Ratgeber - AIDS-Hilfe Nürnberg

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Ratgeber
positiv
Informationen für Menschen mit HIV und AIDS in Franken
Impressum
Herausgeber
AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V.
Entengasse 2
90402 Nürnberg
Gestaltung: www.ulrichmatz.de
Stand: Januar 2010
Mit freundlicher Unterstützung von
Inhalt
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 3
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 4
Leben mit HIV – damals und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 5
Medizinische Infos
Wie lange kann ich mit HIV leben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 8
Nach der Diagnose beim ersten Arztbesuch? . . . . . . . . . . . . .Seite 9
Wann soll man mit der Therapie beginnen? . . . . . . . . . . . . .Seite 10
Wie halt ich das nur durch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 11
Positiv Leben
Wem sage ich es? Und wann? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 14
Wer ist da, wenn es mir schlecht geht? . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 16
Wenn Sex zur Belastung wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 16
Wie erfüllter Sex möglich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 18
… und was ist in einer bestehenden Partnerschaft? . . . . .Seite 19
Wenn Kinderwünsche auftauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 19
Risiko für das Kind? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 21
Positiv unterwegs – Reisen mit HIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 22
Freizeitangebote der AIDS-Hilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 24
Positiv Leben auf dem Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 25
Materielle Absicherung
Berufsleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28
Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 29
Rezept- und Praxisgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30
Gesetzliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30
Arbeitslosengeld II (Hartz IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 31
Grundsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 31
Wohngeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 31
Rente wegen Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 32
HIV und Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 32
Anerkennung der Schwerbehinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 32
Rehabilitation und Kur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 33
Viel zu lange draußen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 33
Praktische Hilfen: Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 34
Adressen
Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 36
Kliniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 37
Beratungsstellen der AIDS-Hilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 38
Beschäftigungsprojekte und Beratungsstellen . . . . . . . . . . Seite 39
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Vorwort
Nach 15 Jahren veröffentlicht die AIDS-Hilfe Nürnberg-ErlangenFürth e.V. eine neue Ausgabe des Positiv-Ratgebers für die Metropolregion Nürnberg.
„Wozu noch ein weiterer Ratgeber?“ wird sich manch einer fragen. „Gibt es nicht schon genügend Broschüren und Informationen im Internet?“
Tatsächlich kann man zu fast allen Fragen eine
Fülle von Aussagen finden – aber welche
Informationen sind seriös und glaubwürdig?
Wir möchten mit dem Ratgeber
Orientierung zu wesentlichen
Fragen rund um die HIV-Infektion geben. Vor allem für Menschen, die erst kürzlich von
ihrer Infektion erfahren
haben. Aber auch für ihre
Partner, Angehörige und
Freunde kann der Ratgeber
nützlich sein.
Am Ende des Ratgebers
listen wir Adressen wichtiger Anlaufstellen in der
Metropolregion auf. Denn
eins ist klar: Ein Ratgeber ersetzt nicht das Gespräch mit
kompetenten Fachleuten!
Manfred Schmidt
Fachvorstand der AIDS-Hilfe
Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V.
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5
Die Diagnose HIV bekam ich im Mai 1992. Nach damaligen Erkenntnissen hieß das ca. 8–10 Jahre bis zum Endstadium AIDS. Es
gab nur 3 Medikamente, die nicht richtig funktionierten. Dafür
aber jede Menge komplementärer Therapien, welche mehr mit
Scharlatanerie und Wundergläubigkeit zu tun hatten und von der
Hoffnung genährt wurden, selbst etwas tun zu können. Die Wirkung auf das Virus war gleich Null.
Mitte der 90er Jahre kamen dann neue Medikamente und Wirkstoffklassen auf den Markt und schnell wurde alles Verfügbare
miteinander kombiniert. Bis zu 15 Tabletten und Kapseln mussten täglich eingenommen werden. Das „Medikamenten-Management“ prägte den Alltag, überschattet von beträchtlichen
Nebenwirkungen. Positivengruppen boten zu dieser Zeit eine
wichtige Plattform des Informationsaustausches, da sich oft die
Therapieempfehlungen änderten und man auf die Erfahrungen
Betroffener angewiesen war. Auch heute stehen bei Bedarf die
Mitglieder der Positivengruppe für Gespräche zur Verfügung. Kontakte können über die Aids-Hilfe vermittelt werden.
Heute gestaltet sich das Leben mit der Therapie wesentlich entspannter. Es gibt einheitliche Standards, verschiedene Wirkstoffe
werden teilweise in einer Kapsel verabreicht und die Nebenwir6
Leben mit HIV –
damals und heute
kungen sind nicht mehr ganz so drastisch. Vor allem ist die Augenfälligkeit der Erkrankung verschwunden. Das hat aber auch
zur Folge, dass die Bedrohung durch das Virus nicht mehr ernst
genommen wird.
Etliche Einschränkungen und Probleme bleiben. Die tägliche Tabletteneinnahme zwingt zur Disziplin. Einige Auswirkungen reichen bis in die Berufsausübung hinein und auf sich selbst gestellte
Fragen zu veränderter Lebensplanung, Lebenssicherung und Altersproblematik ergeben sich nicht sofort Antworten.
Der Ratgeber wurde erarbeitet um Beratungsangebote
durch kompetente Ansprechpartner zu erhalten. In diesem Sinne hoffe ich, dass Betroffene den Mut haben, ihr
Leben in die Hand zu nehmen und sich der Herausforderung der HIV-Infektion zu stellen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Walter Ullmann
Für die Positivengruppe der Aids-Hilfe
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Medizinische Infos
Wie lange kann ich mit HIV leben?
… ist auch heute noch oft die erste Frage, die Betroffene spontan
nach der Diagnose HIV-positiv stellen. Obwohl viele wissen, dass
es wirksame Therapien gibt, sind Bilder von Siechtum und frühzeitigem Tod weiter eng verknüpft mit der HIV-Infektion.
Dabei gibt es wohl kaum eine Krankheit, gegen die in so kurzer Zeit
so wirksame Behandlungsmöglichkeiten entwickelt wurden. Wer
rechtzeitig von seiner HIV-Infektion erfährt und nicht zu spät mit der
Therapie beginnt, kann also sehr lange damit leben und alt werden.
