II, 1–146 (2012) c 2012 Mathematik für Chemiker Dr. Jürgen Bolik Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg f (t ) −μt e cos(ω t) e−μt t −e−μ t Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2 Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 Komplexe Zahlen 1.1 Aufbau des Zahlensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Gaußsche Zahlenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die Exponentialfunktion und Trigonometrische Funktionen . . . 1.4 Die Moivresche Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Die Wurzelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Der Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.1 Komplexe Darstellung harmonischer Schwingungen . . 1.7.2 Addition harmonischer Schwingungen gleicher Frequenz Differentialrechnung von Funktionen einer und mehrerer reellen Veränderlichen 2.1 Stetigkeit von Funktionen einer Variablen . . . . . . . . . . . 2.1.1 Folgen und Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Stetigkeit von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen . . . . . 2.2.1 Der Differentialquotient . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Lokale Extrema, Mittelwertsatz, Krümmungsverhalten 2.2.4 Approximation durch affin-lineare Funktionen . . . . 2.3 Taylor-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Differentialrechnung von Funktionen mehrerer unabhängiger Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Partielle Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Approximation durch affin-lineare Funktionen . . . . 2.4.3 Lokale Extrema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 7 13 17 18 19 21 21 23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 27 27 33 37 37 41 46 49 50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 61 64 69 Integralrechnung 3.1 Das Riemannsche Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Integration und Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Der Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung 3.2.2 Integrationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Kurven im Rn und deren Länge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Volumen von Rotationskörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Integralrechnung im Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 75 79 79 81 89 91 94 97 Lineare Algebra 103 4.1 Lineare Gleichungssysteme und der Gauß-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . 103 4.1.1 Einführung des Gauß-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4.1.2 Grundlagen des Gauß-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg . . . . . 108 113 116 120 126 Gewöhnliche Differentialgleichungen 5.1 Beispiele gewöhnlicher Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Lineare Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Differentialgleichungen mit getrennten Variablen . . . . . . . . . . . . y 5.2.3 Die Differentialgleichung y 0 = f ( ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x 5.3 Gewöhnliche Differentialgleichungen n-ter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Gewöhnliche homogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Gewöhnliche inhomogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 129 130 130 133 133 135 4.2 4.3 4.4 5 4.1.3 Unlösbare und unterbestimmte lineare Gleichungssysteme 4.1.4 Allgemeine lineare Gleichungssysteme . . . . . . . . . . Matrizenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenwertprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 141 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1 1.1 4 Komplexe Zahlen Aufbau des Zahlensystems Die Menge N der natürlichen und die Menge Z der ganzen Zahlen Die Zahlen 1, 2, 3, ... werden als natürliche Zahlen bezeichnet. Wir schreiben für die Menge der natürlichen Zahlen N, wobei N = {1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} . Um auch die Zahl 0 zu berücksichtigen, schreiben wir N0 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} . Häufig wird auch folgende Notation verwendet: N = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} und N∗ = {1, 2, 3, 4, 5, 6, ....} . Die Menge der ganzen Zahlen ist Z = {0, ±1, ±2, ±3, ....} . Der Körper Q der rationalen und der Körper R der reellen Zahlen Wir bezeichen Zahlen, die sich als Quotienten darstellen lassen, als rationale Zahlen. p q zweier Zahlen p ∈ Z und q ∈ Z, wobei q 6= 0, Wir schreiben für die Menge der rationalen Zahlen Q, wobei p Q = { | p, q ∈ Z, q 6= 0} . q Die Menge der √ reellen Zahlen R ist umfassender als Q und enthält auch irrationale Zahlen, wie beispielsweise 2. Wir sprechen von einem Körper K, wenn auf der Menge K die Verknüpfungen Addition und Multiplikationen definiert und folgende Axiome und das Distributivgesetz erfüllt sind: Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Axiome der Addition • Assoziativgesetz (x + y) + z = x + (y + z) für alle x, y, z ∈ K . • Kommutativgesetz x + y = y + x für alle x, y ∈ K . • Existenz der Null Es gibt eine Zahl 0 ∈ K mit x + 0 = x für alle x ∈ K . • Existenz des Negativen Zu jedem x ∈ K existiert ein − x ∈ K mit x + (−x) = 0 . Axiome der Multiplikation • Assoziativgesetz (x · y) · z = x · (y · z) für alle x, y, z ∈ K . • Kommutativgesetz x · y = y · x für alle x, y ∈ K . • Existenz der Eins Es gibt eine Zahl 1 ∈ K, 1 6= 0, so dass x · 1 = x für alle x ∈ K . • Existenz des Inversen Zu jedem von 0 verschiedenen x ∈ K existiert ein x−1 ∈ K mit x · x−1 = 1 . Distributivgesetz x · (y + z) = x · y + x · z für alle x, y, z ∈ K . Beispielsweise sind Q und R Körper. 5 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 6 Der Körper C der komplexen Zahlen Die Menge R × R der geordneten Paare reeller Zahlen bildet auch dann einen Körper, wenn wir die Addition mittels (x1 , y1 ) + (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 ) und die Multiplikation mittels (x1 , y1 ) · (x2 , y2 ) := (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + y1 x2 ) definieren. Auch diese Multiplikation ist assoziativ und kommutativ. Der Körper (R2 , +, ·) wird als der Körper C der komplexen Zahlen bezeichnet. Nach unserer Multiplikationsregel erhalten wir (x, y) · (1, 0) = (x, y) . Daher ist (1, 0) das neutrale Element der Multiplikation. Das multiplikative inverse Element von z = (x, y) 6= (0, 0) erhalten wir aus der Gleichung (x, y) · (u, v) = (1, 0) . Die eindeutige Lösung dieser Gleichung ist x y −1 z = (u, v) = ,− . x2 + y 2 x2 + y 2 Wir können reelle Zahlen x dabei als (x, 0) schreiben. Setzen wir zusätzlich i := (0, 1) , so zeigt sich, dass (x, y) = (x, 0) + (0, y) = (x, 0) + (0, 1)(y, 0) = x + iy für x, y ∈ R . Außerdem erhalten wir i2 = (0, 1)(0, 1) = (−1, 0) = −1 . Anmerkung: In der Mathematik ist die Bezeichnung i für die imaginäre Einheit üblich, während in der Technik oft j verwendet wird. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.2 7 Die Gaußsche Zahlenebene Für den Körper der komplexen Zahlen können wir C = {x + iy | x, y ∈ R} schreiben. Veranschaulichen lassen sich die komplexen Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene (komplexen Zahlenebene): imaginäre Achse z=x+iy y x reelle Achse Abbildung 1.1 Darstellung einer komplexen Zahl Die Addition zweier komplexer Zahlen entspricht der Vektoraddition in R2 : imaginäre Achse z 1+z 2 z2 z1 reelle Achse Abbildung 1.2 Addition zweier komplexer Zahlen Ist z = x + iy mit x, y ∈ R, so sind Real- und Imaginärteil der komplexen Zahl z definiert durch Re(z) := x, Im(z) := y . Zwei komplexe Zahlen z1 und z2 sind genau dann gleich, wenn Re(z1 ) = Re(z2 ) und Im(z1 ) = Im(z2 ) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 8 Beispiele zur Lösung quadratischer Gleichungen • Die beiden Lösungen der quadratischen Gleichung x2 = −b2 lauten x1,2 = ±ib . • Die Gleichung x2 − 2x + 5 = 0 ist äquivalent zu (x − 1)2 = −22 . Daher erhalten wir als Lösung x1,2 = 1 ± 2i . Die konjugiert komplexe Zahl Die euklidische Norm k~xk ∈ R+ := {x ∈ R | x ≥ 0} eines Vektors x ~x = ∈ R2 y ist durch p x2 + y 2 definiert. Mit Hilfe der konjugiert komplexen Zahl z := x − iy . lässt sich der Wert x2 + y 2 auch als Produkt von z und z schreiben, da zz = (x + iy)(x − iy) = x2 + y 2 . In der Gaußschen Zahlenebene wird die Konjugation einer komplexen Zahl durch Spiegelung an der reellen Achse dargestellt: imaginäre Achse z=x+iy y x reelle Achse ̄z=x−iy Abbildung 1.3 Die konjugiert komplexe Zahl Ist Im(z) = 0, so gilt z = z. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 9 Rechenregeln für die Konjugation Seien z, z1 , z2 ∈ C. Dann gilt • z = z, • z1 + z2 = z1 + z2 , • z1 z2 = z1 z2 . Der Betrag einer komplexen Zahl Unter dem Betrag einer Zahl z ∈ C versteht man die Größe p √ |z| := zz = x2 + y 2 . Der Betrag einer komplexen Zahl ist daher mit dem euklidischen Abstand des Punktes z vom Nullpunkt in der Gaußschen Zahlenebene identisch. Für alle z ∈ C gilt |z| = |z|. Der Betrag einer komplexen Zahl • Sei z ∈ C. Es gilt stets |z| ≥ 0 und |z| = 0 genau dann, wenn z = 0. • Dreiecksungleichung: |z1 + z2 | ≤ |z1 | + |z2 | für alle z1 , z2 ∈ C. • |z1 z2 | = |z1 ||z2 | für alle z1 , z2 ∈ C. Anmerkung: Es lässt sich auch zeigen, dass |z1 − z2 | ≥ | |z1 | − |z2 | | für alle z1 , z2 ∈ C gilt. Mit Hilfe des Betrages, können wir auch den euklidischen Abstand dist(z1 , z2 ) zweier Punkte z1 , z2 ∈ C der komplexen Zahlenebene definieren: dist(z1 , z2 ) = |z2 − z1 | . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 10 Sei z0 ∈ C ein fester Punkt in der komplexen Zahlenebene und r ∈ R∗+ := {x ∈ R | x > 0}. • Die Punktmenge {z ∈ C | |z − z0 | < r} ist die Kreisscheibe (ohne Rand) mit Radius r um den Punkt z0 . • Die Punktmenge {z ∈ C | |z − z0 | = r} ist die Kreislinie mit Radius r um den Punkt z0 . imaginäre Achse r . z0 y x reelle Achse Abbildung 1.4 Eine Kreisscheibe in der komplexen Ebene Die Polarkoordinaten (r, ϕ) ∈ R∗+ × R sind gegeben durch die kartesischen Koordinaten (x, y) ∈ R2 \{0} mittels (x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) . Dabei gilt r= p x2 + y 2 . Die Größe ϕ gibt den Winkel zwischen der positiven x-Achse und dem Strahl von 0 durch (x, y) an. Betrachten wir statt der Ebene R2 die komplexe Ebene, so erhalten wir z = |z|(cos ϕ + i sin ϕ) , wobei auch der Ursprung z = 0 zugelassen ist. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 11 Anmerkung zu Winkelmaßen Für Winkel in Bogenmaß gilt: ϕ := b r Ist b = 2πr, so gilt ϕ = 2π. 180◦ . Somit gilt 360◦ = 2π rad und 1 rad = π Für z 6= 0 ist der Winkel ϕ durch die Angabe der kartesischen Koordinaten eindeutig bestimmt. Dieser Winkel wird als Argument von z bezeichnet. Wir schreiben ϕ = arg z . Um den Winkel ϕ eindeutig zu bestimmen, wird üblicherweise vorausgesetzt, dass 0 ≤ ϕ < 2π oder − π < ϕ ≤ π . Darstellung der Multiplikation in der komplexen Zahlenebene Sei z, w ∈ C∗ := {z ∈ C | z 6= 0} und arg z = ϕ, arg w = ψ. Dann erhalten wir, mit Hilfe der Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen, wz = |w| · |z|(cos ψ + i sin ψ)(cos ϕ + i sin ϕ) = |w| · |z|(cos(ψ + ϕ) + i sin(ψ + ϕ)) . Bei der Multiplikation zweier komplexer Zahlen werden • die Beträge multipliziert und • die Argumente addiert. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 12 Ist w ∈ C∗ fest, so ist die Abbildung f : C → C, z 7→ wz eine Drehstreckung und, im Falle von |w| = 1, eine Drehung. imaginäre Achse .w w⋅z . i .z φ+ψ ψ φ . 1 reelle Achse Abbildung 1.5 Multiplikation in C Das hinsichtlich der Multiplikation inverse Element von z 6= 0 ist z −1 = x2 1 1 1 (x − iy) = 2 z = (cos ϕ − i sin ϕ) . 2 +y |z| |z| Daher gilt für die Division von w ∈ C∗ durch z ∈ C∗ w |w| = (cos ψ + i sin ψ)(cos ϕ − i sin ϕ) z |z| = |w| (cos(ψ − ϕ) + i sin(ψ − ϕ)) . |z| Anmerkung: Dabei verwenden wir Symmetrieeigenschaften und Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen sin und cos, die in folgendem Abschnitt vorgestellt werden. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.3 13 Die Exponentialfunktion und Trigonometrische Funktionen Die Exponentialfunktion in R, und analog in C, wird mit Hilfe einer (absolut konvergenten) Reihe, der Exponentialreihe exp : R → R , x 7→ exp(x) = ∞ X xn n=0 n! definiert. Damit lässt sich zeigen, dass exp(x + y) = exp(x) exp(y) für x, y ∈ R und mit Hilfe dieser Funktionalgleichung wiederum, dass exp(x) > 0 für x ∈ R , exp(−x) = (exp(x))−1 für x ∈ R und exp(n) = en für n ∈ Z . Die Exponentialfunktion in C ist gegeben durch exp : C → C , z 7→ exp(z) = ∞ X zn n=0 n! . Die Exponentialfunktion exp ist in C stetig. Ferner gilt • die Funktionalgleichung exp(z1 + z2 ) = exp(z1 ) exp(z2 ) für alle z1 , z2 ∈ C , • die Eigenschaft exp(z) 6= 0 für alle z ∈ C • und exp(z) = exp(z) für alle z ∈ C. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 14 Die Definition der Exponentialfunktion zur Basis a lässt sich, wenn wir uns auf reelle Werte von a beschränken, sehr einfach verallgemeinern. Ist der Definitionsbereich der Funktion R, so ist ax folgendermaßen erklärt:. Definition: Sei a ∈ R∗+ . Dann ist die Exponentialfunktion zur Basis a definiert durch ax : R → R , x 7→ ax := exp(x ln a) . Entsprechend ist die Funktion az für a ∈ R∗+ auf dem Definitionsbereich C erklärt: Definition: Sei a ∈ R∗+ . Dann ist die Exponentialfunktion zur Basis a definiert durch az : C → C , z 7→ az := exp(z ln a) . Anmerkung: Auf die Verallgemeinerung von az für a ∈ C∗ wird hier verzichtet. Für alle x ∈ R gilt |eix | = 1 , da |eix |2 = eix eix = eix eix = eix e−ix = e0 = 1 . Wir können daher eix als Punkt des Einheitskreises in der komplexen Ebene darstellen: imaginäre Achse . z=e ix reelle Achse Abbildung 1.6 Die Zahl eix als Punkt am Einheitskreis Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 15 Mit Hilfe der Definition cos x := Re(eix ) und sin x := Im(eix ) folgt unmittelbar die Eulersche Formel eix = cos x + i sin x . Die Variable x lässt sich sich als (orientierte) Bogenlänge verstehen. Betrachten wir neben eix auch e−ix , so können wir auch folgende Gleichungen herleiten: 1 1 cos x = (eix + e−ix ) und sin x = (eix − e−ix ) . 2 2i imaginäre Achse . z 1 =eix sin x cos x reelle Achse . z 2 =e−ix Abbildung 1.7 Die Winkelfunktionen cos und sin Nach der Definition der trigonometrischen Funktion cos und sin und der Definition der Exponentialfunktion zeigt sich, dass cos(−x) = cos x , sin(−x) = −sin(x) und cos2 x + sin2 x = 1 . Mit Hilfe der Eulerschen Formel und der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion erhalten wir eine einfache Herleitung folgender Additionstheoreme: cos(x + y) = cos x cos y − sin x sin y für alle x ∈ R , sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y für alle x ∈ R . Begründung: Gemäß der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion gilt ei(x+y) = eix eiy , und umgeformt, mittels der Eulerschen Formel, cos(x + y) + i sin(x + y) = (cos x + i sin x)(cos y + i sin y) = (cos x cos y − sin x sin y) + i(sin x cos y + cos x sin y) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 16 Analog zu den Beziehungen für Sinus sin 1 sin x = (eix − e−ix ) 2i und Cosinus cos 1 cos x = (eix + e−ix ) 2 werden die Funktionen Sinus hyperbolicus sinh : R → R durch 1 sinh x := (ex − e−x ) 2 und Cosinus hyperbolicus cosh : R → R durch 1 cosh x := (ex + e−x ) 2 definiert. Die Hyperbelfunktionen sinh und cosh sind stetig. y cosh x sinh x x Abbildung 1.8 Die Hyperbelfunktionen cosh und sinh Für alle x, y ∈ R gilt cosh(x + y) = cosh x cosh y + sinh x sinh y , sinh(x + y) = sinh x cosh y + cosh x sinh y und cosh2 x − sinh2 x = 1 . Die Funktion tanh : R → R ist durch sinh x tanh x := cosh x definiert. Die Umkehrfunktionen von sinh, cosh und tanh heißen arsinh, arcosh bzw. artanh. