FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK Prof. Dr. Patrizio Neff Christian Thiel 20.02.2014 Lösungsvorschlag zur Klausur Aufgabe 1: (7 Punkte) Zeigen Sie per vollständiger Induktion, dass für alle natürlichen Zahlen n gilt: n X (3k 2 + k) = n(n + 1)2 k=1 Lösung: Induktionsanfang n = 1: Für n = 1 gilt n X (3k 2 + k) = 3 · 12 + 1 = 4 = 1 · (1 + 1)2 = n(n + 1)2 . k=1 Induktionsvoraussetzung: Sei n ∈ N gegeben. Die Aussage n X (3k 2 + k) = n(n + 1)2 sei wahr. k=1 Induktionsschritt n → n + 1: Gelte die Induktionsvoraussetzung, dann gilt auch n+1 X (3k 2 + k) 3(n + 1)2 + (n + 1) + = k=1 n X (3k 2 + k) k=1 IV = 3(n + 1) + (n + 1) + n(n + 1)2 = (3n + 3 + 1 + n2 + n)(n + 1) = (n + 1)(n2 + 4n + 4) = (n + 1)(n + 2)2 . 2 Aufgabe 2: (9 Punkte) Geben Sie jeweils ein Beispiel an oder belegen Sie die Nichtexistenz, für . . . a) . . . eine beschränkte, nicht konvergente Folge reeller Zahlen. b) . . . eine unbeschränkte, gegen ein a ∈ R konvergierende Folge reeller Zahlen. c) . . . eine reelle Zahlenfolge mit genau drei Häufungspunkten. d) . . . eine nichtstetige reelle Funktion, die nicht die Dirichlet-Funktion ist. e) . . . eine reelle Funktion mit überabzählbar vielen Nullstellen. f) . . . eine Cauchyfolge (an )n∈N , sodass exp(an ) n∈N nicht konvergiert. Lösung: a) (an )n∈N mit an = (−1)n . b) Ist eine Folge (an )n∈N konvergent, so gibt es für ε = 1 ein n0 ∈ N mit |an − a| < 1 also an ∈ (a − 1, a + 1) für alle n ≥ n0 . Somit gilt min ak , a − 1 an ≥ min k∈{1,...,n0 −1} und an ≤ max max k∈{1,...,n0 −1} ak , a + 1 . Also ist (an )n∈N beschränkt. 1 c) (an )n∈N mit an = sin n 2 ·π . d) f : R → R mit f (x) = 0 für x < 0 und f (x) = 1 für x ≥ 0. e) f : R → R mit f (x) = 0 für alle x ∈ R. f) Ist (an )n∈N eine Cauchyfolge, so konvergiert (an )n∈N gegen ein a ∈ R. Die Exponentialfunktion ist stetig, so gilt lim exp(an ) = exp lim an = ea . n→∞ n→∞ Also ist exp(an ) n∈N konvergent. Aufgabe 3: (8 Punkte) Zeigen Sie: Die Funktion f : R → R mit f (x) = |x(x − 15)| − ex + 1 hat eine Nullstelle im Intervall (0, 15). Lösung: Sei g : R → R mit g(x) := |x(x − 15)| − ex + 1, dann gilt für alle x ∈ R somit |g(x)| = f (x). Wegen |z| = 0 ⇔ z = 0 ist f (x) = 0 äquivalent zu g(x) = 0. Zudem ist g als Zusammensetzung stetiger Funktionen selbst stetig. Weiterhin gilt wegen 2 < e < 4 g(1) = |1(1 − 15)| − e1 + 1 = 15 − e1 > 15 − 41 = 11 > 0 und g(10) = |10(10 − 15)| − e10 + 1 = 51 − e10 < 51 − 26 = 51 − 64 = −13 < 0 . Somit gibt es nach dem Zwischenwertsatz ein x ∈ (1, 10) ⊆ (0, 15) mit g(x) = 0, also auch ein x ∈ (0, 15) mit f (x) = 0. Aufgabe 4: (10 Punkte) Bestimmen Sie alle x ∈ R, für welche die Reihe ∞ X nn (x − 42π)n n (2n) n=1 konvergiert. Lösung: X N N X nn x − 42π n n Es ist q − 1 mit q := (x − 42π) = für alle N ∈ N und somit handelt es sich bei der n (2n) 2 n=1 n=0 Reihe um eine geometrische Reihe. Diese konvergiert genau für |q| < 1, denn es gilt: i) Für |q| < 1 ist ∞ X nn (x − 42π)n = n (2n) n=1 lim N →∞ N X qn − 1 = n=0 1 − q N +1 1 −1 = − 1. N →∞ 1−q 1−q lim ii) Für q = 1 ist ∞ N X X nn n (x − 42π) = lim 1n = n N →∞ (2n) n=1 n=1 lim N = ∞. N →∞ iii) für q ∈ (−∞, −1] ∪ (1, ∞) divergiert die Folge q N +1 ∞ X nn (x − 42π)n = n (2n) n=1 lim N →∞ N X qn − 1 = n=0 N ∈N , somit existiert der Grenzwert 1 − q N +1 −1 N →∞ 1−q lim nicht, die Reihe divergiert. Wegen x − 42π < 1 2 ⇔ |x − 42π| < 2 ⇔ x ∈ (42π − 2, 42π + 2) konvergiert die Reihe somit genau für alle x ∈ (42π − 2, 42π + 2). Aufgabe 5: (4+4+4 Punkte) Überprüfen Sie die nachstehenden Folgen auf Konvergenz und bestimmen Sie, falls möglich, ihren Grenzwert. 