Donnerstag 20.6.2013

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Mathematische Probleme, SS 2013
Donnerstag 20.6
$Id: sphaere.tex,v 1.5 2013/08/13 17:21:33 hk Exp $
§5
Sphärische Trigonometrie
Am Ende der letzten Sitzung hatten wir mit der Untersuchung sphärischer Dreiecke
begonnen. Gegeben war eine Sphäre K, oder Kugeloberfläche, von Radius R > 0 und
Mittelpunkt M . Schnitte von durch M laufenden Ebenen mit K hatten wir Großkreise
genannt. Sind zwei verschiedene Punkte A, B von K nicht diametral zueinander so
bestimmten diese einen eindeutigen Großkreis k durch A und B, und das kürzere
der beiden Teilstücke in das A, B den Kreis k zerlegen hatten wir als die Strecke
AB bezeichnet. Ist α der Winkel zwischen M A und M B, so hat die Strecke AB die
Länge |AB| = Rα. Diese Zahl ist dann der sphärische Abstand zwischen A und B
und den Winkel α selbst nennt man auch den Winkelabstand von A und B. Auf der
Sphäre können Abstände also durch Winkel gemessen werden. Der Winkel zwischen
zwei Großkreisen k = K ∩ e und k 0 = K ∩ e0 ist der Winkel zwischen den Ebenen e
und e0 . Drei Punkte A, B, C auf K die auf keinen gemeinsamen Großkreis liegen und
paarweise nicht diametral zueinander sind bestimmen ein sphärisches Dreieck ABC.
Wir betrachten nur sogenannte eulersche Dreiecke bei denen alle Innenwinkel α, β, γ,
also die Winkel zwischen den Seiten kleiner als π sind. Üblicherweise fordert man noch
das auch die Winkelabstände zwischen den Punkten echt kleiner π sind, dies ist bei
uns nicht nötig da wir Strecken AB von vornherein so definiert haben.
5.1
Sphärische Flächenberechnungen
Gegeben sei eine Kugeloberfläche K von Radius R > 0, deren Mittelpunkt wir als
Koordinatenursprung verwenden. Wir wollen Flächenberechnungen auf K durchführen.
Will man den Flächinhalt formal definieren, so betrachtet man die Parametrisierung
von K durch Kugelkoordinaten, also


R cos φ sin ψ
ϕ : [0, 2π] × [0, π] → K; (φ, ψ) 7→  R sin φ sin ψ  ,
R cos ψ
und definiert für jede Borelmenge M ⊆ K die Fläche von M als
Z
Z
∂ϕ ∂ϕ 2
A(M ) :=
sin ψ dλ2 (φ, ψ).
∂φ × ∂ψ dλ2 (φ, ψ) = R
ϕ−1 (M )
ϕ−1 (M )
Um zu sehen das dies eine sinnvolle Definition ist, muss man sich nur daran erinnern
das die Länge eines Vektorprodukts ||u × v|| die Fläche des von u und v aufgespannten
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Parallelogramms ist, der obige Integrand ist also das infinitesimale Flächenelement“.
”
Symbolisch wird diese Beziehung oftmals als
dA = R2 sin ψ dλ2 (φ, ψ)
geschrieben. Testen wir einmal das die korrekte Gesamtfläche herauskommt
π Z
2
2
A(K) = R
sin ψ dλ2 (φ, ψ) = 2πR − cos ψ = 4πR2 ,
0
[0,2π]×[0,π]
und dies ist das erwartete Ergebnis. Die sphärische Fläche ist invariant unter Drehungen
und Spiegelungen, dies läßt sich allerdings am definierenden Integral schlecht sehen, wir
wollen es an dieser Stelle als anschaulich offensichtlich verbuchen und uns keinen Beweis
überlegen. Es gibt andere Definitionen des sphärischen Flächeninhalts bei denen die
Rotationsinvarianz von vornherein klar ist, diese erfordern aber etwas mehr begrifflichen
Aufwand.
Wir wollen jetzt die Fläche von Kugelkappen
bestimmen. Wir betrachten einen Punkt A auf unA
serer Sphäre K und bilden mit dem Mittelpunkt A
r
eine weitere Kugel mit einem Radius 0 < r < R/2.
Der Schnitt dieser Vollkugel mit unserer Sphäre definiert eine Kugelkappe T deren Fläche wir berechnen wollen. Dabei könne wir den Punkt A durch
eine Drehung in den Nordpol von K legen. Unsere
M
R
beiden Kugeln schneiden sich in einem Kleinkreis k
und dieser Kleinkreis ist die Begrenzung der Kugelkappe T . Die Punkte auf k erfüllen in cartesischen
Koordinaten die Gleichungen
x2 + y 2 + z 2 = R2 und x2 + y 2 + (z − R)2 = r2
liegen also in der waagerechten Ebene gegeben durch
!
z 2 − (z − R)2 = 2Rz − R2 = R2 − r2 , d.h. z = R −
r2
.
