Rekonstruktion der Magmakammer des Laacher See - Vulkans Interdisziplinäre Geochemieforschung in einer Kooperation des Humboldt-Gymnasiums Berlin und der Abt. Geochemie des Geowissenschaftlichen Zentrum Göttingen Probennahme von Bimsstein aus Ablagerungen des Laacher See Vulkans, Wingertsbergwand, c. 1 km S des Kraters Der Kraterkessel des Laacher See Vulkans, Blick nach E vom Gänsehalsrücken Probennahme von basaltischen Schlacken am Eppelsberg-Vulkan Simulation des Vulkanausbruchs Vulkanismus in Deutschland? Bimsstein und Silikatschmelze: Bimsstein ist ein vulkanisches Lockerprodukt, er entsteht aus gasreichen silikatischen Schmelzen, die als Magmafetzen, bei explosiven Eruptionen ausgeschleudert werden und durch die entweichenden Gase zu glasigen, aufgeblähten, porösen Aggregaten (natürliches Schaumglas) erstarren. Bimsstein ist extrem leicht, sogar auf Wasser schwimmfähig und kann als Schleifmittel oder zu wärmeisolierenden Bausteinen verarbeitet werden. Bimsstein ist ein amorphes natürliches Silikatglas (Summe aller Si und O Atome ca. 75%) mit hohem Anteil an Gasblasen. Helle Farbe : wenig Magnesium- und Eisenionen (< 1%), dunkle Farbe: viele Magnesium- und Eisenionen (2-4%). Restliche Ionen : Al, Ca, Na, K 5 cm Post-eruptive Prozesse Eine Umfrage bei den Schülern ergab das erwartete Bild: Vulkane in Deutschland? So was gibt es natürlich bei uns nicht! - Entgasung - Hydrothermale Alteration - Verwitterung und Abtragung Weit gefehlt: Kreisrunde Kraterseen, die Maare, und fast 350 Vulkankegel sind heute noch sichtbares Zeichen der bewegten Vergangenheit der Eifel: Bis vor 10.000 Jahren war diese Region vulkanisch aktiv. Auf 1200 Quadratkilometern erstreckt sich das jüngste Vulkanfeld Mitteleuropas. Und es brodelt immer noch. Ein Beispiel ist der Laacher See, der vor ca. 13.000 Jahren explodierte : Aufsteigendes, heißes Magma traf auf Grundwasser, schlagartig entstand Dampf mit verheerender Wirkung: Wissenschaftler gehen davon aus, dass täglich 5000 Tonnen Schwefeldioxid ausgestoßen wurden, die Eruptionssäule stieg bis in 40 Kilometer Höhe. Wir stellen uns die Frage : wie sah es in der Magmakammer vor dieser großen Eruption aus ? Wie sind die Minerale und Silikatschmelzen zusammengesetzt, die da ausgeworfen wurden ? Die magmatische Differentiation - das Reaktionsprinzip von BOWEN 1mm Der amerikanische Petrologe BOWEN erkannte, dass bei der Kristallisation von Magmen typische Ausscheidungsfolgen zu beobachten sind. Dabei werden mit abnehmender Temperatur aus dem Magma jeweils unterschiedliche Minerale gebildet und so die Zusammensetzung der Restschmelze verändert (magmatische Differentiation). Schema eines dreidimensional vernetzten Silikatglases Die „diskontinuierliche Reaktionsreihe“ zeigt die Folge der mafischen Mineralien (dunkle Kristalle, da reich an Magnesium- und Eisenionen, Fe). Dabei reagiert bei Abkühlung des Magmas die Restschmelze unter Bildung des in der Reihe folgenden Minerals. Silikate - Die Natur der Si-O-Bindung Vulkanische Gesteine bestehen aus Silikatmineralen und ggf. aus Silikatglas. Silikate werden aus SiO4 Tetraedern aufgebaut, zwischen denen andere Ionen eingelagert sind. Die „kontinuierliche Reaktionsreihe“ zeigt die Bildung der Plagioklase (Feldspäte) nach Art einer Mischkristallfolge, also nicht unter Bildung eines anderen Minerals, solange, bis die Schmelze aufgebraucht ist. Für den Bindungscharakter der Si-O-Bindung