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.4 17 Die Moivresche Formel Jede Zahl z ∈ C∗ lässt sich eindeutig schreiben als z = |z|eiϕ = |z|(cos ϕ + i sin ϕ) mit ϕ ∈ [0, 2π) . Selbstverständlich können wir auch andere halboffene reelle Intervalle der Länge 2π wählen. Schreiben wir zwei komplexe Zahlen w und z folgendermaßen in Polarkoordinaten: w = |w|eiψ und z = |z|eiϕ , so lässt sich deren Produkt sehr einfach ausdrücken als wz = |w||z|ei(ψ+ϕ) . Demnach und nach der Funktionalgleichung gilt (eiϕ )n = einϕ für alle n ∈ Z . So erhalten wir die Moivresche Formel (cos ϕ + i sin ϕ)n = cos(nϕ) + i sin(nϕ) für alle n ∈ Z . Damit lässt sich z n folgendermaßen schreiben: z n = |z|n einϕ = |z|n (cos(nϕ) + i sin(nϕ)) . Die Formel von Abraham de Moivre gestattet eine einfache Herleitung der Darstellung von cos(nϕ) und sin(nϕ), mit n ≥ 1, als Polynom in cos ϕ und sin ϕ, indem Real- und Imaginärteil getrennt betrachtet werden. Beispielsweise erhalten wir cos(3ϕ) = cos3 ϕ − 3 cos ϕ sin2 ϕ und sin(3ϕ) = 3 cos2 ϕ sin ϕ − sin3 ϕ . Der Term (cos ϕ + i sin ϕ)n mit n ∈ N lässt sich auch allgemein mit Hilfe des Binomischen Lehrsatzes umformen. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.5 18 Die Wurzelfunktion n-te Einheitswurzeln: Sei n ∈ N mit n ≥ 2. Dann hat die Gleichung zn = 1 genau n Lösungen in C. Diese sind ζnk = ei 2kπ n mit k = 0, 1, ..., n − 1 . imaginäre Achse 2π ζ 1 =e 5 ζ 2 =e 4π i 5 i . . .1 6π ζ 3 =e 5 i reelle Achse . . ζ 4 =e 8π i 5 Abbildung 1.9 Die fünften Eineitswurzeln Sei z ∈ C, a ∈ C∗ und n ∈ N mit n ≥ 2. Unter diesen Voraussetzungen suchen wir Lösungen der Gleichung zn = a . Ist a = 1 und ζn = exp(i 2π ), n so sind die n-ten Wurzeln von a die Zahlen 1, ζn , ..., ζnn−1 . Ist a = |a|eiϕ , so lassen sich n-ten Wurzeln von z in Polarkoordinaten folgendermaßen schreiben: p i n |a| exp( (ϕ + 2kπ)) mit k ∈ Z . n Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.6 19 Der Fundamentalsatz der Algebra Die Gleichung z n − a = 0 , mit z ∈ C, a ∈ C∗ , lässt sich auch als Aufgabe, die Nullstellen des Polynoms p(z) = z n − a zu finden, verstehen. Um quadratische Polynome in Linearfaktoren zu zerlegen, gibt es einfache Verfahren. Nun stellt sich die Frage, ob sich Polynome auch allgemein in Linearfaktoren zerlegen lassen, wenn der Zahlenkörper R oder aber C vorausgesetzt wird. Allgemein sind Polynome in C folgendermaßen definiert: Definition: Sei am ∈ C, m = 0, 1, ..., n, und an 6= 0. Dann ist p : C → C, z 7→ p(z) = a0 + a1 z + ... + an−1 z n−1 + an z n ein Polynom vom Grade n. Wir schreiben • p(z) ∈ C[z], wenn die Koeffizienten des Polynoms p komplexe Zahlen und • p(z) ∈ R[z], wenn die Koeffizienten des Polynoms p reelle Zahlen sind. Ein Polynom p(z) ∈ C[z] heißt komplexes Polynom und ein Polynom p(z) ∈ R[z] reelles Polynom. Sei pm (z) ∈ C[z] ein Polynom des Grades m ∈ N und z, z1 ∈ C mit z 6= z1 . Dann ist der Rest der Division von pn (z) durch (z − z1 ) gleich pn (z1 ), d.h.: pn (z) = (z − z1 )pn−1 (z) + pn (z1 ) . Ist pn (z) ohne Rest durch (z − z1 )k , jedoch nicht durch (z − z1 )k+1 teilbar, so ist z1 eine k-fache Nullstelle des Polynoms pn (z). Fundamentalsatz der Algebra: Jedes nicht-konstante komplexe Polynom hat mindestens eine Nullstelle in C. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 20 Faktorisierungssatz: Das Polynom p : C → C, z 7→ p(z) = a0 + a1 z + ... + an−1 z n−1 + an z n , mit am ∈ C, m = 0, 1, ..., n und an 6= 0 , lässt sich eindeutig (bis auf die Reihenfolge der Faktoren) als Produkt p(z) = an (z − z1 )m1 · (z − z2 )m2 · ... · (z − zr )mr schreiben. Dabei sind z1 , ..., zr ∈ C paarweise verschiedene Nullstellen, deren jeweilige Vielfachheit m1 , m2 , ..., mr ∈ N und m1 + m2 + ... + mr = n. Das Polynom p(z) ∈ C[z] zerfällt also vollständig in Linearfaktoren. Für Polynome p(z) ∈ R[z] gilt p(z) = p(z). Daher ist mit jeder Nullstelle zi auch zi eine Nullstelle. Ferner ist (z − zi )(z − zi ) ein reelles quadratisches Polynom. Daraus folgt, dass sich jedes Polynom p(z) ∈ R[z] vom Grade n ≥ 1, eindeutig als Produkt reeller Linearfaktoren und reeller quadratischer Polynome darstellen lässt. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.7 1.7.1 Anwendungen Komplexe Darstellung harmonischer Schwingungen Harmonische Schwingungen genügen der Differentialgleichung x00 (t) + ω 2 x(t) = 0 . Die allgemeine Lösung unserer Bewegungsgleichung hat folgende Form: x(t) = c1 · sin(ωt) + c2 · cos(ωt) . Andere Darstellungen der allgemeinen Lösung lauten x(t) = A · sin(ωt + α0 ) und x(t) = A · cos(ωt + ϕ0 ) . In der Ortsfunktion x(t) = A · cos(ωt + ϕ0 ) bezeichnet • A die Amplitude, d.h. die maximale Auslenkung aus der Ruhelage, und • ϕ0 den Nullphasenwinkel. Die Ortsfunktion lässt sich als Realteil von z(t) = Aei(ωt+ϕ0 ) =: z0 eiωt darstellen. Die Amplitude z0 = Aeiϕ0 ist hierbei komplex. 21 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 22 Es ist auch eine praktische Darstellung von cos und sin mit Hilfe des Einheitskreises möglich: g ( x )=cos( x) f ( x )=sin ( x) r=1 f ( x )=sin ( x) x g ( x )=cos( x) x Abbildung 1.10 Die Funktionen sin und cos und der Einheitskreis Entsprechend können wir eiωt+ϕ0 als Punkt des Einheitskreises in der komplexen Ebene darstellen: Im(z) . z (t )=ei( ω t +φ ) 1 0 sin (ω t 1+φ0 ) cos(ω t 1 +φ 0 ) Re(z) Abbildung 1.11 Die Funktion ei(ωt+ϕ0 ) und der Einheitskreis Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 1.7.2 23 Addition harmonischer Schwingungen gleicher Frequenz Gegeben seien zwei harmonische Schwingungen gleicher Richtung und gleicher Frequenz: y1 (t) = A1 sin(ωt + α1 ) und y2 (t) = A2 sin(ωt + α2 ) . Die Resultierende beider Schwingungen ist gegeben durch y(t) = y1 (t) + y2 (t) = (A1 cos α1 + A2 cos α2 ) sin(ωt) + (A1 sin α1 + A2 sin α2 ) cos(ωt) . Wir suchen zwei Konstanten A und α, so dass A1 cos α1 + A2 cos α2 = A cos α und A1 sin α1 + A2 sin α2 = A sin α . Diese sind gegeben durch q A = A21 + A22 + 2A1 A2 cos(α2 − α1 ) und tan α = A1 sin α1 + A2 sin α2 . A1 cos α1 + A2 cos α2 Damit können wir y(t) auch folgendermaßen schreiben: y(t) = A sin(ωt + α) . Andererseits lassen sich die beiden Gleichungen zur Bestimmung von A und α auch zu einer Gleichung in C zusammenfassen: A1 (cos α1 + i sin α1 ) + A2 (cos α2 + i sin α2 ) = A(cos α + i sin α) Mit Hilfe der Eulerschen Formel eiα = cos α + i sin α erhalten wir A1 eiα1 + A2 eiα2 = Aeiα =: z0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 24 Setzen wir z0,1 = A1 eiα1 und z0,2 = A2 eiα2 , so nimmt die vorangegangene Gleichung die einfache Form z0,1 + z0,2 = z0 an. Die Addition zweier komplexer Zahlen lässt sich auch in einem Zeigerdiagramm veranschaulichen: Im(z) z 1+z 2 y 1+ y 2 z2 z1 y1 y2 x1 + x 2 x2 x1 Re(z) Abbildung 1.12 Zeigerdiagramm und Addition komplexer Zahlen Die Addition sinusförmiger Schwingungen verschiedener Amplitude und Phase aber gleicher Frequenz lässt sich mit Hilfe von Zeigerdarstellungen sehr einfach durchführen: h (φ)= f (φ)+g (φ) A f (φ)= A1 sin (φ) φ φ=ω t +φ0 g (φ)= A2 cos(φ) Abbildung 1.13 Addition sinusförmiger Schwingungen Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 25 Wie das folgende Diagramm zeigt, ist die Amplitude der resultierenden Schwingung nicht notwendigerweise größer als die der einzelnen Schwingungen. g (φ)= A2 sin (φ+β0 ) h (φ)= f (φ)+g (φ) f (φ)= A1 sin (φ+α 0 ) A φ φ=ω t +φ0 Abbildung 1.14 Addition sinusförmiger Schwingungen Die Funktion z(t) = Aei(ωt+α) = z0 eiωt genügt der Differentialgleichung z 00 (t) + ω 2 z(t) = 0 . Sowohl deren Real- als auch deren Imaginärteil repräsentieren harmonische Schwingungen. Beispielsweise gilt y(t) = Im(z(t)) = Im(z0 eiωt ) = A · Im(eiα eiωt ) = A · Im(ei(ωt+α) ) = A(sin(α) cos(ωt) + cos(α) sin(ωt)) = A sin(ωt + α) . Beispiel: Die Funktion y(t) = sin(ωt) + cos(ωt) lässt sich mit Hilfe des Additionstheorems sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β umformen zu y(t) = A sin(ωt + ϕ0 ) , wobei ϕ0 = π 4 und A = √ 2 sind. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 26 Andererseits können wir A und ϕ0 auch mittels z(t) ∈ C bestimmen. Hierzu betrachten wir die Funktionen π z1 (t) = eiωt , z2 (t) = ei 2 · eiωt und deren Summe z(t) = z1 (t) + z2 (t) = z0 eiωt . Die komplexe Amplitude z0 lässt sich folgendermaßen darstellen: √ π π z0 = 1 + ei 2 = 1 + i = 2 · ei 4 . Hieraus folgt A= √ 2, ϕ = π 4 und y(t) = sin(ωt) + cos(ωt) = √ π 2 · sin(ωt + ) . 4 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2 27 Differentialrechnung von Funktionen einer und mehrerer reellen Veränderlichen 2.1 2.1.1 Stetigkeit von Funktionen einer Variablen Folgen und Grenzwerte Unter einer Folge reeller Zahlen versteht man eine Abbildung n 7→ an , wobei n ∈ N0 = {0, 1, 2, 3, ...} oder n ∈ N = {1, 2, 3, ...} und an ∈ R. Die Zahlenfolge ist daher eine Abbildung von N0 → R. Man schreibt dafür (an )n∈N0 oder (a0 , a1 , a2 , ...). 1 1 Beispiel: Die Abbildung n 7→ √ definiert eine Folge ( √ )n∈N . n n Beispiele (1) an = (−1)n , n ∈ N0 : (1, −1, 1, −1, 1, −1, ...) (2) arithmetische Folge: an = a1 + (n − 1) · d, n ∈ N, d ∈ R (3) geometrische Folge: an = a1 q n−1 , n ∈ N, q ∈ R\{0, 1} (4) an = n , n+1 n ∈ N0 : (0, 12 , 23 , 34 , 45 , ...) (5) Sei a0 = 1, a1 = 1 und an = an−1 + an−2 für n ≥ 2. Diese Folge (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, ...) heißt Folge der ”Fibonacci-Zahlen”. Definition: Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Die Folge heißt konvergent gegen a ∈ R, falls zu jedem > 0 ein N = N () ∈ N0 existiert, so dass |an − a| < für alle n ≥ N . Schreibweise: lim an = a n→∞ Die reelle Zahl a heißt Grenzwert oder Limes der Zahlenfolge (an )n∈N0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 28 Beispiele für konvergente Folgen Die Folge ( n12 )n∈N konvergiert: 1,2 an 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1 2 3 4 5 6 7 n Abbildung 2.1 Die Folge (n−2 )n∈N 1 Die Folge ((−1)n )n∈N konvergiert: n 0,6 an 0,4 0,2 0 -0,2 -0,4 -0,6 -0,8 -1 -1,2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Abbildung 2.2 Die Folge ((−1)n n−1 )n∈N n 11 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 29 1 Die Folge ( √ )n∈N konvergiert: n an 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1 2 3 4 5 6 7 n 8 √ Abbildung 2.3 Die Folge (( n)−1 )n∈N Beispiele zum Grenzwert (1) Sei an = n1 , n ∈ N. Die Folge lautet also 1 1 1 (an )n∈N = (1, , , , ...) . 2 3 4 Es gilt 1 = 0, n→∞ n lim da zu > 0 ein N () ∈ N existiert, so dass |an − a| = | 1 1 − 0| = < für alle n ≥ N () . n n Hierzu muss lediglich N () > 1 gewählt werden. (2) Sei an = 1 − n1 , n ∈ N. Die Folge 1 2 3 (an )n∈N = (0, , , , ...) . 2 3 4 konvergiert gegen 1, da |an − a| = |1 − 1 1 − 1| = n n Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg und wir wie in (1) argumentieren können. (3) Sei an = 1 + (−1)n , n n ∈ N. Die Folge 3 2 3 (an )n∈N = (0, , , , ...) . 2 3 4 konvergiert gegen 1, da |an − a| = |1 + (−1)n 1 − 1| = n n und wir wieder wie in (1) verfahren können. (4) Sei an = √1 , n n ∈ N. Die Folge 1 1 1 (an )n∈N = (1, √ , √ , √ , ...) . 2 3 4 konvergiert gegen 0, da zu > 0 ein N () ∈ N existiert, so dass 1 1 |an − a| = | √ − 0| = √ < für alle n ≥ N () . n n Hierzu muss lediglich N () > 1 gewählt werden. 2 30 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 31 Wenn die reelle Zahlenfolge gegen keine reelle Zahl konvergiert, dann wird sie divergent genannt. Beispiele für divergente Folgen Die Folge (n)n∈N divergiert, wie die nächste Abbildung zeigt: 8 an 7 6 5 4 3 2 1 1 2 3 4 5 6 7 n 8 Abbildung 2.4 Die Folge (n)n∈N Die Folge (n2 )n∈N divergiert: 120 an 100 80 60 40 20 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 n Abbildung 2.5 Die Folge (n2 )n∈N Definition: Eine Folge (an )n∈N0 reeller Zahlen heißt bestimmt divergent gegen +∞ (bzw. −∞), wenn es zu jedem K ∈ R ein N ∈ N0 gibt, so dass an > K (bzw. an < K) für alle n ≥ N . Schreibweise: lim an = ∞ n→∞ Statt bestimmt divergent sagt man auch uneigentlich konvergent. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 32 Die Folge ((−1)n )n∈N divergiert: 1,5 an 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 n 14 Abbildung 2.6 Die Folge ((−1)n )n∈N Eine Zahl a heißt Häufungspunkt einer Folge (an )n∈N0 , wenn es eine Teilfolge von (an ) gibt, die gegen a konvergiert. Beispielsweise besitzt die Folge ((−1)n )n∈N0 die Häufungspunkte +1 und -1. Reihen Sei (an )n∈N0 eine Folge reeller Zahlen. Die Folge der Partialsummen sn := n X ak , mit n ∈ N0 , k=0 heißt (unendliche) Reihe und wird mit ∞ P ak bezeichnet. k=0 Konvergiert die Folge (sn )n∈N0 , so wird ihr Grenzwert ebenfalls mit ∞ P k=0 ak bezeichnet. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.1.2 33 Stetigkeit von Funktionen Definition: Grenzwerte bei Funktionen Sei f : D → R eine reelle Funktion auf D ⊂ R und a ∈ R ein Punkt derart, dass es mindestens eine Folge (an )n∈N0 , an ∈ D mit lim an = a gibt. n→∞ Wir schreiben lim f (x) = c , x→a falls für jede Folge (xn )n∈N0 , xn ∈ D, mit lim xn = a gilt: n→∞ lim f (xn ) = c . n→∞ Rechtsseitiger und linksseitiger Grenzwert: Gilt für die Folgeglieder xn > a (xn < a ), so erhalten wir den rechtsseitigen (linksseitigen) Grenzwert. Anmerkung: Selbstverständlich können wir statt lim f (x), mit x > a, auch x→a lim f (a + h) , h→0 und entsprechend lim f (a − h) h→0 für den linksseitigen Grenzwert, schreiben. Definition: Stetigkeit Sei f : D → R eine Funktion und a ∈ D. Die Funktion heißt stetig im Punkt a, falls lim f (x) = f (a) . x→a f heißt stetig in D, falls f in jedem Punkt von D stetig ist. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 34 Beispiele für stetige und unstetige Funktionen Die Funktionen xn , n ∈ N, sin x, cos x, tan x, ln x, ax , |x| sind stetig. Die Funktion 1 für x ≥ 0 f (x) = 0 für x < 0 ist in x0 rechtsseitig, aber nicht linksseitig stetig und daher unstetig. Die Betragsfunktion abs : R → R , x 7→ |x| ist stetig. y f ( x )=∣x∣ x Abbildung 2.7 Die Betragsfunktion Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 35 Die entier-Funktion entier : R → R , x 7→ [x] ist nicht stetig. y f ( x )=[ x] x Abbildung 2.8 Die entier-Funktion Sätze über stetige Funktionen Zwischenwertsatz: Sei f : [a, b] → R eine stetige Funktion mit f (a) < 0 und f (b) > 0 (bzw. f (a) > 0 und f (b) < 0). Dann existiert ein p ∈ [a, b] mit f (p) = 0. y a b x Abbildung 2.9 Existenz einer Nullstelle Folgerung Sei f : [a, b] → R eine stetige Funktion und c eine reelle Zahl zwischen f (a) und f (b). Dann existiert ein p ∈ [a, b] mit f (p) = c. