Fall 02 Lösung - Juristische Fakultät

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PROPÄDEUTISCHE Ü BUN GEN ZUM GRU NDKURS ZIVILRECHT I
WINTERSEMESTER 2015/16
JURISTISCHE FAKULTÄT
LEHRSTUHL FÜR BÜR GERLICH ES RECHT, INTERNATIONALES
PRIVATRECHT UND RECHTSVE RGLEICHUNG
PROF. DR . STEPHAN LORENZ
F ALL 2 – L ÖSUNG
D ER
EHEMALIGE J URASTUDENT
Vorbemerkung: Dieser Fall soll lediglich einen Überblick über den Aufbau eines vertraglichen
Primäranspruchs geben, weshalb auch inhaltlich vorgegriffen werden muss. Fragen der Geschäftsfähigkeit,
des Zug-um-Zug Prinzips und der Verjährung werden erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Vorlesung
besprochen. Weiter dient der Fall der Einübung des Gutachtenstils, weshalb dieser in aller Breite – jedoch
nicht repräsentativ für eine Klausur – dargestellt wird.
V ARIANTE A
A. Anspruch entstanden ....................................................................................................... 1
I.
Einigung ................................................................................................................... 2
1.
Angebot ............................................................................................................... 2
a)
Beschluss zum Verkauf des Lehrbuches ........................................................... 2
b) Absichtsbekundung gegenüber K .................................................................... 2
c)
Bekundung der K ............................................................................................ 2
d) Erklärung des V, für € 10,– verkaufen zu wollen ............................................... 2
2.
Annahme ............................................................................................................. 2
3.
Zwischenergebnis ................................................................................................ 3
II. Rechtshindernde Einwendungen – Unwirksamkeit nach § 105 Abs. 1
BGB ......................................................................................................................... 3
B. Ergebnis – Schlussfolgerung ............................................................................................ 3
K könnte von V das Buch verlangen, wenn sie einen Anspruch gegen V auf
Übergabe und Übereignung des Lehrbuchs zum Allgemeinen Teil des BGB
Zug-um-Zug gegen Bezahlung von € 10,– hat. Ein solcher könnte sich aus
§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag
gem. § 433 BGB über das Buch zustande gekommen ist, diesem keine
Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen sowie der Anspruch nicht erloschen
und auch durchsetzbar ist.
A.
Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB müsste zunächst entstanden sein.
Ein Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB
entsteht mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags.
VERONIKA EICHHORN
AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT I (PROF. DR. STEPHAN LO RENZ) · WINTERSEMESTER 2015/16
FALL 2 – LÖ SUNG
I.
Einigung
K und V müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben.
Ein Kaufvertrag kommt durch eine Einigung zustande, die hier in Form
zweier auf Abschluss eines Kaufvertrags gerichteter, übereinstimmender und
gültiger Willenserklärungen vorliegen könnte, nämlich in Form eines
Angebots und einer Annahme (vgl. §§ 145, 147 BGB).
1.
Angebot
Es müsste ein Angebot vorliegen. Ein auf den Abschluss eines Kaufvertrags
gerichtetes Angebot muss als notwendigen Inhalt (sog. essentialia negotii)
die Parteien des Kaufvertrags, den Kaufgegenstand und den Kaufpreis
enthalten und dem Vertragspartner zugegangen sein.
a)
Beschluss zum Verkauf des Lehrbuches
Als V beschloss, das Lehrbuch zum AT des BGB zu verkaufen, stand noch
nicht fest, an wen und zu welchem Preis er es verkaufen wollte. Deshalb stellt
der Beschluss, das Lehrbuch zu verkaufen noch kein Angebot dar.
b)
Absichtsbekundung gegenüber K
Auch als V der K von seiner Absicht erzählte, das Lehrbuch verkaufen zu
wollen, war nicht klar, ob V das Lehrbuch auch ihr anbieten würde. Jedenfalls
wurde der Kaufpreis nicht genannt. Dieser war auch nicht mittels Auslegung
gem.
§§ 133,
157
BGB
bestimmbar.
Folglich
stellt
auch
die
Absichtsbekundung gegenüber K noch kein Angebot dar.
c)
Bekundung der K
Mit der Bekundung der K, dass sie Interesse habe, das Buch zu erwerben,
waren zwar Vertragsparteien und Kaufgegenstand bestimmt, jedoch fehlt es
auch hier an der Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit des Kaufpreises. Daher
stellt auch die Bekundung der K gegenüber V noch kein Angebot dar.
d)
Erklärung des V, für € 10,– verkaufen zu wollen
In der Erklärung des V, das Buch für € 10,– an K verkaufen zu wollen, sind
hingegen alle wesentlichen Vertragsbestandteile – Vertragsparteien,
Kaufgegenstand und Kaufpreis – genau bezeichnet (die sog. essentialia
negotii). Damit ist diese von V abgegebene Äußerung als Angebot i.S.d. § 145
BGB anzusehen.
