SWS-Kongruenzsatz. SWS-Kongruenzsatz. Es seien A, B, C und A′ , B ′ , C ′ Punkte des R2 , s.d. weder A, B, C noch A′ , B ′ , C ′ auf einer Geraden liegen. Dann gilt: es gibt eine Isometrie I , mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ , genau dann wenn d(A, B) = d(A′ , B ′ ), d(A, C ) = d(A′ , C ′ ) und hBAC = hB ′ A′ C ′ . Ferner gilt: wenn diese Isometrie existiert, ist sie eindeutig. Beweis. In Richtung “=⇒” ist die Aussage fast offensichtlich: Wenn eine Isometrie mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ existiert, gilt d(A, B) = d(A′ , B ′ ), d(A, C ) = d(A′ , C ′ ). Wie wir in Vorl. 1 bewiesen haben (siehe Folgerung 3 dort), erhält die Isometrie das Skalarprodukt, also hA − B, A − C i = hA′ − B ′ , A′ − C ′ i. Ausserdem ′ ′ |A − B| = d(A, B) = |A′ − B ′ | und|A − C | = d(A, C ) = |A − C |. Dann hA−B,A−C i ist das Winkelmaß hBAC = arccos |A−B|·|A−C | gleich dem Winkelmaß ′ ′ ′ ′ hA −B ,A −C i hB ′ A′ C ′ = arccos |A ′ −B ′ |·|A′ −C ′ | . Wir beweisen jetzt in “⇐=”–Richtung. Nach dem Kosinussatz gilt |BC |2 = |AC |2 + |AB|2 − 2|AC ||AB| cos(hBAC ). Also, wenn |AC | = |A′ C ′ |, |AB| = |A′ B ′ | ( ⇐⇒ d(A, B) = d(A′ , B ′ ), d(A, C ) = d(A′ , C ′ )) und hBAC = hB ′ A′ C ′ , muss auch |BC | = |B ′ C ′ | gelten. Die Aussage folgt dann aus dem SSS-Kongruenzsatz. Kongruenzsatz für Winkel Kongruenzsatz für Winkel. Zwei nicht-triviale Winkel sind genau dann kongruent wenn die Winkelmaße gleich sind. Ferner gilt: es existieren genau zwei Kongruenzen, die einen nicht-trivialen Winkel in einen gleichweiten Winkel überführen. Beweis. Beweis in Richtung “=⇒” ist wie beim Kongruenzsatz oben: Isometrie erhält Skalarprodukt; Winkelmaß ist nur mit Hilfe von Skalarprodukt definiert; also erhalten die Isometrien auch Winkelmaß. Wir zeigen jetzt die “⇐=”–Richtung. Die Winkel seien gegeben durch A, v , u bzw- A′ , v ′ , u ′ . Die Vektoren v , u sind bis auf einen positiven Faktor definiert; deswegen können wir oBdA annehmen, dass |u| = |v | = |u ′ | = |v ′ | = 1. Dann existiert nach SWS-Kongruenzsatz eine Isometrie mit A 7→ A′ , A + v 7→ A′ + v ′ und A + u 7→ A′ + u ′ . Diese Abbildung bildet die Halbgerade HA,v auf HA′ ,v ′ und die Halbgerade HA,u auf HA′ ,u′ ab; deswegen bildet sie den Winkel huAv auf hu ′ A′ v ′ ab. Analog zeigt man die Existenz einer Abbildung, die die Richtungsvektoren umtauscht und die Halbgerade HA,v auf HA′ ,u′ und die Halbgerade HA,u auf HA′ ,v ′ abbildet. Wir haben also die Existenz von 2 solchen Isometrien gezeigt. Um zu zeigen, dass es genau zwei sind, bemerken wir, dass es genau zwei Punkte auf dem Winkel huAv gibt, die den Abstand 1 zu A haben, nämlich A + v und A + u. Diese Punkte müssen auf Punkte des Winkels hu ′ A′ v ′ abgebildet werden, die Abstand 1 zu A′ haben, also auf die Punkte A′ + v ′ und A′ + u ′ , weil A auf A′ abgebildet werden soll. Dann hat die gesuchte Isometrie die Eigenschaft A 7→ A, A + u 7→ A′ + u ′ , A + v 7→ A′ + v ′ , oder die Eigenschaft A 7→ A, A + u 7→ A′ + v ′ , A + v 7→ A′ + u ′ ; in beiden Fällen ist eine solche Isometrie eindeutig nach SSS-Kongruenzsatz. WSW-Kongruenzsatz. WSW-Kongruenzsatz. Es seien A, B, C und A′ , B ′ , C ′ Punkte des R2 , s.d. weder A, B, C noch A′ , B ′ , C ′ auf einer Geraden liegen. Dann gilt: es gibt eine Isometrie I mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ , genau dann wenn d(A, B) = d(A′ , B ′ ), hBAC = hB ′ A′ C ′ und hABC = hA′ B ′ C ′ . Ferner gilt: wenn diese Isometrie existiert, ist sie eindeutig. Zuerst Vorarbeit: Sinussatz. Sinussatz. Sei ∆ABC ein Dreieck mit den Seitenlängen a = |BC |, b = |AC | und c = |AB| sowie den Winkelgrößen α = hBAC , β = hABC und γ = hACB.Dann gilt sin(β) sin(γ) sin(α) = = . a b c Bemerkung. Schulgeometrischer Beweis ist wie folgt: Man benutzt die Formel Flächeninhalt(∆ABC ) = 21 bc sin(α) = 12 ac sin(β). Wenn man dies mit abc dividiert, bekommt man sin(α) = sin(β) a b . Um diesen Beweis zu benutzen, brauchen wir aber den Begriff Flächeninhalt; und es ist nicht-trivial diesen sauber einzuführen. Außerdem haben wir selbstverständlich auch nicht die Formel Flächeninhalt(∆ABC ) = 12 bc sin(α). Wir werden deswegen einen alternativen Beweis lernen; im √ Beweis benutzen wir nur die Eigenschaften der Funktionen cos und sin = 1 − cos2 . Beweis. Nach dem Kosinussatz gilt für den Winkel in der Ecke A −2bc cos(α) = a2 − (b 2 + c 2 ) und daher 4b 2 c 2 (cos(α))2 = (−a2 + b 2 + c 2 )2 . Analog gilt 4a2 c 2 (cos(β))2 = (a2 − b 2 + c 2 )2 . Da a, b, sin(α), sin(β) > 0 zeigt dies sin(α) = a sin(γ) Rollen von B und C liefert sin(α) = a c sin(β) b . Vertauschung der Beweis von WSW-Kongruenzsatz WSW-Kongruenzsatz. Es seien A, B, C und A′ , B ′ , C ′ Punkte des R2 , s.d. weder A, B, C noch A′ , B ′ , C ′ auf einer Geraden liegen. Dann gilt: es gibt eine Isometrie I mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ , genau dann wenn d(A, B) = d(A′ , B ′ ), hBAC = hB ′ A′ C ′ und hABC = hA′ B ′ C ′ . Ferner gilt: wenn diese Isometrie existiert, ist sie eindeutig. Wir bezeichnen die Seiten/Winkel des Dreiecks ∆ABC wie auf dem Bild. Die entsprechenden Objekte von ∆A′ B ′ C ′ werden mit a′ , b ′ , c ′ , α′ , β ′ , γ ′ bezeichnet. Da α + β + γ = α′ + β ′ + γ ′ = 180◦ , folgt aus dem Winkelsummensatz für ein Dreieck γ = γ ′ . Wegen Sinussatz gilt: sin(γ) sin(γ ′ ) sin(α) sin(α′ ) = = und . a c a′ c′ Da c = c ′ , α = α′ und γ = γ ′ , folgt aus dieser Formel a = a′ , also BC = B ′ C ′ . Nach SWS-Kongruenzsatz