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 36 Eine Funktion f : D → R heißt beschränkt, wenn sie obere und untere Schranken besitzt, d.h. wenn ein M ∈ R existiert, so dass |f (x)| ≤ M für alle x ∈ D . Jede in einem abgeschlossenen beschränkten Intervall stetige Funktion f : [a, b] → R ist beschränkt und nimmt ihr Maximum und Minimum an, d.h. es gibt x1 , x2 ∈ [a, b] mit f (x1 ) ≤ f (x) ≤ f (x2 ) für alle x ∈ [a, b] . Satz: Sei f : [a, b] → R eine stetige, streng monoton wachsende (bzw. streng monoton fallende) Funktion. Dann bildet f das Intervall [a, b] bijektiv auf das Intervall [f (a), f (b)] ab, und die Umkehrfunktion f −1 : [f (a), f (b)] → R ist ebenfalls stetig und streng monoton wachsend (bzw. streng monoton fallend). Das -δ-Kriterium der Stetigkeit: Sei D ⊂ R. Die Funktion f : D → R ist genau dann in x0 ∈ D stetig, wenn es zu jedem > 0 ein δ > 0 gibt, so dass |f (x) − f (x0 )| < für alle x ∈ D mit |x − x0 | < δ . y ϵ f ( x 1) x2 −3 x1 δ x f ( x 2) Abbildung 2.10 Das -δ-Kriterium der Stetigkeit Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.2 2.2.1 37 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen Der Differentialquotient Definition: Sei D ⊂ R und f : D −→ R eine Funktion. Es existiere eine Folge (ξn ) ⊂ D\{x} mit lim ξn = x. n→∞ f heißt in einem Punkt x ∈ D differenzierbar, falls der Grenzwert f 0 (x) := lim ξ→x ξ∈D\{x} f (ξ) − f (x) ξ−x in R existiert. Dieser Grenzwert f 0 (x) heißt Differentialquotient oder Ableitung von f im Punkte x. Anmerkung: Der Definition liegt der Begriff des Grenzwertes bei Funktionen zu Grunde. Der Grenzwert von g(ξ) := f (ξ) − f (x) ξ−x existiert nicht, wenn die Folge g(ξn ) divergiert, d. h., wenn ihr Wert von der Wahl der Folge (ξn )n ∈ N abhängt oder bestimmt divergiert. Der Differenzenquotient f (ξ) − f (x) ξ−x ist die Steigung der Sekante durch die Punkte (x, f (x)) und (ξ, f (ξ)) des Graphen der Funktion f. Existiert der Grenzwert des Differenzenquotienten für ξ → x, so geht bei diesem Grenzübergang die Sekante in die Tangente an den Graphen von f im Punkt (x, f (x)) über. Statt f 0 (x) ist auch die Schreibweise df (x) üblich. dx Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 38 f ( ξ) f ( ξ)− f ( x ) f (x) x ξ−x ξ Abbildung 2.11 Die Steigung der Sekante Beispiele zur Berechnung der Ableitung • Sei f : R → R, f (x) = x2 . Dann gilt f (x + h) − f (x) (x + h)2 − x2 = lim h→0 h→0 h h f 0 (x) = lim 2xh + h2 = lim (2x + h) = 2x . h→0 h→0 h = lim • Sei f : R∗ := R\{0} und f : R∗ → R, f (x) = 1 . Dann gilt x 1 1 1 f (x + h) − f (x) = lim ( − ) h→0 h x + h h→0 h x f 0 (x) = lim x − (x + h) −1 1 = lim =− 2. h→0 h(x + h)x h→0 (x + h)x x = lim • Sei f : R → R, f (x) = exp x. Dann gilt exp(x + h) − exp(x) exp(h) − 1 = exp(x) lim . h→0 h→0 h h f 0 (x) = lim Da ex − 1 = 1, x→0 x x6=0 lim erhalten wir f 0 (x) = exp(x) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 39 • Sei f : R → R, f (x) = sin x. Dann gilt 2 cos(x + h2 ) sin h2 sin(x + h) − sin(x) f (x) = lim = lim h→0 h→0 h h ! sin h h = lim cos(x + ) · lim h 2 . h→0 h→0 2 2 0 Da die Funktion cos stetig ist, erhalten wir h lim cos(x + ) = cos x . h→0 2 Weiterhin gilt sin x = 1. x→0 x x6=0 lim Das ergibt schließlich f 0 (x) = cos x . Die Betragsfunktion abs : R → R , x 7→ |x| ist stetig, jedoch nicht differenzierbar. y f ( x )=∣x∣ x Abbildung 2.12 Die Betragsfunktion Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 40 Beweis: Die Folge (hn )n∈N mit hn := (−1)n 1 mit n ∈ N n konvergiert gegen Null. Für qn := abs(0 + hn ) − abs(0) hn gilt qn = 1 n −0 n 1 = (−1) . n (−1) n Da lim qn nicht existiert, ist die Funktion abs im Nullpunkt nicht differenzierbar. n→∞ Wie bei der rechtsseitigen und linksseitigen Stetigkeit, lassen sich auch entsprechende Differentialquotienten einführen. Definition: Sei D ⊂ R und f : D −→ R eine Funktion. Dann heißt f im Punkt x von rechts differenzierbar, falls der Grenzwert f+0 (x) := lim ξ&x f (ξ) − f (x) ξ−x existiert. Die Funktion f heißt im Punkt x von links differenzierbar, falls der Grenzwert f−0 (x) := lim ξ%x f (ξ) − f (x) ξ−x existiert. Beispiel: Die Funktion abs ist im Nullpunkt zwar nicht differenzierbar, jedoch sowohl von rechts als auch von links differenzierbar, wobei abs0+ (0) = +1 und abs0− (0) = −1 . Während aus der Stetigkeit einer Funktion nicht deren Differenzierbarkeit folgt, impliziert jedoch umgekehrt die Differenzierbarkeit einer Funktion deren Stetigkeit. Satz: Ist die Funktion f : D −→ R in x ∈ D differenzierbar, so ist sie in x auch stetig. Eine Funktion f : D −→ R heißt in x ∈ D stetig differenzierbar, wenn sie in x differenzierbar und der Differentialquotient f 0 in x stetig ist. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.2.2 Ableitungsregeln Produktregel Seien f, g : D −→ R in x ∈ D differenzierbare Funktionen. Dann ist auch die Funktion f · g : D −→ R in x ∈ D differenzierbar, und es gilt (f · g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) . Quotientenregel Ist g(ξ) 6= 0 für alle ξ ∈ D, so ist auch die Funktion f : D −→ R g in x ∈ D differenzierbar und es gilt f 0 (x)g(x) − f (x)g 0 (x) f . ( )0 (x) = g g(x)2 Beispiel Für die Funktion tan : R\{ π + kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ tan x 2 erhalten wir tan0 (x) = cos2 x + sin2 x 1 sin0 (x) cos(x) − sin(x) cos0 (x) = = . 2 2 cos x cos x cos2 x 41 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 42 Ableitung der Umkehrfunktion Sei D ⊂ R ein abgeschlossenes Intervall. Ferner sei f :D→R eine stetige und streng monotone Funktion und ϕ = f −1 : D∗ → R , mit D∗ = f (D) , deren Umkehrfunktion. Ist f im Punkt x ∈ D differenzierbar mit f 0 (x) 6= 0, so ist ϕ im Punkt y := f (x) differenzierbar und es gilt ϕ0 (y) = 1 f 0 (x) = 1 f 0 (ϕ(y)) . Beispiel Die Funktion ln : R∗+ → R ist die Umkehrfunktion von exp : R → R. Daher gilt ln0 (x) = 1 exp0 (ln x) = 1 1 = . exp(ln x) x Kettenregel Seien f : D −→ R und g : E −→ R Funktionen mit f (D) ⊂ E. Die Funktion f sei im Punkt x ∈ D und g im Punkt f (x) ∈ E differenzierbar. Dann ist die zusammengesetzte Funktion g ◦ f : D −→ R im Punkt x ∈ D differenzierbar, und es gilt (g ◦ f )0 (x) = g 0 (f (x))f 0 (x) . Beispiel Sei a ∈ R und f : R∗+ → R, x 7→ xa . Mit xa = exp(a ln x) und der Anwendung der Kettenregel erhalten wir dxa d a = exp0 (a ln x) (a ln x) = exp(a ln x) = a xa−1 . dx dx x Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 43 Ableitungen höherer Ordnung Sei f : D → R in D ∩ (x − , x + ) und f 0 : D → R in x ∈ D differenzierbar. Demnach existiert der Grenzwert (f 0 )0 (x). Die Ableitung (f 0 )0 (x) wird als zweite Ableitung von f in x bezeichnet. Gebräuchlich ist die Schreibweise 2 d2 f (x) d d df (x) 00 0 0 = = f (x) . f (x) := (f ) (x) = 2 dx dx dx dx Allgemein lassen sich so k-te Ableitungen einführen. Definition: Eine Funktion f : D → R heißt k-mal differenzierbar im Punkt x ∈ D, falls ein > 0 existiert, so dass f in D ∩ (x − , x + ) (k − 1)-mal differenzierbar und die (k − 1)-te Ableitung von f in x differenzierbar ist. Gebräuchlich ist die Schreibweise f (k) (x) := (f d ) (x) = dx (k−1) 0 dk−1 f (x) dk−1 x Ableitungen einiger Funktionen Die Ableitung der konstanten Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = c ist f 0 (x) = 0 . Die Ableitung der Potenzfunktion f : R∗+ → R , x 7→ f (x) = xa , mit a ∈ R , ist f 0 (x) = a xa−1 . Trigonometrische Funktionen Die Ableitung der sin-Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = sin x ist f 0 (x) = cos x . dk f (x) = = dxk d dx k f (x) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Die Ableitung der cos-Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = cos x ist f 0 (x) = − sin x . Die Ableitung der tan-Funktion f : R\{ π + kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ f (x) = tan x 2 ist f 0 (x) = 1 . cos2 x Die Ableitung der cot-Funktion f : R\{kπ|k ∈ Z} → R , x 7→ f (x) = cot x ist f 0 (x) = − 1 . sin2 x Exponentialfunktionen Die Ableitung der exp-Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = ex ist f 0 (x) = ex . Sei a ∈ R∗+ . Die Ableitung der Exponentialfunktion zur Basis a f : R → R , x 7→ f (x) = ax ist f 0 (x) = ax · (ln a) . 44 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Hyperbelfunktionen Die Ableitung der sinh-Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = sinh x ist f 0 (x) = cosh x . Die Ableitung der cos-Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = cosh x ist f 0 (x) = sinh x . 45 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.2.3 46 Lokale Extrema, Mittelwertsatz, Krümmungsverhalten Definition: Sei D ⊂ R eine offene Menge und f : D → R. Die Funktion f besitzt in D ein lokales Maximum (Minimum), wenn ein > 0 existiert, so dass f (x) ≥ f (ξ) (bzw. f (x) ≤ f (ξ)) für alle ξ mit |x − ξ| < . Dieser Extremwert wird als isoliertes lokales Maximum (Minimium) bezeichnet, wenn f (x) 6= f (ξ) in einer beliebig kleinen Umgebung von ξ ist. Sei D ⊂ R eine offene Menge und f : D → R. Die Funktion f besitze in D ein lokales Extremum und sei in x differenzierbar. Dann gilt f 0 (x) = 0. Der Satz von Rolle besagt, dass zwischen zwei Nullstellen einer Funktion eine Nullstelle der Ableitung liegt. Satz von Rolle: Sei a < b. Ferner sei f : [a, b] → R eine stetige und in (a, b) differenzierbare Funktion mit f (a) = f (b). Dann existiert ein ξ ∈ (a, b) mit f 0 (ξ) = 0. Eine Folgerung des Satzes von Rolle ist der folgende Mittelwertsatz. Mittelwertsatz der Differentialrechnung: Sei a < b und f : [a, b] → R eine stetige und in (a, b) differenzierbare Funktion. Dann existiert ein ξ ∈ (a, b), so dass f (b) − f (a) = f 0 (ξ) . b−a Das bedeutet, dass die Steigung der Sekante durch die Punkte (a, f (a)) und (b, f (b)) gleich der Steigung der Tangente an den Graphen von f an einer Stelle (ξ, f (ξ)) mit ξ ∈ (a, b) ist. y f (x) f (b)− f (a) b−a a ξ b x Abbildung 2.13 Die Sekantensteigung und f 0 (ξ) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 47 Mit Hilfe der Ableitung lassen sich die Monotoniebereiche und damit die Extrema bestimmen. Sei f : [a, b] → R eine stetige und in (a, b) differenzierbare Funktion. Gilt • f 0 (x) ≥ 0 (f 0 (x) > 0) für alle x ∈ (a, b), so ist f in [a, b] (streng) monoton wachsend, • f 0 (x) ≤ 0 (f 0 (x) < 0) für alle x ∈ (a, b), so ist f in [a, b] (streng) monoton fallend. Beispiel: Monotoniebereiche und Extremwerte y f (x) f ( x 1) f ' ( x)>0 f ' ( x)<0 f ' ( x)>0 f ( x 2) x1 x2 x Abbildung 2.14 Monotoniebereiche und Extremwerte Eine hinreichende Bedingung für ein isoliertes lokales Extremum bietet der folgende Satz: Sei f : (a, b) → R eine differenzierbare Funktion, die im Punkt x ∈ (a, b) zweimal differenzierbar ist. Gilt f 0 (x) = 0 und f 00 (x) > 0 (bzw. f 00 (x) < 0) , so besitzt f in x ein isoliertes lokales Minimum (bzw. Maximum). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 48 Krümmungsverhalten Sei D ⊂ R ein (endliches oder uneigentliches) Intervall. Eine Funktion f : D → R heißt konvex, wenn für alle x1 , x2 ∈ D und alle λ mit 0 < λ < 1 gilt f (λx1 + (1 − λ)x2 ) ≤ λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 ) . Eine Funktion f heißt konkav, wenn −f konvex ist. Sei f : D → R zweimal differenzierbar. Die Funktion f ist genau dann konvex (bzw. konkav), wenn für alle x ∈ (a, b) gilt f 00 (x) ≥ 0 (bzw. f 00 (x) ≤ 0) . Beispiel: Krümmungsverhalten y f (x) f ' ' ( x)<0 f ( x 0) f ' ' ( x)>0 x0 x Abbildung 2.15 Konvexe und konkave Bereiche einer Funktion Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.2.4 49 Approximation durch affin-lineare Funktionen Die Differenzierbarkeit einer Funktionen kann auch durch die Approximierbarkeit mittels affinlineare Funktionen ausgedrückt werden. Sei D ⊂ R und a ∈ D ein Punkt, der Grenzwert mindestens einer Punktfolge (xn )n∈N ⊂ D\{a} ist. Eine Funktion f : D → R ist genau dann im Punkt a differenzierbar, wenn eine Konstante c ∈ R existiert, so dass f (x) = f (a) + c(x − a) + ϕ(x) für x ∈ D , wobei ϕ eine Funktion ϕ : D → R mit der Eigenschaft ϕ(x) =0 x−a x∈D\{a} lim x→a ist. In diesem Fall gilt c = f 0 (x). Der Graph unserer affin-linearen Funktion L(x) = f (a) + c(x − a) ist die Tangente an den Graphen von f im Punkt (a, f (a)). Beispiel Approximation der Funktion f : R → R , x 7→ f (x) = sin x in Umgebung des Punktes a = 0. Wir erhalten x 0,1 0,2 sin x 0,09983 0,19867 0,3 0,4 0,29552 0,38942 Approximation einiger Funktionen in der Umgebung von a = 0 Es gilt (1 + x)α ≈ 1 + α x , mit α ∈ R, ex ≈ 1 + x, sin x ≈ x, ln(1 + x) ≈ x. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.3 50 Taylor-Reihen Wie wir gesehen haben, kann der Funktionswert einer differenzierbaren Funktion f in der Umgebung einer Stelle a durch f (a) + (x − a)f 0 (a) näherungsweise bestimmt werden. Da die Berücksichtigung höherer Ableitungen zu einer verbesserten Approximation von ganzrationalen Funktionen führen kann, stellt sich allgemein die Frage, wann sich Funktionen, zumindest lokal, durch Polynome approximieren lassen. Eine ganzrationale Funktion f (x) = n X ak x k , k=0 lässt sich auch folgendermaßen schreiben f (x) = n X f (k) (0) k! k=0 xk . Ersetzen wir hierbei den Punkt 0 durch den Punkt a, so erhalten wir entsprechend f (x) = n X f (k) (a) k! k=0 (x − a)k . Taylorsche Formel: Sei I ⊂ R ein Intervall und a, x ∈ I. Ferner sei f : I → R eine (n + 1)-mal stetig differenzierbare Funktion. Dann gilt f (x) = f (a) + = n X f (k) (a) k=0 k! f 0 (a) f 00 (a) f (n) (a) (x − a) + (x − a)2 + ... + (x − a)n + Rn+1 (x) 1! 2! n! (x − a)k + Rn+1 (x) , wobei 1 Rn+1 (x) = n! Zx a (x − t)n f (n+1) (t) dt . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 51 Die Lagrangesche Form dieses Restgliedes Rn+1 (x) lautet: Es existiert ein ξ ∈ [a, x] bzw. ξ ∈ [x, a], so dass Rn+1 (x) = f (n+1) (ξ) (x − a)n+1 . (n + 1)! Mit Hilfe der Taylor-Entwicklung lässt sich folgender Satz beweisen: Sei I ⊂ R ein Intervall und x ∈ I. Ferner sei f : I → R eine n-mal stetig differenzierbare Funktion. Dann gilt f (x) = n X f (k) (a) k! k=0 (x − a)k + η(x)(x − a)n , wobei η : I → R eine Funktion mit der Eigenschaft lim η(x) = 0 x→a ist. Definition • Sei f : I → R eine n-mal differenzierbare Funktion und a ∈ I. Dann heißt n X f (k) (a) k=0 k! (x − a)k Taylor-Polynom n-ter Ordnung von f mit Entwicklungspunkt a. • Sei f : I → R eine beliebig oft differenzierbare Funktion und a ∈ I. Dann heißt ∞ X f (k) (a) k=0 k! (x − a)k Taylor-Reihe von f mit Entwicklungspunkt a. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 52 Anmerkungen • Der Konvergenzradius einer Taylor-Reihe ist nicht notwendigerweise positiv. • Auch wenn die Taylor-Reihe von f konvergiert, konvergiert sie nicht notwendigerweise gegen f . • Für x ∈ I konvergiert die Taylor-Reihe von f (x) genau dann gegen f (x), wenn Rn+1 (x) gegen 0 konvergiert. Beispiele (1) Wir entwickeln die Funktion f : (−1, 1) → R , f (x) = √ 1 + x, für den Entwicklungspunkt a = 0, in erster Ordnung. Es gilt 1 1 f (0) = 1 , f (0) = √ = . 