Dieses von V abgegebene Angebot ist K auch zugegangen, so dass ein
wirksames Angebot 1 des V vorliegt.
2.
Annahme
Damit ein Kaufvertrag über das Buch zum Preis von € 10,– zustande
gekommen ist, müsste K das Angebot des V angenommen haben. Annahme ist
die Erklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit dem Angebot.
In der vorbehaltlosen Erklärung der K, mit dem von V genannten Preis
einverstanden zu sein, liegt die Annahme des von V unterbreiteten Angebots.
1
Das Thema Wirksamkeit von Willenserklärungen und Zugang wird in Einheit 3 eingeführt und daher an
dieser Stelle noch ausgeklammert.
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FALL 2 – LÖ SUNG
Diese von K abgegebene Annahmeerklärung ist dem V auch rechtzeitig 2 i.S.v.
§ 147 Abs. 1 S. 1 BGB zugegangen, so dass eine wirksame Annahme der K
vorliegt.
3.
Zwischenergebnis
V und K haben sich durch Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147 BGB)
auf den Abschluss eines Kaufvertrags über das Lehrbuch zum Preis von
€ 10,– geeinigt.
II. Rechtshindernde Einwendungen – Unwirksamkeit nach § 105 Abs. 1
BGB 3
Dieser Kaufvertrag könnte aber gem. § 105 Abs. 1
Geschäftsunfähigkeit des V von Anfang an unwirksam sein.
BGB
wegen
Geschäftsunfähig ist gem. § 104 Nr. 2 BGB unter anderem, wer sich in einem
die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung
der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein
vorübergehender ist. Da V unerkannt geisteskrank ist, ist er gem. § 104 Nr. 2
BGB geschäftsunfähig.
Die von ihm abgegebene Willenserklärung ist mithin gem. § 105 Abs. 1 BGB
nichtig. Somit fehlt es an einem wirksamen Angebot des V. Mangels zweier
gültiger Willenserklärungen ist der zwischen K und V geschlossen
Kaufvertrag unwirksam.
Der Anspruch der K gegen V auf Übergabe und Übereignung des Buches aus
§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist nicht entstanden.
B.
Ergebnis – Schlussfolgerung
Nachdem K keinen Anspruch gegen V auf Übergabe und Übereignung des
Lehrbuches aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB hat, kann sie es nicht verlangen.
2
Zur Rechtzeitigkeit der Annahme und ihrer Rechtsfolge siehe Einheit 3 besprochen.
Hinweis: Das Thema Geschäftsfähigkeit wird in der Vorlesung im Teil BGB AT (§ 7) besprochen und
dient hier nur zur Erläuterung des Anspruchsaufbaus.
3
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FALL 2 – LÖ SUNG
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V ARIANTE B
A. Anspruch entstanden ....................................................................................................... 4
I.
Einigung ................................................................................................................... 4
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse ........................................ 4
III. Zwischenergebnis ...................................................................................................... 5
B. Anspruch erloschen (rechtsvernichtende Einwendung) ...................................................... 5
I.
Bewirken der geschuldeten Leistung gem. § 929 S. 1 BGB ........................................... 5
1.
Übereignung ........................................................................................................ 5
a)
Einigung ........................................................................................................ 5
b) Übergabe einer beweglichen Sache ................................................................. 5
c)
Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe (+) ......................................................... 5
d) Verfügungsberechtigung der K (+), § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB .............................. 5
e)
2.
Zwischenergebnis........................................................................................... 5
Zwischenergebnis ................................................................................................ 6
II. an den Gläubiger V .................................................................................................... 6
III. Zwischenergebnis ...................................................................................................... 6
C. Ergebnis ......................................................................................................................... 6
V könnte von K erneut Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 10,– Zug-um-Zug
gegen Übergabe und Übereignung des Buches verlangen, wenn er einen
Anspruch aus Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 2 BGB hat.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag
gem. § 433 BGB über das Buch zustande gekommen ist, diesem keine
Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen, sowie der Anspruch nicht
erloschen und auch durchsetzbar ist.
A.
Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB müsste zunächst entstanden sein. Ein
Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB entsteht mit Abschluss
eines wirksamen Kaufvertrags.
I.
Einigung
V und K haben sich durch Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147 BGB)
auf den Abschluss eines Kaufvertrags über das Lehrbuch zum Preis von
€ 10,– geeinigt (vgl. oben).
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse
Anhaltspunkte, welche der Wirksamkeit des Vertrags entgegenstehen
könnten, sind nicht ersichtlich. Dem geschlossenen Kaufvertrag stehen damit
keine sog. rechtshindernden Einwendungen entgegen.
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FALL 2 – LÖ SUNG
III. Zwischenergebnis
Folglich haben V und K einen wirksamen Kaufvertrag über das Buch zum
Preis von € 10,– geschlossen. Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433
Abs. 2 BGB ist entstanden.
B.
Anspruch erloschen (rechtsvernichtende Einwendung)
Der aus dem Kaufvertrag resultierende Anspruch des V gegen K auf Zahlung
des Kaufpreises dürfte nicht erloschen sein. Hier könnte der Anspruch durch
Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen sein. 4
Die Erfüllung eines schuldrechtlichen Anspruchs setzt nach § 362 Abs. 1 BGB
voraus, dass die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
I.
Bewirken der geschuldeten Leistung gem. § 929 S. 1 BGB
Die geschuldete Leistung müsste bewirkt worden sein.
Die nach § 433 Abs. 2 BGB geschuldete Leistung, der Kaufpreis i.H.v. € 10,– ,
könnte durch Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB bewirkt worden sein.
Nach § 929 S. 1 BGB ist zur Übertragung des Eigentums an einer
beweglichen Sache erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte die Sache
dem Erwerber übergibt und beide im Zeitpunkt der Übergabe darüber einig
sind, dass das Eigentum übergehen soll.
1.
Übereignung
a)
Einigung
Eine Einigung besteht aus zwei übereinstimmenden und gültigen
Willenserklärungen. Indem K dem V einen 10-Euro-Schein gibt und V diesen
nimmt, haben sich beide konkludent darüber geeinigt, dass das Eigentum an
dem Geldschein von K auf V übergehen soll.
Diese Erklärungen sind dem jeweils anderen auch zugegangen und damit
wirksam.
b)
Übergabe einer beweglichen Sache
Ein Geldschein ist eine bewegliche Sache. Eine Übergabe setzt voraus, dass K
den Besitz an dem Geldschein vollständig aufgibt und V den Besitz (§ 854
BGB) auf Veranlassung der K erworben hat (Realakt). Dies ist hier der Fall.
c)
Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe (+)
d)
Verfügungsberechtigung der K (+)
Nachdem K Besitzerin des 10-Euro-Scheines ist (§ 854 BGB) wird die
Eigentümerstellung der K zumindest gem. § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB vermutet.
K war somit verfügungsbefugt.
e)
Zwischenergebnis
Somit hat K dem V den 10-Euro-Schein wirksam übereignet.
4
Hinweis: Die Erfüllung gem. §§ 362 ff. BGB wird in der Vorlesung im Teil Schuldrecht AT (§ 6/A)
besprochen und dient hier nur zur Erläuterung des Anspruchsaufbaus.
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FALL 2 – LÖ SUNG
2.
Zwischenergebnis
Damit hat K die geschuldete Leistung bewirkt.
II. an den Gläubiger V
Die geschuldete Leistung wurde auch an den Gläubiger V bewirkt.
III. Zwischenergebnis
Der Anspruch des V gegen K auf Zahlung des Kaufpreises ist damit in voller
Höhe erloschen.
C.
Ergebnis
V hat keinen Anspruch mehr gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v.
€ 10,– aus § 433 Abs. 2 BGB und kann damit nicht erneut Zahlung des
Kaufpreises verlangen.
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FALL 2 – LÖ SUNG
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V ARIANTE C
A. Anspruch entstanden ....................................................................................................... 7
I.
Einigung ................................................................................................................... 7
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse ........................................ 7
III. Zwischenergebnis ...................................................................................................... 8
B. Anspruch erloschen ......................................................................................................... 8
C. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden) ............................... 8
I.