2R
Definieren wir 0 < ψ0 ≤ π/2 durch cos ψ0 = 1 − r2 /(2R2 ), so sind ϕ−1 (T ) = [0, 2π] ×
[0, ψ0 ] und
Z ψ0
r2
2
sin ψ dψ = 2πR2 · (1 − cos ψ0 ) = 2πR2 ·
A(T ) = 2πR
= πr2 .
2
2R
0
Die Fläche der Kugelkappe hängt also nur vom kleinen Radius r ab und ist gleich der
Fläche eines ebenen Kreises mit Radius r. Wir wollen jetzt den Flächeninhalt eines
sphärischen Dreiecks berechnen. Diesen kann man alleine mit Hilfe der Rotationsinvarianz des Flächeninhalts bestimmen, es ist nicht erforderlich irgendwelche Integrale zu
berechnen.
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Die entscheidende Idee ist es, erst einmal die soα
genannten Zweiecke zu behandeln. Als ein sphärisches Zweieck mit dem Öffnungswinkel α bezeichnet man, wie nebenstehend gezeigt, ein von zwei
Großkreisen im Winkel α begrenztes Gebiet der
Tα
Sphäre K. Die Ecken des Zweiecks sind die beiden Schnittpunkte der beiden Großkreise und liegen diametral zueinander. Beachte das uns je zwei
Großkreise vier solcher Zweiecke bestimmen. Da
sich je zwei Zweiecke mit demselben Öffnungswinkel
α durch Drehungen von K ineinander überführen
lassen, haben diese alle denselben, nur von α
abhängigen, Flächeninhalt A(α). Wir behaupten
das A(α) dabei proportional zu α ist. Bilden wir nämlich für ein n ∈ N mit nα < 2π
ein Zweieck mit dem Öffnungswinkel nα, so läßt sich dieses in n Zweiecke mit dem
Öffnungswinkel α zerlegen, und damit ist
A(nα) = nA(α).
Hieraus folgt weiter auch
α
α
α 1
A(α) = A n ·
= nA
also A
= A(α).
n
n
n
n
Sind also n, m ∈ N mit (n/m) · α < 2π so gilt auch
n 1
n
A
α = A(nα) = A(α),
m
m
m
also haben wir A(qα) = qA(α) für alle rationalen Zahlen q > 0 mit qα < 2π. Ist
dann c > 0 eine reelle Zahl mit cα < 2π, so können wir c als Grenzwert einer monoton steigenden Folge (qn )n∈N rationaler Zahlen schreiben, und mit der Stetigkeit des
Flächeninhalts ergibt sich
A(cα) = lim A(qn α) = lim qn · A(α) = cA(α).
n→∞
n→∞
Dies beweist die Proportionalität von A(α) zu α.
Lemma 5.1 (Flächeninhalt sphärischer Zweiecke)
Seien K eine Kugel mit Radius R > 0 und T ein sphärisches Zweieck auf K mit
Öffnungswinkel α > 0. Dann gilt A(T ) = 2R2 α.
Beweis: Wir haben bereits eingesehen das der Flächeninhalt eines Zweiecks T mit
Öffnungswinkel α proportional zu α ist, das es also eine Konstante C > 0 gibt so, dass
jedes solche Zweieck die Fläche A(T ) = Cα hat. Nun können wir ganz K als Zweieck
mit dem Öffnungswinkel 2π auffassen, und da ganz K die Fläche A(K) = 4πR2 hat,
muss 2πC = 4πR2 sein, also C = 2R2 .
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C
TB
γ
b
C
γ
b
a
A
a
α
c
TC
α
β
A
TA
β
B
B
c
Sphärisches Dreieck
Zerlegung von K in acht Teile
Wir betrachten ein sphärisches Dreieck ∆ auf einer Sphäre K von Radius R > 0.
