018 marketingwissen :: vertriebsoptimierung usp – menschen im marketing. 3 : 2007 Das magische Fünfeck der Vertriebsoptimierung Wie Sie Reserven im Verkauf aufdecken und nutzen können von Prof. Dr. Peter Winkelmann „Vertriebsmanagern geht es wie Häuslebauern: Sie werden nie fertig. Die Optimierung einer Verkaufsorganisation gleicht einer „never-ending-story“. Der Weg ist das Ziel, die Aufgabe olympisch: höher, schneller, weiter.“ (Berdi/Thomaszik, Sonderheft Vertrieb der Absatzwirtschaft 2007, S. 26) den, die meine Praxisarbeit (und die des Instituts für Vertriebsoptimierung und Vertriebssysteme, inVIS) gut begleitet. Wir sehen 5 große Optimierungspotenziale im Kundenmanagement. Wir sprechen deshalb vom magischen Fünfeck der Vertriebsoptimierung (siehe Abb.). Reservepotenzial-1: Mehr Kundenwissen Viel haben Unternehmen in ihre Stammdatenhaltung investiert. Dass Transaktionen (Anfragen, Angebote, Aufträge, Lieferscheine, Rechnungen) vollständig und korrekt erfasst werden, ist Gesetzespflicht. Nur reichen Stammdaten für ein proaktives Kundenmanagement nicht aus. Moderne Vertriebssteuerungen erfassen und verarbeiten heute auf einfache Weise auch Persönlichkeitsinformationen, weiche Daten, frühe Marktsignale (z.B. plötzlich kommt für Bäder eine neue Modefarbe auf: Wer hat schon einmal welche gelben Produkte bezogen?) und auch Wettbewerbsinformationen. Ein 360GradBlick auf die Kunden bedeutet ein einziger Blick auf Kunden- und Artikelstammdaten. Viele Daten, die diesen 360Grad-Blick ermöglichen (z.B. die Kaufhistorie), lassen sich aus der Warenwirtschaft einspielen. Im Zusammenhang mit CRM-OptimierunAndere Daten muss der Außendienst bringen ist eine Gedankenordnung entstangen und später pflegen. Das geballte Kundenwissen muss allen Mitarbeitern mit Kundenkontakt bei ihrer Alltagsarbeit zur Verfügung stehen. Dazu muss auch das Dreiecksverhältnis von Außendienst, Innendienst und Kundendienst-Technikern funktionieren. Das magische Fünfeck der Vertriebsoptimierung Wer sich jetzt nicht bewegt ... Moderne Vertriebssteuerung und CRM: Das A und O zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit – gerade im Mittelstand. Jeder Hausbesitzer weiß: das Häuslein verkommt ohne regelmäßige Reparaturen. Das ist im Vertrieb genauso. Wettbewerber bewegen sich. Kunden bewegen sich auch. Wer nicht ständig Optimierungspotenziale aufspürt, fällt zurück. Im hektischen Arbeitsalltag stellt sich nur immer wieder die Frage: Vertriebsoptimierung, wo und wie anpakken? Manche Unternehmen finden überhaupt keinen Anfang (Bei der guten Konjunktur derzeit verkaufen sich ja unsere Produkte von allein), andere wissen vor Vergangenheits-Versäumnissen nicht, wo sie starten sollen. Reservepotenzial-2: Mehr Aktionen – Schlagzahlen im Markt erhöhen Es wird zu viel über Kundenbindung gesprochen – und zu wenig über Kundennähe. Kundennähe aber ist die Voraussetzung für Bindung. Das bedeutet: Erhöhung der Schlagzahl der Kontakte im Markt. Und zwar Kontakte zu Leads und Stammkunden, die die Art der Kontakte auch Wert sind. Mehr Telefonmarketing z.B. für die kleineren Handwerker. Mehr Beratungsbesuche bei Kontakten mit Entwicklungspotenzial. Diese Forcierung der Kundenkontakte darf nicht mit der Gießkanne betrieben werden. Die entscheidende Kompassnadel zur Dosierung der Kontakte ist ein Kundenschlüssel. Welche Kunden sind die Big-Points? Dazu sind Interessenten und Kunden nach Erfolgstreibern zu bewerten – z.B. mit Schulnoten zwischen sehr gut und mangelhaft. Als praktikable Bewertungsgrößen