2 1 + x x=0 2 0 Demnach erhalten wir √ x f (x) = 1 + x = 1 + + η(x)x mit lim η(x) = 0 x→0 2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 53 (2) Die Exponentialreihe Die Exponentialfunktion exp : R → R ist definiert als Exponentialreihe, so dass exp(x) := ∞ X xn n=0 n! . Demnach ist die Exponentialreihe die Taylor-Reihe von exp mit Entwicklungspunkt a = 0. Zur Konvergenz der Taylor-Reihe für exp(x) y e x T 15 ( x) T 10 ( x) x T 5 ( x) T 3 ( x) T 1( x) Abbildung 2.16 Approximation von exp durch Taylor-Polynome Tn der Ordnung n = 1, 3, 5, 10, 15 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 54 ex y T 10 ( x) T 2 ( x) T 4 ( x) x Abbildung 2.17 Approximation von exp durch Taylor-Polynome Tn der Ordnung n = 2, 4, 10 (3) Die Taylor-Reihen von Sinus und Cosinus Die Funktionen sin und cos sind gegeben durch ∞ X x2k+1 sin x = (−1)k (2k + 1)! k=0 und cos x = ∞ X k=0 (−1)k x2k . (2k)! Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 55 Zur Konvergenz der Taylor-Reihe für sin(x) y T 7(x) T 3 ( x) T 1 ( x) T 5 ( x) T 11 ( x) sin x T 31 ( x ) x Abbildung 2.18 Approximation von sin durch einige Taylor-Polynome Tn (4) Die Logarithmusreihe Sei −1 < x ≤ +1. Dann gilt ln(1 + x) = ∞ X (−1)n−1 n=1 n xn . (5) Die Arcus-Tangens-Reihe Sei |x| ≤ 1. Dann gilt ∞ X x2n+1 arctan x = (−1)n . 2n + 1 n=0 (6) Die Binomische Reihe Sei α ∈ R und |x| < 1. Dann gilt ∞ X α n α (1 + x) = x , n n=0 wobei Y n α α−k+1 = . n k k=1 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.4 56 Differentialrechnung von Funktionen mehrerer unabhängiger Variablen Funktionen mehrere Variablen treten in der Physik und Chemie sehr häufig auf. Beispielsweise lassen sich • die Zustandsgleichung idealer Gase pV = nRT • und das Ohmsche Gesetz R= U I als Funktionen mehrerer Variablen, wie p(n, V, T ) oder U (R, I), betrachten. Dabei wird der Definitionsbereich oft stärker als mathematisch notwendig eingeschränkt, da Naturgesetze sinnvolle naturwissenschaftlichen Gegebenheiten wiedergeben. So können wir für den Druck p = p(V, T ) eines idealen Gases als Definitionsbereich beispielsweise Dp = {(V, T ) ∈ R2 | T ≥ 0, V > 0} wählen, wenn wir n als konstant voraussetzen. Der Definitionsbereich Dp lässt sich dann folgendermaßen veranschaulichen T Dp V Abbildung 2.19 Dp für ein ideales Gas bei n = const. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 57 Der Definitionsbereich einer Funktion mit n reellen Variablen ist eine Punktmenge im Rn . Bei zwei Variablen kann das in einfachen Fällen beispielsweise ein Rechteck {(x, y) ∈ R2 | a ≤ x ≤ b, c ≤ y ≤ d} sein y d Df c a b x Abbildung 2.20 Rechteck als Punktmenge des R2 oder eine Kreisfläche {(x, y) ∈ R2 | (x − x0 )2 + (y − y0 )2 ≤ r2 } . y ( x , y) y0 Df x0 x Abbildung 2.21 Kreisfläche als Punktmenge des R2 Ebenen Geometrisch lassen sich Gleichungen wie x + y + z = b mit (x, y, z) ∈ R3 , zu festem b ∈ R, als Ebenen im R3 beschreiben. Eine Teilmenge A ⊂ R3 ist genau dann eine Ebene, wenn es zu b ∈ R Zahlen a1 , a2 , a3 ∈ R mit (a1 , a2 , a3 ) 6= (0, 0, 0) gibt, so dass A = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | a1 x1 + a2 x2 + a3 x3 = b} gilt. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 58 Da nicht alle Koeffizienten der Ebenengleichung verschwinden, existiert auch eine Darstellung der Form z = z(x, y) . Jedoch müssen Funktionen f (x, y) nicht linear von den Variablen x und y abhängen. Allgemeiner betrachten wir Abbildungen f von Teilmengen D ⊂ Rn nach R, d.h. f : D → R , (x1 , ..., xn ) 7→ f (x1 , ..., xn ) . Der Graph von f ist die Menge Γf := {(x, y) ∈ D × R | y = f (x)} . Demnach ist Γf ⊂ Rn+1 . Die folgende Abbildung zeigt den Graphen der Funktion f : D → R , (x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 + y 2 für D = [−10, 10] × [−10, 10]. Abbildung 2.22 Graph von f (x, y) = x2 + y 2 (Rotationsparaboloid) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 59 Die folgende Abbildung zeigt den Graphen der Funktion f : D → R , (x, y) 7→ z = f (x, y) = x3 − y 3 für D = [−3, 3] × [−3, 3]. Abbildung 2.23 Graph von f (x, y) = x3 − y 3 Eine Funktion f : U → R mit U ⊂ Rn , n ≥ 2, lässt sich auch durch die Schar Nf (c), c ∈ R, ihrer Niveaumengen Nf (c) := {x ∈ U | f (x) = c} ⊂ Rn beschreiben. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 60 Im Fall n = 2 werden die Niveaumengen auch Höhenlinien genannt. 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 - 0.2 - 0.4 - 0.6 - 0.8 - 1.0 - 1.0 - 0.8 - 0.6 - 0.4 - 0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 Abbildung 2.24 Höhenlinien von f (x, y) = x2 + y 2 3 2 1 0 -1 -2 -3 -3 -2 -1 0 1 2 3 Abbildung 2.25 Höhenlinien von f (x, y) = x3 − y 3 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.4.1 61 Partielle Ableitungen Definition: Sei U ⊂ Rn eine offene Menge und f :U →R eine Funktion. Ferner sei ei ∈ Rn der i-te Einheitsvektor ei = (0, ...., 1, ...., 0) , wobei nur an der i-ten Stelle eine 1, sonst aber nur 0-Einträge auftreten. Die Funktion f heißt im Punkt x ∈ U partiell differenzierbar bezüglich der i-ten Koordinatenrichtung, falls der Limes ∂f (x) f (x + hei ) − f (x) := lim h→0 ∂xi h existiert, wobei h ∈ R∗ mit x + hei ∈ U ist. ∂f (x) schreiben wir auch ∂xi f (x). ∂xi Nehmen wir an, dass für x = (x1 , ...., xn ) ∈ U nur eine Koordinate variabel ist, die anderen n − 1 Koordinaten aber fest, so erhalten wir Funktionen Statt ξ 7→ fi (ξ) := f (x1 , ...., xi−1 , ξ, xi+1 , ..., xn ) . Die partielle Ableitung der i-ten Koordinatenrichtung lässt sich dann als gewöhnliche Ableitung von f (ξ) formulieren. Demnach gilt ∂f (x) = fi0 (xi ) ∂xi und wir können unsere Ergebnisse und Definitionen der Differentialrechnung einer reellen Variablen nutzen. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 62 Beispiele • Für die partielle Ableitung von f (x, y) = x + 2xy nach x erhalten wir ∂f (x, y) = 1 + 2y ∂x und für die partielle Ableitung nach y ∂f (x, y) = 2x . ∂y • Für die partielle Ableitung von 1 f (x, y) = x2 + exy 2 nach x erhalten wir ∂f (x, y) = x + y exy ∂x und für die partielle Ableitung nach y ∂f (x, y) = x exy . ∂y Höhere Ableitungen Sei U ⊂ Rn offen und f :U →R eine partiell differenzierbare Funktion. Sind alle partiellen Ableitungen ∂f : U → R, 1 ≤ i ≤ n, ∂xi partiell differenzierbar, so heißt f zweimal partiell differenzierbar. Entsprechend wird der Begriff k-mal partiell differenzierbar erklärt. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 63 Eine übliche Schreibweise für die zweiten Ableitungen von f ist ∂ 2f ∂xj ∂xi und, falls i = j, ∂ 2f . ∂xi ∂xi Beispiel Für die Funktion f (x, y) = cos x · sin y erhalten wir für die ersten Ableitungen ∂f (x, y) ∂f (x, y) = − sin x · sin y , = cos x · cos y ∂x ∂y und für die zweiten ∂ 2 f (x, y) ∂ 2 f (x, y) = − cos x · sin y , = − sin x · cos y ∂x2 ∂y∂x und ∂ 2 f (x, y) ∂ 2 f (x, y) = − sin x · cos y , = − cos x · sin y . ∂x∂y ∂y 2 Eine Funktion f : U → R heißt k-mal stetig partiell differenzierbar, wenn sie k-mal partiell differenzierbar ist und alle partiellen Ableitungen der Ordnung ≤ k stetig sind. Satz: Sei U ⊂ Rn offen und f : U → R zweimal stetig partiell differenzierbar. Dann gilt für alle a ∈ U ∂f ∂f = für 1 ≤ i, j ≤ n . ∂xi ∂xj ∂xj ∂xi Anmerkung: Die Eigenschaft ∂f ∂f = ∂x∂y ∂y∂x können wir auch für das vorangegangene Beispiel nutzen. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.4.2 64 Approximation durch affin-lineare Funktionen Sei U ⊂ Rn offen und f : U → Rm eine Abbildung, die im Punkt x0 ∈ U differenzierbar sei. Dann lässt sich f durch affin-lineare Funktionen f (x) = f (x0 ) + A · (x − x0 ) approximieren, wobei für die Matrix A = (aij ) mit 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n gilt aij = ∂fi (x0 ) . ∂xj Diese Matrix wird als das Differential oder die Jacobi- oder Funktional-Matrix von f im Punkte x0 bezeichnet Anmerkung: Die Variable x und der Punkt x0 sind Elemente des Rn . Ist m = 1 und n = 2, so ist A der Vektor ( ∂f ∂f , )(x0 ) , ∂x1 ∂x2 wobei x0 = (x0,1 , x0,2 ). Selbstverständlich können wir hier für x1 auch x und für x2 auch y schreiben. Im Falle n = 1 haben wir die Funktion durch die Geradengleichung der Tangente approximiert. Hier gehen wir entsprechend vor. Statt der Geradengleichung erhalten wir eine Ebenengleichung. Tangentialebene Sei U ⊂ R2 und f : U → R eine in (x0 , y0 ) stetig partiell differenzierbare Funktion. Wir betrachten die Tangentialebene an den Graphen von f im Punkte P mit den Koordinaten (x0 , y0 , f (x0 , y0 )). Die beiden Richtungsvektoren (1, 0, ∂x f (x0 , y0 )) und (0, 1, ∂y f (x0 , y0 )) liegen in der Tangentialebene des Punktes (x0 , y0 , f (x0 , y0 )) und sind linear unabhängig. Daher erhalten wir als Parameterdarstellung dieser Ebene (x, y, z) = (x0 , y0 , f (x0 , y0 )) + λ(1, 0, ∂x f (x0 , y0 )) + µ(0, 1, ∂y f (x0 , y0 )) , wobei λ, µ ∈ R. Allgemeiner nennen wir eine Teilmenge A ⊂ Rn Ebene, wenn es v, w1 , w2 ∈ Rn gibt, wobei w1 und w2 linear unabhängig sind und A = {u ∈ Rn | u = v + λ1 w1 + λ2 w2 mit λ1 , λ2 ∈ R} Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 65 gilt. Kürzer schreiben wir hierfür A = v + Rw1 + Rw2 . Ist A ⊂ Rn eine Ebene, so wird ein s ∈ Rn als orthogonal zu A, oder als Normalenvektor von A, bezeichnet, wenn für alle v1 , v2 ∈ A gilt hs, v1 − v2 i = 0 . Ist A = v + Rw1 + Rw2 , so ist s orthogonal zu A genau dann, wenn s ⊥ w1 und s ⊥ w2 ist. Der Vektor ~n := w ~1 × w ~ 2 = (−∂x f (x0 , y0 ), −∂y f (x0 , y0 ), 1) ist orthogonal zu unserer Tangentialebene. Da h~n, ((x, y, z) − (x0 , y0 , f (x0 , y0 )))i = 0 gilt, erhalten wir nx (x − x0 ) + ny (y − y0 ) + nz (z − z0 ) = 0 und als weitere Darstellung der Tangentialebene von f in (x0 , y0 ) z − f (x0 , y0 ) = ∂f (x0 , y0 ) ∂f (x0 , y0 ) (x − x0 ) + (y − y0 ) . ∂x ∂y Anmerkung: Letztere Darstellung ergibt sich auch unmittelbar aus obiger Parameterdarstellung. Beispiel Mit Hilfe unserer Approximation sollen Funktionswerte von √ z = f (x, y) = x · y 2 in der Umgebung des Punktes P (1, 2) berechnet werden. Es gilt f (1, 2) = 4 und √ y2 z − 4 = ( √ )(1,2) 4x + ( x · 2y)(1,2) 4y = 2 4x + 4 4y , 2 x mit 4x := x − x0 und 4y := y − y0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 66 Für 4x = −0, 05 und 4y = 0, 06 erhalten wir nach dieser Approximation f (0, 95 , 2, 06) = 4 − 2 · 0, 05 + 4 · 0, 06 = 4, 140 . Setzen wir x = 0, 95 und y = 2, 06 stattdessen direkt in f (x, y) ein, so erhalten wir f (0, 95 , 2, 06) = 4, 136. Fehlerrechung Um zu bestimmen, wie sich Fehler von Messungen in einer Meßgröße niederschlagen, betrachten wir die jeweilige funktionale Abhängigkeit und bestimmen neben dem resultierenden Mittelwert auch die resultierende Abweichung der Meßgröße im Rahmen einer linearen Approximation. Dabei nehmen wir an, dass die Messgröße f : U → R, x 7→ f (x) , mit U ⊂ Rn , von x = (x1 , ..., xn ) abhängt. Werte der Variablen xi werden durch einen Messung bestimmt. Dabei treten Messfehler auf, so dass wir statt xi die Große xi ± 4xi betrachten. Die Mittelwerte der Größen xi legen einen Wert für die Messgröße f (x) fest. Wie sich dabei die Fehler 4xi , im Falle 4xi xi , fortplanzen, zeigen wir im folgenden Abschnitt. Für f : U → R mit U ⊂ Rn können wir, bei kleinen Fehlern 4xi , die Näherung n X ∂f (x0 )4xi 4z = ∂x i i=1 verwenden. Als maximalen absoluten Fehler |4z| definieren wir dann n X ∂f |4z| := ∂xi (x0 ) |4xi | . i=1 Damit steht uns ein einfaches Fehlerfortpflanzungsgesetz zur Verfügung. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 67 Beispiele • Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase, pV = nRT , lässt sich beispielsweise der Druck p des idealen Gases als Funktion p = p(n, V, T ) schreiben. Nach unserer Näherung erhalten wir für 4p 4p = ∂p ∂p ∂p 4V + 4T + 4n . ∂V ∂T ∂n Mit ∂p nRT ∂p nR ∂p RT =− 2 , = und = ∂V V ∂T V ∂n V und p0 = p(n0 , V0 , T0 ) ergibt sich für den maximalen relativen Fehler −1 4p n RT n RT n R RT 0 0 0 0 0 0 |4V | + |4T0 | + |4n| . p0 = V0 V02 V0 V0 Demnach gilt 4p 4V p0 = V0 4T 4n + + T0 n0 . Für 4V V0 4T 4n , T0 , n0 = 2% erhalten wir somit 4p p0 = 6% . • Für den Ohmschen Widerstand gilt R= U . I Hier erfolgt die Messung des Widerstandes R anhand einer Messung der Spannung U und der Stromstärke I. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 68 Um den maximalen relativen Fehler von R = R(U, I) abzuschätzen, nutzen wir die Beziehung 4R 4U 4I = + R0 U0 I0 . Somit erhalten wir für I = (10 ± 0, 3) A und U = (220 ± 2) V 4R U0 ≈ 4% . R0 = = 22, 0 Ω und I0 R0 Beispiele für Fehlerabschätzungen Funktionen z = f (x, y) Maximaler absoluter bzw. relativer Fehler z = x + y, z = x − y |4z| = |4x| + |4y| x z = c xy, z = c y 4z 4x 4y = + z0 x0 y0 α β ∗ z = c x y mit α, β ∈ R Dabei setzen wir z0 := f (x0 , y0 ). 4z 4x 4y = α + β z0 x0 y0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 2.4.3 69 Lokale Extrema Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ein Punkt x ∈ U heißt lokales Extremum, oder genauer lokales Maximum oder lokales Minimum von f , falls es eine Umgebung V ⊂ U gibt, so dass, • im Falle eines lokalen Maximums, f (x) ≥ f (y) für alle y ∈ V , • und im Falle eines lokalen Minimums, f (x) ≤ f (y) für alle y ∈ V , gilt. Sofern zusätzlich f (x) = f (y) nur für x = y gilt, so wird das jeweilige lokale Extremum als isoliert bezeichnet. Definition: Sei A = (aij ) eine reelle Matrix mit 1 ≤ i, j ≤ n und aij = aji . Dann heißt A • positiv definit, falls hξ, Aξi > 0 für alle ξ ∈ Rn \{0} , • positiv semidefinit, falls hξ, Aξi ≥ 0 für alle ξ ∈ Rn , • negativ definit, bzw. negativ semidefinit, falls die Matrix −A positiv definit, bzw. positiv semidefinit ist, • und indefinit, falls es Vektoren ξ, η ∈ Rn gibt, so dass hξ, Aξi > 0 und hη, Aηi < 0 gilt. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 70 Definition: Sei f : U → Rm und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine stetig partiell differenzierbare Funktion. Unter dem Differential, der Jacobi- oder Funktional-Matrix von f im Punkte x ∈ U wird der Term (Df )(x) := Jf (x) := ∂fi (x) ∂xl 1≤i≤m 1≤l≤n verstanden. Anmerkung: Für m = 1 ist das ist ein Element aus Rn (Vektor). Der Ausdruck ∂f grad f (x) := (x) ∂xl 1≤l≤n heißt Gradient. Definition: Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion. Als Hesse-Matrix von f im Punkte x ∈ U wird der folgende Term bezeichnet: 2 ∂ f . (Hf )(x) := (x) ∂xl ∂xm 1≤l≤n 1≤m≤n Anmerkung: Die Hesse-Matrix ist ein Element aus Rn × Rn . Satz: Sei f : U → R und U ⊂ Rn eine offene Menge. Ferner sei f eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion und x ∈ U ein Punkt mit grad f (x) = 0 . Einen Punkt, in dem der Gradient verschwindet, bezeichnen wir als kritischen Punkt. • Ist die Matrix (Hf )(x) positiv definit, so hat f in x ein isoliertes lokales Minimum. • Ist (Hf )(x) negativ definit, so hat f in x ein isoliertes lokales Maximum. • Ist die Matrix (Hf )(x) indefinit, so hat f in x kein lokales Extremum. Der Vektor grad f (x) besteht aus zwei Komponenten. Satt grad f (x) = 0 können wir ∂f (x1 , x2 ) ∂f (x1 , x2 ) = 0 und =0 ∂x1 ∂x2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg schreiben. Für die Formulierung der Hesse-Matrix Hf (x) sind einige Abkürzungen sinnvoll: a11 := ∂ 2f ∂ 2f (x) , a := (x) , 12 ∂x21 ∂x1 ∂x2 ∂ 2f ∂ 2f (x) , a22 := (x) . ∂x2 ∂x1 ∂x22 Da f eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion ist, gilt außerdem a21 := a21 = a12 . Mit dieser Schreibweise erhalten wir Hf (x) = a11 a12 a21 a22 . Ferner ist Hf (x) in x ∈ U • positiv definit, wenn det(Hf (x)) > 0 und a11 > 0 • negativ definit, wenn det(Hf (x)) > 0 und a11 < 0 • indefinit, wenn det(Hf (x)) < 0 ist. Im folgenden Abschnitt schreiben wir der Einfachheit halber D statt det(Hf (x)). Anmerkung Ist die Hessesche Matrix in einer Nullstelle des Gradienten von f lediglich semidefinit, wie beispielsweise im Falle von f (x, y) = x2 + y 4 oder f (x, y) = x2 + x3 , so lassen sich unsere Kriterien nicht anwenden. Für beide Funktionen gilt grad f (0) = 0 und Hf (0) = 20 00 . Daher ist die Hessesche Matrix im Nullpunkt positiv semidefinit. Während jedoch die Funktion f (x, y) = x2 +y 4 im Nullpunkt ein isoliertes lokales Minimum besitzt, hat f (x, y) = x2 + x3 dort kein lokales Extremum. 