Wir verwenden dieselbe Bezeichnungskonvention wie im ebenen Fall §1, die Ecken des
Dreiecks heißen A, B, C, die gegenüberliegenden Seiten werden mit den entsprechenden lateinischen Kleinbuchstaben bezeichnet und die Winkel mit den entsprechenden
griechischen Buchstaben. Wir wollen den Flächeninhalt A(∆) von ∆ bestimmen. Die
drei Seiten des Dreiecks ∆, also die Großkreise a, b, c, zerlegen die Sphäre K in acht
Teilstücke, jeder der Großkreise bestimmt zwei Hälften von K und für jeden Punkt
von K gibt es damit zwei Möglichkeiten auf welcher der beiden Seiten jedes der drei
Großkreise er liegen kann und dies sind insgesamt 2 · 2 · 2 = 8 Möglichkeiten. Eine der
acht Komponenten ist das Dreieck ∆.
An der Ecke A von ∆ liegen die beiden Großkreise b und c und diese schneiden
auf K ein Zweieck TA mit dem Öffnungswinkel α aus das ∆ enthält, also ∆ ⊆ TA .
Analog liegt bei B ein Zweieck TB mit dem Öffnungswinkel β und bei C ein Zweieck
TC mit dem Öffnungswinkel γ. Jedes der drei Zweiecke TA , TB , TC besteht aus ∆ und
einem weiteren der acht Teilstücke von K, d.h. TA ∪ TB ∪ TC setzt sich aus vier unserer
Teilstücke zusammen. Der Rest von K entsteht durch Spiegeln am Mittelpunkt von K,
ist also diametral zu TA ∪ TB ∪ TC . Insbesondere füllt TA ∪ TB ∪ TC genau die halbe
Sphäre K aus, es gilt also
1
A(TA ∪ TB ∪ TC ) = A(K) = 2πR2 .
2
Mit dieser Beobachtung können wir nun die Fläche A(∆) bestimmen.
Satz 5.2 (Flächeninhalt eines sphärischen Dreiecks)
Seien K eine Kugel vom Radius R > 0 und ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck auf K
mit den Innenwinkeln α, β, γ. Dann ist α + β + γ > π und es gilt
A(∆) = R2 · (α + β + γ − π).
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Beweis: Wir übernehmen die Bezeichnungen der obigen Diskussion. Je zwei unserer
Zweiecke TA , TB , TC schneiden sich in ∆, also ist
2πR2 = A(TA ∪ TB ∪ TC ) = A(TA ) + A(TB ) + A(TC ) − 2A(∆).
Nach Lemma 1 haben wir A(TA ) = 2R2 α, A(TB ) = 2R2 β und A(TC ) = 2R2 γ, also ist
2πR2 = 2R2 (α + β + γ) − 2A(∆),
und dies ergibt
A(∆) = R2 · (α + β + γ − π).
Wegen A(∆) > 0 ist damit auch α + β + γ > π.
Dass die Winkelsumme in einem sphärischen immer größer als 180◦ kann man sich
leicht direkt klarmachen. Denken wir uns ein Dreieck in einer tangential an K anliegenden Ebene, so hat dieses eine Winkelsumme von 180◦ . Biegen wir das Dreieck
dann auf die Sphäre K herunter, so vergrößern sich die Winkel und es entsteht eine
Winkelsumme echt größer 180◦ . Man nennt den Überschuss
:= α + β + γ − π
auch den sphärischen Exzess des Dreiecks ∆. Die Fläche von ∆ schreibt sich in Termen
von als A(∆) = R2 .
5.2
Sphärische Dreiecksberechnung
In §1.4 hatten wir gesehen, dass in einem ebenen Dreieck ∆ mit den Seiten a, b, c
und den Winkeln α, β, γ sich bis auf zwei Ausnahmefälle aus je dreien der Werte
a, b, c, α, β, γ die anderen drei berechnen ließen. Diese Rechnungen konnte man dabei
mit den Cosinussatz §1.Satz 4 und dem Sinussatz §1.Satz 8 durchführen. In diesem Abschnitt wollen wir die entsprechenden Rechnungen für sphärische Dreiecke durchführen,
und wie im ebenen Fall gibt es hierfür wieder einen sphärischen Cosinussatz und einen
sphärischen Sinussatz. Es gibt sogar zwei sphärische Cosinussätze, einen Seitencosinussatz der bei zwei bekannten Seiten und dem von diesen eingeschlossenen Winkel die
dritte Seite berechnet, und einen Winkelcosinussatz der bei zwei bekannten Winkeln
und der von diesen eingeschlossenen Seite den dritten Winkel berechnet. Letzteres gibt
es in der ebenen Situation nicht da dort je zwei der Winkel bereits den dritten Winkel
festlegen. Der sphärische Sinussatz handelt weiter von Verhältnissen zwischen Winkeln
und gegenüberliegenden Seiten und tritt nur in einer Version auf.
