Lineare Algebra I Prof. Dr. M. Rost Übungen — Blatt 1 (WS 2010/2011) Abgabetermin: Donnerstag, 21. Oktober http://www.math.uni-bielefeld.de/~rost/la1 Erinnerungen an die Vorlesung: Im Folgenden werden einige Definitionen und Bemerkungen aus der Vorlesung zusammengefaßt. Man kann die meisten Dinge in Büchern oder auf den auf der Hompage angegebenen Wikipedia-Links nachlesen. Der Grundring wird mit R bezeichnet. Allgemein wird R als kommutativer Ring mit Einselement vorausgesetzt, für den Moment sei einfach R = R (Körper der reellen Zahlen) oder R = C (Körper der komplexen Zahlen). Eine m × n-Matrix über R (mit Koeffizienten in R) ist ein Tupel a1,1 . . . a1,n .. A = (ai,j ) i=1,...,m = ... . j=1,...,n am,1 . . . am,n Die Menge der m × n Matrizen wird bezeichnet mit M(m, n, R) = (ai,j ) i=1,...,m ai,j ∈ R j=1,...,n Dabei wird die Angabe des Grundringes oft weggelassen und man schreibt M(m, n) = M(m, n, R). Für quadratische Matrizen (m = n) schreibt man auch Mn (R) = M(n, R) = M(n, n, R) Für eine Matrix A bezeichnet Aij die entsprechende Komponente, man hat also A = (Aij ). Matrizen können mit einem Skalar multipliziert werden: (bA)ij = bAij (A ∈ M(m, n, R), b ∈ R) Matrizen gleicher Dimensionen können addiert werden: (A + B)ij = Aij + Bij (A, B ∈ M(m, n, R)) Allgemeiner kann man Linearkombinationen der Form r X br Ar ∈ M(m, n, R) (Ak ∈ M(m, n, R), bK ∈ R) k=1 2 bilden, wobei natürlich r X br Ar k=1 ! = r X br (Ar )i,j k=1 i,j Die transponierte Matrix At = AT ∈ M(n, m, R) (A ∈ M(m, n, R)) entsteht durch Vertauschung der Zeilen und Spalten: (At )i,j = Aj,i Offensichtlich gilt (At )t = A Zwei Matrizen mit passender Dimension können multipliziert werden: Man hat Produkte M(m, n, R) × M(n, p, R) → M(m, p, R) (A, B) 7→ AB wobei hier jeweils die Produktsumme der i-ten Zeile von A mit der gleichlangen k-ten Spalte von B die (i, k)-te Komponente des Produktes ergeben: (AB)i,k = n X Ai,j Bj,k j=1 Eine einfache Anwendung ist die Matrizen-Schreibweise eines linearen Gleichungssytems: a11 a12 x b = 1 a21 a22 y b2 bedeutet ja gerade a11 x + a12 y = b1 a21 x + a22 y = b2 Für die Transposition eines Produktes gilt: (AB)t = B t At für A ∈ M(m, n), B ∈ M(n, p). Dies soll hier als Beispiel bewiesen werden. Es ist zu zeigen, daß für alle i, j die (i, j)-te Komponente von (AB)t mit der (i, j)-ten Komponente von B t At 3 übereinstimmt. Dies folgt z. B. so: (AB)t i,j = (AB)j,i = = n X h=1 n X Aj,h Bh,i = n X Bh,i Aj,h h=1 Bt h=1 i,h Eine spezielle quadratische Matrix ist die 1 0 En = 1n = ... At h,j = B t At i,j Einheits-Matriz oder Identität: 0 ... 0 1 . . . 0 .. . . .. . . . 0 0 ... 1 mit (En )i,j = ( 1 für i = j 0 für i 6= j Es gilt Em A = A = AEn für A ∈ M(m, n). Die quadratischen Matrizen spielen eine Sonderrolle. Das Produkt von Matrizen A, B ∈ Mn (R) liegt wieder in Mn . Damit wird Mn (R) zu einem assoziativen Ring mit Einselement En (der für n > 1 nicht kommutativ ist). Eine (quadratische) Matrix A ∈ Mn (R) heißt invertierbar, wenn es eine Matrix B ∈ Mn (R) gibt mit AB = BA = En Die Matrix B heißt die Inverse von A und wird mit A−1 bezeichnet. Die Inverse einer Matrix ist eindeutig bestimmt: Sind B, C invers zu A, so folgt: C = C · E = C · (A · B) = (C · A) · B = E · B = B Eine