71 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 72 Für f : R2 → R mit (x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 − y 2 verschwindet der Gradient lediglich bei (x, y) = (0, 0). In dem kritischen Punkt (0, 0) ist D < 0. Daher besitzt f im Punkt (0, 0) kein lokales Extremum. Der Graph von f ist eine sog. Sattelfläche. Abbildung 2.26 Graph von f (x, y) = x2 − y 2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Beispiele • Sei f : R2 → R mit (x, y) 7→ z = f (x, y) = x2 − 2x + 1 + y 2 = (x − 1)2 + y 2 . Für die partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung erhalten wir ∂x f (x, y) = 2x − 2 , ∂y f (x, y) = 2y und ∂x2 f (x, y) = 2, ∂y ∂x f (x, y) = 0, ∂y2 f (x, y) = 2 . Die Bedingung ∂x f (x, y) = ∂y f (x, y) = 0 für einen kritischen Punkt impliziert, dass 2x − 2 = 0 und 2y = 0 . Daher ist P (1, 0) der einzige kritische Punkt. Da außerdem für P D > 0 und a11 = ∂x2 f (x, y) = 2 > 0 gilt, besitzt f in P ein lokales Minimum. Abbildung 2.27 Graph von f (x, y) = (x − 1)2 + y 2 • Sei f : R2 → R mit f (x, y) = x3 − 3xy + y 3 . Für die partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung erhalten wir ∂x f (x, y) = 3x2 − 3y , ∂y f (x, y) = −3x + 3y 2 73 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 74 und ∂x2 f (x, y) = 6x, ∂y ∂x f (x, y) = −3, ∂y2 f (x, y) = 6y . Die Bedingung ∂x f (x, y) = ∂y f (x, y) = 0 für einen kritischen Punkt impliziert, dass y = x2 und x = y 2 . Betrachten wir x = x4 , so erhalten wir, wegen x(1 − x3 ) = 0, die Nullstellen x = 0 und x = 1 und damit die kritischen Punkte P (0, 0) und Q(1, 1). Da im Punkt P D = −9 < 0 gilt, hat die Funktion f in P kein lokales Extremum. Im Punkt Q gilt D = 27 > 0 und a11 = ∂x2 f (x, y) = 6 > 0 , so dass dort ein lokales Minimum vorliegt. Abbildung 2.28 Graph von f (x, y) = x3 − 3xy + y 3 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 3 3.1 75 Integralrechnung Das Riemannsche Integral Das Riemannsche Integral geeigneter Funktionen und Intervalle wird im Rahmen eines Grenzwertprozesses für Treppenfunktionen eingeführt. Treppenfunktionen Sei a, b ∈ R mit a < b. Eine Funktion ϕ : [a, b] → R heißt Treppenfunktion, falls es eine Unterteilung a = x0 < x1 < ... < xn−1 < xn = b des Intervalls [a, b] und Konstanten ck ∈ R gibt, so dass ϕ(x) = ck für alle x ∈ (xk−1 , xk ) mit 1 ≤ k ≤ n . Die Funktionswerte ϕ(tk ) sind beliebig. y a x1 x2 x3 x4 x5 b x Abbildung 3.1 Treppenfunktion und Unterteilung des Intervalls Das Integral für Treppenfunktionen Sei ϕ eine Treppenfunktion, die hinsichtlich der Unterteilung a = x0 < x1 < ... < xn = b so definiert ist, dass ϕ(x ,x ) = ck für k = 1, ..., n . k−1 k Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 76 Dann wird Zb n X ϕ(x) dx := ck (xk − xk−1 ) k=1 a definiert. Die Menge aller Treppenfunktionen ϕ : [a, b] → R bezeichnen wir mit T [a, b]. Definition: Sei f : [a, b] → R eine beschränkte Funktion. Dann wird das Oberintegral als b Zb ∗ Z f (x) dx := inf ϕ(x) dx | ϕ ∈ T [a, b], ϕ ≥ f a a und das Unterintegral als Zb f (x) dx := sup a b Z ∗ ϕ(x) dx | ϕ ∈ T [a, b], ϕ ≤ f a bezeichnet. Dabei heißt eine reelle Zahl • Supremum sup, falls sie die kleinste obere und • Infimum inf, falls sie die größte untere Schranke ist. f y φ≥ f φ≤ f x Abbildung 3.2 Treppenfunktionen und Integration Definition: Eine beschränkte Funktion f : [a, b] → R heißt Riemann-integrierbar, wenn Zb Zb ∗ f (x) dx f (x) dx = a a ∗ gilt. Dann wird Zb Zb f (x) dx := a gesetzt. ∗ f (x) dx a Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 77 Beispiele • Treppenfunktionen ϕ ∈ T [a, b] sind Riemann-integrierbar. • Die Funktion f : [0, 1] → R mit 1 für x ∈ Q f (x) = 0 für x ∈ R\Q ist nicht Riemann-integrierbar, da Z1 Z1 ∗ f (x) dx = 1 und 0 f (x) dx = 0 . 0 ∗ Im folgenden Abschnitt schreiben wir statt Riemann-integrierbar lediglich integrierbar. Satz: Jede stetig Funktion f : [a, b] → R ist integrierbar. Das lässt sich mit Hilfe der Approximierbarkeit stetiger Funktionen und der Ober- und Unterintegrale durch Treppenfunktionen ϕ, ψ ∈ T [a, b], mit ϕ ≤ f ≤ ψ, und die jeweiligen Oberund Untersummen zeigen. Mit dieser Eigenschaft lässt sich auch der folgende Satz beweisen. Satz: Jede monotone Funktion f : [a, b] → R ist integrierbar. Linearität und Monotonie des Integrals Satz: Seien f, g : [a, b] → R integrierbar und λ ∈ R. Dann sind auch die Funktionen f + g und λf integrierbar und es gilt: Zb Zb (f + g)(x) dx = (i) a g(x) dx, a Zb (λf )(x) = λ a f (x) dx + a Zb (ii) Zb f (x) dx, a (iii) Ist f ≤ g, so gilt Rb a f (x) dx ≤ Rb a g(x) dx. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 78 Intervallgrenzen Satz: Sei a < b < c und f : [a, c] → R. Die Funktion f genau dann integrierbar, wenn f |[a,b] und f |[b,c] integrierbar sind. Dann gilt Zc Zb f (x) dx = a Zc f (x) dx + a f (x) dx . b Definition • Für identische obere und untere Intervallgrenze a wird Za f (x) dx := 0 a gesetzt. Zb • Die Integration f (x)dx kann für b < a mittels a Zb Za f (x)dx := − a behandelt werden. f (x) dx b Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 3.2 79 Integration und Differentiation Betrachten wir statt des Integrals Zb f (t) dt a einer integrierbaren Funktion f : [a, b] → R, das entsprechende Integral mit einer variablen Integrationsgrenze x ∈ (a, b], so erhalten wir die Funktion Zx F (x) := f (t) dt . a 3.2.1 Der Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung Eine differenzierbare Funktion F :I→R heißt Stammfunktion einer Funktion f : I → R, falls f die Ableitung der Funktion F , d.h. F0 = f ist. Beispiel Die Funktion F (x) = 1 xn+1 , n ∈ N , n+1 ist Stammfunktion von f (x) = xn . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 80 Sei F : I → R Stammfunktion von f : I → R Eine weitere Funktion G : I → R ist genau dann Stamfunktion von f , wenn F (x) − G(x) = c für x ∈ I , mit einer Konstanten c ∈ R, gilt. Beweis (i) Sei F − G = c mit einer Konstanten c ∈ R. Dann gilt G0 = (F − c)0 = F 0 = f . (ii) Sei G Stammfunktion von f . Demnach gilt G0 = f = F 0 und daher (F − G)0 = 0. Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung ist F − G = c mit einer Konstanten c ∈ R. Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung Sei f : I → R eine stetig Funktion und F eine Stammfunktion von f . Dann gilt Zb f (x) dx = F (b) − F (a) mit a, b ∈ I . a Beweis Definieren wir Zx f (t) dt mit x ∈ I , F0 (x) := a so ist F0 : I → R eine Stammfunktion von f mit Zb F0 (a) = 0 und F0 (b) = f (t) dt . a Eine beliebige Stammfunktion F von f kann sich von F0 nur durch eine additive Konstante c ∈ R unterscheiden. Daher gilt Zb F (b) − F (a) = F0 (b) − F0 (a) = F0 (b) = f (t) dt . a Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 81 Beispiel Eine einfache Integration ist bereits erforderlich, soll die entlang eines Weges verrichtete Arbeit berechnet werden, wenn die Kraft in Wegrichtung nicht konstant ist. Das ist beispielsweise in der Elektrostatik der Fall, wenn wir die Arbeit W berechnen, die bei beliebigen Verschiebungen einer Ladung q im Coulomb-Feld F einer Ladung Q verrichtet wird. Soll sich deren Ort vom Abstand r1 auf den Abstand r2 vergrößern, so erhalten wir Zr2 W12 = − qQ F (r) dr = − 4π0 1 qQ 1 1 qQ 1 r2 · = ( − ). dr = 2 r 4π0 r r1 4π0 r2 r1 r1 r1 3.2.2 Zr2 Integrationsmethoden Substitutionsregel Sei f : I → R eine stetige Funktion und ϕ : [a, b] → R eine stetig differenzierbare Funktion mit ϕ([a, b]) ⊂ I. Dann gilt Zb Zϕ(b) f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt = f (x) dx . a ϕ(a) Beweis Sei F : I → R eine Stammfunktion von f . Dann gilt nach der Kettenregel (F ◦ ϕ)0 (t) = F 0 (ϕ(t))ϕ0 (t) = f (ϕ(t))ϕ0 (t) . Nach dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechung erhalten wir daher Zb Zϕ(b) b f (ϕ(t))ϕ (t) dt = (F ◦ ϕ(t)) = F (ϕ(b)) − F (ϕ(a)) = f (x) dx . 0 a a Beispiele zur Substitutionsregel • Wir erhalten Z 1 2 1 dt = ln |2 + 3t| + C , wobei t 6= − , 2 + 3t 3 3 mit Hilfe der Substitution ϕ(t) := 2 + 3t, ϕ(a) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg • und Z 2 2 2 t et dt = et + C mittels ϕ(t) := t2 . Einige Substitutionen Z • Für Integrale der Form f (ax + b) dx, mit a 6= 0, erhalten wir Z Z 1 f (ax + b) dx = f (u) du . a Z • Für Integrale der Form f (x) · f 0 (x) dx erhalten wir Z 1 f (x) · f 0 (x) dx = (f (x))2 + C . 2 Z 1 1 Beispiel: sin x · cos x dx = sin2 x + C1 = − cos2 x + C2 2 2 Z 0 f (x) • Für Integrale der Form dx erhalten wir f (x) Z 0 f (x) dx = ln |f (x)| + C . f (x) Z Beispiel: tan x dx = − ln | cos x| + C, wobei − π2 < x < π2 . • Ist f eine rationale Funktion, so werden Integrale der Form Z √ f (x, 1 − x2 ) dx oft mittels x =: cos u umgeformt. Dabei erhalten wir Z Z √ 2 f (x, 1 − x ) dx = f (cos u, | sin u|) sin u du . • Ist f eine rationale Funktion, so werden Integrale der Form Z √ f (x, x2 − 1) dx oft mittels x =: cosh u umgeformt. Dabei erhalten wir Z Z √ f (x, x2 − 1) dx = f (cosh u, | sinh u|) sinh u du . 82 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 83 Partielle Integration Seien f, g : [a, b] → R zwei stetig differenzierbare Funktionen. Dann gilt Zb b Z b f (x)g 0 (x) dx = f (x)g(x) − g(x)f 0 (x) dx . a a a Beweis Nach der Produktregel erhalten wir für die Ableitung von F := f g (f · g)0 (x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) und mit dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung Zb Zb 0 f (x)g(x) dx + b b f (x)g 0 (x) dx = F (x) = f (x)g(x) . a a a a Beispiele zur partiellen Integration Z • Für x eax dx gilt Z 1 1 x e dx = eax · x − a a ax Z 1 ax e (ax − 1) + C , a2 eax dx = Z • für ln x dx, mit x > 0, gilt Z Z ln x dx = x · ln x − Z • und für Z x· 1 dx = x · ln x − x + C x x x arctan( ) dx gilt a x 1 x x arctan( ) dx = x2 arctan( ) − a 2 a Z a 2 1 dx , x · 2 2 a + x2 was sich mittels x2 x 2 + a2 − a2 a2 = = 1 − a2 + x 2 a2 + x 2 a2 + x2 umformen lässt zu Z x 1 x a x arctan( ) dx = (x2 + a2 ) arctan( ) − x + C . a 2 a 2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 84 Partialbruchzerlegung Seien m, n ∈ N, p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + ... + an xn und q(x) = b0 + b1 x + b2 x2 + ... + bn xm Polynome mit reellen Koeffizienten. Ferner sei D := {x ∈ R | q(x) 6= 0}. Dann heißt die Funktion r : D → R, x 7→ r(x) = p(x) q(x) rationale Funktion. Lässt sich r nur mit Nennerpolynomen des Grades m > 0 darstellen, so werden die Funktionen r auch als gebrochenrationale Funktionen bezeichnet. Polynomdivision: Seien p und q Polynome und r eine rationale Funktion. Dann gibt es ein Polynom p0 und ein Polynom pr , dessen Grad kleiner als der Grad von q ist, so dass r(x) = pr (x) p(x) = p0 (x) + . q(x) q(x) pr (x) wird auch als echt gebrochen bezeichnet. q(x) Das sind rationale Funktionen, deren Zählerpolynom einen kleineren Grad hat als deren Nennerpolynom. Sei f eine rationale Funktion Die rationale Funktion n P f (x) = i=0 m P ai x i mit n ≤ m und bm = 1 , b j xj j=0 wobei ai , bj ∈ R und das Zähler- und Nennerpolynom keine gemeinsamen Nullstellen besitzen. Dann lässt sich f eindeutig in eine Summe von sogenannten Partialbrüchen, d.h. Termen der Form Aνkν mit 1 ≤ ν ≤ N, 1 ≤ kν ≤ kN (x − x0,ν )kν und Bµlµ + Cµlµ x mit 1 ≤ µ ≤ M, 1 ≤ lµ ≤ lM . (x2 + pµ x + qµ )lµ Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 85 zerlegen. Dabei sind ν, µ, kν , lµ ∈ N und Aνkν , Bµlµ , Cµlµ , pµ , qµ ∈ R und x0,ν die Nullstellen des Nennerpolynoms. Ferner gilt p2µ − qµ < 0 für 1 ≤ µ ≤ M . 4 Beispiele Z • Um 1 dx zu berechnen, können wir folgende Partialbruchzerlegung verwenden: 1 − x2 1 B A + . = 1 − x2 1−x 1+x Mittels Koeffizientenvergleich folgt A=B= 1 . 2 Demnach gilt Z Z Z 1 1 1 1 1 dx = dx − dx = (ln |x + 1| − ln |x − 1|) + C 1 − x2 2 x+1 x−1 2 1 x + 1 +C. = ln 2 x − 1 Z 1 dx zu berechnen, können wir folgende Partialbruchzerlegung verwenden: • Um 3 x − x2 x3 1 1 A B C = 2 = + 2+ . 2 −x x (x − 1) x x x−1 Mittels Koeffizientenvergleich folgt A = −1, B = −1, C = 1 . Demnach gilt Z Z Z Z 1 1 1 1 dx = − dx − dx + dx 3 2 2 x −x x x x−1 x − 1 1 1 + +C. = − ln |x| + + ln |x − 1| + C = ln x x x Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 86 Beispiele zur Flächenberechnung • Gesucht ist die Fläche, die der Funktionsgraph von f : [a, b] → R , x 7→ f (x) = c , mit c ∈ R∗+ , mit der Abszisse und den Geraden x = a und x = b einschließt. y f ( x )=c c b a x Abbildung 3.3 Flächeninhalt eines Rechtecks Wir erhalten Zb c dx = c · (b − a) . a • Gesucht ist die Fläche, die der Funktionsgraph von f : [0, a] → R , x 7→ f (x) = m x , mit m ∈ R∗+ , mit der Abszisse und der Geraden x = a einschließt. y f ( x )=m x 0 a x Abbildung 3.4 Flächeninhalt eines Dreiecks Wir erhalten a Za x2 h a2 1 m x dx = m = · = ah , 2 0 a 2 2 0 mit h := f (a). Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 87 • Der Flächeninhalt eines Kreises {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = r2 } lässt sich mit Hilfe des Integrals Zb √ r2 − x2 dx , mit − r < a < b < r , a und dieses mittels Zb √ 1 − x2 dx , mit − 1 < a < b < 1 , a bestimmen. Hier berechnen wir die Fläche eines Halbkreises mit Hilfe des Funktionsgraphen von √ f : (−1, 1) → R , x 7→ y = f (x) = 1 − x2 . y f ( x )= √ 1− x 2 x Abbildung 3.5 Flächeninhalt eines Halbkreises Nach der Substitution x = sin t und den Definitionen u := arcsin a und v := arcsin b folgt Zb √ Zv p Zv 1 − x2 dx = 1 − sin2 t · cos t dt = cos2 t dt . a u u Da 1 cos2 t = (cos(2t) + 1) 2 gilt, können wir Zb √ a 1 1 − x2 dx = 2 Zv u v 1 v 1 (cos(2t) + 1) dt = sin(2t) + t 4 2 u u Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg schreiben. Mit p sin(2t) = 2 sin t · cos t = 2 sin t · 1 − sin2 t erhalten wir Zb √ 1− x2 b 1 √ 2 dx = (x 1 − x + arcsin x) . 