2 r 1 , 3n √ c) cn := exp 3 · 2n n . n a) an := b) bn := 5n + n2 − 1 n2 − 1 n2 − 1 + 3 + ... + 3 , 3 n +2 n +4 n + 2n Lösung: 1 3n a) Es ist = 5 = 1 n , 3 √ n damit s 5n + 0 ≤ an = n 5n + n √ √ 1 n ≤ n 5n + 5n = 2·5 3 √ n a = 1 für alle a ∈ R>0 gilt √ n 2·5 = 1·5 = 5 5 = lim 5 ≤ lim an ≤ lim und wegen limn→∞ n→∞ n→∞ n→∞ und nach dem Einschließungsprinzip erhalten wir lim an = 5 . n→∞ b) Es ist 1 − n12 n2 − 1 n2 − 1 1 n2 − 1 n2 − 1 = = 1− 2 . = n · ≤ b ≤ n · = n 1 2 3 3 2 n +2 n + 2n n n n 1 + 2 · n2 Somit 1 = 1 − n12 1 1−0 = lim ≤ lim bn ≤ lim 1 − 2 = 1 1 n→∞ 1 + 2 · 2 n→∞ n→∞ 1+2·0 n n und nach dem Einschließungskriterium gilt lim bn = 1 . n→∞ c) Sowohl Exponential- als auch Wurzelfunktion sind stetige Funktionen, so können wir den Grenzwert mit den Grenzwertsätzen bestimmen. Es ist q q q √ √ √ √ n lim cn = lim exp 3 · n = exp lim 3 · n n = exp 3 · lim n n = exp(3 · 1) = e3 . n→∞ n→∞ Aufgabe 6: (10 Punkte) sup(A ∪ B) und n→∞ n→∞ Es seien A und B beschränkte nichtleere Teilmengen von R. Drücken Sie inf(A ∪ B) durch sup A, inf A, sup B und inf B aus (d.h. sup(A ∪ B) = . . . ?, inf(A ∪ B) = . . . ?) und beweisen Sie ihre Behauptungen. Lösung: Sei S := max{sup A, sup B}. Dann gilt x ≤ sup A ≤ S für alle x ∈ A x ≤ sup B ≤ S für alle x ∈ B . und Somit gilt x ≤ S für alle x ∈ A ∪ B und S ist eine obere Schranke der Menge A ∪ B. Angenommen S 0 ∈ R mit S 0 < S ist eine obere Schranke von A ∪ B. Wir wählen ε = S − S 0 . Es gilt S = sup A oder S = sup B. Ist S = sup A, so gibt es ein x ∈ A ⊆ A ∪ B mit x > S − ε. Ist S = sup B, so gibt es ein x ∈ B ⊆ A ∪ B mit x > S − ε. Also gibt es in jedem Fall ein x ∈ A ∪ B mit x > S − ε = S 0 , ein Widerspruch dazu, dass S 0 obere Schranke von A ∪ B ist. Also ist S die kleinste obere Schranke von A ∪ B, d.h. sup(A ∪ B) = S . 3 Der Beweis für inf(A ∪ B) = R := min{inf A, inf B} verläuft analog: Es ist x ≥ inf A ≥ R für alle x ∈ A und x ≥ B ≥ R für alle x ∈ B, also gilt x ≥ R für alle x ∈ A ∪ B, somit ist R untere Schranke. Zudem gibt es zu jedem ε > 0 ein x ∈ A ∪ B mit x < inf A + ε oder x < inf B + ε, also x < R + ε, R + ε ist keine untere Schranke. Somit ist R die kleinste untere Schranke. Aufgabe 7: (4+2+4 Punkte) a) Prüfen Sie die Reihe ∞ X n2 + 3n auf Konvergenz. 2n n=1 n2 + 3n . n→∞ 2n b) Bestimmen Sie lim c) Bestimmen Sie Limes superior und Limes inferior der durch an := (−2)n 2n + n2 + 3n gegebenen Folge (an )n∈N . Lösung: n2 + 3n , dann ist 2n 2 an+1 2n = (n + 1) + 3(n + 1) · an 2n+1 n2 + 3n 2 1 n + 2n + 1 + 3n + 3 = · 2 n2 + 3n 2 1 n + 5h + 4 = · 2 n2 + 3n 1 1 + 5 · n1 + 4 · n12 = · 2 1 + 3 · n1 a) Sei an := und damit 1 an+1 = lim 1 · 1 + 5 · n + 4 · lim sup n→∞ 2 an 1 + 3 · n1 n→∞ Also die Reihe ∞ X 1 n2 = 1 1 1+5·0+4·0 · = < 1. 