wichtige Invariante von quadratischen Matrizen ist die Spur. Sie ist das Element des Grundringes gegeben durch die Summe der Diagonalelemente: n X spur(A) = Ai,i i=1 für A ∈ Mn (R). Eine weitere wichtige Invariante ist die Determinante, die für n > 2 erst später im Verlauf der Vorlesung eingeführt wird. 4 Spezielles zu M2 (R) Wir betrachten 2 × 2-Matrizen. Es sei A= Die Spur von A ist a b c d spur(A) = a + d Die Determinante von A ist definiert als det(A) = ad − bc Die Adjunkte von A ist definiert als A = ∗ d −b −c a (Vorsicht: Ich hatte in der Vorlesung den Namen “Adjungierte” benutzt, der nicht völlig ungebräuchlich dafür ist, aber zumeist für die konjugiert-transponierte Matrix einer Matrix über C steht. Um Verwechslungen vorzubeugen, werde ich in Zukunft den Name “Adjunkte” verwenden). Es sei 1 0 E= 0 1 und 0 −1 V = 1 0 Im Folgenden seien einige Bemerkungen aus der Vorlesung aufgelistet, ohne Gewichtung der Schwierigkeit. Satz. (A∗ )∗ = A A + A∗ = spur(A)E AA∗ = A∗ A = det(A)E V 2 = −E V −1 = −V A∗ = V At V −1 (AB)∗ = B ∗ A∗ det(AB) = det(A) det(B) Bitte schauen Sie sich die Beweise nochmal an. 5 Nachtragen möchte ich hier: Lemma. Für A ∈ M2 (R) gilt: A2 − spur(A)A + det(A)E = 0 Beweis. det(A)E = AA∗ = A(A − spur(A)E) = A2 − spur(A)A Lemma. A ∈ M2 (R) ist invertierbar genau dann wenn det(A) invertierbar ist. (Ist R ein Körper, so ist die Invertierbarkeit von det(A) gleichbedeutend mit det(A) 6= 0). Beweis. Ist det(A) invertierbar, so ist A−1 = 1 A∗ det(A) die Inverse von A. Umgekehrt, ist B ∈ M2 (R) eine Inverse, so ist AB = E, also 1 = det(E) = det(AB) = det(A) det(B) Daher ist det(A) invertierbar. 6 Aufgabe 1. Man schreibe jedes der folgenden Gleichungssysteme in Matrizenform x A =W y Sodann bestimme man für die Matrix A die Determinante, die Inverse A−1 und das Quadrat A2 = A · A. Schließlich gebe man die Lösung des jeweiligen Gleichungssystems an. (1) 4x + 5y = 1 3x + 4y = 2 (2) 4x + 5y = 1 3x − 4y = 2 Aufgabe 2. (1) Man zeige: spur(AB) = spur(BA) für A ∈ M(m, n), B ∈ M(n, m). (2) Man zeige die Assoziativiät des Matrizenproduktes, d. h. (AB)C = A(BC) für A ∈ M(m, n), B ∈ M(n, p), C ∈ M(p, q). Aufgabe 3. Es sei A eine 2 × 2-Matrix über einem Körper (R oder C). Man zeige: Es gilt det(A) = 0 genau dann, wenn A das Produkt eines Spaltenvektors mit einem Zeilenvektor ist, d. h. u s t A= (u, v, s, t ∈ R) v Hinweis. Eine Schwierigkeit ist vielleicht, das u, v, s, t nicht eindeutig bestimmt sind. Ist A = ac db , so empfiehlt es sich, eine Fallunterscheidung a 6= 0, a = 0 zu machen. 7 Aufgabe 4. Wir betrachten folgende Matrizen aus M2 (C): 1 0 i 0 0 −1 0 i X0 = E = , X1 = , X2 = , X3 = 0 1 0 −i 1 0 i 0 (1) Für a, b, c, d ∈ C finde man z0 , z1 , z2 , z3 ∈ C mit a b = z0 X0 + z1 X1 + z2 X2 + z3 X3 c d (2) Für x0 , x1 , x2 , x3 ∈ R (nicht C!) bestimme man det(x0 X0 + x1 X1 + x2 X2 + x3 X3 ) Anmerkung. Die Aufgabe ist im Wesentlichen eine Übung zum Rechnen mit komplexen Zahlen. Die betrachteten speziellen Matrizen haben besondere Eigenschaften, wie X12 = X22 = X32 = −E Xi Xj X1 X2 X2 X3 X3 X1 X1 X2 X3 = −Xj Xi = −X3 = −X1 = −X2 =E (1 ≤ i, j ≤ 3, i 6= j) Die Menge H = RX0 + RX1 + RX2 + RX3 der reellen Linearkombinationen der Xi ist als Quaternionen-Algebra bekannt.