Bauingenieurwesen. Sales Engineering and Product

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Skript zur Vorlesung
Physik für Ingenieure
Bauingenieurwesen
Sales Engineering and Product Management
Umwelttechnik und Ressourcenmanagement
Wintersemester 2007/2008
Prof. Dr. Andreas Meyer
Institut für Materialphysik im Weltraum
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Köln
und
Lehrstuhl für Materialphysik im Weltraum
Fakultät für Physik und Astronomie
Ruhr-Universität Bochum
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung, Messung von Größen
1.1 Messung und Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Längenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2
3
4
2 Klassische Mechanik
2.1 Kinematik des Massepunktes . . . . . . . . . .
2.1.1 Bahnen und Koordinationssysteme . . .
2.1.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung .
2.1.3 Superpositionsprinzip . . . . . . . . .
2.2 Dynamik des Massepunktes . . . . . . . . . .
2.2.1 Träge und schwere Masse . . . . . . .
2.2.2 Reibungskräfte . . . . . . . . . . . . .
2.3 Arbeit, Energie, Impuls . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Arbeit und Leistung . . . . . . . . . .
2.3.2 Energie . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Energieerhaltung . . . . . . . . . . . .
2.3.4 Impuls und Impulserhaltung . . . . . .
2.4 Mechanik starrer Körper . . . . . . . . . . . .
2.4.1 Drehmoment . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Rotationsenergie und Trägheitsmoment
2.4.3 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.4 Rotationsbewegung . . . . . . . . . . .
2.5 Mechanik deformierbarer Körper . . . . . . . .
2.5.1 Spannung und Dehnung . . . . . . . .
2.5.2 Ruhende Flüssigkeiten und Gase . . . .
2.5.3 Strömung . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.4 Viskosität und Reibung . . . . . . . . .
2.6 Schwingungen und Wellen . . . . . . . . . . .
2.6.1 Erzwungene Schwingung und Resonanz
2.6.2 Gekoppelte Oszillatoren . . . . . . . .
2.6.3 Fortschreitende Wellen . . . . . . . . .
2.6.4 Dopplereffekt . . . . . . . . . . . . . .
2.6.5 Überlagerung von Wellen . . . . . . .
2.6.6 Wasserwellen . . . . . . . . . . . . . .
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12
12
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15
15
15
17
19
20
20
20
20
22
23
24
3 Optik
3.1 Eigenschaften von Lichtstrahlen
3.2 Reflexion und Brechung . . . .
3.2.1 Reflexion . . . . . . . .
3.2.2 Brechung . . . . . . . .
3.3 Optische Abbildungen . . . . .
3.3.1 Hohlspiegel . . . . . . .
3.3.2 Prisma . . . . . . . . .
3.3.3 Linse . . . . . . . . . .
3.3.4 Menschliches Auge . . .
3.4 Wellenoptik . . . . . . . . . . .
3.4.1 Interferenz . . . . . . .
3.4.2 Beugung . . . . . . . .
3.4.3 Teilchenstrahlen . . . .
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25
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28
29
31
31
33
34
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1 Einführung, Messung von Größen
– Erklärung physikalischer Erscheinungen durch
die Annahmen:
Physik ist eine Wissenschaft, die sich mit der umgebenden Welt, deren Grundbausteinen und Wechselwirkungen beschäftigt.
- Erde im Zentrum der Welt
Physik ist eine Erfahrungswissenschaft, die auf experimentell gefundenen Tatsachen beruht.
Dabei gilt: Tatsachen bleiben, Deutungen wechseln
im Laufe des historischen Fortschritts.
- Bewegung: Versuch eines Stoffes, seinen
natürlichen Ort im Universum zu erreichen
- Vier Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde)
+ göttliches Element (Äther)
– Vorstellung falsch, aber:
Erkenntnisprozess:
- Entmythologisierung der Natur
(z.B. Erklärung der Sonnenfinsternis)
Experiment, Beobachtung
↓
Modellvorstellung
Mathematische Beschreibung
↓
Physikalische Theorie
↓
Gesetzmäßigkeiten, Vorhersagen
↓
Experiment
- Funktionierende Anwendungen
z.B. Archimedes (287-212 v. Chr.):
Schwerpunkt, Hebelgesetz, Auftrieb
Entwicklung der klassischen Physik
Beginn der experimentellen Physik mit Galileo Galilei
(1564 - 1642)
– Untermauern physikalischer Hypothesen durch
gezielte Experimente (siehe Fallgesetze)
Ziel physikalischer Forschung:
– Experiment als Prüfstein jeder Theorie
– Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge in Naturphänomenen aufzeigen
Einführung der Mathematik in die Physik durch Isaac
Newton (1642-1727)
– Beschreibung und Erklärung aller Naturphänomene durch wenige Grundprinzipien
– Zusammenfassung vieler Einzelergebnisse in eine Gleichung
– Verstehen → Abbau von Ängsten, (Weiter-) Entwicklung von Anwendungen
– Erstes verallgemeinertes Naturgesetz:
F~ = m ~a
Ende des 19. Jahrhunderts: Alle bekannten physikalischen Probleme scheinen gelöst. Man glaubt sich nahe
an einem geschlossenen Weltbild.
Experimente sind gezielte Fragen an die Natur
Geeignete experimentelle Anordnung liefert eindeutige Antworten.
Dabei muss gelten: Wiederholbarkeit
→ Naturgesetze müssen unabhängig sein vom Experimentator oder vom Versuchsaufbau.
Aber neue Experimente erzwingen Erweiterungen der
klassischen Physik, z.B.:
– Michelson Experiment (1881):
Lichtgeschwindigkeit c ist eine Konstante und
unabhängig von Bewegung des Messgerätes.
→ Spezielle Relativitätstheorie (1905 Einstein)
Durch Experimente kann der Gültigkeitsbereich von
Theorien überprüft werden. Dabei gilt: Theorien können nicht bewiesen, sondern nur widerlegt werden.
Griechische Naturphilosophie
– Entwicklung der Spektralanalyse
(Kirchoff 1824-1887, Bunsen 1811-1899):
Emission/Absorption charakteristischer Wellenlängen von Atomen
→ Ansätze der Quantentheorie (um 1900) durch
Max Planck (1858-1947)
Weltbild des Aristoteles (384-322 v. Chr.)
– Einteilung der Wissenschaft in:
Physik → körperliche, materielle Welt
Metaphysik → ideelle, geistige Welt
1
Das Maß für die Genauigkeit einer Messung ist die
Standardabweichung σ(x):
v
u
N
u 1
X
t
σ(x) =
(xi − x̄)2
N −1
Heutiges physikalisches Weltbild:
Kondensierte Materie (fest, flüssig)
↑
Atome, Moleküle
↑
Atomkerne (Protonen, Neutronen)
↑
Quarks
i=1
σ(x) ist der mittlere Fehler der Größe xi der Einzelmessung.
Der mittlere Fehler des Mittelwertes x̄ ist:
v
u
N
u
X
σ(x)
1
= t
(xi − x̄)2
σ(x̄) = √
N (N − 1)
N
Vier fundamentale Wechselwirkungen:
Starke WW
Schwache WW
Elektromagnetische WW
Gravitaions WW
(Gluonen)
(W-, Z- Boson)
(Photonen)
(Gravitonen)
i=1
Bei statistischen Fehlern ergeben die Einzelmessungen bei N 1 eine Gauß-Verteilung P (xi ) um den
wahren Wert xw, d.h. in diesem Fall xw = x̄:
(xi − xw )2
1
exp −
P (xi ) = p
2σ 2 (x)
2πσ 2 (x)
Als gute Näherung gilt:
groß, langsam → klassische Mechanik
klein → Quantenmechanik
schnell → Relativitätstheorie
1.1 Messung und Messfehler
Messung:
Quantitative Bestimmung einer physikalischen Größe
durch Vergleich mit Normgrößen (Standards)
Beispiel: Waage (Urkilogramm als Normgröße)
Urkilogramm: Metallzylinder mit 139 mm Höhe und
39 mm Durchmesser aus einer Platin-Iridium Legierung. Festlegung (1889): 1 kg entspricht der Masse
des Urkilogramms
Dabei liegen ∼ 68% aller Messwerte xi im Bereich
von ± σ(x) und ∼ 95% innerhalb von ± 2σ(x)
Hängt eine Größe von anderen Größen x, y, z ... ab,
die statistisch unabhängig gemessen werden, dann gilt
das Gauß’sche Fehlerfortpflanzungsgesetz:
s
∂G 2
∂G 2
2
2
+ σ (y)
+ ...
σ(G) = σ (x)
∂x
∂y
Eine gemessene Größe setzt sich zusammen aus:
Zahlenwert, Messfehler und Maßeinheit
a) Messfehler:
– Systematische Fehler: Z.B. Fehler im Versuchsaufbau, fehlerhafte Eichung des Messgerätes,
Nichtberücksichtigung von äußeren Einflüssen
Beispiel: Geschwindigkeit: v = l/t:
s
2
2
∂v
∂v
+ σ 2 (t)
σ(v) = σ 2 (l)
∂l
∂t
s
2
1
−l
2
2
σ(v) = σ (l) 2 + σ (t)
t
t2
– Statistische Fehler: Z.B. schwankende Versuchsbedingungen, Ablesegenauigkeit
Im Gegensatz zu systematischen Fehlern steigt die Genauigkeit einer Messung mit der Anzahl der Wiederholungen N . Der Arithmetischer Mittelwert x̄ der
Messgröße x ist:
In der Regel gibt man das Ergebnis einer Messung mit
dem Vertrauensbereich von ±σ an:
N
1 X
xi
x̄ =
N
xw = x̄ ± σ(x̄)
i=1
2
b) Maßeinheiten
1.2
Zurückführung physikalischer Maßeinheiten auf wenige Basiseinheiten mit genauen Messvorschriften
Zeitmessung erfolgt über periodische Vorgänge, deren Periode T möglichst konstant ist. Zeit ist dann die
Zahl der Perioden zwischen zwei Ereignissen mal der
Periode T .
→ SI Maßsystem (Syteme International d’Unites)
Alle anderen Einheiten wie Kraft [kg m s−2 ≡ N]
(Newton) oder Energie [kg m2 s−2 ≡ J] (Joule) können aus den Basisgrößen abgeleitet werden.
Größe
Zeit
Länge
Masse
Temperatur
Stoffmenge
elektr. Stromstärke
Lichtstärke
SI Einheit
Sekunde
Meter
Kilogramm
Kelvin
Mol
Ampere
Candela
Zeitmessung
Astronomische Vorgänge (Jahr, Monat, Tag):
Ab 1960: Definition der Sekunde durch Umlauf der
Erde um die Sonne. Genauigkeit: 1 s ±10−9 s (1 ns)
Symbol
s
m
kg
K
mol
A
cd
Höhere Genauigkeit durch Anbindung an periodische
Vorgänge von Atomen
Heute: Definition der Sekunde über Hyperfeinaufspaltung im Cäsium Isotop 133 Cs:
1 s ≡ 9192631770 Schwingungen des Cs Überganges
Erreichte Genauigkeit: 1 s ±10−15 s (1 fs)
Radioaktiver Zerfall: Messung von Zeitspannen von
10−9 s bis 109 a:
Dabei können Candela und Ampere über Sekunde,
Meter und Kilogramm, das Mol über Kilogramm und
der Meter über Sekunde ausgedrückt werden. Nur Kilogramm, Sekunde und Kelvin sind unabhängig von
anderen Basiseinheiten definiert.
Versuch: Radioaktiver Zerfall als Zeitmesser
In der Praxis finden noch andere Einheitssysteme Verwendung:
1 J = 6.2419 · 1018 eV
(Atom/Festkörperphysik)
1 J = 2.3884 · 10−4 kcal
(Chemie)
−7
1 J = 2.7778 · 10 kWh
(Elektrotechnik)
1 J = 107 erg
(Theorie: cgs System)
Zerfallsprodukt 137 Ba aus 137 Cs Quelle mit Salzsäure
auswaschen. Messung der Aktivität durch Messung
der Anzahl der ausgesandten γ - Quanten (Energie:
0.661 MeV) mittels eines Geiger-Müller-Zählrohres in
30 s Intervallen.
Anfangsaktivität N0 im Versuch ca. 105 Bq (Becquerel: Zerfälle pro Sekunde)
c) Größenordnungen
Basiseinheiten können extrem variieren, z.B. für atomare oder kosmologische Effekte ⇒ SI Vorsätze
Faktor
10−1
10−2
10−3
10−6
10−9
10−12
10−15
10−18
Vorsilbe
DeziZentiMilliMikroNanoPikoFemtoAtto-
Kurzzeichen
d
c
m
µ
n
p
f
a
101
102
103
106
109
1012
1015
1018
DekaHektoKiloMegaGigaTeraPetaExa-
da
h
k
M
G
T
P
E
Gefundene Gesetzmäßigkeit für die Aktivität N (t) als
Funktion der Zeit:
Nach beliebiger Zeit t, die t/T1/2 Halbwertszeiten
überstreicht gilt:
t
1 t/T1/2
= N0 exp − ln 2
N (t) = N0 ( )
2
T1/2
3
Mit der mittleren Lebensdauer: τ ≡
T1/2
ln 2
⇒ Zerfallsgesetz: N (t) = N0 exp (−t/τ )
Zahl der Kerne dN , die im Zeitintervall zwischen t
und dt zerfallen:
dN = N (t + dt) − N (t) =
dN
dt
dt
Mit α + β + γ = 180◦ und über
a
b
c
=
=
sin α
sin β
sin γ
1
dN
= − N0 exp(−t/τ )
dt
τ
1
⇒ dN = − N (t) dt
τ
mit
(Sinussatz)
indirekte Bestimmung der Längen a und b über die
Messung der Winkel
Zahl der Kerne, die pro Zeiteinheit zerfällt ist proportional zur Zahl der vorhandenen radioaktiven Kerne.
Weiteres Beispiel für indirekte Messung:
Anwendung: Z.B. Archäologische Altersbestimmung
mit der 14 C Methode:
Versuch: Geschwindigkeitsmessung einer Gewehrkugel
(Pohl’sches Rad)
14 C
bildet sich kontinuierlich in den oberen Schichten
der Atmosphäre durch Neutronenbestrahlung.
Dadurch: Zeitlich konstante Menge an 14 C im CO2
der Luft → N0
Beim Absterben von Lebewesen, kein weiterer Austausch mit der Luft, 14 C - Gehalt nimmt durch radioaktiven Zerfall mit Halbwertszeit T1/2 = 5770 a ab.
Versuchsaufbau:
⇒ Altersbestimmung kohlenstoffhaltiger Lebewesen
im Bereich von 500 a bis ∼ 50000 a
Aus der Messung des Winkels α zwischen den beiden
Durchschusslöchern kann die Flugzeit ∆t der Kugel
zwischen den beiden Scheiben berechnet werden:
α[◦ ]
T
∆t =
360◦
1.3 Längenmessung
Historische Längeneinheiten:
Körpermaße (z.B. USA 1 inch = 1/12 foot = 2.54 cm)
1875 Definition des Meters:
1 m ≡ 10−7 mal Strecke Nordpol-Äquator über Paris
Urmeter in Paris: Pt-Jr-Stab bei 0◦ C, markiert durch
Ritzen → Genauigkeit 1 m ±10−6 m (1 µm).
⇒ Geschwindigkeit der Gewehrkugel: v = l/∆t
Anwendung:
Geschwindigkeitsselektoren für Teilchenstrahlen (z.B.