Wichtig ist, dass du einen Arzt aufsuchst, der sich mit der Behandlung der HIV-Infektion gut auskennt, denn es müssen viele
Dinge beachtet werden, damit die Therapie langfristig erfolgreich
ist. In der Metropolregion Nürnberg gibt es mehrere Klinik-Ambulanzen und niedergelassene Arztpraxen mit HIV-Schwerpunkt.
Æ Adressen
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Was passiert nach der Diagnose beim ersten Arztbesuch?
Neben einem ausführlichen Gespräch, in dem dir der Arzt erklärt,
was die Diagnose HIV-positiv heutzutage bedeutet, wird dir Blut
abgezapft, um unter anderem zu untersuchen, wie viele Viren sich
darin befinden und wie viele so genannte Helferzellen du hast.
Die Helferzellen sind ein wichtiger Marker für den Zustand deines
Abwehrsystems.
Die Bestimmung dieser Blutwerte dauert ein paar Tage und danach kann dir der Arzt bei einem zweiten Termin eine erste Einschätzung darüber mitteilen, in welchem Stadium der Infektion
du dich befindest. In der akuten Phase (einige Wochen bis Monate
nach der Infektion) ist die Zahl der Viren in deinem Blut sehr hoch.
Nach einigen Wochen beginnt dein Körper, mit eigenen Mitteln
die Vermehrung der Viren zu vermindern. Das gelingt bei man-
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chen besser, bei anderen weniger gut. Je niedriger die Zahl
der Viren und je höher die Zahl der Helferzellen nach ein
paar Monaten ist, umso besser funktioniert deine körpereigene Abwehr. Je besser deine körpereigene
Abwehr funktioniert, umso länger kannst du
wahrscheinlich ohne medikamentöse Therapie auskommen. Dieses chronische Stadium der Infektion kann unterschiedlich
lang dauern, deshalb ist es wichtig,
seine Blutwerte regelmäßig – ca.
alle 3 Monate – checken zu lassen, um rechtzeitig mit einer
Therapie anfangen zu können. Denn ohne eine antiretrovirale Therapie käme
früher oder später das Stadium AIDS, bei dem dein
Abwehrsystem so schwach
würde, dass du für lebensbedrohliche Infektionen anfällig wärst.
Wann soll man mit der Therapie
beginnen?
Wenn es dir bereits dauerhaft schlecht
geht und du körperliche Beschwerden
wegen der HIV-Infektion hast, wird dir
die Entscheidung für die Therapie wahrscheinlich leicht fallen, weil du möchtest, dass es dir wieder besser geht.
Komplizierter ist es, wenn die chronische HIV-Infektion keine oder nur
leichte Beschwerden verursacht
und allein aufgrund von Laborwerten entschieden werden muss, ob ein
Therapiestart nötig ist oder nicht: Sinkt
bei den Blutuntersuchungen die Zahl deiner Helferzellen (CD4-Zellzahl) auf Werte zwischen 500 und 350/µl während die Zahl der
HI-Viren (HIV-RNA) auf 50.000 – 100.000 Kopien/ml
ansteigt, solltest du dich allmählich mit dem Thema
Therapie beschäftigen. Du hast in dieser Phase aber noch
Zeit, in Ruhe die Vor- und Nachteile eines Therapieeinstiegs
abzuwägen.
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Für einen früheren Therapiebeginn spricht, dass du
damit das Risiko bleibender Schäden, die als Folge
der HIV-Infektion auftreten können, sicher ausschließt. Außerdem sinkt bei erfolgreicher
Therapie nach einem halben Jahr das Risiko, Sexualpartner mit HIV anzustecken, auf ein Minimum.
Ein gewichtiger Grund, mit
dem Therapiestart abzuwarten, ist für viele die
Furcht vor Nebenwirkungen. Wie alle
Arzneimittel können
auch die HIV-Medikamente unerwünschte
Wirkungen verursachen. Häufig treten Nebenwirkungen in den
ersten Wochen auf. Wenn
du z. B. gerade eine neue
Arbeitsstelle angetreten
hast oder wichtige Prüfungen
anstehen, kann es daher ratsam
sein, den Therapiebeginn noch ein
paar Wochen oder Monate hinauszuzögern.
Empfohlen wird heutzutage die Einleitung der Therapie, wenn die Helferzellzahl unter 350/µl absinkt, die
Viruslast über 100.000 Kopien/ml ansteigt
oder eine gleichzeitige Infektion mit dem
Hepatitis-C-Virus vorliegt.
Nicht mehr zögern solltest du, wenn die Helferzellzahl die Grenze von 200/µl erreicht hat,
sonst riskierst du schwere körperliche Schäden,
die zum Teil auch nicht wieder behoben werden
können. Zudem dauert es bei einem schon sehr geschwächten Immunsystem auch wesentlich länger, bis
die HIV-Therapie das Abwehrsystem wieder stabilisiert.
Wie halt ich das nur durch?
Egal, wann du dich für den Beginn der Therapie entscheidest,
wichtig für den Erfolg ist in jedem Fall, dass du die Tabletten re-
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gelmäßig – wie mit dem Arzt vereinbart – einnimmst. Um die Vermehrung der Viren erfolgreich zu verhindern, muss immer ein ausreichender Wirkstoffpegel der Medikamente im Blut aufrecht
erhalten werden. Je öfter du die Tabletteneinnahme vergisst,
umso höher ist das Risiko, dass die Therapie versagt und einige
Wirkstoffe ihre Wirksamkeit verlieren, so dass dann eine neue Medikamentenkombination nötig wird.
Es gibt viele Gründe, warum es schwer ist, immer diszipliniert an die Tabletteneinnahme zu denken: Manche Menschen sind einfach vergesslich, andere plagen die Nebenwirkungen, Alkohol und andere Drogen lassen gute Vorsätze über Bord gehen, Ängste, sich durch die Tabletteneinnahme zu outen, depressive Stimmungen oder andere
psychische Belastungssituationen… Der Mensch ist nun
mal kein Roboter, der auf Knopfdruck programmierbar ist.
