Übung Verfassungsrecht SS 2011 Bruno Binder/Simone Grochar Diplomstudium Rechtswissenschaften/Bachelorstudium Wirtschaftsrecht 148.037 Texttafel zum Fall IV: Parteienverbot (Individualantrag auf Gesetzesprüfung) A. Bundesverfassungswidriges BVG ? (Art 44 Abs 3 B-VG) (Gesetzesprüfung durch den VfGH gem Artikel 140 Abs 1 B-VG) (Binder/Trauner, Öffentliches Recht - Grundlagen (2008) RZ [1177], [2361]). Volksabstimmung ? Art 44 Abs 3 B-VG B. Checklist Gesetz C. Grundrechte: Recht auf Gründung politischer Parteien (§ 1 Abs 3 PartG); Vereinigungsfreiheit (Art 11 EMRK und Z 3 des Beschlusses der Prov NV vom 30.10.1918); Meinungsfreiheit (Art 13 StGG, Art 10 EMRK); freies Wahlrecht (Art 26 B-VG [Art 95 und Art 117 Abs 2 B-VG] u Art 8 StV von Wien); Gleichheit (Art 7 B-VG und Art 2 StGG) D. Zulässigkeit Individualantrag 1. (Verfassungs)Gesetz? 2. Subjektive Rechte Gesetz könnte in die Rechtssphäre (Grundrechte und auch einfachgesetzlich gewährleistete Rechte) des Antragstellers nachteilig eingreifen und diese verletzen (keine wirtschaftliche Reflexwirkung). Grundrechte: • Recht auf Gründung politischer Parteien (§ 1 Abs 3 PartG; Eingriff durch BVG zulässig, Schranken durch demokratisches Prinzip → Art 44 Abs 3 B-VG) • Vereinigungsfreiheit (Art 11 EMRK und Z 3 des Beschlusses der Prov NV vom 30.10.1918; jede freiwillige, für die Dauer bestimmte organisierte Verbindung mehrerer Personen zur Erreichung eines bestimmten gemeinschaftlichen Zwecks durch fortgesetzte gemeinschaftliche Tätigkeit) EGMR 13.02.2003, 41340/98 • Meinungsfreiheit (Art 13 StGG, Art 10 EMRK) • freies Wahlrecht (Art 26 B-VG [Art 95 und Art 117 Abs 2 B-VG] iVm Art 8 StV von Wien) • Gleichheit (Art 7 B-VG und Art 2 StGG) 3. Betroffenheit Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden. 4. Umweg kein anderer Weg zur Abwehr des rechtswidrigen Eingriffs steht zur Verfügung, daher Zumutbarkeit des Umwegs nicht mehr zu prüfen. E. Verstoß gegen leitenden Grundsatz der Bundesverfassung (verfassungswidriges Verfassungsrecht): • demokratisches Prinzip (Art 1 B-VG und § 1 Abs 1 PartG) (Existenz und Vielfalt der politischen Parteien [§ 1 Abs 1 PartG] ist wesentliches Element des demokratischen Prinzips, Eingriff in leitenden Grundsatz des B-VG wie demokratisches Prinzip ist Gesamtänderung der Bundesverfassung, die gemäß Art 44 Abs 3 B-VG nur mit Volksabstimmung möglich ist) zu Art 44 Abs 3 B-VG: VfSlg 16.327/2001 Übung Verfassungsrecht SS 2011 Bruno Binder/Simone Grochar Diplomstudium Rechtswissenschaften/Bachelorstudium Wirtschaftsrecht 148.037 F. Verbotsgesetz 1. Verbotsgesetz 1947 (wurde mit StGBl 1945/13 als „Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz)“ kundgemacht, dieses Verfassungsgesetz ist aber gem Novelle in BGBl 1947/25, Abschnitt II, 7. nur als „Verbotsgesetz 1947" zu bezeichnen) und Art 9 StV von Wien 2. These „streitbare Demokratie“ (Binder/Trauner, Öffentliches Recht - Grundlagen (2008) RZ [0886], [2740]; Oberndorfer, Art 1 B-VG in Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, RZ 10) Vergl Art 21 Abs 2 dGG: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ G. Schriftsatz 1. Deckblatt 2. Anträge: Aufhebungsantrag betreffend § 1 BVG über das Verbot der E-Partei Prüfungsgegenstand (ganzer Inhalt oder bestimmte Stellen) ist genau und eindeutig zu bezeichnen (§ 62 VfGG): - durch Aufhebung muss aus der angefochtenen Bestimmung die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit aus dem Rechtsbestand entfernt werden; - gleichzeitig darf jedoch nicht mehr aufgehoben werden, als zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit erforderlich; - verbleibender Teil darf aber keine Änderung seiner Bedeutung erfahren 3. Begründung des Verstoßes gegen leitenden Grundsatz der Bundesverfassung - Zulässigkeit ? - demokratisches Prinzip (Art 1 B-VG) Verbot einer Partei, bloß weil diese lästig, widerspricht demokratischem Prinzip