Neutronenflugzeitspektrometer an der Forschungsneutronenquelle FRM-II)
Ab 1983: Definition des Meters durch die Strecke, die
von Licht im Vakuum in 1/299792458 s durchlaufen
wird. Lichtgeschwindigkeit: c = 2.99792458·108 m/s
Erreichte Genauigkeit: 10−10 m
Methoden zur Längenmessung:
Triangulation (z.B. Höhenmessung Berggipfel)
Betrachtung eines Objektes O von zwei Standorten A
und B mit bekanntem Abstand c
4
2 Klassische Mechanik
Als Bewegung bezeichnet man die Änderung des Ortes mit der Zeit, beurteilt von einem ortsfesten, starren
Körper, dem Bezugssystem aus. Z.B. Fußboden des
Hörsaals (Vernachlässigung der Erdrotation)
Beschreibung der Bewegung punktförmiger oder ausgedehnter Körper unter dem Einfluss von Kräften
Zunehmende Komplexität:
Verschiebung oder Rotation des Koordinatensystems
bzw. eine Änderung des Bezugssystems darf nicht dazu führen, dass die Bahnkurve anderen physikalischen
Gesetzmäßigkeiten folgt.
- Kinematik von Massepunkten als Funktion der
Zeit (Wie bewegt sich ein MP?)
- Dynamik des MP (Warum bewegt sich ein MP
so wie er sich bewegt? → Kräfte)
Je nach geometrischen Eigenschaften der Bahnkurve
ist die Wahl anderer Koordinatensysteme sinnvoll:
- Teilchensysteme
Z.B. Kugelkoordinaten (Bewegung auf einer Kugeloberfläche mit r(t) = konst. oder auf einer Kreisbahn
mit r(t) = konst. und θ(t) = π)
- Starre ausgedehnte Körper
- Deformierbare Körper
x(t) → r(t) sin(θ(t)) cos(ϑ(t))
y(t) → r(t) sin(θ(t)) sin(ϑ(t))
z(t) → r(t) cos(θ(t))
2.1 Kinematik des Massepunktes
Ein Körper der Masse m lässt sich modellhaft durch
einen Massepunkt beschreiben, wenn seine räumliche
Ausdehnung für die Beschreibung seiner Bewegung
keine Rolle spielt.
2.1.1
Bahnen und Koordinationssysteme
Beschreibung der Bewegung eines Massepunktes zur
Zeit t mit Hilfe des Ortsvektors ~r.
Die Funktion ~r(t) ist die Bahnkurve des Massepunktes, die er im Laufe der Zeit durchläuft.
oder Zylinderkoordinaten (z.B. Rollbewegung eines
Stabes, r(t) = konst.)
Im kartesischen Koordinatensystem ist
x(t) → r(t) cos(ϑ(t))
y(t) → r(t) sin(ϑ(t))
z(t) → z(t)
~r(t) = x(t) ~ex + y(t) ~ey + z(t) ~ez
~ex ⊥ ~ey ⊥ ~ez → Einheitsvektoren mit |~ei | = 1
(Rechte-Hand-Regel)
Sinnvolle Wahl des Ursprungs 0 und der Richtungen
(~ex oder ~ey oder ~ez ) → Verringerung der Dimensionalität der Bahnkurve ~r(t).
Z.B. freier Fall:
2.1.2
Geschwindigkeit und Beschleunigung
Aus der Kenntnis der Bahnkurve ~r(t) folgen durch
Differenzbildung oder Ableitung zusätzliche kinematische Größen.
a) Mittlere Geschwindigkeit
Änderung der Position eines Massepunktes im Zeitintervall ∆t = t2 − t1 mit t2 > t1 :

h~vt1 ,t2 i =

x(t)
~r(t) =  y(t)  3dim → ~r(t) = y(t) ~ey 1dim
z(t)
~r(t2 ) − ~r(t1 )
t2 − t1
(hi ≡ Mittelwert)
Beispiel: Eindimensionale Bewegung ~r(t) → x(t)
für geradlinige oder geführte Bewegungen
5
Die Integrationskonstanten v0 und x0 ergeben sich aus
den Anfangsbedingungen.
Weg – Zeit – Diagramm
hvi =
∆x(A, B)
∆t(A, B)
b) Momentane Geschwindigkeit
~v (t) = lim h~vt,t1 i =
t1 →t
d~r
≡ ~r˙
dt
– Die momentane Geschwindigkeit ~r(t) zur Zeit
t ist gegeben durch die Ableitung des Ortsvektors ~r(t) nach der Zeit.
– ~v (t) = (vx (t), vy (t), vz (t))
2.1.3
– Die Geschwindigkeit ist die Steigung der Kurve
in einem Weg–Zeit–Diagramm.
Für kinematische Vektoren (Ortsvektor ~r, Geschwindigkeit ~v , und Beschleunigung ~a ) gilt die Vektoraddition: D.h. die Bewegung in der einen Richtung hat
keinen Einfluss auf die Bewegung in den dazu senkrechten Richtungen.
– Dimension von v [m/s]
c) Mittlere Beschleunigung
~v (t2 ) − ~v (t1 )
t2 − t1
h~at1 ,t2 i =
h~at1 ,t2 i =
Superpositionsprinzip
– Das Superpositionsprinzip ist unabhängig von
Größe und Richtung der Einzelvektoren und unabhängig von der Reihenfolge der Addition.
Geschwindigkeitsänderung
Zeitintervall
– Das Superpositionsprinzip ist ein experimenteller Befund.
d) Momentane Beschleunigung
d~v
d2~r
≡ ~v˙ =
≡ ~¨r
t1 →t
dt
dt2
Dimension von a m/s2
Fallversuch nach Galilei (Versuch # 1030)
~a(t) = lim h~at,t1 i =
Versuch: Bewegung mit konstanter Beschleunigung
Ein Gleiter auf einer Luftkissenbahn gleitet reibungsfrei eine schiefe Ebene hinunter. Messung der Zeit und
der Geschwindigkeit zwischen mehreren Lichtschranken als Funktion des Abstandes x vom Startpunkt x0 .
Beobachtung: x ∝ t2 und v ∝ t
Eine Fallmaschine schleudert eine Kugel horizontal
mit vx = v0 weg und lässt gleichzeitig eine zweite
fallen.
Beobachtung: Beide Kugeln erreichen den Fußboden
zur gleichen Zeit.
Konstante Beschleunigung führt zu einer Geschwindigkeitsänderung, die proportional zur Zeit t ist. Für
die Geschwindigkeit zur Zeit t ergibt sich:
Ortsvektor von Massepunkt m1 :
x(t)
x0
~r =
=
y(t)
− 21 g t2
v(t) = v0 + a t
Damit ergibt sich für die zurückgelegte Wegstrecke
zur Zeit t:
Z
Z
x(t) =
dt v(t) =
dt (v0 + a t)
⇒ x(t) =
1
2
Ortsvektor von Massepunkt m2 :
x(t)
v0 t
~r =
=
y(t)
− 21 g t2
a t2 + v0 t + x0
mit Erdbeschleunigung g ' 9.81 [m / s2 ]
6
2.2 Dynamik des Massepunktes
2.2.1
Träge und schwere Masse
– Die träge Masse mt ist definiert durch das 2.
Newton’sche Axiom:
Kräfte als Ursache für Bewegungsänderungen
Aufbauend auf den Experimenten von G. Galilei und
durch die Entwicklung der Differentialrechnung konnte Newton um 1687 erstmals ein allgemeingültiges
Naturgesetz formulieren.
mt = F/a
Trägheit gegenüber Geschwindigkeitänderung
– Die schwere Masse ist definiert durch die Gravitationskraft FG zwischen zwei Massen. Z.B.
auf der Erdoberfläche:
Seine drei Axiome:
1) Jeder Körper behält seinen Zustand der Ruhe
oder der gleichförmig geradlinigen Bewegung
bei, solange keine äußeren Kräfte auf ihn wirken:
P ~
~a = ~¨r = 0 für F~ =
Fi = 0
ms = FG /g
Beispiel: Auf dem Mond hat eine Eisenkugel etwa 1/6
FG im Vergleich zur Erde. Um eine Kugel horizontal
mit v0 zu werfen ist jedoch auf Mond und Erde die
gleiche Kraft aufzubringen.
i
(Trägheitsprinzip)
Versuch: Gedeckter Tisch
Beobachtung: Tischtuch wird unter einem Gedeck weggezogen. Ist die Reibungskraft zwischen Tuch und Gedeck vernachlässigbar bleibt
das Gedeck stehen.
Äquivalenz von mt und ms ?
Anwendung des 2. Newton’schen Axioms auf den freien Fall:
ms
~g
mt ~a = F~ = ms ~g ⇒ ~a =
mt
Die Masse ist träge, sie möchte ihren Bewegungszustand nicht ändern.
Beispiel: Freier Fall
Versuch mit Kugeln gleichem Durchmesser aber unterschiedlichen Massen (Eisenkugel und Schaumstoffkugel):
2) Die Beschleunigung eines Körpers ist indirekt
proportional zu seiner Masse und direkt proportional zur äußeren Kraft:
F~
~ = m ~a oder F~ = m ~¨r
oder F
~a =
m
(Grundgleichung der Mechanik)
Beobachtung: Schaumstoffkugel fällt deutlich langsamer als Eisenkugel aufgrund der Luftreibung (systematischer Fehler).
Fallrohr evakuieren: Beobachtung: Fallzeit t unabhängig von Masse und Form der Körper, h = g t2
für Kugel und Feder
3) Kräfte zwischen Körpern treten immer paarweise auf:
~AB aus, so wirkt
Übt Körper A auf B die Kraft F
~
~
B auf A mit FBA = −FAB
Wie genau gilt ms = mt ? Newton konnte mit einem
Fadenpendel zeigen, dass ms /mt auf 10−3 konstant
ist.
(actio = reactio)
Kraft erzeugt Gegenkraft (Versuch)
Beobachtung: Wenn eine Person auf einem Wagen eine zweite Person auf einem zweiten Wagen zu sich zieht, bewegen sich beide Wagen
aufeinander zu.
Beispiel: Mathematisches Pendel
Ein Massepunkt m ist an einem masselosen Faden der
Länge l aufgehängt, der m auf eine Kreisbahn x(t)
zwingt.
~G . Diese setzt sich
Auf m wirkt die Gewichtskraft F
zusammen aus den Teilkräften:
~tang
Radialkraft F~rad und Tangentialkraft F
– 1) ist der Sonderfall von 2) mit F~ = 0
– 2) definiert einen linearen Zusammenhang zwischen
der Ursache F~ und ihrer Wirkung ~a
~tang : Reaktionskräfte auf Gewichtskraft F~G
F~rad , F
– Der Proportionalitätsfaktor m wird als träge Masse
mt bezeichnet.
i
h m
– Dimension der Kraft: kg 2 ≡ N (Newton)
s
F~rad ist senkrecht zur Bewegungsrichtung und hat daher hat keinen Einfluss auf die Bewegung von m.
⇒ mt a = mt ẍ ; mt ẍ = mt l ϕ̈
7
(x = l ϕ)
Tangentialkraft: Ftang = −ms g sin ϕ
2.2.2
Für kleine Auslenkungen gilt: sin ϕ ≈ ϕ
Reibungskräfte verursachen Bewegungsänderungen. Reibung führt u.a. dazu, dass:
⇒ mt l ϕ̈ = −ms g ϕ
Bewegungsgleichung: ϕ̈ = −
Reibungskräfte
– Bewegungen langsamer werden
– Schwingungen gedämpft werden
ms g
ϕ
mt l
Reibung zwischen Körpern entsteht in ihrer Berührungsfläche. Ursachen:
– Mikroskopische Struktur der beiden Oberflächen
(Rauhigkeit)
– Wechselwirkung zwischen den Atomen/Molekülen
der beiden Oberflächen
Man unterscheidet zwischen Haftreibung und Gleitreibung:
Lösungsansatz für die Differentialgleichung:
ϕ(t) = ϕ1 sin(ωt + ϕ0 )
mit maximaler Auslenkung ϕ1 und Phase ϕ0
Mit Anfangsbedingung: ϕ(t = 0) = ϕ1
⇒ ϕ0 =
Da sich durch die Bewegung der mittlere Abstand zwischen Körper und Unterlage im zeitlichen Mittel leicht
vergrößert, ist die Haftreibungszahl µH in der Regel
größer als die Gleitreibungszahl µG (Versuch).
π
2
ϕ̇(t) = ϕ1 ω cos(ωt + ϕ0 )
ϕ̈(t) = −ω 2 ϕ1 sin(ωt + ϕ0 )
ms g
ϕ1 sin(ωt + ϕ0 )
= −
mt l
r
ms g
⇒ Kreisfrequenz ω =
mt l
(ϕ̇(t = 0) = 0)
~N auf eine
Wird ein Körper mit der Normalkraft F
Unterlage gedrückt, so muss eine äußere Kraft F~ext
tangential zur Unterlage aufgebracht werden, um den
Körper zu verschieben, die größer ist als die Haftrei~H :
bungskraft F
aus Bwgl.
⇒ ϕ(t) ist periodisch in ωt mit der Periode:
s
mt l
2π
= 2π
T =
ω
ms g
|F~H | = µH |F~N |
~G gilt analog:
Für die Gleitreibungskraft F
|F~G | = µG |F~N |
Z.B. für ein Sekundenpendel: l = 0.2484 m
Die Reibungszahlen hängen von Materialart und Oberflächenbeschaffenheit ab (Versuch).
Dabei nimmt µG mit zunehmender Geschwindigkeit
ab (Vgl. Bewegung von Körpern in Flüssigkeiten und
Gasen).
Die Reibungszahlen hängen nicht von der Größe der
Oberfläche ab. D.h., dass die Reibungskraft direkt proportional zur Normalkraft FN ist (Versuch).
Für mt = ms hängt Bewegung eines Fadenpendels
nicht von der Masse ab (Versuch).
Vergleich der Perioden T für Pendelschwingungen
unterschiedlicher Massen bei konstantem l:
⇒ Konstanz von ms /mt auf 10−12 Genauigkeit
8
– Reibung erzeugt Wärme (irreversibel) ⇒
Reibungskräfte sind dissipative Kräfte.
2.3
Über Newton’sche Bewegungsgleichung und actio =
reactio → quantitative Behandlung aller Bewegungen
(Anwendung: Molekular Dynamik Simulation)
Komplizierte Bewegungen → hoher Rechenaufwand
⇒ Einführung von Hilfsgrößen: Arbeit, Energie und
Impuls.
Dabei sind Arbeit und Energie skalare Größen, die aus
der Bahnkurve ~r(t) durch Integration folgen.
– Verringerung von Haft- und Gleitreibung durch
Schmiermittel
Zahlenwerte
Stahl/Stahl (trocken)
Stahl/Stahl (geschmiert)
Gummi/Asphalt (trocken)
Gummi/Asphalt (nass)
Gummi/Eis
µH
0.15
0.13
0.55
0.20
< 0.1
Arbeit, Energie, Impuls
µG
0.12
0.01
0.30
0.15
0.05
2.3.1
Arbeit und Leistung
Beispiel: Schiefe Ebene
Begriff Arbeit stammt aus der Mechanik einfacher Maschinen (Hebel, Flaschenzug).
Arbeit ist das Produkt “Kraft in Richtung des Weges
mal Weg”:
Z~r2
F~ (~r ) · d~r
W12 =
~
r1
Dabei gilt:
– W ist positiv, wenn die Kraft eine Komponente in Wegrichtung hat. D.h. die Kraft verrichtet
Arbeit.