Gegenseitiger Vertrag ................................................................................................ 8
II. Keine Vorleistungspflicht ........................................................................................... 8
III. Nicht-Bewirken der Gegenleistungspflicht ................................................................... 8
IV. Geltendmachung der Einrede ...................................................................................... 9
V. Zwischenergebnis ...................................................................................................... 9
D. Ergebnis – Schlussfolgerung ............................................................................................ 9
K könnte das Buch sofort von V verlangen, wenn sie einen Anspruch gegen V
auf Übergabe und Übereignung des Lehrbuchs zum Allgemeinen Teil des
BGB hat. Ein solcher könnte sich aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag
gem. § 433 BGB über das Buch zustande gekommen ist, diesem keine
Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen, sowie der Anspruch nicht
erloschen und auch durchsetzbar ist.
A.
Anspruch entstanden 5
Der Anspruch aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB müsste zunächst entstanden sein.
Ein Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB
entsteht mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags.
I.
Einigung
V und K haben sich durch Angebot (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147 BGB)
auf den Abschluss eines Kaufvertrags über das Lehrbuch zum Preis von
€ 10,– geeinigt (vgl. oben).
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse
Anhaltspunkte, welche der Wirksamkeit des Vertrags entgegenstehen
könnten, sind nicht ersichtlich. Dem geschlossenen Kaufvertrag stehen damit
keine sog. rechtshindernden Einwendungen entgegen.
5
Wie Variante B.
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FALL 2 – LÖ SUNG
III. Zwischenergebnis
Folglich haben V und K einen wirksamen Kaufvertrag über das Buch zum
Preis von € 10,– geschlossen. Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung
des Buches aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist entstanden.
B.
Anspruch erloschen
Rechtsvernichtende Einwendungen des V sind nicht ersichtlich. Der aus
dem Kaufvertrag resultierende Anspruch der K auf Übergabe und
Übereignung des Buches ist noch nicht erloschen.
C.
Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden)
Diesen Anspruch auf Übergabe und Übereignung müsste K jedoch
durchsetzen können. Das ist dann der Fall, wenn V keine sog.
rechtshemmende Einwendung (Einrede) geltend machen kann.
Hier könnte V dazu berechtigt sein, seine Leistung nach § 320 Abs. 1 S. 1
BGB zu verweigern. 6
Die dilatorische (= aufschiebende) Einrede des nichterfüllten Vertrags gem.
§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Kaufvertrag ein gegenseitiger
Vertrag, V nicht vorleistungspflichtig und die Gegenleistung noch nicht
bewirkt worden ist. Weiter muss die Einrede geltend gemacht werden.
I.
Gegenseitiger Vertrag
Der Kaufvertrag müsste ein gegenseitiger Vertrag i.S.d. § 320 Abs. 1 S. 1
BGB sein. Gegenseitige Verträge stellen eine Leistung und eine
Gegenleistung in ein Austauschverhältnis, d.h. jede Vertragspartei betrachtet
die Leistung der jeweils anderen Partei als Gegenleistung für die eigene
Leistung (do ut es).
Bei einem Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer nur deshalb zu einer
Preiszahlung, damit der Verkäufer die Übergabe und Übereignung der
Kaufsache verspricht.
Damit stehen die Pflicht des Verkäufers zur Übergabe und Übereignung der
Kaufsache (§ 433 Abs. 1 S. 1) und die Kaufpreiszahlungspflicht des Käufers
(§ 433 Abs. 2 BGB) in einem Austauschverhältnis. Ein Kaufvertrag ist ein
gegenseitiger Vertrag.
II. Keine Vorleistungspflicht
V könnte sich nicht auf die Einrede aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB berufen, wenn
er vorleistungspflichtig ist.
Da V und K weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Abrede
getroffen haben, ist V nicht vorleistungspflichtig gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB.
III. Nicht-Bewirken der Gegenleistungspflicht
Weiter könnte sich V nicht auf die Einrede aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB
berufen, wenn die Gegenleistung bereits bewirkt worden ist.
6
Hinweis: Das Zug-um-Zug Prinzip – die Einrede des nicht erfüllten Vertrags – wird in der Vorlesung im
Teil Schuldrecht AT (§ 5/A/I) besprochen. Aufgrund der Klausurrelevanz wird dies jedoch schon früher in
den Fällen gelehrt und muss auch beherrscht werden.
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FALL 2 – LÖ SUNG
K hatte kein Geld dabei. Nachdem weder sie noch ein Dritter den Kaufpreis
bezahlt haben, ist die Gegenleistung i.S.d. § 433 Abs. 2 BGB noch nicht
bewirkt.
IV. Geltendmachung der Einrede
Weiter müsste V die Einrede auch geltend gemacht haben. In der Erklärung,
K das Buch nur gegen Bezahlung der 10,– überlassen zu wollen, liegt die
Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrags, (§§ 133, 157 BGB).