gibt es dann (genau) eine Isometrie mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ und C 7→ C ′ , WSS-Kongruenzsatz WSS-Kongruenzsatz. Zwei Dreiecke, die in zwei Seitenlängen und in jenem Winkel übereinstimmen, der der längeren Seite gegenüberliegt, sind kongruent. D.h., wenn für zwei Punktetripel A, B, C und A′ , B ′ , C ′ gilt: ◮ weder A, B, C noch A′ , B ′ , C ′ liegen auf einer Geraden, ◮ d(A, C ) = d(A′ , C ′ ), d(A, B) = d(A′ , B ′ ) und hABC = hA′ B ′ C ′ , ◮ und außerdem |AC | ≥ |AB| und |AC | ≥ |BC |, dann existiert eine Isometrie, mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ . Beweis. Nach Kosinussatz gilt a2 + c 2 − 2accos(β) − b 2 = 0. Wir betrachten diese Gleichung als eine quadratische Gleichung auf die Unbekannte a (d.h., wir betrachten die Grössen, die für beide Dreiecke gleich sind, als bekannt) und zeigen, dass diese Gleichung genau eine positive Lösung hat. Das wird bedeuten, dass die Daten (c, b, β) die Seite a eindeutig bestimmen — daraus folgt, dass c = c ′ und deswegen können wir SSS−Satz anwenden. a2 + c 2 − 2accos(β) − b 2 = 0. Wir betrachten diese Gleichung als eine quadratische Gleichung auf die Unbekannte a (d.h., wir betrachten die Grössen, die für beide Dreiecke gleich sind, als bekannt). Die Diskriminante der Gleichung ist D = c 2 cos(β)2 − (c 2 − b 2 ) und ist | {z } | {z } ≤0 >0 positiv. Dann gibt es zwei Möglichkeiten für a: c cos(β)+ p c 2 cos(β)2 − (c 2 − b 2 ) und c cos(β)− p c 2 cos(β)2 − (c 2 − b 2 ). Da die zweite “Möglichkeit” nicht positiv ist, muss s a = c cos(β) + c 2 cos(β)2 − (c 2 − b 2 ), also bestimmen die Daten | {z } ≤0 b, c, β die Seite a eindeutig. Dann folgt aus den Voraussetzungen des Satzes die Bedingung d(C , B) = d(C ′ , B ′ ). Dann existiert nach SSS-Satz eine eindeutige Isometrie, mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ , C 7→ C ′ . Diese Isometrie erfüllt auch die Bedingung hABC = hA′ B ′ C ′ . Punktspiegelung (Zentralsymmetrie) Sei Z ∈ R2 (oder Rn ). Die Punktspiegelung bzgl. Z ist die Abbildung PZ : R2 → R2 gegeben durch PZ (x) = Z + (Z − x) = 2Z − x (d.h., der Punkt Z liegt auf der Strecke mit Endpunkten x und PZ (x) und ist der MittelBild von Wikipedia punkt von dieser). Beobachtung. Punktspiegelung ist eine Isometrie. Ich gebe zwei Beweise: einer ist linear-algebraisch, in dem anderen benutze ich den SWS-Kongruenzsatz. Linear-algebraischer Beweis. Wir betrachten A, B; wir müssen zeigen, dass d(A, B) = d(2Z − A, 2Z − B). Wir rechnen es aus: d(2Z − A, 2Z − B) = |2Z − A − (2Z − B)| = |B − A| = d(A, B). Beweis mit Hilfe von SWS. Wir setzen A′ = PZ (A) und B ′ = PZ (B). Dann sind die Winkel hAZB und hA′ ZB ′ gleich als Gegenwinkel (Beweis, dass Gegenwinkel gleich