Verhaltensstörung Definitionsbedingungen: gemessen am Standard von „Normalität“ = 1. gesellschaftliche (sozial-kulturelle) Vereinbarungen = 2. in Bezug auf entwicklungsgemäßes Verhalten innerhalb der Altersgruppe 1. gemessen am Maßstab des Funktionierens sozialer Gefüge (d.h.: was für das Funktionieren der Gesellschaft oder einer Schulklasse für angemessen, gruppendienlich, oder zumindest für nicht sozial schädlich gehalten wird) 2. gemessen am Maßstab der psychischen Gesundheit (d.h.: was entwicklungsbezogen für ein Kind in einem bestimmten Alter oder auch für einen Menschen grundsätzlich für gesund gehalten wird) -> Problem: „Entwicklungsverzögerung“ Beschreibungsmöglichkeit: subjektiv/individuell: Intensität, Ausprägung, Häufigkeit, Zeitdauer und die Kombination mehrerer Auffälligkeiten Entscheidend für das Vorliegen einer Störung ist, dass u.a. folgende Kriterien erfüllt werden: - Art, Umfang, Intensität der Symptome sowie aus ihrem Vorliegen resultierende Handlungsund Befindlichkeitsbeeinträchtigungen - über längeren Zeitraum. - Es muss einen Unterschied zwischen dem üblichen und dem beobachteten Verhalten bestehen. - Es dürfen keinen „Entschuldigungstatbestände“ vorliegen, die Verhalten erklären könnten (Tod, Scheidung, Umzug, Krankheit, etc.). Gruppen von Verhaltensstörung: - Aggression und Gewalt Hyperaktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen Autismus Soziale Unsicherheit – Ängstlichkeit Suizid Selbstverletzendes Verhalten Essstörungen Drogenmissbrauch ... Kast, Markus 26.03.2007 1 Formen von Aggression: 1. Pseudoaggression: wirken aggressiv, sind aber nicht beabsichtigt (z.B.: Rempler aus Unaufmerksamkeit) 2. Instrumentelle Aggression: als Instrument, um etwas anderes zu erlangen (z.B.: Aufmerksamkeit und Anerkennung) 3. Aggression aus aktuellem Ärger: beinhalten beabsichtigte Schädigung (z.B.: aus Frustration) 4. Spontane Aggression: Durchbrennen von Spannungen (Ausklinken ohne erkennbaren Anlass – Opfer eher zufällig gewählt) 5. Aggressionen, mit denen Dominanz und Macht gegenüber anderen ausgeübt wird Kriterium der Gewalt – Motivation: sich überlegen fühlen zu wollen – äußerst problematisch 6. Lustvolle Aggression: Lust empfinden andere zur „Weißglut“ zu ärgern – ohne, dass er gegen die Person selbst etwas hat. 7. Feindselige Aggression: Ärger und Frustration haben sich gegebenenfalls schon länger angestaut – Plan sich zu Rächen oder Frustration abzureagieren besteht möglicherweise schon länger. Zielorientiert Zweckbestimmte Schädigung oder Schädigungsabsicht, z.B. Schlagen Instrumentell Schädigendes Verhalten als Mittel zur Durchsetzung eines Interesses, z.B. Raubüberfall Direkt Offenes, beobachtbares schädigendes Verhalten, z.B. Schlagen oder Beleidigen Indirekt Verdecktes, hinterhältiges oder relational schädigendes Verhalten, z.B. Intrigieren, Ausgrenzung Aktiv Primär intrinsisch motiviertes schädigendes Verhalten, z.B. Stehlen Reaktiv Primär extrinsisch motiviertes schädigendes Verhalten, z.B. Zurückschlagen Gerichtet Gezieltes gegen ein Objekt gerichtetes Verhalten, z.B. Treten Ungerichtet Ungezieltes, wahllos gegen Objekte gerichtetes Verhalten, z.B. impulsives Umsichschlagen Fremd Gegen andere Personen gerichtetes schädigendes Verhalten Selbst Gegen die eigene Person gerichtetes schädigendes Verhalten Verbal Schädigendes Verhalten auf sprachlicher Ebene, z.B. Beleidigungen Non-verbal Schädigendes Verhalten auf physischer Ebene, z.B. Schlagen Kast, Markus 26.03.2007 2 Erklärungssansätze: Individuumszentrierte Sicht: Kontextabhängige Sicht: Verhaltensstörung liegt in der Person selbst begründet „Verhaltensauffällig ist, wer als verhaltensauffällig bezeichnet wird.“ auffälliges Verhalten Störverhalten Signalverhalten Die systemische Sichtweise: „Verhaltensgestörte Kinder sind Kinder, die Verhaltensweisen zeigen, die von einem Lehrer als verhaltensgestört bezeichnet werden.“ „Das verhalten einer Person ist Ergebnis und Ausdruck situativer Bedingungen, Strukturen, Prozesse und Spielregeln, und es ist nicht in seiner Person begründet.“ Verhalten ist im Kontext funktional „Die Einbeziehung des Kontextes ermöglicht das gemeinsame Konstruieren eines Erklärungsrahmens für problematisches Verhalten, durch den anscheinend sinnlose und bizarre Phänomene und Ereignisse als funktional (vielleicht sogar als bestmögliche Lösung) beschrieben werden können.“ Spielregeln steuern Verhalten „Überall da, wo Menschen interagieren, wo ein Mobile sich bewegt, geschieht dies nach bestimmten Regeln, die von allen Beteiligten mit großer Souveränität angewandt werden, obwohl – auf Befragen hin – kaum eine von ihnen explizit benannt werden könnte.“ Denken vollzieht sich in Regelkreisen „Die Einbeziehung des Kontextes ermöglicht das gemeinsame Konstruieren eines Erklärungsrahmens für problematisches Verhalten, durch den anscheinend sinnlose und bizarre Phänomene und Ereignisse als funktional (vielleicht sogar als bestmögliche Lösung) beschrieben werden können.“ Als problematisch erlebte Verhaltensweisen sind Bestandteile und Ergebnis Regelkreisprozessen und Spielregeln. Sie müssen sich ändern, wenn diese es tun! von Es ist nützlicher und hilfreicher, die Situation zu ändern, als den Menschen ändern zu wollen! Kast, Markus 26.03.2007 3 Interventionstreppe: 1. Strukturierung 2. Prävention 3. Intervention 4. Sanktion Struktur – Ergebnisse der Gruppenarbeit 1. Raum Struktur im Kalssenzimmer Regeln für das Schulgelände Adäquate Klassenzimmergröße -> genügend „Spielraum“ Aufteilung des Raumes: Schule - Tagestätte Klare Strukturierung des Arbeistplatzes -> Reizreduziert -> Schultasche -> „Lernen lernen“ 2. Material Aufforderungscharakter „Weniger ist mehr“ Eigenaktivität -> Handling -> selbständiges Arbeiten -> Selbstkontrolle -> Symbole/Anweisungen klar! -> Aufbewahrung 3. Zeit Rhythmisierung -> im Jahresplan -> in der Unterrichtsstunde Ritualisierung -> gestaltete Übergänge -> gibt Verhaltenssicherheit -> erspart Verhandlungen Je problematischer das Verhalten desto kürzer (überschaubarer) die Phasen 4. Person ICH (Lehrer, Schüler) DU (Beziehungsebene) L-L; L-S; S-S PERSON Kontinuität WIR Kast, Markus 26.03.2007 4