Besonders mit einer chronischen Erkrankung wie der HIV-Infektion ist es wichtig, ein vertrauensvolles Verhältnis zum behandelnden Arzt aufzubauen, um mit ihm über alle Lebensumstände,
die Einfluss auf den Therapieerfolg haben, sprechen zu können.
Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen, Schwierigkeiten mit der Therapie zu überwinden. Ein empfehlenswertes
Angebot ist die HIV-Therapiehotline der Münchner AIDS-Hilfe
Æ Adressen.
Wenn du dich ausführlicher mit der HIV-Therapie beschäftigen
möchtest, findest du bei der AIDS-Hilfe viele Materialien, die medizinische Informationen in verständlicher Sprache aufbereiten.
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Positiv Leben
Wem sage ich es? Und wann?
Vorweg: Lass dir Zeit!
Vor allen anderen solltest du dich einer Person anvertrauen, von
der du weißt, dass sie dich uneingeschränkt unterstützt und dich
seelisch auffängt. Das Gefühl des Nichtalleinseins ist gerade nach
dem Bekanntwerden der HIV-Infektion sehr wichtig.
Und wem sage ich es sonst? Meinen Freunden? Der Familie? HIV
und Aids werden leider immer noch von vielen Menschen mit irrationalen Ängsten verbunden. Deshalb ist es vollkommen in Ordnung, wenn du nur bestimmten Menschen, denen du wirklich
vertraust, über dich erzählst. Inzwischen leben auch viele Positive
offen. Am Anfang war das wohl schwer, berichten sie, aber jetzt
fühlen sie sich besser damit. Ein selbstbewusstes „Positiv-ComingOut“ führt oft dazu, dass Verwandte, Freunde, Nachbarn ihre
Ängste und Vorurteile abbauen können. Wann und wem du es
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sagst, liegt ganz bei dir. Wir können dich dabei unterstützen, wie
du es mitteilst. Einigen hat es geholfen, mit anderen Positiven
über deren Erfahrungen zu sprechen. Vielleicht hilft dir das auch!
Sagen solltest du es deinen Ärzten, denn diese können dich dann
unter Umständen besser behandeln. Falls du Sozialhilfe oder ähnliche Leistungen beziehst, kann es sinnvoll sein, die Ämter zu informieren. Dazu mehr im Teil Sozialrecht, gerne kannst du auch
Fragen dazu mit uns klären.
Und ganz wichtig: Dein Arbeitgeber und deine Kolleginnen oder
Kollegen müssen nicht über eine HIV-Infektion informiert werden.
Æ Berufsleben
Sehr schwierig ist es für viele, es dem Partner zu sagen. In einer
Beziehung gehören Respekt, Vertrauen und Unterstützung auf
beiden Seiten dazu. Und: Eine Beziehung kann an Schwierigkeiten
auch wachsen! Also, rede darüber!
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Die Diagnose, HIV-positiv zu sein, stürzt dich möglicherweise in
eine Krise. Umso wichtiger ist es, darüber mit Menschen zu sprechen, deine Ängste mitzuteilen und so wieder Mut zu fassen. Falls
du dich das noch nicht traust, sind wir mit Beratungsangeboten
gerne für dich da. Selbstverständlich stehen wir auch den Fragen
und Sorgen von Partnern, Freunden und Angehörigen offen gegenüber. Manchmal ist es für einen Partner oder einen Angehörigen sogar einfacher, mit einem neutralen Menschen zu sprechen.
Für die Mitarbeiter der AIDS-Hilfe gilt die Schweigepflicht, so dass
jeder ohne Befürchtung zu uns kommen kann und wir gemeinsam weitere Perspektiven entwickeln können!
Wer ist da, wenn es mir schlecht geht?
Ein positives Testergebnis löst bei vielen Menschen zu Beginn
Angst und Verzweiflung aus. Oftmals werden durch die HIV-Infektion Probleme ausgelöst oder verstärkt, die vielleicht schon vor
der Erkrankung da waren. Viele Positive betrachten ihr Leben genauer und ziehen Bilanz.
Die Erfahrung zeigt, dass es für die meisten Menschen hilfreich ist,
sich jemanden anzuvertrauen. Dies kann im Freundeskreis, in der
Familie oder bei einer Beratungsstelle, z.B. der AIDS-Hilfe sein. Das
Gespräch mit einer neutralen Person ist oft sehr entlastend. Die
Berater/-innen können dir bei Bedarf auch andere Einrichtungen
und Adressen vermitteln.
In akuten Krisensituationen kannst du dich auch an den Krisendienst Mittelfranken Æ Adressen wenden, dieser ist vor allem
am Abend und am Wochenende erreichbar. Des Weiteren kannst
du dich an den Sozialpsychiatrischen Dienst, die Telefonseelsorge
oder an eine psychiatrische Klinik wenden.
Falls du eine Psychotherapie machen möchtest, kannst du dich an
die Koordinationsstelle für Psychotherapie wenden. Psychologische und psychiatrische Praxen und Einrichtungen haben für
manche Menschen noch einen schlechten Ruf, dies ist i.d.R. völlig
unbegründet, denn dort arbeiten Fachleute, die das Wohl ihrer Patienten im Auge haben.
Wenn Sex zur Belastung wird
Sexualität bedeutet für jeden etwas anderes. Für manche ist es
Liebe, Vertrauen und Intimität und andere erleben unverbindliche und anonyme Kontakte als lustvoll. Manche wollen nur Spaß
und für andere ist es was ganz Ernstes. Manche haben Probleme
mit Sexualität und andere nicht. Wie auch immer das bei dir aus-
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sehen mag: Sex ist ein Teil deines Lebens, ein primäres Bedürfnis
wie Essen und Trinken.
Das Leben mit HIV kann dein Verhältnis zur Sexualität verändern.
Auf einmal können Fragen auftauchen wie:
+ Ist mein Sexualleben nun vorbei?
+ Werde ich je wieder Sex haben?
+ Wird mich jetzt noch überhaupt jemand wollen?
+ Wird meine Beziehung das überstehen?
Es kann sein, dass du nach einer HIV-Diagnose erst mal überhaupt
keinen Sex haben möchtest. Das ist vollkommen in Ordnung,
denn wenn wir uns seelisch belastet fühlen und es uns schlecht
geht, ist dies nicht ungewöhnlich. Dies kann sich aber wieder ändern. Jedenfalls brauchst du keinesfalls einen Schlussstrich ziehen, du sollst nur lernen mit bestimmten Situationen anders
umzugehen als bisher.