2 a a Da der Term stetig von den Integrationsgrenzen abhängt, folgt hieraus, dass Z1 √ 1 − x2 dx = π 2 −1 der Flächeninhalt eines Halbkreises mit Radius 1 ist. 88 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 3.3 89 Uneigentliche Integrale Hier betrachten wir die Fälle, dass • das Intervall uneigentlich ist, • der Integrationsbereich eine Singularität der zu integrierenden Funktion enthält. Definition: Sei f : [a, ∞) → R eine Funktion, die über jedem Intervall [a, b], mit a < b < ∞, Riemann-integrierbar ist. Falls der Grenzwert Zb lim f (x) dx b→∞ a existiert, heißt das Integral R∞ f (x) dx konvergent und es wird a Z∞ Zb f (x) dx := lim f (x) dx b→∞ a a gesetzt. Anmerkung: Entsprechend wird verfahren, wenn statt des uneigentlichen Intervalls [a, ∞) die uneigentlichen Intervalle (−∞, b] oder (−∞, ∞) auftreten. Beispiel Das Integral Z∞ 1 dx , mit s ∈ R und s > 1 , xs 1 konvergiert, da Zb 1 1 1 1 b dx = · s−1 = s x 1−s x s−1 1 1 und daher Z∞ 1 1 1 dx = . s x s−1 1 1 − s−1 b Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 90 Definition: Sei f : (a, b] → R eine Funktion, die über jedem Teilintervall [a + , b] ⊂ (a, b] Riemann-integrierbar ist. Falls der Grenzwert Zb lim &0 a+ f (x) dx existiert, heißt das Integral Rb f (x) dx konvergent und es wird a Zb Zb f (x) dx := lim &0 a+ a f (x) dx gesetzt. Beispiel Das Integral Z1 1 dx , mit s ∈ R und s < 1 , xs 0 konvergiert, da Z1 1 1 1 1 1 dx = · (1 − 1−s ) = s s−1 x 1−s x 1−s und daher Z1 0 1 1 dx = . xs 1−s Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 3.4 91 Kurven im Rn und deren Länge Definition: Eine Kurve im Rn ist eine stetige Abbildung f : I → Rn , wobei I ⊂ R ein eigentliches oder uneigentliches Intervall ist. Beispiel Sei r, c ∈ R mit r > 0 und c 6= 0. Die Kurve f : R → R3 , t 7→ (r cos t, r sin t, ct) ist eine Schraubenlinie. Z X Y Abbildung 3.6 Schraubenlinie Länge einer Kurve Ist x = (x1 , ..., xn ) ∈ Rn . Dann nennen wir q kxk = x21 + ... + x2n die euklidische Norm von x. Sei f : [a, b] → Rn eine Kurve. Das Intervall [a, b] wir folgendermaßen unterteilt: a = t0 < t1 < ... < tk = b . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 92 Verbinden wir die Punkte f (ti−1 ) mit f (ti ) für i = 1, ..., k durch Geradenstücke, so erhalten wir einen Polygonzug. f (b) f (t k −1 ) f (t 2) f (a ) f (t 1 ) Abbildung 3.7 Polygonzug Die Länge des Polygonzugs ist gleich k X kf (ti ) − f (ti−1 )k . i=1 Für eine stetig differenzierbare Kurve f : [a, b] → Rn existiert eine Folge beliebig feiner Unterteilungen, so dass die zugehörige Länge des Polygonzugs gegen die Länge L der Kurve konvergiert. Für die Länge gilt Zb L= kf 0 (t)k dt . a Ist I ⊂ R ein Intervall und ϕ : I → R eine stetige Funktion. Dann kann der Graph dieser Funktion, Γϕ = {(x, y) ∈ I × R | y = ϕ(x)} , als Kurve f im R2 aufgefasst werden mit f : I → R2 , t 7→ (t, ϕ(t)) . In diesem Fall erhalten wir für die euklidische Norm p kf 0 (t)k = 1 + (ϕ0 (t))2 , da sich die Länge des Polygonzug dann zu s k X (ϕ(ti ) − ϕ(ti−1 ))2 + (ti − ti−1 )2 i=1 umformulieren lässt. Anmerkung: Statt t können wir hier selbstverständlich auch x schreiben. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 93 Beispiel Um die Länge eines Kreises mit Radius r zu bestimmen, betrachten wir den Funktionsgraphen von √ ϕ : (−r, r) → R , x 7→ r2 − x2 . Es gilt x ϕ0 (x) = − √ . r 2 − x2 Demnach beträgt die Länge des Halbkreises Zr L=r −r 1 √ dx = r 2 r − x2 Z1 √ −1 Anmerkung: Wenn der Integrand statt hier arcsin durch arsinh ersetzen. 1 1 dx = r arcsin x = rπ 2 −1 1−x √ 1 − x2 den Term √ 1 + x2 enthielte, dann müssten wir Wir können einen Kreisbogen auch mit Hilfe von Polarkoordinaten ausdrücken. Seien r, ϕ ∈ R∗+ und r fest. Durch f : [0, ϕ] → R2 , t 7→ f (t) = r · (cos t, sin t) wird ein Kreisbogen beschrieben. Es gilt f 0 (t) = r · (− sin t, cos t) und daher kf 0 (t)k = r p sin2 t + cos2 t = r . Somit erhalten wir für die Bogenlänge Zϕ 0 Zϕ kf (t)k dt = r L= 0 dt = rϕ . 0 Der Umfang eines Kreises ist 2πr. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 3.5 94 Volumen von Rotationskörpern Sei f : [a, b] → R+ stetig. Dann bezeichnen wir die Menge K := {(x, y, z) ∈ [a, b] × R2 | y 2 + z 2 ≤ f (x)2 } als Rotationskörper. x z y Abbildung 3.8 Rotationskörper (kugelförmig) x z y Abbildung 3.9 Rotationskörper (torusförmig) Das Volumen eines Rotationskörpers lässt sich mit Hilfe der Formel Zb V =π a berechnen. f (x)2 dx Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 95 Diese Formel ist das Ergebnis einer Approximation des Volumens mittels Kreiszsylindern mit den Volumina Vk = πf (xk )2 4x . y f x f xk a xk b x Δx Abbildung 3.10 Volumen eines Rotationskörpers Beispiele 3 • Hinsichtlich f : [0, ] → R+ , x 7→ x2 soll das Volumen des Rotationskörpers 2 3 K := {(x, y, z) ∈ [0, ] × R2 | y 2 + z 2 ≤ f (x)2 } 2 bestimmt werden. y f ( x )=x 2 x Abbildung 3.11 Der Graph von f (x) = x2 Für das Volumen des Rotationskörpers erhalten wir 3 Z2 V =π 0 x5 32 π f (x) dx = π = · 5 0 5 2 5 3 . 2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 96 • Um das Volumen eine Kugel mit Radius r zu bestimmen, betrachten wir wieder den Funktionsgraphen von √ ϕ : (−r, r) → R , x 7→ r2 − x2 . y f ( x )= √ 1− x 2 x Abbildung 3.12 Halbkreis Für das Volumen der Kugel erhalten wir Zr V =π −r (r2 − x2 ) dx = π (r2 x − 4π 3 1 3 r x ) = r . 3 3 −r Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 97 Integralrechnung im Rn 3.6 Mehrfache Integrale auf achsenparallelen Quadern Q ⊂ Rn lassen sich als Verallgemeinerung der Integrale für f : [a, b] → R definieren. Sei Q = I1 × I2 × ... × In , wobei Ik := [ak , bk ] ⊂ R, und f : Q → R , x 7→ f (x) eine stetige Funktion. Anmerkung: Statt x ∈ Rn können wir auch (x1 , ..., xn ) mit xi ∈ R schreiben. Ist (x2 , ..., xn ) ∈ I2 × ... × In fest, so kann die Funktion f hinsichtlich x1 über das Intervall I1 integriert werden. Setzen wir Zb1 F1 (x2 , ...., xn ) := f (x1 , x2 , ..., xn ) dx1 , a1 so ist F1 : I2 × ... × In → R stetig, wie sich zeigen lässt. Ist nun (x3 , ..., xn ) ∈ I3 × ... × In fest, so kann die Funktion F1 hinsichtlich x2 über das Intervall I2 integriert werden. Setzen wir Zb2 Zb2 Zb1 F2 (x3 , ...., xn ) := F1 (x2 , ..., xn ) dx2 = f (x1 , x2 , ..., xn ) dx1 dx2 , a2 a2 a1 so ist F2 : I3 × ... × In → R stetig. Nach n-maliger Wiederholung dieses Verfahrens ergibt sich b b Z Zbn Z2 Z1 f (x1 , ..., xn ) dx1 ....dxn = ... f (x1 , x2 , ...., xn ) dx1 dx2 ...dxn . Q an a2 a1 Z Z f (x1 , ..., xn ) dx1 ....dxn schreiben wir auch kürzer Statt Q Q f (x)dn x. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 98 Linearität und Monotonie des Integrals Seien f, g : Q → Rn integrierbar und λ ∈ R. Dann sind auch die Funktionen f + g und λf integrierbar und es gilt: Z Z n (f (x) + g(y))d x = (i) Q Z (ii) Z n Q λ · f (x)dn x = λ · Z g(x) dn x, f (x) d x + Q f (x)dn x, Q Q Z n Z f (x)d x ≤ (iii) Ist f ≤ g, so gilt g(x) dn x . Q Q Integration über rechteckige Bereiche Der Integrationsbereich ist hierbei ein Rechteck M := {(x, y) ∈ R2 | x0 ≤ x ≤ x1 , y0 ≤ y ≤ y1 } . y y1 M y0 x0 x1 x Abbildung 3.13 Rechteck als Integrationsbereich Ist f : M → R integrierbar, so gilt ZZ Zx1 Zy1 Zy1 Zx1 f (x, y) dx dy = f (x, y) dy dx = f (x, y) dx dy . M x0 y0 y0 x0 Demnach kann die Integrationsreihenfolge vertauscht werden. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 99 Integration über allgemeinere Bereiche im R2 Der Integrationsbereich M ⊂ Rn kann auch allgemeiner gewählt werden, wie folgendes Beispiel zeigt: Abbildung 3.14 Ein Integrationsbereich Ist der Integrationsbereich die Menge M := {(x, y) ∈ R2 | x0 ≤ x ≤ x1 , y0 (x) ≤ y ≤ y1 (x)} = {(x, y) ∈ R2 | x0 (y) ≤ x ≤ x1 (y), y0 ≤ y ≤ y1 } , so erhalten wir für eine integrierbare Funktion f : M → R xZ1 (y) Z Zx1 yZ1 (x) Zy1 f (x, y) dx dy = f (x, y) dy dx = f (x, y) dx dy M x0 y0 (x) y0 x0 (y) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 100 Beispiele • Sei f : M → R, (x, y) 7→ f (x, y) = x sin(πy) und M := {(x, y) ∈ R2 | 0 ≤ x ≤ 2, 0 ≤ y ≤ 1}. Dann gilt Z2 ZZ x sin(πy) dx dy = 1 Z x sin(πy) dy dx . 0 0 M Außerdem erhalten wir Z1 1 2x x x sin(πy) dy = − cos(πy) = π π 0 0 und Z2 2x x2 2 4 dx = = . π π 0 π 0 Kehren wir die Integrationsreihenfolge um, so ergibt sich Z Z1 Z2 x sin(πy) dx dy = x sin(πy) dx dy . 0 M 0 Ferner gilt Z2 x2 2 x sin(πy) dx = sin(πy) = 2 sin(πy) 2 0 0 und Z1 0 1 2 4 2 sin(πy) dy = − cos(πy) = . π π 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 101 • Sei f : M → R, (x, y) 7→ f (x, y) = xy 2 und M das von den Geraden x = 0, y = 0 und y = − 12 x + 1 berandete Gebiet im ersten Quadranten. Es gilt ZZ xy 2 dx dy = Z2 − 12 x+1 Z 0 M xy 2 dy dx . 0 Außerdem erhalten wir − 21 x+1 y 3 − 12 x+1 x 1 3 3 2 3 = xy dy = x − x + x − x+1 3 0 3 8 4 2 Z 2 0 und Z2 1 1 4 1 3 1 2 2 1 1 4 1 3 1 2 1 5 x + x − x + x = . − x + x − x + x dx = − 24 4 2 3 24 · 5 4·4 2·3 3·2 15 0 0 Bei umgekehrter Integrationsreihenfolge berechnen wir ZZ Z1 2−2y Z xy 2 dx dy = xy 2 dx dy . 0 M 0 Es gilt 2−2y Z x2 2−2y = 2y 2 1 − 2y + y 2 xy dx = y 2 0 2 2 0 und Z1 2 3 y − 2y + y 2 0 4 dy = 2 1 3 1 4 1 5 1 1 y − y + y = . 3 2 5 15 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 102 Transformation auf Polarkoordinaten Wir erhalten die (ebenen) Polarkoordinaten (r, ϕ) ∈ R∗+ ×R durch die kartesischen Koordinaten (x, y) ∈ R2 \{0} mittels (x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) . Ist M in folgender Form M := {(r, ϕ) ∈ R∗+ × [0, 2π) | r1 (ϕ) ≤ r ≤ r2 (ϕ), ϕ1 ≤ ϕ ≤ ϕ2 } gegeben, so können wir die Integration über kartesische Koordinaten vermeiden, indem wir folgende Identität ZZ Zϕ2 rZ2 (ϕ) f (r, ϕ) r dr dϕ f (x, y) dx dy = ϕ1 M r1 (ϕ) nutzen. Beispiel Sei M ein Viertelkreis mit Radius r = 2 und f : M → R , (x, y) 7→ f (x, y) = xy . Dann erhalten wir π Z2 ZZ xy dx dy = Z2 0 M r2 sin ϕ cos ϕ r dr dϕ . 0 Ferner gilt Z2 Z2 2 r sin ϕ cos ϕ r dr = sin ϕ cos ϕ 0 r4 2 r dr = sin ϕ cos ϕ 4 0 3 0 = 4 sin ϕ cos ϕ = 2 sin(2ϕ) und π Z2 2 π 2 sin(2ϕ) dϕ = − cos(2ϕ) = 2 . 0 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4 103 Lineare Algebra In diesem Abschnitt befassen wir uns vorwiegend mit der Lösung linearer Gleichungssysteme. 4.1 Lineare Gleichungssysteme und der Gauß-Algorithmus Der Gauß-Algorithmus bietet ein Verfahren zur Umwandlung eines linearen Gleichungssystems Ax = b in eine Form A 0 x = b0 , wobei die unterhalb der Hauptdiagonalen von A0 stehenden Elemente gleich Null sind. Beispiel für ein lineares Gleichungssystem Es soll 1 Liter einer Lösung hergestellt werden, die 1, 9 mol der Substanz A und 4, 3 mol der Substanz B enthält. Zur Herstellung der Lösung stehen 3 Komponenten L1 , L2 , L3 zur Verfügung mit den einzelnen Konzentrationen A B L1 3, 0 mol/l 4, 0 mol/l L2 4, 0 mol/l 2, 0 mol/l L3 5, 0 mol/l 1, 0 mol/l Welche Volumina x, y, z der einzelnen Komponenten sind erforderlich, um die gewünschte Lösung herzustellen? Für • die Volumenbilanz gilt: x + y + z = 1 • die Konzentration des Stoffes A gilt: 3x + 4y + 5z = 4, 3 • die Konzentration des Stoffes B gilt: 4x + 2y + z = 1, 9 , wobei x, y, z in der Einheit l angegeben werden. Um derartige Gleichungssysteme zu lösen, behandeln wir im nächsten Abschnitt den GaußAlgorithmus. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.1.1 104 Einführung des Gauß-Algorithmus Bei linearen Gleichungssystemen sind mehrere lineare Gleichungen gegeben, die gleichzeitig erfüllt sein sollen. Beispiel zur Anwendung des Gauß-Algorithmus 2x − 2y = 0 (I) 2x + 2y − 2 = −4z (II) −y − x − z = −1 (III) Die zweite Gleichung sollte umgeformt werden zu 2x + 2y + 4z = 2 . Wenn wir nun die dritte Gleichung mit 2 multiplizieren, so folgt 2x − 2y =0 (I) 2x + 2y + 4z = 2 (II) −2x − 2y − 2z = −2 (III) . Mit (II)-(I) und (III)+(I) erhalten wir 2x − 2y = 0 (I) 4y + 4z = 2 (II) −4y − 2z = −2 (III) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 105 In Matrix-Schreibweise formulieren wir das folgendermaßen: 2 −2 0 x 0 0 4 4 y = 2 . 0 −4 −2 z −2 Mit (II)+(III) ergibt sich eine Dreiecksform der Matrix: 2 −2 0 x 0 0 4 4y = 2 . 0 0 2 z 0 Aus Gleichung (III) erhalten wir z = 0. Damit folgt aus Gleichung (II) 4y + 4 · 0 = 2 und somit y= 1 . 2 Schließlich erhalten wir nach Gleichung (I) 2x − 2 · 1 =0 2 und damit x= 1 . 2 Die Lösung des Gleichungssystems lautet also x = 21 , y = 12 und z = 0. Man hätte auch versuchen können, das Gleichungssystem von einer Dreiecksform in Diagonalform umzuwandeln. Wir formen folgendes Gleichungssystem weiter um: 2 −2 0 x 0 0 4 4y = 2 . 0 0 2 z 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 106 Beispielsweise lässt sich Gleichung (II) durch 2 teilen und dann Gleichung (III) davon abziehen. Das ergibt 2 −2 0 x 0 0 2 0y = 1 . 0 0 2 z 0 Wenn wir nun Gleichung (II) zu Gleichung (I) addieren, erhalten wir 200 x 1 0 2 0y = 1 . 002 z 0 Dann teilen wir alle Gleichungen durch 2. Das ergibt 1 2 100 x 0 1 0y = 1 . 2 001 z 0 4.1.2 Grundlagen des Gauß-Algorithmus Folgende Äquivalenzumformungen sind im Gauß-Algorithmus erlaubt: • Vertauschen zweier Zeilen, • Multiplikation einer Zeile mit λ ∈ K : λ 6= 0, • Addition oder Subtraktion eines beliebigen Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile. Diese Umformungen heißen elementare Zeilenumformungen. Mit K bezeichnen wir hier die Körper R und C. Der Gauß-Algorithmus dient dazu, die Koeffizientenmatrix so umzuwandeln, dass sie die Form einer oberen Dreiecksmatrix besitzt. Der Gauß-Jordan-Algorithmus ist eine Variante des Gauß-Algorithmus. Durch dessen Anwendung soll die Koeffizientenmatrix die Form einer Diagonalmatrix annehmen. Beispiel zur Umwandlung in eine Diagonalmatrix Gesucht ist die Lösung des Gleichungssystems x1 5 8 4 2 1 −1 1 −1 1 x2 2 4 2 1 1 x3 = 3 . 7 3 1 0 x4 7 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Geschrieben als erweiterte Koeffizientenmatrix lautet es 8 4 2 1 5 1 −1 1 −1 −2 4 2 1 1 3 . 7 3 1 0 7 Nach Vertauschung der ersten beiden Zeilen ergibt sich 1 −1 1 −1 −2 8 4 2 1 5 4 2 1 1 3 . 7 3 1 0 7 Die erste Zeile nutzen wir nun zu folgender Umformung der Zeilen 2 bis 4: 1 −1 1 −1 −2 0 12 −6 9 21 0 6 −3 5 11 . 0 10 −6 7 21 Ersetzen wir Zeile 2 durch ein Sechstel dieser Zeile, so erhalten wir 1 −1 1 −1 −2 0 2 −1 32 72 0 6 −3 5 11 . 0 10 −6 7 21 Mit Hilfe der zweiten Zeile ergibt sich 1 −1 1 −1 −2 0 2 −1 23 72 0 0 0 1 1 . 2 2 1 7 0 0 −1 − 2 2 und somit 1 0 0 0 −1 1 −1 −2 1 − 12 0 1 0 0 3 4 1 2 7 4 . − 72 1 1 Demnach lautet die Lösung x1 = 2, x2 = −1, x3 = −4, x4 = 1 . 107 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.1.3 108 Unlösbare und unterbestimmte lineare Gleichungssysteme Unlösbare lineare Gleichungssysteme Wir betrachten das lineare Gleichungssystem 2x + y = 3 4x + 2y = 12 . Diese Gleichungen lassen sich folgendermaßen umformen: y = −2x + 3 1 y = (−4x + 12) = −2x + 6 . 2 y y=−2x+3 y=−2x+6 x Abbildung 4.1 Parallele Geraden Wenn wir (II) durch (II)-2(I) ersetzen, so erhalten wir 2x + y = 3 0 = 6. Unterbestimmte lineare Gleichungssysteme Sei beispielsweise für zwei Variablen nur eine Gleichung gegeben: x − y = 3. Alle Punkte, die auf der Geraden liegen, bilden die Lösungsmenge dieser Gleichung. Es gibt also unendlich viele Lösungen. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 109 Es kann aber auch unendlich viele Lösungen geben, wenn man genauso viele Gleichungen wie Variablen hat, wie das folgende Beispiel zeigt: x−y =3 −3x + 3y = −9 . Die zweite Gleichung ist ein Vielfaches der ersten. Beide Gleichungen beschreiben die gleiche Gerade. Ersetzen wir (II) durch (II)+3(I), so erhalten wir x−y =3 0 = 0. Die Lösungsmenge ist L = {(x, y) ∈ R2 | x = 3 + y mit y ∈ R} . Lineare Gleichungssysteme mit weniger nicht-trivialen Gleichungen als Variablen heißen unterbestimmte Gleichungssysteme. Beispiel Gesucht ist die Lösungsmenge des Gleichungssystems 2x + 4y + 6z = 8 5x + 6y + 7z = 8 9x + 10y + 11z = 12 . In Matrixschreibweise heißt das 2 4 6 x 8 5 6 7 y = 8 . 