V. Zwischenergebnis
V hat folglich die Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 Abs. 1 S. 1
BGB wirksam erhoben. Diese hat jedoch nur die Wirkung, dass K die Leistung
nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 10,– verlangen kann
(vgl. § 322 Abs. 1 BGB entspr.)
D. Ergebnis – Schlussfolgerung
K kann von V die Übergabe und Übereignung des Buches aus § 433 Abs. 1
S. 1 BGB sofort verlangen, allerdings nur Zug-um-Zug gegen Bezahlung des
Kaufpreises i.H.v. von € 10,–.
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FALL 2 – LÖ SUNG
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V ARIANTE D
A. Anspruch entstanden ..................................................................................................... 10
B. Anspruch erloschen ....................................................................................................... 10
C. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden) ............................. 10
I.
Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB ............................................................................. 11
II. Verjährung im konkreten Fall ................................................................................... 11
III. Zwischenergebnis .................................................................................................... 11
D. Ergebnis ....................................................................................................................... 11
V könnte von K noch Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 10,– verlangen, wenn
er einen Anspruch aus Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 2 BGB hat.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag
gem. § 433 BGB über das Buch zustande gekommen ist, diesem keine
Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen, sowie der Anspruch nicht
erloschen und auch durchsetzbar ist.
A.
Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB müsste zunächst entstanden sein. Ein
Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB entsteht mit Abschluss
eines wirksamen Kaufvertrags.
V und K haben einen wirksamen Kaufvertrag über das Buch zum Preis von
€ 10,– geschlossen. Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2
BGB ist entstanden (s.o.). 7
B.
Anspruch erloschen
Rechtsvernichtende Einwendungen der K sind nicht ersichtlich. 8 Der aus
dem Kaufvertrag resultierende Anspruch des V gegen K auf Kaufpreiszahlung
ist noch nicht erloschen.
C.
Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden)
Die Durchsetzung des Anspruchs des V gegen K aus § 433 Abs. 2 BGB könnte
aber gehemmt sein. Nachdem bereits 5 Jahre vergangen sind, kommt die
peremptorische (= dauerhafte) Einrede der Verjährung nach § 214 Abs. 1
BGB in Betracht.
Möglicherweise kann sich K auf Verjährung des von V geltend gemachten
Anspruchs berufen und deshalb gem. § 214 Abs. 1 BGB die Erbringung der,
von ihr aufgrund des mit V geschlossenen Kaufvertrags, geschuldeten
Leistung verweigern. 9 Das setzt voraus, dass der Anspruch aus § 433 Abs. 2
7
S.o. Variante C.
K hat anders als in Variante B noch nicht bezahlt.
9
Hinweis: Der Bearbeitervermerk gibt hier vor, dass die Verjährung bereits eingetreten ist. Streng
genommen hätte auch C/I nicht mehr geprüft werden müssen. Es sollte lediglich § 214 Abs. 1 BGB
gefunden und richtig verortet werden.
Die Verjährung wird in der Vorlesung im Teil BGB AT (§§ 22, 23) besprochen und dient hier nur zur
Erläuterung des Anspruchsaufbaus.
8
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FALL 2 – LÖ SUNG
BGB grundsätzlich der Verjährung unterliegt und im konkreten Fall verjährt
ist.
I.
Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB
Der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB müsste grundsätzlich der Verjährung
unterliegen.
Der Verjährung unterliegt nur ein Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB, also
Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen.
Verkäufer ist nach § 433 Abs. 2 BGB berechtigt, vom Käufer die Zahlung
vereinbarten Kaufpreises, mithin ein Tun, zu verlangen. Der Anspruch
§ 433 Abs. 2 BG ist damit ein Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB.
das
Der
des
aus
Der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB unterliegt damit grundsätzlich der
Verjährung.
II. Verjährung im konkreten Fall
Der Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB müsste im konkreten Fall verjährt sein.
Voraussetzung dafür ist gem. § 214 Abs. 1 BGB der Eintritt der Verjährung
des Anspruchs des V.
Nachdem die Verjährung bereits eingetreten ist, kann sich K auf Verjährung
des von V geltend gemachten Anspruchs berufen und deshalb die Erbringung
der, von ihr aufgrund des mit V geschlossenen Kaufvertrags, geschuldeten
Leistung verweigern.
III. Zwischenergebnis
Die Durchsetzung des Anspruchs des V gegen K auf Zahlung des Kaufpreises
aus § 433 Abs. 2 BGB ist dauerhaft gehemmt.
D. Ergebnis
Folglich kann V von K die Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 10,– nicht mehr
verlangen.
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