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Wie erfüllter Sex möglich ist
Die Furcht, das HI-Virus beim Sex auf jemanden zu übertragen,
kann dich lähmen. Diese Furcht ist berechtigt, aber unnötig –
denn Sex ist an sich nicht riskant, wenn du mit gezielten Schutzmaßnahmen das Risiko einer HIV Übertragung stark verringerst.
Positiv/Positiv
Wenn beide Partner positiv sind und medikamentös gut
eingestellt, könnt ihr überlegen auf den Gebrauch von
Kondomen zu verzichten.
Positiv/Negativ oder Ungetestet
Ist einer von Euch negativ oder nicht getestet, dann solltet
Ihr die SAFER-SEX-Regeln beachten. Safer Sex heißt, dass
keine Samenflüssigkeit, Scheidenflüssigkeit und Blut
(auch Blutspuren) in den Körper der Partnerin oder des
Partners gelangen soll. Dies ist durch das Benutzen eines
Kondoms am effektivsten einzuhalten.
Unter erfolgreicher Therapie
Eine Übertragung bei sexuellen Kontakten ohne Kondom
ist unwahrscheinlich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
+ die Viruslast des HIV-positiven Partners /der HIV-positiven Partnerin ist seit mindestens sechs Monaten unter
der Nachweisgrenze,
+ die antiretroviralen Medikamente werden konsequent eingenommen,
+ bei den Sexualpartnern liegen keine Schleimhautdefekte, z. B. als Folge sexuell übertragbarer Infektionen vor.
Das heißt: Das Risiko einer HIV-Übertragung ist
unter den oben genannten Bedingungen so gering wie bei Sex unter
Verwendung von Kondomen.
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… und was ist in einer bestehenden Partnerschaft?
Wenn nur ein Partner HIV-positiv ist, dann kann es zu einem Ungleichgewicht in der Paarbeziehung kommen. Damit sich keiner
der Partner als Bürde für den jeweils anderen empfindet, ist es
nötig über Ängste, Bedürfnisse und Schutz zu reden. Es ist wichtig diese Probleme offen zu thematisieren, um eine gemeinsame
Zukunft gestalten zu können.
Wenn Kinderwünsche auftauchen
Kinderwunsch und Schwangerschaft ist für viele Menschen fester
Bestandteil in der Lebensplanung. Durch die seit 1996 bestehenden Therapiemöglichkeiten und die damit verbundene, längere
Lebenserwartung gehört der Wunsch nach einem Kind für viele
Menschen mit HIV genauso selbstverständlich zur Lebensplanung. Eine Schwangerschaft ist ohne Gefährdung des HIV-negativen Partners oder der Partnerin möglich.
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Nach neuesten Erkenntnissen besteht auch die Möglichkeit einer
natürlichen Befruchtung während des Eisprungs unter folgenden
Bedingungen: Der HIV-positive Partner bzw. Partnerin nimmt zuverlässig die antiretrovirale Therapie (ART), die Viruslast (VL) liegt
seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze und es
bestehen keine Infektionen mit sexuell übertragbaren Erregern
(STD). Das Übertragungsrisiko wird dabei als äußerst gering eingestuft. Die Entscheidung für diesen Weg sollte beim HIV-negativen Partner bzw. Partnerin liegen und gemeinsam mit dem
behandelnden Arzt besprochen werden.
Bei Fruchtbarkeitsstörungen kann eine künstliche Befruchtung in
Erwägung gezogen werden. Die Kosten dafür werden i.d.R. nicht
von den Krankenkassen übernommen; diagnostische Verfahren
zur Abklärung etwaiger Fertilitätshindernisse aber schon.
Auf dem Weg zum Wunschkind erwartet dich vielleicht nicht
immer Zustimmung und Verständnis; evtl. sind aufwendige und
komplizierte Untersuchungen und Behandlungen notwendig.
Im Falle eines in Erwägung gezogenen Schwangerschaftsabbruches ist es ohnehin besser Rat und Unterstützung einzuholen, um
eine für sich passende Entscheidung zu treffen.
Näheres erfahrt ihr in der Aids-Hilfe Æ Adressen.
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Eine gründliche Information und
setzung zum Thema Kind ist unabAIDS-Hilfe bekommst du hierzu
formationen und Adressen.
Auseinanderlässig. Bei der
weitere In-
Risiko für das Kind?
Bei einer guten medizinischen und psychosozialen Betreuung in
der Schwangerschaft kann das Restrisiko für das Kind auf etwa 1%
gesenkt werden. Allerdings sind Vorkehrungen nötig:
Einnahme von HIV-Medikamenten spätestens gegen Ende der
Schwangerschaft. Eine geplante Entbindung vor Einsetzen der
Wehen durch Kaiserschnitt, Stillverzicht und eine vorbeugende
Behandlung mit HIV Medikamenten des Babys nach der Geburt.
Während der Schwangerschaft werden HIV-Antikörper auf das
Kind übertragen, die bis etwa zum 18. Lebensmonat bleiben. Spezielle Tests können aber wenige Wochen nach der Geburt Sicherheit geben, ob das Kind gesund ist. Auch die Behandlung
HIV-positiver Kinder ist mittlerweile sehr erfolgreich.
Nach heutigen Erkenntnissen wirkt sich eine Schwangerschaft
nicht negativ auf den Verlauf der HIV-Infektion aus. Einige HIV-Medikamente sollten in dieser Zeit aber nicht eingenommen werden.
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Positiv unterwegs
Mit HIV infiziert zu sein bedeutet nicht, sich von allem, was man
gerne macht, verabschieden zu müssen. Im Gegenteil – alles, was
sich positiv auf deine Stimmung auswirkt kann dazu beitragen,
deinen Gesundheitszustand zu stabilisieren. Bei manchen Aktivitäten ist es nur ratsam, wenn man sich vorher ein paar Gedanken
macht.
Bei der Planung einer Reise solltest du zwei Gesichtspunkte besonders berücksichtigen: deine Gesundheit
und die Bestimmungen im jeweiligen Reiseland.