Gewichtskraft |F~G | = m g zerlegt in
Normalkraft |F~N | = m g cos ϕ und
Abtriebskraft |F~AB | = m g sin ϕ
⇒ Reibungskraft |F~R | = µH,G |F~N |
– W ist negativ, wenn die Kraft eine Komponente entgegengesetzt der Wegrichtung hat. D.h. es
wird gegen die Kraft Arbeit verrichtet.
(|F~R | = FR )
– Für FAB < µH FN : Körper bewegt sich nicht
– Dimension [N m = kg m2 s−2 ≡ J]
– Für FAB = µH FN
(Joule)
Beispiel: Hubarbeit im Schwerefeld der Erde
⇒ m g sin ϕc = µH m g cos ϕc
Bestimmung der Haftreibungszahl µH aus Messung des kritischen Winkels ϕc :
sin ϕc
µH =
= tan ϕc
cos ϕc
– Für FAB > µH FN > µG FN :
Körper gleitet
Bwgl. unter der Annahme, dass µG = konst.:
m a = FAB − FR
m a = m g sin ϕ − µG m g cos ϕ
⇒ a = g (sin ϕ − µG cos ϕ)
F~ = m ~g = −m g ~ez und dW = −m g dz
Zh
⇒ W (h) =
−m g dz = −m g h
D.h. der Körper bewegt sich mit konstanter Beschleunigung die schiefe Ebene hinunter.
Aus Messung von a Bestimmung von µG
0
D.h. die Hubarbeit W ∝ h ist unabhängig vom Weg.
9
Für Bewegung in x, y - Richtung mit F~ || ~ez gilt:
2.3.3
(d~r = dx ~ex + dy ~ey + dz ~ez )
⇒ dW = F~ · d~r = −m g ~ez · (dx ~ex + dy ~ey ) = 0
Energieerhaltung
Aus der Integration der Grundgleichung F~ = m ~a
folgt:
(~ei · ~ej = 0)
Z~r2
Fällt der Körper aus der Höhe h auf die Erde, dann
gilt : W > 0
Z0
W =
−m g dz = m g h
F~ · d~r = W12 = −∆Epot (~r1 , ~r2 ) =
=
1
2
m v 2 (~r2 ) − 12 m v 2 (~r1 )
= ∆Ekin (~r1 , ~r2 )
Leistung ist verrichtete Arbeit pro Zeitintervall:
⇒ ∆Epot + ∆Ekin = 0
dW
P ≡
dt
dW
= F~ · ~v
⇒ P =
dt
m ~a · d~r
~
r1
~
r1
h
~ · d~r = F
~ · ~v dt
dW = F
Z~r2
⇒ Energie(erhaltungs)satz der Mechanik
Epot (~r ) + Ekin (~r ) = E = konst.
J
kg m2
=
≡W
s
s3
(Watt)
In der Regel wird immer ein Teil der kinetischen Energie in Wärme umgewandelt.
Zahlenbeispiel: Student, 70 kg, springt in 3 s eine 6 m
hohe Treppe hinauf. Dabei ist seine Leistung:
Damit ergibt sich der verallgemeinerte Energiesatz:
Q12 = ∆Epot + ∆Ekin = ∆E
70 kg 9.81 ms−2 6m/3s ≈ 1.4 kW
Die von dissipativen Kräften FR verrichtete Arbeit Q
ist gleich der Änderung ∆E der Gesamtenergie eines
Körpers.
Z. Vgl.: Großkraftwerk > 1 GW, KFZ: 1 PS = 735 W
2.3.2
Energie
Energie ist die Fähigkeit eines Körpers, Arbeit zu leisten. In der klassischen Mechanik gibt es drei Formen
von Energie:
2.3.4
Impuls und Impulserhaltung
R
~ · d~r), ist
Das Wegintegral der Kraft, die Arbeit ( F
eine skalare Größe.
R
Das Zeitintegral der Kraft ( F~ dt) heißt Kraftstoß und
führt zum Impuls p~ (vektorielle Größe). Der Impuls
eines Körpers ist definiert als das Produkt seiner Masse und seiner Geschwindigkeit:
– Potenzielle Energie Epot: Nur abhängig von
den relativen Positionen (~ri − ~rj ) der Körper
– Kinetische Energie Ekin: Nur abhängig von
Geschwindigkeit v und Masse m der Körper
– Wärme Q: Mikroskopische Bewegung der Atome in einem Körper (innere Energie)
Dimension [kg m s−1 ]
p~ ≡ m ~v
F~ dt ändert den Impuls eines Körpers:
Während jedes Zeitabschnittes dti wirkt die Kraft F~i
= m ~ai auf den Körper. Die Beschleunigung erzeugt
in dti eine Geschwindigkeitsänderung.
Ein Kraftstoß
Durch verschiedene Kräfte der Mechanik kann über
die entsprechende Arbeit Energie von einer Form in
eine andere Form umgewandelt werden.
Versuch: Tanzende Stahlkugel
Eine Stahlkugel wird auf eine Glasplatte fallengelassen: Sie springt fast wieder in ihre Ausgangsposition
zurück (Epot → Ekin → Epot ).
Bleiplatte anstelle der Glasplatte: Die Stahlkugel hinterlässt einen Abdruck in der Bleiplatte und springt
kaum wieder hoch (Epot → Ekin → Q).
R
d (m ~v )
d~
p
d~v
=
=
Mit F~ = m ~a = m
dt
dt
dt
ist die auf ein Teilchen wirkende Kraft gleich der zeitlichen Änderung seines Impulses p~. Dabei gilt ma =
d(m v)/dt nur wenn die Masse zeitlich konstant ist.
N.B. ṗ = d(m v)/dt gilt auch in der relativistischen
p
Mechanik, jedoch mit Masse m = m0 / 1 − v 2 /c2
(m0 : Ruhemasse, c: Lichtgeschwindigkeit)
Definition von elastisch: Erfüllung des mechanischen
Energiesatzes (Epot + Ekin = konst.) bei Verformung
10
v1e = v2e
Versuch: Zwischen zwei ruhenden Wagen der Massen
M und m befindet sich eine gespannte Feder:
⇒ m1 v1a = (m1 + m2 ) v2e ;
Gibt ein Auslöser die Wagen frei, erhalten beide Wagen Kraftstöße gleicher Größe, aber entgegengesetzter Richtung (actio = reactio).
⇒ Wagen erhalten Impulse gleicher Größe, aber entgegengesetzter Richtung.
a =
Ekin
1
2
2
m1 v1a
e
Ekin
=
1
2
2 =
(m1 + m2 ) v2e
1
2
v2e =
m1
v1a
m1 + m2
m21
v2
m1 + m2 1a
Energiebilanz beim Stoß:
e
a
=
− Ekin
Q = Ekin
1
2
2
1−
m1 v1a
e < Ea
Für m2 6= 0 ist Ekin
kin
M ~v1 = −m ~v2 ; M ~v1 + m ~v2 = 0
X
⇒
p~i = 0
m1
m1 + m2
→ Umwandlung in Q
e
in potenzielle
Nach dem Stoß wird im Pendel Ekin
Energie umgewandelt.
i
Mit h = l (1 − cos ϕ):
Der Gesamtimpuls bleibt konstant (~
pg = 0).
⇒ Epot = (m1 + m2 ) g h =
Versuch: Wagen mit Laufbrett
⇒ v1a =
1) Geht man vom Boden aus mit konstanter Geschwindigkeit über das Laufbrett, bleibt der Wagen stehen.
2) Geht man vom Boden aus auf das Laufbrett und
bleibt auf dem Brett stehen, rollt der Wagen samt Versuchsperson.
3) Verlässt man dann den ruhenden Wagen, rollt der
Wagen in entgegengesetzter Richtung davon.
v1a =
1
2
2
(m1 + m2 ) v2e
p
m1 + m2
v2e ; v2e = 2 g h
m1
m1 + m2 p
2g h
m1
Mit m1 = 0.5 g, m2 = 180 g, l = 0.92 m und α ≈ 10◦
⇒ v1a = 190 m/s
(vgl. Pohl’sches Rad → 1.3)
m1
a
a
= 0.997 Ekin
Q = Ekin 1 −
m1 + m2
Allgemeiner Satz der Impulshaltung:
In einem abgeschlossenen System, für das gilt F~ext =
0 , bleibt der Gesamtimpuls zeitlich konstant.
D.h. der weitaus größte Teil der kinetischen Energie
der Gewehrkugel wird beim Stoß in Wärme umgewandelt.
~˙ s − konst.
~ =0
~¨s = 0 ⇒ mg R
Für F~ext = 0 ⇒ mg R
Versuch: Vollständig inelastischer Stoß auf der Luftkissenbahn (v2a = 0)
Die beiden Gleiter der Massen m1 = m2 bleiben
beim Stoß aneinander kleben. Die Geschwindigkeit
der Gleiter nach dem Stoß ist gerade die halbe Geschwindigkeit von Gleiter m1 vor dem Stoß. Enera .
giebilanz: Q = 12 Ekin
X
X
~˙ s =
~
⇒ p~g ≡ mg R
p~i = konst.
mi ~r˙i =
i
(Ekin = 0 im Schwerpunktsystem)
i
Versuch: Ballistisches Pendel
Beispiel: Strahlantrieb – Bewegung eines Systems mit
veränderlicher Masse
Versuch: Bei Antrieb einer Spielzeugrakete mit reiner
Pressluft ist die Rakete langsamer als bei Antrieb mit
Luft und Wasser.
Begründung: Zu Beginn in etwa gleiche Ausstoßgeschwindigkeit. Aufgrund der größeren Masse des ausgestoßenen Wassers größerer Impuls des “Treibstoffes”. Wegen Gesamtimpulserhaltung größerer Impuls
der Rakete. Die Rakete wird kontinuierlich durch den
Rückstoß der auströmenden Treibgase beschleunigt.
(Versuch: Raketenauto)
Bestimmung der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel
der Masse m1 durch Messung der Auslenkung eines
Holzkörpers der Masse m2 , der an einem Fadenpendel hängt (Kugel bleibt stecken)
11
2.4 Mechanik starrer Körper
Beispiel: System von zwei Massepunkten, die durch
masselose Stange starr miteinander verbunden sind.
Bei der Betrachtung der Dynamik von Massepunkten
oder Körpern unter Vernachlässigung ihrer Ausdeh~s
nung: Alle Kräfte wirken auf ihren Schwerpunkt R
⇒ nur translatorische Bewegungen
Bei starren Körpern, bei denen Form und Ausdehnung
unter Einwirkung externer Kräfte konstant bleiben:
~ s angreifen
Externe Kräfte können außerhalb von R
⇒ translatorische und rotatorische Bewegungen
2.4.1
~1 + M
~ 2 = ~r1 × m1 ~g + ~r2 × m2 ~g = 0
M
m2
(Hebelgesetz)
⇒ r1 = −r2
m1
Drehmoment
Versuch: Ein Besen wird entlang seines Stieles so lange auf dem Finger verschoben, bis er sich nicht mehr
dreht (in Rs ). Zersägen in Rs und Wiegen der beiden
Stücke zeigt: Massen sind nicht gleich.
Bei nicht - reibungsfrei rotierenden, starren Körpern,
muss die relevante Drehachse nicht durch Rs gehen.
Ist die Drehachse eines starren Körpers fest gelagert,
gibt es keine translatorische Bewegung unter Einwirkung äußerer Kräfte.
Es kommt zu einer Drehbewegung, wenn eine angreifende äußere Kraft F~ eine zur Drehebene parallele
Komponente hat und die Richtung von F~ nicht durch
~ hindurchgeht:
die Drehachse A
Versuch: folgsame Garnrolle
~
⇒ Die Kraft F~ hat ein wirksames Drehmoment M
~
zur Achse A.
~ ≡ ~r × F~
M
Dimension [N m]
M entspricht dem Produkt aus F und r⊥ , wobei r⊥
der kürzeste Abstand zur der Linie ist, entlang derer
die Kraft wirkt (Hebelarm).
Aufgrund von Reibung ist nicht die Symmetrieachse
die Drehachse, sondern die Berührungslinie Am der
Garnrolle mit dem Boden.
Ohne feste Drehachse: Rotation um den Schwerpunkt
eines starren Körpers
~ , das durch eine äußere Kraft
⇒ Das Drehmoment M
erzeugt wird, die im Punkt ~r im Schwerpunktsystem
eines starren Körpers angreift, ist definiert als:
⇒ Je nach Winkel zwischen gezogenem Faden und
Boden rollt sich die Garnrolle bei Zug weiter ab oder
~ !).
folgt der Zugkraft (Richtung von M
~ = ~r × F~ ; M = r F sin ϕ = r⊥ F
M
2.4.2
Rotationsenergie und Trägheitsmoment
~ verrichtet bei der Drehung eines
Ein Drehmoment M
Körpers um den Winkel ϕ die Arbeit W :
~ = F r⊥ dϕ = M dϕ
dW = F~ · dr
Z
⇒ W = M dϕ = M ϕ
Dabei wird der Körper beschleunigt.
~ → (Rechte-Hand-Regel)
– Für ~r, F~ und M
Die kinetische Energie eines um seine Achse rotierenden Körpers ist die Summe der kinetischen Energien
aller einzelnen Teilchen mi des Körpers:
~ kω
– M
~
– Der Körper rotiert nicht, wenn im Schwerpunkt
~ s die Summe aller angreifenden DrehmomenR
~ i gleich null ist.
te M
X
~ s gilt:
~i = 0
In R
M
⇒ Ekin,i =
1
2
mi vi2
Dabei haben alle Teilchen mi die gleiche Winkelgeschwindigkeit ω = vi /ri :
i
12
⇒ Ekin,i =
1
2
mi ri2 ω 2
Die Summe über alle Teilchen mi ergibt die kinetische Energie Erot des gesamten rotierenden Körpers:
X
mi ri2 ω 2
Erot = 21
=
Für das Trägheitsmoment eines Hohlzylinders mit Radius R, in dem seine Masse mg in einer dünnen Wand
konzentriert ist:
Θhz = mg R2
i
Dabei berücksichtigt das Trägheitsmoment Θ Form
und Masse des rotierenden Körpers:
Z
X
2
Θ=
mi ri = dm r 2
Dimension [kg m2 ]
⇒ Bei gleicher Masse und Radius hat ein Hohlzylinder ein größeres Trägheitsmoment als ein Zylinder.
Mit mg g h = 21 mg vs2 + 12 Θ ω 2 und vs = ω R gilt:
i
⇒ Für die Rotationsenergie eines rotierenden Körpers:
Erot =
1
2
mg R 4
R4
2π l = 2
πl
4
R πl 2
mg 2
R
2
= ρ
Für den Vollzylinder:
Θ ω2
ω=
Beispiel 1: Trägheitsmoment von drei Massepunkten,
die starr durch masselose Stangen verbunden sind:
r
4 gh
3 R2
Für den Hohlzylinder:
r
gh
R2
⇒ Vollzylinder rollt schneller die schiefe Ebene hinunter als der Hohlzylinder.
ω=
Θ = m1 r12 + m2 r22 + m3 r32
Bei Rotation eines Körpers der Masse mg um eine beliebige feste Achse gilt der Steiner’sche Satz:
Beispiel 2: Trägheitsmoment von Voll- und Hohlwalze (Versuch):
Zwei Walzen mit identischen Abmessungen und Massen rollen eine schiefe Ebene hinunter. In einer Walze
(Aluminium) ist die Masse im äußeren Rand konzentriert, in der anderen (Kunststoff) homogen verteilt.