Wir beginnen mit dem Seitencosinussatz, da wir diesen in Wahrheit bereits behandelt haben. Es stellt sich heraus das unser Lemma von den drei Ebenen §3.Lemma 5,
das wir zur Berechnung der Winkel in den platonischen Körpern benutzt haben, nur
eine Umformulierung des Seitencosinussatzes ist. In allen diesen Sätzen werden Seiten
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stets im Winkelabstand gemessen, der Radius R unserer Kugel wird also keine Rolle
spielen.
Satz 5.3 (Der Seitencosinussatz)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit den Seiten a, b, c im Winkelabstand und den
Innenwinkeln α, β, γ, alles bezeichnet gemäß der Standardkonvention. Dann gelten:
cos a = cos b cos c + sin b sin c cos α,
cos b = cos a cos c + sin a sin c cos β,
cos c = cos a cos b + sin a sin b cos γ.
Beweis: Bezeichne M dem Mittelpunkt der Kugel auf der ∆ liegt. Dann schneiden sich
die beiden Ebenen f1 := M AC und f2 := M BC in der Geraden l := f1 ∩ f2 = M C und
die Ebene e := M AB trifft l in e∩l = M . Der Winkel zwischen f1 und f2 ist der Winkel
zwischen den Seiten a und b, also gleich γ. Weiter hat g1 := f1 ∩ e = M A zu l = M C
den Winkel b und g2 := f2 ∩ e = M B hat zu l = M C den Winkel a. Schließlich ist der
Winkel zwischen g1 = M A und g2 = M B die Seite c. Nach §3.Lemma 5 ist damit
cos c − cos a cos b
cos γ =
,
sin a sin b
also
sin a sin b cos γ = cos c − cos a cos b.
Damit ist die dritte Gleichung der Behauptung eingesehen, und die anderen beiden
ergeben sich aus dieser durch Umbezeichnung der Ecken von ∆.
Linkspol
l
e
k
M
Rechtspol
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Beachte das es sich inhaltlich nur um eine einzige Gleichung handelt, die durch die
Bezeichnung der drei Ecken die drei Formen des Satzes annimmt. Unser nächstes Ziel
ist der Winkelcosinussatz, dieser entsteht durch Anwendung des Seitencosinussatzes
auf das sogenannte Polardreieck von ∆. Seien K wieder unsere Kugel mit Mittelpunkt
M , e eine Ebene durch M und k = K ∩ e der zugehörige Großkreis. Sei l die auf
e senkrechte Gerade durch M . Die Gerade l schneidet die Sphäre K dann in zwei
Punkten und diese beiden Punkte heißen die Polaren des Großkreises k. Ist auf k
ein Umlaufsinn gegeben, so können wir die beiden Pole voneinander unterscheiden,
der im Umlaufrichtung links liegende Punkt heißt der Linkspol von k und der rechts
liegende Pol heißt entsprechend der Rechtspol von k. Wird die Umlaufrichtung von
k umgedreht, so vertauschen sich entsprechend der Links- und der Rechtspol von k.
Laufen wir beispielsweise von Westen nach Osten um den Äquator, so ist der Nordpol
der Linkspol und der Südpol der Rechtspol.
Nun sei ein ganzes sphärisches Dreieck ∆ = ABC auf K gegeben, gemäß der
Standardkonvention bezeichnen wir die Seiten mit a, b, c und die Winkel mit α, β, γ.
Durch die Reihenfolge A, B, C ist auf ∆ eine Umlaufrichtung gegeben und somit haben
wir auch auf jedem der drei Großkreise a, b, c eine Umlaufrichtung. Den Linkspol von a
nennen wir A, den von b nennen wir B und den von c schließlich C. Das so entstehende
sphärische Dreieck ∆ = ABC heißt das Polardreieck von ∆, und seine Seiten und
Winkel bezeichnen wir analog zur Standardkonvention mit a, b, c und α, β, γ. Wir wollen
diese Seiten und Winkel jetzt in Termen von ∆ bestimmen.
C
a
b
M
B
A
α
c
Konkret wollen wir die Seite a von ∆ mit den Ecken B und C bestimmen, die Situation
ist im Bild oben rechts gezeigt. Rotieren wir die Seite b von ∆ um die Achse M A weg
von der Seite c bis wir auf die Ebene durch M treffen die c enthält, so dreht sich dabei
der Linkspol B in den Linkspol C da der Umlaufsinn des rotierten b mit dem von
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c übereinstimmt. Der bei der Rotation zurückgelegte Winkel ist π − α, also ist auch
der Winkel zwischen M B und M C gleich π − α, im Polardreieck ∆ haben wir also
a = π − α. Dieser Überlegung können wir eine weitere Folgerung entnehmen, da B
durch Rotation um M A in C bewegt wird, ist M A senkrecht auf dem Großkreis a, d.h.