Gesundheit
Einflüsse auf deinen Gesundheitszustand können haben:
+ das Klima
+ die hygienischen Bedingungen
+ das Vorkommen besonderer Erkrankungen und Krankheitsüberträger (Impfungen oder Prophylaxe im Vorfeld notwendig)
+ die medizinische Infrastruktur (z. B. Verfügbarkeit von Ärzten,
Apotheken oder Krankenhäusern)
+ Mitnahme und Lagermöglichkeit der Medikamente
Deshalb solltest du rechtzeitig vor deiner Reise ein Gespräch mit deinem Arzt führen, möglichst drei Monate im
Voraus für eventuell nötige Impfungen.
Der Arzt
+ kann dich generell beraten, auf was du bei deinem
Gesundheitszustand achten musst und ob eine Reise
ratsam ist
+ klärt dich über nötige Impfungen oder Prophylaxebehandlungen auf und kann dir sagen, ob sie ein Risiko für dich darstellen oder nicht (Wechselwirkung mit der Therapie, zu
beachtender Immunstatus etc.)
+ kann dir eine Bestätigung auf Englisch verfassen, die auf die
Notwendigkeit der Medikamenteneinnahme hinweist
+ kann mit dir besprechen, ob du die Therapie für den Zeitraum
der Reise eventuell verändern kannst
Wenn du eine antiretroviale Therapie machst, solltest du außerdem bei der Reise an folgendes denken
+ eine ausreichende Menge an Medikamenten und Reserven für
gewollte oder ungewollte Reiseverlängerungen mitzunehmen
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+ bei Flugreisen die Medikamente im
Handgepäck zu verstauen (denn Koffer reisen auch mal woanders hin)
+ Medikamentenplan mit ärztlicher
Bestätigung einzupacken
+ Lagerungsvorschriften zu beachten
Bestimmungen im Ausland
Innerhalb von Europa bestehen
grundsätzlich keine Probleme, aber
manche Länder haben spezielle Einreisebestimmungen für HIV-infizierte
Menschen. Grundsätzlich gilt es, sich
vor Reiseantritt über evtl. Einreisebestimmungen und Besonderheiten des
Reiselandes zu informieren.
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Freizeitangebote der AIDS-Hilfe
Vielleicht möchtest du deine Freizeit gerne mit Menschen verbringen, die in einer ähnlichen Lage sind wie du. Die AIDS-Hilfe
bietet für HIV infizierte Menschen neben einer betreuten Gruppenreise pro Jahr Freizeitaktivitäten an. Jeden Monat stehen andere Aktivitäten auf dem Programm. Nähere Informationen zur
Reise und zum Freizeitangebot erhältst du im Beratungszentrum
der AIDS-Hilfe.
Positiv Leben auf dem Land
Viele Menschen mit HIV entscheiden sich, lieber in einer Großstadt
zu wohnen, weil dort die medizinische Versorgung besser ist, man
leichter andere Betroffene kennenlernen kann und die Nachbarn
sich nicht für den eigenen Lebensstil interessieren. Sicher ist manches einfacher in den Metropolen, aber ein Umzug aus dörflichen
oder kleinstädtischen Strukturen in die Großstadt bedeutet auch
eine große Umstellung. Es erfordert viel Zeit und eigenes Engagement, sich ein tragfähiges soziales Netz zu knüpfen, das auch
dann trägt, wenn es einem mal schlechter geht.
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Wer sich auf dem Land oder in der Kleinstadt wohl und geborgen
fühlt, sollte nur wegen der HIV-Infektion nicht in die Großstadt
„flüchten“ müssen! Wenn du dich entscheidest, mit HIV auf dem
Land zu leben, möchten wir dir einige Empfehlungen mitgeben:
Suche regelmäßig einen erfahrenen Arzt auf, der sich mit HIV auskennt, auch wenn du dafür 50 km oder mehr fahren musst und
lass keinen an dir „herumdoktern“, nur weil seine Praxis nebenan
ist! Æ Adressen
Es tut selten gut, die HIV-Infektion dauerhaft vor allen geheim zu
halten. Wenn du in deinem näheren Umfeld mit niemandem darüber sprechen möchtest, such dir Gesprächspartner z. B. bei der
nächstgelegenen AIDS-Hilfe oder übers Internet!
Es gibt auch ermutigende Beispiele von Betroffenen auf dem Land,
die mit ihrer HIV-Infektion offen umgehen und trotzdem in die
dörfliche oder kleinstädtische Gemeinschaft integriert sind. Bevor
du diesen Schritt gehst, solltest du aber selbstsicher zu deiner HIVInfektion stehen und Rückhalt von Familie oder Freundeskreis bekommen, denn mit Anfeindungen und Diskriminierung muss man
leider auch heute noch rechnen.
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Materielle
Absicherung
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Die zum Teil deutliche Verbesserung der
gesundheitlichen Situation vieler Betroffener durch neue Therapiemöglichkeiten
geht leider nicht mit einer besseren sozialen und materiellen Absicherung einher. Man kann inzwischen sagen, je
länger die Menschen mit HIV und Aids
leben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann auch bedürftig werden können. Aus dem Grunde
ist eine materielle Absicherung der Zukunft erstrebenswert.
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Berufsleben
Erwerbstätig zu sein bedeutet für die meisten Menschen mehr als
nur finanzielle Absicherung. Die Arbeitszeit nimmt einen großen
Teil des Tages ein, zum sozialen Umfeld gehören auch Arbeitskollegen und viele verbinden den Lebensinhalt mit ihrem Beruf. Vor
allem aber bedeutet die Berufstätigkeit, direkte Anbindung an die
Gesellschaft zu haben.
Mit der Verbesserung der Kombinationstherapien ist es für den
Großteil der HIV-positiven Menschen möglich, in ihrem Beruf weiter zu arbeiten. Trotzdem wirft die Tatsache, ein HIV-positiver Arbeitnehmer zu sein, spezifische Fragen auf.
Darf ich jeden Beruf ausüben? Was ist, wenn ich die Stelle
wechseln will? Muss ich meine Infektion am Arbeitsplatz bekannt machen? Was ist, wenn mein Chef davon erfährt?