Beobachtung: Die Walze aus Kunststoff rollt die schiefe Ebene schneller hinunter.
Energieerhaltung: Epot = Ekin (translatorisch) + Erot
ΘA = ΘS + mg d2
Trägheitsmoment Θz eines Zylinders mit homogener
Z
Z
Masseverteilung:
2
Θz =
r dm = ρ r 2 dV
Das Trägheitsmoment ΘA bei Rotation um eine beliebige Achse A ist die Summe des Trägheitsmomentes Θs der Rotation um die zu A parallele Achse
As durch den Schwerpunkt Rs des Körpers und des
Trägheitsmomentes mg d2 für Rotation um A.
VZ
Zyl
Kreisfläche AK :
ZR Z2π
AK =
r dϑ dr = R2 π
2.4.3
Zylindervolumen VZ :
Zl
VZ = AK
dz = l R2 π
~ = ~r ×
Analog zur Definition des Drehmoments M
~
~
F wird der Drehimpuls L eines Massepunktes, der
sich an einem Ort ~r bezüglich des Ursprungs mit der
Geschwindigkeit ~v bewegt, definiert als:
0
0
0
⇒ Θz
~ ≡ ~r × p~ = m ~r × ~v
L
In Zylinderkoordinaten:
dV = d3 r = r dr dϑ dz
ZR
Z2π
Zl
2
= ρ
r r dr
dϑ
dz
0
0
Drehimpuls
Dimension [J s]
Auch für den Drehimpuls gilt ein Erhaltungsatz:
Ohne Einwirkung eines äußeren Drehmoments bleibt
der Drehimpuls nach Betrag und Richtung konstant:
0
13
~
dL
~ = ~r × F~ext = 0
=M
dt
~ext ⊥ ~v
wenn F~ext = 0 oder F
⇒ Für das Drehmoment MA = R FAB = µRo FN
mit Rollreibungskoeffizient µRo
(Dimension [m])
Versuch: Experimente mit dem Drehstuhl
Rollreibung entsteht durch elastische Verformung der
Bahn und des rollenden Körpers am Auflagepunkt A.
(In der Regel keine rein elastischen Prozesse → Energiedissipation). D.h. im Gegensatz zu Haft- und Gleitreibung keine Verringerung der Rollreibung durch Schmiermittel.
⇒ Rollwiderstand: FRo = MA /R = FAB
1) Person mit 3 kg Hanteln in den Händen rotiert langsam mit ausgestreckten Armen. Legt sie die Hanteln
an den Körper an, erhöht sich die Winkelgeschwindigkeit ωD des Drehstuhls.
2) Drehstuhl rotiert nicht. Anstelle der Hanteln hält
die Person eine Fahrradfelge in den Händen. Drehen
der Fahrradfelge mit ~
ωF ||~
ωD führt zu Rotation des
Drehstuhls.
2.4.4
Vergleich: Wagen und Schlitten mit gleicher Masse:
Wagen erfordert Kraft: FW a = M/R = µRo FG /R
Schlitten: FSchl = µG FG
µRo
FW a
=
FSchl
µG R
Rotationsbewegung
Typische Zahlenwerte: µRo = 0.001 m, µG = 0.3
R = 0.5 m ⇒ FW a /FSchl = 1/150
Für das Rollen eines starren Körpers mit kreisförmigem Querschnitt (ohne Rutschen) gilt:
Jeder Punkt des Körpers rotiert im Schwerpunktsys~ s mit gleicher Winkelgeschwindigkeit ω.
tem um R
⇒ Wagen mit großen Rädern
Beispiel 2) Einseitig frei aufgehängter Kreisel
⇒ vs = R ω (Rollbebedingung)
Beispiel 1) Rollbewegung eines Zylinders der Masse
mg auf einer schiefen Ebene:
Beobachtung: Der rotierende Fahrradkreisel fällt nach
Durchtrennen des Haltefadens nicht nach unten, sondern dreht sich zusätzlich horizontal um A.
Die Gewichtskraft F~G erzeugt, bezogen auf den Auflagepunkt A (momentane Drehachse), das Drehmoment:
Begründung: Die Fahrradfelge der Masse m rotiert
mit ~ωF . Durch Abschneiden des Haltefadens wirkt
ein Drehmoment auf den Fahrradkreisel:
MA = R FAB = R mg g sin ϕ
mit M = L̇ und L = Θ ω
~ = ~r × m ~g , M = m g r
M
MA
⇒ Winkelbeschleunigung ω̇ =
ΘA
~ auf den Fahrradkreisel ändert
Das Drehmoment M
~ Da M
~ ⊥L
~ bleibt
die Richtung des Drehimpulses L.
~ gleich.
|L|
Trägheitsmoment ΘA = Θs + mg R2 und vs = R ω:
mg R 2
MA
= g sin ϕ 1
as = R ω̇ = R
2
2
ΘA
2 mg R + mg R
=
2
3
g sin ϕ
Ohne Reibung rutscht der Körper die schiefe Ebene
hinunter (as = g sin ϕ ):
D.h. um das Drehmoment für die Rollbewegung her~ s eine Anzustellen, muss an der Rotationsachse in R
triebskraft angreifen, die entgegengesetzt dem Rollwiderstand ist.
⇒ Die Änderung des Drehimpulses des Kreisels geht
in Richtung des angreifenden Drehmomentes.
⇒ Präzession des rotierenden Fahrradkreisels um A
14
l groß, A klein
→ Kugelschreiber
2.5 Mechanik deformierbarer Körper
2.5.1
Spannung und Dehnung
l klein, A groß
→ Autofeder
Jeder Körper lässt sich durch Kräfte verformen. Für
die elastische (reversible) Längenänderung ∆l eines
Festkörpers gilt:
Kraft und Dehnung sind proportional: Fext = k ∆l
Dabei ist der Elastizitätsmodul E [N / m2 ] eine Materialgröße.
Die Dehnung ε wird definiert als Quotient aus Längenänderung ∆l zur ursprünglichen Länge l:
Greift F~ext nicht senkrecht, sondern parallel zur Querschnittsfläche A an, spricht man von Scherung.
ε = ∆l/l
Für ε > 0: Dehnung, für ε < 0: Stauchung.
Versuch: Dehnung eines 2 m langen Kupferdrahtes mit
0.22 mm Durchmesser
Die Scherung ist der Quotient ∆x/l = tan γ ≈ γ.
Für kleine Beanspruchungen (elastische Verformung)
gilt:
Kraft-Dehnungsdiagramm
γ = τ /G mit der Scherspannung τ = Fext /A
Analog zum Elastizitätsmodul E ist der Schermodul
G (auch Schubmodul) eine Materialgröße:
E [109 N/m2 ]
G [109 N/m2 ]
1) Elastischer Bereich: Linearer Zusammenhang
2) Ist ∆l größer als die kritische Dehnung εc :
Plastisches Fließen (irreversibel)
3) Bruch des Drahtes
2.5.2
Stahl
220
85
Glas
75
32
Plexiglas
3.2
1.2
Ruhende Flüssigkeiten und Gase
Vesuch: Formt man aus geeigneter Knetmasse eine Kugel und wirft sie auf den Boden, springt sie wie ein
Gummiball wieder hoch, d.h. für die kurze Stoßzeit
verhält sich die Knetmasse wie ein fester Körper. Legt
man die Kugel hingegen für einige Minuten auf den
Boden, so zerläuft sie wie eine zähe Flüssigkeit.
A
l
Daraus ergibt sich eine von der Geometrie des Körpers
unabhängige Form des Hooke’schen Gesetzes:
Fext
Pb
16
5.7
Der Unterschied zwischen festen und flüssigen Körpern liegt in ihrem Verhalten bei Änderung ihrer Form.
Eine Verformung fester Körper erfordert immer externe Kräfte.
Bei Flüssigkeiten werden die erforderlichen Kräfte um
so kleiner, je langsamer der Vorgang abläuft.
Im elastischen Bereich ist die Federkonstante k invers
proportional zur ursprünglichen Länge l und proportional zur Querschnittsfläche A des Festkörpers:
k ∝
Al
71
26
Im Gegensatz zu festen Körpern treten in Flüssigkeiten
und Gasen keine stationären Scherkräfte auf.
A
∆l
⇒ k = E
= EA
l
l
Zur Beschreibung von ruhenden Flüssigkeiten und GaAnwendung: Einstellen der Federkonstante für ein Bau- sen benutzt man anstelle der Größen Kraft F und Masse m die Größen:
teil über A und l:
15
Druck P =
F
A
Dimension
N
≡
Pa
(Pascal)
m2
⇒ Barometrische Höhenformel:
ρ0
z
P (z) = P0 exp −g
P0
dm(~r )
dV
(Teilchensysteme aus ∼ 1023 Teilchen).
und Dichte ρ(~r ) =
Mit ρ0 = 1.3 kg/m2 und P0 = 1.013 · 105 Pa halbiert
sich der Luftdruck etwa alle 5 km Höhe.
Im Gegensatz zu Festkörpern und Flüssigkeiten nehmen Gase wegen ihrer geringen Dichte fast jedes verfügbare Volumen V ein.
b) Flüssigkeiten – Hydrostatik
Zahlenwerte: ρ (Luft) ≈ 1.3 kg/m3 , ρ (Wasser) ≈
1003 kg/m3 , ρ (Platin) ≈ 21400 kg/m3
Aufgrund der verschwindend kleinen Kompressibilität
ist für Flüssigkeiten die Annahme von κ ' 0 eine gute Näherung (κh2 o = 0.5 · 10−10 Pa−1 ).
a) Gase
D.h. für die Druckverteilung in einer Flüssigkeitssäule:
Für nicht-strömende, ideale Gase gilt das Gesetz von
Boyle und Marriotte:
P V = konst.
⇒ V =
konst.
dV
konst.
V
⇒
=− 2 =−
P
dP
P
P
dm = ρ A dz
dPs = ρ g dz
κ = 0 ⇒ ρ = konst.
D.h. Gase sind kompressibel. Erhöhung des Drucks
führt zu Verringerung des Volumens (dV /dP < 0).
Die Kompressibilität κ ist ein Maß dafür, wie stark
sich das Volumen eines Körpers bei Druckänderung
verändert:
1 dV
κ=−
V dP
⇒ Für den hydrostatischen Druck Ps in Tiefe z:
Ps (z) =
Der Kehrwert von κ ist der Kompressionsmodul K:
1
N
dP
K ≡
= −V
Dimension
= Pa
κ
dV
m2
- Lineare Zunahme des Druckes mit der Tiefe
- Der hydrostatische Druck in einer Flüssigkeit
hängt nur von der Höhe der Flüssigkeitssäule
ab.
Wie Elastizitätsmodul ist der Kompressionsmodul eine Materialgröße.
Z.B. ρh2 o ' 1 g/cm3 : Der Druck nimmt um 105 Pa
(= 1 bar) etwa alle 10 m Tiefe zu.
Zahlenwerte: K(Aluminium) = 73 GPa, K(Plexiglas)
= 3.6 GPa, K(H2 O) ≈ 2 GPa, K(Luft) ≈ 10-100 KPa
Für Gase gilt mit
m(z) g
ρAz g
F (z)
=
=
= ρz g
A
A
A
Folgen der Druckverteilung in einer Flüssigkeit:
dV
V
=−
dP
P
1) Hydrostatisches Paradoxon:
1
⇒ K=P
κ=
P
Versuch: Der Bodendruck in einem Gefäß ist abhängig
von der Füllhöhe, nicht von der Füllmenge.
Mit P V = konst. und m = ρ V ⇒ ρ ∝ P
Anwendungsbeispiel: Abhängigkeit des Luftdruckes
von der Höhe in der Erdatmosphäre
Da in Flüssigkeiten keine stationären Scherkräfte auftreten, sind die Kräfte auf die Wände immer senkrecht
zur Wand. Druckunterschiede am Boden der einzelnen Gefäßteile werden durch ihre Verbindung ausgeglichen: ⇒ gleiche Füllhöhe in den unterschiedlichen
Gefäßteilen.
16
2) Pascal’sches Prinzip:
Für die seitlichen Kräfte gilt: F~s1 + F~s2 = 0
Wird auf eine Füssigkeit in einem Gefäß ein externer
Druck ausgeübt, so verteilt sich der Druck gleichmäßig auf jedes Volumenelement der Flüssigkeit und auf
die Wand des Gefäßes.
Mit F1 = ρf l g z1 A und F2 = ρf l g z2 A ist die
Auftriebskraft:
FA = F2 − F1 = ρf l g A (z2 − z1 ) = ρf l g Vk
Versuch: Allseitigkeit des Druckes
⇒ Die Auftriebskraft entspricht der Gewichtskraft der
verdrängten Flüssigkeit und ist ihr entgegengesetzt gerichtet.
⇒ Die Schwerkraft FG des Körpers wird in der Flüssigkeit um die Auftriebskraft verringert (Prinzip des
Archimedes).
Ein gläserner Rundkolben mit offenen Glasröhren an
der Seite wird mit violetter Kaliumpermanganatlösung
gefüllt und in ein Wasserbecken getaucht.
Beim Druck auf den Kolben entströmt aus allen Röhren gleichermaßen die farbige Lösung.
Anwendung: Hydraulische Presse
Versuch: Ein Körper an einer Federwaage wird in ein
Wasserbecken getaucht. ⇒ Die Kraft auf die Feder
verringert sich.
Das Volumen des dabei verdrängten Wassers entspricht
dem Volumen des eingetauchten Körpers.
Mit der Gewichtskraft des Körpers FG = ρk g Vk
gilt für: FG < FA → ρk < ρf l Körper schwimmt
FG = FA → ρk = ρf l Körper schwebt
FG > FA → ρk > ρf l Körper sinkt
Senken des Flüssigkeitsspiegels im dünnen Rohr um
Höhe h1 führt zum Anstieg des Flüssigkeitsspiegels
im dicken Rohr um h2 , wobei gilt (κ = 0):
V = h1 A1 = h2 A2 = konst.
Versuch: Kartesischer Taucher
Eine Hohlfigur mit kleiner Öffnung in der Mitte wird
in ein Wassergefäß getaucht. Bei geeigneter, in der Figur eingeschlossener Luftmenge, schwebt die Figur.
Wird der Druck im Gefäß von außen erhöht, so verringert sich das Volumen der eingeschlossenen Luftmenge (κLuf t 0) und die Figur sinkt.
Drückt man mit Kraft F1 auf A1 und bewegt den Kolben dabei um h1 leistet man die Arbeit W1 = h1 F1 ,
die im dicken Rohr als W2 = h2 F2 wieder frei wird.
h1
A2
Mit W1 = W2 ⇒ F2 =
F1 =
F1
h2
A1
(vgl. Hebelgesetz)
⇒ Durch großen Flächenunterschied Transformation
von kleinen in große Kräfte.
2.5.3
Strömung
Die Bewegung von/in Flüssigkeiten und Gasen unterliegt für kleine Geschwindigkeiten gleichen Gesetzmäßigkeiten. Z.B. kann bis etwa einviertel der Schallgeschwindigkeit in Luft (vl ' 340 m/s), Luft als inkompressible Flüssigkeit betrachtet werden.
(Bei hohen Geschwindigkeiten werden Gase zusammengedrückt, dabei ändert sich ihre Temperatur.)