empfehlen sich: Umsatzklassifikation (z.B. von A bis D), Umsatz-Potenzialklasse in Verbindung mit eigenem Lieferanteil, Klassifikation der Gewinnspanne, Interessenschwerpunkte, wirtschaftliche Lage des Kunden (z.B. neuer Betrieb, Kunde mit Wachstumsdynamik, Kunde in wirtschaftlicher Notlage), augenscheinliche Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität (z.B. treuer Stammkunde oder Wechsel-Käufer), Betriebsgröße, Grad der Innendienstbelastung (z.B. Nörgel-Kunde oder Kunde mit Bestellbündelung), Benotung der Bonität (bzw. Codierung des durchschnittlichen Zahlungsziels). So lassen sich durch einfache Such- bzw. Filterfunktionen sinnvoll Marketing- und Besuchsaktionen planen; z.B. bei Neukunden mit überdurchschnittlicher Rohgewinnspanne und Wachstumsdynamik, mit Sortimentsschwerpunkt X und in Region Y. Wer dieses Optimierungspotenzial einer modernen Vertriebssteuerung nutzt, bekommt seinen Markt in den Griff. usp – menschen im marketing. 3 : 2007 Reservepotenzial-3: Mehr Effizienz und Arbeitserleichterungen Wer arbeitet im Vertrieb noch mit Formularen und gelben Zetteln? Wer kann es sich noch leisten, 30 Prozent seiner Arbeitszeit mit Suchen und Nachfragen bei Kollegen und Kunden zu vergeuden? Gerade in Bezug auf Rationalisierungseffekte sind die Vorteile einer modernen Vertriebssteuerung nachgewiesen. Beleglose Verarbeitung durch DokumentenManagement, vernetzte Terminplanung der Mitarbeiter, automatisches Öffnen der Kundenmaske bei Kundenanruf, Anstoßen von Telefonaten und Mails, ja ganzer Kampagnen per Mausklick, Kommissionieren per Datenfunk, automatisierte Artikelsuche mit Bestellliste, automatisches Einspielen von Preisdaten der Lieferanten, Online-Positionskalkulation, optimale Touren- und Routenplanung, Besuchsberichte mit vorcodierten Feldern – und, und, und. Funktionalitäten, die vor 5 Jahren noch wie ein Wunder anmuteten, sind heute in CRM Standard. Warum sollen nur größere Unternehmen hiervon profitieren? Reservepotenzial-4: Kundenwert-Management – (Mehr)Werte, nicht Produkte verkaufen Die klassische Kundenbewertung fragt egoistisch: Sage mir, Kunde, was Du mir bringst (z.B. im Rahmen der ABC-Analyse), und ich sage Dir, wie gut ich Dich betreue und welche Rabatte ich Dir gebe. Diese Sicht ist reaktiv, einseitig und nicht zukunftsgerichtet. Ist es nicht besser, zu fragen: Kunde, wohin kann ich Dich entwickeln, denn Deine Entwicklungschancen sind meine Erfolgspotenziale von morgen? Das ist die neue Customer-Value-Philosophie. Plötzlich wird der Wert des Kundenstamms veränderbar. Ein C-Kunde braucht keinesfalls immer C-Kunde zu bleiben. Marktführer machen es vor: Würth (Direktvertrieb) betreibt Werbung und Direktmarketing für schwächelnde Verarbeiter. Der Bauzulieferer Halfen-Geha unterhält eine umfassende Projekt-Datenbank, auf die Händler- und Handwerkskunden zugreifen können. Gewinnen die Kunden dadurch Projekte, so kann genau nachgewiesen werden, welche Mehrwerte dieser Service für die Kunden gebracht hat. Durch Mehrwert-Management kann die Todesspirale von Preisen, Rabatten und schnellen Lieferzeiten abgemildert werden. Mit guten Produkten und korrekter Belie- marketingwissen :: vertriebsoptimierung ferung ist heute kaum noch ein Blumentopf zu gewinnen. Das sind mittlerweile die Minimalerwartungen der Kundschaft. Große Reservepotenziale liegen bei Mehrwerten und Services noch brach. Wer diese nutzt, macht aus Abverkäufern Marktmanager und im nächsten Schritt aus Marktmanagern Wertemanager. Reservepotenzial-5: Analyse und Optimierung