in Silikaten, Silikatgläsern und -schmelzen (ionische Formulierung entsprechend Si4+ und O2-) ergibt sich unter Berücksichtigung der Elektronegativitätsdifferenz von 1,7 ein starker Ionencharakter. Bei Annahme einer rein ionischen Bindung ergibt sich die Summe der Ionenradien zu 168 pm (O: 132 pm und Si: 36). Die berechnete Si-O-Bindungslänge, die sich bei Annahme einer reinen Atombindung aus der Summe der Atomradien von 66 pm für O und 117pm für Si ergeben, beträgt dagegen 183 pm. Beobachtet wird jedoch in Silikaten ein Wert von ca. 162 pm, d.h ein geringerer Wert als nach allen Konzepten berechnet. Hiernach ist ein Doppelbindungscharakter zu berücksichtigen, um die kurzen Bindungsabstände dSi-O zu erklären. Der beobachtete Bindungswinkel am Sauerstoff liegt im Durchschnitt bei 140 o, wobei der Bereich zwischen 130° und 160o schwankt. Als Erklärung für diese gegenüber dem Tetraederwinkel deutlich aufgeweiteten O-Si-O-Winkel müssen auch Abstände zwischen nichtbindenden Si-Atomen (Si-Si: 306 pm) berücksichtigt werden und daraus resultiert dann der Winkel von 140o. Die Mineralabfolge dieser beiden Reihen zeigt, dass der SiO2-Gehalt der Restschmelze mit zunehmender Kristallisation steigt. Magmakammer und Nebengestein rekonstruiert aus den Auswurfprodukten des Laacher See Vulkans basaltisch bzw. „mafisch“ (reich an Mg, Fe, arm an Si) Folgende magmatische Prozesse konnten aus den ausgeworfenen Gesteinen rekonstruiert werden : 6) Anstieg des Gasgehaltes und Eruption 5) Mischung von Schmelzen kurz vor der Eruption intermediär 4) Aufheizung der Nachbargesteine am Rand der Magmakammer 3) Abkühlung, Kristallisation und magmatische Differentiation sowie Akkumulation von Kristallen am Boden der Magmakammer hochdifferenziert (reich an K, Na, und Si) Kalifeldspat in Si-reichen Magmen: Quarz in Si-armen Magmen: „Feldspatvertreter“ Spurenminerale 2) Aufstieg und Ansammlung der Silikatschmelze in einer Magmakammer in 5-10 km Tiefe 1) Partielles Schmelzen im Erdmantel Ergebnisse : 1) Aus den in der Eifel gesammelten Bims-Proben konnte unter Einbeziehung moderner Analysemethoden des GZG (Röntgenfluoreszenzanalyse, Mikrosonde, Elektronenmikroskopie) die chemische Abfolge in den Ablagerungen des Laacher See-Vulkans rekonstruiert werden. Es ergab sich eine kontinuierlich chemische Abfolge in den eruptierten Bimsen, die die magmatischen Prozesse der Differentiation widerspiegeln. Durch die Armut an Silizium relativ zu Na und K in den Magmen der Eifel wird am Ende der magmatischen Differentiation kein Quarz gebildet 2) Die von den Vulkanen ausgeworfenen Fremdgesteine aus dem Untergrund unter der Eifel wurden chemisch analysiert, um die mittlere chemische Zusammensetzung der Erdkruste zu bestimmen. Eine einfache Modellrechnung anhand einer Summation der Zusammensetzung der gefundenen Gesteine, gewichtet nach den abgeschätzten Volumina, ergab in einem Vergleich mit Literaturangaben hervorragende Werte. Silikatminerale in den Vulkangesteinen der Eifel (Beispiele) 100 µm 100 µm 100 µm Dünnschliffbild Olivin (Inselsilikat) Pyroxen (Kettensilikat) Amphibol (Bändersilikat) Biotit (Schichtsilikat) (K,Na)AlSi3O8 - CaAl2Si2O8 Feldspat-Mischreihe (Gerüstsilikat) Gegenüber der einfachen Si02-Struktur sind ein bis zwei Si-Ionen durch Al3+ ersetzt (T-Position). Die Ladungskompensation erfolgt durch ein- oder zweiwertige Kationen (Na, K, Ca) auf einem Zwischengitterplatz (M-Position).