Versuch: Sprengen eines Eisenbolzens mit einer hydraulischen Presse
3) Auftrieb
Ein starrer Körper mit Dichte ρk und Volumen Vk erfährt in einer Flüssigkeit der Dichte ρf l die Auftriebskraft FA .
17
Spezialfall: Rasch strömende Gase / Flüssigkeiten mit
Versuch: Ein Ball kann in einem Luftstrom aus einer
Düse gehalten werden. Dabei wird die Gewichtskraft
des Balles durch den kontinuierlichen Impulsübertrag
der strömenden Teilchen auf den Ball aufgebracht. Positioniert bleibt der Ball durch den Unterdruck im Luftstrom.
1
2
ρ v 2 ρ g h:
⇒ P1 + 21 ρ v12 = P2 + 12 ρ v22
D.h. bei hoher Strömungsgeschwindigkeit niedriger
Druck.
Anwendungen: Dynamischer Auftrieb
Versuch: Messung der resultierenden Auftriebskraft
einer Flugzeugtragfläche.
Bei einem leichten Tischtennisball kann der Luftstrom
sogar um etwa 30◦ geneigt werden, ohne dass der Ball
aus dem Luftstrom fällt.
Aufgrund der Form der Tragfläche ist v1 > v2 ⇒
P2 > P1 . D.h. Unterdruck über der Tragfläche liefert
Kraft nach oben.
Strömung ist die Bewegung eines Volumenelements
V einer Flüssigkeit mit ortsabhängiger Geschwindigkeit ~v (~r ). Ursache hierfür ist eine Druckdifferenz entlang der Strömungsrichtung.
Versuch: Hydrodynamisches Paradoxon
Da die Masse erhalten bleibt, muss durch jede Querschnittsfläche A einer Röhre in derselben Zeitspanne
gleichviel Flüssigkeit strömen.
⇒ V1 ρ1 = V2 ρ2
Bläst man Luft durch ein Rohr, an dessen unterem Ende eine durchbohrte Scheibe der Fläche A befestigt
ist, so wird eine zweite Scheibe der Masse m und der
Fläche A nach oben an die erste herangezogen, wenn
die durch den Unterdruck durch die ausströmende Luft
bewirkte Kraft größer ist als m g: 21 ρ v 2 A > m g
⇒ A1 v1 ∆t ρ1 = A2 v2 ∆t ρ2
Für inkompressible Flüssigkeiten/Gase:
Versuch: Magnuseffekt
Ein rotierender Ball bewegt sich mit translatorischer
Geschwindigkeit relativ zur Luft. Reibung der Luft
mit der Balloberfläche führt zu einer größeren Geschwindigkeit der Luft an der Oberseite als an der Unterseite des Balles.
ρ = konst. ⇒ V1 = V2
⇒ A v ρ = konst.
Kontinuitätsgleichung
Durch den Druckunterschied ∆P = P1 − P2 wird
an der Flüssigkeit die Arbeit ∆W = ∆P V verrichtet ⇒ Änderung in der kinetischen Energie
Berücksichtigt man noch die Änderung der potenziellen Energie im Schwerefeld ∆Epot = ρ g h V :
∆P V + ρ g h V + 21 ρ V (v12 − v22 ) = 0
⇒ Bernoulli-Gleichung: (D. Bernoulli, 1700-1782)
P + ρ g h + 12 ρ v 2 = konst.
⇒ Querkraft FM senkrecht zur Drehrichtung (angeschnittener Ball)
Die Summe aus statischem Druck (P ), dynamischem
Druck ( 21 ρ v 2 ) und Schweredruck (ρ g h) ist konstant.
18
2.5.4
Zahlenwerte in Pa s bei 20◦ C:
Luft
1.7 · 10−5
Glyzerin
−3
Wasser
1.0 · 10
Honig
Olivenöl 8.1 · 10−2
Pech
Viskosität und Reibung
Bei der Strömung von Flüssigkeiten unterscheidet man
zwischen laminarer und turbulenter Strömung.
1.5
3−8
107
Anwendung: Laminare Strömungen durch Rohre
Versuch: Der Volumenstrom durch ein Rohr hängt von
der 4. Potenz des Radius des Rohres ab.
Durch eine Druckdifferenz wird in einem Rohr mit
Radius R und Länge l eine stationäre Strömung aufrecht erhalten. Aus Symmetriegründen kann die Strömungsgeschwindigkeit v nur von der Entfernung r
von der Rohrmitte abhängen.
Ein Rohr wird von Wasser durchströmt. Bringt man
kontinuierlich über Düsen Tinte auf der einströmenden Seite ein, so zeigt sich bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten der Tintenfaden als Stromlinie, während für hohe Geschwindigkeiten Wirbel (Turbulenzen) auftreten (Versuch).
S ist die Mantelfläche eines Kreiszylinders im Abstand r, A seine Stirnfläche.
Laminare Strömung: Einzelne Flüssigkeitsschichten
(Laminate) gleiten gegeneinander ohne sich zu vermischen. Dabei reiben aufgrund der Wechselwirkung
zwischen den Flüssigkeitsmolekülen die einzelnen Laminate aneinander.
Treibende Druckkraft Fp = (P1 − P2 ) A = π r 2 ∆P
Reibungskraft: FR (r) = −ηS
Im stationären Fall:
dv
=0
dl
⇒ Fp = FR
r ∆P = −2 η l
⇒ v(r) = −
Bewegt man bei einem System aus einer Flüssigkeitsschicht zwischen zwei Platten der Oberflächen A die
eine Platte relativ zur anderen mit der Geschwindigkeit v, so muss man die Reibungskraft FR aufbringen:
dv(r)
dv(r)
= −η2πrl
dr
dr
⇒
∆P 2
r +c
4ηl
Randbedingung: v(R) = 0 ⇒ c =
dv(r)
dr
∆P 2
R
4ηl
∆P
(R2 − r 2 )
4ηl
Parabolisches Geschwindigkeitsprofil mit:
dv
FR = η A
dx
FR ist dabei direkt proportional zum Geschwindigkeitsgefälle dv/dx und zur Oberfläche der einzelnen
Laminate.
⇒ v(r) =
Bei festen Körpern wächst die Scherspannung τ =
F/A mit zunehmender Verformung. Die innere Reibung in Flüssigkeiten ist dagegen proportional zur Verformungsgeschwindigkeit:
dv
⇒ τ =η
dx
Der Proportionalitätsfaktor η ist die Zähigkeitskonstante oder die Viskosität.
Ns
Dimension
= Pa s (Pascalsekunden)
m2
Für den Volumenstrom durch das Rohr hA viR folgt
durch Integration:
vmax = v(0) =
Die Viskosität sinkt exponentiell mit der Temperatur:
Z.B. Glyzerin: 273 K: 10 Pa s; 333 K: 0.08 Pa s
Natriumsilikat: 1000 K: 1010 Pa s; 1600 K: 10 Pa s
19
hA viR =
ZR
∆P R2
4ηl
∆P π
v(r) 2π r dr =
2ηl
0
ZR
(R2 −r 2 ) r dr
0
und damit das Hagen-Poiseuille’sche Gesetz:
⇒ hA viR =
π ∆P 4
R
8 ηl
Beispiel Blutgefäße:
Führen Kalkablagerungen zu einer 20 %tigen Verringerung des Arteriendurchmessers, verringert sich der
Blutdurchfluss um den Faktor 2.5 (1/0.84 ).
2.6 Schwingungen und Wellen
2.6.2
Schwingungen und die damit eng verwandten Wellenphänomene gehören zu den am weitesten verbreiteten Phänomenen der Physik.
Ein harmonischer Oszillator hat einen Schwingungsfreiheitsgrad und eine Eigenfrequenz ω0 und somit eine Resonanz. Gekoppelte Oszillatoren sind Systeme
mit mehreren Schwingungsfreiheitsgraden.
Beispiele:
– Elektromagnetische Wellen (schwingende elektrische und magnetische Felder):
Rundfunk,
Mikrowelle, Infrarot, Licht, UV, Röntgen- und
γ -Strahlung
Gekoppelte Oszillatoren
Beispiel: Gekoppelte Pendel (Versuch # 1646)
– Schwingungen von Atomen in Festkörpern:
Wärme, Gitterschwingungen (Phononen)
– Schwingungen in Atomkernen: Kernspaltung
– Materiewelle (Welle-Teilchen-Dualismus)
Zwei identische mathematische Pendel mit Masse m
und Fadenlänge l sind durch eine Feder mit Federkonstante k gekoppelt.
– Mechanische Schwingungen und Wellen:
z.B. Pendel, Wasserwellen, Schallwellen
Beobachtung: Wird eines der Pendel in Bewegung versetzt, so beeinflusst es über die Feder die Bewegung
des anderen Pendels. Dabei wird kontinuierlich Energie von dem einen auf das andere Pendel übertragen.
Kennzeichen aller Schwingungen ist eine Gleichgewichtslage und eine rücktreibende Kraft in Richtung
dieser Gleichgewichtslage.
2.6.1
Kann sich eine Schwingung vom Ort ihrer Anregung
aufgrund von Kopplungen an benachbarte, schwingungsfähige Systeme ausbreiten, so spricht man von einer Welle.
Erzwungene Schwingung und Resonanz
Wird die Schwingung eines Körpers durch eine periodisch wirkende Kraft Fext (t) angeregt, kann dies zu
Resonanzerscheinungen führen.
Versuch: Torsionswellenmaschine
Ausbreitung einer Welle in einem System aus 32 gekoppelten Torsionspendeln.
Für die Bewegungsgleichung eines solchen Systems
ergibt sich:
ẍ + γ ẋ + ω02 x = Fext /m
Dabei ist ω02 die Eigenfrequenz der Schwingung und
γ ẋ ein Term, der die Dämpfung der Schwingung durch
Reibung berücksichtigt.
2.6.3
Fortschreitende Wellen
Wellen transportieren Energie und Impuls durch den
Raum ohne Transport von Materie.
Je nach Auslenkung bezüglich der Ausbreitungsrichtung unterscheidet man zwischen:
longitudinale Welle
Versuch: Pohl’scher Resonanzapparat
Der Versuch zeigt Amplitude und Phase einer erzwungenen Schwingung in Abhängigkeit von der Kreisfrequenz ωext der Anregung Fext (t) und der Dämpfung
γ der Schwingung.
transversale Welle
Beobachtung: Für γ gegen Null und ωext ≈ ω0 kommt
es nach einem Einschwingvorgang zu einer Resonanz.
D.h. die Amplitude divergiert für ωext = ωres , wenn
die Dämpfung γ → 0 (Resonanzkatastrophe).
Versuch: Zerstörung eines Glases durch Schall
20
Versuch: Ausbreitung eines Wellenberges auf einem
Seil (Seilwelle)
Analog zur Scherwelle ergibt sich für eine longitudinale Welle, die sich in einem langen, dünnen Festkörper ausbreitet (λ > Ausdehnung in Querrichtung,
sonst Querkontraktion berücksichtigen):
s
E
vl =
mit Elastizitätsmodul E
ρ
Longitudinale Wellen breiten sich über Kompression
und Ausdehnung fort (Dichtewellen).
Da in Flüssigkeiten und Gasen keine stationären Scherkräfte auftreten, können sich keine transversalen Wellen ausbreiten. Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit
einer longitudinalen Welle ergibt sich in Flüssigkeiten:
s
K
vl =
mit Kompressionsmodul K
ρ
Beobachtung: Nach einer raschen horizontalen Auslenkung an einem Seilende breitet sich ein Wellenberg
mit Ausbreitungsgeschwindigkeit v aus. Bewegt man
das Seil an einem Ende horizontal periodisch hin und
her, erhält man eine periodische Welle, d.h. eine sich
ausbreitende Schwingung.
In Gasen gilt für höhere Frequenzen (z.B. Schall): Änderung des Druckes führt neben Änderung der Dichte
zu Änderung der Temperatur (→ 4.3.1).
s
γK
⇒ vl =
mit Adiabatenkoeffizient γ
ρ
Dabei gilt: y(x, t) = f (x − vt), wobei f die Form der
Welle berücksichtigt.
Beispiel Luft: K = P0 = 105 Pa, ρ0 = 1.3 kg m−3 ,
γ = 1.4 ⇒ vl = 340 m/s
Eine transversale Welle, die sich in einem Festkörper
ausbreitet führt zu Scherung (Scherwelle), die in einem Masseelement dm zu einer rücktreibenden Kraft
dF = dτ A führt.
Versuch: Messung der Schallgeschwindigkeit in Luft
über Messung der Zeitdifferenz, in der ein kurzes Geräusch in zwei Mikrophonen im Abstand von einem
Meter aufgenommen wird (∆t ≈ 2.9 ms).
Mit der Näherung für kleine Amplituden ist die
∂y
Scherung γ ≈ tan γ =
∂x t
Für konstante Zeit t ist: dγ =
⇒ dτ = G dγ = G
∂2y
∂x2
dx
Zahlenwerte für vl in [m/s] bei 20◦ C:
∂2y
dx
∂x2
Al
5110
Glyzerin
1923
Pb
Stahl
1200 5100
Wasser Luft
1483 340
p
Dabei ist vt = G / E vl
mit Schermodul G
Die rücktreibende Kraft beschleunigt dabei das Masseelement dm = ρ dV = ρ A dx. Mit dF = dτ A
∂2y
∂2y
⇒ Bwgl.: A G 2 dx = ρ A dx 2
∂x
∂t
Granit
4000
≈ 0.6 vl
Die Materialgrößen Elastizitätsmodul E und Schermodul G werden so auch durch Messung der Schallgeschwindigkeiten präzise bestimmt.
Aus der Lösung der Bewegungsgleichung folgt mit
y(x, t) = f (x − vt) für die eindimensionale Ausbreitung einer transversalen Anregung:
∂y 2
Glas
Holz
5400 3800
Helium
971
Alle Wellen der Form y (x, t) = f (x − v t) sind Lösungen der Wellengleichung.
∂2y
⇒ Wellengleichung:
= v2 2
∂t2
∂x
s
G
mit vt =
ρ
Spezialfall: Sinusförmige (harmonische) Wellen
Mit Wellenlänge λ, Periode T und Amplitude A:
2π
(x − v t)
⇒ y(x, t) = A sin
λ
Ausbreitungsgeschwindigkeit vt einer Scherwelle im
Festkörper
21
= A sin
2π
2π v
x−
t
λ
λ
- Quelle bewegt sich um vq ∆t weiter
⇒ Abstand ∆x zwischen 1. und ∆N . Wellenberg in
Bewegungsrichtung der Quelle:
D.h. für periodische Wellen Periodizität im Raum:
Für t = konst. y(x, t0 ) = y(x + λ, t0 )
∆x = (vl − vq ) ∆t
und Periodizität in der Zeit:
Für x = konst. y(x0 , t) = y(x0 , t + T )
⇒ Vor der Quelle ist die Wellenlänge:
(vl − vq ) ∆t
vl − vq
∆x
=
=
∆N
∆N
f0
vq
vl
= λ0 1 −
mit λ0 =
vl
f0
vq
Analog hinter der Quelle: λn = λ0 1 +
vl
λv =
2π
Mit Kreisfrequenz ω =
= 2π f
T
2π
λ
schreibt sich y(x, t) = A sin(k x − ω t)
und Definition einer Wellenzahl k ≡
Eingesetzt in die Wellengleichung:
∂2y
= −A ω 2
∂t2
∂2y
= −A k2
∂x2
∂2y
mit
= v2
∂t2
Mit f = vl /λ
fv =
sin(k x − ω t)
fn =
∂2y
ω2 ω
2π f
⇒ v2 = 2 ;
=
2
∂x
k
k
2π / λ
Beispiel: Vorbeifahrendes Martinshorn
f0
< f0
1 + vq /vl
q nähert sich b
q entfernt sich von b
2) Beobachter bewegt sich mit vb und vq = vm = 0.