Grundsätzlich gilt:
+ Eine HIV-Infektion beeinträchtigt oder vermindert die
Arbeitsfähigkeit zunächst nicht und wird daher im Arbeitsrecht wie alle anderen infektiösen Krankheiten behandelt.
+ Das bedeutet auch, dass eine HIV-Infektion kein Kündigungsgrund ist!
+ Führt die Infektion zu Symptomen und einem damit verbundenem Arbeitsausfall, gelten die Grundsätze für
krankheitsbedingte Kündigungen.
+ Auch auf Druck der Kollegen oder Kunden darf eine
Kündigung nicht durchgesetzt werden, da sich für die
betreffenden Gruppen durch die HIV-Infektion keine Gefahr ergibt. Der Arbeitgeber hat in dieser Situation alle
zumutbaren Maßnahmen zu deinem Schutz zu ergreifen
(z.B. Aufklärung der Belegschaft über Übertragungswege etc.).
+ Arbeiten im Gesundheitswesen wie auch im Lebensmittelbereich sind grundsätzlich erlaubt.
+ Berufseinschränkungen gelten hauptsächlich für Piloten
und Chirurgen.
+ Tätigkeitseinschränkungen gibt es weiterhin für Berufe
mit Reisetätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen
(bspw. für Tätigkeitsbereiche, die im Zusammenhang
mit Einreisebeschränkungen für HIV-Positive stehen und
für Tätigkeiten im Gesundheitswesen, die unmittelbar
ein Ansteckungsrisiko beinhalten).
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Für die Bewerbungssituation gilt:
+ Eine Frage des künftigen Arbeitgebers bezüglich einer
HIV-Infektion ist nicht zulässig! Bei der Beantwortung
einer solchen Frage musst du nicht bei der Wahrheit
bleiben, sondern darfst sie sogar verneinen, wenn du
befürchtest, dass sich eine Nichtbeantwortung negativ
auf deine Einstellungschancen auswirken.
+ Die Frage ist nur zulässig bei bereits genannten Berufsgruppen mit Berufs- und Tätigkeitseinschränkungen
und muss in diesem Fall auch wahrheitsgemäß beantwortet werden!
+ Ähnliches gilt für einen HIV-Antikörpertest bei einer Einstellungsuntersuchung:
- er ist nur zulässig bei oben genannten Berufsgruppen
mit Tätigkeitseinschränkung
- bei allen anderen Berufsgruppen kann ein HIV-Test nur
auf freiwilliger Basis durchgeführt werden
+ Der untersuchende Betriebsarzt darf an den Arbeitgeber nur ein „geeignet“ oder „nicht geeignet“ für die Tätigkeit weitergeben. Diese Aussage bezieht sich in der
Regel auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Bei Berufsgruppen, bei denen der HIV-Status keine Rolle spielt,
darf der positive Status, sofern er bisher symptomfrei
verläuft, keine Relevanz für die Eignung haben.
+ Generell haben neben Ärzten und Behörden auch Kollegen, Freunde und Bekannte und vor allem Arbeitgeber
eine Schweigepflicht zu wahren. Wird sie nicht eingehalten, kannst du rechtliche Konsequenzen veranlassen.
Die rechtliche Situation ist die eine Seite. Tatsächlich werden bei
Einstellungsuntersuchungen aber oft HIV-Tests verlangt, obwohl
sie nicht zulässig sind. Betriebsärzte vermerken trotz einer symptomfreien HIV-Infektion „nicht geeignet“ für die Tätigkeit oder brechen gar ihre Schweigepflicht. In diesen Fällen kannst du dich aber
rechtlich zur Wehr setzen.
Bisher gibt es im Arbeitsrecht nur sehr wenige Urteile zu HIV. Alle
Angaben wurden von uns nach aktuellem Wissensstand zusammengetragen. Da nicht in allen Belangen Rechtssicherheit
herrscht, sind sie jedoch nur als Richtschnur zu verstehen.
Krankenversicherung
In Deutschland besteht für alle Einwohner die Pflicht, eine Krankenversicherung abzuschließen. Wer den Versicherungsschutz
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verloren hat, kehrt in seine letzte Versicherung zurück. Dies gilt
gleichermaßen für den gesetzlichen wie privaten Krankenversicherungsschutz.
Die private Krankenversicherung wird versichertenfreundlicher
gestaltet. Dazu gehört die Einführung eines Basistarifs, den alle
Versicherungsunternehmen anbieten müssen.
Rezept- und Praxisgebühr
Die Belastungsgrenze für nicht chronisch kranke Menschen, liegt
bei zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens zum Lebensunterhalt.
Die zu leistenden Zuzahlungen (Medikamente, Praxisgebühr,
med. Anwendungen) sind für chronisch Kranke grundsätzlich auf
maximal ein Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens begrenzt.
Liegen deine Zuzahlungen höher als ein Prozent deines Einkommens, kannst du bei der Krankenkasse einen Antrag auf Befreiung
von der Zuzahlung stellen.
Als schwerwiegend chronisch krank gilt,
wer eine kontinuierliche medizinische Versorgung benötigt, ohne die eine lebensbedrohliche Verschlimmerung
der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung
oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität
durch die von der Krankheit verursachte Gesundheitsstörung zu erwarten ist. Dies setzt mit einer antiviralen HIVTherapie ein.
Gesetzliche Ansprüche
Viele HIV Positive machen sich Sorgen um die Absicherung in Zeiten, in denen sie nicht mehr erwerbstätig sein können. In diesem
Fall greifen die staatlichen Absicherungen, die man bei den Sozialversicherungsträgern beantragen kann.
Arbeitslosengeld I
Arbeitslose ohne Kinder erhalten 60 % des pauschalierten Nettoentgelts. Voraussetzung dafür ist, dass du davor innerhalb von
zwei Jahren zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen bist. Arbeitslosengeld I wird abhängig vom Alter maximal 24 Monate gezahlt. Es muss bei der Agentur für Arbeit
beantragt werden. Antragsformulare gibt es auf der Internetseite
der Arbeitsagentur (www.arbeitsagentur.de).
