 53
Potenz, 24
gebrochene, 25
mit ganzzahligem Exponenten, 24
mit rationalem Exponenten, 25
Potenzfunktionen, 53
Potenzgesetze
ganzzahlige Exponenten, 24
rationale Exponenten, 25
quadratische Gleichungen, 31
quadratische Ungleichungen, 31
quadratisches Ergänzen, 31
Quantoren, 7
rationale Gleichung, 34
rationale Zahlen, 11
reelle Zahlen
Rechenregeln, 15
reellwertige Funktion, 43
relatives Komplement, 7
Schnittmenge, 7
Sinus, 59
skalare Multiplikation, 71
Skalarprodukt, 72
streng monoton, 47
symmetrisch, 48
Tangens, 59
Tautologische Äquivalenz, 4
Teilmenge, 6
trigonometrische Funktionen, 58
spezielle Werte, 60
Umkehrfunktion, 48
Umrechenformel, 27
ungerade Funktion, 48
92
Ungleichungen
Regeln, 16
Vektoraddition, 71
Vereinigungsmenge, 7
Verkettung von Funktionen, 42
Verneinung, 8
Wertebereich, 41
Wertemenge, 41, 43
Wurzel, 24
q-te, 24
Wurzelgesetze, 25
Wurzelgleichungen, 34
Zielbereich, 41
Zuordnungsvorschrift, 41
INDEX
Herunterladen