9 10 11 z 12 Wir verwenden nun den Gauß-Algorithmus. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Mit 12 (I), (II)- 52 (I) und (III)- 92 (I) erhalten wir 1 2 3 x 4 0 −4 −8 y = −12 . 0 −8 −16 z −24 Nun betrachten wir - 14 (II) und - 18 (III). Damit ist 123 x 4 0 1 2y = 3 . 012 z 3 Mit (III)-(II) folgt 123 x 4 0 1 2y = 3 . 000 z 0 Betrachten wir nun Gleichung (II) und (I). So erhalten wir: y = 3 − 2z und x + 2 · (3 − 2z) + 3z = 4 . Daher ist die Lösungsmenge L := {(x, y, z) ∈ R3 | x = −2 + z und y = 3 − 2z mit z ∈ R} . 110 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 111 Gleichungssysteme mit reellen Parametern Es sei folgendes Gleichungssystem gegeben: 11 2 x 1 4 2 12 y = 10 . 14 a z b Mit (II)-4(I) und (III)-(I) erhalten wir 1 1 2 x 1 0 −2 4 y = 6 . 0 3 (a − 2) z b−1 Nun ersetzen wir (II) durch - 21 (II): 11 2 x 1 0 1 −2 y = −3 . 0 3 (a − 2) z b−1 Ersetzen wir (III) durch (III)-3(II), so folgt 11 2 x 1 0 1 −2 y = −3 . 0 0 (a + 4) z b+8 Was lässt sich nun zur Lösbarkeit des Gleichungssystems sagen? (1) Für a 6= −4 gibt es eine eindeutige Lösung. (2) Für a = −4 und b = −8 ist das Gleichungssystem (einfach) unterbestimmt. Es gibt unendlich viele Lösungen. (3) Für a = −4 und b 6= −8 ist das Gleichungssystem unlösbar. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 112 Für Fall (1) gilt z= b+8 a+4 y = −3 + 2z = −3 + 2 b+8 a+4 x = 1 − y − 2z = 1 + 3 − 2z − 2z = 4 − 4z = 4 − 4 b+8 . a+4 Für Fall (2) gilt 11 2 x 1 0 1 −2 y = −3 00 0 z 0 und daher y = −3 + 2z und x = 4 − 4z . Die Lösungsmenge ist daher L = {(x, y, z) ∈ R3 | x = 4 − 4z und y = −3 + 2z mit z ∈ R} . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.1.4 113 Allgemeine lineare Gleichungssysteme Ein lineares Gleichungssystem läßt sich folgendermaßen darstellen: Ax = b , wobei die Koeffizientenmatrix A durch a11 a12 a13 ... a1n a21 a22 a23 ... a2n . . . . . A= . . . . . . . . . . am1 am2 am3 ... amn gegeben ist und aij ∈ K sei. Wir schreiben für die Menge solcher Matrizen M (m × n, K). Der Vektor x ist definiert durch x1 x2 . x= . . xn und der Vektor b durch b1 b2 . b= . . . bm Sind alle bi = 0, so heißt das Gleichungssystem homogen, ansonsten inhomogen. Die Elemente aii heißen Hauptdiagonalelemente. Anmerkung: Ein homogenes Gleichungssystem ist immer lösbar, nämlich durch die Nulllösung. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 114 Lösungskriterien Die erweiterte Koeffizientenmatrix (A|b) ist definiert durch a11 a12 a13 a21 a22 a23 . . . (A|b) = . . . . . . am1 am2 am3 ... a1n ... a2n . . . . . . ... amn b1 b2 . . . . bm Rang einer Matrix Der Rang rg A einer Matrix A ∈ M (m × n, K) ist gleich • der Maximalzahl linear unabhängiger Spalten und • der Maximalzahl linear unabhängiger Zeilen. Neben den oben genannten elementaren Zeilenumformungen, existieren analog erklärte elementare Spaltenumformungen. Zusammenfassend werden diese als elementare Umformungen bezeichnet. Der Rang einer Matrix wird durch elementare Umformungen nicht verändert. Beispiel zur Bestimmung des Ranges einer Matrix Um den Rang einer Matrix zu bestimmen, dürfen wir elementare Zeilen- und Spaltenumformungen verwenden. Es gilt 1 −2 −3 0 1 −2 −3 0 1 −2 −3 0 rg 2 3 8 7 = rg 0 7 14 7 = rg 0 1 2 1 −1 1 1 −1 0 −1 −2 −1 0 −1 −2 −1 1 −2 −3 0 1010 = rg 0 1 2 1 = rg 0 1 0 1 = 2 . 0 0 0 0 0000 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 115 Lösungskriterien Sei A ∈ M (m × n, K) und Ax = b . Demnach ist n ∈ N die Anzahl der Variablen xi . Ist • rg A = rg (A|b) = n, dann ist das lineare Gleichungssystem eindeutig lösbar, • rg A = rg (A|b) < n, dann ist das lineare Gleichungssystem lösbar und unterbestimmt, • rg A 6= rg (A|b), dann ist das lineare Gleichungssystem unlösbar. Beispiel Gegeben sei 111 2 0 A := 1 1 1 und b1 := 2 , b2 := 3 . 111 2 0 Gesucht sind die jeweiligen Lösungsmengen von Ax = b1 und Ax = b2 . Während im ersten Fall alle x1 , x2 , x3 ∈ R : x1 + x2 + x3 = 2 das Gleichungssystem lösen, existiert im zweiten Fall keine Lösung. Um die obigen Lösungskriterien anzwenden, bestimmen wir nun rg A und rg (A|b1 ) sowie rg (A|b2 ). Es gilt 111 111 rg A = rg 1 1 1 = rg 0 0 0 = 1 . 111 000 Für den jeweiligen Rang der beiden erweiterten Koeffizientenmatrizen erhalten wir 1112 1112 rg (A|b1 ) = rg 1 1 1 2 = rg 0 0 0 0 = 1 1112 0000 und 1110 111 rg (A|b2 ) = rg 1 1 1 3 = rg 0 0 0 1110 000 0 3 = 2. 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.2 116 Matrizenrechnung Wir betrachten Matrizen mit Koeffizienten aij ∈ K, wobei unter K der Körper R oder C verstanden wird. Statt a11 a12 a13 a21 a22 a23 . . . A= . . . . . . am1 am2 am3 ... a1n ... a2n . . . . . . ... amn können wir auch A = (aij ) i=1,...,m j=1,...,n oder A = (aij ) ∈ M (m × n, K) schreiben. Addition und Multiplikation von Matrizen Die Addition und Skalarmultiplikation einer Matrix werden elementweise durchgeführt. Definition: Seien (aij ), (bij ) ∈ M (m × n, K) und λ ∈ K. Dann wird (aij ) + (bij ) := (aij + bij ) ∈ M (m × n, K) und λ(aij ) := (λaij ) ∈ M (m × n, K) gesetzt. Definition: Seien A = (aik ) ∈ M (r × m, K) und B = (bkj ) ∈ M (m × n, K). Dann wird das Produkt C := AB ∈ M (r × n, K) mit C = (cij ) i=1,...,r , j=1,...,n durch cij := m X k=1 definiert. aik bkj Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 117 Der Koeffizient cij wird demnach bestimmt, indem • die Einträge der i-ten Zeile von A mit den Einträgen der j-ten Spalte von B für die jeweils festen Werte von k multipliziert • und diese dann für k = 1 bis k = m summiert werden. So gilt beispielsweise für c12 m X c12 = a1k bk2 = a11 b12 + a12 b22 + a13 b32 + ... + a1m bm2 . k=1 Beispiel zur Matrizenmultiplikation 12 34 87 1·8+2·6 · = 65 3·8+4·6 1·7+2·5 3·7+4·5 = 20 17 48 41 Anmerkung: Um das Produkt AB zu bilden, muss, wie oben vorausgesetzt, die Anzahl der Spalten von A mit der Anzahl der Zeilen von B übereinstimmen. Auch wenn, AB definiert ist, muss daher BA nicht notwendigerweise existieren. Die Matrizenmultiplikation • ist assoziativ, d.h. es gilt (AB)C = A(BC) , • ist, hinsichtlich der Addition, distributiv, d.h. A(B + C) = AB + AC und (A + B)C = AC + BC . Die Matrizenmultiplikation • ist nicht kommutativ, d.h. es existieren Matrizen A, B, so dass AB 6= BA , • nicht nullteilerfrei, d.h. es existieren Matrizen A 6= 0, B 6= 0, so dass AB = 0 . Beispiel Für A := 01 01 , B := 11 00 gilt AB = 0 und BA 6= AB . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 118 Beispiel zur Matrizenmultiplikation Die relative Anzahl der Kunden dreier Unternehmen A, B und C wird über zwei Jahre beobachtet, wobei auch die ”Wanderungsbewegung” der Kunden zwischen den Unternehmen untersucht wird. Jeder Kunde lässt sich in dem Zeitraum eindeutig einem der drei Unternehmen zuordnen. Zu Beginn des ersten Jahres werden • 55% der Kunden als Kunden des Unternehmens A, • 35% als Kunden des Unternehmens B und • 10% als Kunden des Unternehmens C bezeichnet. Bei zusätzlich gegebenem Wechselverhalten, ist nach der relativen Anzahl der Kunden der drei Unternehmen zum Ende des zweiten Jahres gefragt. Am Ende des ersten Jahr zeigt sich folgendes Wechselverhalten: von A B C 0,8 0,1 0,1 0,7 0,1 0,2 0,3 0,2 0,5 A B C 0,6 0,2 0,1 0,6 0,3 0,2 0,1 0,1 0,8 nach A B C und am Ende des zweiten Jahres: von nach A B C Der jeweilige Anteil am Ende des ersten Jahres lässt sich beispielsweise mittels 0, 8 0, 1 0, 3 0, 55 0, 1 0, 7 0, 2 · 0, 35 0, 1 0, 2 0, 5 0, 10 berechnen. So ergibt sich beispielsweise für Unternehmen A zum Ende des ersten Jahres ein Anteil von 0, 8 · 0, 55 + 0, 1 · 0, 35 + 0, 3 · 0, 10 = 0, 505 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 119 Zum Ende des zweiten Jahres betragen die Anteile 0, 6 0, 2 0, 1 0, 8 0, 1 0, 3 0, 55 0, 3845 0, 1 0, 6 0, 1 · 0, 1 0, 7 0, 2 · 0, 35 = 0, 2600 . 0, 3 0, 2 0, 8 0, 1 0, 2 0, 5 0, 10 0, 3555 Dabei ist das Produkt assoziativ, so dass das Produkt der beiden Matrizen angewandt auf den ”Anteilsvektor” zum gleichen Ergebnis führt, wie die jahresweise Berechnung der Anteile. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.3 Determinanten Eine Matrix A ∈ M (n × n, K), lässt sich schreiben als a11 a12 a13 ... a1n a21 a22 a23 ... a2n . . . . . A= . . . . . . . . . . . an1 an2 an3 ... ann Bezeichnen wir die einzelnen Zeilen durch die Vektoren ai := (ai1 , ai2 , ai3 , ...ain ) , so können wir A folgendermaßen umformulieren: a1 a2 . A= . . . an Die Abbildung det : M (n × n, K) → K heißt Determinante, falls sie folgende Eigenschaften besitzt: • Die Abbildung det ist linear in jeder Zeile, d.h. für A ∈ M (n × n, K) – und ai = a0i + a00i , mit i = 1, ..., n, gilt . . . . . . . . . 0 00 det ai = det ai + det ai . . . . . . . . . – und ai = λa0i , mit λ ∈ K, gilt . . . . . . 0 det ai = λ · det ai . . . . . . . 120 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 121 • Die Abbildung det ist alternierend, d.h. wird A durch Vertauschen zweier Zeilen in A0 verwandelt, so gilt det A0 = − det A . • Ist E ∈ M (n × n, K) die Einheitsmatrix 1 0 0 ... 0 0 1 0 ... 0 . . . . . E= . . . . ., . . . . . 0 0 0 ... 1 so gilt det E = 1 . Statt a11 a21 . det . . an1 a12 a22 . . . an2 ... ... . . . ... a1n a2n . . . ann schreiben wir auch a11 a12 ... a1n a21 a22 ... a2n . . . . . . . . . . . . . an1 an2 ... ann Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 122 Sei A ∈ M (n × n, K) → K. • Für n = 1 und A = (a) gilt det(a) = a . • Für n = 2 gilt a11 a12 a21 a22 = a11 a22 − a12 a21 . • Für n = 3 gilt a11 a12 a13 a21 a22 a23 a31 a32 a33 = a11 a22 a33 − a11 a23 a32 − a12 a21 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32 − a13 a22 a31 . Regel von Sarrus Sei A ∈ M (3 × 3, K) → K. Nach der Regel von Sarrus erhalten wir die oben genannte Formel mittels der Anordnung a11 a12 a22 a31 h a23 a32 h a33 a12 a21 h a11 h a21 a13 a22 a31 a32 und der Konvention, die Produkte längs der drei Diagonalen von links oben nach rechts unten mit positivem Vorzeichen und die Produkte von links unten nach rechts oben mit negativem Vorzeichen zu versehen. Beispiel 1 3 2 4 2 1 = 1 · 2 · 2 + 3 · 1 · 3 + 2 · 4 · 1 − (3 · 2 · 2 + 1 · 1 · 1 + 2 · 4 · 3) = −16 . 3 1 2 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 123 Laplacescher Entwicklungssatz Entwicklung der Determinante nach der i-ten Zeile: Ist n ≥ 2 und A ∈ M (n × n, K), so gilt det A = n X (−1)i+j aij det Aij für alle i = 1, ..., n . j=1 Dabei bezeichnet Aij die Matrix, die aus A entsteht, wenn die i-te Zeile und die j-te Spalte weggelassen werden. Entwicklung der Determinante nach der j-ten Spalte: Ist n ≥ 2 und A ∈ M (n × n, K), so gilt n X det A = (−1)i+j aij det Aij für alle j = 1, ..., n . i=1 Beispiel Mit dem Laplaceschen Entwicklungssatz lässt sich 0 1 2 012 det 3 2 1 = 3 2 1 1 1 0 110 folgendermaßen berechnen: 0 1 2 2 1 3 2 1 = 0 · − 1 · 3 1 0 1 1 1 0 3 1 + 2 · 1 0 = 0 · (−1) − 1 · (−1) + 2 · 1 = 3 . 2 1 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 124 Sei a1 a2 . A= . ∈ M (n × n; K) . . an Die Determinante det : M (n × n, K) → K hat folgende Eigenschaften: • Für jedes λ ∈ K gilt det(λ · A) = λn · det A . • Gibt es eine Zeile i mit ai = (0, ..., 0), so gilt det A = 0 . • Entsteht A0 durch Vertauschung zweier Zeilen aus A, so gilt det A0 = − det A . • Ist λ ∈ K und entsteht A0 durch Addition von λaj = (λaj1 , ..., λajn ) zu ai mit i 6= j, so gilt det A0 = det A . • Es gilt det A = 0 genau dann, wenn die Zeilenvektoren a1 , ..., an linear abhängig sind. • Ist A eine obere Dreiecksmatrix, d.h. a11 a12 ... a1n 0 a22 ... a2n . . . . , A= . . . . . . . . 0 0 ... ann so gilt det A = a11 · ... · ann . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 125 Ist A ∈ M (n × n, K), so ist das das lineare Gleichungssystem Ax = b genau dann eindeutig lösbar, wenn det A 6= 0 . Cramersche Regel Sei A ∈ M (n × n, K) mit det A 6= 0, b ∈ Kn und x ∈ Kn die eindeutig bestimmte Lösung des linearen Gleichungssystems A · x = b. Unter a1 , ..., an verstehen wir die Spaltenvektoren von A. Dann gilt xi = det(a1 , ..., ai−1 , b, ai+1 , ..., an ) . det A Beispiel Gesucht ist die Lösung des linearen Gleichungssystems Ax = b mit 110 1 A = 0 1 1 und b = 1 . 321 0 Wir erhalten det A = 2 und, nach der Cramerschen Regel, 1 1 0 1 1 0 1 1 x1 = 1 1 1 = −1 , x2 = 0 1 1 = 2 2 2 0 2 1 3 0 1 und 1 1 1 1 x3 = 0 1 1 = −1 . 2 3 2 0 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 4.4 126 Eigenwertprobleme Ein Element λ ∈ K heißt Eigenwert einer Matrix A ∈ M (n × n, K), wenn es ein x ∈ Kn , x 6= 0, mit Ax = λx gibt. Dann heißt x Eigenvektor von A zum Eigenwert λ. Beispiel Gegeben sei die Matrix 01 A= . 10 Dann ist 1 x1 = 1 ein Eigenvektor zum Eigenwert λ1 = 1 und 1 x2 = −1 ein Eigenvektor zum Eigenwert λ2 = −1. Das charakteristische Polynom Das lineare Gleichungssystem A − λE = 0 hat genau dann nichttriviale lösungen, wenn rg (A − λE) < n ist. Das ist wiederum genau dann der Fall, wenn det(A − λE) = 0 ist. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 127 Für das charakteristische Polynom pA (λ) := det(A − λE) gilt pA (λ) = a0 + a1 λ + ... + an λn , mit λ ∈ K, ai ∈ K und an 6= 0. Beispiel Das charakteristische Polynom der Matrix 12 A= 01 lautet pA (λ) = det 1−λ 2 0 1−λ = (1 − λ)2 . Demnach sind die Eigenwerte λ1,2 = 1 . Die zugehörigen Eigenvektoren x sind Lösungen von 12 · x = 1 · x. 01 Somit erhalten wir 1 x=µ mit µ ∈ R\{0} . 0 Anmerkung: Es muss keine reellen Eigenwerte geben, wie beispielsweise die Bestimmung des charakteristischen Polynoms von 0 −1 A= 1 0 zeigt. Hier erhalten wir p(λ) = det(A − λE) = det −λ −1 1 −λ = λ2 + 1 > 0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 128 Beispiel Das charakteristische Polynom der Matrix 0 1 −1 A= 1 0 1 −1 1 0 lautet −λ 1 −1 p(λ) = det(A − λE) = det 1 −λ 1 . −1 1 −λ Der Wert der Determinante wird nicht verändert, wenn wir zu einem Zeilenvektor das Vielfache eines anderen Zeilenvektors addieren. Daher gilt −λ 1 −1 −λ + 1 1 − λ 0 −λ + 1 1 − λ 0 −λ 1 = det 0 −λ + 1 1 − λ det 1 −λ 1 = det 1 −1 1 −λ −1 1 −λ −1 1 −λ = (−λ + 1) ((−λ + 1)(−λ) − (1 − λ)) − (1 − λ)2 = −(1 − λ)2 · (λ + 2) . Die Eigenwerte sind demnach λ1,2 = 1 , λ3 = −2 und die zugehörigen Eigenvektoren 1 0 x1,2 = µ 1 + ν 1 mit µ, ν ∈ R : x1,2 6= 0 0 1 und 1 x3 = µ −1 mit µ ∈ R\{0} . 1 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 5 Gewöhnliche Differentialgleichungen Gleichungen zwischen einer gesuchten Funktion und einigen ihrer Ableitungen heißen Differentialgleichungen. 5.1 Beispiele gewöhnlicher Differentialgleichungen • Der Harmonische Oszillator mit Reibungsterm und äußerer Kraft Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = Fa (t) • Der RLC-Serienschwingkreis mit äußerer Spannung 1 Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = Ua (t) C • Diffusionsgleichung c0 (t) = k(ca − c(t)) • Das mathematische Pendel d2 ϕ(t) g + sin ϕ(t) = 0 dt2 l • Die logistische Differentialgleichung P 0 (t) = γP (t) − τ P 2 (t) • Kinetik bimolekularer chemischer Reaktionen (A + B → C) c0 (t) = k(ca − c(t))(cb − c(t)) . 129 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 5.2 130 Gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung Definition: Sei G ⊂ R2 und f : G → R, (x, y) 7→ f (x, y) eine stetige Funktion. Dann wird y 0 = f (x, y) als eine Differentialgleichung erster Ordnung bezeichnet. 