sind, ist Hausaufgabe). Außerdem sind |AZ | = |A′ Z | und |ZB| = |ZB ′ |. Dann existiert nach SWS-Kongruenzsatz eine Isometrie mit A 7→ A′ , B 7→ B ′ und Z 7→ Z ′ . Dann ist |AB| = |A′ B ′ |. Anwendung von Punktsymmetrien zum Lösen von schwierigen Schulaufgaben Gesuchte Gerade G Aufgabe. Gegeben seien ein Punkt A, eine Gerade L und ein Kreis K . Konstruiere (mit Zirkel und Lineal) eine Gerade G , so dass die Strecke mit Endpunkten Schnittpunkt der ” Gerade G mit K“, Schnittpunkt der ” Gerade G mit L“, A als Mittelpunkt hat. K A L Lösung Aufgabe. Gegeben seien einGesuchte Gerade G Punkt A, eine Gerade L und ein Kreis K . Konstruiere (mit Zirkel und Lineal) eine Gerade G , so dass die Strecke mit Endpunkten Schnittpunkt der Gerade G ” mit K“, Schnittpunkt der ” Gerade G mit L“, A als Mittelpunkt hat. K A L Man konstruiere eine Gerade, die zu L punktsymmetrisch bzgl. A ist (man nehme zwei Punkte von L, konstruiere davon die Punktspiegelung bzgl. A mit Zirkel/Lineal, und ziehe die Gerade durch diese Punkte.) Für jeden Schnittpunkt dieser Gerade mit dem Kreis ist die Gerade durch den Punkt und A die gesuchte Gerade G (also gibt es zwei Lösungen, eine Lösung oder keine Lösungen.) Gesuchte Gerade G K A-Zentralsymmetrische Gerade zu L A L Noch eine gesuchte Gerade G Verkettung von Punktspiegelungen. Lemma 12. Die Verkettung von 2 Punktspiegelungen (bzg. möglicherweise verschiedenen Punkten) ist eine Translation. Die Verkettung von Punktspiegelung und Translation und von Translation und Punktspiegelung ist eine Puntkspiegelung. Beweis. Zuerst rechnen wir aus, welche Isometrie wir bekommen wenn wir I (x) = Ox + b und I ′ (x) = O ′ x + b ′ verketten: ′ ′ +b. I ◦ I ′ (x) = O(O ′ x + b ′ ) + b = OO |{z} x + Ob | {z } Õ∈O2 b̃ Wir sehen, dass die zur Verkettung von Isometrien gehörige Matrix das Produkt der zu den Isometrien gehörigen Matrizen ist. Die Darstellung einer APunktspiegelung in der Form Ox + b haben wir letztes mal ausgerechnet: PZ(x) = −x + 2Z = −1 −1 xx12 + 2Z . Bild von Wikipedia Wenn wir zwei Punktspiegelungen verketten, bekommen wir eine Isometrie mit der zugehörigen Matrix −1 −1 −1 −1 = 1 1 ; dann ist die Verkettung von zwei Punktspiegelungen eine Abbildung der Form x 7→ Id(x) + v = x + v , d.h., eine Parallelverschiebung. ′ ′ ′ ′ ′ I ◦ I (x) = O(O x + b ) + b = OO x + Ob + b . |{z} | {z } Õ∈O2 b̃ Wir sehen, dass die zur Verkettung von Isometrien gehörige Matrix das Produkt der zu den Isometrien gehörigen Matrizen ist. Wenn wir eine Punktspiegelung und eine Translation oder eine Translation und eine Punktspiegelung verketten, bekommen wir eine Isometrie mit der Matrix O = Id · (−Id) = −Id oder O = (−Id) · Id = −Id; also ist die Verkettung von Punktspiegelung und