2 1+3·0 2 an nach dem Quotientenkriterium absolut konvergent und somit auch konvergent. n=1 n2 + 3n = 0 gilt. Das Gegenteil angenommen, würde der Grenzwert n→∞ 2n nicht existieren oder ungleich Null sein. Dann würde das Trivialkriterium für die Reihe aus a) nicht erfüllt sein und die Reihe somit divergieren, ein Widerspruch zum Ergebnis aus a). b) Wir beweisen per Widerspruch, dass lim c) Es ist an = (−1)n . 2 1 + n 2+3n n Wir erhalten a2k = 1 1+ (2k)2 +3(2k) 22k und a2k−1 = −1 1+ (2k−1)2 +3(2k−1) 22k−1 . (2k)2 + 3(2k) (2k − 1)2 + 3(2k − 1) Die Folgen und sind Teilfolgen der gegen Null konvergieren22k 22k−1 k∈N k∈N den Folge aus b) und haben somit den gleichen Grenzwert. Damit gilt lim a2k = k→∞ 1 =1 1+0 und lim a2k−1 = k→∞ −1 = −1 . 1+0 Da die Vereinigung der Folgenindizes der beiden Teilfolgen genau die natürlichen Zahlen ergibt, gilt lim sup n → ∞an = max{−1, 1} = 1 und 4 lim inf n → ∞an = min{−1, 1} = −1 . Aufgabe 8: (10 Punkte) Sei (bn )n∈N eine Folge mit 0 < bn < 1 für alle n ∈ N. Zeigen Sie, dass die Folge (an )n∈N mit n Y an := bk , n ∈ N, k=1 konvergiert. Lösung: Für alle n ∈ N gilt 0 = n Y 0 < an = k=1 n Y bk < k=1 n Y 1 = 1, k=1 sowie Qn+1 bk an+1 = Qk=1 = bn+1 < 1 n an k=1 bk und mit an > 0 dann an+1 < an . So ist die Folge (an )n∈N beschränkt und monoton (fallend). Nach dem Satz für monotone Konvergenz konvergiert (an )n∈N . Aufgabe 9: (10 Punkte) Weisen Sie mit der ε-δ-Definition die Stetigkeit der Funktion f : R → R mit f (x) := (x − 2)(x − 3) nach. Lösung: ε Sei a ∈ R beliebig und ε > 0 vorgegeben. Wähle δ := min 1, 6+2|a| , dann gilt für alle x ∈ R mit |x − a| < δ auch |x| = |x − a + a| ≤ |x − a| + |a| < δ + |a| ≤ 1 + |a| und δ(6 + 2|a|) ≤ ε und somit |f (x) − f (a)| = |(x − 2)(x − 3) − (a − 2)(a − 3)| = |(x2 − 5x + 6) − (a2 − 5a + 6)| = |x2 − a2 − 5x + 5a| = |(x − a)(x + a) − 5(x − a)| ≤ |x − a|(|x| + |a|) + 5|x − a| ≤ |x − a|(1 + 2|a| + 5) < δ(6 + 2|a|) ≤ ε. Aufgabe 10: (10+4 Punkte) a) Gegeben sei die Funktion f : R>0 → R mit f (x) := 1 x gegeben. i) Geben Sie die Abbildungsvorschrift der Funktion R : (−1, ∞) → R so an, dass f (1 + h) = 1 − h + R(h) gilt. ii) Weisen Sie nach, dass f an der Stelle 1 differenzierbar ist. b) Bestimmen Sie die Ableitung f 0 der durch die folgenden Abbildungsvorschriften gegebenen rellen Funktionen 5 i) f (x) := √ 4 2 , 1 + x4 iii) f (x) := e(x+1)·((x 2 ii) f (x) := (x + 2)2 (3x − 2)5 , +1)−1 ) iv) f (x) := cos (cos(x))2 . , Lösung: a) i) Es ist für h > −1 f (1 + h) = 1 1+h und unter der Voraussetzung, dass f (1 + h) = 1 − h + R(h) gilt, ist R(h) = = = f (1 + h) − 1 + h 1 −1 − h h + h2 + + 1+h 1+h 1+h 2 h . 1+h ii) Wegen lim h→0 R(h) h 0 = lim = = 0 h→0 1 + h h 1+0 gibt es mit a = −1 eine relle Zahl, sodass f (1 + h) = f (1) + a · h + R(h) mit lim h→0 R(h) = 0 h gilt. Somit ist f an der Stelle 1 differenzierbar mit der Ableitung f 0 (1) = −1. b) 5 1 2x3 i) f 0 (x) = − · (1 + x4 )− 4 · 4x3 = − √ 5 4 2 1 + x4 ii) f 0 (x) = (x + 2)(3x − 2)4 · (21x + 26) x+1 x+1 1 + x2 − (x + 1) · 2x −x2 − 2x + 1 iii) f 0 (x) = exp = exp · · 2 2 2 2 1+x (1 + x ) 1+x (1 + x2 )2 iv) f 0 (x) = − sin(cos2 (x)) · 2 cos(x) · (− sin(x)) = 2 sin(cos2 (x)) · cos(x) · sin(x) 6