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Arbeitslosengeld II (Hartz IV)
Giltst du als erwerbsfähig, hast aber keinen Anspruch mehr auf
Arbeitslosengeld 1 und auch sonst kein anderes Einkommen
oder Vermögen, wird über das ALG II dein Lebensunterhalt gesichert. Falls du ein Einkommen hast, das aber zu gering ausfällt,
kann das ALG II auch ergänzend gezahlt werden. Wenn du Grundsicherung beziehst, bist du damit eigenständig kranken- und
pflegeversichert. Den Antrag stellst du bei deiner zuständigen
ARGE, (nach Wohnort zugeordnet), die Anträge erhältst du dort
oder im Internet. Mit dem Bezug der Grundsicherung wirst du
einem Ansprechpartner bei der ARGE zugeteilt. Dort werden mit
dir Möglichkeiten wieder in Arbeit zu kommen besprochen, die
du verpflichtend unterschreibst und damit auch einhalten musst
(so genannte Eingliederungsvereinbarung). Verletzt du eine der
dort vereinbarten oder im Gesetz festgelegten Pflichten, können
deine Leistungen gekürzt oder gestrichen werden. Außerdem
musst du darauf achten, ab wann du einen Folgeantrag stellen
musst, damit du weiterhin Leistungen bewilligt bekommst.
Grundsicherung
Mit der Grundsicherung soll der grundlegende Bedarf für den Lebensunterhalt von Menschen, die wegen Alters oder auf Grund
voller dauerhafter Erwerbsminderung endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und deren Einkünfte für den notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichen, sichergestellt werden.
Durch diese Leistung soll die Zahlung von Sozialhilfe (ALG II) vermieden werden. Im Gegensatz zur Sozialhilfe wird auf Einkommen
der Kinder oder Eltern nicht grundsätzlich zurückgegriffen. Das
erleichtert Dir den Zugang zu dieser Leistung.
Wohngeld
Der Wohngeldzuschuss unterstützt dich, wenn du ohne staatliche
Hilfe die Kosten des Wohnens nicht vollständig tragen kannst. Wer
Transferleistungen wie ALG II, Grundsicherung im Alter oder
BAföG bezieht, erhält kein Wohngeld. Die Kriterien für die Wohngeldbemessung berücksichtigen die Zahl der Haushaltsmitglieder, dein gesamtes Einkommen, die Nettomiete inkl. Nebenkosten
sowie die geltenden Mietstufen. Das Wohngeld wird nur auf Antrag bewilligt.
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Rente wegen Erwerbsminderung
Wenn du wegen deines Gesundheitszustandes (Krankheit oder
Behinderung) gar nicht oder nur noch eingeschränkt arbeiten
kannst, hast du die Möglichkeit, eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit zu beantragen.
Die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen vor, wenn du wegen Krankheit oder Behinderung weniger als 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
arbeiten kannst.
Die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegen vor, wenn du wegen Krankheit
oder Behinderung mindestens 3 aber weniger als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kannst.
Du erfüllst die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, wenn
die Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt ist und während der
letzten 5 Jahre, 36 Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet wurden. Davon gibt es allerdings Ausnahmen
und Übergangsregelungen.
Informationen zur Rentenversicherung unter:
http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de
HIV und Altersvorsorge
Dies muss kein Widerspruch sein! Die Medizin macht immer weitere Fortschritte und findet neue medizinische Ansätze. Die Lebenserwartung rückt immer näher an die des Durchschnitts heran
und somit ist eine Altersvorsorge sinnvoll.
Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, ist nach Bekanntwerden der HIV-Diagnose nicht mehr möglich. Dafür besteht seit kurzem auch für Menschen mit HIV und Aids die
Möglichkeit, eine Lebensversicherung abzuschließen. Dabei wird
das Risiko jedoch individuell kalkuliert. Um eine Altersvorsorge zu
betreiben, sind eine Rentenversicherung oder ähnliche Modelle
jedoch ausreichend oder sogar besser geeignet. Dabei wird keine
Gesundheitsprüfung durch den Versicherer durchgeführt.
Anerkennung der Schwerbehinderung
Die Frage, ob man eine Anerkennung als Schwerbehinderter erwirken möchte, ist auch eine persönliche Frage. Wir können dir
hier nur die Rechte und Nachteilsausgleiche aufzeigen, die ein
Schwerbehindertenausweis mit sich bringt.
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Als schwerbehindert gilt man, wenn vom Versorgungsamt ein
Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 % festgestellt
wird und man seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt
oder den Arbeitsplatz rechtmäßig in Deutschland hat.
Eine HIV-Infektion allein reicht nicht aus, um als schwerbehindert
anerkannt zu werden. Es müssen weitere dauerhafte Einschränkungen (z. B. eine Gehbehinderung, Depressionen oder Schmerzen) vorliegen.
Grundsätzlich bietet dir der Status „schwerbehindert“ einen besonderen Kündigungsschutz, zusätzliche Urlaubstage und soll
Nachteile ausgleichen, die durch die Behinderung entstehen.
Du kannst in Anspruch nehmen:
+ Besondere Hilfe, um einen Arbeitsplatz zu erlangen
+ Begleitende Hilfen im Arbeitsleben
+ Finanzielle Unterstützung für deinen Arbeitgeber, wenn
dein Arbeitsplatz eine besondere Ausstattung erfordert
+ Freistellung von Mehrarbeit
+ Finanzielle Vergünstigungen, z. B. Freifahrtberechtigungen, Steuervergünstigungen, ermäßigte Eintritte
Je nach Erkrankung gibt es noch gesonderte Merkzeichen, die
weitere Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche mit sich bringen können.
Den Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung stellst du
beim zuständigen Versorgungsamt.
Rehabilitation und Kur
Wenn du aufgrund deiner HIV-Infektion oder anderer gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr voll leistungsfähig bist,
kannst du beim Rentenversicherungsträger eine Kur beantragen.
Sie soll die Erwerbsfähigkeit erhalten bzw. wiederherstellen. Unterstützung bei der Antragstellung bekommst du dabei von deinem Arzt.
Viel zu lange draußen?