Translation eine Abbildung der Form x 7→ −x + v ist, und das ist eine Punktspiegelung bzgl. Z = 21 v . Anwendung in einer schulgeometrischen Aufgabe A1 Gegeben sind die Punkte M1 , ..., M2n+1 ∈ R2 . Man konstruiere mit Zirkel/Lineal ein (2n+1)-Eck A1 , ..., A2n+1 , s.d. die Mittelpunkte von Ai Ai+1 die Punkte Mi sind. M1 Gegeben: M1--M5 A2 M5 A5 M2 Finden: A1--A5 M4 A3 A4 M3 Wenn n = 1, also wenn das 2n+1Eck ein Dreieck ist, ist die Aufgabe leicht: man kann relativ einfach beweisen, dass alle Dreiecke ∆M1 M2 M3 , ∆M3 A1 M1 , ∆M2 M1 A2 , ∆A3 M3 M2 kongruent sind; dann kann man (wenn A1 A3 ∆M1 M2 M3 gegeben ist) auch die anderen Konstruieren. Für das 5-Eck ist die Aufgabe nicht mehr so einfach; probieren Sie zuerst sie selber zu lösen. A2 M1 M2 M3 Eine Lösung mit Hilfe von (Verkettung von) Punktspiegelungen. A1 Gegeben sind die Punkte M1 , ..., M2n+1 ∈ R2 . Man konstruiere mit Zirkel/Lineal ein (2n+1)-Eck A1 , ..., A2n+1 s.d. die Mittelpunkte von Ai Ai+1 die Punkte Mi sind. M1 Gegeben: M1--M5 A2 M5 A5 M2 Finden: A1--A5 M4 A3 A4 M3 Wir betrachten die Verkettung PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 : R2 → R2 . Das ist eine Punktspiegelung: PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM3 ◦ PM2 ◦ PM1 | {z } Eine Translation Tv = PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM3 ◦ Tv | {z } = ... = Punktspiegelun Punktspiegelung Überlegen wir jetzt was diese Punktspiegelung PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 mit dem (noch nicht bekannten) Punkt A1 tut: PM1 (A1 ) = A2 , PM2 ◦ PM1 (A1 ) = PM2 (A2 ) = A3 ,... , PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 (A1 ) = A1 . Also ist der (gesuchte) Punkt A1 ein Fixpunkt von PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 . Da PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 eine Punktspiegelung PZ ist, hat sie genau einen Fixpunkt, und zwar den Punkt Z (wenn −x + 2Z = x ist, ist x = Z .) Wie findet man diesen Fixpunkt mit Zirkel/Lineal? C Man nehme einen beliebigen Punkte C und konstruiere davon die PM1 −Spiegelung (C ′ ) mit Zirkel/Lineal. M1 M5 C’ M2 M4 M3 Dann konstruiere man M1 −Spiegelung von die P M 2 M5 C’ (C ′ ), (bezeichnet mit C ′′ ); M2 C ′′ = PM2 ◦ PM1 (C ) u.s.w. Nach M4 insgesamt 2n + 1−Schritten C’’ bekommen wir den Punkt M3 PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 (C ) Dann ist der Mittelpunkt der Strecke zwischen C und PM2n+1 ◦ · · · ◦ PM1 (C ) genau der gesuchte Punkt Z = A1 . Nachdem wir A1 konstruiert haben, ist die Restkonstruktion einfach. Bemerkung. Ein solches 2n + 1−Eck A1 ...A2n+1 ist eindeutig (bei gegebenen M1 , ..., M2n+1 ). Das 2n + 1−Eck A1 ...A2n+1 existiert immer, wenn wir erlauben, dass die Seiten des 2n + 