Bewegt sich der Beobachter auf die Quelle zu, ist für
ihn die Geschwindigkeit der Welle: vl + vb
vl + vb
vb
fz =
= f0 1 +
> f0
λ0
vl
⇒ v=fλ
D.h. die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist gleich Frequenz mal Wellenlänge.
Beispiel: Elektromagnetische Wellen – schwingende,
magnetische und elektrische Felder (transversale, periodische Sinuswellen)
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Vakuum ist die
Lichtgeschwindigkeit ⇒ c = f λ
2.6.4
f0
> f0
1 − vq /vl
sin(k x − ω t) ;
Entfernt sich b von q ergibt sich demnach:
vb
fω = f0 1 −
< f0
vl
Für die von b detektierte Frequenz ergibt sich im allgemeinen Fall bei Bewegung von Quelle und Beobachter aus Zusammenfassung von 1) und 2):
Dopplereffekt
C. Doppler formulierte 1842 das Dopplerprinzip um
(1 ± vb /vl )
fb = f0
eine Erklärung für die unterschiedlichen Farben der
(1 ∓ vq /vl )
Sterne zu haben (relativist. Dopplereffekt). 1845 gelang Buys-Ballot der experimentelle Nachweis des Prin- Dabei oberes Vorzeichen, wenn q und b sich annähern
und unteres Vorzeichen, wenn q und b sich voneinanzips auch beim Schall.
der entfernen.
Versuch: Bewegt sich eine Schallquelle relativ zum
Beobachter, nimmt der Beobachter eine veränderte Fre- 3) Medium bewegt sich mit vm (z.B. Wind)
⇒ vl ersetzen durch ~vl + ~vm .
quenz (fb 6= f0 ) wahr (Schallgeschwindigkeit vl ).
Dabei drei Beteiligte: Schallquelle (Pfeife) q - Medium (Luft) m - Beobachter (Mikrophon/Ohr) b
4) vq ≥ vl (z.B. Überschallflugzeug)
⇒ keine Wellen vor der Quelle
Man unterscheidet die Fälle:
Wellenberge addieren sich hinter der Quelle auf:
⇒ Stoßwelle, die bei Schallwellen als Überschallknall
wahrgenommen wird.
1) Quelle bewegt sich (vq > 0) im ruhenden Medium
(vm = 0) bei ruhendem Beobachter (vb = 0)
Wird die Geschwindigkeit der Quelle größer als die
Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen bildet sich
ein Mach’scher Kegel aus (E. Mach 1838-1916).
Während einer Zeitspanne ∆t:
- Quelle sendet ∆N = f0 ∆t Wellenberge aus
- Jeder Wellenberg bewegt sich um vl ∆t weiter
22
Dabei gilt: sin Θ =
1
vl
=
vq
Mach-Zahl
D.h., die Saite eines Musikinstrumentes verändert ihren Ton bei gegebenen L durch Veränderung von σ
(Stimmvorgang), bzw. durch Änderung von L (Abgreifen).
Beispiel: Nachweisgrenze des menschlichen Ohres
Hörbarer Schall: 16 Hz < f < 16 kHz mit maximaler
Empfindlichkeit bei 1 kHz (Baby Geschrei).
In 2-dim: Chladni’sche Klangfiguren. Versuch: Erzeugung von Eigenschwingungen auf einer horizontalen
Platte durch einen Violinbogen. Sandkörner auf der
Platte werden durch Eigenschwingungen hin- und hergeschüttelt und häufen sich so auf den nicht schwingenden Knotenlinien an. (Veränderungen des Knotenlinienmusters durch Änderung der Randbedingungen)
Film F14: Kondensation von Wasserdampf durch die
Stoßwelle eines Überschallflugzeuges
Dopplereffekte treten auch bei Wasserwellen auf, z.B.
bei Bugwellen von Schiffen. Versuch: Erzeugung von
periodischen Wasserwellen auf der Wasseroberfläche
einer Wellenwanne mittels eines Punkttupfers. Beobachtung: Horizontale Bewegung des Punkttupfers führt
zu unterschiedlichen Wellenlängen λ der Wasserwellen vor und hinter der Quelle. Wird die Geschwindigkeit des Punktupfers größer als die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wasserwellen: Ausbildung eines
Mach’schen Kegels.
2.6.5
Überlagerung von Wellen
Analog: Kundt’sche Staubfiguren. Versuch: In einem
mit ein wenig Korkmehl gefülltem, einseitig verschlossenem Glasrohr werden mit einer Pfeife stehende Wellen angeregt. Beobachtung: Das Korkmehl häuft sich
in den Knoten an.
Eine stehende Welle lässt sich auch mittels dem Ruben’schen Flammenrohr zeigen. Versuch: Ein Rohr mit
einer Reihe kleiner Löcher trägt in der Mitte einen Anschluss für Propangas. Über einen Lautsprecher werden im Rohr stehende Wellen angeregt. Nach Entzünden des Gases bilden sich die stehenden Schallwellen
im Rohr auf der Flammenreihe ab.
Im Allgemeinen gilt: Bei Reflexion an der Grenze zwischen zwei Medien unterschiedlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit mit v1 > v2 , ist die Reflexion nicht
vollständig und es kommt auch zu Transmission.
Versuch: Reflexion einer Torsionswelle an einem festen Ende. Beobachtung: Die Auslenkung wird am festen Ende gespiegelt reflektiert.
Sind beide Enden fest eingespannt, z.B. bei der Saite eines Musikinstrumentes gilt für die Frequenz der
Schwingung der Saite: f = v/λ
Länge der Saite: L
Anwendung Ultraschall: Ausgesandte Ultraschallpulse werden an Grenzflächen von Bereichen unterschiedlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit reflektiert.
λ
2
(n = 1, 2, 3 ...)
⇒L=n
n = Anzahl der
“Bäuche”
Dabei ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit v =
mit der Zugspannung σ
r
Bei Reflexion an einem Medium mit niedriger Ausbreitungsgeschwindigkeit v2 kommt es nicht zu dem
bei der Reflexion am festen Ende (v1 → ∞) beobachteten ”Phasensprung”.
σ
ρ
Versuch Torsionswellenmaschine: Reflexion einer Torsionswelle am oberen Ende, einmal fest eingespannt,
einmal frei schwingend
p
σ/ρ
2L
Mit λ =
⇒ f =n
n
2L
23
2.6.6
gT
2π
Für 2r λ, d.h. für kleine Amplitude kann die Wasserwelle als Sinuswelle betrachtet werden:
Wasserwellen
⇒ Ausbreitungsgeschwindigkeit vw =
Während die bisher behandelten Dichte- und Scherwellen Raumwellen sind, sind Wasserwellen Oberflächenwellen.
Mit vw = λ f ⇒ T = λ/vw
r
gλ
⇒ vw =
2π
(z.B. typische Dünungswellen:
λ = 50 m, T = 6 s, vw = 30 km/h)
Für die Beschreibung ihrer Ausbreitung können in guter Näherung vernachlässigt werden:
- Oberflächenspannung für λ > 0.05 m
- Reibung
- Dichte und kinetische Energie der Luft
- Wirbelbildung
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt von der Wellenlänge ab. In diesem Fall spricht man von Dispersion. Dispersion, d.h. verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten für die unterschiedlichen Partialwellen einer einmaligen Störung, führt zu räumlichen und
zeitlichen Auseinanderlaufen des Wellenpakets, also
zu einer Abnahme der maximalen Amplitude.
⇒ Einzige wirkende Kraft: Gewichtskraft FG
Versuche im Wellenkanal zeigen: Auch Wasserwellen
transportieren Energie aber keine Materie. Die Wellenausbreitung erfolgt über Kreisbewegungen einzelner Wasserteilchen um ihre Ruhelage. An der Oberfläche ist der Kreisbahndurchmesser 2r gleich dem
Höhenunterschied zwischen Wellenberg und Wellental.
Beispiel: Wellenpaket an Schwerewellen, das durch
ein Seebeben (breite Verteilung an Wellenlängen) ausgelöst wurde, richtet nur nahe des Epizentrums großen
Schaden an.
Ist die Wassertiefe h größer als die Wellenlänge λ
→ Schwerewellen (z.B. Dünungswellen)
Ist die Wellenlänge groß gegen die Wassertiefe gilt eine Flachwasser-Näherung. Experimente im Wellenkanal zeigen dann für die Ausbreitungsgeschwindigkeit:
√
vw = g h
Beobachtungen: Bewegung der Wasserteilchen nimmt
exponentiell mit dem Abstand von der Oberfläche ab.
An der Oberfläche ist die Kreisbahngeschwindigkeit
der Wasserteilchen vk = 2π r/T .
d.h. vw ist unabhängig von der Wellenlänge.
Beispiel: Tsunami
Ein Wellenpaket aus Wellen großer Wellenlänge breitet sich dispersionsfrei mit hoher Geschwindigkeit aus
(kein Auseinanderlaufen) → Flutwelle.
Breitet sich die Welle mit vw fort, so sieht ein mit der
Welle mitschreitender Beobachter Wasserteilchen im
Wellental mit
2π r
v1 = vw +
T
und im Wellenberg mit
2π r
v2 = vw −
T
bewegen. Für die Differenz der kinetischen Energien
ergibt sich:
4 π r vw m
m 2
(v1 − v22 ) =
∆Ekin =
2
T
Zahlenbeispiel: Wellenlänge 200 km, mittl. Tiefe 4 km
⇒ vw ≈ 700 km/h, Periode 1000 s
Die Abnahme der potenziellen Energie von Wellenberg zu Wellental ist :
∆Epot = m g 2r
Für ∆Epot = ∆Ekin :
m g 2r =
4 π r vw m
T
24
3 Optik
Spektrum elektromagnetischer Wellen (c = f λ):
f [Hz]
Optik ist die Lehre von Lichtstrahlen, die wir mit unseren Augen wahrnehmen können.
<
107
108
109
1010
1011
1012
1013
1014
1015
1016
1017
1018
1019
1020
> 1021
3.1 Eigenschaften von Lichtstrahlen
Lichtstrahlen bestehen aus elektromagnetischen Wel~ ein erlen. Ein zeitlich veränderliches Magnetfeld B
~ (Induktionsgesetz). Ein
zeugt ein elektrische Feld E
~
zeitlich veränderliches E Feld erzeugt wiederum ein
~
magnetisches Feld B.
Einfaches Bild: Bewegte Ladungen erzeugen ein zeitlich variierendes elektrisches Feld, welches wiederum
ein magnetisches Feld erzeugt.
x
e
-
x
Bezeichnung
Langwelle
Mittelwelle
TV, UKW
Erzeugung
Antenne
Kurzwelle
Mikrowellen Klystron
Infrarot
Licht
Ultraviolett
Röntgenstrahlung
Gammastrahlung
Gitterschwingungen,
Wärmestrahlung
Übergänge zwischen Niveaus von Valenzelektronen
Übergänge zwischen inneren Schalen der Atome,
Bremsstrahlung
Übergänge in Atomkernen
z
z
y
λ
Entlang der Achse der Schwingung der Ladung (z.B.
Elektron) entsteht ein elektrisches Feld, das ein magnetisches Feld induziert, welches in einer Ebene senkrecht zu der des elektrischen Feldes schwingt und um
einen Phasenwinkel π2 verschoben ist. Elektromagnetische Welle sind transversale Wellen.
~ x sin (kz − ωt)
E(z, t) = E
Für periodische Schwingungen ist der Zusammenhang
zwischen Wellenlänge λ und Wellenzahl k:
k λ = 2π
E = h f = h̄ ω
(h̄ =
Für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum gilt:
1
µ0 : magn. Feldkonstante
c= √
µ0 ε0
ε0 : Dielektrizitätskonstante
εr : relative Dielektrizitätskonst.
µR : relative Permeabilität
Dabei berücksichtigt εr die Polarisation der Moleküle
im elektrischen Feld, was zu einer Abschwächung des
Feldes führt (εr > 1). µr berücksichtigt die Ausrichtung magn. Momente im magn. Feld (atomare magn.
Momente). Für durchsichtige (Absorption klein), diaund paramagnetische Stoffe ist µr ' 1.
√
⇒ cmat = c/n ' c/ εr
Zwischen Kreisfrequenz ω, Frequenz f , Wellenlänge
λ, der Energie E der Quanten (Photonen) und der
Lichtgeschwindigkeit c bestehen die Relationen.
ω = 2π f
Licht wird in der Regel durch Anregung von Atomen
erzeugt: u.a.
- Gasentladung (Spektralfarben)
- Erhitzung von Materialien (Glühlampe)
- Laser (light amplification by stimulated emission of
radiation)
In Materie gilt:
1
cmat = √
µr µ0 εr ε0
~ y cos (kz − ωt)
B(z, t) = B
c = λf
106
h
)
2π
Mit den Naturkonstanten:
Plank’sches Wirkungsquantum h = 4.14 · 10−15 eV s
Vakuumlichtgeschwindigkeit c = 2, 9979 · 108 m/s
n bezeichnet man als Brechungsindex. D.h. die Geschwindigkeit des Lichts in Materie ist kleiner als die
Vakuumlichtgeschwindigkeit.
Sichtbares Licht sind elektromagnetische Wellen mit
Wellenlängen im Bereich von 390 nm bis 790 nm (3.8·
1014 Hz bis 7.7 · 1014 Hz). Dies entspricht Energien
der Photonen im Bereich von etwa 1.6 eV bis 3.2 eV.
Versuch: Ein Lichtblitz wird durch einen 2 m langen
Plexiglaszylinder und durch Luft geschickt, am oberen Ende gespiegelt und unten detektiert. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Plexiglas ist cplex ' 0.7c
Versuch: Der Lichtstrahl einer Glühlampe wird in einem Prisma gebrochen. Beobachtung: Das natürliche
Licht (dito Glühlampe etc.) besteht aus vielen Wel-
25
lenlängen, die mit Hilfe von Prismen in die verschiedenen Farben zerlegt werden kann.
Beobachtung: Einfallwinkel gleich Ausfallwinkel
Die Laufzeit des Lichtstrahls beträgt t(x) = L(x)/c,
wobei L = l1 + l2 . Da sich das Medium in dem sich
der Lichtstrahl von Punkt A nach Punkt B bewegt
nicht ändert gilt t(x) ist minimal, wenn l(x) minimal
ist.
p
√
L(x) = a2 + x2 + b2 + (d − x)2
εr hängt von λ ab ⇒ n → n (λ)
blaues Licht: 400 nm (0.4 µm)
rotes Licht: 780 nm (0.78 µm)
Brechungsindizes für λ = 589 nm (gelbe Na Linie)
Vakuum
Luft
Wasser
Glas n ∼ 1.4 - 2.9 (Sorte)
Plexiglas n = 1.49
Diamant n = 2.42
n = 1 (exakt)
n = 1.00029
n = 1.33
Ableitung:
dL
2x
2x − 2d
1
1
= √
+ p
dx
2 a2 + x2 2 b2 + (d − x)2
Versuche:
dL
=0
dx
x
d−x
d−x
⇒
= p
=
2
2
l
l2
b + (d − x)
1
→ Licht wirft Schatten → Abbildung von Gegenständen (geometrische Optik)
Minimum für
→ Werden die Strukturen vergleichbar mit der Wellenlänge des Lichts (Spalt, Lochblende) kommt
es zu Interferenz- und Beugungseffekten (Wellenoptik)
p
x
a2
+ x20
Dabei ist sin θ1 =
d−x
x
und sin θ2 =
l1
l2
⇒ Für die Reflexion an einer Oberfläche:
3.2 Reflexion und Brechung
Reflexionsgesetz: sin θ1 = sin θ2 ⇔ θ1 = θ2
Trifft ein Lichtstrahl auf eine Grenzfläche zweier Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes n1 6= n2 ,
wird ein Teil des Lichtes reflektiert, ein Teil gelangt in
das Medium mit n2 (vgl. mechanische Wellen). Trifft
der Lichtstrahl nicht senkrecht auf die Grenzfläche ändert sich die Richtung des Lichtstrahls (Brechung).