Jeder Anbieter hat heute hoffentlich seine Verkaufszahlen, seine offene Posten, seine Lieferzeiten im Griff. Überlebenswichtig ist auch die Analyse des Zahlungsverhaltens der Kunden. Aber ein erfolgreiches Kundenmanagement verlangt nach weit mehr Zahlentransparenz. Plan-/Ist-Vergleiche für Umsatzerlöse und Rohgewinnspannen müssen taggenau vorliegen und auf Verkaufsgebiete, Verkäufer, Zielgruppen, Produktgruppen und Zeiträume herunterbrechbar sein. OLAP-Funktionen (On-LineAnalytical-Process) sind angesagt – Auswertungen innerhalb von flexibel strukturierbaren Datenwürfeln. Das ist keine höhere Mathematik – das ist Tagesroutine, wenn man als Kundenbetreuer weiß, was man für seine Kompetenz an Wissen benötigt. Auf diese Weise werden Reservepotenziale aufgedeckt. Hierzu ein konkretes Beispiel: Untersuchungen zeigen, dass die Rohgewinnspannen bei den Handwerkern (z.B. in den Märkten Sanitär, Heizung, Klima) signifikant höher liegen, die für ihre interessanten Endverbraucher Termine in den Schauräumen des Großhandels vereinbaren. Dort kann der Großhändler systematisch Up-Selling (der Endkunde wird immer eine Qualitätsstufe besser und teuer kaufen, als er sich das ursprünglich vorgestellt hat) und Cross-Selling (der Kunde kauft nicht nur die Sauna sondern auch Aufgusskonzentrate) betreiben. Also können im Rahmen der Analyse sog. Schauraumquoten für die Verkaufsbezirke berechnet werden. Wer seine Kunden geschickt analysiert, der bekommt mehr Luft im Preis- und Rabattkampf und steigert seine Rendite. Und es gilt: Was nicht gerechnet wird, wird nicht getan. Wie bekomme ich Schwung in meine Verkaufsmannschaft Drei Dinge brauchen wir heute für einen erfolgreichen Vertrieb: Ein intelligentes Geschäftsmodell, Software, die funktioniert und – das Wichtigste – Mitarbeiter, die mit- 019 ziehen. Gerade beim letzten Punkt liegt vieles im Argen. Es gibt Geschehnisse, die lassen befürchten: Die Kluft zwischen Management und Mitarbeitern wird immer größer. Hier gilt es anzusetzen. Denn die Beharrungskräfte auf den operativen Ebenen sind enorm. Chefs sollten sich nicht zu schade sein, sich selbst vor den Ochsenkarren der Vertriebsoptimierung zu spannen und ihre Mitarbeiter mitzunehmen. Die Themen einer modernen Vertriebssteuerung und CRM sind beschrieben im Buch des Autors: Vertriebskonzeption und Vertriebssteuerung, 3. Auflage, Verlag Vahlen, München 2005, ISBN: 380063234-9. Das Grundlagenbuch des Autors: Marketing und Vertrieb, 5. Auflage, Verlag Oldenbourg, München 2006, ISBN: 348657914-2. Prof. Dr. Peter Winkelmann Marketing und Vertrieb, insbes. Vertriebssteuerung, FH Landshut Vor seiner Lehrtätigkeit war Prof. Dr. Peter Winkelmann persönlicher Referent von CR. H.c. Berthold Beitz, Alfired Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung, Essen. Danach hat er über 10 Jahre lang Führungsaufgaben im internationalen Vertrieb renommierter deutscher Unternehmen wahrgenommen, zuletzt als Geschäftsführer. Bekannt geworden ist Prof. Winkelmann auch durch zwei Fachbücher zum Thema Marketing / Vertrieb und Vertriebssteuerung, durch zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften sowie durch Vorträge in Seminaren und Kongressen. Er vertritt insbesondere die Interessen der Anwender, also die der Mitarbeiter von Außen-, Innendienst und Service. Die Fachzeitschrift acquisa zählt Prof. Winkelmann zu den 36 deutschen Vordenkern in Marketing und Vertrieb (s. Heft Juni 2004). [email protected] www.vertriebssteuerung.de www.crm-scan.de www.invis-vertriebsoptimierung.de