A ist einer der beiden Pole von a und da A links zur Umlaufrichtung von B nach C liegt
ist A der Linkspol von a, im zu ∆ polaren Dreieck ∆ gilt also A = A. Entsprechend
folgt dies auch für die anderen Seiten von ∆ und wir erhalten das folgende Lemma.
Lemma 5.4 (Das Polardreieck eines sphärischen Dreiecks)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit Seiten a, b, c und Winkeln α, β, γ gemäß der
Standardkonvention. Bezeichne ∆ = ABC das Polardreieck von ∆. Dann ist ∆ = ∆
das Polardreieck von ∆ und bezeichnen wir die Seiten und Winkel von ∆ gemäß der
Standardkonvention, so sind
a = π − α, b = π − β, c = π − γ und α = π − a, β = π − b, γ = π − c.
Beweis: Die Aussagen ∆ = ∆ und a = π − α, b = π − β und c = π − γ haben wir
bereits eingesehen. Wenden wir diese Gleichungen dann auf das Polardreieck ∆ an, so
folgen auch
a=a=π−α
also α = π − a und analog sind auch β = π − b und γ = π − c.
Wie schon angekündigt ergibt sich jetzt durch Anwendung des Seitencosinussatzes auf
das Polardreieck der noch ausstehende Winkelcosinussatz.
Satz 5.5 (Der Winkelcosinussatz)
Sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck mit den Seiten a, b, c und den Winkeln α, β, γ
bezeichnet gemäß der Standardkonvention. Dann gelten:
cos α = sin β sin γ cos a − cos β cos γ,
cos β = sin α sin γ cos b − cos α cos γ,
cos γ = sin α sin β cos c − cos α cos β.
Beweis: Bezeichne a, b, c die Seiten und α, β, γ die Winkel im Polardreieck ∆ gemäß
der Standardkonvention. Der Seitencosinussatz Satz 3 in ∆ liefert dann
cos a = cos b cos c + sin b sin c cos α,
und mit Lemma 4 ist damit
− cos α = cos(π − α) = cos(π − β) cos(π − γ) + sin(π − β) sin(π − γ) cos(π − a)
= cos β cos γ − sin β sin γ cos a,
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und die erste Gleichung ist gezeigt. Die anderen beiden Gleichungen ergeben sich analog.
Schließlich wollen wir zum sphärischen Sinussatz kommen, und für diesen benötigen
wir eine neue Konstruktion. Wir betrachten wieder eine Kugel K mit Mittelpunkt M
und Radius R > 0. Weiter sei ∆ = ABC ein sphärisches Dreieck auf K, dessen Seiten
und Winkel wir wieder als a, b, c beziehungsweise α, β, γ gemäß der Standardkonvention
bezeichnen.
C
R
B
M
b
Z
α
P
A
Wir fällen den Lot von C auf die Ebene M AB und bezeichnen den Lotfußpunkt mit Z.
Weiter fällen wir in der Ebene M AB das Lot von Z auf M A und nenen den Lotfußpunkt
P . Das Dreieck P ZC hat dann bei Z einen rechten Winkel und da die Ebene P ZC
senkrecht auf der Ebene M AB und auf der Ebene M AC ist, ist der Winkel von P ZC
bei P gleich dem Winkel zwischen den Ebenen M AB und M AC. Andererseits sind
der Großkreis M AB ∩ K die Seite c von ∆ und der Großkreis M AC ∩ K die Seite b
von ∆, also ist der Winkel zwischen M AB und M AC genau der Winkel zwischen den
Seiten b und c von ∆, d.h. er ist α. Lesen wir also den Sinus von α im rechtwinkligen
Dreieck P ZC bei P ab, so ergibt sich
sin α =
|CZ|
.
|CP |
Weiter ist das Dreieck M P C bei P rechtwinklig und sein Winkel bei M ist der Winkel
zwischen M A und M C, also der Winkelabstand b, lesen wir also den Sinus von b in
M P C ab, so ist
|CP |
sin b =
.
R
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Dies liefert
|CZ| = |CP | sin α = R sin b sin α.
Führen wir diese Überlegung mit vertauschten Rollen von A und B durch, so ergibt
sich andererseits auch
|CZ| = R sin a sin β,
und wir haben sin b sin α = sin a sin β, beziehungsweise
sin b
sin a
=
sin α
sin β
eingesehen. Dies ist bereits eine der Formen des sphärischen Sinussatzes, den wir in der
nächsten Sitzung als einen Satz formulieren werden.
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