Anwendungsbeispiel: Reflexion an zwei Planspiegeln
β
β
β
Versuch: Reflexion und Brechung eines Laserstrahles
an einer Wasseroberfläche.
α
θ
γ
α
β
α
Beschreibung dieser Phänomene mit Hilfe des Fermat’schen Prinzips:
Die Laufzeit des Lichts zwischen zwei Punkten ist minimal (nicht der Weg).
D.h. auch, dass sich Lichtstrahlen in einem optisch homogenen Medium geradlinig ausbreiten.
ϕ
Für den Ablenkwinkel ϕ gilt:
ϕ = 2 α + 2 β = 2 (180◦ − γ) = 360◦ − 2 γ
3.2.1
⇒ Der Ablenkwinkel ϕ ist unabhängig vom Einfallswinkel θ , d.h. eine genaue Orientierung des Spiegelpaares ist nicht notwendig.
Reflexion
Versuch: Reflexion an einem Spiegel
.B
A
Für γ = 90◦ ⇒ ϕ = 180◦ ergibt sich ein Reflektor
.
θ1
0
b
l2
l1
a
θ2
d
26
3.2.2
Brechung
n1
Erklärung der Brechung mit dem Fermat’schen Prinzip: Ist n2 > n1 , ist die Lichtgeschwindigkeit c2 <
c1 . D.h. der Weg im dichteren Medium ( n2 ) ist kleiner als im dünneren Medium ( n1 ).
z.B. Wasser
θ1
n2 < n1
θ2
n2 z.B. Luft
A
Für die Grenzfläche Wasser – Luft (Versuch) ergibt
sich ein kritischer Winkel für die Totalreflexion von:
1
sin θ1 =
⇒ θ1 = 48◦
1.33
n1
a
θ
1
x
d
Damit kann ein Laserstrahl durch einen gekrümmten
Wasserstrahl geschickt werden (Versuch).
n2
θ
2
b
Anwendungsbeispiel: Lichtleiter (Versuch)
Ein Laserstrahl kann durch einen Lichtleiter mit Knoten geschickt werden (Glasfaserkabel).
B
Herleitung des Brechungsgesetzes:
l1
l2 n2
l2
l1 n1
+
+
=
c1
c2
c
c
p
p
⇒ c t(x) = n1 a2 + x2 + n2 b2 + (d − x)2
t =
3.3
3.3.1
dt
x
x−d
= n1 √
+ n2 p
2
2
dx
a +x
b2 + (d − x)2
Minimum für t(x) für
dt
=0
dx
d−x
x
= n2 p
n1 √
a2 + x2
b2 + (d − x)2
⇒
f
d−x
x
= n2
l1
l2
Mit sin θ1 =
Hohlspiegel
Konkaver, sphärischer Spiegel, der einem parallel zur
optischen Achse einfallenden Lichtstrahl im Brennpunkt F fokusiert.
Ableitung:
c
Optische Abbildungen
r
d−x
x
und sin θ2 =
folgt das
l1
l2
Brechungsgesetz: n1 sin θ1 = n2 sin θ2
Aufgrund des Reflexionsgesetzes gilt für den Brennpunkt: f = 21 r , wobei r der Krümmungsradius des
Spiegels ist.
Spezialfall: Totalreflexion
Brechung an einer Grenzfläche mit n2 < n1
Versuch: Das Licht einer Bogenlampe wird im Brennpunkt eines Hohlspiegels fokussiert. Die Energiedichte im Fokus reicht aus um ein Streichholz zu entzünden.
Für den Brechungswinkel im Medium n2 ergibt sich:
n1
sin θ2 =
sin θ1
n2
n2
Für sin θ1 =
ist sin θ2 = 1 ⇒ θ2 = 90◦
n1
D.h. der einfallende Lichtstrahl kann nicht in Medium
n2 eindringen und es kommt zu Totalreflexion.
Anwendung von Hohlspiegeln in der Astronomie zur
Abbildung und Vergrößerung von Sternen.
27
Versuch: Dispersion verschiedener Prismen
γ
A
λ = 700 nm (rot)
F
B
λ = 500 nm (blau)
n
Brechungsindizes für Kronglas
a
b
f
B ist der Schnittpunkt zweier Lichtstrahlen von Punkt
A. D.h. in B ist die Abbildung scharf und die Intensität durch den größeren Raumwinkel, über den der
Hohlspiegel das Licht sammelt, ebenfall größer. Aus
geometrischen Gründen ergibt sich der Abbildungsmaßtab (Vergrößerung) Γ zu:
λ(nm)
n
blau
486
1.5157
gelb
590
1.5100
rot
656
1.5076
Der Brechungsindex n(λ) eines Materials kann so
über die Messung der Winkel bestimmt werden.
3.3.3
f
b
Γ= =
a
a−f
3.3.2
Farbe
Linse
Bei einer Lochkamera (Versuch) wird die Abbildung
mit kleinerem Blendendurchmesser schärfer. Problem:
Die Helligkeit nimmt ebenfalls ab.
Prisma
Prismen sind dreikantige Glaskörper und werden zur
Ablenkung von Strahlen und zur Zerlegung des Lichts
in seine Farben verwendet.
γ
α1
Blende
α2
β1
Bild
Gegenstand
ϕ
β2
n
Bei der Abbildung von Gegenständen über Linsen werden die Lichtstrahlen fokussiert.
γ = 180◦ − (90◦ − β1 ) − (90◦ − β2 )
γ = β1 + β2
An den beiden Grenzflächen gelten die Brechungsgesetze sin α1 = n sin β1 und sin α2 = n sin β2
Für den Ablenkwinkel ϕ folgt:
ϕ = (α1 − β1 ) + (α2 − β2 ) = α1 + α2 − γ
Gegenstand
Linse
Der Ablenkwinkel wird minimal, wenn α1 = α2 ⇒
β1 = β2 = γ/2
Aufgrund der Abhängigkeit des Brechungsindex n von
Herleitung der Abbildungsgleichung einer Linse über
der Wellenlänge λ wird natürliches Licht in seine Spekdas Brechungsgesetz:
tralfarben zerlegt. Bei normaler Dispersion nimmt n(λ)
Brechung an der ersten Oberfläche: sin θ1 = n sin θ3
mit zunehmenden λ ab. D.h. dn/dλ < 0
28
Für achsennahe Strahlen gilt: sin θ ' θ
Brechkraft ist Dioptrie (1 dpt = 1 m−1 )
⇒ θ1 = n θ3
Verschiedene Linsentypen:
θ1 = α + β und β = θ3 + γ
h
h
h
α= ;β=
;γ= 0
a
r1
b
Sammellinsen
bikonvex: r1 > 0 ; r2 < 0
konvex-konkav: r2 > r1 > 0
n=1
h
Streulinsen
bikonkav: r1 < 0 ; r2 > 0
konkav-plan: r1 < 0 ; r2 = ∞
n>1
θ3
θ1
r1
γ
β
A
Versuch: Kombination von Linsen
Beobachtung: Für die Kombination von zwei Linsen
gilt:
1
1
1
=
+
f
f1 f2
B’
a
b’
h
h
h
h
+
= n −n 0
a r1
r1
b
1 n
1
⇒
+
= (n − 1)
a b0
r1
Aus θ1 = n θ3 folgt:
θ2
n>1
wobei die Brennweiten für Sammellinsen ein positives und für Streulinsen ein negatives Vorzeichen haben (Herleitung analog zu Abbildungsgleichung einer
dünnen Linse mit zwei gekrümmten Flächen).
n=1
Abbildungsfehler von Linsen:
θ4
γ
δ
Versuch: Linsenfehler für randnahe und achsenferne
Strahlen
Beobachtung: Achsenferne Strahlen werden nicht im
Brennpunkt fokussiert. Dies führt zu sphärischen Aberrationen (Verringerung des Effekts mit Blenden).
Ursache: Paraxiale Näherung bei der Herleitung der
Abbildungsgleichung für sphärische Linsen.
B
b
b"
B’
Für die Brechung an der zweiten Oberfläche gilt:
sin θ2 = n sin θ4
Linsenfehler - Farbfehler
Die Abbildungen von scharfen Linien zeigen Regenbogenfarben. Dies führt zur chromatischen Aberration.
Ursache: blaues Licht wird stärker gebrochen als rotes (Abhilfe durch Kombination von Linsen mit unterschiedlichen Brechungsindex).
Für paraxiale Strahlen: θ2 = n θ4
θ2 = Φ + δ ; θ4 = Φ + γ
k
k
k
Φ=
; δ = ; γ = 00
r2
b
b
Aus θ2 = n θ4 folgt:
⇒
k
k
k
k
+ =n
+ n 00
r2
b
r2
b
n
1
1
−
= (n − 1)
b b00
r2
3.3.4
Konvention: Der Radius der zweiten Oberfläche hat
ein negatives Vorzeichen, da die Krümmung entgegengesetzt zur ersten Oberfläche ist.
Zusammenfassend gilt für die Brechung an einer dünnen Linse (b0 = b00 ) in paraxialer Näherung:
1 1
1
1
1
+ = (n − 1)
−
=
a b
r1
r2
f
Beispiel: a = ∞ , r1 = −r2 = r , n = 2
r
1 r
=
⇒ f=
n−1 2
2
1/f bezeichnet man als Brechkraft. Die Einheit der
29
Menschliches Auge
Die Brennweite f der Augenlinse (Brechungsindex
n = 1.4 für grünes Licht, λ = 550nm) kann mit Hilfe
des Ciliarmuskels zwischen ∼ 19 mm und ∼ 22 mm
verändert werden. Damit können Gegenstände im Abstand zwischen ca. 100 mm und unendlich, scharf abgebildet werden. Im Abstand a ' 250 mm ist der
Muskel in Ruhe.
von der Lupe. Durch die Lupe erscheint im Auge ein
virtuelles Bild der Größe y 0 unter dem Sehwinkel
σm =
y0
y
= .
0
a
a
Die Vergrößerung Γ eines optischen Instruments ist
definiert als:
Kurzsichtig: Das Auge fokussiert die Lichtstrahlen so
stark, dass das Bild eines weit entfernten Gegenstandes vor der Retina liegt.
Abhilfe: Brille (Streulinse mit f < 0). In der Regel wird aus Gründen der Gewichtsersparnis ein sogenanntes Minusglas verwendet, dass als Streulinse
dient.
Γ =
Größe mit Auge und Instrument
y0
=
Größe mit Auge
y
Die Normalvergrößerung Γ0 einer Lupe erhält man,
wenn man das Bild im Unendlichen betrachtet.
⇒ Der ideale Abstand Gegenstand-Lupe ist gleich
der Brennweite der Lupe.
Weitsichtig: Nahe Gegenstände können nicht auf die
Retina fokussiert werden (z.B. erreicht die Brennweite des Auges 19 mm nicht mehr).
Abhilfe: Brille (Sammellinse mit f > 0)
⇒ Γ0 =
250 mm
f
Typische Brennweite von Linsen für Lupen:
f = 62.5 mm ⇒ Γ0 = 4
Für größere Brennweiten werden größere Durchmesser der Linsen benötigt. Nachteil: Hohes Gewicht (Vgl.
Teleskop)
Im Ruhezustand hat das Auge eine Vergrößerung von
zirka:
250 mm
a
≈ 11
=
Γ =
fAuge
22 mm
Beispiel 3: Fernrohr (Versuch)
Die Lichtsensoren auf der Retina (ca. 125 Millionen
Rezeptoren) haben eine Größe von etwa 6 µm. Damit können Gegenstände, die größer sind als etwa 11·
6 µm = 66 µm , wahrgenommen werden.
Um feinere Details erkennen zu können, muss der Gegenstand näher an das Auge gebracht werden. Beim
Unterschreiten des Nahpunktes bei ∼ 100 mm kann
das Auge den Gegenstand nicht mehr scharf abbilden
→ Hilfsmittel wie Lupe oder Mikroskop.
Abbildung von Gegenständen, die sehr weit vom Betrachter entfernt sind. ⇒ Lichtstrahlen vom Objekt
treffen parallel auf die Objektivlinse auf (J. Keppler
1571-1630).
Das Keppler’sche Fernrohr erzeugt mit Hilfe einer Objektivlinse ein reelles Zwischenbild das nahe am Auge
mit einem Okular (ähnlich zur Lupe) vergrößert wird.
Objektiv
Beispiel: Lupe
Okular
σ0
y’
σm
y’
y
σm
fObj
fOku
Die Vergrößerung wird erreicht durch eine Vergrösserung des Betrachtungswinkels σ0 → σm
a
a’
y0 ∼
y0 ∼
= σ0 und tan σm =
= σm
fobj
foku
Mithilfe einer Sammellinse kann die Brennweite verkleinert werden.
tan σ0 =
1
1
1
=
+
0
f
fAuge fLupe
Die Vergrößerung des Fernrohres ist dann:
Γ=
und Gegenstände können näher am Auge scharf abbgebildet werden. Gegenstand y im Abstand a < f
fobj
σm
=
σ0
foku
D.h. große Vergrößerung mit einem Objektiv großer
30
Brennweite und einem Okular kleiner Brennweite.
D.h. für die beiden Lichtwellen: Wellen gleicher Wellenlänge können sich auslöschen oder verstärken. Bei
destruktiver Interferenz ist der Gangunterschied ∆ aufgrund einer Phasenverschiebung ∆Φ oder eines Weglängenunterschiedes ∆s ein ungerades Vielfaches von
λ/2 (∆ = (2m + 1)λ/2 mit m = 1, 2, 3...)
Beipiel: Größtes Fernrohr (Linsenteleskop) von der
University of Chicago
Objektiv mit Durchmesser 102 cm und f = 19.5 m
Okular mit f = 10 cm ergibt eine Vergrößerung von
Γ = 195
Bei konstruktiver Interferenz ist ∆ ein Vielfaches von
λ (∆s = m λ).
3.4 Wellenoptik
Voraussetzungen für Interferenz:
3.4.1
- Gleiche Wellenlänge
Interferenz
- Phasenverschiebung muss konstant bleiben.
(Kohärenzlänge eines Lasers ca. 100 m bis 2 km;
einer Spektrallampe ca. 20 cm bis 80 cm)
Beobachtung: Werden die Strukturen (Spaltbreite) vergleichbar mit der Wellenlänge λ des Lichts kommt es
zu Interferenz- und Beugungseffekten und es treten
Nebenmaxima auf. Ursache ist die Wellennatur des
Lichts.