Finanzielle Absicherung und Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt der ARGE sind ganz praktische Hilfen,
um die Arbeitslosigkeit überwinden zu können. Eventuell kommt
für dich eine neue Ausbildung in Frage oder du kannst über eine
Maßnahme in einen neuen Beruf hineinfinden. Wenn man jedoch
längere Zeit krank war und deshalb aus dem Beruf ausgeschieden
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ist oder aber man hat sich selbst zurückgezogen, weil man das
„Versteckspiel“ auf der Arbeit nicht mehr ausgehalten hat, dann
stellen sich beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ganz andere
Fragen:
+ Wo sind meine Belastungsgrenzen?
+ Welche Arbeit kann ich noch machen?
+ Wie kann ich den geeigneten Umgang auf der Arbeit mit der
Infektion finden?
Ein Gespräch in der Beratungsstelle der AIDS-Hilfe kann Dir hierbei für dich geeignete Wege aufzeigen. Vielleicht musst du es aber
auch selbst testen. Dafür bietet die AIDS-Hilfe eine Mitarbeit im
Beschäftigungsprojekt Restaurant Estragon an. Dort kannst du
einen Einstieg ins Arbeitsfeld Gastronomie finden, Anstöße für
einen neuen Lebensentwurf bekommen, dich mit der Arbeit in
einem Team auseinandersetzen und Unterstützung für deine Zukunftsfragen bekommen. Æ Adressen
Praktische Hilfen: Stiftungen
Zahnersatz, eine kaputte Waschmaschine, die neue Brille… Unvorhergesehene Ausgaben können Menschen mit knappem
Budget noch mehr in die Enge treiben. Wenn das Einkommen
nicht ausreicht und es keine andere Möglichkeit der Finanzierung gibt, bilden Stiftungen eine Möglichkeit, an finanzielle Mittel zu kommen. Speziell für HIV-positive Menschen in Notlagen
besteht die Möglichkeit, einen Antrag an die Deutsche AIDS-Stiftung Æ Adressen zu stellen. Die AIDS-Hilfe kann dich bei der Antragstellung unterstützen. Natürlich kannst du bei Bedarf auch bei
anderen Stiftungen Anträge stellen und natürlich beraten wir Dich
auch hierbei gerne.
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Du siehst: HIV ist keine schöne Sache,
aber du bist mit deinen Problemen nicht
allein. Nutze die Möglichkeiten der medizinischen und psychosozialen Versorgung in der Metropolregion Nürnberg.
Verkriech dich nicht, sondern begib dich
auf den Weg zu einem selbstbewussten
Leben. Wir sind für dich da!
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Adressen
Ärztliche Versorgung:
Dr. Lothar Schneider
Pickertstr. 2
90762 Fürth
Tel.: 0911/977 36 88 oder 977 36 82
www.dr-lothar-schneider.de
Andrea Tomesch
Arndtstr. 4
90419 Nürnberg
Tel.: 0911/393 91 81
Dr. Günter Abelein /Martin Helm
Sperberstr. 80
90461 Nürnberg
Tel.: 0911/45 19 60
Dr. Peter Löw / Dr. Ingrid Löw
Friedrich-Ebert-Straße 6
91757 Treuchtlingen
Tel.: 09142/86 24
www.praxis-loew-treuchtlingen.de
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Nordklinikum Nürnberg
Immunambulanz
OA Dr. Klier
Professor-Ernst-Nathanstr. 1
90419 Nürnberg
Tel.: 0911/398 37 37
www.klinikum.nuernberg.de
Universitätsklinik Erlangen
Hochschulambulanz INZ 2
Ulmenweg 18
91054 Erlangen
Tel.: 09131/853 47 42
www.med3.med.uni-erlangen.de
Universitätsklinik Würzburg
Medizinische Poliklinik II
Infektionsambulanz ZIM
Oberdürrbacher Straße 6
Haus A3 Ebene -1
97080 Würzburg
Tel.: 0931/20 14 00 80
http://medizin2.uk-wuerzburg.de/schwerpunkte-derklinik/infektiologie/leber-und-infektionsambulanz.html
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Adressen von Beratungsstellen:
AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V.
Beratungszentrum
Entengasse 2
90402 Nürnberg
Tel.: 0911/230 90 35
www.aidshilfe-nuernberg.de
Online-Beratung
www.aidshilfe-beratung.de
AIDS-Beratung Mittelfranken
der Stadtmission Nürnberg
Rieterstraße 23
90419 Nürnberg
Tel.: 0911/32 250 0
www.aids-beratung-mittelfranken.de
AIDS-Beratungsstelle Unterfranken
Friedrich-Spee-Haus
Röntgenring 3
97070 Würzburg
Tel.: 09 31/386 58 200
www.aidsberatung-unterfranken.de
AIDS-Beratung Oberfranken
+ Hauptstelle
Friedrich von Schiller Straße 11 1/2
95444 Bayreuth
Tel.: 0921/8 25 00
www.aidsberatung-oberfranken.de
+ Dienststelle Bamberg
Willy-Lessing-Str. 16
96047 Bamberg
Tel.: 0951/27 99 8
www.aidsberatung-oberfranken.de
Deutsche AIDS-Stiftng
www.aids-stiftung.de
HIV-Therapie-Hotline
Tel.: 089/54 333 123
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Adressen von Beschäftigungsprojekten:
Restaurant Estragon
gemeinnützige GmbH
Jakobstraße 19
90402 Nürnberg
Tel.: 0911/241 80 30
www.estragon-nuernberg.de
ANLAUF – Das Nürnberger Netzwerk für Qualifizierung und
Beschäftigung
www.anlauf-nuernberg.de
Weitergehende Beratungsstellen:
Krisendienst Mittelfranken
Hessestr. 10
90443 Nürnberg
Tel.: 0911/42 48 55 0
www.krisendienst-mittelfranken.de
mudra – Drogenhilfe Nürnberg
Beratungsstelle Nürnberg
Ottostraße 18
90403 Nürnberg
Tel.: 0911/81 50 100
www.mudra-online.de
Lilith e.V.
Bogenstraße 30
90459 Nürnberg
Tel.: 0911/47 22 18
Hepatitishilfe Mittelfranken e.V.
Breite Gasse 94
90402 Nürnberg
0911/235 82 46 / 45
www.hepatitisc-selbsthilfegruppe.de
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Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V.
Entengasse 2
90402 Nürnberg
Servicepoint: 0911/230 90 35
Beratungstelefon: 0911/19 411
www.aidshilfe-nuernberg.de
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