1-Eckes einander schneiden und nicht konvexe 2n + 1-Ecke als Lösungen annehmen (also, wenn 2n + 1-Eck für uns eine 2n + 1-Folge von Punkten ist). Lot. Def. Sei T ⊆ R2 (oder Rn ) und A ∈ R2 . Der Lotpunkt von A auf T ist der Punkt B ∈ T , s.d. der Abstand d(A, B) nicht grösser als der Abstand d(A, B ′ ) für alle B ′ ∈ T ist: d(A, B) = inf{d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T }. Die Lotgerade von A (bzgl. T ) ist die Gerade durch A und B = Lotpunkt(A). Im allgemeinen Fall ist der Lotpunkt und die Lotgerade nicht eindeutig: T B2 Auf dem Bild sehen wir, dass A zwei Lotpunkte bzgl. T hat, B1 und B2 . Wenn außerdem A ∈ T , ist A = A Lotpunkt(A) und jede Gerade durch B1 A ist eine Lotgerade. Def. Sei T ⊆ R2 (oder Rn ) und A ∈ R2 . Der Lotpunkt von A auf T ist der Punkt B ∈ T , s.d. der Abstand d(A, B) nicht grösser als der Abstand d(A, B ′ ) für alle B ′ ∈ T ist: ′ ′ d(A, B) = inf{d(A, B ) | B ∈ T }. Lotpunkt muss auch nicht existieren: Bsp. Wir betrachten den (offenen) A Ball B1 (~0) = {B ∈ R2 | d(~0, B) < 1} und A 6∈ B1 (~0), z.B. A = 11 . B B’ Dann gibt es keinen Lotpunkt von A auf B1 (~0), weil es für jeden Punkt B ∈ B1 (~0) noch die Punkte der Strecke BA gibt, die in B1 (~0) liegen. Diese sind näher zu A als B. Wenn wir statt dem offenen Ball B1 (~0), den abgeschlossenen Ball A B 0 B1 (~0) = {B ∈ R2 | d(~0, B)≤1} betrachten, existiert ein (und in diesem Bsp. genau ein) Lotpunkt, nämlich der Schnittpunkt der Strecke ~0A mit dem Kreis {B ∈ R2 | d(~0, B)=1}. Existenz (mind.) eines Lotpunkts für eine abgeschlossene Menge Def. (Analysis; Wiederholung) Eine Teilmenge T ⊆ R2 (oder Rn ) ist k→∞ abgeschlossen, wenn für jede konvergente Folge x1 , ..., xk , ... −→ x mit xi ∈ T gilt, dass x ∈ T . Konvergenz kann man hier als Konvergenz bzgl. der Abstandsfunktion k→∞ k→∞ verstehen (d.h., x1 , ..., xk , ... −→ x g.d.w. d(x, xk ) −→ 0); oder komponentenweise verstehen, d.h., (d.h., k→∞ k→∞ x1 y1 ,..., xk yk k→∞ x , ... −→ g.d.w. xk −→ x und yk −→ y ); diese zwei Definitionen von Konvergenz sind äquivalent. y Existenz (mind.) eines Lotpunkts für eine abgeschlossene Menge Def. (Analysis; Wiederholung) Eine Teilmenge T ⊆ R2 (oder Rn ) ist abgeschlossen, wenn für jede k→∞ konvergente Folge x1 , ..., xk , ... −→ x mit xi ∈ T gilt, dass x ∈ T . Bsp. Abgeschlossener Ball B1 (~0) = {B ∈ R2 | d(~0, B)≤1} ist abgeschlossen: wenn wir eine konvergente Folge k→∞ x x1 x ,..., k , ... −→ haben, s.d. alle Elemente davon, also xykk , in y1 yk y B1 (~0) liegen, dann liegt auch der Grenzwert in B1 (~0). In der Tat, wenn k→∞ k→∞ xk −→ x und yk −→ y , dann gilt für jede stetige Funktion f (x, y ), dass p k→∞ f (xk , yk ) −→ f (x, y ). Die Funktion f (x, y ) = x 2 + y 2 = d( yx , ~0) ist p p offensichtlich stetig, also x 2 + y 2 = limk→∞ xk2 + yk2 . Da alle p xk ∈ B1 (~0), ist xk2 + yk2 ≤ 1. Deswegen ist pyk p x 2 + y 2 = limk→∞ x 2 + y 2 ≤ 1 und x ∈ B1 (~0). k k y Bsp. Offener Ball B1 (~0) = {B ∈ R2 | d(~0, B)<1} ist nicht abgeschlossen: wir können eine konvergente Folge k→∞ x x1 x konstruieren, s.d. alle Elemente davon, also ,..., k , ... −→ y1 y yk x1 ~ , in B1 (0) liegen, aber der Grenzwert yx kein Punkt von B1 (~0) ist. y1 1 Wir wählen xk = 1 − k ∈ B1 (~0). Der Grenzwert davon ist 1 0 yk 0 6∈ B1 (~0). 0 (1,0) Ist T abgeschlossen, so existiert (mind.) ein Lot Lemma 13. Die Teilmenge T ⊆ R2 sei abgeschlossen und A ∈ R2 . Dann gilt: es existiert mind. ein Lotpunkt von A auf T . Im Beweis werden wir die folgenden zwei Aussagen aus der Analyis benutzen: (1) Die Schnittmenge von zwei abgeschlossenen Mengen ist abgeschlossen. (Beweis dieser Aussage ist einfach und folgt sofort aus der Definition.) (2) Eine beschränkte Folge in Rn hat immer eine konvergente Teilfolge. (Ist nicht so trivial) Beweis. OBdA ist A 6∈ T , sonst ist A = Lotpunkt(A). Wir nehmen B̃ ∈ T , setzen r = d(A, B̃) und betrachten T ′ := T ∩ Br (A). T ′ ist abgeschlossen nach der ersten Aussage oben; T ′ 6= ∅, weil B̃ ∈ T ∩ Br (A). Jetzt betrachten wir die Zahl d := inf{d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T ′ }. Die Menge {d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T ′ } ist von unten durch 0 beschränkt, also d ≥ 0. Da inf{d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T ′ } die exakte untere Grenze der Menge {d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T ′ } ist, gibt es eine Folge k→∞ d1 , ..., dk , ... ∈ {d(A, B ′ ) | B ′ ∈ T ′ }, s.d. dk −→ d; also gibt es eine k→∞ Folge B1 , ..., Bk , ... ∈ T ′ , s.d. d(A, Bk ) −→ d. Diese Folge hat eine Sei B der konvergente Teilfolge nach der zweiten Aussageoben. Grenzpunkt dieser Teilfolge. Da die Funktion f yx = d A, yx eine stetige Funktion ist, ist f (B) = lim f (Bk ) = lim dk = d, also d(A, B) = d . Wir haben: B ∈ T ′ , weil T ′ abgeschlossen ist und d(A, B) = d ≤ d(A, B ′ ) für alle B ′ ∈ T ′ . Dann gilt auch d(A, B) = d ≤ d(A, B ′ ) für alle B ′ ∈ T , weil sonst B ′ ∈ T ′ \ T den Abstand > r = d(A, B̃) ≥ d zu A hat. Lot auf einer Gerade Wir zeigen zuerst, dass eine Gerade LA,v abgeschlossen ist. Wir betrachten eine konvergente Folge von Punkten der Gerade k→∞ x1 = A + t1 v , x2 = A + t2 v , x3 = A + t3 v , ..., xk = A + tk v , ... −→ x. Dann konvergiert auch die Folge t1 , t2 , ..., tk , ..., weil sie eine Cauchy-Folge ist, denn d(A + tk v , A + tm v ) ≤ d(A + tk v , x) + d(x, A + tm v ), {z } | {z } | {z } | |tk −tm |·|v | k,m→∞ k→∞ −→ 0 m→∞ −→ 0 und deswegen |tk − tm | −→ 0. Dann