Beispiele für Interferenz:
Lichtwellen sind transversale, elektromagnetische Wel~ ⊥B
~ ⊥ ~z.
len mit E
~ =E
~ 0 sin (k z − ω t − Φ)
E
~ 0 sin 2π (z − c t) − Φ
=E
λ
a) Michelson-Interferometer (A. Michelson 18321931)
Interferenz zweier Wellenzüge der Wellenlänge λ0
~ =
Eine Lichtquelle emitiert kohärentes Licht mit E
~ 0 sin(k z − ω t − Φ).
E
Ein halbdurchlässiger Spiegel erzeugt zwei Lichtquellen mit Φ1 = Φ2 = 0 (d.h. ∆Φ = 0) und ω1 = ω2
aber unterschiedlichen Laufwegen s1 und s2 .
~ 0 ist die Amplitude der Schwingung des E
~ - Feldes.
E
Die Wellenlänge λ gibt die Periode der Schwingung
vor, c ist die Lichtgeschwindigkeit der Lichtwelle, z
die Ausbreitungsrichtung und Φ ihre Phase (Wir be~ da B
~ direkt mit E
~ verknüpft ist und B
~
trachten nur E,
eine kleine Amplitude hat).
Versuch: Durch Änderung der Weglänge s2 (Änderung des Spiegelabstandes von Spiegel 2 z.B. mit einer Mikrometerschraube) ändert sich die Helligkeit
am Bildschirm.
Für die Addition von Lichtwellen, gilt analog zu mechanischen Wellen das Superpositionsprinzip:
~ - Feldes am Ort P erDie Gesamtamplitude des E
gibt sich durch lineare, phasenrichtige Addition aller
ankommenden Amplituden.
verschiebbarer
Spiegel
Strahlteiler
Beispiel: Zwei Lichtwellen mit λ1 = λ2 und E10 =
E20 , deren Phase um den Gangunterschied ∆Φ =
Φ1 − Φ2 verschoben ist.
Laser
2
l1
fester
Spiegel
Glas
E1(t)
0
Schirm
∆
l2
Anwendungen:
E2(t)
→ Bestimmung der Wellenlänge
0
→ Über die Einbringung von Materialien in einen
Laufweg kann deren Brechungsindex bestimmt
werden.
λ
z
31
D.h. für einen Gangunterschied von ∆ = m λ nimmt
ein Beobachter Helligkeit wahr, für ∆ = (m − 12 ) λ
keine Intensität.
→ Interferenzmikroskop: Spiegel 1 ist eine glatte
Fläche hoher Güte, Spiegel 2 ein Prüfling. Das
Interferenzmuster zeigt Rauhigkeit und Oberflächenform der Oberfläche des Prüflings (Genauigkeit: ∆s ' λ0 /100 ' 1 nm).
Anwendung: Entspiegelung von Linsen
Versuch: Vergütete Glasplatte. Beobachtung: Reflexion nimmt bei vergüteter Glasscheibe im Vergleich deutlich ab und die Transmission nimmt zu.
b) Planparallele Platten
n=1
n=1.38
(MgF 2)
Beobachter
α α D
α
A
C
n= 1
n=1.5 (Glas)
α
Brechungsindex n
d
β
B
d
n= 1
Fällt eine Lichtwelle unter dem Einfallswinkel α auf
eine planparallele durchsichtige Platte mit dem Brechungsindex n und der Dicke d , wird ein Teil der
Welle reflektiert und ein Teil gebrochen. Die gebrochene Welle wird an der unteren Grenzschicht erneut
(teilweise) reflektiert und überlagert die direkt reflektierte Teilwelle.
Dies führt zu einem Gangunterschied ∆ zwischen
den reflektierten Teilwellen. Zusätzlich zum Wegunterschied muss die kleinere Ausbreitungsgeschwindigkeit
in der Platte berücksichtigt werden:
λ
∆ = n(AB + BC) − AD ; cm =
n
=
2nd
− 2 d tan β sin α
cos β
Aus dem Brechungsgesetz sin α = n sin β folgt mit
cos2 β + sin2 β = 1:
Aufgrund von d = 4λn hängt die Intensität des reflektierten Strahls von der Wellenlänge ab. Damit kann
ein Interferenzfilter realisiert werden, der z.B. grünes
Licht reflektiert, während er für rotes Licht durchlässig
ist (Versuch).
d) Newton’sche Ringe
Anwendung:
- Überprüfung von Planschliffen (bis auf Bruchteil einer Wellenlänge)
2 n d sin2 β
2nd
−
= 2 n d cos β
∆ =
cos β
cos β
q
= 2 n d 1 − sin2 β
= 2d
c) Interferenzfilter
Wenn eine optisch durchlässige Schicht auf einer spiegelnden Schicht aufliegt, beobachtet man Interferenzen, wenn die Auflage nicht perfekt ist (Versuch).
AD = sin α AC ; AC = 2 d tan β
p
Für kleine Einfallswinkel α (nahezu senkrechten Einfall) wird für eine Dicke d = 4λn der Gangunterschied
gerade λ2 (erneuter Phasensprung um λ2 , da die MgF2
einen kleineren Brechungsindex hat als das Glas).
⇒ keine reflektierte Intensität. Die gesamte Intensität
geht in den transmittierten Strahl (eine Vergütung erfolgt zumeist durch mehrere Schichten).
- Überprüfung von Linsenformen
1 2
λ
n2 − sin2 α +
2
n
Das λ2 kommt von dem “Phasensprung” um π bei
Reflexion am optisch dichteren Medium (vgl. fest eingespanntes Ende einer Saite bei mech. Wellen).
n
32
d
Phasensprung um π
e) Farben dünner Schichten (z.B. Ölfilme)
d sin θ = m λ
Bei Beleuchtung mit breitem Spektrum (natürliches
Licht, Glühlampe ...) kommt es zu Interferenzbedingungen für die unterschiedlichen Wellenlängen.
⇒ z.B. farbige Streifen, Muster
Destruktive Interferenz (Auslöschung) für:
λ
d sin θ = (2m + 1)
2
3.4.2
(m = 0, 1, 2, 3...)
θ
s1
Beugung
Huygens’sche Prinzip (C. Huygens 1629-1695):
d
Jeder Punkt, der von einer einfallenden Welle getroffen wird, ist Ausgangspunkt einer ausfallenden Kugelwelle mit gleicher Wellenlänge.
θ
θ
Versuch: Wasserwellen an einer Barriere mit einer schmalen Öffnung.
∆ s = d sin θ
s2
Für den Abstand ym des m-ten Interferenz-Maximums
am Bildschirm gilt:
ym
tan θ =
L
auslaufende Kugelwellen
gleicher Wellenlänge
Für kleine Winkel: tan θ ≈ sin θ mit d sin θ =
mλ
λL
ym = m
d
⇒ Der Abstand zwischen Maxima auf dem Bildschirm
ist konstant.
Versuch: Interferenz am Doppelspalt
Beobachtung: Es treten Nebenmaxima auf, deren Abstand auf dem Bildschirm konstant ist.
Intensitätsbetrachtung:
Für kleine Weglängenunterschiede gilt für die beiden
Wellenzüge:
P
y
E1 = A1 sin (ω t)
θ
d
E2 = A2 sin (ω t + Φ)
wobei für die Amplituden gilt: A1 = A2 = A0
Aus dem Superpositionsprinzip folgt für die Überlagerung
der beiden Wellenzüge:
Bildschirm
E = E1 + E2 = A0 sin (ω t) + A0 sin (ω t + Φ)
L
E = 2 A0 cos
1
2
1
Φ sin (ω t + Φ)
2
mit sin α+sin β = 2 cos ( 21 (α − β)) sin ( 21 (α + β))
Annordnung: Zwei Spalte S1 und S2 mit Abstand d.
Annahmen: Die Spaltbreite a ist klein gegenüber dem
Spaltabstand (Punktquellen) und der Spaltabstand ist
klein gegenüber dem Abstand zum Bildschirm L.
Dann gilt für den Beobachtungswinkel zum Punkt P
in guter Näherung: θ1 = θ2 = θ
⇒ für die Amplitude der resultierenden Welle:
A = 2A0 cos 21 Φ
Im Punkt P ist der der Gangunterschied ∆s zwischen
den beiden Kugelwellen:
∆s = d sin θ
Die Intensität I ist proportional zum Quadrat der Amplitude
I ∝ 4 A20 cos2 21 Φ
D.h. konstruktive Interferenz (Helligkeit) für:
I ist minimal für: Φ = m π
I ist maximal für: Φ = m 2 π
33
(m = 0, 1, 2, ...)
mit Φ =
2π
d sin θ
λ
gibt es ein Intensitätsmaximum bei m 2 π =
2π
d sin θ
λ
d.h. für d sin θ = m λ
Für kleine Winkel: tan θ ' sin θ mit a sin θ = λ :
Lλ
ymin =
a
D.h. über Messung der Winkel kann die Wellenlänge
oder die Spaltbreite präzise bestimmt werden.
Versuch: Beugung an verschiedenen Objekten (z.B.
dünner Draht, Loch 0.3 µm, Dreiecksloch...)
Beobachtung: Aus dem Beugungsbild kann die Größe
und Form von kleinen Objekten sehr genau bestimmt
werden.
Beugung am Einzelspalt
Versuch: Ein Laserstrahl fällt auf einen Einzelspalt der
Breite a ≤ λ. Beobachtung: Neben einem breiten Intensitätsmaximum in Vorwärtsrichtung treten weniger
intensive Nebenmaxima auf.
Auflösungsvermögen
I
-α λ/a
Die erreichbare räumliche Auflösung ist durch Beugung begrenzt: Zwei Punktquellen können unterschieden (aufgelöst) werden, wenn deren Beugungsscheiben (vgl. Beugung am Loch) soweit getrennt sind, dass
das Maximum 0ter Ordnung des ersten Objektes in
das erste Minimum des zweiten Objektes fällt (Kriterium nach Rayleigh).
λ/a
-λ/a
α λ/a
Versuch: Beugung an einer Lochblende mit Durchmesser D. Für die Position des ersten Minimums gilt
bis auf einen geometrischen Faktor (vgl. Beugung an
verschiedenen Objekten):
sinΘ
Das erste Minimum liegt bei sin θ = λ/a also wenn
für den Weglängenunterschied zweier Wellenzüge die
den Spalt an seinen beiden Enden verlassen gilt:
a sin θ = λ (vgl. Interferenz am Doppelspalt: Erstes
Maximum bei d sin θ = λ)
sin θmin ' λ/D
(analog zum Einzelspalt)
Für kleine Winkel: θmin ≈ λ/D
⇒ Das Auflösungsvermögen ist umso größer je kleiner die Wellenlänge λ ist und je größer der Blendendurchmesser D ist.
Typischerweise können Auflösungen in der Größenordnung der halben Wellenlänge erreicht werden. Für
Lichtwellen etwa 0.3 µm
θ
a/2
Für bessere Auflösung: Wellen mit kürzerer Wellenlänge (z.B. Röntgenstrahlung für die Untersuchung der
Struktur kondensierter Materie).
a
θ
3.4.3
Erklärung: Ist jeder Punkt entlang des Spaltes ein Ausgangspunkt einer Kugelwelle (Huygens’sches Prinzip)
kommt es zwischen jeweils zwei Wellenzügen, die ihren Ursprung im Abstand von a/2 am Spalt haben, zu
destruktiver Interferenz (Zu jedem Wellenzug aus der
einen Hälfte des Spaltes gibt es genau einen aus der
unteren Hälfte mit dem Wegunterschied ∆s = λ/2 =
a/2 sin θ).
Teilchenstrahlen
Die spezielle Relativitätstheorie zeigt, dass Energie E
und Masse m äquivalent sind. Es gilt:
E = m c2
Da sich Lichtquanten (Photonen) mit Lichtgeschwindigkeit c ausbreiten, kann man Ihnen die Masse:
hf
m= 2
c
und den Impuls:
Für den Abstand ymin vom zentralen Maximum zum
ersten Minimum auf einem Bildschirm in Abstand L
zum Spalt mit Breite a gilt:
p = mc =
tan θ = ymin /L
34
hf
h
=
c
λ
zuordnen. Umgekehrt kann einem Teilchen, z.B. Elektron oder Neutron, über seinen Impuls p eine Wellenlänge λt = h/p zugeordnet werden. Diesen Zusammenhang bezeichnet man als Welle-Teilchen Dualismus.
Allgemein gilt für den relativistischen Impuls eines
Teilchens:
m0
p~ = p
~v
1 − v 2 /c2
Dabei ist m0 die Ruhemasse des Teilchens. Ist die
Geschwindigkeit v der Teilchen klein gegenüber der
Lichtgeschwindigkeit, ergibt sich für die Wellenlänge
λt des Teilchens die de Broglie Wellenlänge:
λt =
h
m0 v
Beispiel: Ein Neutron fliegt mit der Geschwindigkeit
v0 = 1800 m/s (thermische Neutronen). Für seine Wellenlänge ergibt sich dann:
λn =
h
mn v0
=
6.626 · 10−34 J s
≈ 2 Å
1.675 · 10−27 kg 1800 m/s
D.h. Neutronen sind geeignet die Struktur der Materie
auf atomarer Ebene aufzulösen, da Atome in kondensierter Materie typischerweise Abstände von einigen
Angström (1 Å = 10−10 m) haben.
Beispiel: Bragg Reflexion an einem Si Kristall.
θ
d
θ
Ist der Gangunterschied zwischen reflektierten Teilwellen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge
kommt es zu konstruktiver Interferenz.
2 d sin θ = i λ
i = 1, 2, 3...
D.h. für eine gegebene Wellenlänge λ, ergibt sich unter einem Streuwinkel von 2θ Intensität (Bragg Reflex) wenn es in der Probe einen Netzebenenabstand:
iλ
gibt (Bragg Bedingung).
d=
2 sin θ
35
Literatur
Lehrbücher
• P. A. Tipler, G. Mosca, Physik für Wissenschaftler und Ingenieure, Spektrum Akademischer Verlag 2004
(ca. 1500 Seiten)
• W. Demtröder, Experimentalphysik 1 – Mechanik und Wärme Springer 2003 und Experimentalphysik 2 –
Elektrizität und Optik Springer 2004 (je ca. 500 Seiten)
• K. Lüders und R. O. Pohl, Pohls Einführung in die Physik – Mechanik, Akustik und Wärmelehre, Springer
2004 und Elektrizität und Optik Springer 2005 (je ca. 350 Seiten)
Formel- und Tabellensammlungen
• H. Kuchling, Taschenbuch der Physik, Hanser Fachbuchverlag 2004 (ca. 700 Seiten)
• H. Stöcker, Taschenbuch der Physik, Verlag Harri Deutsch 2004 (ca. 1000 Seiten)
Weitere Literatur
• H. Schulz, Physik mit Bleistift, Verlag Harri Deutsch 2004 (ca. 400 Seiten)
• T. Dorfmüller, W. Hering, K. Stierstadt, Bergmann–Schäfer: Lehrbuch der Experimentalphysik, de Gruyter 1998 (1 Band pro Semester, je ca. 900 Seiten)
• D. Meschede, Gerthsen Physik, Springer 2004 (ca. 1150 Seiten)
• H. Daniel, Physik 1 – Mechanik, Wellen und Wärme, de Gruyter 1997 (400 Seiten)
• K. Dransfeld, P. Kienle, G. M. Kalvius, Physik I – Mechanik und Wärme, Oldenbourg 2000 (ca. 400
Seiten)
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