5.2.1 Lineare Differentialgleichungen Sei I ⊂ R und seien a, b : I → R stetige Funktionen. Dann heißt y 0 = a(x)y + b(x) lineare Differentialgleichung erster Ordnung. Ist b = 0, so wird diese Differentialgleichung als homogen, ansonsten als inhomogen bezeichnet. Sei I ⊂ R, x0 ∈ I und c ∈ R. Dann gibt es genau eine Lösung ϕ : I → R der Differentialgleichung y 0 = a(x)y , die der Bedingung ϕ(x0 ) = c genügt. Für diese Lösung gilt Zx ϕ(x) = c exp( a(t) dt) . x0 Beispiel Sei k ∈ R. Für die Lösung ϕ : R → R der Differentialgleichung y 0 = ky mit der Anfangsbedingung ϕ(x0 ) = c gilt ϕ(x) = cek(x−x0 ) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 131 Anmerkung: Beispielsweise kann die Konzentration y(t) eines Stoffes A, die, infolge einer chemischen Reaktion A → B, abnimmt und der Differentialgleichung y 0 (t) = −κy(t) und der Anfangsbedingung y(t0 ) = y0 genügt, auf diese Art bestimmt werden. Die Methode der Variation der Konstanten Die Methode der Variation der Konstanten lässt sich zwar auch auf gewöhnliche lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung anwenden, jedoch beschränken wir uns hier auf Differentialgleichungen erster Ordnung. Sei I ⊂ R ein Intervall und seien a, b : I → R stetige Funktionen. Dann gibt es zu beliebigem x0 ∈ I und c ∈ R genau eine Lösung ψ:I→R der Differentialgleichung y 0 = a(x)y + b(x) mit der Anfangsbedingung ψ(x0 ) = c. Ist ϕ : I → R ein Lösung der homogenen Differentialgleichung ϕ0 (x) = a(x)ϕ(x) mit ϕ(x0 ) 6= 0, so lässt sich eine beliebige Lösung ψ : I → R der inhomogenen Gleichung schreiben als ψ(x) = ϕ(x)u(x) mit einer stetig differenzierbaren Funktion u : I → R. Für die Ableitung ψ 0 erhalten wir ψ 0 = ϕ0 u + ϕu0 = a ϕu + ϕu0 . Da ψ eine Lösung der inhomogenen Gleichung ist, gilt außerdem ψ 0 = a ψ + b = a ϕu + b . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Daraus folgt, dass ϕu0 = b und somit Zx u(x) = ϕ(t)−1 b(t) dt + c x0 ist. Diese Lösung unseres Anfangswertproblems lautet daher Zx ψ(x) = ϕ(x)(c + ϕ(t)−1 b(t) dt) , x0 wobei Zx ϕ(x) = exp( a(t) dt) . x0 Beispiel Gegeben sei das Anfangswertproblem y 0 = 2xy + x3 mit y(0) = −1 . Die allgemeine Lösung der homogenen Gleichung y 0 = 2xy lautet Zx ϕ(x) = c exp 2 2t dt = cex . 0 Daher gilt für die Lösung ψ der inhomogenen Gleichung, unter der Anfangsbedingung ψ(0) = −1, Zx 2 2 ψ(x) = ex −1 + t3 e−t dt . 0 Nach Substitution und partieller Integration erhalten wir schließlich 1 1 2 1 2 1 x2 −x2 ψ(x) = e −1 + − (x + 1)e = − ex − (x2 + 1) . 2 2 2 2 132 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 5.2.2 133 Differentialgleichungen mit getrennten Variablen Seien I, J ⊂ R offene (eigentliche oder uneigentliche) Intervalle und f : I → R und g : J → R zwei stetige Funktionen, wobei g(y) 6= 0 für alle y ∈ J gelte. Dann ist das Anfangswertproblem y 0 = f (x)g(y) in I × J mit y(x0 ) = y0 in einer hinreichend kleinen Umgebung von x0 eindeutig lösbar. Die Lösung erhalten wir, indem wir die Gleichung Zy dt = g(t) y0 Zx f (t) dt x0 nach y auflösen. Beispiel Das Anfangswertproblem y 0 y + x = 0 , y(1) = 1 lässt sich mit Hilfe der Integration Z Z y dy = − x dx + C lösen. So ergibt sich y2 x2 =C− . 2 2 Die Anfangsbedingung y(1) = 1 impliziert, dass C = 1 ist. Schließlich erhalten wir √ y(x) = 2 − x2 . 5.2.3 y Die Differentialgleichung y 0 = f ( ) x Sei I ⊂ R und sei f : I → R eine stetige Funktion. Die Differentialgleichung y y 0 = f ( ) , mit x ∈ R∗ , y ∈ R , x Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg lässt sich, mittels der Substitution z := z0 = 134 y , in die Differentialgleichung x 1 (f (z) − z) x umwandeln. Diese Differentialgleichung gehört zu dem bereits behandelten Typ von Differentialgleichungen mit getrennten Variablen. Beispiel Die Differentialgleichung y0 = 1 + y y 2 + , x 6= 0 , x x geht, mittels z := z0 = y , über in x 1 (1 + z 2 ) . x Demnach erhalten wir Z Z 1 1 dz = dx + C 1 + z2 x und schließlich y = y(x) nach Umformung von arctan z = ln |x| + C . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 5.3 135 Gewöhnliche Differentialgleichungen n-ter Ordnung Definition: Sei G ⊂ R × Rn und f : G → R, (x, y) 7→ f (x, y) eine stetige Funktion. Dann wird y (n) = f (x, y, y 0 , ..., y (n−1) ) als eine Differentialgleichung n-ter Ordnung bezeichnet. Sei I ⊂ R und seien b, ak : I → R, mit 0 ≤ k ≤ n − 1, stetige Funktionen. Dann heißt y (n) + an−1 (x)y (n−1) + ... + a1 (x)y 0 + a0 (x)y = b(x) lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung. Ist b = 0, so wird diese Differentialgleichung als homogen, ansonsten als inhomogen bezeichnet. Wir nennen • LH den Vektorraum aller Lösungen der homogenen und • LI die Menge aller Lösungen der zugehörigen inhomogenen Differentialgleichung. Dann gilt für ein beliebiges ψ0 ∈ LI LI = ψ0 + LH . Demnach setzt sich die allgemeine Lösung y einer inhomogenen linearen Differentialgleichung • aus der allgemeinen Lösung yh der zugehörigen homogenen Gleichung und • einer partikulären (speziellen) Lösung yp der inhomogenen Gleichung zusammen. Dabei gilt y = yp + yh . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 5.3.1 136 Gewöhnliche homogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Sei D := d und P (D) = a0 + a1 D + .... + an Dn . dx Dann lässt sich eine homogene lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten folgendermaßen schreiben: P (D)y = 0 . Es gilt P (D)eλx = P (λ)eλx für alle λ ∈ C , wobei P (λ) ein Polynom ist. Es wird als das charakteristisches Polynom der Differentialgleichung bezeichnet. Nullstellen von P (λ) a) Das charakteristische Polynom P (λ) habe n paarweise verschiedene Nullstellen λ1 , ..., λn ∈ C. Dann bilden die Funktionen ϕl : R → C ϕl (x) := eλl x , l = 1, ..., n ein Fundamentalsystem von Lösungen (= Basis des Lösungsvektorraumes) der Differentialgleichung P (D)y = 0. b) Das charakteristische Polynom P (λ) habe r paarweise verschiedene Nullstellen λl ∈ C, 1 ≤ l ≤ r, mit den Vielfachheiten kl . Dann bilden die Funktionen ϕlm : R → C ϕlm (x) := xm eλl x , 1 ≤ l ≤ r, 0 ≤ m ≤ kl − 1 ein Fundamentalsystem von Lösungen der Differentialgleichung P (D)y = 0. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Die allgemeine Lösung ϕ der Differentialgleichung ist die Linearkombination n X ci ϕi , mit ci ∈ C , i=1 des Lösungsfundamentalsystems {ϕi }. Beispiele • Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung y 00 + 4y 0 + 3y = 0 lautet P (λ) = λ2 + 4λ + 3 . Die Nullstellen von P (λ) sind λ1 = −1 , λ2 = −3 . Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach ϕ(x) = c1 e−x + c2 e−3x . • Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung y 000 − y 00 − 2y 0 = 0 lautet P (λ) = λ3 − λ2 − 2λ . Die Nullstellen von P (λ) sind λ1 = 0 , λ2 = −1 , λ3 = 2 . Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach ϕ(x) = c1 + c2 e−x + c3 e2x . • Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung y 000 − 2y 00 + y 0 = 0 lautet P (λ) = λ3 − 2λ2 + λ = λ(λ − 1)2 . Die Nullstellen von P (λ) sind λ1 = 0 , λ2 = 1 (doppelt) . Als allgemeine Lösung ϕ erhalten wir demnach ϕ(x) = c1 + c2 ex + c3 xex . 137 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 138 Anwendungen Freie gedämpfte mechanische Schwingungen Die Auslenkung x(t) genüge der Differentialgleichung Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = 0 , wobei · Trägheitskraft: mx00 (t) · Reibungskraft: −kx0 (t) · Rückstellkraft: −Dx(t). Der RLC-Serienschwingkreis ohne äußere Spannungsquelle Hier genügt die Ladung Q(t) der Differentialgleichung 1 Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = 0 , C wobei · Kapazität: C · Ohmscher Widerstand: R · Induktivität: L . Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten Wir betrachten nun die allgemeine Lösung der Gleichung y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = 0 , wobei ω0 ∈ R und µ ∈ R∗+ , und Lösungen unter bestimmten Anfangsbedingungen. Schwingungen unter der Bedingung 0 < µ < ω0 Mit dem Ansatz y(t) = eλt und den Ableitungen y 0 (t) = λeλt und y 00 (t) = λ2 eλt erhalten wir λ2 + 2µλ + ω02 = 0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 139 Die Nullstellen dieser Gleichung sind die komplexen Zahlen q λ1,2 = −µ ± µ2 − ω02 = −µ ± iω , wobei ω := p ω02 − µ2 . Die allgemeine Lösung unserer Differentialgleichung y(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t = c1 e(−µ+iω)t + c2 e(−µ−iω)t lässt sich umformen zu y(t) = e−µt (c1 eiωt + c2 e−iωt ) . Mit Hilfe der Eulerschen Formel e±iωt = cos(ωt) ± i sin(ωt) erhalten wir y(t) = e−µt (d1 cos(ωt) + d2 sin(ωt)) . f (t ) −μt e cos(ω t) e−μt t −e−μ t Abbildung 5.1 Gedämpfte Schwingung Mit den Anfangsbedingungen y(t = 0) = y0 und y 0 (t = 0) = 0 folgt y0 = y(t = 0) = e−µ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ω · 0)) Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 140 und 0 = y 0 (t = 0) = −µe−µ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ωt · 0) + e−µ·0 (−d1 ω sin(ω · 0) + d2 ω cos(ω · 0)) . Die erste dieser beiden Gleichungen impliziert d1 = y 0 und die zweite µ d2 = · y 0 . ω Insgesamt erhalten wir damit y(t) = y0 e−µt (cos(ωt) + µ sin(ωt)) . ω Der aperiodischen Grenzfall (für µ = ω0 ) Die Nullstellen von λ2 + 2µλ + ω02 = 0 sind λ1,2 = −µ . Die allgemeine Lösung ist y(t) = e−µt (c1 + c2 t) . Unter der Anfangsbedingung x(t = 0) = x0 und x0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig bestimmte Lösung y(t) = y0 e−µt (1 + µt) , wobei µ = ω0 . Der aperiodische Fall (Kriechfall) (für µ > ω0 ) Die Nullstellen von λ2 + 2µλ + ω02 = 0 sind λ1,2 q = −µ ± µ2 − ω02 < 0 . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 141 Die allgemeine Lösung ist y(t) = c1 e−µ1 t + c2 e−µ2 t wobei µi := −λi > 0 . Unter der Anfangsbedingung y(t = 0) = y0 und y 0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig bestimmte Lösung: y(t) = 5.3.2 x0 (µ2 e−µ1 t − µ1 e−µ2 t ) . µ2 − µ1 Gewöhnliche inhomogene lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Zu den Methoden, eine partikuläre Lösung einer inhomogenen gewöhnlichen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten zu finden, gehören • die Variation der Konstanten und • die Laplace-Transformation. Es gibt auch eine Reihe von Ansatzfunktionen, die sich nutzen lassen. Ansatzfunktionen für eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung Es sei P (D) = Dn + an−1 Dn−1 + ... + a1 D + a0 mit Konstanten ak ∈ R. Ferner sei I ⊂ R und b:I→R sei eine stetige Funktion. Dann lassen sich mittels folgender Ansatzfunktionen partikuläre Lösung der Differentialgleichung P (D)y = b bestimmen. Seien bi , Ai ∈ R und α, β ∈ R. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 142 • Ist b ein Polynom mit b(x) = b0 + b1 x + ... + bm xm und P (λ = 0) 6= 0, so ist yp (x) = A0 + A1 x + ... + Am xm ein Lösungsansatz. • Ist b(x) = (b0 + b1 x + ... + bm xm )eαx und P (λ = α) 6= 0, so ist yp (x) = (A0 + A1 x + ...Am xm )eαx ein Lösungsansatz. • Ist g(x) = cos(βx) oder sin(βx), b(x) = (b0 + b1 x + ... + bm xm )g(x) und P (λ = iβ) 6= 0, so ist yp (x) = (A0 + A1 x + ...Am xm ) cos(βx) + (B0 + B1 x + ...Bm xm ) sin(βx) ein Lösungsansatz. Beispiel Um die Lösung der inhomogenen Differentialgleichung y 000 − y = 1 + x3 zu lösen, bestimmen wir die allgemeine Lösung yh der homogenen Gleichung y 000 − y = 0 und die partikuläre Lösung yp der inhomogenen Gleichung mit dem oben beschriebenen Ansatz yp (x) = A0 + A1 x + A2 x2 + A3 x3 . Für die Lösung yh der homogenen Gleichung bestimmen wir die Nullstellen des charakteristischen Polynoms P (λ) = λ3 − 1 = (λ − 1)(λ2 + λ + 1) . Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 143 Da für die Nullstellen λ1 = 1 , λ2,3 √ 1 3 =− ±i 2 2 gilt, folgt √ − x2 yh (x) = c1 ex + e ! √ 3 3 c2 cos( x) + c3 sin( x) . 2 2 Setzen wir yp in die inhomogene Differentialgleichung ein, so erhalten wir 3 · 2 · A3 − (A0 + A1 x + A2 x2 + A3 x3 ) = 1 + x3 und demnach A3 = −1 , A2 = 0 , A1 = 0 , A0 = −7 . Daher gilt yp (x) = −7 − x3 . Die allgemeine Lösung y der inhomogenen Gleichung lautet daher ! √ √ x 3 3 y(x) = −7 − x3 + c1 ex + e− 2 c2 cos( x) + c3 sin( x) . 2 2 Anwendungen Erzwungene gedämpfte mechanische Schwingungen Hier betrachten wir ein System, das sinusförmig schwingen kann, beispielsweise ein quasielastisches Pendel, dessen Schwingungen durch die Stokes-Reibung gedämpft werden. Die Auslenkung x(t) genüge der Differentialgleichung Dx(t) + kx0 (t) + mx00 (t) = Fa (t) . Es wirke eine periodische äußere Kraft Fa (t), wobei Fa (t) = F0 cos(ωt) . Die Kraft Fa (t) ist daher harmonisch veränderlich mit der konstanten Kreisfrequenz ω und der konstanten Anregungsamplitude F0 . Zusätzlich gehen wir hier davon aus, dass r k D 0< < 2m m gilt. Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 144 Um eine partikuläre Lösung unserer inhomogenen Gleichung y 00 (t) + 2µ y 0 (t) + ω02 y(t) = ya (t) zu finden, können wir die Differentialgleichung zu einer Differentialgleichung für komplexe Funktionen verallgemeinern und den Realteil dieser Lösung bestimmen. Wir betrachten daher die Differentialgleichung z 00 (t) + 2µ z 0 (t) + ω02 z(t) = y0,a eiωt , wobei µ, ω0 und y0,a wie bisher definiert sind. Mit dem Ansatz z(t) = z0 eiωt erhalten wir z0 = ω02 y0,a − ω 2 + 2iµω und damit eine partikuläre Lösung yp (t). Die komplexe Amplitude z0 lässt sich auch als z0 = Aeiϕ , mit A ∈ R, schreiben. Der Ansatz z(t) = Aei(ωt+ϕ) , impliziert A(−ω 2 + 2iµω + ω02 ) = y0,a e−iϕ . Daraus folgt für die Amplitude der erzwungenen Schwingung y0,a A= p 2 . (ω0 − ω 2 )2 + 4µ2 ω 2 Betrachten wir nun, für den Fall µ < A= p y0,a (ω02 − ω 2 )2 + 4µ2 ω 2 ω0 √ , 2 die Amplitude , so zeigt sich, dass deren Maximalwert bei ω = ωR := y0,a y0,a Amax = A(ωR ) = p 2 = 2 2µωµ 2µ ω0 − µ beträgt. Die Frequenz ωR heisst daher Resonanzfrequenz. p ω02 − 2µ2 angenommen wird und Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Symbolverzeichnis N = {1, 2, 3, ....} Menge der natürlichen Zahlen N0 = {0, 1, 2, 3, ....} Z = {0, ±1, ±2, ....} Menge der ganzen Zahlen p Q = { | p, q ∈ Z, q 6= 0} Menge der natürlichen Zahlen q R Körper der reellen Zahlen R+ := {x ∈ R | x ≥ 0} R∗ := {x ∈ R | x 6= 0} C Körper der komplexen Zahlen 145 Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg 146 Quellen und Literatur [1] I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, Taschenbuch der Mathematik, B. G. Teubner, Nauka [2] A. Budó, Theoretische Mechanik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften [3] P. Dörsam, Oberstufenmathematik leicht gemacht, Band 2: Lineare Algebra, Analytische Geometrie, PD-Verlag [4] G. Fischer, Lineare Algebra, Vieweg [5] W. Fischer, I. Lieb, Funktionentheorie, Vieweg [6] O. Forster, Analysis 1, 2, 3, Vieweg [7] J. Hartung, Statistik, Oldenbourg [8] H. Heuser, Gewöhnliche Differentialgleichungen, B. G. Teubner [9] K. Jänich, Lineare Algebra, Springer [10] R. Remmert, Funktionentheorie 1, Springer [11] F. Reinhardt, H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik, Deutscher Taschenbuch Verlag [12] W. Walter, Gewöhnliche Differentialgleichungen, Springer