existiert ein Grenzwert t = limk→∞ tk . Da die Abbildung t 7→ A + tv stetig ist, konvergiert A + tk v gegen A + tv , also liegt der Grenzwert auf der Geraden. Also existiert für einen beliebigen Punkt B mind. ein Lotpunkt von B auf LA,v . Aus LA wissen wir, dass der Lotpunkt von B auf LA,v eindeutig ist Hier ist die Formel für den Lotpunkt auf der Gerade LA,v : C = Lotpunkt(B) = A + B 1 hB − A, v iv . |v |2 Der Koeffizient t = |v1|2 hB − A, v i ist so gewählt, dass hC − B, v i = 0: in der Tat, hC − B, v i = hA − B + 1 |v |2 hB − A, v iv , v i = hA − B, v i − 1 |v |2 hA − B, v ihv , v i = 0. C A Für jeden anderen Punkt C + t ′ v der Gerade (t ′ 6= 0) gilt dann ′ 2 ′ ′ d(B, C + t v ) = hB − C − t v , B − C − t v i hB − C , v i = 0 ′ 2 2 = hB − C , B − C i + (t ) hv , v i > d(B, C ) , also ist der Punkt C tatsächlich (der einzige) Punkt der Geraden LA,v , der zum Punkt B am nächsten ist. Bemerkung. Wir sehen, dass B − C zu v orthogonal ist. Spiegelung bzgl. Gerade Wir betrachten eine Gerade L = LA,v . Die Spiegelung bzgl. L ist eine Abbildung SL : R2 → R2 gegeben durch die folgende Regel: x Zuerst konstruieren wir zu dem Punkt L x den Lotpunkt(x) (auf L). Dann Lotpunkt(x) S(x) SL (x) = x + 2(Lotpunkt(x) − x) = 2Lotpunkt(x) − x. (Man beachte die Ähnlichkeit mit der Punktspiegelung: PZ (x) = 2Z − x). Unter Berücksichtigung der Formel Lotpunkt(x) = A + bekommen wir SL (x) = 2A + 2 |v1|2 hx − A, v iv − x. 1 |v |2 hx − A, v iv , SL (x) = 2A + 2 |v1|2 hx − A, v iv − x. Lemma 14. Spiegelung ist eine Isometrie. Beweis. Beweis mit Kongruenzsätzen ist eine Hausaufgabe. Ich gebe jetzt einen linear-algebraischen Beweis. d(SL (x), SL (y )) = d(2A+2 s = 1 1 hx −A, v iv −x, 2A+2 2 hy −A, v iv −y ) = |v |2 |v | 1 1 = 2 2 hx − A, v iv − x − 2 2 hy − A, v iv + y = |v | |v | h2 s 1 1 hx − y , v iv + y − x, 2 2 hx − y , v iv + y − xi = 2 |v | |v | 4 hx − y , v i2 hx − y , v i2 − 4 + hx − y , x − y i = d(x, y ). |v |2 |v |2 Anwendung von Spiegelsymmetrien zum Lösen von schwierigen Schulaufgaben Aufgabe. Gegeben seien zwei Punkte A, B und eine Gerade L. Man konstruiere (mit Zirkel und Lineal) einen Punkt X ∈ L, s.d. die Winkel zwischen AX und der Geraden und zwischen BX und der Geraden gleich sind. B A X L Lösung Aufgabe. Gegeben seien zwei Punkte A, B und eine Gerade L. Man konstruiere (mit Zirkel und Lineal) einen Punkt X ∈ L, s.d. die Winkel zwischen AX und der Geraden und zwischen BX und der Geraden gleich sind. B A X L Man konstruiere den Punkt B ′ , der zu B bzgl. L spiegelsymmetrisch ist. Der Schnittpunkt der Gerade durch A, B mit L ist der gesuchte Punkt X , weil die Spiegelung von ∆XTB das Dreieck ∆XTB ′ ist, und deswegen alle auf dem Bild markierten Winkel gleich sind. B A T L X B’